L 10 R 3950/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 11 R 6671/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 3950/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg insoweit abgeändert, als die Beklagte verurteilt worden ist, dem Kläger Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung vom 01.11.2011 bis 31.07.2012 sowie für die Zeit ab 01.04.2013 zu gewähren. Insoweit wird die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger durchgehend seit 01.11.2011 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zusteht.

Der am 1963 geborene Kläger, der den Beruf des Bäckers erlernte, war zunächst in seinem Ausbildungsberuf, dann als Maschinenführer und ab 1990 - unterbrochen durch Zeiten der Arbeitslosigkeit - als LKW-, Bus- und Taxifahrer beschäftigt, zuletzt ab Ende 2010 ca. vier Stunden arbeitstäglich.

Im Jahr 1992 erlitt der Kläger einen Motorradunfall, bei dem er sich schwere Verletzungen im Bereich des linken Kniegelenks (Schienbeinkopf-Luxationsfraktur mit Riss des vorderen Kreuzbandes) zuzog, weshalb nachfolgend zahlreihe operative Behandlungen erfolgten, u.a. Implantation einer Knie-Totalendoprothese (TEP - 2000), TEP-Wechsel wegen Implantatlockerung (2004), endoprothetische Versorgung der Kniescheibengelenkfläche sowie ostheosynthetische Versorgung wegen periprothetischer Fraktur (2006), Metallentfernung (2007), Revision wegen chronischem Infekt (2008), Prothesenwechsel wegen erneuter Lockerung (März 2012).

Nachdem Anträge des Klägers auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (Februar 2000) bzw. verminderter Erwerbsfähigkeit (Januar 2003) erfolglos geblieben waren, gewährte die Beklagte dem Kläger auf den im Februar 2007 gestellten weiteren Rentenantrag auf der Grundlage eines im sozialgerichtlichen Verfahren geschlossen Vergleichs Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung vom 01.08.2008 bis 28.02.2009.

Am 11.01.2011 beantragte der Kläger unter Hinweis darauf, dass sich sein Gesundheitszustand verschlechtert habe, erneut die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte holte das Gutachten des Orthopäden Dr. R. ein, der den Kläger im März 2011 untersuchte und diagnostisch von einem wiederkehrenden Lendenwirbelsyndrom bei Verschleiß, einem Verschleiß des linken Kniegelenks mit Zustand nach Endoprothesenwechsel im Kombination mit dem Zustand nach Infektarthritis nach periprothetischer Oberschenkelschaftfraktur und einem Verschleiß des linken Handgelenks ausging. Er verneinte wesentliche Funktionseinbußen der Wirbelsäule sowie akute Entzündungszeichen im Bereich des linken Kniegelenks. Er beschrieb das linke Kniegelenk als mäßig knöchern deformiert und die Weichteile als verhärtet. Es bestehe ein deutliches Beugedefizit links, jedoch seien die unteren Gliedmaße belastbar. Eine Limitierung der Wegefähigkeit bestehe nicht. Er erachtete den Kläger für fähig, leichte Tätigkeiten überwiegend im Sitzen ohne langandauernde Zwangshaltungen der Wirbelsäule sechs Stunden und mehr zu verrichten. Die derzeitige Tätigkeit als Busfahrer könne der Kläger drei bis unter sechs Stunden täglich ausüben. Gestützt hierauf lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 23.03.2011 und Widerspruchsbescheid vom 06.12.2011 ab.

Am 16.12.2011 hat der Kläger mit dem Begehren, ihm Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren, Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben und geltend gemacht, trotz Schmerzmitteleinnahme permanent Schmerzen im Bereich des linken Knies und der Lendenwirbelsäule zu haben. Die Endoprothese im linken Knie habe sich inzwischen wieder gelockert, weshalb die dritte Prothese implantiert werden müsse.

Das SG hat die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen angehört. Dr. H. , Facharzt für Allgemeinmedizin, hat von einer nach 2005 erneut im Januar 2012 erfolgten Vorstellung berichtet, anlässlich derer er eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung des rechten (richtig: linken) Kniegelenks festgestellt habe, was eine leichte berufliche Tätigkeit im Umfang von sechs Stunden täglich ausschließe. Prof. Dr. F. , seinerzeit Chefarzt der Klinik für Orthopädische Chirurgie und Traumatologie des Bewegungsapparates im K. B. (S. ), hat den Abschlussbericht über die stationäre Behandlung vom 12. bis 21.03.2012 vorgelegt, anlässlich derer wegen zunehmender Lockerung der Femurkomponente ein Prothesenwechsel erfolgt war. Das SG hat sodann das Gutachten des Prof. Dr. S. , Facharzt für Orthopädie und Chirurgie, auf Grund Untersuchung des Klägers am 06.06.2012 eingeholt. Der Sachverständige hat auf Grund des aktuellen linksseitigen Kniebefundes (Notwendigkeit Kirschnerstützen zu benutzen, schmerzhaft eingeschränkte Belastbarkeit des linken Beines, fortbestehende schmerzhaft eingeschränkte Kniebeweglichkeit, Entzündungszeichen mit Ergussbildung, Schwellung und Überwärmung) und die weiterhin verordnete Teilbelastung des linken Knies mit der Notwendigkeit zur ständigen Benutzung von Unterarmgehstützen, was zu rezidivierenden lumbalgieformen Beschwerden führe, die Tätigkeit als Berufskraftfahrer nicht mehr für möglich erachtet. Zumutbar seien leichte körperliche Tätigkeiten im Umfang von drei bis unter sechs Stunden täglich, vorwiegend im Sitzen mit Heben und Tragen von Lasten bis fünf Kilogramm, wenn am Arbeitsplatz die Möglichkeit bestehe, bei verstärkten Knie- und Rückenbeschwerden die Arbeit zu unterbrechen, um zur Schmerzlinderung eine andere Körperhaltung einnehmen zu können. Diese Leistungsbeeinträchtigung ergebe sich aus dem aktuellen Zustand, bei dem es sich wahrscheinlich um einen Dauerzustand handele, wobei im weiteren Verlauf eine erneute Prothesenauslockerung und zunehmende Leistungsminderung nicht auszuschließen sei. Den Beginn dieser Leistungseinschränkung hat er angesichts der Ende Januar 2012 objektivierten Prothesenlockerung und der seinerzeit erfolgten Angabe einer seit Wochen zunehmenden Kniebeschwerdesymptomatik mit Verschlechterung des Gangbildes mit Anfang November 2011 eingeschätzt, weil sich eine entsprechende Beeinträchtigung erfahrungsgemäß langsam fortschreitend innerhalb von Monaten entwickele.

Mit Gerichtsbescheid vom 15.08.2012 hat das SG die Beklagte gestützt auf das Gutachten des Prof. Dr. S. unter Aufhebung des Bescheids vom 23.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.12.2011 verurteilt, dem Kläger Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 01.11.2011 zu gewähren, weil das Leistungsvermögen des Klägers ab diesem Zeitpunkt dauerhaft auf weniger als sechs Stunden täglich herabgesunken sei.

Gegen den ihr am 20.08.2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Beklagte am 17.09.2012 beim Landessozialgericht (LSG) insoweit Berufung eingelegt, als sie verurteilt worden ist, dem Kläger Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung vom 01.11.2011 bis 31.07.2012 sowie ab 01.04.2013 zu gewähren. Sie ist der Auffassung, der Kläger sei lediglich im Zeitraum vom 31.01.2012 (Leistungsfall) bis zum 31.03.2013 quantitativ leistungsgemindert gewesen; hieraus resultiere ein Rentenanspruch vom 01.08.2012 bis 31.03.2013. Entsprechend hat sie dem Kläger mit Bescheid vom 26.10.2012 für diesen Zeitraum Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung gewährt. Sie hat auf die sozialmedizinische Stellungnahme des Dr. S. verwiesen, der es zwar für nachvollziehbar erachtet hat, dass Prof. Dr. S. zum Zeitpunkt seiner Begutachtung, zu dem die Vollbelastung noch nicht freigegeben gewesen sei, ein quantitativ gemindertes Leistungsvermögen gesehen hat, es jedoch nicht für zulässig erachtet hat, bereits vor abgeschlossener Rekonvaleszenz von einem dauerhaft derart eingeschränkten Leistungsvermögen auszugehen. Vielmehr könne bei gutem postoperativem Verlauf angesichts der komplexen Vorgeschichte mit einer hinreichenden Stabilisierung innerhalb eines Jahres seit der Operation ausgegangen werden, sodass ab diesem Zeitpunkt geeignete Tätigkeiten wieder zumindest sechs Stunden täglich verrichtet werden könnten. Da die Endoprothesenlockerung röntgendiagnostisch erst Ende Januar 2012 festgestellt worden sei, lasse sich im Hinblick auf den Eintritt des Leistungsfalls kein längerer Zeitraum als der Beginn des Jahres 2012 abbilden.

Die Beklagte beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 15.08.2012 insoweit aufzuheben, als sie verurteilt wurde, Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung vom 01.11.2011 bis 31.07.2012 sowie ab 01.04.2013 zu gewähren und die Klage insoweit abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die angefochtene Entscheidung mit Ausnahme des Rentenbeginns - zutreffender Rentenbeginn sei der 01.12.2011 - für richtig.

Der Senat hat u.a. eine Auskunft des K. B. über die dort seit September 2011 erfolgten Vorstellungen des Klägers eingeholt. Danach stellte sich der Kläger im Vorfeld des im März 2012 erfolgten Prothesenwechsels erstmals zweimal im Januar und einmal im Februar 2012 vor sowie postoperativ jeweils einmal im April, Juni und Oktober 2012. Der zwischenzeitlich in der O. D. tätige Prof. Dr. F. hat Ende August 2013 u.a. Arztbriefe über die dort erfolgten Vorstellungen des Klägers im Februar und Mai 2013 übersandt sowie ferner den Bericht über die kreisärztliche Untersuchung des Klägers vom 02.07.2013 durch Dr. S. vom agenturärztlichen Dienst der S. B ... Der Senat hat darüber hinaus das orthopädisch-chirurgische Gutachten des Prof. Dr. H. eingeholt, der den Kläger im Februar 2014 untersucht hat. Diagnostisch ist der Sachverständige im Bereich des linken Beines von einer regelrecht einliegenden Totalendoprothese (am Oberschenkel mit langem Schaft nach Prothesenwechsel) mit Kniescheibenersatz und funktionell mäßigem Beugedefizit sowie leichten Muskelminderungen an Ober- und Unterschenkel, im Bereich des linken Armes von mäßigen Deformierungen des Kahn- und Mondbeines und leichter Arthrose des Speichenhandwurzelgelenks (funktionell mit leichtem Streckdefizit) und am Kreuzbein von einer geringfügigen angeborenen Segmentationsanomalie (ohne funktionelle Folgen) ausgegangen. Der Sachverständige hat den Kläger noch für fähig erachtet, leichte Tätigkeiten im Sitzen mit gelegentlichem Gehen und Stehen, ohne Akkord- und Fließbandarbeiten und Arbeiten in Hitze und Nässe sowie ohne besonderen Krafteinsatz der linken Hand zumindest sechs Stunden täglich zu verrichten.

Gegen diese Beurteilung hat sich der Kläger unter Vorlage des Schreibens des Prof. Dr. F. vom 03.04.2014 sowie des Attestes des Dr. H. vom 15.03.2014 gewandt. Die Beklagte hat die weitere sozialmedizinische Stellungnehme des Dr. S. vorgelegt.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtzüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung der Beklagten, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig; die Berufung der Beklagten ist auch begründet.

Das SG hätte die Beklagte nicht verurteilen dürfen, dem Kläger im Zeitraum vom 01.11.2011 bis 31.07.2012 sowie ab 01.04.2013 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren. Denn insoweit ist die angefochtene Entscheidung der Beklagten rechtmäßig und verletzt den Kläger dementsprechend auch nicht in seinen Rechten. Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung steht dem Kläger entsprechend des Bescheids der Beklagten vom 26.10.2012 zwar im Zeitraum vom 01.08.2012 bis 31.03.2013 zu, jedoch weder in dem davor liegenden Zeitraum seit 01.11.2011 noch nachfolgend ab 01.04.2013.

Rechtsgrundlage für die hier begehrte Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ist § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Nach Abs. 1 Satz 1 der Regelung haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie - unter anderem - teilweise erwerbsgemindert sind.

Nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI sind teilweise erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Die Beklagte ist davon ausgegangen, dass dem Kläger bedingt durch die Beeinträchtigungen von Seiten des linken Kniegelenks von Januar 2012 bis März 2013 berufliche Tätigkeiten im Umfang von zumindest sechs Stunden täglich selbst unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen (leichte Tätigkeiten überwiegend im Sitzen) nicht zumutbar waren, in diesem Zeitraum mithin teilweise Erwerbsminderung in dem oben dargelegten Sinn vorlag.

Soweit das SG - gestützt auf die Einschätzung des Sachverständigen Prof. Dr. S. - demgegenüber davon ausgegangen ist, dass die Leistungsfähigkeit des Klägers bereits im November 2011 so weit herabgesunken war, dass er leichte überwiegend im Sitzen ausgeübte berufliche Tätigkeiten nicht mehr wenigstens sechs Stunden täglich verrichten konnte, überzeugt dies nicht. Prof. Dr. S. hat seine Auffassung damit begründet, dass davon auszugehen sei, dass sich ein Befund, wie er sich ihm anlässlich seiner Untersuchung des Klägers im Juni 2012 gezeigt hat, auch schon anlässlich der Vorstellung des Klägers im K. B. am 31.01.2012 vorgelegen habe, bei der röntgendiagnostisch eine Lockerung der Femurkomponente objektiviert wurde. Da der Kläger aber seinerzeit bereits über eine seit Wochen zunehmende Kniebeschwerdesymptomatik mit Verschlechterung des Gangbildes berichtet habe und sich die Prothesenlockerung ohne traumatisches Ereignis erfahrungsgemäß langsam fortschreitend entwickele, sei hinreichend wahrscheinlich, dass sich eine entsprechende Beschwerdesymptomatik in gleicher Ausprägung schon drei Monate zuvor, also Anfang November 2011, gezeigt habe. Insoweit ist zwar nachvollziehbar, dass sich die am 31.01.2012 objektivierte Prothesenlockerung langsam fortschreitend entwickelt hat, hingegen vermag der Senat daraus nicht zu folgern, dass deshalb ein im Wesentlichen gleichbleibender Befund auch schon drei Monate zuvor vorgelegen hat. Denn zum einen hat der Kläger seinerzeit gerade von einer zunehmenden Beschwerdesymptomatik in den letzten Wochen berichtete, und nicht von einer seit Wochen gleichbleibenden Beschwerdesituation. Zum anderen wäre ausgehend von einer schwerwiegenden und damit rentenrelevanten Beeinträchtigung bereits Anfang November 2011 zu erwarten, dass der Kläger sich zu jenem Zeitpunkt auch in ärztliche Behandlung begeben hätte. Dies war jedoch gerade nicht der Fall. Denn ausweislich der vom SG bzw. dem Senat eingeholten Auskünfte des Dr. H. und des K. B. begab sich der Kläger im Zusammenhang mit der in Rede stehenden Prothesenlockerung erstmals Mitte Januar 2012 in ärztliche Behandlung, und zwar stellte er sich - wie den entsprechenden Auskünften zu entnehmen ist - am 18.01.2012 bei Prof. Dr. F. und am 20.01.2012 bei Dr. H. vor. Ausgehend hiervon sieht der Senat selbst unter Berücksichtigung der gegenüber Prof. Dr. F. gemachten Angaben einer vermehrten Beschwerdesymptomatik in den letzten Wochen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Mitte Januar 2012 vorhanden gewesene Befundsituation sich bereits ca. zweieinhalb Monate zuvor, d.h. Anfang November 2011 in gleicher Weise darstellte. Der Eintritt einer rentenrelevanten Leistungsminderung bereits vor Januar 2012, also mehr als zwei Monate vor einer derentwegen erfolgten ärztlichen Inanspruchnahme ist daher nicht festzustellen. Zu Recht hat Dr. S. in seiner sozialmedizinischen Stellungnahme für die Beklagte vom 04.10.2012 daher ausgeführt, dass eine rentenrelevante Leistungsminderung nicht für einen Zeitraum vor Januar 2012 angenommen werden kann.

Soweit das SG gestützt wiederum auf das Gutachten des Prof Dr. S. ausgehend von dem am 13.03.2012 erfolgten Prothesenwechsel von einer auf Dauer bestehenden rentenrelevante Leistungsminderung ausgegangen ist, hält diese Einschätzung einer Überprüfung gleichermaßen nicht stand. Auch insoweit hat Dr. S. zutreffend eingewandt, dass es sich bei der gesundheitlichen Situation des Klägers, wie sie sich dem Sachverständigen anlässlich seiner gutachtlichen Untersuchung am 06.06.2012 dargestellt hat, nicht um einen Dauerzustand gehandelt hat. Denn zu diesem Zeitpunkt sind seit dem Prothesenwechsel nicht einmal drei Monate vergangen gewesen, so dass die Rekonvaleszenz bei weitem noch nicht abgeschlossen gewesen ist. Dies zeigt sich gerade auch an dem Umstand, dass für den Kläger in Bezug auf das linke Kniegelenk bei gutem Heilungsverlauf weiterhin lediglich eine Teilbelastung angeordnet gewesen ist und zum Untersuchungszeitpunkt des Sachverständigen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vorgelegen haben, dass eine Belastungssteigerung auf Dauer ausgeschlossen sein würde. Einen Endzustand in diesem Sinne hat der Sachverständige im Übrigen auch nicht behauptet. Für den Senat überzeugend hat Dr. S. insoweit darauf hingewiesen, dass bei einer Knieprothesenimplantation üblicherweise von einer Rekonvaleszenz von vier bis sechs Monaten auszugehen ist, allerdings bei der komplexen Vorgeschichte des Klägers ein deutlich längerer Zeitraum anzusetzen sei, wobei als realistisch ein Zeitraum von einem Jahr seit der Operation angesehen werden könne.

Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass die rentenrelevante Leistungsminderung entgegen der Auffassung der Beklagten auch noch über den Rentenbewilligungszeitraum hinaus, d.h. nach dem 31.03.2013 fortbestanden hat, sind nicht erkennbar. Der Senat geht vielmehr davon aus, dass sich die Leistungsfähigkeit des Klägers jedenfalls seit 01.04.2013 so weit gebessert hat, dass ihm leichte berufliche Tätigkeiten überwiegend im Sitzen und unter Beachtung der von Dr. H. aufgeführten quantitativen Einschränkungen wieder zumindest sechs Stunden täglich zugemutet werden können.

Dass die Befundsituation, wie sie sich dem Sachverständigen Prof. Dr. S. anlässlich seiner Untersuchung am 06.06.2012 dargestellt hat, nicht auf Dauer fortbestanden hat, hat der weitere Heilungsverlauf gezeigt, bei dem - wie sich aus den Ausführungen des K. B. ergibt - stetige Fortschritte erzielt worden sind. So haben die anlässlich der Vorstellungen bei Prof. Dr. F. im April, Juni und Oktober 2012 erhobenen Befunde einen regelrechten postoperativen Verlauf mit stabiler Implantation der Prothesenkomponenten gezeigt. Bereits anlässlich der Vorstellung am 25.06.2012 hat Prof. Dr. F. vermerkt, dass der Kläger auf kurzen Strecken ein sicheres Gangbild auch ohne Unterarmgehstützen gezeigt hat. Im Oktober 2012 ist dann ausgeführt, dass der Kläger wieder Autofahren könne, und zwar ohne Automatik ("kuppeln, Stellung des Beins während des Fahrens"). Als Befund hat Prof. Dr. F. gut abgeheilte reizlose Narben, wenig Kniegelenkserguss, eine Beweglichkeit ohne Steckdefizit mit über 90 Grad Beugefähigkeit und die Fähigkeit zum Einbeinstand auf dem operierten Bein beschrieben. Bereits dies weist nicht darauf hin, dass für den Kläger eine leidensgerechte überwiegend sitzende Tätigkeit zumindest sechs Stunden täglich nicht möglich gewesen sein könnte. Anlässlich der Vorstellung im Mai 2013 hat Prof. Dr. F. dann schließlich eine gute Funktion der lumbalen Wirbelsäule und des operierten linken Kniegelenks sowie einen radiologisch weiterhin regelrechten Befund ohne Lockerungszeichen beschrieben. Angesichts der auch seinerzeit angegebenen Schmerzzustände liegt - wie schon vor dem erneuten Prothesenwechsel - zwar auch weiterhin eine Belastbarkeitsminderung des linken Beines vor, wodurch im Rahmen einer beruflichen Tätigkeit nach wie vor qualitative Einschränkungen zu berücksichtigen sind. Jedoch sieht der Senat keinen Grund, weshalb der Kläger nunmehr nicht wieder in der Lage sein sollte - wie schon im Zeitraum vor 2012 (s. das Gutachten von Dr. R. ) - eine leichte, überwiegend sitzende Tätigkeit zumindest sechs Stunden täglich zu verrichten.

Auch der vom Senat hinzugezogene Sachverständige Prof. Dr. H. , der den Kläger im Februar 2014 untersucht hat, hat keine Gründe gesehen, die die Ausübung einer derartigen Tätigkeit entgegenstehen könnten. Der Sachverständige hat insbesondere überzeugend begründet, dass die Angaben des Klägers anlässlich seiner Untersuchung, wonach er außer Haus regelmäßig Gehstützen benutze, mit denen er dann ca. 500 Meter laufen könne, bevor er sich ausruhe müsse, und er ohne Gehstöcke schon nach 100 Metern Schmerzen im gesamten linken Kniegelenk habe, nicht glaubhaft sind. Denn dass der Kläger - so Prof. Dr. H. - mit Stöcken ein größtenteils unkoordiniertes Gehen ohne geordneten Stockeinsatz und ohne erkennbare wesentliche Entlastung des linken Beines, teilweise sogar unter Entlastung des rechten Beines, gezeigt hat, weist nicht auf eine regelmäßige Nutzung der Unterarmgehstützen hin. Insoweit hat der Sachverständige auch darauf hingewiesen, dass es keinen objektivierbaren Grund für das ständige Gehen mit beidseitigen Unterarmgehstöcken gibt, da die Endoprothese im linken Knie knöchern fixiert ist und bei fehlenden Reizerscheinungen auch keine somatischen Gründe für die rasch einsetzenden und sich steigernden belastungsabhängigen Schmerzen bestehen. Verdeutlichungstendenzen hat der Sachverständige im Übrigen auch insoweit beschrieben, als die vom Kläger anlässlich seiner Untersuchung demonstrierte erhebliche Kraftminderung am linken Bein mit der vorliegenden Muskelbeschaffenheit und den Muskelvolumina (lediglich leichte Muskelminderung), die normale Kräfte vom Kraftgrad 5 hätten erwarten lassen, nicht in Einklang gebracht werden kann.

Eine rentenrelevante Leistungseinschränkung vermag der Senat schließlich auch nicht aus den vom Kläger vorgelegten, an ihn gerichteten Ausführungen des Prof. Dr. F. in seinem Schreiben vom 03.04.2014 herzuleiten. Soweit dieser gegen das Gutachten des Prof. Dr. H. einwendet, die beim Kläger vorliegende massive Hyperextension von 10 Grad sei nicht mit der von dem Sachverständigen angenommenen guten Funktion und Belastungsfähigkeit des linken Kniegelenks vereinbar, hat Dr. S. in seiner sozialmedizinischen Stellungnahme für die Beklagte zu Recht darauf hingewiesen, dass Prof. Dr. H. keine solche aktive Überstreckbarkeit beschrieben hat und es sich bei der insoweit objektivierten Überstreckbarkeit (allerdings passiv) gerade nicht um eine "massive" Hyperextension handelt. Auch soweit Prof. Dr. F. ausführt, dass der Sachverständige die verminderte Belastungsfähigkeit der mehrmals operierten linken Extremität mit zweimaligem Prothesenwechsel und jetziger Hyperextension nicht genügend berücksichtigt habe, überzeugt dies mangels näherer Begründung nicht. Schließlich stehen auch die weiteren Ausführungen des Prof. Dr. F. , wonach er den Kläger nicht für fähig erachte, mehr als drei bis vier Stunden pro Tag in "wechselbelastender" Arbeit tätig zu sein, der Beurteilung des Sachverständigen Prof. Dr. H. nicht entgegen. Denn Ausgangspunkt der Leistungsbeurteilung des gerichtlichen Sachverständigen ist eine überwiegend sitzende Tätigkeit, nicht aber eine Arbeit, die in wechselnder Körperhaltung ausgeübt wird. Derartige Tätigkeiten schließt auch Prof. Dr. H. aus, da er im Rahmen einer sechsstündigen sitzenden Tätigkeit lediglich ein gelegentliches Stehen und Gehen für möglich hält.

Schließlich lässt sich auch aus dem Attest des Dr. H. vom 15.03.2014 keine für den Kläger günstigere Beurteilung herleiten. Denn die von Dr. H. aufgeführten Beschwerdeangaben des Klägers in Bezug auf die Wirbelsäule, die Kniegelenke beidseits und des linken Handgelenks stehen der Ausübung einer leichten, überwiegend im Sitzen ausgeübten Tätigkeit im Umfang von sechs Stunden täglich nicht entgegen. Auch die seinen Darlegungen zu Folge glaubhaften Angaben des Klägers, wonach er sich körperlich einer erneuten Arbeitsaufnahme nicht gewachsen fühle, belegen keine rentenrelevante Leistungseinschränkung.

Nach alledem ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte ausgehend von einem im Januar 2012 eingetretenen Versicherungsfall im Zusammenhang mit dem am 13.03.2012 erfolgten Prothesenwechsel eine vorübergehende rentenrelevante Leistungsminderung bis längstens März 2013 angenommen hat und dem Kläger auf dieser Grundlage Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung vom 01.08.2012 bis 31.03.2013 gewährt hat. Denn gemäß 101 Abs. 1 SGB VI werden befristete Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nicht vor Beginn des siebten Kalendermonats nach dem Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit geleistet. Bei Eintritt des Versicherungsfalls im Januar 2012 konnte die dem Kläger bewilligte Erwerbsminderungsrente daher erst mit dem 01.08.2012 beginnen.

Nach alledem ist der angefochtene Gerichtsbescheid antragsgemäß abzuändern und die Klage in diesem Umfang abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Da der Versicherungsfall der teilweisen Erwerbsminderung erst während des Klageverfahrens eingetreten ist, erachtet es der Senat nicht für angemessen, die Beklagte mit außergerichtlichen Kosten des Klägers zu belasten.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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