Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 2 KR 1185/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 4102/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 16. August 2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich im Berufungsverfahren noch gegen die Höhe der von ihm zu zahlenden Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung (KV) und sozialen Pflegeversicherung (PV) für die Zeit vom 1. Januar 2008 bis 30. April 2010.
Der 1971 geborene, im zuvor genannten Zeitraum kinderlose Kläger nahm am 9. Juli 2007 eine selbstständige Tätigkeit als Bauwerksabdichter auf und war ab diesem Zeitpunkt bis zum 30. April 2010 (Kündigung des Klägers) freiwillig versichertes Mitglied der zu 1) beklagten Krankenkasse (ohne Anspruch auf Krankengeld) sowie pflichtversichertes Mitglied bei der zu 2) beklagten Pflegekasse. Von der Bundesagentur für Arbeit erhielt er für die Zeit vom 9. Juli 2007 bis 8. April 2008 einen Gründungszuschuss von monatlich EUR 1.491,30 (Bescheid der Agentur für Arbeit Überlingen vom 1. August 2007). Im Rahmen seiner Erklärung zur selbstständigen Tätigkeit vom 2. August 2007 gab er gegenüber den Beklagten an, mit monatlichen Einkünften aus seiner selbstständigen Tätigkeit in Höhe von ca. EUR 830,00 zu rechnen.
Mit bestandskräftigen Beitragsbescheiden vom 8. August 2007, 25. Juni 2008, 26. September 2008, 8. Januar 2009 und 19. Juni 2009 setzte die Beklagte zu 1) die Beiträge zur KV und PV jeweils vorläufig fest (KV: EUR 227,80 für 9. bis 31. Juli 2007, EUR 297,13 monatlich ab 1. August 2007, EUR 309,51 monatlich ab 1. Oktober 2008, EUR 307,45 monatlich ab 1. Januar 2009 und EUR 295,06 monatlich ab 1. Juli 2009; PV: EUR 30,85 für 9. bis 31. Juli 2007, EUR 40,24 ab 1. August 2007, EUR 45,40 monatlich ab 1. Juli 2008 und EUR 45,39 monatlich ab 1. Januar 2009). Dabei legte sie (vorläufig) jeweils ein geschätztes monatliches Einkommen des Klägers von EUR 2.063,00 zugrunde. Die Bescheide enthielten jeweils den Hinweis, dass die Beiträge neu berechnet würden, sobald ein aktueller Einkommenssteuerbescheid vorliege.
Laut Bescheid für 2007 über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag des Finanzamtes Überlingen vom 20. April 2009, von dem die Beklagten im Dezember 2009 Kenntnis erhielten, hatte der Kläger im Jahr 2007 Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von EUR 18.114,00. Im Jahr 2008 hatte der Kläger Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von EUR 23.813,00, im Jahr 2009 solche in Höhe von EUR 12.756,00 und im Jahr 2010 solche in Höhe von EUR 34.374,00 (in der ersten Instanz vorgelegte Bescheide des Finanzamtes Überlingen jeweils vom 19. Mai 2010 und in der Berufungsinstanz vorgelegter Bescheid des Finanzamtes Sigmaringen vom 29. Dezember 2011).
Mit Bescheid vom 17. Dezember 2009 setzte die Beklagte zu 1) - auch im Namen der Beklagten zu 2) - die Beiträge zur KV und PV rückwirkend wie folgt endgültig fest:
KV (in Klammern der jeweils zugrundegelegte Beitragssatz) PV (in Klammern der jeweils zugrundegelegte Beitragssatz) 9. bis 31. Juli 2007 EUR 346,77 (14,4 v.H.) EUR 46,96 (1,95 v.H.) 1. August 2007 bis 30. Juni 2008 EUR 452,31 (14,4 v.H.) EUR 61,25 (1,95 v.H.) 1. Juli bis 30. September 2008 EUR 452,31 (14,4 v.H.) EUR 69,10 (2,2 v.H.) 1. Oktober bis 31. Dezember 2008 EUR 471,15 (15,0 v.H.) EUR 69,10 (2,2 v.H.) 1. Januar bis 30. Juni 2009 EUR 468,01 (14,9 v.H.) EUR 69,10 (2,2 v.H.) ab 1. Juli 2009 EUR 449,16 (14,3 v.H.) EUR 69,10 (2,2 v.H.)
Dabei gingen die Beklagten von monatlichen Einkünften des Klägers aus Gewerbebetrieb in Höhe von EUR 3.141,00 aus. Diesen Betrag errechneten sie, indem sie die Jahreseinkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb für das Jahr 2007 in Höhe von EUR 18.114,00 durch 173 Tage dividierten und mit 30 Tagen multiplizierten. Für die Zeit vom 9. Juli 2007 bis 30. November 2009 errechneten die Beklagten einen Nachzahlungsbetrag von EUR 5.160,50.
Der Kläger erhob Widerspruch. Durch die Hochrechnung seiner Einkünfte aus der Zeit vom 9. Juli bis 31. Dezember 2007 werde das Ergebnis verfälscht, da seine Einnahmen jahreszeitlichen Schwankungen unterlägen. Die Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2008 und 2009 würden vorbereitet, so dass Einkommensteuerbescheide für diese Jahre noch nicht vorliegen würden. Mit Widerspruchsbescheid vom 19. April 2010 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch zurück. Sie seien berechtigt gewesen, in der Existenzgründungsphase die Beiträge zunächst vorläufig und mit Vorlage des ersten Einkommensteuerbescheides endgültig festzusetzen. Das Arbeitseinkommen aus dem aktuellen Einkommensteuerbescheid bleibe bis zur Erteilung des nächsten Einkommensteuerbescheides maßgebend.
Am 18. Mai 2010 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG). Zur Begründung trug er vor, das von den Beklagten ermittelte Einkommen entspreche nicht seinem tatsächlichen Jahresverdienst, da seine Einnahmen, wie im Bauhandwerk üblich, starken monatlichen Schwankungen unterworfen seien. Im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2007 seien lediglich einkommensstarke Monate erfasst, so dass die von den Beklagten vorgenommene Hochrechnung zu einem falschen Ergebnis führe. Im Jahr 2008 habe er lediglich Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von EUR 23.813,00 und im Jahr 2009 solche in Höhe von EUR 12.756,00 erzielt, wie sich den von ihm vorgelegten Einkommensteuerbescheiden für diese Jahre vom 19. Mai 2010 entnehmen lasse. Es sei nicht zulässig, bei der Beitragsbemessung ausschließlich von dem aus dem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2007 hochgerechneten Einkommen auszugehen. Es dürfe lediglich ein Einkommensteuerbescheid zugrunde gelegt werden, der ein vollständiges Kalenderjahr abdecke. Solange ein solcher noch nicht vorliege, sei die Beitragsfestsetzung eine vorläufige, welche den tatsächlichen Verhältnissen anzupassen sei. Da der "Versicherungsvertrag" (gemeint: die Mitgliedschaft bei den Beklagten) geendet habe, bevor die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2008 und 2009 vorgelegen hätten, könne er nicht darauf verwiesen werden, dass ihm aufgrund der zeitversetzten Beitragsfestsetzung keine Nachteile entstünden.
Die Beklagten traten der Klage entgegen. Für die Beitragsbemessung sei es nicht notwendig, dass sich die im maßgebenden Steuerbescheid ausgewiesenen Einkünfte aus der Selbstständigkeit auf ein ganzes Kalenderjahr bezögen. Neue Einkommensteuerbescheide könnten erst ab dem Folgemonat der Vorlage berücksichtigt werden. Die Beendigung der Mitgliedschaft ändere hieran nichts.
Mit Urteil vom 16. August 2012 wies das SG die Klage ab. Die Beklagten seien berechtigt gewesen, die Beiträge zur KV und PV nachträglich endgültig für die Zeit ab Juli 2007 neu festzusetzen, da die Bescheide vom 25. Juni 2008, 26. September 2008, 8. Januar 2009 und 19. Juni 2009 ausdrücklich unter dem Vorbehalt der Änderung ergangen seien. Eine lediglich vorläufige Festsetzung habe zunächst erfolgen dürfen, da die Einnahmen des seit dem 9. Juli 2007 selbstständigen Klägers noch nicht hinreichend genau hätten abgesehen werden können. Entsprechende vorläufige Festsetzungen würden keine Bindungswirkung entfalten und sich mit der endgültigen Beitragsfestsetzung erledigen (Verweis auf Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 22. März 2006 - B 12 KR 14/05 R -, in juris). Zu Recht hätten die Beklagten bei der endgültigen Beitragsfestsetzung auch ein Monatseinkommen von EUR 3.141,00 zugrunde gelegt. Der Umstand, dass der Kläger lediglich in der zweiten Jahreshälfte des Jahres 2007 selbstständig tätig war, führe nicht dazu, dass nicht auf den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2007 habe abgestellt werden dürfen. Da die Beklagten nach § 76 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) verpflichtet seien, Beiträge rechtzeitig und vollständig zu erheben, hätten sie nicht bis zum Vorliegen eines Einkommensteuerbescheides, der ein gesamtes Jahr abbilde, abwarten dürfen. Eine Berücksichtigung von jahreszeitlichen Schwankungen sei auch nicht praktikabel, da in diesem Fall nicht verlässliche Schätzungen vorgenommen werden müssten. Darüber hinaus seien nach § 240 Abs. 4 Satz 6 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) geringere Einkünfte immer erst für die Zeit nach deren Nachweis bei der Beitragsfestsetzung zu berücksichtigen. Daher sei für die Jahre 2008 und 2009 nicht auf die Einkommensteuerbescheide für diese Jahre abzustellen, denn diese seien erst nach Ende der Mitgliedschaft des Klägers bei den Beklagten bekanntgegeben worden. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass durch die Beendigung der Mitgliedschaft aufgrund der eigenverantwortlichen Kündigung des Klägers diesem eine Beitragsgerechtigkeit aufgrund einer zeitversetzten Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse nicht mehr zugute komme, weil das Gesetz hierfür keine Ausnahme vorsehe.
Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 31. August 2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 28. September 2012 Berufung eingelegt, zu deren Begründung er vorträgt, entgegen der Auffassung des SG seien durch § 76 Abs. 1 SGB IV spätere Korrekturen nicht ausgeschlossen. Im Übrigen überzeuge die Rechtsauffassung des SG, wonach das Abwarten auf einen Einkommensteuerbescheid, der ein ganzes Jahr abbilde, nicht praktikabel sei, nicht. Der Grundsatz der Beitragsgerechtigkeit gebiete es, dass der jeweilige Beitrag anhand der tatsächlichen Einnahmen bemessen werde. Dies könne dergestalt erfolgen, dass zunächst ein vorläufiger Beitrag festgesetzt werde, der rückwirkend bei Feststehen der tatsächlichen Einnahmen wieder abgeändert werden könne. Hierdurch sei eine kurzfristige Festsetzung möglich und es werde gleichzeitig dem Grundsatz der Beitragsgerechtigkeit Genüge getan. Dieser Grundsatz der Beitragsgerechtigkeit sei vom BSG anerkannt, welches diesen durch die zeitversetzte Berücksichtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit als gewahrt ansehe. Aufgrund seiner Kündigung der Mitgliedschaft komme dieser Umstand bei ihm nicht mehr zum Tragen. Dabei könne es nicht darauf ankommen, dass er die Mitgliedschaft eigenverantwortlich beendet habe, da er seine Krankenkasse grundsätzlich frei wählen könne und dieses Recht ansonsten faktisch beschnitten würde. Im vorliegenden Fall könne der Grundsatz der Beitragsgerechtigkeit nur dadurch hergestellt werden, dass die Beiträge auf der Grundlage der Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2008 und 2009 festgesetzt würden. Im vom Berichterstatter durchgeführten Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 27. März 2014 hat der Kläger erklärt, in Bezug auf das Jahr 2007 seien die von den Beklagten festgesetzten Beiträge unstreitig.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 16. August 2012 und den Bescheid der Beklagten vom 17. Dezember 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. April 2010 aufzuheben, soweit die Beklagten für das Jahr 2008 monatliche Beiträge zur Krankenversicherung für die Zeit vom 1. Januar bis 30. September 2008 von mehr als EUR 285,76 und für die Zeit vom 1. Oktober bis 31. Dezember 2008 von mehr als EUR 297,66 sowie zur Pflegeversicherung für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 2008 von mehr als EUR 38,70 und für die Zeit vom 1. Juli bis 31. Dezember 2008 von mehr als EUR 43,66, für das Jahr 2009 monatliche Beiträge zur Krankenversicherung für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 2009 von mehr als EUR 281,61 und für die Zeit vom 1. Juli bis 31. Dezember 2009 von mehr als EUR 270,27 sowie zur Pflegeversicherung für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 2009 von mehr als EUR 41,58 und für die Zeit vom 1. Januar bis 30. April 2010 monatliche Beiträge zur Krankenversicherung von mehr als EUR 409,62 sowie zur Pflegeversicherung von mehr als EUR 63,02 fordern.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweisen auf den Widerspruchsbescheid vom 19. April 2010 und ihren erstinstanzlichen Vortrag.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und auf die von den Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und statthaft. Die Berufung bedurfte nicht der Zulassung nach § 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Denn streitig sind Beiträge für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
1. Gegenstand des Rechtsstreits ist allein der Bescheid vom 17. Dezember 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. April 2010, mit dem die Beklagte zu 1) auch im Namen der Beklagten zu 2) Beiträge zur KV und PV rückwirkend für die Zeit ab dem 9. Juli 2007 endgültig festgesetzt hat und zwar lediglich, soweit die Beitragsfestsetzung den Zeitraum vom 1. Januar 2008 bis 31. April 2010 betrifft. Die Beitragsfestsetzung für die Zeit vom 9. Juli bis 31. Dezember 2007 beanstandet der Kläger nicht, wie er im vom Berichterstatter durchgeführten Erörterungstermin vom 27. März 2014 ausdrücklich klargestellt hat. Die vorangegangenen bestandskräftigen Bescheide der Beklagten zu 1) vom 8. August 2007, 25. Juni 2008, 26. September 2008, 8. Januar 2009 und 19. Juni 2009 sind nicht Gegenstand des Rechtsstreits. Sie enthielten lediglich eine vorläufige Beitragsfestsetzung und haben sich mit dem Erlass der endgültigen Regelung im Bescheid vom 7. Dezember 2009 im Sinne von § 39 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) erledigt (vgl. BSG, Urteile vom 30. März 2011 - B 12 KR 18/09 R - und 7. Mai 2014 - B 12 KR 2/12 R -, beide in juris).
Der Senat legt das Begehren des Klägers sachgerecht (§ 123 SGG) dahin aus, dass er der Auffassung ist, die Berechnung der monatlichen Beiträge zur KV und PV sei auf der Grundlage der in den Jahren 2008 bis 2010 tatsächlich erzielten Arbeitseinkommen vorzunehmen. Dies war monatlich im Jahre 2008 EUR 1.984,42 (EUR 23.813,00 ÷ 12), im Jahr 2009 EUR 1.063,00 (EUR 12.756,00 ÷ 12) und im Jahr 2010 EUR 2.864,50 (EUR 34.374,00 ÷ 12). Das Arbeitseinkommen für das Jahr 2009 liegt unter der Mindestbemessungsgrundlage für hauptberuflich selbstständig Erwerbstätige nach § 240 Abs. 4 Satz 2, 2 Halbsatz SGB V von EUR 1.890,00 (Bezugsgröße EUR 2.520,00 ÷40 x 30 Tage), so dass dieser (Mindest-)Betrag der Berechnung der Beiträge zugrundezulegen ist. Auf der Grundlage dieser beitragspflichtigen Einnahmen ergeben sich die im Antrag genannten monatlichen Beiträge zur KV und PV.
2. Die Berufung ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angegriffene Bescheid vom 17. Dezember 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. April 2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
a) Die Beklagte zu 1) war berechtigt, auch die Beiträge zur PV festzusetzen. Denn nach § 46 Abs. 2 Satz 4 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) können Krankenkassen und Pflegekassen für Mitglieder, die - wie vorliegend der Kläger - ihre Beiträge zur KV und zur PV selbst zu zahlen haben, die Höhe der Beiträge zur KV und zur PV in einem gemeinsamen Beitragsbescheid festsetzen. Hierbei ist das Mitglied darauf hinzuweisen, dass der Bescheid über den Beitrag zur PV im Namen der Pflegekasse ergeht (§ 46 Abs. 2 Satz 5 SGB XI). Der Bescheid der Beklagten zu 1) vom 17. Dezember 2009 enthält einen entsprechenden Hinweis.
b) Die Beklagte zu 1) war auch berechtigt, die Beitragshöhe für den Zeitraum vom 9. Juli 2007 bis 30. April 2010 neu festzusetzen, ohne an bereits ergangene vorherige Beitragsfestsetzungen für diese Zeit gebunden zu sein. Die Höhe der für diesen Zeitraum zu zahlenden Beiträge zur KV und PV war zuvor mit den für die Beteiligten bindend gewordenen Bescheiden der Beklagten zu 1) vom 8. August 2007, 25. Juni 2008, 26. September 2008, 8. Januar 2009 und 19. Juni 2009 lediglich vorläufig durch einstweiligen Verwaltungsakt festgesetzt worden. Die Vorläufigkeit der Regelungen ergab sich aus den Bescheidtexten, wonach sich die Beklagte zu 1) jeweils eine Neuberechnung der Beitragshöhe nach Vorlage eines Einkommensteuerbescheides vorbehielt. Solche vorläufigen Festsetzungen entfalten nach der Rechtsprechung des BSG, der der Senat folgt, keine Bindungswirkung für die endgültige Beitragsfestsetzung, sondern erledigen sich wie dargelegt im Sinne von § 39 Abs. 2 SGB X mit der formellen endgültigen Festsetzung (vgl. Urteile vom 22. März 2006 - B 12 KR 14/05 R -, 11. März 2009 - B 12 KR 30/07 R - 30. März 2011 - B 12 KR 18/09 - und 7. Mai 2014 - B 12 KR 2/12 R -; Urteil des Senats vom 2. Dezember 2011 - L 4 KR 4781/09 -; jeweils in juris; Urteil des Senats vom 20. September 2013 - L 4 KR 1635/12 -, nicht veröffentlicht).
c) Rechtsgrundlage für die Beitragsbemessung ist für den Zeitraum vom 1. Januar bis 31. Dezember 2008 § 240 SGB V in der bis 31. Dezember 2008 geltenden Fassung i.V.m. § 19 der Satzung der Beklagten zu 1). Nach § 240 Abs. 1 (in der von 1. Januar 1989 bis 31. Dezember 2008 geltenden Fassung des Gesundheits-Reformgesetzes - GRG - vom 20. Dezember 1988 [BGBl. I, S. 2477]) und 2 SGB V (in der hier anzuwendenden Fassung des Art. 3a Nr. 1 des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20. Juli 2006 [BGBl I 1706], die ab 1. August 2006 galt) wurde die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder durch die Satzung der Krankenkasse geregelt (Abs. 1 Satz 1), wobei sicherzustellen war, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit berücksichtigte (Abs. 1 Satz 2). Die Satzung musste mindestens die Einnahmen des freiwillig versicherten Mitglieds berücksichtigen, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung zugrunde zu legen waren (Abs. 2 Satz 1). Nach § 240 Abs. 4 Satz 2 und 3 SGB V (in der seit 1. Januar 1993 geltenden Fassung - Satz 2 und 3 angefügt durch Art 1 Nr. 137 Buchst c des Gesundheitsstrukturgesetzes vom 21. Dezember 1992 [BGBl, I, S. 2266], Änderungen durch Art. 3 Nr. 6 des Zweiten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 3. Dezember 2002 [BGBl. I, S. 4621] und durch Art. 3a Nr. 2 des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20. Juli 2006 [BGBl. I 1706], Satz 3 nunmehr Satz 6) galten für freiwillige Mitglieder, die hauptberuflich selbstständig erwerbstätig sind, als beitragspflichtige Einnahmen für den Kalendertag der dreißigste Teil der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze (§ 223 SGB V), bei Nachweis niedrigerer Einnahmen jedoch mindestens der vierzigste Teil der monatlichen Bezugsgröße (Satz 2). Veränderungen der Beitragsbemessung konnten aufgrund eines vom Versicherten geführten Nachweises nach Satz 2 nur zum ersten Tag des auf die Vorlage dieses Nachweises folgenden Monats wirksam werden (Satz 3). § 19 Abs. 2 Buchst. c) der Satzung der Beklagten zu 1) enthielt eine inhaltsgleiche Regelung wie § 240 Abs. 4 Satz 2 und 3 SGB V.
Für den Zeitraum vom 1. Januar 2009 bis 30. April 2010 ist Rechtsgrundlage für die Beitragsbemessung § 240 Abs. 1 Satz 1 SGB V in der seit 1. Januar 2009 geltenden Fassung des Art. 2 Nr. 29a1 Buchst. a) Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG) vom 26. März 2007 (BGBl. I, S. 376). Danach wird die Beitragsbemessung einheitlich durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen geregelt, wobei weiterhin sicherzustellen ist, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtigt. Dies erfolgte mit den vom GKV-Spitzenverband am 27. Oktober 2008 erlassenen "Einheitlichen Grundsätze zur Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung und weiterer Mitgliedergruppen sowie zur Zahlung und Fälligkeit der von Mitgliedern selbst zu entrichtenden Beiträge" (Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler; zu deren Wirksamkeit: BSG, Urteil vom 19. Dezember 2012 - B 12 KR 20/11 R -, in juris). § 240 Abs. 4 Satz 2 SGB V in dieser Fassung regelte weiterhin, dass für freiwillige Mitglieder, die hauptberuflich selbstständig erwerbstätig sind, als beitragspflichtige Einnahmen für den Kalendertag der dreißigste Teil der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze (§ 223 SGB V), bei Nachweis niedrigerer Einnahmen jedoch mindestens der vierzigste Teil der monatlichen Bezugsgröße gilt, wobei nach § 240 Abs. 4 Satz 6 SGB V Veränderungen der Beitragsbemessung auf Grund eines vom Versicherten zu führenden Nachweises nur zum ersten Tag des auf die Vorlage dieses Nachweises folgenden Monats wirksam werden. Diese Regelungen werden in § 7 Abs. 3 und Abs. 7 Satz 1 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler wiederholt. Nach § 7 Abs. 7 Satz 2 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler bleibt das über den letzten Einkommensteuerbescheid festgesetzte Arbeitseinkommen bis zur Erteilung des nächsten Einkommensteuerbescheides maßgebend. Der neue Einkommensteuerbescheid ist für die Beitragsbemessung ab Beginn des auf die Ausfertigung folgenden Monats heranzuziehen (§ 7 Abs. 7 Satz 3 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler). Bei hauptberuflich selbstständig Erwerbstätigen, die eine selbstständige Tätigkeit neu aufnehmen, werden die Beiträge auf Antrag des Mitglieds bis zur Vorlage des ersten Einkommensteuerbescheides einstweilig nach den voraussichtlichen Einnahmen festgesetzt (§ 7 Abs. 7 Satz 5 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler).
Für die Höhe der Beiträge zur Pflegeversicherung bestimmt § 57 Abs. 4 Satz 1 SGB XI, dass für die Beitragsbemessung § 240 SGB V entsprechend anzuwenden ist.
d) Danach durften die Beklagten die Beiträge des Klägers für die Zeit vom 1. Januar 2008 bis 30. April 2010 auf der Grundlage von monatlichen Einkünften in Höhe von EUR 3.141,00 festsetzen. Der Einkommensteuerbescheid für 2007 vom 20. April 2009 ergab Einkünfte aus Gewerbebetrieb von EUR 18.114,00. Diese haben die Beklagten zutreffend auf den Zeitraum vom 9. Juli bis 31. Dezember 2007 umgelegt und damit Einkünfte in Höhe von EUR 3.141,00 ermittelt (EUR 18.114,00 ÷ 173 Tage x 30 = EUR 3.141,56). Denn der Kläger hat seine selbstständige Tätigkeit erst am 9. Juli 2007 aufgenommen, so dass seine gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ab diesem Zeitpunkt nur durch eine auf den Zeitraum vom 9. Juli bis 31. Dezember 2007 bezogene monatliche Umlegung korrekt ermittelt wird (vgl. zur Umlegung von Jahreseinkünften bei unterjähriger Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit auch Urteil des Senats vom 20. September 2013 - L 4 KR 1635/12 -, nicht veröffentlicht). Auf jahreszeitliche Schwankungen kommt es entgegen der Ansicht des Klägers, abgesehen davon, dass er solche nicht nachgewiesen hat, nicht an. Der Nachweis niedrigerer Einnahmen muss auch nicht durch einen Einkommensteuerbescheid erfolgen, der ein vollständiges Kalenderjahr umfasst. Denn § 7 Abs. 7 Satz 5 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler stellt ausdrücklich auf den ersten Einkommensteuerbescheid ab, auf dessen Grundlage die Beiträge endgültig festzusetzen sind, unabhängig davon, welchen Zeitraum dieser Einkommensteuerbescheid umfasst.
e) Den Beklagten lagen bis zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides am 19. April 2010 keine geeigneten Nachweise über die Einnahmen des Klägers vor, die eine niedrigere Festsetzung rechtfertigten. Die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2008 und 2009 wurden erst am 19. Mai 2010, der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2010 erst am 29. Dezember 2011, alle damit erst nach Abschluss des Widerspruchsverfahrens erstellt. Für die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Verwaltungsentscheidung ist im Rahmen der hier erhobenen Anfechtungsklage regelmäßig auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung im Widerspruchsverfahren durch den Widerspruchsausschuss abzustellen. Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines endgültigen Beitragsbescheides gilt nichts anderes. Auch hier ist im Widerspruchsverfahren der Ausgangsbescheid in dem Umfang, in dem er mit dem Widerspruch angefochten wurde, zu überprüfen. Der Ausgangsbehörde und bei Nichtabhilfe der Widerspruchsbehörde steht die Kompetenz zu, zu Gunsten des Widerspruchsführers einen rechtswidrigen Bescheid zu ändern, wenn nunmehr aufgrund neuer Tatsachen der Ausgangsbescheid nicht mehr rechtmäßig ergehen könnte. Wird erstmals über die endgültige Beitragsfestsetzung entschieden, nachdem zunächst lediglich eine vorläufige Beitragsfestsetzung durch einstweilige Regelung erfolgte, sind Beiträge gerade auch rückwirkend aufgrund nunmehr vorliegender Nachweise festzusetzen und im Widerspruchsverfahren zu überprüfen, ob solche Nachweise vorliegen (BSG, Urteile vom 11. März 2009 - B 12 KR 30/07 R - und 30. März 2011 - B 12 KR 18/09 -; jeweils in juris; Urteil des Senats vom 20. September 2013 - L 4 KR 1635/12 -, nicht veröffentlicht). Vor Erlass des Widerspruchsbescheides vorgelegte Einkommensnachweise wären daher von den Beklagten zu berücksichtigen gewesen. Die Nichtberücksichtigung vorgelegter Einkommensnachweise lässt sich nicht aus § 240 Abs. 4 Satz 6 SGB V entnehmen. Diese Vorschrift regelt, dass Veränderungen der Beitragsbemessung aufgrund eines vom Versicherten geführten Nachweises nach Satz 2 nur zum ersten Tag des auf die Vorlage dieses Nachweises folgenden Monats wirksam werden können. Damit führt der Nachweis geringerer Einkünfte zur Beitragsänderung nur mit Wirkung für die Zukunft und wirken sich insbesondere Einkommensänderungen sowohl positiv als auch negativ nur zeitverzögert auf die Beitragshöhe aus (BSG, Urteil vom 22. März 2006 - B 12 KR 14/05 R -; in juris). Beitragskorrekturen für die Vergangenheit aufgrund der Vorlage eines Einkommensteuerbescheides sollten durch diese Regelung vermieden werden (vgl. BT-Drucks. 12/3937 S 17). Diese Regelung erfasst weder nach ihrem Wortlaut noch nach ihrem Sinn und Zweck die erstmalige endgültige Feststellung der Beitragshöhe eines hauptberuflich Selbstständigen, wenn zunächst zu Beginn der selbstständigen Tätigkeit vorläufig lediglich Mindestbeiträge festgesetzt worden waren, weil ein Nachweis über die Höhe der Einnahmen wegen fehlender Einkommensteuerbescheide nicht möglich war, und nunmehr für die Vergangenheit die vorläufige durch eine endgültige Beitragsfestsetzung ersetzt wird. In diesem Fall war gerade auf eine endgültige, bei Nachweis geringerer Einnahmen nur mit Wirkung für die Zukunft abänderbare Beitragsfestsetzung verzichtet worden, weil kein Nachweis über die Höhe der Einnahmen bei Beginn der selbstständigen Tätigkeit geführt werden konnte. Dem würde es widersprechen, bei der endgültigen Beitragsfestsetzung bis zum Tag der Vorlage von Einkommensteuerbescheiden dennoch für die Vergangenheit Höchstbeiträge festzusetzen (BSG, Urteile vom 11. März 2009 - B 12 KR 30/07 R - und 30. März 2011 - B 12 KR 18/09 R -; in juris; Urteil des Senats vom 20. September 2013 - L 4 KR 1635/12 -, nicht veröffentlicht). Der Kläger hat jedoch einen Nachweis über seine geringeren Einnahmen in den Jahren 2008 und 2009 erst nach Abschluss des Widerspruchsverfahrens erbracht, so dass diese Nachweise bei der rückwirkenden endgültigen Beitragsfestsetzung nicht mehr berücksichtigt werden konnten.
Dass der Kläger wegen der Kündigung seiner Mitgliedschaft bei den Beklagten zum 30. April 2010 und des Wechsels zu einer privaten Krankenversicherung eine niedrigere Beitragsfestsetzung für die Zukunft nicht mehr erreichen konnte, ändert nichts am Ergebnis (vgl. für den Fall der Aufgabe einer hauptberuflichen selbstständigen Tätigkeit: Urteil des Senats vom 20. September 2013 - L 4 KR 1635/12 -, nicht veröffentlicht), auch wenn dem Kläger durch die zeitversetzte Beitragsfestsetzung Nachteile entstehen. Dies beruht darauf, dass § 240 Abs. 4 Satz 6 (Satz 3 a.F.) SGB V sowie § 19 Abs. 2 Buchst. c) der Satzung der Beklagten zu 1) (bis 31. Dezember 2008) und § 7 Abs. 7 Satz 5 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler (seit 1. Januar 2009) hinsichtlich des Nachweises niedriger Einnahmen ausdrücklich auf den Zeitpunkt der Vorlage des (ersten) Einkommensteuerbescheides abstellen und sich später vorgelegte Einkommensteuerbescheide nur für die Zukunft auswirken.
f) Auch im Übrigen ist die Höhe der durch die Beklagten festgesetzten Beiträge nicht zu beanstanden. Insbesondere haben die Beklagten zutreffend die jeweils für die KV und PV geltenden Beitragssätze (unter Berücksichtigung der KV ohne Krankengeldanspruch [ermäßigter Beitragssatz nach § 243 SGB V] und der Kinderlosigkeit des Klägers beim Beitragssatz der PV [Beitragszuschlag für Kinderlose nach § 55 Abs. 3 Satz 1 SGB XI]) zu Grunde gelegt. Insoweit erhebt der Kläger auch keine Einwendungen.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich im Berufungsverfahren noch gegen die Höhe der von ihm zu zahlenden Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung (KV) und sozialen Pflegeversicherung (PV) für die Zeit vom 1. Januar 2008 bis 30. April 2010.
Der 1971 geborene, im zuvor genannten Zeitraum kinderlose Kläger nahm am 9. Juli 2007 eine selbstständige Tätigkeit als Bauwerksabdichter auf und war ab diesem Zeitpunkt bis zum 30. April 2010 (Kündigung des Klägers) freiwillig versichertes Mitglied der zu 1) beklagten Krankenkasse (ohne Anspruch auf Krankengeld) sowie pflichtversichertes Mitglied bei der zu 2) beklagten Pflegekasse. Von der Bundesagentur für Arbeit erhielt er für die Zeit vom 9. Juli 2007 bis 8. April 2008 einen Gründungszuschuss von monatlich EUR 1.491,30 (Bescheid der Agentur für Arbeit Überlingen vom 1. August 2007). Im Rahmen seiner Erklärung zur selbstständigen Tätigkeit vom 2. August 2007 gab er gegenüber den Beklagten an, mit monatlichen Einkünften aus seiner selbstständigen Tätigkeit in Höhe von ca. EUR 830,00 zu rechnen.
Mit bestandskräftigen Beitragsbescheiden vom 8. August 2007, 25. Juni 2008, 26. September 2008, 8. Januar 2009 und 19. Juni 2009 setzte die Beklagte zu 1) die Beiträge zur KV und PV jeweils vorläufig fest (KV: EUR 227,80 für 9. bis 31. Juli 2007, EUR 297,13 monatlich ab 1. August 2007, EUR 309,51 monatlich ab 1. Oktober 2008, EUR 307,45 monatlich ab 1. Januar 2009 und EUR 295,06 monatlich ab 1. Juli 2009; PV: EUR 30,85 für 9. bis 31. Juli 2007, EUR 40,24 ab 1. August 2007, EUR 45,40 monatlich ab 1. Juli 2008 und EUR 45,39 monatlich ab 1. Januar 2009). Dabei legte sie (vorläufig) jeweils ein geschätztes monatliches Einkommen des Klägers von EUR 2.063,00 zugrunde. Die Bescheide enthielten jeweils den Hinweis, dass die Beiträge neu berechnet würden, sobald ein aktueller Einkommenssteuerbescheid vorliege.
Laut Bescheid für 2007 über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag des Finanzamtes Überlingen vom 20. April 2009, von dem die Beklagten im Dezember 2009 Kenntnis erhielten, hatte der Kläger im Jahr 2007 Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von EUR 18.114,00. Im Jahr 2008 hatte der Kläger Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von EUR 23.813,00, im Jahr 2009 solche in Höhe von EUR 12.756,00 und im Jahr 2010 solche in Höhe von EUR 34.374,00 (in der ersten Instanz vorgelegte Bescheide des Finanzamtes Überlingen jeweils vom 19. Mai 2010 und in der Berufungsinstanz vorgelegter Bescheid des Finanzamtes Sigmaringen vom 29. Dezember 2011).
Mit Bescheid vom 17. Dezember 2009 setzte die Beklagte zu 1) - auch im Namen der Beklagten zu 2) - die Beiträge zur KV und PV rückwirkend wie folgt endgültig fest:
KV (in Klammern der jeweils zugrundegelegte Beitragssatz) PV (in Klammern der jeweils zugrundegelegte Beitragssatz) 9. bis 31. Juli 2007 EUR 346,77 (14,4 v.H.) EUR 46,96 (1,95 v.H.) 1. August 2007 bis 30. Juni 2008 EUR 452,31 (14,4 v.H.) EUR 61,25 (1,95 v.H.) 1. Juli bis 30. September 2008 EUR 452,31 (14,4 v.H.) EUR 69,10 (2,2 v.H.) 1. Oktober bis 31. Dezember 2008 EUR 471,15 (15,0 v.H.) EUR 69,10 (2,2 v.H.) 1. Januar bis 30. Juni 2009 EUR 468,01 (14,9 v.H.) EUR 69,10 (2,2 v.H.) ab 1. Juli 2009 EUR 449,16 (14,3 v.H.) EUR 69,10 (2,2 v.H.)
Dabei gingen die Beklagten von monatlichen Einkünften des Klägers aus Gewerbebetrieb in Höhe von EUR 3.141,00 aus. Diesen Betrag errechneten sie, indem sie die Jahreseinkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb für das Jahr 2007 in Höhe von EUR 18.114,00 durch 173 Tage dividierten und mit 30 Tagen multiplizierten. Für die Zeit vom 9. Juli 2007 bis 30. November 2009 errechneten die Beklagten einen Nachzahlungsbetrag von EUR 5.160,50.
Der Kläger erhob Widerspruch. Durch die Hochrechnung seiner Einkünfte aus der Zeit vom 9. Juli bis 31. Dezember 2007 werde das Ergebnis verfälscht, da seine Einnahmen jahreszeitlichen Schwankungen unterlägen. Die Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2008 und 2009 würden vorbereitet, so dass Einkommensteuerbescheide für diese Jahre noch nicht vorliegen würden. Mit Widerspruchsbescheid vom 19. April 2010 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch zurück. Sie seien berechtigt gewesen, in der Existenzgründungsphase die Beiträge zunächst vorläufig und mit Vorlage des ersten Einkommensteuerbescheides endgültig festzusetzen. Das Arbeitseinkommen aus dem aktuellen Einkommensteuerbescheid bleibe bis zur Erteilung des nächsten Einkommensteuerbescheides maßgebend.
Am 18. Mai 2010 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG). Zur Begründung trug er vor, das von den Beklagten ermittelte Einkommen entspreche nicht seinem tatsächlichen Jahresverdienst, da seine Einnahmen, wie im Bauhandwerk üblich, starken monatlichen Schwankungen unterworfen seien. Im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2007 seien lediglich einkommensstarke Monate erfasst, so dass die von den Beklagten vorgenommene Hochrechnung zu einem falschen Ergebnis führe. Im Jahr 2008 habe er lediglich Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von EUR 23.813,00 und im Jahr 2009 solche in Höhe von EUR 12.756,00 erzielt, wie sich den von ihm vorgelegten Einkommensteuerbescheiden für diese Jahre vom 19. Mai 2010 entnehmen lasse. Es sei nicht zulässig, bei der Beitragsbemessung ausschließlich von dem aus dem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2007 hochgerechneten Einkommen auszugehen. Es dürfe lediglich ein Einkommensteuerbescheid zugrunde gelegt werden, der ein vollständiges Kalenderjahr abdecke. Solange ein solcher noch nicht vorliege, sei die Beitragsfestsetzung eine vorläufige, welche den tatsächlichen Verhältnissen anzupassen sei. Da der "Versicherungsvertrag" (gemeint: die Mitgliedschaft bei den Beklagten) geendet habe, bevor die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2008 und 2009 vorgelegen hätten, könne er nicht darauf verwiesen werden, dass ihm aufgrund der zeitversetzten Beitragsfestsetzung keine Nachteile entstünden.
Die Beklagten traten der Klage entgegen. Für die Beitragsbemessung sei es nicht notwendig, dass sich die im maßgebenden Steuerbescheid ausgewiesenen Einkünfte aus der Selbstständigkeit auf ein ganzes Kalenderjahr bezögen. Neue Einkommensteuerbescheide könnten erst ab dem Folgemonat der Vorlage berücksichtigt werden. Die Beendigung der Mitgliedschaft ändere hieran nichts.
Mit Urteil vom 16. August 2012 wies das SG die Klage ab. Die Beklagten seien berechtigt gewesen, die Beiträge zur KV und PV nachträglich endgültig für die Zeit ab Juli 2007 neu festzusetzen, da die Bescheide vom 25. Juni 2008, 26. September 2008, 8. Januar 2009 und 19. Juni 2009 ausdrücklich unter dem Vorbehalt der Änderung ergangen seien. Eine lediglich vorläufige Festsetzung habe zunächst erfolgen dürfen, da die Einnahmen des seit dem 9. Juli 2007 selbstständigen Klägers noch nicht hinreichend genau hätten abgesehen werden können. Entsprechende vorläufige Festsetzungen würden keine Bindungswirkung entfalten und sich mit der endgültigen Beitragsfestsetzung erledigen (Verweis auf Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 22. März 2006 - B 12 KR 14/05 R -, in juris). Zu Recht hätten die Beklagten bei der endgültigen Beitragsfestsetzung auch ein Monatseinkommen von EUR 3.141,00 zugrunde gelegt. Der Umstand, dass der Kläger lediglich in der zweiten Jahreshälfte des Jahres 2007 selbstständig tätig war, führe nicht dazu, dass nicht auf den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2007 habe abgestellt werden dürfen. Da die Beklagten nach § 76 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) verpflichtet seien, Beiträge rechtzeitig und vollständig zu erheben, hätten sie nicht bis zum Vorliegen eines Einkommensteuerbescheides, der ein gesamtes Jahr abbilde, abwarten dürfen. Eine Berücksichtigung von jahreszeitlichen Schwankungen sei auch nicht praktikabel, da in diesem Fall nicht verlässliche Schätzungen vorgenommen werden müssten. Darüber hinaus seien nach § 240 Abs. 4 Satz 6 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) geringere Einkünfte immer erst für die Zeit nach deren Nachweis bei der Beitragsfestsetzung zu berücksichtigen. Daher sei für die Jahre 2008 und 2009 nicht auf die Einkommensteuerbescheide für diese Jahre abzustellen, denn diese seien erst nach Ende der Mitgliedschaft des Klägers bei den Beklagten bekanntgegeben worden. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass durch die Beendigung der Mitgliedschaft aufgrund der eigenverantwortlichen Kündigung des Klägers diesem eine Beitragsgerechtigkeit aufgrund einer zeitversetzten Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse nicht mehr zugute komme, weil das Gesetz hierfür keine Ausnahme vorsehe.
Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 31. August 2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 28. September 2012 Berufung eingelegt, zu deren Begründung er vorträgt, entgegen der Auffassung des SG seien durch § 76 Abs. 1 SGB IV spätere Korrekturen nicht ausgeschlossen. Im Übrigen überzeuge die Rechtsauffassung des SG, wonach das Abwarten auf einen Einkommensteuerbescheid, der ein ganzes Jahr abbilde, nicht praktikabel sei, nicht. Der Grundsatz der Beitragsgerechtigkeit gebiete es, dass der jeweilige Beitrag anhand der tatsächlichen Einnahmen bemessen werde. Dies könne dergestalt erfolgen, dass zunächst ein vorläufiger Beitrag festgesetzt werde, der rückwirkend bei Feststehen der tatsächlichen Einnahmen wieder abgeändert werden könne. Hierdurch sei eine kurzfristige Festsetzung möglich und es werde gleichzeitig dem Grundsatz der Beitragsgerechtigkeit Genüge getan. Dieser Grundsatz der Beitragsgerechtigkeit sei vom BSG anerkannt, welches diesen durch die zeitversetzte Berücksichtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit als gewahrt ansehe. Aufgrund seiner Kündigung der Mitgliedschaft komme dieser Umstand bei ihm nicht mehr zum Tragen. Dabei könne es nicht darauf ankommen, dass er die Mitgliedschaft eigenverantwortlich beendet habe, da er seine Krankenkasse grundsätzlich frei wählen könne und dieses Recht ansonsten faktisch beschnitten würde. Im vorliegenden Fall könne der Grundsatz der Beitragsgerechtigkeit nur dadurch hergestellt werden, dass die Beiträge auf der Grundlage der Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2008 und 2009 festgesetzt würden. Im vom Berichterstatter durchgeführten Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 27. März 2014 hat der Kläger erklärt, in Bezug auf das Jahr 2007 seien die von den Beklagten festgesetzten Beiträge unstreitig.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 16. August 2012 und den Bescheid der Beklagten vom 17. Dezember 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. April 2010 aufzuheben, soweit die Beklagten für das Jahr 2008 monatliche Beiträge zur Krankenversicherung für die Zeit vom 1. Januar bis 30. September 2008 von mehr als EUR 285,76 und für die Zeit vom 1. Oktober bis 31. Dezember 2008 von mehr als EUR 297,66 sowie zur Pflegeversicherung für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 2008 von mehr als EUR 38,70 und für die Zeit vom 1. Juli bis 31. Dezember 2008 von mehr als EUR 43,66, für das Jahr 2009 monatliche Beiträge zur Krankenversicherung für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 2009 von mehr als EUR 281,61 und für die Zeit vom 1. Juli bis 31. Dezember 2009 von mehr als EUR 270,27 sowie zur Pflegeversicherung für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 2009 von mehr als EUR 41,58 und für die Zeit vom 1. Januar bis 30. April 2010 monatliche Beiträge zur Krankenversicherung von mehr als EUR 409,62 sowie zur Pflegeversicherung von mehr als EUR 63,02 fordern.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweisen auf den Widerspruchsbescheid vom 19. April 2010 und ihren erstinstanzlichen Vortrag.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und auf die von den Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und statthaft. Die Berufung bedurfte nicht der Zulassung nach § 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Denn streitig sind Beiträge für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
1. Gegenstand des Rechtsstreits ist allein der Bescheid vom 17. Dezember 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. April 2010, mit dem die Beklagte zu 1) auch im Namen der Beklagten zu 2) Beiträge zur KV und PV rückwirkend für die Zeit ab dem 9. Juli 2007 endgültig festgesetzt hat und zwar lediglich, soweit die Beitragsfestsetzung den Zeitraum vom 1. Januar 2008 bis 31. April 2010 betrifft. Die Beitragsfestsetzung für die Zeit vom 9. Juli bis 31. Dezember 2007 beanstandet der Kläger nicht, wie er im vom Berichterstatter durchgeführten Erörterungstermin vom 27. März 2014 ausdrücklich klargestellt hat. Die vorangegangenen bestandskräftigen Bescheide der Beklagten zu 1) vom 8. August 2007, 25. Juni 2008, 26. September 2008, 8. Januar 2009 und 19. Juni 2009 sind nicht Gegenstand des Rechtsstreits. Sie enthielten lediglich eine vorläufige Beitragsfestsetzung und haben sich mit dem Erlass der endgültigen Regelung im Bescheid vom 7. Dezember 2009 im Sinne von § 39 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) erledigt (vgl. BSG, Urteile vom 30. März 2011 - B 12 KR 18/09 R - und 7. Mai 2014 - B 12 KR 2/12 R -, beide in juris).
Der Senat legt das Begehren des Klägers sachgerecht (§ 123 SGG) dahin aus, dass er der Auffassung ist, die Berechnung der monatlichen Beiträge zur KV und PV sei auf der Grundlage der in den Jahren 2008 bis 2010 tatsächlich erzielten Arbeitseinkommen vorzunehmen. Dies war monatlich im Jahre 2008 EUR 1.984,42 (EUR 23.813,00 ÷ 12), im Jahr 2009 EUR 1.063,00 (EUR 12.756,00 ÷ 12) und im Jahr 2010 EUR 2.864,50 (EUR 34.374,00 ÷ 12). Das Arbeitseinkommen für das Jahr 2009 liegt unter der Mindestbemessungsgrundlage für hauptberuflich selbstständig Erwerbstätige nach § 240 Abs. 4 Satz 2, 2 Halbsatz SGB V von EUR 1.890,00 (Bezugsgröße EUR 2.520,00 ÷40 x 30 Tage), so dass dieser (Mindest-)Betrag der Berechnung der Beiträge zugrundezulegen ist. Auf der Grundlage dieser beitragspflichtigen Einnahmen ergeben sich die im Antrag genannten monatlichen Beiträge zur KV und PV.
2. Die Berufung ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angegriffene Bescheid vom 17. Dezember 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. April 2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
a) Die Beklagte zu 1) war berechtigt, auch die Beiträge zur PV festzusetzen. Denn nach § 46 Abs. 2 Satz 4 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) können Krankenkassen und Pflegekassen für Mitglieder, die - wie vorliegend der Kläger - ihre Beiträge zur KV und zur PV selbst zu zahlen haben, die Höhe der Beiträge zur KV und zur PV in einem gemeinsamen Beitragsbescheid festsetzen. Hierbei ist das Mitglied darauf hinzuweisen, dass der Bescheid über den Beitrag zur PV im Namen der Pflegekasse ergeht (§ 46 Abs. 2 Satz 5 SGB XI). Der Bescheid der Beklagten zu 1) vom 17. Dezember 2009 enthält einen entsprechenden Hinweis.
b) Die Beklagte zu 1) war auch berechtigt, die Beitragshöhe für den Zeitraum vom 9. Juli 2007 bis 30. April 2010 neu festzusetzen, ohne an bereits ergangene vorherige Beitragsfestsetzungen für diese Zeit gebunden zu sein. Die Höhe der für diesen Zeitraum zu zahlenden Beiträge zur KV und PV war zuvor mit den für die Beteiligten bindend gewordenen Bescheiden der Beklagten zu 1) vom 8. August 2007, 25. Juni 2008, 26. September 2008, 8. Januar 2009 und 19. Juni 2009 lediglich vorläufig durch einstweiligen Verwaltungsakt festgesetzt worden. Die Vorläufigkeit der Regelungen ergab sich aus den Bescheidtexten, wonach sich die Beklagte zu 1) jeweils eine Neuberechnung der Beitragshöhe nach Vorlage eines Einkommensteuerbescheides vorbehielt. Solche vorläufigen Festsetzungen entfalten nach der Rechtsprechung des BSG, der der Senat folgt, keine Bindungswirkung für die endgültige Beitragsfestsetzung, sondern erledigen sich wie dargelegt im Sinne von § 39 Abs. 2 SGB X mit der formellen endgültigen Festsetzung (vgl. Urteile vom 22. März 2006 - B 12 KR 14/05 R -, 11. März 2009 - B 12 KR 30/07 R - 30. März 2011 - B 12 KR 18/09 - und 7. Mai 2014 - B 12 KR 2/12 R -; Urteil des Senats vom 2. Dezember 2011 - L 4 KR 4781/09 -; jeweils in juris; Urteil des Senats vom 20. September 2013 - L 4 KR 1635/12 -, nicht veröffentlicht).
c) Rechtsgrundlage für die Beitragsbemessung ist für den Zeitraum vom 1. Januar bis 31. Dezember 2008 § 240 SGB V in der bis 31. Dezember 2008 geltenden Fassung i.V.m. § 19 der Satzung der Beklagten zu 1). Nach § 240 Abs. 1 (in der von 1. Januar 1989 bis 31. Dezember 2008 geltenden Fassung des Gesundheits-Reformgesetzes - GRG - vom 20. Dezember 1988 [BGBl. I, S. 2477]) und 2 SGB V (in der hier anzuwendenden Fassung des Art. 3a Nr. 1 des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20. Juli 2006 [BGBl I 1706], die ab 1. August 2006 galt) wurde die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder durch die Satzung der Krankenkasse geregelt (Abs. 1 Satz 1), wobei sicherzustellen war, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit berücksichtigte (Abs. 1 Satz 2). Die Satzung musste mindestens die Einnahmen des freiwillig versicherten Mitglieds berücksichtigen, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung zugrunde zu legen waren (Abs. 2 Satz 1). Nach § 240 Abs. 4 Satz 2 und 3 SGB V (in der seit 1. Januar 1993 geltenden Fassung - Satz 2 und 3 angefügt durch Art 1 Nr. 137 Buchst c des Gesundheitsstrukturgesetzes vom 21. Dezember 1992 [BGBl, I, S. 2266], Änderungen durch Art. 3 Nr. 6 des Zweiten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 3. Dezember 2002 [BGBl. I, S. 4621] und durch Art. 3a Nr. 2 des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20. Juli 2006 [BGBl. I 1706], Satz 3 nunmehr Satz 6) galten für freiwillige Mitglieder, die hauptberuflich selbstständig erwerbstätig sind, als beitragspflichtige Einnahmen für den Kalendertag der dreißigste Teil der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze (§ 223 SGB V), bei Nachweis niedrigerer Einnahmen jedoch mindestens der vierzigste Teil der monatlichen Bezugsgröße (Satz 2). Veränderungen der Beitragsbemessung konnten aufgrund eines vom Versicherten geführten Nachweises nach Satz 2 nur zum ersten Tag des auf die Vorlage dieses Nachweises folgenden Monats wirksam werden (Satz 3). § 19 Abs. 2 Buchst. c) der Satzung der Beklagten zu 1) enthielt eine inhaltsgleiche Regelung wie § 240 Abs. 4 Satz 2 und 3 SGB V.
Für den Zeitraum vom 1. Januar 2009 bis 30. April 2010 ist Rechtsgrundlage für die Beitragsbemessung § 240 Abs. 1 Satz 1 SGB V in der seit 1. Januar 2009 geltenden Fassung des Art. 2 Nr. 29a1 Buchst. a) Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG) vom 26. März 2007 (BGBl. I, S. 376). Danach wird die Beitragsbemessung einheitlich durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen geregelt, wobei weiterhin sicherzustellen ist, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtigt. Dies erfolgte mit den vom GKV-Spitzenverband am 27. Oktober 2008 erlassenen "Einheitlichen Grundsätze zur Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung und weiterer Mitgliedergruppen sowie zur Zahlung und Fälligkeit der von Mitgliedern selbst zu entrichtenden Beiträge" (Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler; zu deren Wirksamkeit: BSG, Urteil vom 19. Dezember 2012 - B 12 KR 20/11 R -, in juris). § 240 Abs. 4 Satz 2 SGB V in dieser Fassung regelte weiterhin, dass für freiwillige Mitglieder, die hauptberuflich selbstständig erwerbstätig sind, als beitragspflichtige Einnahmen für den Kalendertag der dreißigste Teil der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze (§ 223 SGB V), bei Nachweis niedrigerer Einnahmen jedoch mindestens der vierzigste Teil der monatlichen Bezugsgröße gilt, wobei nach § 240 Abs. 4 Satz 6 SGB V Veränderungen der Beitragsbemessung auf Grund eines vom Versicherten zu führenden Nachweises nur zum ersten Tag des auf die Vorlage dieses Nachweises folgenden Monats wirksam werden. Diese Regelungen werden in § 7 Abs. 3 und Abs. 7 Satz 1 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler wiederholt. Nach § 7 Abs. 7 Satz 2 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler bleibt das über den letzten Einkommensteuerbescheid festgesetzte Arbeitseinkommen bis zur Erteilung des nächsten Einkommensteuerbescheides maßgebend. Der neue Einkommensteuerbescheid ist für die Beitragsbemessung ab Beginn des auf die Ausfertigung folgenden Monats heranzuziehen (§ 7 Abs. 7 Satz 3 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler). Bei hauptberuflich selbstständig Erwerbstätigen, die eine selbstständige Tätigkeit neu aufnehmen, werden die Beiträge auf Antrag des Mitglieds bis zur Vorlage des ersten Einkommensteuerbescheides einstweilig nach den voraussichtlichen Einnahmen festgesetzt (§ 7 Abs. 7 Satz 5 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler).
Für die Höhe der Beiträge zur Pflegeversicherung bestimmt § 57 Abs. 4 Satz 1 SGB XI, dass für die Beitragsbemessung § 240 SGB V entsprechend anzuwenden ist.
d) Danach durften die Beklagten die Beiträge des Klägers für die Zeit vom 1. Januar 2008 bis 30. April 2010 auf der Grundlage von monatlichen Einkünften in Höhe von EUR 3.141,00 festsetzen. Der Einkommensteuerbescheid für 2007 vom 20. April 2009 ergab Einkünfte aus Gewerbebetrieb von EUR 18.114,00. Diese haben die Beklagten zutreffend auf den Zeitraum vom 9. Juli bis 31. Dezember 2007 umgelegt und damit Einkünfte in Höhe von EUR 3.141,00 ermittelt (EUR 18.114,00 ÷ 173 Tage x 30 = EUR 3.141,56). Denn der Kläger hat seine selbstständige Tätigkeit erst am 9. Juli 2007 aufgenommen, so dass seine gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ab diesem Zeitpunkt nur durch eine auf den Zeitraum vom 9. Juli bis 31. Dezember 2007 bezogene monatliche Umlegung korrekt ermittelt wird (vgl. zur Umlegung von Jahreseinkünften bei unterjähriger Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit auch Urteil des Senats vom 20. September 2013 - L 4 KR 1635/12 -, nicht veröffentlicht). Auf jahreszeitliche Schwankungen kommt es entgegen der Ansicht des Klägers, abgesehen davon, dass er solche nicht nachgewiesen hat, nicht an. Der Nachweis niedrigerer Einnahmen muss auch nicht durch einen Einkommensteuerbescheid erfolgen, der ein vollständiges Kalenderjahr umfasst. Denn § 7 Abs. 7 Satz 5 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler stellt ausdrücklich auf den ersten Einkommensteuerbescheid ab, auf dessen Grundlage die Beiträge endgültig festzusetzen sind, unabhängig davon, welchen Zeitraum dieser Einkommensteuerbescheid umfasst.
e) Den Beklagten lagen bis zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides am 19. April 2010 keine geeigneten Nachweise über die Einnahmen des Klägers vor, die eine niedrigere Festsetzung rechtfertigten. Die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2008 und 2009 wurden erst am 19. Mai 2010, der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2010 erst am 29. Dezember 2011, alle damit erst nach Abschluss des Widerspruchsverfahrens erstellt. Für die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Verwaltungsentscheidung ist im Rahmen der hier erhobenen Anfechtungsklage regelmäßig auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung im Widerspruchsverfahren durch den Widerspruchsausschuss abzustellen. Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines endgültigen Beitragsbescheides gilt nichts anderes. Auch hier ist im Widerspruchsverfahren der Ausgangsbescheid in dem Umfang, in dem er mit dem Widerspruch angefochten wurde, zu überprüfen. Der Ausgangsbehörde und bei Nichtabhilfe der Widerspruchsbehörde steht die Kompetenz zu, zu Gunsten des Widerspruchsführers einen rechtswidrigen Bescheid zu ändern, wenn nunmehr aufgrund neuer Tatsachen der Ausgangsbescheid nicht mehr rechtmäßig ergehen könnte. Wird erstmals über die endgültige Beitragsfestsetzung entschieden, nachdem zunächst lediglich eine vorläufige Beitragsfestsetzung durch einstweilige Regelung erfolgte, sind Beiträge gerade auch rückwirkend aufgrund nunmehr vorliegender Nachweise festzusetzen und im Widerspruchsverfahren zu überprüfen, ob solche Nachweise vorliegen (BSG, Urteile vom 11. März 2009 - B 12 KR 30/07 R - und 30. März 2011 - B 12 KR 18/09 -; jeweils in juris; Urteil des Senats vom 20. September 2013 - L 4 KR 1635/12 -, nicht veröffentlicht). Vor Erlass des Widerspruchsbescheides vorgelegte Einkommensnachweise wären daher von den Beklagten zu berücksichtigen gewesen. Die Nichtberücksichtigung vorgelegter Einkommensnachweise lässt sich nicht aus § 240 Abs. 4 Satz 6 SGB V entnehmen. Diese Vorschrift regelt, dass Veränderungen der Beitragsbemessung aufgrund eines vom Versicherten geführten Nachweises nach Satz 2 nur zum ersten Tag des auf die Vorlage dieses Nachweises folgenden Monats wirksam werden können. Damit führt der Nachweis geringerer Einkünfte zur Beitragsänderung nur mit Wirkung für die Zukunft und wirken sich insbesondere Einkommensänderungen sowohl positiv als auch negativ nur zeitverzögert auf die Beitragshöhe aus (BSG, Urteil vom 22. März 2006 - B 12 KR 14/05 R -; in juris). Beitragskorrekturen für die Vergangenheit aufgrund der Vorlage eines Einkommensteuerbescheides sollten durch diese Regelung vermieden werden (vgl. BT-Drucks. 12/3937 S 17). Diese Regelung erfasst weder nach ihrem Wortlaut noch nach ihrem Sinn und Zweck die erstmalige endgültige Feststellung der Beitragshöhe eines hauptberuflich Selbstständigen, wenn zunächst zu Beginn der selbstständigen Tätigkeit vorläufig lediglich Mindestbeiträge festgesetzt worden waren, weil ein Nachweis über die Höhe der Einnahmen wegen fehlender Einkommensteuerbescheide nicht möglich war, und nunmehr für die Vergangenheit die vorläufige durch eine endgültige Beitragsfestsetzung ersetzt wird. In diesem Fall war gerade auf eine endgültige, bei Nachweis geringerer Einnahmen nur mit Wirkung für die Zukunft abänderbare Beitragsfestsetzung verzichtet worden, weil kein Nachweis über die Höhe der Einnahmen bei Beginn der selbstständigen Tätigkeit geführt werden konnte. Dem würde es widersprechen, bei der endgültigen Beitragsfestsetzung bis zum Tag der Vorlage von Einkommensteuerbescheiden dennoch für die Vergangenheit Höchstbeiträge festzusetzen (BSG, Urteile vom 11. März 2009 - B 12 KR 30/07 R - und 30. März 2011 - B 12 KR 18/09 R -; in juris; Urteil des Senats vom 20. September 2013 - L 4 KR 1635/12 -, nicht veröffentlicht). Der Kläger hat jedoch einen Nachweis über seine geringeren Einnahmen in den Jahren 2008 und 2009 erst nach Abschluss des Widerspruchsverfahrens erbracht, so dass diese Nachweise bei der rückwirkenden endgültigen Beitragsfestsetzung nicht mehr berücksichtigt werden konnten.
Dass der Kläger wegen der Kündigung seiner Mitgliedschaft bei den Beklagten zum 30. April 2010 und des Wechsels zu einer privaten Krankenversicherung eine niedrigere Beitragsfestsetzung für die Zukunft nicht mehr erreichen konnte, ändert nichts am Ergebnis (vgl. für den Fall der Aufgabe einer hauptberuflichen selbstständigen Tätigkeit: Urteil des Senats vom 20. September 2013 - L 4 KR 1635/12 -, nicht veröffentlicht), auch wenn dem Kläger durch die zeitversetzte Beitragsfestsetzung Nachteile entstehen. Dies beruht darauf, dass § 240 Abs. 4 Satz 6 (Satz 3 a.F.) SGB V sowie § 19 Abs. 2 Buchst. c) der Satzung der Beklagten zu 1) (bis 31. Dezember 2008) und § 7 Abs. 7 Satz 5 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler (seit 1. Januar 2009) hinsichtlich des Nachweises niedriger Einnahmen ausdrücklich auf den Zeitpunkt der Vorlage des (ersten) Einkommensteuerbescheides abstellen und sich später vorgelegte Einkommensteuerbescheide nur für die Zukunft auswirken.
f) Auch im Übrigen ist die Höhe der durch die Beklagten festgesetzten Beiträge nicht zu beanstanden. Insbesondere haben die Beklagten zutreffend die jeweils für die KV und PV geltenden Beitragssätze (unter Berücksichtigung der KV ohne Krankengeldanspruch [ermäßigter Beitragssatz nach § 243 SGB V] und der Kinderlosigkeit des Klägers beim Beitragssatz der PV [Beitragszuschlag für Kinderlose nach § 55 Abs. 3 Satz 1 SGB XI]) zu Grunde gelegt. Insoweit erhebt der Kläger auch keine Einwendungen.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
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