L 11 R 2937/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 4 R 3432/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 2937/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 11.06.2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist, ob der Kläger bei der Beigeladenen zu 1) im Zeitraum 01.11.2007 bis 31.10.2009 abhängig beschäftigt war und ob Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung vorlag.

Die Beigeladene zu 1) ist ein mittelständisches Bauunternehmen. Im Mai 2011 wurde über ihr Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet, welches mit Beschluss vom 31.07.2011 (Amtsgericht – Insolvenzgericht H., IN .../ ...) wieder aufgehoben werden konnte, nachdem ein Investor gefunden worden war. Die Rechtspersönlichkeit der Beigeladenen zu 1) blieb unverändert. Der 1967 geborene Kläger war bis 31.10.2007 bei der Beigeladenen zu 1) abhängig beschäftigt. Zum 01.11.2007 meldete er ein Gewerbe an (Dienstleistung Baggerbetrieb) und schloss eine Haftpflichtversicherung ab, die er später jedoch wieder kündigte. Ab 01.11.2007 war der Kläger als Baggerfahrer für die Beigeladene zu 1) tätig. Er verwendete dabei Bagger der Beigeladenen zu 1) bzw von dieser angemietete Maschinen. Die Abrechnung erfolgte monatlich stundenweise mit einem Stundensatz von 27 EUR. Der Kläger war zu etwa 2/3 für die Beigeladene zu 1) tätig und zu einem weiteren Drittel für die H. Bau GmbH, an der die Beigeladene zu 1) zu 50% beteiligt war.

Am 15.12.2009 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status für die Zeit ab 01.11.2007. Die ausgeübte Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) beschrieb er mit "Dienstleistung Baggerbetrieb". Der Kläger legte Rechnungen an die Beigeladene zu 1) und die Firma H. Bau GmbH vor, in denen er monatlich stundenweise mit einem Stundensatz von 27 EUR ohne Ansatz von Umsatzsteuer abrechnete.

Nachdem die Beklagte wiederholt erfolglos weitere Unterlagen und Angaben angefordert hatte, stellte sie mit Bescheid vom 19.05.2010 das Verfahren ein. Der Kläger legte daraufhin einen Nachunternehmervertrag mit der Beigeladenen zu 1) vor mit dem Vertragsgegenstand "Auftragsschreiben vom 20.06.1995 für das Bauvorhaben in Leipzig", Ausführung von Baggerarbeiten, Schlosserarbeiten, Maschinentätigkeit; Ausführungsfristen: Beginn 01.08.1995, Fertigstellung 30.11.1995. Ein Stundenlohn von 27,- (wohl DM) war vereinbart. Unter Ziffer 13 (Sonstiges) war handschriftlich angefügt: "Sollten weitere Aufträge eingehen, so kann dieser Vertrag um weitere Maßnahmen in Absprache mit dem Bauleiter erfolgen."

Mit zwei Anhörungsschreiben vom 04.03.2011 teilte die Beklagte dem Kläger und der Beigeladenen zu 1) mit, dass beabsichtigt sei, einen Bescheid über das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung zu erlassen.

Die Beigeladene zu 1) erklärte hierzu, der Kläger sei als Subunternehmer tätig gewesen. Er habe auf verschiedenen Baustellen mit Geräten der Beigeladenen zu 1) Arbeiten ausgeführt. Es seien Pauschalverträge für Humusabtrag und Abrechnungen nach Kubikmetern oder bei Kanalbaustellen nach Stunden oder bei Aufträgen für Stützmauern nach Aufmaß abgerechnet worden. Der Kläger habe zwar einen eigenen Bagger besessen, dieser sei aber nicht groß genug für die anfallenden Arbeiten gewesen. Der Kläger habe für eine Anmietung der Bagger nicht in Vorleistung gehen wollen, er habe Bagger der Beigeladenen zu 1) oder von dieser angemietete Bagger genutzt. Die Aufgabenstellung habe sich aus dem Leistungsverzeichnis des Auftraggebers ergeben. Der Kläger habe mehrere Auftraggeber gehabt. Das Risiko von Urlaub, Krankheit und Arbeitsausfällen habe beim Kläger gelegen. Der Kläger äußerte mit Schreiben vom 25.03.2011, er habe sich die Zeit außer bei Kanalarbeiten selbst einteilen können.

Mit Bescheiden vom 07.04.2011 an den Kläger und die Beigeladene zu 1) stellte die Beklagte fest, dass die ab 01.11.2009 ausgeübte Tätigkeit im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt worden sei und ab diesem Zeitpunkt Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung bestehe. Hiergegen legten sowohl der Kläger als auch die Beigeladene zu 1) Widerspruch ein.

Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens stellte die Beklagte fest, dass sie den Zeitraum ab 01.11.2007 noch nicht beschieden hatte und erließ die Bescheide vom 28.06.2011, gerichtet an den Kläger und die Beigeladene zu 1), mit denen sie feststellte, dass der Kläger in der Zeit vom 01.11.2007 bis 31.10.2009 bei der Beigeladenen zu 1) abhängig beschäftigt gewesen sei und Sozialversicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung bestehe. Zur Begründung führte die Beklagte aus, dass als Merkmal für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis berücksichtigt worden sei, dass die Tätigkeit am Betriebssitz bzw an einem von der Beigeladenen zu 1) zugewiesenen Arbeitsort (Baustelle) ausgeübt werde, die Aufgabenstellung klar umrissen sei (Erd- und Baggerarbeiten), die Arbeitszeiten nicht hätten frei bestimmt werden können, die Vergütung anhand einer festen, erfolgsunabhängigen Stundenpauschale von 27 EUR erfolgt sei, sämtliche Arbeitsmittel, insbesondere Bagger und Maschinen von der Beigeladenen zu 1) gestellt worden seien und eine Kostenbeteiligung für die Nutzung der Arbeitsmittel nicht erfolgt sei. Für eine selbstständige Tätigkeit spreche lediglich der Umstand, dass der Kläger weitere Auftraggeber gehabt habe. Die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis würden überwiegen.

Gegen diesen Bescheid legte nur der Kläger Widerspruch ein. Er sei nicht in die Arbeitsorganisation der Beigeladenen zu 1) eingegliedert gewesen. Außerdem verfüge er über einen eigenen Bagger, der für die zu beurteilende Tätigkeit nicht geeignet gewesen sei. Das unternehmerische Risiko habe in der Auslastung bestanden. Aufgrund der rückläufigen Auftragslage sei die Tätigkeit beendet worden.

Mit Widerspruchsbescheiden vom 07.11.2011 wies die Beklagte die Widersprüche gegen die Bescheide vom 07.04.2011 zurück (betreffend die Tätigkeit im Zeitraum ab 01.11.2009).

Mit weiterem Widerspruchsbescheid vom 07.11.2011 wies sie den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 28.06.2011 zurück (betreffend die Tätigkeit im Zeitraum 01.11.2007 bis 31.10.2009).

Gegen Letzteren richtet sich die am 06.12.2011 zum Sozialgericht Konstanz (SG) erhobene Klage. Der Kläger hat vorgetragen, er sei nicht in die Arbeitsorganisation der Beigeladenen zu 1) eingegliedert gewesen. Insbesondere habe es keine Vorgaben hinsichtlich der Ausführung der beauftragten Arbeiten gegeben, es sei der Erfolg geschuldet worden. Der Kläger habe ein unternehmerisches Risiko gehabt, denn nur ein Teil der Arbeiten sei auf Stundenbasis abgerechnet worden, daneben habe es auch Pauschalverträge mit Abrechnung nach Kubikmetern bzw nach Aufmaß gegeben.

Mit Urteil vom 11.06.2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Der angefochtene Bescheid sei rechtmäßig und verletze den Kläger nicht in seinen Rechten. Vorliegend überwögen diejenigen Merkmale, die für eine abhängige Beschäftigung sprächen. Nach dem Gesamtbild habe der Kläger keine anderen Tätigkeiten verrichtet als die gewerblichen Arbeitnehmer der Beigeladenen zu 1). Nach Annahme eines Auftrags sei der Kläger ebenso wie diese in den Betrieb der Beigeladenen zu 1) eingegliedert gewesen und habe deren Weisungen hinsichtlich Ort und Art der Tätigkeit dem Grunde nach unterlegen. Die Aufgaben seien von der Beigeladenen zu 1) bzw dem Bauleiter detailliert vorgegeben worden. Der Kläger habe im Erörterungstermin ausgeführt, dass er neben den festangestellten Arbeitern auf den jeweiligen Baustellen tätig gewesen sei. Seine Bereitschaft, auch außerhalb der normalen Arbeitszeit tätig zu sein, überzeuge das Gericht nicht vom Fehlen eines zeitlichen Weisungsrechts. Es sei allgemein bekannt, dass in der Baubranche in den baufähigen Monaten häufig Überstunden gemacht werden müssten, die dann in der Winterzeit ausgeglichen würden. Ein unternehmerisches Risiko sei nicht zu erkennen. Mit Ausnahme kleinerer Gerätschaften habe der Kläger keinerlei eigene Betriebsmittel eingesetzt. Die Handhabung bezüglich der Bagger spreche klar für eine Eingliederung in den fremden Betrieb. Der Kläger habe im Erörterungstermin nochmals ausgeführt, dass er bezüglich der Anmietung von Baggern nicht in Vorleistung habe gehen wollen. Die Bagger seien von der Beigeladenen zu 1) zur Verfügung gestellt worden, diese habe auch die Kosten für An- und Abtransport übernommen. Dass der Kläger einen eigenen Bagger besitze, spiele keine Rolle, da dieser im zu beurteilenden Verhältnis nie zum Einsatz gekommen sei. Der Kläger sei nach eigenen Angaben zu 2/3 für die Beigeladene zu 1) und zu 1/3 für die H. Bau GmbH tätig gewesen. Der Auftrag für die neue Baustelle sei häufig bereits auf der alten Baustelle oder telefonisch erteilt worden. Es seien jeweils lediglich Rechnungen mit fixem Stundensatz gestellt worden. Rechnungen aus Pauschalverträgen nach Kubikmetern oder Aufmaß seien nicht vorhanden und dürften nach den Ausführungen des Klägers im Erörterungstermin auch nicht existieren. Eine Bezahlung nach Zeitaufwand stelle eine typische Entlohnung eines abhängig Beschäftigten dar. In Bezug auf den zweiten Auftraggeber sei anzumerken, dass die Beigeladene zu 1) hieran zu 50% beteiligt gewesen sei. Dem Kläger sei bekannt gewesen, dass beide Unternehmen miteinander verknüpft seien. Es sei daher fraglich, ob überhaupt eine Tätigkeit für zwei unabhängige Auftraggeber vorliege. Jedenfalls gehe das Gericht davon aus, dass der Kläger nicht werbend am Markt aufgetreten sei. Ein Einsatz eigenen Kapitals mit der Möglichkeit des Verlustes sei nicht erfolgt. Die Berufshaftpflichtversicherung habe der Kläger wieder gekündigt; das Zusammenspiel von Kündigung und fehlender Inanspruchnahme durch den Auftraggeber sei auch ein Indiz dafür, dass nicht wirklich von einer selbstständigen Tätigkeit ausgegangen worden sei. Nichts anderes ergebe sich daraus, dass der Kläger mit für Beschäftigten untypische Risiken (keine Lohnfortzahlung, kein Urlaubsanspruch) belastet worden sei. Allein die Zuweisung von Risiken mache einen abhängig Beschäftigten nicht zum Selbstständigen.

Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 19.06.2013 gegen Empfangsbekenntnis zugestellte Urteil des SG hat der Kläger am 18.07.2013 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Zur Begründung hat er ausgeführt, das SG verkenne die tatsächliche Natur der Tätigkeit des Klägers. Der Kläger habe eine Tätigkeit als Baggerfahrer angeboten. Dabei stehe die Fahrtätigkeit als solche nicht im Vordergrund, sondern die technischen Fähigkeiten zur Durchführung der Baggerarbeiten. Aufgrund der organisatorischen Erfordernisse im Zusammenhang mit der Ausführung von Baggerarbeiten ergebe sich eine gewisse Integration hinsichtlich Ort, Zeit und Art der Tätigkeit. Dies liege in der Natur der Sache, selbstverständlich werde auch die Art der Arbeiten vom Bauleiter vorgegeben. Die konkrete Verantwortung für die technische Umsetzung der Vorgaben habe aber allein beim Kläger gelegen, hier habe er keine entsprechenden Anweisungen erhalten. So seien keine Vorschriften gemacht worden, wie der Kläger die entsprechenden Arbeitsschritte zu erledigen habe. Der Kläger sei aber gerade beauftragt worden, weil er aufgrund seiner technischen Fähigkeiten Arbeiten nach den Planvorgaben selbstständig ausführen konnte. Das unternehmerische Risiko liege darin, dass der Kläger theoretisch keine Aufträge mehr erhalte. Der sehr gute Ruf des Klägers in den regionalen Fachkreisen habe jedoch dazu geführt, dass sich dieses Risiko nicht realisiert habe. Dem Kläger sei daher kein Vorwurf zu machen, dass er nicht werbend am Markt aufgetreten sei. Soweit das Abrechnungsverhalten des Klägers als Argument für abhängige Beschäftigung angenommen werde, gehe der Verweis ins Leere. Die Abrechnung nach Zeitaufwand sei für den Kläger mit dem geringsten organisatorischen Aufwand verbunden gewesen. Die Gesamtschau zeige, dass der Kläger selbstständig tätig gewesen sei.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 11.06.2013 und den Bescheid der Beklagten vom 28.06.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.11.2011 aufzuheben und festzustellen, dass er seine Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) vom 01.11.2007 bis 31.10.2009 nicht im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt hat und keine Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestanden hat.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie nimmt auf die Begründungen der angefochtenen Bescheide und auf die Ausführungen des SG Bezug.

Die Beigeladenen haben sich im Berufungsverfahren nicht geäußert und keine Anträge gestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogene Verwaltungsakte sowie die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig aber unbegründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 28.06.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.11.2011 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger ist für die Beigeladene zu 1) im streitigen Zeitraum vom 01.11.2007 bis 31.10.2009 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses tätig gewesen, weshalb Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung bestand.

Der angefochtene Bescheid ist formell rechtmäßig. Er ist nach erfolgter Anhörung der Beteiligten ergangen. Die Beklagte hat auch die Anforderungen an eine Statusfeststellung erfüllt, die das Bundessozialgericht (BSG) in seiner Rechtsprechung aufgestellt hat (BSG 11.03.2009, B 12 R 11/07 R, BSGE 103, 17, SozR 4-2400 § 7a Nr 2; 04.06.2009, B 12 R 6/08 R, juris) und nicht nur eine isolierte Entscheidung über das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung "dem Grunde nach", sondern auch über das Vorliegen von Versicherungspflicht in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung getroffen.

Auch inhaltlich (materiell-rechtlich) ist der Bescheid rechtmäßig, denn die Beklagte hat zu Recht Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung festgestellt.

Nach § 7a Abs 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung der nach § 7a Abs 1 Satz 3 SGB IV zuständigen Beklagten beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Diese entscheidet aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände, ob eine Beschäftigung vorliegt (§ 7a Abs 2 SGB IV). Das Verwaltungsverfahren ist in Absätzen 3 bis 5 der Vorschrift geregelt. § 7a Abs 6 SGB IV regelt in Abweichung von den einschlägigen Vorschriften der einzelnen Versicherungszweige und des SGB IV den Eintritt der Versicherungspflicht (Satz 1) und die Fälligkeit des Gesamtsozialversicherungsbeitrags (Satz 2). Abs 7 der Vorschrift ordnet die aufschiebende Wirkung von Klage und Widerspruch bezüglich der Fälligkeit der Beiträge an (Satz 1). Mit dem rückwirkend zum 01.01.1999 durch das Gesetz zur Förderung der Selbstständigkeit vom 20.12.1999 (BGBl I, 2000, 2) eingeführten Anfrageverfahren soll eine schnelle und unkomplizierte Möglichkeit zur Klärung der Statusfrage erreicht werden; zugleich sollen divergierende Entscheidungen verhindert werden (BT-Drs 14/1855, S 6).

Einen entsprechenden Antrag auf Statusfeststellung hat der Kläger am 15.12.2009 gestellt. Ein vorheriges Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung durch einen anderen Versicherungsträger oder die Einzugsstelle ist nicht ersichtlich.

Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterlagen im streitgegenständlichen Zeit-raum in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung der Versicherungs- bzw Beitragspflicht (§ 5 Abs 1 Nr 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), § 20 Abs 1 Satz 2 Nr 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI), § 1 Satz 1 Nr 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI), § 25 Abs 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III)). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV in der ab 01.01.1999 geltenden Fassung. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG 24.01.2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 7, BSG 04.07.2007, B 11a AL 5/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 8) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit Bundesverfassungsgericht 20.05.1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr 11). Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung (vgl BSG 24.01.2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 7).

Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG 08.08.1990, 11 RAr 77/89, SozR 3-2400 § 7 Nr 4; BSG 08.12.1994, 11 RAr 49/94, SozR 3-4100 § 168 Nr 18). In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen (BSG 01.12.1977, 12/3/12 RK 39,74, BSGE 45, 199, 200 ff; BSG 04.06.1998, B 12 KR 5/97 R, SozR 3-2400 § 7 Nr 13; BSG 10.08.2000, B 12 KR 21/98 R, BSGE 87, 53, 56 = SozR 3-2400 § 7 Nr 15; jeweils mwN). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (vgl hierzu insgesamt BSG 29.08.2012, B 12 KR 25/10 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 17 und B 12 KR 14/10 R, juris).

Nach den genannten Grundsätzen gelangt der Senat unter Abwägung aller Umstände zu der Überzeugung, dass der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1) ausgeübt hat und daher Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestanden hat.

Die Tätigkeit als Baggerfahrer kann grundsätzlich sowohl im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses als auch im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses als selbstständige Tätigkeit ausgeübt werden. Für die Statusabgrenzung ist sowohl nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) als auch nach der Rechtsprechung des BSG nicht entscheidend, ob der Betreffende auch für andere Auftraggeber tätig ist bzw war (BAG 09.10.2002, 5 AZR 405/01, juris RdNr 23). Erforderlich ist selbst im Rahmen eines Dauerrechtsverhältnisses stets eine Bewertung der einzelnen Arbeitseinsätze (BSG 28.05.2008, B 12 KR 13/07 R, juris RdNr 26). Abzustellen ist daher nur auf die Tätigkeit des Klägers für die Beigeladene zu 1) im hier streitigen Zeitraum vom 01.11.2007 bis 31.10.2009.

Der Kläger war bei der Beigeladenen zu 1) zunächst bis 31.10.2007 abhängig beschäftigt. Eine vertragliche Vereinbarung über die ab 01.11.2007 ausgeübte Tätigkeit wurde nicht vorgelegt. Aus dem vom Kläger vorgelegten Nachunternehmervertrag aus dem Jahr 1995 lässt sich für die im streitigen Zeitraum ausgeübte Tätigkeit nichts herleiten, denn es handelte sich insoweit nicht um einen Rahmenvertrag, der nur durch nachfolgende Aufträge zu konkretisieren gewesen wäre. Für eine Werkunternehmertätigkeit nach Aufmaß (Stützmauern) oder Kubikmetern (Aushub) bestehen keinerlei Anhaltspunkte. Die Beigeladene zu 1) hat derartige Vereinbarungen zwar behauptet, aber hierzu nichts vorgelegt. Selbst wenn (möglicherweise mündlich) derartige Abreden getroffen worden sein sollten, sind sie jedenfalls nicht in der Praxis umgesetzt und gelebt worden. In den Abrechnungen des Klägers wurden stets nur die monatlich abgeleisteten Arbeitsstunden mit einem festen Stundensatz berechnet, was der Kläger im Erörterungstermin vor dem SG ausdrücklich eingeräumt hat. Die Vereinbarung eines festen Stundenlohns entspricht der typischen Entlohnung eines abhängig Beschäftigten (Senatsurteile vom 18.07.2013, L 11 R 1083/12 sowie vom 16.09.2008, L 11 R 1074/08, beide veröffentlicht in juris).

Nach dem Gesamtbild der Tätigkeit ist der Senat davon überzeugt, dass der Kläger in den Betriebsablauf der Beigeladenen zu 1) eingegliedert war. Wie der Kläger selbst vorgetragen hat, war er auf den Baustellen zusammen mit anderen abhängig Beschäftigten der Beigeladenen zu 1) tätig. Die Vorgaben hinsichtlich der Tätigkeit erfolgten durch den Bauleiter. Dabei gab es – wie in der Berufungsbegründung eingeräumt – Vorgaben hinsichtlich der Art der Tätigkeit wie auch zum zeitlichen Ablauf. So habe der Kläger nicht vormittags Fundamentarbeiten ausführen können, wenn der Beton erst nachmittags geliefert wurde. Dass demgegenüber dem Kläger nicht die einzelnen Arbeitsschritte konkret angewiesen und vorgeben wurden, ändert nichts an der grundsätzlichen Eingliederung in die Arbeitsabläufe auf der Baustelle. Auch einem erfahrenen angestellten Baggerfahrer muss nicht jeder einzelne Arbeitsschritt genau vorgegeben werden. Die geschilderten Abläufe zeigen, dass der Kläger wie ein angestellter Baggerfahrer im Rahmen der von der Beigeladenen zu 1) gegenüber deren Auftraggebern geschuldeten Werkleistung eingesetzt worden ist und nicht er selbst sich zur Erbringung von konkret abgrenzbaren Werkleistungen verpflichtet hatte.

Für den Kläger bestand auch kein unternehmerisches Risiko. Der Kläger setzte letztlich nur seine Arbeitskraft - und keine Arbeitsmittel - mit der ungewissen Aussicht darauf, Einnahmen zu erzielen, ein. Die Belastung mit Risiken gerade im Zusammenhang mit der - hier im Vordergrund stehenden - Verwertung der Arbeitskraft spricht jedoch nur dann für Selbstständigkeit, wenn ihr auch eine größere Freiheit bei der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs des Einsatzes der eigenen Arbeitskraft gegenüber steht (vgl BSG 13.07.1978, 12 RK 14/78, SozR 2200 § 1227 Nr 17; BSG 04.06.1998, B 12 KR 5/97 R, SozR 3-2400 § 7 Nr 13 mwN). Dies war hier aber nicht der Fall. An der bloßen Verwertung der eigenen Arbeitskraft ändert nichts, dass der Kläger hierzu auf seine Fertigkeiten und Erfahrungen als Baggerfahrer zurückgreifen musste. Erhebliche Betriebsmittel, wie einen eigenen Bagger, hat der Kläger für die Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) unstreitig zu keinem Zeitpunkt eingesetzt. Soweit der Kläger ausführt, sein Risiko liege darin, keine weiteren Aufträge zu erhalten, stellt dies gerade kein Unternehmerrisiko dar, das sich durch die Möglichkeit des Verlusts des eingesetzten Kapitals oder der Erbringung der Arbeitsleistung ohne Gegenleistung auszeichnet. Vielmehr droht auch einem Arbeitnehmer bei Schlechtleistung der Verlust des Arbeitsplatzes oder die Gefahr, dass ein befristeter Arbeitsvertrag nicht verlängert wird.

Die Gewerbeanmeldung des Klägers kann nicht als wesentliches Indiz dafür herangezogen werden, dass er selbstständig tätig gewesen ist, denn eine Überprüfung durch das Gewerbeaufsichtsamt hinsichtlich des Vorliegens einer Beschäftigung findet nicht statt. Die Anmeldung eines Gewerbes und die Vergütung in Form von Rechnungen setzen eine selbständige Tätigkeit voraus, begründen aber für sich allein keine solche (Beschluss des Senats vom 19.07.2012, L 11 KR 1789/12 ER-B, juris). Gleiches gilt dafür, dass keine Arbeitnehmerschutzrechte wie Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder bezahlter Urlaub vereinbart waren. Solche Vertragsgestaltungen sind als typisch anzusehen, wenn bei Seiten eine selbstständige freie Mitarbeit wollten.

Ebenfalls kein entscheidendes Kriterium für eine selbstständige Tätigkeit des Klägers ist die Tatsache, dass er im streitigen Zeitraum auch für andere Auftraggeber tätig war. Denn auch ein abhängig Beschäftigter kann für mehrere Auftraggeber (abhängig) beschäftigt sein (Senatsurteile 18.07.2013, L 11 R 1083/12; 17.01.2012, L 11 R 1138/10, jeweils juris).

Der Kläger kann zwar einen ihm angebotenen Auftrag annehmen oder ablehnen. Dieser Gesichtspunkt spielt hier jedoch nach dem Vorstehenden keine ausschlaggebende Rolle. Die Möglichkeit, Aufträge anzunehmen oder abzulehnen, kann grundsätzlich zwar als Indiz für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit angesehen werden kann, weil der Betroffene damit den Umfang seiner Tätigkeit in gewisser Weise selbst bestimmt. Doch sind auch im Rahmen abhängiger Beschäftigungsverhältnisse Vertragsgestaltungen nicht unüblich, die es weitgehend dem Arbeitnehmer überlassen, ob er im Anforderungsfall tätig werden will oder ob er ein konkretes Angebot im Einzelfall ablehnt. Denn auch in solchen Fällen, in denen auf Abruf oder in Vertretungssituationen beispielsweise wegen Erkrankung ständiger Mitarbeiter lediglich im Bedarfsfall auf bestimmte Kräfte zurückgegriffen wird, kann dem Arbeitnehmer die Möglichkeit eingeräumt sein, ein konkretes Arbeitsangebot abzulehnen (vgl LSG Baden-Württemberg 24.02.2006, L 4 KR 763/04; LSG Baden-Württemberg 21.11.2008, L 4 KR 4098/06, juris). Nimmt der Betroffene das angetragene Angebot jedoch an, übt er die Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit in einem fremden Betrieb und damit im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung aus und wird nicht allein wegen der grundsätzlich bestehenden Ablehnungsmöglichkeit zum selbstständig Tätigen (Senatsurteil vom 17.01.2012, L 11 R 1138/10, juris). Da der Kläger zudem keinen Einfluss darauf hatte, ob und welche Aufträge ihm angeboten wurden, war er insoweit in Bezug auf die Gestaltung und den Umfang seiner Tätigkeit von der Beigeladenen zu 1) abhängig.

Zusammenfassend steht nach alledem zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger bei der Beigeladenen zu 1) in einem abhängigen und damit sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis steht und damit der Beitragspflicht in der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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