Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
3
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 2 SB 2240/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 SB 4691/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 02. Oktober 2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob in der Person des Klägers die gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs der erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr ("G") vorliegen.
Bei dem am 24.09.1968 geborenen Kläger, der zeitweise unter rechtlicher Betreuung stand, wurde mit Bescheid des Landratsamts R. (LRA) vom 01.02.2006 ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 seit dem 05.12.2005 festgestellt. Als Funktionsbeeinträchtigung wurde, entsprechend einer versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. M. vom 24.01.2006, eine "seelische Krankheit" mit einem Einzel-GdB von 100 berücksichtigt.
In der Folgezeit gestellte Anträge auf die Zuerkennung des Nachteilsausgleichs "G" blieben für den Kläger erfolglos. U.a. hat das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg mit Urteil vom 20.10.2005 (- L 6 SB 4844/04 -) eine Berufung des Klägers gegen den klageabweisenden Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim (SG) vom 23.09.2004 (- S 10 SB 2062/04 -), mit dem der Ablehnungsbescheid vom 15.04.2004 (Widerspruchsbescheid vom 18.06.2004) bestätigt worden war, zurückgewiesen.
Nachdem das LRA einen neuerlichen Antrag des Klägers auf Feststellung der gesundheitlichen Merkmale des Nachteilsausgleichs "G" zuletzt mit Bescheid vom 15.12.2011 abgelehnt hatte, beantragte der Kläger am 26.03.2012 abermals die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs "G". Hierzu führte er an, zusätzlich zu dem Einzel-GdB von 100 für die seelische Krankheit sei ein solcher von 20 für die Gehbehinderung zu berücksichtigen. Er leide an einer schmerzhaften Ischialgie im gesamten rechten Bein. Hierzu übersandte der Kläger Arztbriefe der radiologischen Gemeinschaftspraxis an der A. P. vom 19.03.2012 über eine am 09.01.2012 durchgeführte MRT-Untersuchung der Lendenwirbelsäule sowie die MRT-Bilder.
Nach einer versorgungsärztlichen Überprüfung durch Dr. J. vom 14.04.2012, der zusätzlich für eine "Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Bandscheibenschaden, Wirbelgleiten" einen Einzel-GdB von 30 vorschlug, jedoch ausführte, der Nachteilsausgleich "G" sei weiterhin nicht ausreichend belegt, lehnte das LRA den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 25.04.2012 ab. Auf einen hiergegen eingelegten Widerspruch forderte das LRA beim behandelnden Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, Dr. L., einen Befundbericht an, den dieser unter dem 14.05.2012 vorlegte. Dr. L. gab hierin an, beim Kläger eine Spondylolisthesis der LWS sowie ein Wirbelgleiten L5/S1 re. Grad 1-2 diagnostiziert zu haben. Nach einer erneuten versorgungsärztlichen Überprüfung (Stellungnahme von Dr. S. vom 29.05.2012) wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 12.06.2012 zurück. Zur Begründung führte er aus, der Kläger könne dem Personenkreis, der berechtigt sei, den Nachteilsausgleich zu erhalten, nicht zugeordnet werden. Die sich auf die Gehfähigkeit auswirkenden Funktionsbeeinträchtigungen der Lendenwirbelsäule bedingten keinen Einzel-GdB von minds. 50.
Hiergegen hat der Kläger am 12.07.2012 Klage zum SG erhoben, zu deren Begründung er vorgetragen hat, er leide an einer Arthrose und erheblichen Schmerzen der LWS mit einer Bandscheibenprotrusion. Ferner bestehe eine Psychose, die anfallartig zu Störungen der Orientierungsfähigkeit führe. Er müsse sich beim Gehen auf längeren und sogar auf kurzen Strecken wegen einschießender Schmerzen immer wieder setzen. Hierzu hat er eine schriftliche Stellungnahme seiner Lebensgefährtin, Fr. J. B., vom 16.06.1013 vorgelegt. Ferner hat der Kläger ein Attest der Neurologin und Psychiaterin H. vom 17.06.2013 vorgelegt, nach dem der Kläger in wechselndem Ausmaß in seiner Bewegungsfähigkeit eingeschränkt sei.
Der Beklagte ist der Klage entgegen getreten.
Das SG hat die den Kläger behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen. Dr. V., Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, hat unter dem 23.08.2012 ausgeführt, anlässlich der einmaligen Vorstellung des Klägers am 16.07.2012 keine konkreten Funktionsbeeinträchtigungen festgestellt zu haben; der Nachteilsausgleich "G" sei nicht indiziert. Der Arzt für Unfallchirurgie, Orthopädie und Rheumatologie Dr. B. hat in seiner Stellungnahme vom 13.09.2012 unter Vorlage eines Ausdrucks der Patientenkarteikarte vom 11.09.2012 ausgeführt, orthopädischerseits lägen die Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich "G" nicht vor. Der Kläger leide an chronisch degenerativen Rückenschmerzen ohne nervale Ausfälle. Eine Nervenwurzelkompression habe sich anlässlich einer Untersuchung im Januar 2012 nicht gezeigt. Die Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. hat unter dem 25.09.2012 mitgeteilt, der Kläger leide an einer schizophrenen Erkrankung, die aktuell gut stabilisiert sei. Ferner sei von einer kombinierten Persönlichkeitsstörung auszugehen. Für die psychische Erkrankung sei, so Dr. H., ein Einzel-GdB von 70 angemessen. Die Zuerkennung des Nachteilsausgleichs "G" sei nicht gerechtfertigt.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das SG Prof. Dr. S., Facharzt für Orthopädie, Unfallchirurgie, Rheumatologie, spezielle Schmerztherapie, Psychotherapie - Leiter der Gutachtensambulanz an der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie des Universitätsklinikums H. - zum gerichtlichen Sachverständigen ernannt und mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. In seinem orthopädisch-unfallchirurgischen Gutachten vom 09.04.2013 hat Prof. Dr. S. beim Kläger eine Lumboischialgie, Spondylolisthese Meyerding LWK 5/ SWK 1 und eine Nucleus pulposus-Protrusion LWK 5/ SWK 1 diagnostiziert. Ferner hat der Gutachter ausgeführt, es sei nicht ausgeschlossen, dass die lumboischialgieformen Beschwerden, die im Rahmen einer somatoformen Schmerzstörung oder der psychiatrischen Grunderkrankung erlebt würden, die dem Kläger mögliche Gehstrecke beeinträchtigten, die Gehstrecke sei jedoch nicht derart limitiert, dass eine Distanz von 2 km nicht zumutbar wäre. Der Kläger sei anlässlich der Untersuchung ohne zeitliche Einbuße in der Lage gewesen, im Treppenhaus mit mehr als 20 Stufen auf- und abzulaufen, sowie einen 50 m langen Gang auf- und abzuschreiten. Der Kläger habe ein flüssiges Gangbild mit einer diskreten rechtsseitigen Schmerzentlastung gezeigt. Ferner hat der Sachverständige ausgeführt, für die vom Kläger geschilderte Beschwerdesymptomatik zeige sich kein organisches Korrelat. In vermeintlich unbeobachteten Momenten habe sich eine Reduktion des Schonhinkens gezeigt, so dass eine Beschwerdeaggravation nicht auszuschließen sei. Auch seien die vom Kläger geschilderten Beschwerden im Bereich der Lendenwirbelsäule und der unteren Extremitäten während der klinischen Untersuchung nicht provozierbar gewesen. Der Gutachter hat der Lumboischialgie einen leichten Schweregrad beigemessen und ausgeführt, dass bei einem fehlendem bildmorphologischen Korrelat sowie fehlenden sensomotorischen Defiziten ein Einzel-GdB von 20 angemessen sei.
Der Kläger ist der Einschätzung von Prof. Dr. S. entgegen getreten. Das Gutachten sei mangelhaft. Es sei kein begleiteter Gehtest durchgeführt worden.
Mit Gerichtsbescheid vom 02.10.2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das SG ausgeführt, der Kläger sei in seiner Bewegungsfähigkeit Im Straßenverkehr nicht erheblich beeinträchtigt. Die behandelnden Ärzte und der Gutachter Prof. Dr. S. hätten übereinstimmend ausgeführt, die funktionellen Einschränkungen des Klägers rechtfertigten die Zuerkennung des Nachteilsausgleichs nicht. Überdies bestünden nach den Ausführungen des Gutachters Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Beschwerdeangaben des Klägers.
Gegen den ihm am 14.10.2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 30.10.2013 Berufung eingelegt. Zur Begründung führt der Kläger aus, in Ermangelung eines realen Gehtests sei die Entscheidung des SG ohne Substanz. Er verspüre schon nach kürzesten Strecken starke stechende Schmerzen im rechten Unterrücken, weswegen er sich spätestens alle paar hundert Meter hinsetzen müsse. Ihm sei wegen der bestehenden Erkrankungen ein Duschhocker verordnet worden. Ferner hat der Kläger eine weitere Stellungnahme seiner Lebensgefährtin, Fr. J. B., vom 18.03.2014 vorgelegt. Er habe den Gutachter Prof. Dr. S. wegen der Ausstellung unrichtiger Gesundheitszeugnisse bei der Staatsanwaltschaft Heidelberg angezeigt.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 02. Oktober 2013 sowie den Bescheid vom 25. April 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Juni 2012 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, festzustellen, dass bei ihm die gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs der erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr vorliegen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Inhaltlich hat sich der Beklagte im Berufungsverfahren nicht geäußert.
Einen Antrag des Klägers, den Beklagten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes vorläufig zu verpflichten, bei ihm eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr festzustellen, hat das SG mit Beschluss vom 30.04.2013 (- S 2 SB 848/13 ER -) abgelehnt. Die hiergegen erhobene Beschwerde hat das LSG mit Beschluss vom 12.07.2013 (- L 6 SB 2309/13 ER-B -) zurückgewiesen. Ein Antrag auf Abänderung des Beschlusses wurde, nachdem der erkennende Senat zuvor einen neuerlichen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes mit Beschluss vom 09.12.2013 (- L 3 SB 5241/13 ER -) abgelehnt hat, mit Beschluss vom 19.12.2013 abgelehnt (- L 6 SB 5362/13 ER -).
Mit Schriftsatz vom 20.02.2014 hat der Beklagte, mit solchem vom 10.04.2013 (richtig 2014) der Kläger das Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten beider Rechtszüge sowie die beim Beklagten für den Kläger geführte Schwerbehindertenakte, welche Gegenstand der Entscheidungsfindung wurden, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht (vgl. § 151 Abs. 1 SGG) eingelegte Berufung, über die der Senat nach dem erteilten Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG), ist zulässig, führt jedoch für den Kläger inhaltlich nicht zum Erfolg
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 25.04.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.06.2012 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten; der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs "G".
Gemäß §§ 69 Abs. 4, 145 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) haben die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich "G" festzustellen, wenn ein schwerbehinderter Mensch infolge seiner Behinderung in seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt ist. Nach § 146 Abs. 1 Satz 1 SGB IX ist in seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt, wer infolge einer Einschränkung des Gehvermögens (auch durch innere Leiden oder infolge von Anfällen oder von Störungen der Orientierungsfähigkeit) nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten oder nicht ohne Gefahren für sich oder andere Wegstrecken im Ortsverkehr zurückzulegen vermag, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden. Bei der Prüfung der Frage, ob diese Voraussetzungen vorliegen, kommt es nicht auf die konkreten örtlichen Verhältnisse des Einzelfalls an, sondern darauf, welche Wegstrecken allgemein - d.h. altersunabhängig von nichtbehinderten Menschen - noch zu Fuß zurückgelegt werden. Nach der Rechtsprechung gilt als übliche Wegstrecke in diesem Sinne eine Strecke von etwa zwei Kilometern, die in etwa einer halben Stunde zurückgelegt wird (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 10.12.1987 - 9a RVs 11/87 - veröffentlicht in juris).
Für die Zeit bis zum 31.12.2008 beinhalteten die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales herausgegebenen "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (AHP) in ihrer jeweils geltenden Fassung (zuletzt Ausgabe 2008) konkretisierende Fallgestalten, wann die Voraussetzungen für die Annahme einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr als erfüllt angesehen werden können. Die AHP besaßen zwar keine Normqualität, weil sie weder auf einem Gesetz noch auf einer Verordnung oder auch nur auf Verwaltungsvorschriften beruhten. Sie waren vielmehr als antizipitierte Sachverständigengutachten anzusehen, die in der Praxis wie Richtlinien für die ärztliche Gutachtertätigkeit wirkten, und deshalb normähnliche Auswirkungen hatten. Auch waren sie im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung wie untergesetzliche Normen von den Gerichten anzuwenden (BSG, Urteil vom 18.09.2003 - B 9 SB 3/02 R; Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RVs 1/91 - jeweils veröffentlicht in juris).
Ab dem 01.01.2009 ist an die Stelle der AHP die Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung [VersMedV]) getreten. Damit hat das Bundes-ministerium für Arbeit und Soziales von der Ermächtigung, die ursprünglich in § 30 Abs. 17 BVG, mit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes und anderer Vorschriften vom 20.06.2011 (BGBl. I 1114) seit dem 01.07.2011 in § 30 Abs. 16 BVG erteilt ist, zum Erlass einer Rechtsverordnung Gebrauch gemacht und die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen i.S.d. § 30 Abs. 1 BVG aufgestellt. Eine gesetzliche Ermächtigung für den Verordnungsgeber, die Grundsätze für die nach dem Schwerbehindertenrecht zu beurteilenden Nachteilausgleiche durch Verordnung regeln zu können, enthalten jedoch weder § 30 Abs. 17 BVG, der mit Ausnahme des Merkzeichens "H" (Hilflosigkeit) nicht auf die im Schwerbehindertenrecht im SGB IX geregelten Nachteilsausgleiche verweist (vgl. Dau, jurisPR-SozR 4/2009), noch andere Regelungen des BVG. Eine Rechtsgrundlage zum Erlass einer Verordnung über Nachteilausgleiche ist auch nicht in den einschlägigen Vorschriften des SGB IX enthalten. Die Regelungen der VG zum Nachteilausgleich "G" sind damit mangels entsprechender Ermächtigungsgrundlage rechtswidrig (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 23.07.2010 - L 8 SB 3119/08 -; Urteil vom 14.08.2009 - L 8 SB 1691/08 -; Urteil des LSG für das Land Nordrhein-Westfalen vom 16.12.2009 - L 10 SB 39/09 - jeweils veröffentlicht in juris). Den VG lassen sich daher - jedenfalls unmittelbar - keine weiteren Beurteilungskriterien für die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen des begehrten Nachteilausgleichs entnehmen. Rechtsgrundlage für die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilausgleichs "G" sind daher allein die genannten gesetzlichen Bestimmungen der §§ 145, 146 SGB IX und die in ständiger Übung hierzu angewandten Bewertungsgrundsätze, die in den Bestimmungen der AHP fußen. Da diese der Wahrung der Gleichbehandlung aller behinderten Menschen dienten, zieht der Senat die Regelungen der AHP zur Vermeidung von Rechtsnachteilen für die Betroffenen ergänzend zur Ausfüllung der Kriterien der §§ 145, 146 SGB IX weiter heran, insb. da die VG materiell die Grundsätze zum Nachteilsausgleich "G" aus den AHP unverändert übernommen haben (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 15.02.2013 - L 11 SB 137/11 - veröffentlicht in juris; vgl. auch Urteile des erkennenden Senats vom 06.07.2011 - L 3 SB 202/09 - und vom 08.05.2013 - L 3 SB 4961/11 - jew. n.v.).
Die AHP (und ihnen nachfolgend die VG) gaben an, welche Funktionsstörungen in welcher Ausprägung vorliegen müssen, bevor angenommen werden kann, dass ein behinderter Mensch infolge der Einschränkung des Gehvermögens "in seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt ist" und tragen damit dem Umstand Rechnung, dass das menschliche Gehvermögen keine statische Messgröße ist, sondern von verschiedenen Faktoren geprägt und variiert wird, zu denen neben den anatomischen Gegebenheiten des Körpers, also Körperbau und etwaige Behinderungen, vor allem der Trainingszustand, die Tagesform, Witterungseinflüsse, die Art des Gehens (ökonomische Beanspruchung der Muskulatur, Gehtempo und Rhythmus) sowie Persönlichkeitsmerkmale, vor allem die Motivation, gehören. Von diesen Faktoren filtern die in den AHP getroffenen Bestimmungen all jene heraus, die nach dem Gesetz außer Betracht zu bleiben haben, weil sie die Bewegungsfähigkeit des behinderten Menschen im Straßenverkehr nicht infolge einer behinderungsbedingten Einschränkung seines Gehvermögens, sondern möglicherweise aus anderen Gründen, erheblich beeinträchtigen.
Die Voraussetzungen für die Annahme einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr infolge einer behinderungsbedingten Einschränkung des Gehvermögens sind hiernach als erfüllt anzusehen, wenn auf die Gehfähigkeit sich auswirkende Funktionsstörungen der unteren Gliedmaßen und/oder der Lendenwirbelsäule bestehen, die für sich einen GdB von wenigstens 50 bedingen. Darüber hinaus können die Voraussetzungen bei Behinderungen an den unteren Gliedmaßen mit einem GdB von unter 50 gegeben sein, wenn diese Behinderungen sich besonders auf die Gehfähigkeit auswirken, z.B. bei Versteifung des Hüftgelenkes, Versteifung des Knie- oder Fußgelenkes in ungünstiger Stellung, arteriellen Verschlusserkrankungen mit einem GdB von 40. Auch bei inneren Leiden kommt es bei der Beurteilung entscheidend auf die Einschränkung des Gehvermögens an. Dementsprechend ist eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit vor allem bei Herzschäden mit Beeinträchtigung der Herzleistung wenigstens nach Gruppe 3 und bei Atembehinderung mit dauernder Einschränkung der Lungenfunktion wenigstens mittleren Grades anzunehmen. Auch bei inneren Leiden mit einer schweren Beeinträchtigung der körperlichen Leistungsfähigkeit, z.B. chronische Niereninsuffizienz mit ausgeprägter Anämie, sind die Voraussetzungen als erfüllt anzusehen (Ziff. 30 Abs. 3 [S. 137f] der AHP; vgl. auch Teil D 1 d) [S. 139f] der VG). Störungen der Orientierungsfähigkeit, die zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit führen, sind bei allen Sehbehinderten mit einem GdB von wenigstens 70 und bei Sehbehinderungen, die einen GdB von 50 oder 60 bedingen, nur in Kombination mit erheblichen Störungen der Ausgleichsfunktion (z.B. hochgradige Schwerhörigkeit beiderseits, geistige Behinderung) anzunehmen. Bei Hörbehinderungen ist die Annahme solcher Störungen nur bei Taubheit oder an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit im Kindesalter (in der Regel bis zum 16. Lebensjahr) oder im Erwachsenenalter bei diesen Hörstörungen in Kombination mit erheblichen Störungen der Ausgleichsfunktion (z.B. Sehbehinderung, geistige Behinderung) gerechtfertigt (Ziff. 30 Abs. 5 [S. 138] der AHP; vgl. auch Teil D 1 f) [S. 140] der VG).
In Ansehung dieser Maßstäbe ist der Kläger zur Überzeugung des Senats in seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr nicht erheblich beeinträchtigt. Die beim Kläger bestehenden, sich auf die Gehfähigkeit auswirkenden Funktionsbeeinträchtigungen der unteren Gliedmaßen und/oder der Lendenwirbelsäule bedingen keinen GdB von wenigstens 50. Der Kläger leidet zur Überzeugung des Senats nach den Bekundungen von Prof. Dr. S. an einer Lumboischialgie, Spondylolisthese und einer Nucleus pulposus-Protrusion der LWK 5/ SWK 1. Der Gutachter hat der Lumboischialgie einen leichten Schweregrad beigemessen und ausgeführt, dass bei einem fehlenden bildmorphologischen Korrelat sowie fehlenden sensomotorischen Defiziten ein Einzel-GdB von 20 angemessen sei. Diese Einschätzung steht in Einklang mit den Vorgaben der VG, die in ihrer Ziff. 18.9 (S. 107) für Wirbelsäulenschäden mit geringen funktionellen Einschränkungen einen Einzel-GdB von 10, für solche mit mittelgradigen funktionellen Einschränkungen einen solchen von 20 vorsehen. Selbst unter Einschluss der ischialgieformen Beschwerden kann die funktionelle Einschränkung daher keinesfalls mit einem für die Zuerkennung des Nachteilsausgleichs "G" erforderlichen Einzel-GdB von 50 bewertet werden. Ein solcher ist nach den VG bei Wirbelsäulenschäden nur dann anzunehmen, wenn besonders schwere Auswirkungen bestehen, worunter bspw. die Versteifung großer Teile der Wirbelsäule rechnen. Mit derartigen Auswirkungen sind die vom Kläger angeführten Beschwerden nicht vergleichbar.
Die beim Kläger bestehenden organischen Beeinträchtigungen wirken sich auch nicht besonders auf die Gehfähigkeit aus. Mit einer Versteifung des Hüftgelenkes, einer Versteifung des Knie- oder Fußgelenkes in ungünstiger Stellung oder arteriellen Verschlusserkrankungen, die einen GdB von 40 rechtfertigen, sind die geltend gemachten Beeinträchtigungen nicht vergleichbar. Vielmehr ergibt sich aus den Ausführungen des Gutachters Prof. Dr. S., dass der Kläger vorhandene Beschwerden als beeinträchtigender wiedergibt, als sie tatsächlich vorliegen. Der Kläger vermochte anlässlich der Untersuchung im Rahmen der Begutachtung ohne zeitliche Einbuße im Treppenhaus mit mehr als 20 Stufen auf- und abzulaufen sowie einen 50 m langen Gang auf- und abzuschreiten. Der Kläger zeigte hierbei flüssiges Gangbild mit einem lediglich diskreten rechtsseitigen Schonhinken. Letzteres hat sich, so der Gutachter weiter, in vermeintlich unbeobachteten Momenten reduziert. Da schließlich auch die Beschwerdesymptomatik im Rahmen der klinischen Untersuchung nicht reproduzierbar war, ist auch der Senat davon überzeugt, dass die geschilderten Einschränkungen in der möglichen Gehstrecke nicht in einer körperlichen Beeinträchtigung, sondern zuvorderst in einer Manifestation der Aggravation gründen. In Einklang hiermit haben auch die behandelnden Orthopäden und Unfallchirurgen die medizinischen Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs verneint. Der klägerische Einwand, das Gutachten von Prof. Dr. S., dem das SG in seiner Entscheidung gefolgt sei, sei in Ermangelung eines realen Gehtests unbrauchbar, führt nicht dazu, dass dem Begehren zu entsprechen bzw. eine weitere Sachverhaltsaufklärung durchzuführen ist, da es für die Zuerkennung des Nachteilsausgleichs "G" alleine nicht ausreicht, dass eine Wegstrecke nicht in einem bestimmten Zeitraum bewältigt werden kann. Erforderlich ist vielmehr, dass funktionelle Einschränkungen bestehen, die beim Kläger jedoch nicht vorliegen (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 21.10.2011 - L 13 SB 91/11 - veröffentlicht in juris).
Die beim Kläger bestehende psychische Erkrankung, nach der im erstinstanzlichen Verfahren gehörten Neurologin und Psychiaterin Dr. H. eine schizophrene Erkrankung sowie eine kombinierte Persönlichkeitsstörung, führen nicht zu einer Störung der Orientierungsfähigkeit, die eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit bedingt. Dr. H. hat diesbezüglich ausgeführt, der Kläger sei bei erhaltenen Restkompetenzen keinesfalls an die Wohnung gebunden, woraus folgt, dass keine maßgebliche Störung der Orientierungsfähigkeit besteht.
Mithin ist der Senat nicht davon überzeugt, dass der Kläger in seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt ist. Die gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs "G" liegen in der Person des Klägers nicht vor.
Der Bescheid vom 25.04.2012 (Widerspruchsbescheid vom 12.06.2012) ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen; die Berufung des Klägers ist zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob in der Person des Klägers die gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs der erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr ("G") vorliegen.
Bei dem am 24.09.1968 geborenen Kläger, der zeitweise unter rechtlicher Betreuung stand, wurde mit Bescheid des Landratsamts R. (LRA) vom 01.02.2006 ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 seit dem 05.12.2005 festgestellt. Als Funktionsbeeinträchtigung wurde, entsprechend einer versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. M. vom 24.01.2006, eine "seelische Krankheit" mit einem Einzel-GdB von 100 berücksichtigt.
In der Folgezeit gestellte Anträge auf die Zuerkennung des Nachteilsausgleichs "G" blieben für den Kläger erfolglos. U.a. hat das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg mit Urteil vom 20.10.2005 (- L 6 SB 4844/04 -) eine Berufung des Klägers gegen den klageabweisenden Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim (SG) vom 23.09.2004 (- S 10 SB 2062/04 -), mit dem der Ablehnungsbescheid vom 15.04.2004 (Widerspruchsbescheid vom 18.06.2004) bestätigt worden war, zurückgewiesen.
Nachdem das LRA einen neuerlichen Antrag des Klägers auf Feststellung der gesundheitlichen Merkmale des Nachteilsausgleichs "G" zuletzt mit Bescheid vom 15.12.2011 abgelehnt hatte, beantragte der Kläger am 26.03.2012 abermals die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs "G". Hierzu führte er an, zusätzlich zu dem Einzel-GdB von 100 für die seelische Krankheit sei ein solcher von 20 für die Gehbehinderung zu berücksichtigen. Er leide an einer schmerzhaften Ischialgie im gesamten rechten Bein. Hierzu übersandte der Kläger Arztbriefe der radiologischen Gemeinschaftspraxis an der A. P. vom 19.03.2012 über eine am 09.01.2012 durchgeführte MRT-Untersuchung der Lendenwirbelsäule sowie die MRT-Bilder.
Nach einer versorgungsärztlichen Überprüfung durch Dr. J. vom 14.04.2012, der zusätzlich für eine "Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Bandscheibenschaden, Wirbelgleiten" einen Einzel-GdB von 30 vorschlug, jedoch ausführte, der Nachteilsausgleich "G" sei weiterhin nicht ausreichend belegt, lehnte das LRA den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 25.04.2012 ab. Auf einen hiergegen eingelegten Widerspruch forderte das LRA beim behandelnden Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, Dr. L., einen Befundbericht an, den dieser unter dem 14.05.2012 vorlegte. Dr. L. gab hierin an, beim Kläger eine Spondylolisthesis der LWS sowie ein Wirbelgleiten L5/S1 re. Grad 1-2 diagnostiziert zu haben. Nach einer erneuten versorgungsärztlichen Überprüfung (Stellungnahme von Dr. S. vom 29.05.2012) wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 12.06.2012 zurück. Zur Begründung führte er aus, der Kläger könne dem Personenkreis, der berechtigt sei, den Nachteilsausgleich zu erhalten, nicht zugeordnet werden. Die sich auf die Gehfähigkeit auswirkenden Funktionsbeeinträchtigungen der Lendenwirbelsäule bedingten keinen Einzel-GdB von minds. 50.
Hiergegen hat der Kläger am 12.07.2012 Klage zum SG erhoben, zu deren Begründung er vorgetragen hat, er leide an einer Arthrose und erheblichen Schmerzen der LWS mit einer Bandscheibenprotrusion. Ferner bestehe eine Psychose, die anfallartig zu Störungen der Orientierungsfähigkeit führe. Er müsse sich beim Gehen auf längeren und sogar auf kurzen Strecken wegen einschießender Schmerzen immer wieder setzen. Hierzu hat er eine schriftliche Stellungnahme seiner Lebensgefährtin, Fr. J. B., vom 16.06.1013 vorgelegt. Ferner hat der Kläger ein Attest der Neurologin und Psychiaterin H. vom 17.06.2013 vorgelegt, nach dem der Kläger in wechselndem Ausmaß in seiner Bewegungsfähigkeit eingeschränkt sei.
Der Beklagte ist der Klage entgegen getreten.
Das SG hat die den Kläger behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen. Dr. V., Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, hat unter dem 23.08.2012 ausgeführt, anlässlich der einmaligen Vorstellung des Klägers am 16.07.2012 keine konkreten Funktionsbeeinträchtigungen festgestellt zu haben; der Nachteilsausgleich "G" sei nicht indiziert. Der Arzt für Unfallchirurgie, Orthopädie und Rheumatologie Dr. B. hat in seiner Stellungnahme vom 13.09.2012 unter Vorlage eines Ausdrucks der Patientenkarteikarte vom 11.09.2012 ausgeführt, orthopädischerseits lägen die Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich "G" nicht vor. Der Kläger leide an chronisch degenerativen Rückenschmerzen ohne nervale Ausfälle. Eine Nervenwurzelkompression habe sich anlässlich einer Untersuchung im Januar 2012 nicht gezeigt. Die Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. hat unter dem 25.09.2012 mitgeteilt, der Kläger leide an einer schizophrenen Erkrankung, die aktuell gut stabilisiert sei. Ferner sei von einer kombinierten Persönlichkeitsstörung auszugehen. Für die psychische Erkrankung sei, so Dr. H., ein Einzel-GdB von 70 angemessen. Die Zuerkennung des Nachteilsausgleichs "G" sei nicht gerechtfertigt.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das SG Prof. Dr. S., Facharzt für Orthopädie, Unfallchirurgie, Rheumatologie, spezielle Schmerztherapie, Psychotherapie - Leiter der Gutachtensambulanz an der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie des Universitätsklinikums H. - zum gerichtlichen Sachverständigen ernannt und mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. In seinem orthopädisch-unfallchirurgischen Gutachten vom 09.04.2013 hat Prof. Dr. S. beim Kläger eine Lumboischialgie, Spondylolisthese Meyerding LWK 5/ SWK 1 und eine Nucleus pulposus-Protrusion LWK 5/ SWK 1 diagnostiziert. Ferner hat der Gutachter ausgeführt, es sei nicht ausgeschlossen, dass die lumboischialgieformen Beschwerden, die im Rahmen einer somatoformen Schmerzstörung oder der psychiatrischen Grunderkrankung erlebt würden, die dem Kläger mögliche Gehstrecke beeinträchtigten, die Gehstrecke sei jedoch nicht derart limitiert, dass eine Distanz von 2 km nicht zumutbar wäre. Der Kläger sei anlässlich der Untersuchung ohne zeitliche Einbuße in der Lage gewesen, im Treppenhaus mit mehr als 20 Stufen auf- und abzulaufen, sowie einen 50 m langen Gang auf- und abzuschreiten. Der Kläger habe ein flüssiges Gangbild mit einer diskreten rechtsseitigen Schmerzentlastung gezeigt. Ferner hat der Sachverständige ausgeführt, für die vom Kläger geschilderte Beschwerdesymptomatik zeige sich kein organisches Korrelat. In vermeintlich unbeobachteten Momenten habe sich eine Reduktion des Schonhinkens gezeigt, so dass eine Beschwerdeaggravation nicht auszuschließen sei. Auch seien die vom Kläger geschilderten Beschwerden im Bereich der Lendenwirbelsäule und der unteren Extremitäten während der klinischen Untersuchung nicht provozierbar gewesen. Der Gutachter hat der Lumboischialgie einen leichten Schweregrad beigemessen und ausgeführt, dass bei einem fehlendem bildmorphologischen Korrelat sowie fehlenden sensomotorischen Defiziten ein Einzel-GdB von 20 angemessen sei.
Der Kläger ist der Einschätzung von Prof. Dr. S. entgegen getreten. Das Gutachten sei mangelhaft. Es sei kein begleiteter Gehtest durchgeführt worden.
Mit Gerichtsbescheid vom 02.10.2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das SG ausgeführt, der Kläger sei in seiner Bewegungsfähigkeit Im Straßenverkehr nicht erheblich beeinträchtigt. Die behandelnden Ärzte und der Gutachter Prof. Dr. S. hätten übereinstimmend ausgeführt, die funktionellen Einschränkungen des Klägers rechtfertigten die Zuerkennung des Nachteilsausgleichs nicht. Überdies bestünden nach den Ausführungen des Gutachters Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Beschwerdeangaben des Klägers.
Gegen den ihm am 14.10.2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 30.10.2013 Berufung eingelegt. Zur Begründung führt der Kläger aus, in Ermangelung eines realen Gehtests sei die Entscheidung des SG ohne Substanz. Er verspüre schon nach kürzesten Strecken starke stechende Schmerzen im rechten Unterrücken, weswegen er sich spätestens alle paar hundert Meter hinsetzen müsse. Ihm sei wegen der bestehenden Erkrankungen ein Duschhocker verordnet worden. Ferner hat der Kläger eine weitere Stellungnahme seiner Lebensgefährtin, Fr. J. B., vom 18.03.2014 vorgelegt. Er habe den Gutachter Prof. Dr. S. wegen der Ausstellung unrichtiger Gesundheitszeugnisse bei der Staatsanwaltschaft Heidelberg angezeigt.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 02. Oktober 2013 sowie den Bescheid vom 25. April 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Juni 2012 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, festzustellen, dass bei ihm die gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs der erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr vorliegen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Inhaltlich hat sich der Beklagte im Berufungsverfahren nicht geäußert.
Einen Antrag des Klägers, den Beklagten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes vorläufig zu verpflichten, bei ihm eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr festzustellen, hat das SG mit Beschluss vom 30.04.2013 (- S 2 SB 848/13 ER -) abgelehnt. Die hiergegen erhobene Beschwerde hat das LSG mit Beschluss vom 12.07.2013 (- L 6 SB 2309/13 ER-B -) zurückgewiesen. Ein Antrag auf Abänderung des Beschlusses wurde, nachdem der erkennende Senat zuvor einen neuerlichen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes mit Beschluss vom 09.12.2013 (- L 3 SB 5241/13 ER -) abgelehnt hat, mit Beschluss vom 19.12.2013 abgelehnt (- L 6 SB 5362/13 ER -).
Mit Schriftsatz vom 20.02.2014 hat der Beklagte, mit solchem vom 10.04.2013 (richtig 2014) der Kläger das Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten beider Rechtszüge sowie die beim Beklagten für den Kläger geführte Schwerbehindertenakte, welche Gegenstand der Entscheidungsfindung wurden, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht (vgl. § 151 Abs. 1 SGG) eingelegte Berufung, über die der Senat nach dem erteilten Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG), ist zulässig, führt jedoch für den Kläger inhaltlich nicht zum Erfolg
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 25.04.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.06.2012 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten; der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs "G".
Gemäß §§ 69 Abs. 4, 145 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) haben die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich "G" festzustellen, wenn ein schwerbehinderter Mensch infolge seiner Behinderung in seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt ist. Nach § 146 Abs. 1 Satz 1 SGB IX ist in seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt, wer infolge einer Einschränkung des Gehvermögens (auch durch innere Leiden oder infolge von Anfällen oder von Störungen der Orientierungsfähigkeit) nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten oder nicht ohne Gefahren für sich oder andere Wegstrecken im Ortsverkehr zurückzulegen vermag, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden. Bei der Prüfung der Frage, ob diese Voraussetzungen vorliegen, kommt es nicht auf die konkreten örtlichen Verhältnisse des Einzelfalls an, sondern darauf, welche Wegstrecken allgemein - d.h. altersunabhängig von nichtbehinderten Menschen - noch zu Fuß zurückgelegt werden. Nach der Rechtsprechung gilt als übliche Wegstrecke in diesem Sinne eine Strecke von etwa zwei Kilometern, die in etwa einer halben Stunde zurückgelegt wird (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 10.12.1987 - 9a RVs 11/87 - veröffentlicht in juris).
Für die Zeit bis zum 31.12.2008 beinhalteten die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales herausgegebenen "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (AHP) in ihrer jeweils geltenden Fassung (zuletzt Ausgabe 2008) konkretisierende Fallgestalten, wann die Voraussetzungen für die Annahme einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr als erfüllt angesehen werden können. Die AHP besaßen zwar keine Normqualität, weil sie weder auf einem Gesetz noch auf einer Verordnung oder auch nur auf Verwaltungsvorschriften beruhten. Sie waren vielmehr als antizipitierte Sachverständigengutachten anzusehen, die in der Praxis wie Richtlinien für die ärztliche Gutachtertätigkeit wirkten, und deshalb normähnliche Auswirkungen hatten. Auch waren sie im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung wie untergesetzliche Normen von den Gerichten anzuwenden (BSG, Urteil vom 18.09.2003 - B 9 SB 3/02 R; Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RVs 1/91 - jeweils veröffentlicht in juris).
Ab dem 01.01.2009 ist an die Stelle der AHP die Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung [VersMedV]) getreten. Damit hat das Bundes-ministerium für Arbeit und Soziales von der Ermächtigung, die ursprünglich in § 30 Abs. 17 BVG, mit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes und anderer Vorschriften vom 20.06.2011 (BGBl. I 1114) seit dem 01.07.2011 in § 30 Abs. 16 BVG erteilt ist, zum Erlass einer Rechtsverordnung Gebrauch gemacht und die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen i.S.d. § 30 Abs. 1 BVG aufgestellt. Eine gesetzliche Ermächtigung für den Verordnungsgeber, die Grundsätze für die nach dem Schwerbehindertenrecht zu beurteilenden Nachteilausgleiche durch Verordnung regeln zu können, enthalten jedoch weder § 30 Abs. 17 BVG, der mit Ausnahme des Merkzeichens "H" (Hilflosigkeit) nicht auf die im Schwerbehindertenrecht im SGB IX geregelten Nachteilsausgleiche verweist (vgl. Dau, jurisPR-SozR 4/2009), noch andere Regelungen des BVG. Eine Rechtsgrundlage zum Erlass einer Verordnung über Nachteilausgleiche ist auch nicht in den einschlägigen Vorschriften des SGB IX enthalten. Die Regelungen der VG zum Nachteilausgleich "G" sind damit mangels entsprechender Ermächtigungsgrundlage rechtswidrig (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 23.07.2010 - L 8 SB 3119/08 -; Urteil vom 14.08.2009 - L 8 SB 1691/08 -; Urteil des LSG für das Land Nordrhein-Westfalen vom 16.12.2009 - L 10 SB 39/09 - jeweils veröffentlicht in juris). Den VG lassen sich daher - jedenfalls unmittelbar - keine weiteren Beurteilungskriterien für die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen des begehrten Nachteilausgleichs entnehmen. Rechtsgrundlage für die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilausgleichs "G" sind daher allein die genannten gesetzlichen Bestimmungen der §§ 145, 146 SGB IX und die in ständiger Übung hierzu angewandten Bewertungsgrundsätze, die in den Bestimmungen der AHP fußen. Da diese der Wahrung der Gleichbehandlung aller behinderten Menschen dienten, zieht der Senat die Regelungen der AHP zur Vermeidung von Rechtsnachteilen für die Betroffenen ergänzend zur Ausfüllung der Kriterien der §§ 145, 146 SGB IX weiter heran, insb. da die VG materiell die Grundsätze zum Nachteilsausgleich "G" aus den AHP unverändert übernommen haben (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 15.02.2013 - L 11 SB 137/11 - veröffentlicht in juris; vgl. auch Urteile des erkennenden Senats vom 06.07.2011 - L 3 SB 202/09 - und vom 08.05.2013 - L 3 SB 4961/11 - jew. n.v.).
Die AHP (und ihnen nachfolgend die VG) gaben an, welche Funktionsstörungen in welcher Ausprägung vorliegen müssen, bevor angenommen werden kann, dass ein behinderter Mensch infolge der Einschränkung des Gehvermögens "in seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt ist" und tragen damit dem Umstand Rechnung, dass das menschliche Gehvermögen keine statische Messgröße ist, sondern von verschiedenen Faktoren geprägt und variiert wird, zu denen neben den anatomischen Gegebenheiten des Körpers, also Körperbau und etwaige Behinderungen, vor allem der Trainingszustand, die Tagesform, Witterungseinflüsse, die Art des Gehens (ökonomische Beanspruchung der Muskulatur, Gehtempo und Rhythmus) sowie Persönlichkeitsmerkmale, vor allem die Motivation, gehören. Von diesen Faktoren filtern die in den AHP getroffenen Bestimmungen all jene heraus, die nach dem Gesetz außer Betracht zu bleiben haben, weil sie die Bewegungsfähigkeit des behinderten Menschen im Straßenverkehr nicht infolge einer behinderungsbedingten Einschränkung seines Gehvermögens, sondern möglicherweise aus anderen Gründen, erheblich beeinträchtigen.
Die Voraussetzungen für die Annahme einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr infolge einer behinderungsbedingten Einschränkung des Gehvermögens sind hiernach als erfüllt anzusehen, wenn auf die Gehfähigkeit sich auswirkende Funktionsstörungen der unteren Gliedmaßen und/oder der Lendenwirbelsäule bestehen, die für sich einen GdB von wenigstens 50 bedingen. Darüber hinaus können die Voraussetzungen bei Behinderungen an den unteren Gliedmaßen mit einem GdB von unter 50 gegeben sein, wenn diese Behinderungen sich besonders auf die Gehfähigkeit auswirken, z.B. bei Versteifung des Hüftgelenkes, Versteifung des Knie- oder Fußgelenkes in ungünstiger Stellung, arteriellen Verschlusserkrankungen mit einem GdB von 40. Auch bei inneren Leiden kommt es bei der Beurteilung entscheidend auf die Einschränkung des Gehvermögens an. Dementsprechend ist eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit vor allem bei Herzschäden mit Beeinträchtigung der Herzleistung wenigstens nach Gruppe 3 und bei Atembehinderung mit dauernder Einschränkung der Lungenfunktion wenigstens mittleren Grades anzunehmen. Auch bei inneren Leiden mit einer schweren Beeinträchtigung der körperlichen Leistungsfähigkeit, z.B. chronische Niereninsuffizienz mit ausgeprägter Anämie, sind die Voraussetzungen als erfüllt anzusehen (Ziff. 30 Abs. 3 [S. 137f] der AHP; vgl. auch Teil D 1 d) [S. 139f] der VG). Störungen der Orientierungsfähigkeit, die zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit führen, sind bei allen Sehbehinderten mit einem GdB von wenigstens 70 und bei Sehbehinderungen, die einen GdB von 50 oder 60 bedingen, nur in Kombination mit erheblichen Störungen der Ausgleichsfunktion (z.B. hochgradige Schwerhörigkeit beiderseits, geistige Behinderung) anzunehmen. Bei Hörbehinderungen ist die Annahme solcher Störungen nur bei Taubheit oder an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit im Kindesalter (in der Regel bis zum 16. Lebensjahr) oder im Erwachsenenalter bei diesen Hörstörungen in Kombination mit erheblichen Störungen der Ausgleichsfunktion (z.B. Sehbehinderung, geistige Behinderung) gerechtfertigt (Ziff. 30 Abs. 5 [S. 138] der AHP; vgl. auch Teil D 1 f) [S. 140] der VG).
In Ansehung dieser Maßstäbe ist der Kläger zur Überzeugung des Senats in seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr nicht erheblich beeinträchtigt. Die beim Kläger bestehenden, sich auf die Gehfähigkeit auswirkenden Funktionsbeeinträchtigungen der unteren Gliedmaßen und/oder der Lendenwirbelsäule bedingen keinen GdB von wenigstens 50. Der Kläger leidet zur Überzeugung des Senats nach den Bekundungen von Prof. Dr. S. an einer Lumboischialgie, Spondylolisthese und einer Nucleus pulposus-Protrusion der LWK 5/ SWK 1. Der Gutachter hat der Lumboischialgie einen leichten Schweregrad beigemessen und ausgeführt, dass bei einem fehlenden bildmorphologischen Korrelat sowie fehlenden sensomotorischen Defiziten ein Einzel-GdB von 20 angemessen sei. Diese Einschätzung steht in Einklang mit den Vorgaben der VG, die in ihrer Ziff. 18.9 (S. 107) für Wirbelsäulenschäden mit geringen funktionellen Einschränkungen einen Einzel-GdB von 10, für solche mit mittelgradigen funktionellen Einschränkungen einen solchen von 20 vorsehen. Selbst unter Einschluss der ischialgieformen Beschwerden kann die funktionelle Einschränkung daher keinesfalls mit einem für die Zuerkennung des Nachteilsausgleichs "G" erforderlichen Einzel-GdB von 50 bewertet werden. Ein solcher ist nach den VG bei Wirbelsäulenschäden nur dann anzunehmen, wenn besonders schwere Auswirkungen bestehen, worunter bspw. die Versteifung großer Teile der Wirbelsäule rechnen. Mit derartigen Auswirkungen sind die vom Kläger angeführten Beschwerden nicht vergleichbar.
Die beim Kläger bestehenden organischen Beeinträchtigungen wirken sich auch nicht besonders auf die Gehfähigkeit aus. Mit einer Versteifung des Hüftgelenkes, einer Versteifung des Knie- oder Fußgelenkes in ungünstiger Stellung oder arteriellen Verschlusserkrankungen, die einen GdB von 40 rechtfertigen, sind die geltend gemachten Beeinträchtigungen nicht vergleichbar. Vielmehr ergibt sich aus den Ausführungen des Gutachters Prof. Dr. S., dass der Kläger vorhandene Beschwerden als beeinträchtigender wiedergibt, als sie tatsächlich vorliegen. Der Kläger vermochte anlässlich der Untersuchung im Rahmen der Begutachtung ohne zeitliche Einbuße im Treppenhaus mit mehr als 20 Stufen auf- und abzulaufen sowie einen 50 m langen Gang auf- und abzuschreiten. Der Kläger zeigte hierbei flüssiges Gangbild mit einem lediglich diskreten rechtsseitigen Schonhinken. Letzteres hat sich, so der Gutachter weiter, in vermeintlich unbeobachteten Momenten reduziert. Da schließlich auch die Beschwerdesymptomatik im Rahmen der klinischen Untersuchung nicht reproduzierbar war, ist auch der Senat davon überzeugt, dass die geschilderten Einschränkungen in der möglichen Gehstrecke nicht in einer körperlichen Beeinträchtigung, sondern zuvorderst in einer Manifestation der Aggravation gründen. In Einklang hiermit haben auch die behandelnden Orthopäden und Unfallchirurgen die medizinischen Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs verneint. Der klägerische Einwand, das Gutachten von Prof. Dr. S., dem das SG in seiner Entscheidung gefolgt sei, sei in Ermangelung eines realen Gehtests unbrauchbar, führt nicht dazu, dass dem Begehren zu entsprechen bzw. eine weitere Sachverhaltsaufklärung durchzuführen ist, da es für die Zuerkennung des Nachteilsausgleichs "G" alleine nicht ausreicht, dass eine Wegstrecke nicht in einem bestimmten Zeitraum bewältigt werden kann. Erforderlich ist vielmehr, dass funktionelle Einschränkungen bestehen, die beim Kläger jedoch nicht vorliegen (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 21.10.2011 - L 13 SB 91/11 - veröffentlicht in juris).
Die beim Kläger bestehende psychische Erkrankung, nach der im erstinstanzlichen Verfahren gehörten Neurologin und Psychiaterin Dr. H. eine schizophrene Erkrankung sowie eine kombinierte Persönlichkeitsstörung, führen nicht zu einer Störung der Orientierungsfähigkeit, die eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit bedingt. Dr. H. hat diesbezüglich ausgeführt, der Kläger sei bei erhaltenen Restkompetenzen keinesfalls an die Wohnung gebunden, woraus folgt, dass keine maßgebliche Störung der Orientierungsfähigkeit besteht.
Mithin ist der Senat nicht davon überzeugt, dass der Kläger in seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt ist. Die gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs "G" liegen in der Person des Klägers nicht vor.
Der Bescheid vom 25.04.2012 (Widerspruchsbescheid vom 12.06.2012) ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen; die Berufung des Klägers ist zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
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