Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 4 SO 2532/14 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 3531/14 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 15. August 2014 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatte.
Gründe:
Die gem. §§ 172, 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig, insbesondere statthaft. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Das Sozialgericht Karlsruhe (SG) hat den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zu Recht abgelehnt.
Die am 29. Juni 1994 geborene Antragstellerin begehrt im einstweiligen Rechtsschutz die Verpflichtung des Sozialhilfeträgers, ab September 2014 vorläufig "die Kosten eines Einzelfallhelfers für den Förder- und Betreuungsbereich H. in L. zu gewähren". Aus dem weiteren Vorbringen ergibt sich, dass es sich bei dem "Einzelfallhelfer" nicht um eine Person handelt, mit der die Antragstellerin selbst eine dienstvertragliche oder ähnliche Vereinbarung geschlossen hat oder schließen will. Vielmehr sollte die Betreuungsperson von der genannten Einrichtung, deren Träger der beigeladene Verein ist, gestellt werden. Während des laufenden Verfahrens hat dementsprechend die Einrichtung (im Folgenden A.) nach eigenem Vorbringen bereits einen Arbeitsvertrag mit einer entsprechenden Kraft geschlossen. Die Kosten hierfür sollen - bei Aufnahme der Antragstellerin in die Einrichtung - dieser im Rahmen des privatrechtlichen Vertrages mit der Einrichtung als Zuschlag zu der nach §§ 75 Abs. 3, 76 Abs. 2 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) vereinbarten Vergütung im Rahmen eines "Zuschlags" i.H.v. EUR 82,67 je Abrechnungstag in Rechnung gestellt werden. Eine entsprechende zivilrechtliche Vereinbarung zwischen Antragstellerin und Einrichtung ist noch nicht geschlossen worden, aber bereits konkretisiert. Von der Übernahme dieser zusätzlichen Kosten für eine 1:1-Betreuung macht die Einrichtung die Aufnahme der Antragstellerin abhängig; diese hat dort also noch keine Aufnahme gefunden. Mit Bescheid vom 16. Juni 2014 (Bl. 1947 der Verwaltungsakte; vgl. auch Bescheid vom 28. Juli 2014, Bl. 1989 der Verwaltungsakte) hat der Antragsgegner die Übernahme der ab dem Aufnahmetag in den Förder- und Betreuungsbereich der Atrio anfallenden Vergütung im Rahmen der Eingliederungshilfe nach §§ 53 ff SGB XII bis zum 31. Juli 2015 "in Höhe der nach § 75 Abs. 3 SGB XII geschlossenen Vergütungsvereinbarung" bewilligt. Das mit dem im einstweiligen Rechtsschutzverfahren verfolgte Begehren der Antragstellerin (§ 123 SGG) ist mithin allein auf vorläufige Übernahme des Zuschlags i.H.v. EUR 82,67 je Abrechnungstag ab dem 1. September 2014 bis zur Entscheidung in der Hauptsache durch den Antragsgegner gerade für den Förder- und Betreuungsbereich der A. gerichtet. Andere Ansprüche gegen diesen oder den Beigeladenen werden nicht geltend gemacht. Die Entscheidungsbefugnis des Gerichts wird hierdurch begrenzt.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit - wie hier - nicht ein Fall des Abs. 1 vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2). Vorliegend kommt nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht.
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung). Dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch im Hinblick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (Bundesverfassungsgericht NJW 2003, 1236; NVwZ 2005, 927). Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache sind daher in Ansehung des sich aus Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes ergebenden Gebotes der Sicherstellung einer menschenwürdigen Existenz sowie des grundrechtlich geschützten Anspruches auf effektiven Rechtsschutz unter Umständen nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen. Ist im Eilverfahren eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich, so ist bei besonders folgenschweren Beeinträchtigungen eine Güter- und Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Antragstellers vorzunehmen. Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.
Vorliegend fehlt es bereits an einem Anordnungsanspruch i.S.e. materiell-rechtlichen Anspruches. Als Rechtsgrundlage des Begehrens der Antragstellerin ist § 19 Abs. 3 i. V. m. §§ 53, 54 SGB XII, § 55 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) heranzuziehen. Dass die Antragstellerin dem Grunde nach einen Anspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII hat, ist zwischen den Beteiligten nicht streitig und nach dem Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakten ohne Weiteres nachzuvollziehen. Die Antragstellerin leidet an einer tiefgreifenden Entwicklungsstörung (frühkindlicher Autismus), einer Epilepsie, einem Dysmorphie-Syndrom, einer dissozierten Intelligenz und einer tiefgreifenden und schwerwiegenden Beeinträchtigung der psychosozialen Anpassung (Arztbrief der St. Lukas-Klinik vom 4. April 2014). Auf Überforderung oder bei Unlust reagiert sie mit Verweigerungstendenzen. Sie verfügt über eine nur geringe Frustrationstoleranz und benötigt dadurch verbaler und/oder körperbetonter Unterstützung durch Dritte. Sie bedarf der Unterstützten Kommunikation; Sprechen kann sie nicht. Aufgrund eingeschränkter Körperwahrnehmung kann sie ihre Bewegungen nicht richtig koordinieren und ihre Körper- und Handkraft nicht richtig dosieren. Wegen Wahrnehmungs- und motorischen Beeinträchtigungen kann sie Gefahren nicht richtig einschätzen; es besteht ein hohes Unfall-, Eigen- und auch Fremdverletzungsrisiko. Aufgrund der Behinderungen ist die Antragstellerin in allen Lebensbereichen auf umfassende Hilfestellungen in Form stellvertretender Übernahme, Begleitung und Anleitung angewiesen. Neben dem Bereich der Grundpflege besteht Hilfebedarf in der alltäglichen Lebensführung und in der Gestaltung sozialer Beziehungen und der Freizeit. Die Antragstellerin reagiert u.U. unangemessen und distanz- und rücksichtslos auf andere und ist ohne Hilfestellung kaum in der Lage, sich über einen längeren Zeitraum selbst mit etwas zu beschäftigen. Sie bedarf daher Hilfen nicht nur in der häuslichen Situation, sondern auch in der Tagesstrukturierung (vgl. Bedarfsfeststellung des Medizinisch-Pädagogischen Dienstes (MPD) des KVJS vom 26. Mai 2014, Bl. 1887 ff der Verwaltungsakte). Entsprechend hat der Antragsgegner der Antragstellerin im Bescheid vom 16. Juni 2014 Leistungen der Eingliederungshilfe bewilligt.
Ein Anspruch der Antragstellerin auf die begehrten weitergehenden Hilfen ist ausgeschlossen, da ihr Hilfebedarf durch die bereits bewilligten Leistungen tatsächlich vollständig gedeckt wäre. Bewilligt wurde zuletzt (Bescheid vom 16. Juni 2014) die Übernahme der Kosten für Leistungen im "Förder- und Betreuungsbereich" der A. "in Höhe der vereinbarten Vergütung". Die Bewilligung bezieht sich damit auf die zwischen dem Beigeladenen und dem Landkreis B. als örtlich zuständigem Sozialhilfeträger nach § 75 Abs. 3 SGB XII für das tagesstrukturierende Angebot Förder- und Betreuungsgruppe an den Standorten Leonberg und L.vom 27. Februar 2014 mit Geltung vom 1. März 2014 bis 28. Februar 2015 ((VFuB), Bl. 37/39 der Senatsakten).
Eine kostenauslösende - zivilrechtliche - Vereinbarung über die Aufnahme in die dortige Förder- und Betreuungsgruppe (FuB) ist bislang zwischen der Antragstellerin und der Einrichtung allerdings nicht geschlossen worden. Letztere hat diese auch nicht tatsächlich in die dort bestehende FuB aufgenommen. Der Antragstellerin steht daher derzeit im Rahmen des sog. Erfüllungsverhältnisses des sozialhilferechtlichen Dreiecks zivilrechtlich (noch) kein Anspruch gegen den Einrichtungsträger auf umfassende und bedarfsgerechte Förderung und Betreuung zu. Einen solchen kann sie allerdings erlangen, wenn die genannte Einrichtung zum Abschluss einer entsprechenden zivilrechtlichen Vereinbarung im Erfüllungsverhältnis mit der Antragstellerin verpflichtet wäre. Nach Auffassung des Senats ist dies entgegen der Ansicht des Beigeladenen und offenbar auch der Antragstellerin vorliegend der Fall.
Nach § 2 Abs. 2 VFuB verpflichtet sich der Leistungserbringer, also der Beigeladene, "im Rahmen des vereinbarten Leistungsangebots Leistungsberechtigte aufzunehmen und zu betreuen". Dies entspricht der gesetzlichen Vorgabe des § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB XII, wonach in die Vereinbarung diese Verpflichtung der Einrichtung aufzunehmen ist. Das angesprochene "vereinbarte Leistungsangebot" ist zunächst in § 2 Abs. 2 VFuB definiert als "Leistungstyp I.4.5a Tagesstrukturierende Angebote für geistig und körperlich behinderte Menschen Förder- und Betreuungsgruppe - FuB". Nach Abs. 3 a.a.O. wird der Inhalt der Leistungen durch den jeweiligen Leistungstyp i.V.m. der Kurzbeschreibung definiert. Leistungstyp und Kurzbeschreibung finden sich im Rahmenvertrag Baden-Württemberg nach § 79 Abs. 1 SGB XII vom 15. Dezember 1998 in der aktualisierten Fassung vom 22. November 2012, auf den in § 1 Abs. 2 VFuB ausdrücklich ergänzend Bezug genommen wird.
Nach der Kurzbeschreibung des Leistungstyps in der Anlage 1 zum Rahmenvertrag Baden-Württemberg nach § 79 Abs. 1 SGB XII bezieht sich dieser auf Hilfe bei der Tagesstrukturierung, insbesondere in einer Beschäftigungsstätte. Ziel sei es, die Eingliederung in die Gesellschaft sowie die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern, insbesondere durch u.a. angemessene Tätigkeit, soziale Integration in relevante Bezugsgruppen, Entwicklung der Persönlichkeit und persönlicher Kompetenzen und Förderung individueller Lebenszufriedenheit. Die Zielsetzung entspricht somit den von der Antragstellerin begehrten Leistungen. Als Zielgruppe werden erwachsene Menschen mit wesentlichen geistigen und körperlichen Behinderungen beschrieben, die wegen Art und/oder Schwere der Behinderung nicht, noch nicht oder noch nicht wieder in einer Werkstatt für behinderte Menschen beschäftigt werden können, "mit unterschiedlichem Hilfebedarf". Die letztgenannte Formulierung ist so zu verstehen, dass eine Differenzierung nach dem Umfang des Hilfebedarfs nicht vorzunehmen ist; entsprechend sind - anders als z.B. im Leistungstyp I.1.1. - konkretisierende Hilfebedarfsgruppen nicht vorgesehen. Eine Eingrenzung ist daher nach der genannten Zielgruppe vorzunehmen (vgl. bereits Senatsbeschluss vom 22. Oktober 2013 - L 7 SO 3102/13 ER-B - (juris)). Maßgeblich ist der - qualitative - Hilfebedarf des behinderten Menschen, nicht der quantitative.
Dies entspricht auch der gesetzlichen Konzeption der Verknüpfung des sozialhilferechtlichen Leistungs- und Leistungserbringerrechts. Der Sozialhilfeträger erfüllt seine Verpflichtung gegenüber dem Hilfeempfänger zur Deckung dessen - nach Art und Umfang (qualitativ und quantitativ) - individuellen Hilfebedarfs durch Einschaltung eines Leistungserbringers, hier der Einrichtung. Der Hilfeempfänger erwirbt im Rahmen des zivilrechtlichen Vertrages mit der Einrichtung einen gegen diese gerichteten Anspruch auf seinem individuellen Bedarf entsprechende Betreuung. Das hierfür von ihm geschuldete Entgelt, das der Sozialhilfeträger im Rahmen eines Schuldbeitritts zu übernehmen hat, bestimmt sich nach der zwischen Sozialhilfeträger und Einrichtung geschlossenen Vergütungsvereinbarung nach §§ 75 Abs. 3, 76 Abs. 2 SGB XII. Diese bezieht sich ihrerseits wieder auf die zwischen denselben Beteiligten zu schließende Leistungsvereinbarung nach §§ 75 Abs. 3, 76 Abs. 1 SGB XII. Bei der Beschreibung der wesentlichen Leistungsmerkmale in einer Leistungsvereinbarung wird dagegen nicht auf den konkreten Bedarf einer bestimmten Person abgestellt. Maßgebend ist vielmehr der typisierte Bedarf einer bestimmten, abstrakt festlegbaren Gruppe von Hilfeempfängern (Senatsbeschluss vom 13. November 2006 - L 7 SO 2998/06 ER-B -; Landessozialgericht Sachsen, Beschluss vom 12. Dezember 2013 - L 8 SO 71/13 B ER - (alle juris); Jaritz/Eicher, jurisPK-SGB XII, § 76 Rdnr. 30). Die Inhalte einer Leistungsvereinbarung dürfen daher nicht so weit ausdifferenziert werden, dass dies einer Einzelplatzbeschreibung gleichkommen würde. Der Leistungserbringer erhält daher für die Deckung des individuellen Hilfebedarfs eines Hilfeempfängers das mit dem Sozialhilfeträger ausgehandelte, für den typisierten Bedarf der abstrakt festgelegten Gruppe von Hilfeempfängern (Leistungstyp, ggf. Hilfebedarfsgruppe) angemessene Entgelt. Dies führt dazu, dass der Sozialhilfeträger durch die Übernahme dieses vereinbarten Entgelts die individuelle Bedarfsdeckung des einzelnen Hilfeempfängers sicherstellt. Dies ist bei der Auslegung des Leistungsangebots und der hieran anknüpfenden Aufnahmeverpflichtung der Einrichtung i.S.d. § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB XII zu beachten:
Mit dem Leistungsmerkmal des zu betreuenden Personenkreises in § 76 Abs. 1 Satz 1 SGB XII wird der Personenkreis umschrieben, auf den sich das Leistungsangebot des Leistungserbringers und die Aufnahme- und Betreuungspflicht beziehen (Jaritz/Eicher, a.a.O., Rdnr. 39; Flint in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 5. Aufl., § 76 Rdnr. 7; Münder in LPK-SGB XII, 9. Aufl., § 76 Rdnr. 5). Werden in einer Einrichtung Personen mit abweichenden Bedarfen betreut, muss das Leistungsangebot nach Bedarfslagen differenziert werden. In diesem Fall muss sich schon aus der Leistungsvereinbarung ergeben, welche Personengruppen welche Leistungen erhalten. Diese Differenzierung im Leistungsangebot ist zum einen notwendig, um die Einhaltung des durch § 76 Abs. 1 Satz 3 SGB XII vorgegebenen Standards prüfen zu können. Zum anderen besteht nur bei einem ausreichend differenzierten Leistungsangebot Klarheit über den Personenkreis, der von der zwingend zu regelnden Aufnahme- und Betreuungspflicht erfasst wird. Die Differenzierung kann - wie vorliegend - durch die Bildung von Leistungstypen (und gegebenenfalls Hilfebedarfsgruppen) erfolgen. Mit den Leistungstypen werden die wesentlichen Leistungsmerkmale in Bezug auf Personen mit qualitativ vergleichbarem Hilfebedarf festgelegt (typisierte Leistungsangebote). Weicht der Bedarf der in einem Leistungstyp zusammengefassten Zielgruppe quantitativ deutlich voneinander ab, können im Wege der Feinsteuerung innerhalb des jeweiligen Leistungstyps Hilfebedarfsgruppen gebildet werden. Machen die Vertragsparteien auf der Ebene der Vergütungsvereinbarung von der durch § 76 Abs. 2 Satz 3 SGB XII eingeräumten Möglichkeit Gebrauch, die Maßnahmepauschale nach Gruppen von Leistungsberechtigten mit vergleichbarem Bedarf zu kalkulieren, müssen die entsprechenden Hilfebedarfsgruppen bereits in der Leistungsvereinbarung festgelegt werden (Jaritz/Eicher, a.a.O., Rdnr. 40 und 48 m.w.N.).
Eine solche Differenzierung des Leistungsangebotes nach dem quantitativen Hilfebedarf in Hilfebedarfsgruppen ist vorliegend weder in der Leistungsvereinbarung nach § 2 VFuB noch in dem in Bezug genommenen Rahmenvertrag erfolgt. Vielmehr umfasst der Leistungstyp I.4.5a ausdrücklich behinderte Menschen "mit unterschiedlichem Hilfebedarf". Entgegen der Auffassung des Beigeladenen bezieht sich das Leistungsangebot daher nicht auf behinderte Menschen, die einer Betreuung mit einem Betreuungsschlüssel 1:3 bedürfen. Dies hätte seinen Niederschlag bereits in der Leistungsvereinbarung finden müssen durch eine Regelung von nach dem quantitativen Hilfebedarf gestaffelter Hilfebedarfsgruppen. Das typisierte Leistungsangebot muss mithin nicht jede einzelne (Betreuungs-)Maßnahme für den erfassten Personenkreis aufführen, die mit der Zuordnung zu einem bestimmten Leistungstyp verbunden ist. Die ausgehandelte und vereinbarte Vergütung stellt daher immer auch eine Mischkalkulation dar, in der ein vergleichsweise hoher quantitativer Hilfebedarf eines Hilfeempfängers ausgeglichen wird durch einen vergleichsweise niedrigen eines anderen. Eine Eingrenzung des einbezogenen Personenkreises auf solche Hilfeempfänger, deren individueller Bedarf dem der Kalkulation zugrunde gelegten Betreuungsschlüssel entspricht, besteht daher nicht. Bei einer sehr undifferenzierten Leistungstypbeschreibung läuft der Leistungserbringer damit zwar Gefahr, auch Leistungsberechtigte mit hohem Betreuungsbedarf aufnehmen zu müssen, ohne dass hierfür eine entsprechende Vergütung gewährt wird (Jaritz/Eicher, a.a.O., Rdnr. 49). Dies ist aber allein auf Vereinbarungsebene durch Nachverhandlungen der Einrichtung mit dem zuständigen Sozialhilfeträger zu beheben, nicht durch die Forderung zusätzlichen, nicht vereinbarten Entgelts gegenüber dem Hilfeempfänger (vgl. bereits Senatsbeschlüsse vom 27. Juni 2011 - L 7 SO 797/11 ER-B - und 28. Dezember 2011 - L 7 SO 2237/11 ER-B - (alle juris) jeweils bei bestehender zivilrechtlicher Vereinbarung im Erfüllungsverhältnis).
Die Antragstellerin unterfällt dem vom Leistungsangebot der VFuB erfassten Personenkreis. Dass ihr individueller Hilfebedarf durch Leistungen im "Förder- und Betreuungsbereich für geistig und körperlich behinderte Menschen - Leistungstyp I 4.5a" - qualitativ vollständig gedeckt wird, ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Bei der Antragstellerin besteht, wie oben bereits ausgeführt, neben der seelischen auch eine körperliche und eine geistige Behinderung. Die Zugehörigkeit zu dem vom Leistungstyp erfassten Personenkreis ergibt sich aus der Hilfebedarfsfeststellung des MPD des KVJS vom 26. Mai 2014, dem Arztbrief der St. Lukas-Klinik vom 4. April 2014, dem Ergebnis der Berufswegekonferenz und der Empfehlung des Fachausschusses vom 26. Juni 2014 (Bl. 1999 der Verwaltungsakte). Auch der Leiter Begleitende Dienste der Einrichtung des Beigeladenen Kohlbeck-Käfer hat im Schreiben vom 28. Februar 2014 (Bl. 62 der SG-Akte) ausdrücklich bestätigt, dass die Antragstellerin zu dem in der Leistungsvereinbarung genannten Personenkreis gehöre. Dies entspricht auch dem Vorbringen des Beigeladenen im Beschwerdeverfahren. Unterschiedlich bewertet wird lediglich die Frage des quantitativen Hilfebedarfs und dessen Bedeutung für die Einbeziehung in das Leistungsangebot. Über die Zuordnung des qualitativen Hilfebedarfs zum genannten Leistungstyp besteht hingegen Einigkeit. Auch der Senat sieht aufgrund der vorliegenden Akten keinen Anlass zu Zweifeln hieran (anders gerade in dem von den Beteiligten angeführten Senatsbeschluss vom 22. Oktober 2013, a.a.O.).
Die Antragstellerin gehört mithin zu dem vom Leistungsangebot des Beigeladenen erfassten Personenkreis, so dass dieser nach § 2 Abs. 5 VFuB zu deren Aufnahme und Betreuung zum vereinbarten Entgelt (§ 3 VFuB) verpflichtet ist. Der Antragsgegner hat eine Bewilligung in diesem Umfang bereits erlassen. Eine höhere Vergütung darf er nach den Regelungen des §§ 75 Abs. 3, 76 SGB XII nicht übernehmen. Diese Beschränkung beruht mithin entgegen der Ansicht der Antragstellerin nicht auf einer untergesetzlichen vertraglichen Regelung, die ihre gesetzlichen Ansprüche nicht einschränkten dürften, sondern ist im Gesetz bereits angelegt.
Da die Antragstellerin ihr Begehren im vorliegenden Verfahren auf die Übernahme des Zuschusses für die Betreuung durch einen Einzelfallhelfer in der Einrichtung des Beigeladenen beschränkt hat, hatte der Senat nicht darüber zu befinden, ob und wie der Antragsgegner ihr zu anderweitigen Hilfen verpflichtet ist, insbesondere inwieweit er sie bei der Durchsetzung des Aufnahme- und Betreuungsanspruches gegen den Beigeladenen zu unterstützen hat (vgl. z.B. Jaritz/Eicher, a.a.O., Rdnr. 58 zu einem eigenständigen Anspruch des Hilfeempfängers auf Aufnahme und Betreuung i.S.e. einklagbaren subjektiven öffentlichen Rechts; Sozialgericht Konstanz, Urteil vom 22. Oktober 2013 - S 3 SO 276/12 - (juris) zu einem Klagerecht des für die Leistungserbringung zuständigen Sozialhilfeträgers). Mit ihrem hier streitigen Begehren vermag die Antragstellerin aus den genannten Gründen jedoch nicht durchzudringen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatte.
Gründe:
Die gem. §§ 172, 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig, insbesondere statthaft. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Das Sozialgericht Karlsruhe (SG) hat den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zu Recht abgelehnt.
Die am 29. Juni 1994 geborene Antragstellerin begehrt im einstweiligen Rechtsschutz die Verpflichtung des Sozialhilfeträgers, ab September 2014 vorläufig "die Kosten eines Einzelfallhelfers für den Förder- und Betreuungsbereich H. in L. zu gewähren". Aus dem weiteren Vorbringen ergibt sich, dass es sich bei dem "Einzelfallhelfer" nicht um eine Person handelt, mit der die Antragstellerin selbst eine dienstvertragliche oder ähnliche Vereinbarung geschlossen hat oder schließen will. Vielmehr sollte die Betreuungsperson von der genannten Einrichtung, deren Träger der beigeladene Verein ist, gestellt werden. Während des laufenden Verfahrens hat dementsprechend die Einrichtung (im Folgenden A.) nach eigenem Vorbringen bereits einen Arbeitsvertrag mit einer entsprechenden Kraft geschlossen. Die Kosten hierfür sollen - bei Aufnahme der Antragstellerin in die Einrichtung - dieser im Rahmen des privatrechtlichen Vertrages mit der Einrichtung als Zuschlag zu der nach §§ 75 Abs. 3, 76 Abs. 2 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) vereinbarten Vergütung im Rahmen eines "Zuschlags" i.H.v. EUR 82,67 je Abrechnungstag in Rechnung gestellt werden. Eine entsprechende zivilrechtliche Vereinbarung zwischen Antragstellerin und Einrichtung ist noch nicht geschlossen worden, aber bereits konkretisiert. Von der Übernahme dieser zusätzlichen Kosten für eine 1:1-Betreuung macht die Einrichtung die Aufnahme der Antragstellerin abhängig; diese hat dort also noch keine Aufnahme gefunden. Mit Bescheid vom 16. Juni 2014 (Bl. 1947 der Verwaltungsakte; vgl. auch Bescheid vom 28. Juli 2014, Bl. 1989 der Verwaltungsakte) hat der Antragsgegner die Übernahme der ab dem Aufnahmetag in den Förder- und Betreuungsbereich der Atrio anfallenden Vergütung im Rahmen der Eingliederungshilfe nach §§ 53 ff SGB XII bis zum 31. Juli 2015 "in Höhe der nach § 75 Abs. 3 SGB XII geschlossenen Vergütungsvereinbarung" bewilligt. Das mit dem im einstweiligen Rechtsschutzverfahren verfolgte Begehren der Antragstellerin (§ 123 SGG) ist mithin allein auf vorläufige Übernahme des Zuschlags i.H.v. EUR 82,67 je Abrechnungstag ab dem 1. September 2014 bis zur Entscheidung in der Hauptsache durch den Antragsgegner gerade für den Förder- und Betreuungsbereich der A. gerichtet. Andere Ansprüche gegen diesen oder den Beigeladenen werden nicht geltend gemacht. Die Entscheidungsbefugnis des Gerichts wird hierdurch begrenzt.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit - wie hier - nicht ein Fall des Abs. 1 vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2). Vorliegend kommt nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht.
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung). Dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch im Hinblick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (Bundesverfassungsgericht NJW 2003, 1236; NVwZ 2005, 927). Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache sind daher in Ansehung des sich aus Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes ergebenden Gebotes der Sicherstellung einer menschenwürdigen Existenz sowie des grundrechtlich geschützten Anspruches auf effektiven Rechtsschutz unter Umständen nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen. Ist im Eilverfahren eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich, so ist bei besonders folgenschweren Beeinträchtigungen eine Güter- und Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Antragstellers vorzunehmen. Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.
Vorliegend fehlt es bereits an einem Anordnungsanspruch i.S.e. materiell-rechtlichen Anspruches. Als Rechtsgrundlage des Begehrens der Antragstellerin ist § 19 Abs. 3 i. V. m. §§ 53, 54 SGB XII, § 55 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) heranzuziehen. Dass die Antragstellerin dem Grunde nach einen Anspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII hat, ist zwischen den Beteiligten nicht streitig und nach dem Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakten ohne Weiteres nachzuvollziehen. Die Antragstellerin leidet an einer tiefgreifenden Entwicklungsstörung (frühkindlicher Autismus), einer Epilepsie, einem Dysmorphie-Syndrom, einer dissozierten Intelligenz und einer tiefgreifenden und schwerwiegenden Beeinträchtigung der psychosozialen Anpassung (Arztbrief der St. Lukas-Klinik vom 4. April 2014). Auf Überforderung oder bei Unlust reagiert sie mit Verweigerungstendenzen. Sie verfügt über eine nur geringe Frustrationstoleranz und benötigt dadurch verbaler und/oder körperbetonter Unterstützung durch Dritte. Sie bedarf der Unterstützten Kommunikation; Sprechen kann sie nicht. Aufgrund eingeschränkter Körperwahrnehmung kann sie ihre Bewegungen nicht richtig koordinieren und ihre Körper- und Handkraft nicht richtig dosieren. Wegen Wahrnehmungs- und motorischen Beeinträchtigungen kann sie Gefahren nicht richtig einschätzen; es besteht ein hohes Unfall-, Eigen- und auch Fremdverletzungsrisiko. Aufgrund der Behinderungen ist die Antragstellerin in allen Lebensbereichen auf umfassende Hilfestellungen in Form stellvertretender Übernahme, Begleitung und Anleitung angewiesen. Neben dem Bereich der Grundpflege besteht Hilfebedarf in der alltäglichen Lebensführung und in der Gestaltung sozialer Beziehungen und der Freizeit. Die Antragstellerin reagiert u.U. unangemessen und distanz- und rücksichtslos auf andere und ist ohne Hilfestellung kaum in der Lage, sich über einen längeren Zeitraum selbst mit etwas zu beschäftigen. Sie bedarf daher Hilfen nicht nur in der häuslichen Situation, sondern auch in der Tagesstrukturierung (vgl. Bedarfsfeststellung des Medizinisch-Pädagogischen Dienstes (MPD) des KVJS vom 26. Mai 2014, Bl. 1887 ff der Verwaltungsakte). Entsprechend hat der Antragsgegner der Antragstellerin im Bescheid vom 16. Juni 2014 Leistungen der Eingliederungshilfe bewilligt.
Ein Anspruch der Antragstellerin auf die begehrten weitergehenden Hilfen ist ausgeschlossen, da ihr Hilfebedarf durch die bereits bewilligten Leistungen tatsächlich vollständig gedeckt wäre. Bewilligt wurde zuletzt (Bescheid vom 16. Juni 2014) die Übernahme der Kosten für Leistungen im "Förder- und Betreuungsbereich" der A. "in Höhe der vereinbarten Vergütung". Die Bewilligung bezieht sich damit auf die zwischen dem Beigeladenen und dem Landkreis B. als örtlich zuständigem Sozialhilfeträger nach § 75 Abs. 3 SGB XII für das tagesstrukturierende Angebot Förder- und Betreuungsgruppe an den Standorten Leonberg und L.vom 27. Februar 2014 mit Geltung vom 1. März 2014 bis 28. Februar 2015 ((VFuB), Bl. 37/39 der Senatsakten).
Eine kostenauslösende - zivilrechtliche - Vereinbarung über die Aufnahme in die dortige Förder- und Betreuungsgruppe (FuB) ist bislang zwischen der Antragstellerin und der Einrichtung allerdings nicht geschlossen worden. Letztere hat diese auch nicht tatsächlich in die dort bestehende FuB aufgenommen. Der Antragstellerin steht daher derzeit im Rahmen des sog. Erfüllungsverhältnisses des sozialhilferechtlichen Dreiecks zivilrechtlich (noch) kein Anspruch gegen den Einrichtungsträger auf umfassende und bedarfsgerechte Förderung und Betreuung zu. Einen solchen kann sie allerdings erlangen, wenn die genannte Einrichtung zum Abschluss einer entsprechenden zivilrechtlichen Vereinbarung im Erfüllungsverhältnis mit der Antragstellerin verpflichtet wäre. Nach Auffassung des Senats ist dies entgegen der Ansicht des Beigeladenen und offenbar auch der Antragstellerin vorliegend der Fall.
Nach § 2 Abs. 2 VFuB verpflichtet sich der Leistungserbringer, also der Beigeladene, "im Rahmen des vereinbarten Leistungsangebots Leistungsberechtigte aufzunehmen und zu betreuen". Dies entspricht der gesetzlichen Vorgabe des § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB XII, wonach in die Vereinbarung diese Verpflichtung der Einrichtung aufzunehmen ist. Das angesprochene "vereinbarte Leistungsangebot" ist zunächst in § 2 Abs. 2 VFuB definiert als "Leistungstyp I.4.5a Tagesstrukturierende Angebote für geistig und körperlich behinderte Menschen Förder- und Betreuungsgruppe - FuB". Nach Abs. 3 a.a.O. wird der Inhalt der Leistungen durch den jeweiligen Leistungstyp i.V.m. der Kurzbeschreibung definiert. Leistungstyp und Kurzbeschreibung finden sich im Rahmenvertrag Baden-Württemberg nach § 79 Abs. 1 SGB XII vom 15. Dezember 1998 in der aktualisierten Fassung vom 22. November 2012, auf den in § 1 Abs. 2 VFuB ausdrücklich ergänzend Bezug genommen wird.
Nach der Kurzbeschreibung des Leistungstyps in der Anlage 1 zum Rahmenvertrag Baden-Württemberg nach § 79 Abs. 1 SGB XII bezieht sich dieser auf Hilfe bei der Tagesstrukturierung, insbesondere in einer Beschäftigungsstätte. Ziel sei es, die Eingliederung in die Gesellschaft sowie die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern, insbesondere durch u.a. angemessene Tätigkeit, soziale Integration in relevante Bezugsgruppen, Entwicklung der Persönlichkeit und persönlicher Kompetenzen und Förderung individueller Lebenszufriedenheit. Die Zielsetzung entspricht somit den von der Antragstellerin begehrten Leistungen. Als Zielgruppe werden erwachsene Menschen mit wesentlichen geistigen und körperlichen Behinderungen beschrieben, die wegen Art und/oder Schwere der Behinderung nicht, noch nicht oder noch nicht wieder in einer Werkstatt für behinderte Menschen beschäftigt werden können, "mit unterschiedlichem Hilfebedarf". Die letztgenannte Formulierung ist so zu verstehen, dass eine Differenzierung nach dem Umfang des Hilfebedarfs nicht vorzunehmen ist; entsprechend sind - anders als z.B. im Leistungstyp I.1.1. - konkretisierende Hilfebedarfsgruppen nicht vorgesehen. Eine Eingrenzung ist daher nach der genannten Zielgruppe vorzunehmen (vgl. bereits Senatsbeschluss vom 22. Oktober 2013 - L 7 SO 3102/13 ER-B - (juris)). Maßgeblich ist der - qualitative - Hilfebedarf des behinderten Menschen, nicht der quantitative.
Dies entspricht auch der gesetzlichen Konzeption der Verknüpfung des sozialhilferechtlichen Leistungs- und Leistungserbringerrechts. Der Sozialhilfeträger erfüllt seine Verpflichtung gegenüber dem Hilfeempfänger zur Deckung dessen - nach Art und Umfang (qualitativ und quantitativ) - individuellen Hilfebedarfs durch Einschaltung eines Leistungserbringers, hier der Einrichtung. Der Hilfeempfänger erwirbt im Rahmen des zivilrechtlichen Vertrages mit der Einrichtung einen gegen diese gerichteten Anspruch auf seinem individuellen Bedarf entsprechende Betreuung. Das hierfür von ihm geschuldete Entgelt, das der Sozialhilfeträger im Rahmen eines Schuldbeitritts zu übernehmen hat, bestimmt sich nach der zwischen Sozialhilfeträger und Einrichtung geschlossenen Vergütungsvereinbarung nach §§ 75 Abs. 3, 76 Abs. 2 SGB XII. Diese bezieht sich ihrerseits wieder auf die zwischen denselben Beteiligten zu schließende Leistungsvereinbarung nach §§ 75 Abs. 3, 76 Abs. 1 SGB XII. Bei der Beschreibung der wesentlichen Leistungsmerkmale in einer Leistungsvereinbarung wird dagegen nicht auf den konkreten Bedarf einer bestimmten Person abgestellt. Maßgebend ist vielmehr der typisierte Bedarf einer bestimmten, abstrakt festlegbaren Gruppe von Hilfeempfängern (Senatsbeschluss vom 13. November 2006 - L 7 SO 2998/06 ER-B -; Landessozialgericht Sachsen, Beschluss vom 12. Dezember 2013 - L 8 SO 71/13 B ER - (alle juris); Jaritz/Eicher, jurisPK-SGB XII, § 76 Rdnr. 30). Die Inhalte einer Leistungsvereinbarung dürfen daher nicht so weit ausdifferenziert werden, dass dies einer Einzelplatzbeschreibung gleichkommen würde. Der Leistungserbringer erhält daher für die Deckung des individuellen Hilfebedarfs eines Hilfeempfängers das mit dem Sozialhilfeträger ausgehandelte, für den typisierten Bedarf der abstrakt festgelegten Gruppe von Hilfeempfängern (Leistungstyp, ggf. Hilfebedarfsgruppe) angemessene Entgelt. Dies führt dazu, dass der Sozialhilfeträger durch die Übernahme dieses vereinbarten Entgelts die individuelle Bedarfsdeckung des einzelnen Hilfeempfängers sicherstellt. Dies ist bei der Auslegung des Leistungsangebots und der hieran anknüpfenden Aufnahmeverpflichtung der Einrichtung i.S.d. § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB XII zu beachten:
Mit dem Leistungsmerkmal des zu betreuenden Personenkreises in § 76 Abs. 1 Satz 1 SGB XII wird der Personenkreis umschrieben, auf den sich das Leistungsangebot des Leistungserbringers und die Aufnahme- und Betreuungspflicht beziehen (Jaritz/Eicher, a.a.O., Rdnr. 39; Flint in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 5. Aufl., § 76 Rdnr. 7; Münder in LPK-SGB XII, 9. Aufl., § 76 Rdnr. 5). Werden in einer Einrichtung Personen mit abweichenden Bedarfen betreut, muss das Leistungsangebot nach Bedarfslagen differenziert werden. In diesem Fall muss sich schon aus der Leistungsvereinbarung ergeben, welche Personengruppen welche Leistungen erhalten. Diese Differenzierung im Leistungsangebot ist zum einen notwendig, um die Einhaltung des durch § 76 Abs. 1 Satz 3 SGB XII vorgegebenen Standards prüfen zu können. Zum anderen besteht nur bei einem ausreichend differenzierten Leistungsangebot Klarheit über den Personenkreis, der von der zwingend zu regelnden Aufnahme- und Betreuungspflicht erfasst wird. Die Differenzierung kann - wie vorliegend - durch die Bildung von Leistungstypen (und gegebenenfalls Hilfebedarfsgruppen) erfolgen. Mit den Leistungstypen werden die wesentlichen Leistungsmerkmale in Bezug auf Personen mit qualitativ vergleichbarem Hilfebedarf festgelegt (typisierte Leistungsangebote). Weicht der Bedarf der in einem Leistungstyp zusammengefassten Zielgruppe quantitativ deutlich voneinander ab, können im Wege der Feinsteuerung innerhalb des jeweiligen Leistungstyps Hilfebedarfsgruppen gebildet werden. Machen die Vertragsparteien auf der Ebene der Vergütungsvereinbarung von der durch § 76 Abs. 2 Satz 3 SGB XII eingeräumten Möglichkeit Gebrauch, die Maßnahmepauschale nach Gruppen von Leistungsberechtigten mit vergleichbarem Bedarf zu kalkulieren, müssen die entsprechenden Hilfebedarfsgruppen bereits in der Leistungsvereinbarung festgelegt werden (Jaritz/Eicher, a.a.O., Rdnr. 40 und 48 m.w.N.).
Eine solche Differenzierung des Leistungsangebotes nach dem quantitativen Hilfebedarf in Hilfebedarfsgruppen ist vorliegend weder in der Leistungsvereinbarung nach § 2 VFuB noch in dem in Bezug genommenen Rahmenvertrag erfolgt. Vielmehr umfasst der Leistungstyp I.4.5a ausdrücklich behinderte Menschen "mit unterschiedlichem Hilfebedarf". Entgegen der Auffassung des Beigeladenen bezieht sich das Leistungsangebot daher nicht auf behinderte Menschen, die einer Betreuung mit einem Betreuungsschlüssel 1:3 bedürfen. Dies hätte seinen Niederschlag bereits in der Leistungsvereinbarung finden müssen durch eine Regelung von nach dem quantitativen Hilfebedarf gestaffelter Hilfebedarfsgruppen. Das typisierte Leistungsangebot muss mithin nicht jede einzelne (Betreuungs-)Maßnahme für den erfassten Personenkreis aufführen, die mit der Zuordnung zu einem bestimmten Leistungstyp verbunden ist. Die ausgehandelte und vereinbarte Vergütung stellt daher immer auch eine Mischkalkulation dar, in der ein vergleichsweise hoher quantitativer Hilfebedarf eines Hilfeempfängers ausgeglichen wird durch einen vergleichsweise niedrigen eines anderen. Eine Eingrenzung des einbezogenen Personenkreises auf solche Hilfeempfänger, deren individueller Bedarf dem der Kalkulation zugrunde gelegten Betreuungsschlüssel entspricht, besteht daher nicht. Bei einer sehr undifferenzierten Leistungstypbeschreibung läuft der Leistungserbringer damit zwar Gefahr, auch Leistungsberechtigte mit hohem Betreuungsbedarf aufnehmen zu müssen, ohne dass hierfür eine entsprechende Vergütung gewährt wird (Jaritz/Eicher, a.a.O., Rdnr. 49). Dies ist aber allein auf Vereinbarungsebene durch Nachverhandlungen der Einrichtung mit dem zuständigen Sozialhilfeträger zu beheben, nicht durch die Forderung zusätzlichen, nicht vereinbarten Entgelts gegenüber dem Hilfeempfänger (vgl. bereits Senatsbeschlüsse vom 27. Juni 2011 - L 7 SO 797/11 ER-B - und 28. Dezember 2011 - L 7 SO 2237/11 ER-B - (alle juris) jeweils bei bestehender zivilrechtlicher Vereinbarung im Erfüllungsverhältnis).
Die Antragstellerin unterfällt dem vom Leistungsangebot der VFuB erfassten Personenkreis. Dass ihr individueller Hilfebedarf durch Leistungen im "Förder- und Betreuungsbereich für geistig und körperlich behinderte Menschen - Leistungstyp I 4.5a" - qualitativ vollständig gedeckt wird, ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Bei der Antragstellerin besteht, wie oben bereits ausgeführt, neben der seelischen auch eine körperliche und eine geistige Behinderung. Die Zugehörigkeit zu dem vom Leistungstyp erfassten Personenkreis ergibt sich aus der Hilfebedarfsfeststellung des MPD des KVJS vom 26. Mai 2014, dem Arztbrief der St. Lukas-Klinik vom 4. April 2014, dem Ergebnis der Berufswegekonferenz und der Empfehlung des Fachausschusses vom 26. Juni 2014 (Bl. 1999 der Verwaltungsakte). Auch der Leiter Begleitende Dienste der Einrichtung des Beigeladenen Kohlbeck-Käfer hat im Schreiben vom 28. Februar 2014 (Bl. 62 der SG-Akte) ausdrücklich bestätigt, dass die Antragstellerin zu dem in der Leistungsvereinbarung genannten Personenkreis gehöre. Dies entspricht auch dem Vorbringen des Beigeladenen im Beschwerdeverfahren. Unterschiedlich bewertet wird lediglich die Frage des quantitativen Hilfebedarfs und dessen Bedeutung für die Einbeziehung in das Leistungsangebot. Über die Zuordnung des qualitativen Hilfebedarfs zum genannten Leistungstyp besteht hingegen Einigkeit. Auch der Senat sieht aufgrund der vorliegenden Akten keinen Anlass zu Zweifeln hieran (anders gerade in dem von den Beteiligten angeführten Senatsbeschluss vom 22. Oktober 2013, a.a.O.).
Die Antragstellerin gehört mithin zu dem vom Leistungsangebot des Beigeladenen erfassten Personenkreis, so dass dieser nach § 2 Abs. 5 VFuB zu deren Aufnahme und Betreuung zum vereinbarten Entgelt (§ 3 VFuB) verpflichtet ist. Der Antragsgegner hat eine Bewilligung in diesem Umfang bereits erlassen. Eine höhere Vergütung darf er nach den Regelungen des §§ 75 Abs. 3, 76 SGB XII nicht übernehmen. Diese Beschränkung beruht mithin entgegen der Ansicht der Antragstellerin nicht auf einer untergesetzlichen vertraglichen Regelung, die ihre gesetzlichen Ansprüche nicht einschränkten dürften, sondern ist im Gesetz bereits angelegt.
Da die Antragstellerin ihr Begehren im vorliegenden Verfahren auf die Übernahme des Zuschusses für die Betreuung durch einen Einzelfallhelfer in der Einrichtung des Beigeladenen beschränkt hat, hatte der Senat nicht darüber zu befinden, ob und wie der Antragsgegner ihr zu anderweitigen Hilfen verpflichtet ist, insbesondere inwieweit er sie bei der Durchsetzung des Aufnahme- und Betreuungsanspruches gegen den Beigeladenen zu unterstützen hat (vgl. z.B. Jaritz/Eicher, a.a.O., Rdnr. 58 zu einem eigenständigen Anspruch des Hilfeempfängers auf Aufnahme und Betreuung i.S.e. einklagbaren subjektiven öffentlichen Rechts; Sozialgericht Konstanz, Urteil vom 22. Oktober 2013 - S 3 SO 276/12 - (juris) zu einem Klagerecht des für die Leistungserbringung zuständigen Sozialhilfeträgers). Mit ihrem hier streitigen Begehren vermag die Antragstellerin aus den genannten Gründen jedoch nicht durchzudringen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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