Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 6 VH 1807/99
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 VH 5821/10 ZVW
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 18. Dezember 2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtlichen Kosten des Klägers sind in allen Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der am 05.04.1934 geborene Kläger begehrt im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens die Feststellung weiterer Schädigungsfolgen und die Gewährung einer Beschädigtengrundrente nach dem Häftlingshilfegesetz (HHG) in Verbindung mit dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) nach einer/m höheren Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) beziehungsweise Grad der Schädigungsfolgen (GdS).
Bei dem Kläger besteht eigenen Angaben zufolge eine familiäre Vorbelastung mit Gemütsleiden (Gutachten Dr. G., Gutachten Dr. R.), seine gesamte väterliche Linie ist psychisch auffällig, seine Mutter neigte zu Depressionen, seine leibliche Schwester ist in den 50er Jahren an einer endogenen Depression erkrankt und frühberentet, auch sein Neffe neigt zu depressiven Verstimmungen mit zweimaligem Suizidversuch.
Nach eigenen Angaben stammt der Kläger aus dem ehemaligen Sudetenland, wo er eine glückliche Kindheit auf dem großelterlichen Bauernhof verbrachte. Nach Kriegsende wurde er im Juli 1945 als Sudetendeutscher von den Tschechen zusammen mit seinen Großeltern und seiner Mutter in das ehemalige KZ bei dem ehemaligen J. (heute J., Gemeinde in Tschechien) verbracht und bekam dort schreckliche Szenen von Übergriffen tschechischer Soldaten mit. Nach Rückkehr seines Vaters aus norwegischer Kriegsgefangenschaft übersiedelte die Familie nach Thüringen, wo er nach erfolgreicher Absolvierung seines Abiturs zum Medizinstudium zugelassen wurde und ein Stipendiat bewilligt bekam. 1956 bestand er erfolgreich sein Physikum und wurde während des Medizinstudiums auch als Leistungssportler (Mittelstreckenläufer des FC C.-Z.-J.) weiter gefördert.
Am 02.12.1958 wurde er in J. verhaftet und verbrachte zunächst ein halbes Jahr in Untersuchungshaft. Diese Zeit empfand er als das Schlimmste, da er tagsüber beschäftigungslos war und nachts nicht richtig schlafen gelassen, vielmehr wiederholt das Licht angemacht und er vernommen wurde. Dabei wurde er zwar nicht körperlich misshandelt und auch nicht mit dem Tode bedroht, die Verhörsituation war aber für ihn unangenehm (Gutachten Dr. G., Bl. 189 V-Akte). Er wurde schließlich am 16.03.1959 wegen Ein- und Ausfuhr von Waren, Nichtmeldung eines Westkontos, Urkundenfälschung, Betrug, Ein- und Ausfuhr von Zahlungsmitteln der DDR, Verleitung bzw. Beihilfe zum illegalen Verlassen der DDR zu einer Haftstrafe von 8 Jahren und 6 Monaten verurteilt (Bescheinigung der Volkspolizei - Kreisamt M., Bl. 593 Senatsakte). Die erste Haftzeit verbüßte er bis Herbst 1960 im Zuchthaus W ... Dort war er von April bis September 1959 als Hilfsarzt der offenen TBC-Abteilung bis zu seiner Erkrankung an Gelbsucht eingesetzt. Danach verbrachte er 6 Wochen in Quarantäne und anschließend ein halbes Jahr aus disziplinarischen Gründen in Einzelhaft (Gutachten Dr. B.). Anschließend wurde er in der Wäschekammer eingesetzt, wo er schwere Lasten bis zu 12 Stunden am Tag in feuchten Räumen tragen musste und in einer zum Teil überbelegten Zelle, auch mit Kriminellen gemischt, untergebracht war. Wesentliche hygienische oder Ernährungsprobleme gab es ebenso wenig wie homosexuelle Übergriffe (Anamnese Dr. G.). Bis auf ein bis zwei leichtere Stockschläge wurde er körperlich nicht misshandelt. Danach hatte er es darauf angelegt, in Einzelhaft zu kommen und auch einmal für sich Einzelhaft beantragt (Anamnese Prof. Dr. B./PD Dr. D.). Im Herbst 1960 wurde er in die Zuchtanstalt T. verlegt, wo er in der Metallbranche als Fräser, Bohrer eingesetzt wurde. Für die Mitgefangenen war er dort eine Art Symbolfigur und veranlasste immer wieder Aktionen wie Sabotageakte, Schmierereien etc. in der Haftanstalt (Abschlussbericht der Kreisdienststelle T., Bl. 504 Senatsakte). Wegen dieser Vorfälle wurde zunächst Antrag gestellt, ein neues Strafverfahren gegen ihn wegen staatsgefährdender Hetze, Propaganda u.a. einzuleiten, er erhielt 21 Tage verschärften Arrest, Weiteres geschah dann aber nicht (Brief des Klägers vom 22.02.2009, Bl. 531 Senatsakte). Schließlich wurde er 1963 im November nach B. verlegt, wo er abermals im Gesundheitswesen in der Häftlingsarbeit eingesetzt war. Zum 10.12.1964 wurde er von der BRD freigekauft, entschied sich, in der DDR zu bleiben, nahm sein Medizinstudium im Frühsemester 1965 wieder auf, lernte seine damalige Ehefrau kennen, begann im Herbst sein Examen, welches er 1966 abschloss, und praktizierte anschließend als Landarzt.
Am 22.10.1968 gelang ihm die Flucht in die Bundesrepublik Deutschland (Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 des HHG vom 30.09.1969). Nach seiner Facharztausbildung zum Nervenarzt zog er von W. nach V. am Niederrhein um, um dort mit seiner damaligen Frau eine gemeinsame Facharztpraxis aufzubauen. Mit dieser erzielte er Einnahmen von ca. 1 Million Deutsche Mark (DM) Umsatz/Jahr. Anfang der 80er Jahre verlor er 1 Million DM mit Ölaktien und musste einen weiteren Verlust durch Schmuckspekulationen in Höhe von 400.000 DM erleiden, sodass seine Schulden nahezu 6 Millionen DM betrugen (Gutachten Dr. R., Bl. 158 V-Akte). In der Folgezeit betrieb er deswegen zwei Praxen parallel, d. h. frühmorgens die Praxis am Niederrhein und anschließend bis 23 Uhr eine weitere Praxis in Frankfurt. 1977 verlies ihn seine Ehefrau und er war anschließend in ca. 100 Prozesse verwickelt (Zivil- und Strafsachen, u.a. wegen einer gegen ihn betriebenen Entmündigung). Seit dem 23. März 1983 war er arbeitsunfähig erkrankt und wurde aufgrund der Begutachtung von Prof. Dr. B. bei manisch-depressiver Erkrankung als berufsunfähig im Sinne der Satzung der Nordrheinischen Ärzteversorgung angesehen.
Am 28.11.1968 stellte er einen Antrag auf Versorgung nach dem HHG und machte als Schädigungsfolgen eine Hepatitis infektiosa, rezidivierende thyreotoxische Krisen mit schweren pektanginösen Beschwerden, ischialgiforme Beschwerden bei Bandscheibenschaden, Senk-Spreizfüße, eine Arthrose im rechten Knie, eine chronische Sinusitis beidseits, eine Trigeminusneuralgie, eine vegetative Labilität, eine chronische Gastritis, vegetative Störungen, eine Prostatitis sowie eine beginnende Beugekontraktur der Finger 4 und 5 beider Hände geltend.
Der Kläger wurde auf Veranlassung des Versorgungsamts (VA) Berlin stationär begutachtet. Der Augenarzt Dr. P. erhob in seinem Gutachten vom 25.03.1969 von Seiten der Augen keinen pathologischen Befund. Dr. S. erachtete in seinem Gutachten vom 24.03.1969 auf chirurgischem und urologischem Fachgebiet als Haftfolgeschaden lediglich eine Narbe unterhalb der rechten Kniescheibe ohne Funktionseinschränkung. Der Facharzt für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde Dr. H. fand in seinem Gutachten vom 25.03.1969 auf seinem Fachgebiet keine mit den Haftverhältnissen in Verbindung stehenden Gesundheitsstörungen. Dr. B. führte in ihrem nervenärztlichen Gutachten vom 03.07.1969 aus, das psychische Verhalten des Klägers wirke sachlich und affektiv ausgeglichen. Auch der neurologische Befund sei in allen Anteilen regelgerecht gewesen. Eine leichte vegetative Labilität sei wegen der Geringfügigkeit der Symptomatik in einem internistischen Hauptgutachten mit zu beurteilen. Die während der Haft aufgetretenen stärkeren nervösen Erscheinungen seien jetzt bei Normalisierung der Lebensverhältnisse wieder völlig abgeklungen und bedürften daher keiner besonderen Berücksichtigung. Dr. B. empfahl in seinem internistischen Gutachten vom 24.03.1969 eine Nachuntersuchung und führte weiter aus, die noch vorhandenen vegetativen Beschwerden seien konstitutionell auf eine Schilddrüsenvergrößerung zurückzuführen und im Übrigen sei als Versorgungsleiden lediglich die Narbe unterhalb der rechten Kniescheibe mit einer MdE um 0 vom Hundert (v. H.) vorhanden. Aktenkundig wurde die Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG des Senators für Arbeit, Gesundheit und Soziales Berlin vom 30.09.1969, in der bestätigt wurde, dass die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 HHG vorliegen und Ausschlussgründe nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 HHG nicht gegeben sind. In seinem Zusatzgutachten vom 17.11.1969 führte Dr. B. aus, eine Bromthaleinretention sei als Reststörung nach durchgemachter Gelbsucht aufzufassen, wofür die MdE auf 20 v. H. geschätzt werde. Alle anderen Leberfunktionsproben seien normal gewesen. Weitere Schädigungsleiden lägen nicht vor.
Mit Bescheid vom 06.01.1970 anerkannte das VA Berlin als Schädigungsfolgen "Narbe unterhalb der rechten Kniescheibe; fibrotische Leberreststörung nach Gelbsucht" und stufte die MdE mit unter 25 v. H. ein. Hiergegen erhob der Kläger unter anderem mit der Begründung Widerspruch, dass auf die psychischen Faktoren überhaupt nicht eingegangen worden sei. Nach Einholung der versorgungsärztlichen Stellungnahmen von Dr. S. vom 25.02.1970, Dr. B. vom 02.06.1970, Dr. S. vom 12.08.1970 und Dr. H. vom 25.08.1970 wies das Landesversorgungsamt (LVA) Berlin den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 16.09.1970 zurück.
Am 16.05.1979 stellte der zwischenzeitlich nach Baden-Baden umgezogene Kläger beim nunmehr zuständigen VA K. einen mit einem Antrag auf Anerkennung weiterer Schädigungsfolgen verbundenen Verschlimmerungsantrag, den er insbesondere mit einer Arthrose im rechten Kniegelenk, Leberstörungen sowie Bandscheibenschäden der Hals- und Lendenwirbelsäule begründete. Dr. F. W. fand in dem internistischen Gutachten vom 09.10.1980 von innerfachärztlicher Seite keine Gesundheitsstörungen, die ursächlich auf Schädigungseinflüsse zurückgeführt werden könnten. Der Chirurg Dr. F. kam in seinem Gutachten vom 09.10.1980 zusammenfassend zu der Auffassung, die bisherige Anerkennung der Leberreststörung müsse entfallen und als Schädigungsfolgen sei lediglich eine Narbe unterhalb der rechten Kniescheibe anzuerkennen. An Nichtschädigungsfolgen diagnostizierte er eine geringe deformierende Veränderung an der Wirbelsäule, eine beginnende Kniearthrose beiderseits, eine X-Stellung der Kniegelenke, eine Überstreckbarkeit der Kniegelenke und eine Narbe nach Appendektomie.
Das VA K. lehnte daraufhin mit Bescheid vom 24.11.1980 den Erhöhungsantrag ab, anerkannte nunmehr als Schädigungsfolgen "Narbe unterhalb der rechten Kniescheibe" und stufte die MdE weiterhin mit unter 25 v. H. ein.
Den hiergegen vom Kläger eingelegten Widerspruch, den er insbesondere im Hinblick auf das schwere Säcketragen von nasser Wäsche begründete, wies das LVA Baden-Württemberg mit Widerspruchsbescheid vom 22.07.1981 zurück. Eine Leberreststörung nach Gelbsucht liege nicht mehr vor, die arthrotischen Veränderungen beider Kniegelenke seien seitengleich entwickelt, rheumatische Veränderungen seien nicht feststellbar und bei den geltend gemachten Wirbelsäulenveränderungen handele es sich um altersentsprechende Abnutzungsveränderungen.
Hiergegen erhob der Kläger Klage (S 3 V 1984/81) beim Sozialgericht (SG) Karlsruhe. Das SG Karlsruhe zog Unterlagen des R.-V.-Krankenhauses B. über eine stationäre Behandlung vom 11.05.1973 bis zum 18.05.1973 bei, holte die Auskünfte der Orthopäden Dr. H. sowie Dr. U. ein und erhob das orthopädische Gutachten von Prof. Dr. R./Dr. H. vom 29.03.1983. Das Land Baden-Württemberg bot daraufhin am 26.05.1983 vergleichsweise die Anerkennung von degenerativen Veränderungen im Bereich der Halswirbelsäule als weitere Schädigungsfolgen an. Das SG Karlsruhe holte ferner das internistische Gutachten von Dr. L. vom 01.12.1983 und die ergänzende gutachterliche Stellungnahme von Dr. H. vom 28.05.1984 ein.
Der Kläger nahm im Rahmen des am 26.07.1984 abgeschlossenen Teilvergleichs das Ver-gleichsangebot vom 26.05.1983 an. Mit Urteil vom 26.07.1984 wies das SG Karlsruhe die auf die zusätzliche Anerkennung einer Gonarthrose beider Kniegelenke, degenerativer Veränderungen der Lendenwirbelsäule und eines Folgezustands nach Hepatitis als Schädigungsfolgen und Gewährung einer Beschädigtengrundrente gerichtete Klage mit der Begründung ab, weitere, über den Teilvergleich hinausgehende Schädigungsfolgen seien nicht festzustellen und die anerkannten Schädigungsfolgen bedingten keine MdE in rentenberechtigendem Grade.
Hiergegen legte der Kläger Berufung (L 11 V 2264/84) beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) ein. Er begründete die Berufung damit, bezüglich der Leber und der Wirbelsäule lägen weitere Schädigungsfolgen vor.
Ferner stellte der Kläger am 08.10.1984 beim VA K. bezüglich der Anerkennung psychischer Haftschäden einen Verschlimmerungsantrag mit der Begründung, er habe schon im Jahr 1969 auf die psychischen Haftschäden hingewiesen, ohne dass hierauf eingegangen worden sei, und er sei wegen dieser Erkrankung nunmehr zu 100 % "invalidisiert".
Nachdem der Kläger im Berufungsverfahren unter anderem die Arztbriefe von Prof. Dr. L., Kommissarischer Leiter der Abteilung für Gastroenterologie am Klinikum der Universität F., vorgelegt hatte, wurde auf Antrag der Beteiligten wegen des gestellten Verschlimmerungsantrages das Ruhen des Verfahrens angeordnet.
Im Verwaltungsverfahren legte der Kläger den Bescheid der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vom 10.09.1984 über die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit bis zum 31.07.1986 vor. Das VA K. zog das in diesem Rentenverfahren eingeholte nervenärztliche Gutachten von Dr. R. vom 10.07.1984 (Manie bei Zyklothymie) und das für die Ärztekammer N. zur Frage der Berufsunfähigkeit des Klägers erstattete Gutachten von Prof. Dr. B./PD Dr. D., Zentrum der Psychiatrie an der Universität F. am Main, vom 26.01.1984 (manisch-depressive Erkrankung, Erstmanifestation 1975) bei. Der Neurologe und Psychiater Dr. G. führte in seinem versorgungsärztlichen Gutachten vom 14.02.1986 aus, die durchgeführte körperlich-neurologische Untersuchung habe keinen relevanten Befund von Krankheitswert ergeben. Im psychischen Bereich handele es sich diagnostisch um eine Zyklothymie. Ein Zusammenhang mit der Haft sei abzulehnen, weil mehr Gründe dagegen als dafür sprächen. Begründet wurde dies von Dr. G. damit, dass in der Familie des Klägers eine Belastung mit Gemütsleiden bestehe. Ausgehend von den auch bei den Vorgutachtern gemachten anamnestischen Angaben des Klägers handele es sich bei diesem um eine außergewöhnliche Persönlichkeit mit einem nicht alltäglichen Lebensschicksal. Hinsichtlich der Zusammenhangsfrage sei wesentlich, dass schon vor der Haftzeit ein auffälliges Persönlichkeitsprofil im Sinne einer hyperthymen Persönlichkeit vorgelegen habe. Auch während der Haftzeit habe sich der Kläger stark engagiert und sei häufig als Wortführer aufgetreten. Nach der Haftentlassung habe er mit einem Rückzug reagiert. Die Betriebsamkeit habe sich dann wieder gesteigert und sei zumindest ab dem Jahr 1973 in teilweise unkontrollierbare und ungesteuerte Handlungen eingemündet. Seit etwa 1975 seien die ersten depressiven Schwankungen aufgetreten. Es bestehe kein Zweifel, dass beim Kläger eine manisch-depressive Erkrankung vorliege und nicht ein durch extreme Belastung verursachter erlebnisbedingter Persönlichkeitswandel. Die wesentlichen Persönlichkeitszüge hätten schon vor der Haftzeit bestanden. Eine psychotische Dekompensation während der Haftzeit sei ausgeschlossen und manische, im weiteren Verlauf auch depressive Phasen ließen sich frühestens ab Mitte der 70er Jahre diagnostizieren. Bei dieser Latenz sei im Hinblick auf die Manifestation der manisch-depressiven Erkrankung eine wesentliche Mitverursachung durch die Haftzeit abzulehnen.
Mit Bescheid vom 09.04.1986 lehnte das VA K. den Verschlimmerungsantrag mit der Begründung, die vorliegende manisch-depressive Erkrankung sei persönlichkeitsbedingt, ab. Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger Klage (S 3 V 1197/86) beim SG Karlsruhe. Das SG Karlsruhe wies die Klage mit Urteil vom 13.05.1987 mit der Begründung, der angefochtene Bescheid vom 09.04.1986 sei nach § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des beim LSG ruhenden aber noch anhängenden Verfahrens geworden, als unzulässig ab.
Aufgrund eines vom Kläger gestellten Beweissicherungsantrages wurde am 25.05.1987 dessen Mutter als Zeugin durch das SG W. als Rechtshilfegericht vernommen. Sie führte im Wesentlichen aus, der Kläger sei nach der Haftentlassung nicht wiederzuerkennen gewesen. Er sei nun verschlossen gewesen, habe sich zurückgezogen und sei aggressiv und bösartig gewesen. Ferner beschrieb sie Albträume des Klägers nach der Haftentlassung.
Mit dem den vor dem SG Karlsruhe am 26.07.1984 geschlossenen Teilvergleich ausführenden Bescheid vom 30.06.1987 anerkannte das VA K. als Schädigungsfolgen "Narbe unterhalb der rechten Kniescheibe, degenerative Veränderungen im Bereich der Halswirbelsäule" und führte aus, hierdurch werde eine MdE um mindestens 25 v. H. nicht erreicht.
Gegen das Urteil des SG Karlsruhe vom 13.05.1987 legte der Kläger ebenfalls Berufung (L 11 V 1374/87) ein. Er legte das für die Vereinigte Krankenversicherung Salus Krankenhauskosten-Versicherung zur Frage seiner Arbeits- beziehungsweise Berufsfähigkeit erstattete Gutachten von Prof. Dr. B./Dr. S., Rehabilitationskrankenhaus K.-L., vom 30.12.1983 vor. Die Gutachter führten aus, dass eine Einordnung des Krankheitsbildes schwierig sei, aber unabhängig von der Diagnose sowohl Arbeits- als auch Berufsunfähigkeit bestehe. Nach Hinweis des LSG, dass der Bescheid vom 09.04.1986 Gegenstand des ruhenden Verfahrens geworden sei, nahm der Kläger die Berufung zurück und rief das ruhende Verfahren L 11 V 2264/84 wieder an, das unter dem Aktenzeichen L 11 V 1960/87 weitergeführt wurde.
Das LSG erhob das Gutachten des Prof. Dr. D., inzwischen Leiter des Psychiatrischen Krankenhauses H., vom 26.02.1988. Er hatte den Kläger ab Januar 1984 nervenärztlich behandelt. Er schilderte in seinem Gutachten den Kläger als eine von frühester Jugend her durchsetzungsfähige, leistungsbereite und stimmungsgehobene Persönlichkeit. Weiter führte er aus, die diagnostische Einordnung des vorliegenden Krankheitsbildes sei schwierig, da der Kläger eine außergewöhnliche Persönlichkeit sei. Mitaufbauend auf den anamnestischen Angaben des Klägers gebe es jedoch keinerlei Anhaltspunkt dafür, dass es im Anschluss an die Haft zu einer Persönlichkeitsänderung gekommen sei. Es handele sich um eine manisch-depressive Krankheit, die diagnostisch deutlich von einer möglichen Persönlichkeitsstörung beziehungsweise Persönlichkeitsveränderung oder aber einer psychogenen reaktiven Entwicklung abgrenzbar sei. Erst nach einem ausgesprochen langen Intervall von 18 Jahren nach Haftende sei im Jahr 1983 erstmals eine Arbeitsunfähigkeit objektiviert worden. Dieses lange Intervall spreche eindeutig gegen einen relevanten, überdauernden psychischen Haftschaden. Die manisch-depressive Erkrankung sei um das Jahr 1977 langsam aufgetreten. Aufgrund der Familienanamnese zeige sich beim Kläger eine genetische Verwundbarkeit mit affektiven Störungen. Es lasse sich keine Beziehung zu der zweifelsohne sehr belastenden, jedoch weit zurückliegenden Haftzeit feststellen. Danach sprächen mehr Argumente gegen als für eine wesentliche Mitverursachung der Psychose durch die Haftzeit, wobei entscheidendes Argument die lange Latenzzeit sei. Das Krankheitsbild entspreche auch nicht dem Bild eines reaktiven seelischen Schadens als Folge eines einschneidenden äußeren Erlebnisses. In diesem Falle hätte sich durchgehend ein Bild von Erschöpfung und Antriebslosigkeit, verbunden mit vegetativen Störungen, aufzeigen müssen.
Danach wurde auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das ner-venärztliche Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. B., Oberarzt im Zentralinstitut für Seelische Gesundheit M., vom 13.10.1988 eingeholt. Der Sachverständige führte aus, für die Beurteilung der vor der Haftzeit bestehenden Persönlichkeit seien die anamnestischen Angaben des Klägers zur Kindheit und Jugend wesentlich. Diese seien bei den vorhergehenden Gutachten verschieden erfolgt. Ihm gegenüber habe sich der Kläger als eher schüchternes, verlegenes, rasch errötendes Kind, das sich um Anpassung und Integration bemüht habe, geschildert. Demgegenüber hätten die gegenüber Prof. Dr. B. geschilderten Angaben eine viel aktivere Rolle und ein anderes Selbstverständnis impliziert. Zusammenfassend diagnostizierte Dr. B. beim Kläger eine chronische Persönlichkeitsstörung. Aktuelle Anhalte für eine Exazerbation der seitens der Vorgutachter diagnostizierten manisch-depressiven Erkrankung hätten zum Untersuchungszeitpunkt nicht vorgelegen. Unter Zugrundelegung der Angaben des Klägers bei der Untersuchung sei durch die Haftzeit eine chronische seelische Störung verursacht worden. Der Hafteinfluss sei ein entscheidendes Moment für die Entwicklung der vorhandenen extremen Charakterzüge, die in gewissem Umfang eine psychische und soziale Behinderung zur Folge hätten, die auf eine MdE um 50 v. H. geschätzt werde. Auch bei der Annahme, dass bereits vor der Haft eine zu Extremen neigende Persönlichkeitsstruktur vorhanden gewesen wäre, müsse immer noch ein Hafteinfluss anerkannt werden, der sich jedoch in einer geringeren MdE um 30 v. H. niederschlagen müsse. Darüber hinaus könne möglicherweise eine zyklisch verlaufende Erkrankung (Zyklothymie) vorliegen, die aber nicht in kausalem Zusammenhang mit der Haft stehe.
Hierzu führte Dr. R. in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 07.11.1988 aus, eine Persönlichkeitsveränderung erscheine zwar möglich, wahrscheinlicher sei jedoch das Verhalten des Klägers vor dem Hintergrund einer zyklothymen Erkrankung zu sehen.
Prof. Dr. D. führte in der ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom 27.02.1989 aus, die richtige Einschätzung hänge von der Schilderung des Klägers beziehungsweise von seinem momentanen psychopathologischen Zustandsbild ab. Aufgrund der Schilderungen des Klägers bei Dr. B. könne er dessen Schlussfolgerungen zustimmen. Dagegen sprächen aber die von ihm und Prof. Dr. B. erhobenen Befunden, so dass er ausgehend von den dort gemachten Angaben des Klägers bei seiner bisherigen Einschätzung verbleibe.
Des Weiteren erhob das LSG das fachorthopädische Gutachten von Prof. Dr. S./Dr. S., Orthopädische Universitätsklinik und Poliklinik F./F. am Main, vom 18.07.1989. Sie führten aus, die das Altersmaß übersteigenden Formveränderungen an der Halswirbelsäule mit kyphotischer Knickbildung zwischen dem 6. und 7. Halswirbelkörper seien mit Wahrscheinlichkeit als schädigungsbedingt anzusehen. Ebenso bestehe eine Narbenbildung unterhalb der rechten Kniescheibe als unmittelbare Haftfolge. Weitere Gesundheitsstörungen auf orthopädischem Fachgebiet könnten nicht mit Wahrscheinlichkeit auf einen erlittenen Haftschaden zurückgeführt werden. Die MdE für die mit Wahrscheinlichkeit auf den Haftschaden zurückführbaren Gesundheitsstörungen sei mit 10 v. H. einzuschätzen. Die Gesamt-MdE betrage unter der fiktiven Annahme einer MdE von unter 25 v. H. auf nervenfachärztlichem Gebiet ebenfalls unter 25 v. H., einer MdE um 30 v. H. auf nervenfachärztlichem Gebiet 40 v. H. und einer MdE um 50 v. H. auf nervenfachärztlichem Gebiet 60 v. H.
Dr. R. führte in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 01.09.1989 aus, eine Veränderung der bisherigen versorgungsärztlichen Auffassung bezüglich der Anerkennung einer manisch-depressiven Erkrankung ergebe sich nicht.
Das LSG zog ferner die Krankenunterlagen von Prof. Dr. B. bei und hörte am 16.07.1990 die vom Kläger benannten Dr. M. und Dipl.-Ing. Dr. G. als Zeugen. Dr. M. beschrieb den Kläger als vor der Haft unauffälligen Kommilitonen. Nach der Haft sei der Kläger unselbständig gewesen und habe über einen Albtraum berichtet. Dipl.-Ing. Dr. G. berichtete über mit unüberlegten Verhaltensweisen einhergehende Anpassungsprobleme des Klägers nach der Haftentlassung.
Das Land Baden-Württemberg bot sodann am 16.07.1990 vergleichsweise die Anerkennung eines erlebnisbedingten Persönlichkeitswandels als Schädigungsfolge und die Gewährung einer Beschädigtengrundrente nach einer MdE um 30 v. H. nach § 30 Abs. 1 BVG an. Der Kläger erklärte hierzu, er sei bei einer Anerkennung einer MdE um 50 v. H. vergleichsbereit.
Dr. Biedert erstattete auf Anforderung des LSG das Ergänzungsgutachten vom 31.10.1990. Danach sei unter Auswertung der von Prof. Dr. B. übersandten Krankenunterlagen und unter Zugrundelegung der von Dr. M. und Dipl.-Ing. Dr. G. gemachten Angaben davon auszugehen, dass beim Kläger vor der Inhaftierung keine Persönlichkeitsstörung bestanden habe, diese aber nach Haftentlassung manifest geworden sei. Diese Persönlichkeitsstörung habe sich in Charakterzügen wie Selbstunsicherheit, Ängstlichkeit, jedoch auch Affektlabilität mit Neigung zu affektiven Durchbrüchen und unter anderem auch in querulatorischen Verhaltensweisen gezeigt. Die querulatorischen Verhaltensweisen seien nicht nur vorübergehender Natur gewesen. Selbst bei Unterstellung, dass vor der Haft eine Persönlichkeitsstruktur mit Zügen der Selbstunsicherheit, leichter Kränkbarkeit, jedoch Kompensierung durch Ehrgeiz und extreme Leistungsorientierung vorgelegen habe, so hätten diese Persönlichkeitszüge vor der Haft nicht den Grad einer Persönlichkeitsstörung gehabt, so dass demgemäß die nach der Haft bis heute persistierende Persönlichkeitsstörung in vollem Umfang als erlebnisbedingt einzuschätzen sei. Wegen der Tatsache, dass trotz der erkennbaren Persönlichkeitsstörung nach der Haft noch eine weitere berufliche Ausbildung und auch in späteren Jahren zumindest in gewissem Umfang eine berufliche Tätigkeit möglich gewesen sei, sei die MdE bei 50 v. H. anzusetzen. Eine höhere Einschätzung der MdE komme jedoch nicht in Betracht, da nach der Übersiedlung des Klägers in die Bundesrepublik noch weitere Entwicklungen eine Rolle gespielt haben müssten. Unter Annahme einer orthopädisch bedingten MdE um 10 v. H. betrage die Gesamt-MdE wegen der überragenden Rolle der psychischen Folgeerscheinungen ebenfalls 50 v. H.
Auf Hinweis des Dr. R. in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 27.11.1990 und Veranlassung des LSG übersandte Prof. Dr. K. sein im Auftrag der Vereinten Versicherungen München erstattetes Gutachten vom 31.03.1989, in dem er eine thymopathische Persönlichkeitsstörung beschrieb. Hierzu äußerte sich Dr. R. in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 06.12.1990.
Der Kläger führte aus, er sei am G. B., Klinik für offene Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie, stationär behandelt worden und legte die Schreiben des Dr. N., Oberarzt am G. B., vom 18.12.1990 und von Dr. Dipl.-Psych. J., Chefarzt am G. B., sowie Dr. N. vom 04.01.1991 vor. Der Senat hörte sodann Dr. N. unter dem 19.01.1991 schriftlich als sachverständigen Zeugen.
Dr. R. führte in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 09.04.1991 aus, es sei nach wie vor zu diskutieren, ob ein erlebnisbedingter Persönlichkeitswandel oder eine Zyklothymie vorliege. Eine sichere Differenzierung nach der Kausalität und zuverlässige Zuordnung zu diagnostischen Kriterien lasse sich nicht erkennen.
Im weiteren Verfahrensverlauf machte der Kläger unter Vorlage unter anderem des Arztbriefes des Prof. Dr. H., Chefarzt der Orthopädischen Abteilung der D.-Klinik B., vom 11.02.1991 eine Spondylolisthese als Schädigungsfolge geltend.
Auf Veranlassung des LSG erstattete der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. M., Leitender Regierungsmedizinaldirektor a. D., unter Berücksichtigung des computertomographischen Gutachtens der Dr. S. vom 26.11.1991 das Gutachten vom 17.12.1991. Darin führte dieser aus, es bestehe kein vernünftiger Zweifel, dass eine besondere familiäre Situation gegeben sei, die als psychodynamische Komponente Bedeutung gewonnen habe. Darüber hinaus seien auch Persönlichkeitssigna vorhanden. Die Tatsache der Inhaftierung sei unzweifelhaft eine Zäsur im bisherigen Leben des Klägers gewesen. Diese habe auch mit all ihren Implikationen über lange Zeit hin eine deutliche Belastung dargestellt und zwar im Sinne einer depressiv-getönten Erlebnisreaktion. Diese habe die Haftjahre überdauert und sich sicherlich bis in die Zeit der Ausbildung zum Facharzt Ende der 60er bis Anfang der 70er Jahre hinein lytisch abklingend fortgesetzt. Es folge dann die Zeit der sich abzeichnenden Zyklothymie, insbesondere mit der manischen Auslenkung, die einerseits zu beruflichen Höchstleistungen, andererseits aber auch zu schweren sozialen und familiären Komplikationen Anlass gegeben habe. Die Zyklothymie sei medikamentös und psychotherapeutisch behandelt worden, was in den bisherigen gutachterlichen Aussagen nicht angemessen gewürdigt worden sei. Haftspezifische Folgeerscheinungen, etwa im Sinne eines erlebnisbedingten Persönlichkeitswandels oder einer Persönlichkeitsänderung durch Extrembelastungen, lägen nicht vor. Unzweifelhaft habe aber über längere Zeit hin eine reaktiv-depressive Verstimmung nach der Haft die Anpassung im sozialen Milieu, besonders während der DDR-Zeit, beeinträchtigt und auch eine Zeit lang noch später überdauert. Diese Restsymptome überlagerten sich nun andererseits aber, überaus schwer abgrenzbar, mit denen der beginnenden Zyklothymie mit depressiver, aber doch sehr bald manischer Auslenkung. Hinzugetreten seien neuerlich die Symptome einer zerebralen Gefäßveränderung. Bei sorgfältiger Abwägung werde man bei Ausschluss der Zyklothymie als Schädigungsfolge, bei Nichtvorliegen eines Persönlichkeitswandels und einer Persönlichkeitsänderung sowie bei Nichtbestehen einer zerebralen Dystrophie einen gewissen Restbestand an haftbezogener Betroffenheit zurückbehalten, der auch gegenüber der vorgegebenen Persönlichkeitsartung abgrenzbar bleibe. Diese Komponente sei auch in Kenntnis der Schwere einer solchen Abgrenzung mit einer MdE um 30 v. H. einzuschätzen und als leichtere erlebnisreaktive Verstimmung zur Anerkennung im Sinne der Entstehung vorzuschlagen. Unter dieser Umschreibung seien Teilkomponenten der Beeinträchtigung des Selbstwertgefühls, der Identitätsabwandlung der Selbstsicherheit wie auch der dynamischen Insuffizienz erfasst. Die retrospektive Betrachtung habe unter Einbeziehung aller erreichbaren Akten diese Wertung ermöglicht. Die sozialen und finanziellen "Auslenkungen" könnten kausal nicht dem "Haftschaden" angelastet werden.
Sodann unterbreitete das Land Baden-Württemberg den Vergleichsvorschlag vom 09.03.1992, mit dem es die Anerkennung einer erlebnisreaktiven Verstimmung als weitere Schädigungsfolge mit einer MdE um 30 v. H. ab 01.09.1985 anbot. Dieses Vergleichsangebot wurde vom Kläger nicht angenommen.
Daraufhin hörte das LSG unter dem 02.07.1992 Dr. Dipl.-Psych. J. schriftlich als sachverständigen Zeugen. Unter Übersendung seines Arztbriefes vom 26.03.1991 führte er aus, er komme aufgrund des langen Behandlungszeitraumes (er kenne den Kläger seit gut 1 ¾ Jahren) immer mehr zu der Überzeugung, dass keine Zyklothymie vorliege und höchstwahrscheinlich auch nie vorgelegen habe. Er sei davon überzeugt, dass das schwersttraumatische mehrjährige Hafterlebnis ursächlich sowohl für das spätere als auch jetzt noch vorliegende chronifizierte depressive Syndrom sei und auch die schwere Persönlichkeitsstörung ausgelöst habe. Die in seinem Arztbrief vom 26.03.1991 von ihm selbst aufgeführte Diagnose eines "schwer ausgeprägten, chronifizierten depressiven Syndroms bei zyklothym/thymopathisch-zwanghafter Persönlichkeitsstruktur überwiegend reaktiv ausgelöst durch ein schwersttraumatisches, mehrjähriges Hafterlebnis" würde er heute nicht mehr als zutreffend beurteilen.
Anschließend holte das LSG auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG das orthopädische Gutachten des Prof. Dr. H. vom 14.07.1992 ein. Darin führte er aus, wahrscheinlich sei, dass unabhängig vom Sport und von den Hafteinwirkungen in den ersten 20 Lebensjahren aus schicksalsmäßigen Ursachen heraus sich eine Spondylolyse entwickelt habe, die sich zur erstmals 1991 röntgenologisch ersichtlichen Spondylolisthese im Laufe des Lebens weiter entwickelt habe. Die Beschwerden von Seiten der Halswirbelsäule beruhten auf fortgeschrittenen Verschleißerscheinungen. Die Zurückführung dieser Beschwerden auf die Haft, wie in den Gutachten von Prof. Dr. R. und Prof. Dr. S. vorgenommen, sei nicht sehr überzeugend. Die beginnende Hüftarthrose rechts sei ebensowenig durch Hafteinwirkungen bedingt wie die beginnende Arthrose im rechten Kniegelenk und im rechten oberen Sprunggelenk. Der während der Haft erlittene Sturz auf das rechte Kniegelenk habe lediglich eine reizfreie circa 5 Zentimeter lange Narbe zur Folge gehabt. Weitere Knieschäden ließen sich nicht mit genügender Wahrscheinlichkeit auf die Belastungen während der Haft zurückführen. Haftbedingt sei am Haltungs- und Bewegungsapparat des Klägers nur ein Dauerschaden aufgetreten, der höchstens mit einer MdE um 10 v. H. zu bewerten sei. Unter Zugrundelegung des Ergebnisses von Prof. Dr. M. empfahl Prof. Dr. H. unter Berücksichtigung der weiteren Schädigungsfolgen Narbe unterhalb der rechten Kniescheibe und degenerative Veränderungen im Bereich der Halswirbelsäule eine Gesamt-MdE um 30 v. H.
Zu den Ausführungen des Dr. Dipl.-Psych. J. nahm Prof. Dr. M. ergänzend unter dem 22.07.1992 Stellung. Er führte aus, die Darstellung des Dr. Dipl.-Psych. J. sei aus therapeutischer Sicht erstellt, zentriere sich im Wesentlichen auf psychodynamische Behandlungsstrategien und gelange damit, gleichsam zwangsläufig, zu monokausalen Deutungen und folgerichtig auch zu bestimmten Lösungskonzepten. Sie berücksichtige das multifaktorielle Geschehen und die Vielschichtigkeit der biographischen Entwicklungen nicht in der erforderlichen Weise. Die Biographie des Klägers enthalte alles andere als permanente, unflexible Verhaltensweisen, feindliche Haltung der Welt gegenüber, sozialen Rückzug, Gefühle der Hoffnungslosigkeit und das Erleben ständiger Bedrohung und Entfremdung. Es sei auch nach der Würdigung und den Aussagen der anderen Sachverständigen, die unmittelbar und zeitnah den Kläger gesehen hätten von einem lebhaften Wandel der Symptomatik auszugehen. Im Ergebnis verblieb Prof. Dr. M. bei seiner Auffassung.
Der Kläger legte die Stellungnahme des Dr. Dipl.-Psych. J. vom 21.09.1992 zu dem Gutachten von Prof. Dr. M. vor. Darin führte dieser aus, die Haftbedingungen hätten mit hoher Wahrscheinlichkeit eine schwere erlebnisbedingte Persönlichkeitsstörung-/änderung und eine posttraumatische Belastungsstörung bedingt und die MdE sei mit mindestens 60 v. H. einzuschätzen.
Dr. R. führte in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 02.10.1992 aus, da sich seit den vorangegangenen Begutachtungen im Vergleich zu den Erhebungen von Dr. Dipl.-Psych. J. die Persönlichkeitsstruktur des Klägers - gleichgültig wie man sie zuordne - offenbar nicht verändert habe, ergebe sich aus versorgungsärztlicher Sicht kein Anhalt, von der bisherigen Auffassung abzuweichen.
Mit Urteil vom 12.10.1992, berichtigt durch Beschluss vom 29.10.1992, änderte das LSG das Urteil des SG Karlsruhe vom 26.07.1984 ab, verurteilte das Land Baden-Württemberg unter Abänderung des Bescheides vom 24.11.1980 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.07.1981 sowie der Bescheide vom 09.04.1986 und 30.06.1987, als weitere Schädigungsfolge eine erlebnisreaktive Verstimmung anzuerkennen sowie dem Kläger ab 01.10.1984 eine Beschädigtengrundrente nach einer MdE um 30 v. H. zu gewähren, und wies im Übrigen die Berufung zurück sowie die Klage ab. Auf internistischem Fachgebiet bestünden beim Kläger keine haftbedingten Gesundheitsstörungen. Dies ergebe sich aus den Gutachten von Dr. B., Dr. F. W. und Dr. L ... Weiter stehe fest, dass auf orthopädisch-chirurgischem Fachgebiet über die anerkannten Schädigungsfolgen "Narbe unterhalb der rechten Kniescheibe, degenerative Veränderungen im Bereich der Halswirbelsäule" hinaus keine haftbedingten Gesundheitsstörungen vorlägen. Dies folge aus den Gutachten von Dr. Freudenberger, Prof. Dr. R. mit ergänzender Stellungnahme von Dr. H., Prof. Dr. S. und Prof. Dr. H ... Ferner liege beim Kläger schädigungsbedingt eine erlebnisreaktive Verstimmung vor. Insoweit sei den Ausführungen von Prof. Dr. M. zu folgen. Dieser Zustand bedinge eine MdE um 30 v. H. Im Übrigen sei unter Würdigung der Gutachten von Dr. B., Dr. G., Prof. Dr. D., Dr. B., den Stellungnahmen von Dr. N. und Dr. Dipl.-Psych. J. sowie insbesondere den Gutachten von Prof. Dr. M. davon auszugehen, dass weitere haftbedingte Gesundheitsstörungen nicht feststellbar seien und die anerkannten Gesundheitsstörungen keine höhere MdE als 30 v. H. bedingten. Beim Kläger sei eine Mehrzahl von Faktoren festzustellen, von denen die Haftbedingungen nur eine sei, und die sich teilweise verstärkend und überlagernd zu dem Erscheinungsbild geführt hätten, das nunmehr festzustellen sei. Die Annahme von Dr. Dipl.-Psych. J., lediglich der Haftschaden habe sämtliche beim Kläger bestehenden Gesundheitsstörungen auf psychiatrischem Gebiet bedingt, sei deshalb nicht richtig und stehe auch nicht in Übereinklang mit den vom Kläger im Verlauf der letzten Jahre und Jahrzehnte gezeigten Verhaltensweisen. Dies habe Prof. Dr. M. überzeugend ausgeführt. Ferner komme eine Erhöhung der MdE wegen besonderer beruflicher Betroffenheit nach § 30 Abs. 2 BVG nicht in Betracht, nachdem Prof. Dr. M. in seinem Gutachten ausgeführt habe, dass die sozialen und finanziellen Auslenkungen nicht dem Haftschaden kausal angelastet werden könnten.
Mit Ausführungsbescheid vom 24.11.1992 anerkannte das VA K. als Schädigungsfolgen "Narbe unterhalb der rechten Kniescheibe, degenerative Veränderungen im Bereich der Halswirbelsäule, erlebnisreaktive Verstimmung" und bewilligte Beschädigtengrundrente nach einer MdE um 30 v. H. ab 01.10.1984 nach § 30 Abs. 1 BVG und hob die Bescheide vom 24.11.1980, 22.07.1981, 09.04.1986 und 30.06.1987 insoweit auf. Den hiergegen eingelegten Widerspruch des Klägers wies das LVA B. mit Widerspruchsbescheid vom 18.10.1993 zurück. Die hiergegen zum SG Konstanz erhobene Klage (S 6 V 631/94) nahm der Kläger zurück.
Der Kläger beantragte zunächst am 09.12.1998 die Erhöhung des GdB und wies im Antragsformular auf einen "HHG-Schaden" hin. Mit dem am 07.01.1999 eingegangenen Antragsformular beantragte er höhere Versorgungsleistungen. Als Schädigungsfolgen machte er eine posttraumatische Belastungsstörung, einen erlebnisbedingten Persönlichkeitswandel, eine Chondromalazie Stadium 3 bis 4 im rechten Knie und Stadium 2 bis 3 im linken Knie, eine Wirbelblockbildung in der Halswirbelsäule und ein Wirbelgleiten in der Lendenwirbelsäule geltend. Die Ärztin für Psychiatrie, Sozialmedizin und Rehabilitationswesen Dr. W. führte in ihrem versorgungsärztlichen Gutachten nach Aktenlage vom 30.04.1999 aus, es ergäben sich keinerlei neuen Gesichtspunkte, so dass alle geltend gemachten Verschlechterungen als Nachschaden zu bewerten seien. Dies gelte sowohl für die Chondromalazie in den Knien und die Veränderungen in der Wirbelsäule als auch für die zyklothymen Störungen mit im Vordergrund stehenden Depressionen.
Mit Bescheid vom 29.07.1999 lehnte das VA Freiburg - Außenstelle Radolfzell - die Erteilung eines Rücknahmebescheides nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ab. Es könne nicht die Feststellung getroffen werden, dass der Bescheid vom 24.11.1992 unrichtig gewesen sei. Der erneut zur Anerkennung beantragte Leidenskomplex sei mit den entsprechenden Gerichtsgutachten diagnostisch abgeklärt worden. Neue Gesichtspunkte habe der Kläger nicht vorgebracht.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und wies unter anderem darauf hin, dass er nicht nur einen Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X, sondern auch einen Verschlimmerungsantrag gestellt habe.
Dr. H. führte in ihrer versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 23.08.1999 aus, die jetzt als haftbedingt geltend gemachten Schäden am linken Knie seien nirgends belegt und könnten demnach nicht begutachtet werden. Dasselbe treffe für das Wirbelgleiten im Lendenwirbelsäulen-Bereich zu. Für die Chondromalazie im rechten Knie sei nach wie vor ein schädigungsbedingter Zusammenhang nach einem Sturz im Jahr 1961 nicht zu erkennen. Hier fehlten erforderliche Brückensymptome bis zur Diagnosestellung im Jahr 1995.
Im Rahmen eines Schwerbehindertenverfahrens stellte der Beklagte auf den Neufeststellungsantrag des Klägers mit Bescheid vom 25.03.1999 den Grad der Behinderung (GdB) von 80 fest und wies den hiergegen eingelegten Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 14.09.1999 zurück. Hiergegen hat der Kläger Klage am 01.10.1999 beim SG Konstanz erhoben (S 6 VH 1807/99).
Mit Widerspruchsbescheid vom 17.11.1999 hat das LVA Baden-Württemberg den gegen den Bescheid vom 29.07.1999 eingelegten Widerspruch zurückgewiesen. Die Voraussetzungen nach § 44 SGB X für eine Rücknahme des Bescheides vom 24.11.1992 seien nicht gegeben. Wegen seines Verschlimmerungsantrages nach § 48 SGB X erhalte der Kläger noch einen rechtsmittelfähigen Bescheid.
Hiergegen hat der Kläger am 03.12.1999 (S 6 VH 2270/99) Klage beim SG Konstanz erhoben und zur Begründung unter anderem ausgeführt, sein auf die Erhöhung des GdB gerichtetes Begehren wolle er erst weiterverfolgen, wenn der nach dem HHG zu beurteilende Rechtsstreit erledigt sei.
Das SG Konstanz hat die beiden Klagen mit Beschluss vom 20.12.1999 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden (S 6 VH 1807/99).
Das SG Konstanz hat unter anderem die Arztbriefe der Orthopädischen Universitätsklinik Stiftung F. am Main vom 11.01.1985, der Klinik für Orthopädie M. vom 04.12.1989, 02.01.1991 und 08.02.1991, des Rheumakrankenhauses B. vom 20.06.1995 und 28.07.1995, der Orthopädischen Klinik des Kreiskrankenhauses O. vom 30.06.1995 und 12.07.1998 sowie des Augenarztes Dr. K. vom 26.07.1995 und die Operationsberichte der Orthopädischen Klinik des Kreiskrankenhauses O. vom 27.06.1995, 12.07.1995 und 25.06.1998 beigezogen.
Daraufhin hat das SG Konstanz das Gutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. W.-R. vom 03.11.2003 eingeholt. Der Sachverständige hat ein degeneratives Halswirbelsäulen-Syndrom bei Blockwirbelbildung des unteren Halswirbelsäulen-Drittels mit Wirbelsäulenfehlstatik, ein chronisch degeneratives Lendenwirbelsäulen-Syndrom bei Ventrolisthesis L5/S1 mit Spndylolysis L5/S1 sowie eine Valgus-Gonarthrose links mehr als rechts und eine Femuropatellargelenksarthrose beiderseits beschrieben. Der Sachverständige ist zu der Einschätzung gelangt, am Bewegungsapparat liege keine Schädigungsfolge vor und eine haftbedingte MdE um 10 v. H. auf orthopädischem Fachgebiet sei nicht gegeben. Die Veränderungen an den Kniegelenken seien degenerativ bedingt. Die vorliegenden Röntgenbilder, welche eine Befundentwicklung über zwei Jahrzehnte zuließen, dokumentierten die allmähliche Zunahme der Verschleißveränderungen, ohne dass hier besondere äußerliche Expositionen erforderlich gewesen seien. Dies entspreche dem allmählichen Verlauf von anlagebedingten degenerativen Verschleißerscheinungen. Die Meniskusveränderungen seien eindeutig durch die valgische Fehlposition zu erklären. Eine primäre Meniskusverletzung sei auszuschließen, da diese zu keinem Zeitpunkt offensichtlich geworden sei. Auch habe keine direkte Knietraumatisierung stattgefunden. Die Verletzung rechtsseitig habe zu keinen Gelenkveränderungen geführt, sondern sich lediglich auf die Weichteile bezogen. Auch stünden die Veränderungen am Kniegelenk nicht mit einer jahrelangen und chronischen Belastungssituation in Zusammenhang. Eine überdurchschnittliche Belastung der Kniegelenke habe nicht herausgearbeitet werden können. Zum einen fehle die Langjährigkeit. Zum anderen hätten keine Dauerzwangshaltungen vorgelegen. Ferner könne allein schon wegen spät nachweisbaren Veränderungen am Kniegelenk eine kausale Verknüpfung nicht gelingen. So seien die Kniegelenksbeschwerden erst rund 30 Jahre nach der Haft dokumentiert worden. Folglich handele es sich im Bereich der Kniegelenke um eine allgemeine schicksalhafte Gelenkdegeneration, welche durch die valgische Fehlposition beider Beine begünstigt worden sei und sich primär auf das laterale Gelenkkompartiment und das femuropatellare Gleitlager erstrecke. Die Spondylolyse sei primär eine anlagebedingte Veränderung. Aufgrund der ohnehin minimalen Instabilität könne es nicht zu einer deutlich erkennbaren und messbaren Verstärkung des Gleitprozesses auf dem Boden einer anlagebedingten Spondylolysis durch die Tätigkeit während der Haftzeit gekommen sein. Bis 20 Jahre nach Beendigung der Tätigkeit sei radiologisch diese Veränderung im Bereich der unteren Lendenwirbelsäule nur sehr gering gewesen. Ferner fehle es an einer entsprechenden Brückensymptomatik. Eine abnorme Belastung der Halswirbelsäule sei durch die geschilderte Tätigkeit sicherlich nicht im genügenden Umfang aufgetreten. Zusammenfassend bedeute dies, dass die degenerativen Veränderungen im Bereich der Halswirbelsäule, der Lendenwirbelsäule und beider Kniegelenke eindeutig nicht auf eine körperliche Belastung während der Haftzeit zurückzuführen seien. Es habe sich ein allgemeines Gelenkleiden mit kontinuierlicher und mitunter klinisch blander Verschlechterung eingestellt. Ferner stelle die Weichteilnarbe am rechten Kniegelenk sicherlich keine Veränderung dar, welche mit einer MdE um 10 v. H. bemessen werden könne. Die degenerativen Veränderungen am Knorpel- und Meniskusgewebe seien eindeutig nicht haftbedingt und könnten somit auch keine MdE um 10 v. H. nach sich ziehen. Unter dem 24.05.2004 hat Dr. W. zu den Einwendungen des Klägers Stellung genommen und ist bei seiner Einschätzung geblieben.
Ferner hat das SG Konstanz auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG das Gutachten des Prof. Dr. R., Leitender Arzt der Orthopädie und orthopädischen Rheumatologie des Klinikums O., vom 25.10.2004 eingeholt. Der Sachverständige ist zu der Einschätzung gelangt, die degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule ohne die Spondylolisthese L5/S1 mit einer schmerzhaft eingeschränkten Beweglichkeit der gesamten Wirbelsäule seien Folge der "Wehrdienstbeschädigung". Des Weiteren bestehe eine Gonarthrose beidseits mit typischer Beschwerdesymptomatik und deutlich reduzierter Belastbarkeit. Die Gonarthrose beidseits sei mit einer MdE um 20 v. H., die ausgeprägten degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule mit schmerzhaft eingeschränkter Beweglichkeit und deutlich reduzierter Funktionalität seien mit einer MdE um 40 v. H. und die Gesamt-MdE sei mit 50 v. H. mit der Gefahr der Verschlechterung einzuschätzen. An dieser Einschätzung hat der Sachverständige in seiner Stellungnahme vom 11.11.2004 festgehalten.
Die Fachärztin für Innere Medizin R. hat in ihrer versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 03.01.2005 ausgeführt, auf ihrem Fachgebiet handele es sich eindeutig um schädigungsunabhängige Behinderungen. Der Arzt für Chirurgie Dr. B. hat in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 04.01.2005 ergänzt, durch das Gutachten des Prof. Dr. R. sei nicht der Nachweis erbracht worden, dass ein beidseitiger Kniegelenksschaden und ein Wirbelsäulenschaden als Haftfolge anzusehen seien. Ferner ist das radiologische Gutachten des Facharztes für diagnostische Radiologie Koch, Radiologisches Institut am Klinikum O., vom 14.02.2005 aktenkundig geworden.
Dr. W. hat in seiner ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom 23.05.2005 ausgeführt, Prof. Dr. R. habe keine wissenschaftliche Begründung für dessen Einschätzung vorgenommen und auch keinen Bezug zu den bisherigen gutachterlichen Ausführungen hergestellt. Die körperliche Expositionszeit des Klägers könne auch bei intensiver Überlastungstätigkeit nicht zu einem dauerhaften Schaden am gesamten Achsenorgan führen. Im Zusammenhang mit berufsbedingten Bandscheibenerkrankungen bei schweren körperlichen Tätigkeiten werde eine Expositionsdauer von mindestens zehn Jahren gefordert. Der Kläger erreiche nicht annähernd eine derartige Expositionsdauer.
Dr. B. hat in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 22.06.2005 dargelegt, die beim Kläger vorhandenen Gesundheitsstörungen im Bereich der Lendenwirbelsäule und der Kniegelenke könnten nicht auf die etwa 2 ½ Jahre dauernde zeitweise stärkere körperliche Belastung während der Haftzeit zurückgeführt werden. Zu Recht habe Dr. W. das Gutachten des Prof. Dr. R. wegen der unzureichenden Begründung eines kausalen Zusammenhangs kritisiert. Dabei müsse darauf hingewiesen werden, dass der Kläger in der Klinik, in der Prof. Dr. R. tätig sei, bereits mehrmals untersucht und behandelt worden sei.
Der Kläger hat die eidesstattliche Versicherung seiner ehemaligen Kollegin Dr. K. vom 22.12.2006 vorgelegt. Danach habe sie mit dem Kläger seit Anfang 1969 zusammengearbeitet und es sei ihr aufgefallen, dass der Kläger hauptsächlich beim Treppabsteigen gehumpelt habe und dessen rechtes Knie bandagiert gewesen sei.
Des Weiteren hat das SG Konstanz auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG das Gutachten des Dr. Dipl.-Psych. J. vom 20.06.2007 eingeholt. Der Sachverständige hat eine chronische posttraumatische Belastungsstörung mit Aspekten einer chronischen Persönlichkeitsänderung sowie komorbide Störungen wie rezidivierende depressive Störungen mit somatischen Symptomen und Somatisierungsstörungen diagnostiziert. Diese Gesundheitsstörungen stünden mit Wahrscheinlichkeit in einem ursächlichen Zusammenhang mit den Haftfolgen. Diese Haftfolgen hätten stark beeinträchtigende Auswirkungen auf das eigene Befinden (anhaltende innere Anspannung, Ruhelosigkeit, anhaltende Schlafstörungen mit wiederkehrenden Albträumen, "Flash backs" beziehungsweise Intrusionen, Grübeleien, zwanghaftes Gedankenkreisen, Gereiztheiten, wiederkehrendes Aufbegehren wegen tiefgreifenden Gefühlen von erlittenem Unrecht, letztere oft verbunden mit intermittierendem Auftreten von ohnmächtiger Wut, zum Teil auch von Hass, aber auch von Resignation und Gefühlen von Ausweglosigkeit und Hoffnungslosigkeit) und auf alle zentralen Lebensbereiche (auf beruflich-wirtschaftliche, familiär-partnerschaftliche sowie persönlich-private Bereiche). Dabei handele es sich um eine schwere psychische chronifizierte Erkrankung beziehungsweise Störung mit mindestens als mittelgradig zu bewertenden sozialen Anpassungsschwierigkeiten, so dass die MdE auf psychiatrischem Fachgebiet mit 50 v. H. einzuschätzen sei. Der Sachverständige hat weiter ausgeführt, das LSG sei zu Unrecht ausschließlich dem Gutachten des Prof. Dr. M., wonach nur eine erlebnisreaktive Verstimmung als Haftschaden anzuerkennen sei, gefolgt. Seine eigene Stellungnahme vom 21.09.1992, in welcher er eine posttraumatische Belastungsstörung und eine schwere, erlebnisbedingte Persönlichkeitsänderung sachlich begründet habe, habe das LSG nicht angemessen gewürdigt.
Der Kläger hat am 09.07.2007 beim VA B. die Gewährung eines Berufsschadensausgleichs beantragt.
Auf Anregung des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. S. in seinen versorgungsärztlichen Stellungnahmen vom 10.07.2007 und 16.08.2007 hat das SG Konstanz die Arztbriefe des G. B. vom 26.03.1991, 18.01.1993, 12.02.1999, 14.01.2000, 26.04.2006 und 12.02.2007 beigezogen. Hierzu hat Dr. S. in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 08.10.2007 ausgeführt, anhand der vorliegenden medizinischen Unterlagen sei davon auszugehen, dass der Kläger bereits seit frühester Kindheit verschiedensten ungünstigen, teils traumatisierenden peristatischen Einflüssen unterworfen gewesen sei, welche sich fast durchgängig durch sein bisheriges Leben gezogen hätten. So habe der Kläger beispielsweise im Lager J., in das er im Juli 1945 von Tschechen verbracht worden sei, schreckliche Szenen miterleben müssen. Später habe er sich als Flüchtlingskind mit katholischem Hintergrund wiederholt gegen Hänseleien der Mitschüler wehren müssen. Letztlich hätten diese Umstände und eine später eingetretene Verschuldung zu weiteren Konflikten und Auseinandersetzungen geführt, die alle mit dazu beigetragen hätten, dass es spätestens 1983 zu einer schweren psychophysischen Dekompensation beziehungsweise zu einem schweren depressiven Erschöpfungszustand gekommen sei. Hinzugekommen seien Partnerschaftskonflikte. Es sei daher nicht schlüssig, die mit dem psychischen Beschwerdekomplex einhergehenden Funktionsbeeinträchtigungen kausal alleinig der Haftzeit zuzuordnen. Es sei vielmehr davon auszugehen, dass es sich hier um ein multikausales Geschehen handele und beim Kläger einerseits ein Vorschaden bestanden habe und andererseits mittlerweile eine Verschiebung der Wesensgrundlage eingetreten sei. Dr. S. hat sich daher weitgehend der Einschätzung des Prof. Dr. M. angeschlossen, wonach das Zustandsbild des Klägers nicht alleinige Folge der Haft sei. Zu den hierzu vorgetragenen Einwendungen des Klägers hat Dr. S. in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 15.11.2007 ausgeführt, es ergäben sich keine neuen medizinischen Erkenntnisse, so dass sich aus psychiatrischer Sicht kein verändertes Votum ergebe.
Der Kläger hat im weiteren Verlauf des Gerichtsprozesses unter anderem die Arztbriefe des Psychiaters und Psychotherapeuten Prof. Dr. J. vom 01.06.1983, der Orthopädischen Klinik des Kreiskrankenhauses O. vom 31.07.1995 und 21.08.1995, des Rheumazentrums B. vom 19.08.1998, des D. Herzzentrums B. vom 28.08.2002, des H.-Klinikums B. vom 23.01.2004, 15.11.2005 und 17.11.2005, der Klinik für Orthopädie und Chirurgie der C. B. vom 20.09.2004, der S. L. K. P. vom 06.02.2005 sowie der Medizinischen Klinik der C. vom März 2006 und 21.03.2006 vorgelegt.
Er hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 18.12.2007 beantragt, den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 29.07.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.11.1999 zu verurteilen, ihm unter Aufhebung der Bescheide aus dem Jahr 1992 Beschädigtengrundrente nach einer MdE um 70 v. H. zu gewähren und zusätzlich Knieschäden und eine Lendenwirbelsäulenbehinderung als Haftfolgen anzuerkennen.
Mit Urteil vom 18.12.2007 hat das SG Konstanz die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch nach § 44 SGB X auf Aufhebung des Bescheides vom 24.11.1992.
Die Einordnung der Beschwerden des Klägers durch Dr. Dipl.-Psych. J. als posttraumatische Belastungsstörung erscheine nicht überzeugend. Das Gutachten des Dr. Dipl.-Psych. J. könne weder bei der Diagnose der zugrunde liegenden Erkrankung noch bei der Beurteilung der Kausalitätsfrage überzeugen. Bezüglich der Kausalitätsfrage baue das Gutachten des Dr. Dipl.-Psych. J. auf unrichtigen Tatsachenangaben auf und blende Belastungen durch den Aufenthalt im Lager Jonsbach und die familiäre psychische Belastung aus. Wie im vorausgehenden Verfahren werde daher der Vorschlag des Prof. Dr. M., die MdE wegen verbliebener Haftfolgen mit 30 v. H. anzusetzen, für überzeugend gehalten. Die Kammer schließe sich daher der Einschätzung des LSG im Urteil vom 12.10.1992 an. Auch auf orthopädischem Fachgebiet habe das Ergebnis der Sachaufklärung eine Unrichtigkeit des Bescheides vom 24.11.1992 nicht nachweisen können. Überzeugend ergebe sich aus dem Gutachten des Dr. W., dass die Probleme an den Knien nicht Haftfolgen seien. Die Veränderungen in den Kniegelenken seien in erster Linie aufgrund der statischen Fehlentwicklung der Beine zustande gekommen. Daraus, dass die Anerkennung der Gonarthrose nicht in die Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) aufgenommen worden sei, ergebe sich, dass die zugrundeliegenden arbeitsmedizinischen Zusammenhänge nicht ausreichend seien, um eine entsprechende Typisierung vornehmen zu können. Die grundsätzlichen Erwägungen, die arbeitsmedizinischerseits der Anlage zur BKV zu Grunde lägen, seien auch vorliegend anwendbar. Bei der rein orthopädisch zu überprüfenden Belastung von Kniegelenken scheine es nicht von Bedeutung zu sein, ob diese Belastungen in einem freien Arbeitsverhältnis oder unter Haftbedingungen erfolgt seien. Allenfalls könne überlegt werden, ob unter Haftbedingungen ungünstigere Belastungssituationen bestanden hätten, wie beispielsweise längere Arbeitszeiten, die im Rahmen arbeitstechnischer Überlegungen zu berücksichtigen wären. Da bezüglich der Gonarthrose arbeitsmedizinischerseits jedoch jegliche Unterlagen fehlten, könne eine Analogie hierzu nicht geknüpft werden. Ferner habe der Sachverständige Bewegungsabläufe beim Kläger, die der Nr. 2102 der Anlage zur BKV zu Grunde lägen, nicht herausarbeiten können. Auch fehle es am Merkmal der Langjährigkeit und daran, dass die kniebelastenden Tätigkeiten den überwiegenden Anteil des Tagesablaufs während der Haftzeit ausgemacht hätten. Demgegenüber sei dem Gutachten des Prof. Dr. R., der seine Beurteilung nicht begründet habe, nicht zu folgen. Auch die vom Kläger geltend gemachten Wirbelsäulenveränderungen hätten sich nicht als Haftfolgen nachweisen lassen. So habe Dr. W. ausgeführt, in der Literatur werde kein berufsbedingtes Wirbelgleiten beschrieben. Auch hierzu sei auf die Überlegungen zu den Nrn. 2108 und 2109 der Anlage zur BKV hinzuweisen. Die entsprechenden arbeitstechnischen Voraussetzungen lägen beim Kläger nicht vor. Es fehle an dem Kriterium der Langjährigkeit, die mit circa 10 Jahren angenommen werde. Auch wenn man berücksichtigen würde, dass Arbeitsschichten unter Haftbedingungen in gewissem Umfang härter und länger als im Bereich eines freien Arbeitsverhältnisses seien, könne keinesfalls von einer Verdopplung oder Verdreifachung der entsprechenden Wirbelsäulenbelastungen während der Arbeitsschichten ausgegangen werden. Ferner sei zu sehen, dass das Tragen schwerer Lasten auf der Schulter beim Kläger allenfalls ein Drittel der Arbeitsschicht ausgemacht habe. Damit könne nicht eine permanente Schulterbelastung festgestellt werden. Die gleichen Erwägungen gälten im Bereich der Lendenwirbelsäulenproblematik. Auch hier habe Prof. Dr. R. keine Begründung für seine entgegenstehende Auffassung geliefert.
Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 14.01.2008 zugestellte Urteil des SG Konstanz hat der Kläger am 14.02.2008 Berufung eingelegt. Das SG Konstanz habe nicht ausreichend beachtet, dass bei Hinweisen auf eine Prämorbidität ohne eindeutig nachgewiesene Vorerkrankung die Darlegungs- und Beweislast lediglich im Sinne einer konkurrierenden Kausalität beurteilt werde. Dies bedeute, dass frühkindliche familiäre Entwicklungen und/oder die Erlebnisse im Internierungslager J. nur dann die Kausalität der schlimmen Hafterlebnisse während der politischen Haft in Frage stellen könnten, wenn die Schadensanlage in ihren tatsächlichen Grundlagen nachgewiesen sei, mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine "conditio sine qua non" für den Eintritt des Gesundheitsschadens bilde, rechtlich auch wesentlich sei und bei der gebotenen Abwägung mit schädigenden Einwirkungen von solch überragender Bedeutung sei, dass sie bei der gebotenen vernünftigen Würdigung als die tatsächlich und rechtlich allein wesentliche Ursache gewertet werden müsse, und die schädigungsbedingten Kausalfaktoren demgegenüber als praktisch unbedeutend zurücktreten müssten. Das SG Konstanz sei auf die neuen Literaturhinweise zur Schwere der Haftbedingungen in der DDR sowie den Umstand, dass Prof. Dr. M. die Haftbedingungen in der DDR unterschätzt habe, nicht eingegangen. In Bezug auf die orthopädischen Haftfolgen gehe der Ansatz des SG Konstanz, die Erkenntnisse der Nr. 2108 der Anlage zur BKV heranzuziehen, wegen der besonderen Haftbedingungen fehl. Hinsichtlich der fehlenden Brückensymptomatik zwischen Haft und Erkrankung der Kniegelenke werde auf die eidesstattliche Versicherung der Dr. K. verwiesen und die Vernehmung der Dr. F., der seine Kniebeschwerden bereits seit 1966 bekannt gewesen seien, als Zeugin angeregt. Ferner sei er in dem Zeitraum von 1971 bis 1973 am rechten Knie operiert worden.
Der Beklagte hat die Ansicht vertreten, das SG Konstanz habe nachvollziehbar und überzeugend dargelegt, aus welchen Gründen es den Gutachten des Prof. Dr. R. und des Dr. Dipl.-Psych. J. nicht folge.
Der Senat hat auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG das Gutachten des Arztes für Psychiatrie und Psychotherapie Prof. Dr. E., Oberarzt der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie am Universitätsklinikum F., vom 03.11.2008 eingeholt. Der Sachverständige hat eine leichte kognitive Störung, eine rezidivierende depressive Störung mit depressiven Episoden und eine erlebnisreaktive Entwicklung diagnostiziert. Die erlebnisreaktive Entwicklung beinhalte die Symptome, wie sie in den Akten auch unter der posttraumatischen Belastungsstörung oder der Wesensänderung nach Extrembelastung subsumiert worden seien. Die Kriterien einer posttraumatischen Belastungsstörung oder einer Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung seien nicht erfüllt. Bei der Exploration hätten keine Symptome festgestellt werden können, die die Diagnose einer manisch-depressiven Erkrankung ermöglichten. In den Akten sei die Diagnose der manisch-depressiven Erkrankung aber dokumentiert und belegt. Mit hinreichender Wahrscheinlichkeit sei die erlebnisreaktive Entwicklung mit vegetativen Symptomen, gelegentlichen Verstimmungszuständen, Beziehungsideen und Ängsten sowie phobischen Befürchtungen, Hypervigilanz und Schreckhaftigkeit und körperlich-vegetativen Symptomen auf die Haft in der DDR zurückzuführen. Der durch die Schädigungsfolgen hervorgerufene GdS werde auf 30 eingeschätzt. Bezüglich der Haftfolgen zeige sich keine Dynamik. Der Krankheitsverlauf sei im Übrigen stärker von den anderen wesentlichen Erkrankungen geprägt. Es könne allerdings nur eine künstliche Trennung vorgenommen werden, so dass ein GdS von 30 als die höchstmögliche Einschätzung angesehen werden könne, wobei möglicherweise bereits darin Anteile der nicht haftbedingten Erkrankungen enthalten seien, die aber nicht wissenschaftlich valide getrennt werden könnten.
Hierzu hat der Kläger ausgeführt, selbst wenn Prof. Dr. E. zu Recht nur einen GdS von 30 für die von ihm beschriebenen Symptome angenommen habe, sei darauf hinzuweisen, dass Prof. Dr. E. in seinem Gutachten darauf hingewiesen habe, dass er auf orthopädische Erkrankungen und auch auf psychosomatische Erkrankungen nicht eingegangen sei. Es sei daher ein psychosomatisches Zusatzgutachten einzuholen. Ferner seien die von Prof. Dr. E. vermissten Brückensymptome durch Zeugenaussagen zu belegen. Im Übrigen leide er nach wie vor an einer Steatosis der Leber mit Leberzellschaden. Daher sei nicht einzusehen, weshalb der Anerkennungsbescheid vom 06.01.1970 keinen Bestand mehr haben solle. Das Gutachten des Prof. Dr. E. enthalte auch keine Hinweise auf die neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse zu den gesundheitlichen Folgen politischer Haft in der DDR. Entgegen den Ausführungen im Gutachten habe er geschildert, dass er in den ersten Tagen nach der Entlassung im Jahr 1964 unter massiven Ängsten gelitten und jeden für einen Spitzel gehalten habe. Auch im weiteren Verlauf habe er - auch nach Zulassung zum Studium - unter paranoiden Verfolgungsideen gelitten. Diese Angst vor Bespitzelung sei bis zu seiner Flucht im Jahr 1968 verblieben. Der Gutachter habe ferner verkannt, dass er unter verfolgungsbedingten kognitiven Störungen der Konzentration und Merkfähigkeit leide. Seit seiner Haftentlassung leide er auch unter wesensfremden Ausbrüchen von Aggressivität, Zertrümmern von Gegenständen sowie unerklärlichen Verbalattacken. Er leide noch heute unter Albträumen und Wiedererinnerungen an die schrecklichen Ereignisse. Vom Gutachter sei er zu den Symptomen einer posttraumatischen Belastungsstörung nicht befragt worden. Ferner hat der Kläger beantragt, von Amts wegen ein neurologisch-psychiatrisches und psychotherapeutisches Gutachten sowie ein psychosomatisches Gutachten einzuholen, hilfsweise Prof. Dr. Ebert in der mündlichen Verhandlung zu den aufgeworfenen Fragen zu vernehmen, hilfsweise dessen schriftliche Auskunft einzuholen. Ferner sei Dr. F. als Zeugin zur psychischen Symptomatik nach der Haftentlassung zu hören. Außerdem hat sich der Kläger darauf berufen, dass nach § 23 Abs. 1 Gesetz über die Rehabilitation und Entschädigung von Opfern rechtsstaatswidriger Strafverfolgungsmaßnahmen im Beitrittsgebiet (StrRehaG) eine Gesamtbeurteilung durch den Beklagten zu erfolgen habe, wenn und soweit sonstige Folgen nach dem BVG in Betracht kämen. Da das SG Konstanz wegen des Aufenthalts im Lager J. auf mögliche Kriegsfolgen nach § 1 BVG Bezug genommen habe, hätte dies hier ermittelt werden müssen.
Hierzu hat der Beklagte ausgeführt, die möglichen Kriegsfolgen durch Vertreibung und Flucht könnten im vorliegenden Haftentschädigungsverfahren nach dem HHG nicht geltend gemacht werden.
Mit Urteil vom 11.11.2009 hat der Senat die Berufung zurückgewiesen.
Er hat ausgeführt, es sei nicht hinreichend wahrscheinlich, dass die vom Kläger auf psychiatrischem Fachgebiet über die bereits als Schädigungsfolge anerkannte erlebnisreaktive Verstimmung hinaus geltend gemachten Gesundheitsstörungen posttraumatische Belastungsstörung, Persönlichkeitsänderung und somatoforme Beschwerden vorlägen beziehungsweise wesentlich ursächlich auf seine Inhaftierung zurückzuführen seien.
Der Kläger habe unmittelbar nach der Haft an einer erlebnisreaktiven Entwicklungsstörung mit vegetativen Symptomen sowie unter anderem gelegentlichen Verstimmungszuständen, Beziehungsideen und Ängsten, phobischen Befürchtungen sowie Hypervigilanz und Schreckhaftigkeit gelitten. Diese Einschätzung beruhe im Wesentlichen auf den Angaben des Klägers gegenüber den Gutachtern Dr. G., Dr. B., Dr. Dipl.-Psych. J. und Prof. Dr. E. sowie der Mutter des Klägers, Dr. M. und des Dipl.-Ing. Dr. G. im Rahmen der Zeugeneinvernahmen. Diese unter der Bezeichnung "erlebnisreaktive Verstimmung" als Schädigungsfolge anerkannte Störung habe sich seither jedenfalls nicht verschlimmert und sei auch nicht in eine andere schwerwiegendere Erkrankung auf psychiatrischem Fachgebiet eingemündet. Dies ergebe sich zum Einen daraus, dass der Kläger die mit dieser Störung zusammenhängenden Symptome gegenüber Dr. B. nicht geschildert und damals vielmehr angegeben habe, dass er keine nervlichen Störungen zurückbehalten habe. Zum Anderen habe der Kläger gegenüber Prof. Dr. E. angegeben, dass beispielsweise die Ängstlichkeit schon während des Studiums vollständig verschwunden sei.
Ab Ende 1982 habe sich beim Kläger eine anders geartete psychische Störung entwickelt. Diese Einschätzung beruhe im Wesentlichen darauf, dass sich der Kläger deswegen erstmals im März 1983 bei Prof. Dr. B. und im Juni 1983 bei Prof. Dr. J. in psychiatrische Behandlung begeben habe. Diese depressive Störung stehe nicht in einem wesentlich ursächlichen Zusammenhang mit der Haft. So habe Prof. Dr. J. ausgeführt, die Auseinandersetzungen mit Prozessserien neben der verantwortungsvollen beruflichen Tätigkeit habe zu Zwangshandlungen, Phobien und nicht steuerbaren Erregungszuständen mit sekundären psychosomatischen Symptomen geführt. Ferner habe der Kläger selbst gegenüber Dr. Gerstenberg ausgeführt, reale Anknüpfungspunkte, um deprimiert zu sein, seien dessen finanzielle Probleme, Berufsunfähigkeit und "zerbrochene Familie". Auch Dr. Dr. K. habe ausgeführt, der Kläger neige dazu, seine seelischen Schwierigkeiten exogenen Belastungen wie beispielsweise Verschuldung und zwei gescheiterten Ehen zuzuschreiben. Ferner habe der Kläger gegenüber Prof. Dr. E. angegeben, die Trennung von Frau und Kind und vor allem die finanziellen Schwierigkeiten hätten zur Dekompensation geführt.
Die über die bereits als Schädigungsfolge anerkannte erlebnisreaktive Verstimmung hinausgehende, sich ab 1982 entwickelnde Gesundheitsstörung auf psychiatrischem Fachgebiet sei auch nicht im Rahmen einer posttraumatischen Belastungsstörung zu sehen. Denn entgegen der Ansicht des Klägers liegt keine auf die Haft zurückzuführende posttraumatische Belastungsstörung vor. Unter Berücksichtigung der in ICD-10 F 43.1 beziehungsweise DSM-IV-TR 309.81 dargelegten Grundsätze sowie der umfangreichen medizinischen Unterlagen liege keine posttraumatische Belastungsstörung vor. Zwar habe es sich bei den vom Kläger geschilderten Geschehnissen im Zusammenhang mit der Isolierhaft im Winter 1961/62 mit nachfolgendem Hungerstreik um eine Bedrohung seiner körperlichen Unversehrtheit gehandelt, so dass das Kriterium A1 der DSM-IV-TR 309.81 erfüllt sei. Der Kläger habe aber weder von anhaltendem Wiedererleben der Hafterlebnisse in Form von wiederholten und aufdringlichen Erinnerungen, quälenden Träumen, Erleben von dissoziativen Zuständen oder intensiver psychischer Belastung bei Konfrontationen mit ähnlichen Ereignissen oder Erinnerungen oder physiologischen Reaktionen berichtet, so dass jedenfalls die Kriterien B1 bis B5 der DSM-IV-TR 309.81 nicht gegeben seien. Zwar habe die Mutter des Klägers von Albträumen des Klägers berichtet. Der Kläger habe derartiges aber nicht im Rahmen der früheren Begutachtungen, sondern erstmals gegenüber Dr. Dipl.-Psych. J. angegeben, ohne dass sich aus diesem Gutachten ergeben würde, wann und in welcher Intensität diese Albträume erstmals aufgetreten seien. Gegen das Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung spreche ferner der Umstand, dass zwischen der Beendigung der Haft im Jahr 1964 und dem erstmaligen Auftreten der über eine erlebnisreaktive Verstimmung hinausgehenden Störung im Jahr 1982 rund 18 Jahre ohne Hinweise auf mit den Hafterlebnissen in Zusammenhang zu bringende seelische Gesundheitsstörungen lägen. Zwar sehe der Senat, dass sich auch nach der ICD-10 und dem DSM-IV-TR die Ausbildung der Symptome - auch über Jahre - verzögern könne. Aber in solchen Fällen sei - was sich aus den AHP 1983 Nr. 37 Abs. 4 und Nr. 38 Abs. 3; jetzt: VG Teil C Nr. 2 d Sätze 1 bis 3 ergebe - die Zusammenhangsfrage besonders sorgfältig zu prüfen und nur anhand eindeutiger objektiver Befunde zu bejahen. Solche eindeutigen objektiven Befunde seien weder aktenkundig noch durch die Gutachten belegt. Würde man gänzlich auf eine Brückensymptomatik verzichten, wäre kaum noch abgrenzbar, unter welchen Voraussetzungen eine seelische Erkrankung, die teilweise die Voraussetzungen des DSM-IV-TR-309.81 erfülle, haftbedingt oder nicht haftbedingt sei. Mithin seien die beim Kläger vorhandenen und in der DSM-IV TR 309.81 aufgeführten grundsätzlich auch für eine posttraumatische Belastungsstörung charakteristischen Symptome, wie das Gefühl der Isolierung und Entfremdung von Anderen (Kriterium C5), Hypervigilanz (Kriterium D4) oder Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren (Kriterium D3), nicht einer posttraumatischen Belastungsstörung zuzurechnen, sondern haftunabhängiger Natur. Hierfür spreche auch, dass nach der DSM-IV TR 309.81 die Störung in klinisch bedeutsamer Weise Leiden oder Beeinträchtigungen in sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen verursachen müsse (Kriterium F), dies aber beim Kläger insbesondere aufgrund des Umstandes, dass er während der Zeitspanne von 18 Jahren zwischen Haft und Beginn der seelischen Erkrankung in der Lage gewesen sei, sein Medizinstudium sowie eine Facharztausbildung abzuschließen und anschließend zunächst erfolgreich ein Ärztehaus am Niederrhein sowie eine Arztpraxis in Frankfurt zu betreiben, gerade nicht der Fall sei. Erstmals habe der Kläger gegenüber Dr. Dipl.-Psych. J. angegeben, die in den Jahren nach der Haft aufgetretenen Beschwerden wie Nervosität, Selbstzweifel, Ängste, Schlafstörungen mit wiederkehrenden Albträumen und psychosomatische Beschwerden wie Schwitzen und Schwindelgefühle habe er immer versucht, zu überspielen, um keine Schwäche zu zeigen. Aber auch diese im Jahr 2007 gemachten Angaben führten zu keinem anderen Ergebnis. Der Senat lege seiner Entscheidung vielmehr die zeitnäher zur Haft gemachten Angaben des Klägers zu Grunde und interpretiere die späteren Angaben des Klägers vielmehr als dessen - aus Sicht des Senat durchaus verständlichen - Versuch, die im Jahr 1982 aufgetretene Störung auf psychiatrischem Fachgebiet mit der Haft zu erklären. Genauso gut könne diese Störung zwanglos mit den schwierigen Lebensumständen des Klägers während der damaligen Zeit (zwei Scheidungen, fünf uneheliche Kinder, zwischenzeitliche Überarbeitung durch das Führen zweier Arztpraxen, finanzielle Schwierigkeiten durch Überschuldung wegen nicht erfolgreicher Spekulationen, bis zu 100 Gerichtsprozesse) in Zusammenhang gebracht werden. Nach alledem spräche nicht mehr für als gegen das Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung. Entgegen der Ansicht des Klägers lägen keine neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse zu posttraumatischen Belastungsstörungen als Folgen politischer Inhaftierung in der DDR vor, aufgrund derer in Abweichung von der ICD-10 F 43.1 oder der DSM-IV TR 309.81 auf das anhaltende Wiedererleben der Hafterlebnisse oder eine Brückensymptomatik zwischen Haft und Auftreten der Erkrankung verzichtet werden könne. Wegen der vorliegend nicht ausreichenden Brückensymptomatik folge der Senat auch nicht der entgegengesetzten Einschätzung des Dr. Dipl.-Psych. J ... Vielmehr hätten nach Ansicht des Senats Prof. Dr. D. und Prof. Dr. M., bestätigt durch Prof. Dr. E., schlüssig und in sich widerspruchsfrei dargelegt, warum keine weitergehenden Schädigungsfolgen anzuerkennen seien. Demgegenüber habe Dr. B. aus seiner zutreffenden Einschätzung, dass nach der Übersiedlung des Klägers in die Bundesrepublik noch weitere Entwicklungen eine Rolle gespielt haben müssten, nicht die für die Festlegung der Schädigungsfolgen und Höhe der/s MdE beziehungsweise GdS erforderliche Schlussfolgerung, nämlich, dass höchstens eine reaktive Verstimmung als schädigungsbedingt anzusehen sei, gezogen.
Da mithin schon nicht hinreichend wahrscheinlich ist, dass die über die bereits anerkannte erlebnisreaktive Verstimmung hinausgehende Erkrankung auf psychiatrischem Fachgebiet ursächlich auf die Haft zurückzuführen sei, bedürfe es keiner Prüfung, ob etwa eine genetische Disposition des Klägers (Neigung der Mutter zu Depressionen, endogene Depression einer Schwester, abnormes Verhalten einer anderen Schwester, Depression eines Neffen, psychische Auffälligkeit des Vaters und überhaupt der väterlichen Linie), eine sonstige haftunabhängige Konstitution des Klägers (überschießendes Temperament während der Schulzeit, Zurückgezogenheit, teilweise Hemmungen und Schüchternheit), die Erlebnisse des Klägers im Lager J. und überhaupt die von der Flüchtlingssituation geprägte Kindheit des Klägers sowie das Betroffensein des Klägers durch die anderweitige Heirat der schwangeren Verlobten während seiner Haft und durch den Verlust seiner Anerkennung als Spitzensportler für das Entstehen der seelischen Erkrankung des Klägers mitursächlich oder gar überragende Bedeutung gehabt haben.
Nichts Anderes gelte für die vom Kläger als Schädigungsfolgen geltend gemachte Persönlich-keitsveränderung und somatoforme Schmerzstörung sowie die in letzter Zeit hinzugetretene leichte kognitive Störung. Die im Gefolge der erlebnisreaktiven Störung eingetretene Persönlichkeitsveränderung sei nur vorübergehender Natur gewesen und die mit der im Jahr 1982 aufgetretenen Störung einhergehende Persönlichkeitsveränderung stehe unter anderem wegen der fehlenden Brückensymptomatik nicht in einem wesentlich ursächlichen Zusammenhang mit der Haft. Anhaltspunkte dafür, dass eine somatoforme Schmerzstörung haftbedingt sein könnte, habe der Senat nicht. Wissenschaftliche Erkenntnisse über einen derartigen ursächlichen Zusammenhang lägen nicht vor. Ferner stehe die in letzter Zeit hinzugetretene leichte kognitive Störung nicht in einem wesentlich ursächlichen Zusammenhang mit der Haft, sondern sei vielmehr konstitutionell bedingt.
Auch seien die vom Kläger geltend gemachten Knie- und Lendenwirbelsäulenleiden nicht haftbedingt. Das SG Konstanz habe in der angefochtenen Entscheidung die diesbezüglichen Erwägungen unter Berücksichtigung des schlüssigen und vollständig nachvollziehbaren Gutachtens des Dr. W. zutreffend und umfassend dargestellt.
Hiergegen hat der Kläger Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundessozialgericht (BSG) eingelegt.
Mit Beschluss vom 02.12.2010 hat das BSG das Urteil des LSG Baden-Württemberg aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
Es hat zur Begründung ausgeführt, das angefochtene Urteil des LSG vom 11.11.2009 sei unter Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz ergangen. Das LSG habe seine in § 103 SGG normierte Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts dadurch verletzt, dass es entgegen dem vom Kläger in der mündlichen Verhandlung des LSG aufrechterhaltenen Beweisantrag auf Einholung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens zu der Frage, welche Gesundheitsstörungen von Seiten dieses Fachgebiets bei ihm vorlägen und ob diese im Zusammenhang mit seiner DDR-Haft stünden, ohne hinreichende Begründung nicht entsprochen habe. Das LSG habe zur Begründung der Zurückweisung der Berufung des Klägers und zur Ablehnung des Beweisantrages ausgeführt, es verlange für die Anerkennung einer PTBS als durch die DDR-Haft wahrscheinlich verursachter dauerhafter Gesundheitsstörung das Vorliegen - hier nicht gegebener - zeitnaher Brückensymptome, weil andernfalls eine Abgrenzung zu wesentlich durch nicht haftbedingte Umstände verursachten psychischen Störungen nicht möglich sei. Entgegen der Ansicht des Klägers gebe es keine neuen wissenschaftliche Erkenntnisse, dass in diesem Zusammenhang auf eine Brückensymptomatik verzichtet werden könne. Das LSG habe nicht erläutert, woher es die Überzeugung, es gebe keine entsprechenden neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse, gewonnen habe. Da das LSG selbst nicht über die medizinische Sachkunde, die die Feststellung des Nichtbestehens neuer medizinisch-wissenschaftlicher Erkenntnisse erlaubt hätte, verfüge und auch nicht offengelegt habe, aufgrund welcher Erkenntnisquelle es die Überzeugung von dem Nichtbestehen neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse gewonnen habe, hätte es sich letztlich schon von Amts wegen, jedenfalls aber aufgrund des vom Kläger zuletzt in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrages, zu einer entsprechenden Aufklärung und Feststellung des Sachverhalts gedrängt fühlen müssen. Die unterlassene Beweisaufnahme werde das LSG im nunmehr wiedereröffneten Berufungsverfahren nachzuholen haben. Vor einer weiteren medizinischen Beweiserhebung könne es sinnvoll sein, den (nicht medizinischen) Sachverhalt soweit wie möglich zu ermitteln und dem zu ernennenden Sachverständigen entsprechende tatrichterliche Vorgaben zu machen, auf deren Grundlage dieser seine Diagnose zu stellen und die Beurteilung zur Kausalität abzugeben habe. Solche Vorgaben sollten insbesondere erfolgen hinsichtlich der Umstände (Belastungen) während der DDR-Haft des Klägers sowie hinsichtlich der Persönlichkeit und der sonstigen relevanten Verhältnisse des Klägers vor und nach der Haft.
Daraufhin hat der Kläger auf die Bitte des Senats, eine chronologische Darstellung der Umstände der Haft und der Lebensverhältnisse vorzulegen, auf die von Dr. J. erhobene Anamnese verwiesen, als Zeugin Dr. F. benannt und weitere schriftliche Ausführungen vorgelegt.
Sodann hat der Senat von Amts wegen Prof. Dr. F., Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie T., mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Dieser hat zu den vom Kläger geäußerten Zweifeln an seiner Geeignetheit Stellung genommen und, nachdem der Kläger in einem an ihn gerichteten Schreiben aus seiner Sicht zum Ausdruck gebracht hat, ihn als Gutachter nicht zu wünschen, um eine Entbindung vom Gutachtensauftrag gebeten, was dann auch, nachdem sich der Kläger erneut geäußert hatte, erfolgt ist. Der daraufhin mit der Begutachtung betraute Prof. Dr. D., Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit M., hat, nachdem zwischenzeitlich zwei weitere Schriftsätze des Klägers bei Gericht eingegangen waren, wegen der aufgrund der Vorbefassung des ebenfalls am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit M. tätig gewesenen Dr. B. aus seiner Sicht bestehenden Befangenheit um eine Entbindung vom Gutachtensauftrag gebeten. Nach erfolgter Entbindung ist PD Dr. F., Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik an der Klinik an der Lindenhöhe in O., mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt worden. Wegen eines anderweitigen stationären Aufenthalts des Klägers hat sich die gutachterliche Untersuchung zunächst verzögert.
Der Kläger hat zuvor die Arztbriefe von Dipl.-Psych. L., H.-Klinikum S., vom 19.03.2010 über die stationäre Maßnahme vom 15.03.2010 bis zum 19.03.2010 (posttraumatische Belastungsstörung, rezidivierende depressive Störung mit gegenwärtig mittelgradiger Episode) sowie von den Ärzten am G. B. vom 20.02.2011 und 04.03.2011 über die stationären Maßnahmen vom 07.01.2011 bis zum 29.01.2011 und vom 05.02.2011 bis zum 20.02.2011 (unter anderem posttraumatische Belastungsstörung, rezidivierende depressive Störung mit gegenwärtig schwerer Episode, dissoziative Störung, leichte kognitive Störung) vorgelegt.
Die stationäre Untersuchung in der Klinik L. ist schließlich vom 24.09.2012 bis zum 28.09.2012 erfolgt.
Der Kläger hat die ersten beiden Seiten des Arztbriefs der Ärzte am G. vom 04.02.2013 über die stationäre Maßnahme vom 04.12.2012 bis zum 28.01.2013 (unter anderem posttraumatische Belastungsstörung, rezidivierende depressive Störung mit gegenwärtig schwerer Episode ohne psychotische Symptome, leichte kognitive Störung) vorgelegt.
Nachdem PD Dr. F. noch im Januar 2013 zugesagt hatte, das Gutachten werde in den nächsten Tagen vorliegen, hat er im April 2013 mitgeteilt, die Erstellung des Gutachtens verzögere sich wegen seiner längerfristigen Erkrankung, er versuche aber, im Krankenstand an dem Gutachten zu arbeiten. Im August 2013 hat der Sachverständige mitgeteilt, er arbeite schon an der Fertigstellung des Gutachtens.
Der Sachverständige hat in seinem am 04.02.2014 fertiggestellten Gutachten in Auswertung der wissenschaftlichen Erkenntnisse über posttraumatische Belastungsstörungen ausgeführt, nach einer Traumatisierung entwickelten sich Symptome mit sehr unterschiedlicher Latenz, häufig sehr schnell innerhalb von wenigen Stunden oder Tagen, manchmal aber über oder nach Jahren. Zum Nachweis des Vorhandenseins einer posttraumatischen Belastungsstörung stellten Brückensymptome beim verzögerten Beginn einen wichtigen Hinweis dar. Auch wenn das Phänomen der posttraumatischen Belastungsstörung mit verzögertem Beginn immer wieder angezweifelt werde, existiere eine zunehmende Zahl an wissenschaftlicher Literatur, die die Existenz belegten. Eine breite Palette Untersuchter verschiedener traumatischer Ereignisse zeige in einem Spektrum zwischen 0 und 60 % eine posttraumatische Belastungsstörung mit verzögertem Beginn. Der größte Teil der Betroffenen weise Symptome der posttraumatischen Belastungsstörung während des größten Teils oder des gesamten Verlaufs auf. Das Auftreten von keinerlei Symptomen im Intervall bis zur Erfüllung aller Kriterien der posttraumatischen Belastungsstörung sei für einen sehr kleinen Teil der Untersuchten berichtet worden. Hierbei sei zu beachten, dass nicht nur die Symptome der posttraumatischen Belastungsstörung vorausgehen könnten, sondern auch Angstsymptome und depressive Symptome als Zeichen psychischer Reaktionen auf das Trauma. Letztlich blieben viele Fragen offen und seien bisher durch die Datenlage wissenschaftlicher Untersuchungen nicht geklärt. In der Begutachtung sei der Gutachter trotz der Kenntnis statistischer Zusammenhänge auf die Prüfung im Einzelfall angewiesen. Der Sachverständige hat in Auswertung seiner Untersuchungsergebnisse und des testpsychologischen Zusatzgutachtens der Dipl.-Psych. B. eine subsyndromale posttraumatische Belastungsstörung, eine posttraumatische Verbitterungsstörung, eine kombinierte Persönlichkeitsstörung, eine mittelgradige depressive Episode im Rahmen einer rezidivierenden depressiven Störung und eine leichte kognitive Störung diagnostiziert. Die von kompetenten Vorgutachtern beschriebenen Symptome einer manischen Phase habe er zwar nicht gefunden, könne er aber wegen des deutlichen zeitlichen Abstands zu den Vorbegutachtungen nicht revidieren. Zur Prämorbidität hat er dargelegt, die vom Kläger bestrittene erhöhte Vulnerabilität für depressive Erkrankungen durch familiäre Belastungen mit Depressionen sei seit Jahrzehnten mehrfach dokumentiert. Die Erlebnisse im Lager J. habe er offenbar ohne spezifische psychische Störungen überwunden. In der Schul- und Studienzeit seien keine wesentlichen psychischen Probleme im Sinne krankheitswertiger Symptome aufgetreten. Die testpsychologische Untersuchung spreche zwar für eine Persönlichkeitsakzentuierung, aber auch gegen manifeste prämorbide Störungen. Zur Haftzeit hat der Sachverständige ausgeführt, die Haft erfülle das Kriterium A. In der Haft seien erstmals eine depressive Verstimmung als Reaktion auf die Verheiratung der Freundin sowie eine weitere Akzentuierung der nun handlungsbestimmenden Persönlichkeitszüge wie Unbeugsamkeit aufgetreten. Nach der Haft seien in schwankender Ausprägung psychische Symptome wie Ängste, Unruhe, Angespanntheit, paranoide Befürchtungen, Jähzorn, übersteigertes Gerechtigkeitsempfinden, unspezifische diffuse Symptome wie starke Unruhe, Schlafstörungen und Übererregbarkeit sowie Erschöpfbarkeit, Verletzbarkeit und Kränkbarkeit mit erheblicher Minderung der Emotionsregulation aufgetreten. In Bezug auf das Vorliegen von Traumafolgestörungen hat der Sachverständige ausgeführt, beim Kläger seien einige Symptome der posttraumatischen Belastungsstörung, der komplexen posttraumatischen Belastungsstörung, der andauernden Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung und des erlebnisreaktiven Persönlichkeitswandels, jedoch in keinem Fall alle Kriterien für das Vollbild der jeweiligen Störung erfüllt. Zu diagnostizieren sei eine subsyndromale posttraumatische Belastungsstörung mit im Vordergrund stehender Übererregung und nicht im geforderten Umfang auftretenden Vermeidungsverhalten und wiederkehrenden Erinnerungen. Zwar sei der Kläger wegen seiner hohen prämorbiden Intelligenz in der Lage gewesen, viele Einschränkungen der Traumafolgestörungen zu kompensieren. Wegen der Symptome der Übererregung, der Ängste seit der Haftentlassung, über den ganzen Verlauf berichteten Schlafstörungen und Albträume seien Brückensymptome vorhanden, so dass eine subsyndromale Form der posttraumatischen Belastungsstörung in wechselnder Ausprägung vorliege. Auch seien einige Symptome der die Vielfalt von Reaktionen auf chronische Belastungen abbildenden komplexen posttraumatischen Belastungsstörung, der die Verarbeitung des Geschehens kennzeichnenden, am ehesten unter die Anpassungsstörungen einzuordnenden, posttraumatischen Verbitterungsstörung sowie der kombinierten Persönlichkeitsstörung erfüllt. Der Sachverständige hat ferner dargelegt, die bereits in der Haft begonnenen depressiven Episoden und bis heute bestehende depressive Symptomatik in wechselnder Intensität und Ausprägung seien als in Bezug auf die Haft stehend zu werten, da der größte Teil der Fälle mit chronischen Traumafolgestörungen auch komorbid eine Depression entwickele. Der Sachverständige ist zu dem Ergebnis gelangt, insgesamt liege ein Muster an den Kläger in mittelgradigem Ausmaß beeinträchtigenden Symptomen vor, die partiell in verschiedene Kategorien von Traumafolgestörungen hineinpassten. Die den Kläger zunehmend beeinträchtigende leichte kognitive Störung sei haftunabhängig und dem Alterungsprozess zuzuordnen. Die Haftfolgen bedingten stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit, die mit einem GdS von 40 einzuschätzen seien. Die Funktionseinschränkungen hätten sich darin gezeigt, dass der Kläger bei seiner intensiven Tätigkeit als Arzt alle sechs Wochen zwei Wochen vermehrt Ruhe zur Regeneration gebraucht habe, wegen der depressiven Symptomatik seinen Beruf als Arzt habe aufgeben müssen, sich soziale Anpassungsschwierigkeiten in seiner querulatorischen Haltung und seinem Bemühen um eher kompromisslose juristische, soziale und zwischenmenschliche Entscheidungen mit den Folgen zahlreicher Prozesse und zweier Scheidungen gezeigt hätten sowie ein sozialer Rückzug mit zunehmender Abhängigkeit von äußerer Hilfe eingetreten sei.
Ergänzend hat der Sachverständige auf gerichtliche Nachfrage ausgeführt, er könne sich besonders gut an den Kläger erinnern, weil er diesen nicht nur während dessen stationären Aufenthalts fast täglich länger gesprochen/exploriert habe, sondern darüber umfangreiche eigene Notizen gefertigt sowie über die Ergebnisse mit der Diplom-Psychologin diskutiert habe. Die Fragestellung sei nicht nur inhaltlich interessant für ihn gewesen, sondern er habe sich intensiv mit einer aufwendigen Literaturrecherche befassen müssen. Die vielen Briefe des Klägers hätten zudem seine Erlebnisse und seine Sichtweise der Dinge immer wieder in Erinnerung gebracht. Er habe die umfangreichen Arbeiten nur aufgrund seiner schweren Erkrankung unterbrechen müssen, er habe dann sofort, wenn auch zunächst in bescheidenem Umfang an der Ausarbeitung des Gutachtens weiter gearbeitet. Der Kläger werde ihm immer in besonderer Erinnerung verbleiben.
Der Kläger vertritt die Ansicht, dass er mindestens seit Antragsrückwirkung zum 01.01.1994 unter mit einem GdS von mindestens 70 zu bewertenden mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten, also einer sich in den meisten Berufen auswirkenden psychischen Veränderung sowie einer erheblichen familiären Problematik durch Kontaktverlust und affektive Nivellierung, leide. Er erachte das Gutachten von PD Dr. F. aufgrund des Zeitablaufs für nicht verwertbar.
Er hat dem Senat weitere Unterlagen (u. a. Berichte an die Staatssicherheit wegen der Vorfälle in der Haftanstalt Torgau, eine "Haftbescheinigung" des Hilfskomitees für politische Flüchtlinge der Sowjetzone, ein polizeiliches Führungszeugnis sowie seinen Lebenslauf aus der Approbationsakte) vorgelegt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 18. Dezember 2007 und den Bescheid des Versorgungsamts F. - A. R. vom 29. Juli 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landesversorgungsamts Baden-Württemberg vom 17. November 1999 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, den Bescheid des Versorgungsamts Karlsruhe vom 24. November 1980 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landesversorgungsamts Baden-Württemberg vom 22. Juli 1981 und der Bescheide des Versorgungsamtes Karlsruhe vom 9. April 1986 und 30. Juni 1987 teilweise zurückzunehmen, eine subsyndromale posttraumatische Belastungsstörung, eine posttraumatische Verbitterungsstörung, eine kombinierte Persönlichkeitsstörung, eine rezidivierende depressive Störung, einen Knieschaden sowie ein Lendenwirbelsäulenleiden als weitere Schädigungsfolgen anzuerkennen und ihm Beschädigtengrundrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 70 vom Hundert ab 1. Januar 1995 beziehungsweise einem Grad der Schädigungsfolgen von 70 ab 1. Januar 2009 zu gewähren, hilfsweise von Amts wegen Dr. Dipl.-Psych. J. und PD Dr. F. zur Erläuterung ihrer Gutachten und zur Klärung des Schweregrades der Traumafolgestörung zu laden, hilfsweise ein neues neurologisch-psychiatrisches Gutachten einzuholen, hilfsweise seine ehemalige Ehefrau Dr. I. F., als Zeugin zu seinem Gesundheitszustand nach der Haftentlassung zu hören.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hat die versorgungsärztlichen Stellungnahmen vom 10.04. und 05.06.2014 vorgelegt und ausgeführt, dass die Schädigungsfolgen allenfalls mit einem GdS von 40 ab Antragstellung einzuschätzen seien.
Psychiater Dr. S. hat am 10.04.2014 in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme ausgeführt, die Diagnose einer kombinierten Persönlichkeitsstörung sei nicht in Gänze nachzuvollziehen, da selbst nach Auffassung von PD Dr. F. keine klaren diagnostischen Kriterien erfüllt seien. Zumindest liege aber eine in Teilen abweichende Persönlichkeitsstruktur mit deutlicher Akzentuierung nach der Haft vor, wobei die kognitive Störung die Beurteilung der Schädigungsfolgen erschwere. Der vom Sachverständigen empfohlene Wert von 40 liege im oberen Bereich des Bewertungsrahmens. Ergänzend hat er in Auswertung des testpsychologischen Zusatzgutachtens von Dipl.Psych. B. am 05.06.2014 angegeben, dass sich hierdurch an seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme nichts ändere. Die Schädigungsfolge könne als "psychoreaktive Störung" mit einem GdS von 40 neu gefasst werden.
Der Senat hat den Kläger noch einmal ausführlich zu seinem Werdegang und den Hafterfahrungen sowie die Zeit nach der Haftentlassung befragt. Hinsichtlich der Einzelheiten seiner Angaben wird auf die Niederschrift vom 12.08.2014 verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Versorgungsverwaltung sowie der Gerichtsakten sämtlicher mit den Kläger betreffenden versorgungsrechtlichen Verfahren befassten Gerichte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
1.
Die gemäß §§ 143 und 144 SGG statthafte, gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte sowie auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.
2.
Vorliegend geht es, da über das mit dem Antrag des Klägers vom 16.08.1999 auf die Aufhebung des Bescheides vom 24.11.1992 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.10.1993 gerichtete Neufeststellungs- und Erhöhungsbegehren nach § 48 SGB X trotz diesbezüglicher Ankündigung im Widerspruchsbescheid vom 17.11.1999 noch keine Entscheidung ergangen ist und der Kläger dieses Begehren ausweislich seines Berufungsantrages auch im vorliegenden Rechtsstreit nicht verfolgt, allein um die Frage, ob mit Bescheid vom 29.07.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.11.1999 das auf die Anerkennung einer subsyndromalen posttraumatischen Belastungsstörung, einer posttraumatischen Verbitterungsstörung, einer kombinierten Persönlichkeitsstörung, einer rezidivierenden depressiven Störung, eines Knieschadens und eines Lendenwirbelsäulenleidens als weitere Schädigungsfolgen sowie die Gewährung einer Beschädigtenrente nach einer MdE um 70 v. H. beziehungsweise einem GdS von 70 gerichtete Überprüfungsbegehren des Klägers nach § 44 SGB X zu Recht abgelehnt worden ist.
Nach der vom BSG im Zurückverweisungsbeschluss vertretenen Ansicht entspricht es allgemeiner Auffassung, dass ein ablehnender Ausführungsbescheid, der durch gerichtliche Entscheidung bestätigt worden ist, der Überprüfung nach § 44 SGB X zugänglich ist und liegt im vorliegenden Verfahren eine ähnliche Sachlage vor. Der Kläger ist nicht durch den Ausführungsbescheid vom 24.11.1992 beschwert, sondern es steht der Anerkennung weiterer, über diesen Ausführungsbescheid hinausgehender Gesundheitsstörungen als Schädigungsfolgen und der Zahlung einer höheren Beschädigtengrundrente der durch das Urteil des LSG vom 12.10.1992 teilweise bestätigte ablehnende Bescheid vom 24.11.1980 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.07.1981 und der Bescheide vom 09.04.1986 und 30.06.1987 entgegen. Er ist damit bei sachdienlicher Fassung des klägerischen Antrages Gegenstand der Überprüfung nach § 44 SGB X. Zwar ist mit dem angegriffenen Bescheid vom 29.07.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.11.1999 ausdrücklich darüber entschieden worden, ob mit dem Ausführungsbescheid vom 24.11.1992 das Recht unrichtig angewandt oder von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen worden ist. Der Antrag des Klägers vom 09.12.1998 wird aber als Antrag auf Überprüfung des Bescheides vom 24.11.1980 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.07.1981 und der Bescheide vom 09.04.1986 und 30.06.1987 ausgelegt. Demzufolge ist auch der hier zur gerichtlichen Überprüfung gestellte Bescheid vom 29.07.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.11.1999 als ein diesen Antrag ablehnender Bescheid auszulegen, so dass die hiergegen erhobene Klage nicht am Fehlen eines vorangegangenen Verwaltungsverfahren scheitert.
3.
Verfahrensrechtlich richtet sich das Begehren des Klägers auf Überprüfung des Bescheides vom 24.11.1980 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.07.1981 und der Bescheide vom 09.04.1986 und 30.06.1987 - wie oben bereits dargelegt - nach § 44 SGB X.
Soweit sich danach im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen (§ 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile des SGB X längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht (§ 44 Abs. 4 Satz 1 SGB X). Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird (§ 44 Abs. 4 Satz 2 SGB X). Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag (§ 44 Abs. 4 Satz 3 SGB X).
Diese Voraussetzungen liegen im Falle des Klägers nicht vor, die Ausgangsbescheide sind vielmehr zur Überzeugung des Senats rechtmäßig.
Materiell-rechtlich richtet sich das Begehren des Klägers auf Feststellung weiterer Schädigungsfolgen und Gewährung höherer Beschädigtengrundrente nach §§ 1 und 4 HHG in Verbindung mit §§ 30, 31 und 60 BVG.
Leistungen nach Maßgabe des HHG erhalten deutsche Staatsangehörige und deutsche Volkszugehörige, wenn sie nach der Besetzung ihres Aufenthaltsortes oder nach dem 08.05.1945 in der sowjetischen Besatzungszone oder im sowjetisch besetzten Sektor von Berlin oder in den in § 1 Abs. 2 Nr. 3 Bundesvertriebenengesetz (BVFG) genannten Gebieten aus politischen und nach freiheitlich-demokratischer Auffassung von ihnen nicht zu vertretenden Gründen in Gewahrsam genommen wurden und den gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich des HHG genommen haben (§ 1 Abs. 1 HHG). Gewahrsam im Sinne des § 1 Abs. 1 HHG ist ein Festgehaltenwerden auf engbegrenztem Raum unter dauernder Bewachung (§ 1 Abs. 5 Satz 1 HHG). Leistungen nach dem HHG werden nicht gewährt an Personen, die in den Gewahrsamsgebieten nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 HHG dem dort herrschenden politischen System erheblich Vorschub geleistet haben (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 HHG), die während der Herrschaft des Nationalsozialismus oder in den Gewahrsamsgebieten nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 HHG durch ihr Verhalten gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit oder Menschlichkeit verstoßen haben, was insbesondere für Personen gilt, die durch ein deutsches Gericht im Geltungsbereich des HHG wegen eines an Mithäftlingen begangenen Verbrechens oder Vergehens rechtskräftig verurteilt worden sind (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 HHG), oder die nach dem 08.05.1945 durch deutsche Gerichte wegen vorsätzlicher Straftaten zu Freiheitsstrafen von insgesamt mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden sind, was nicht gilt, soweit die Verurteilung auf in § 1 Abs. 1 Nr. 1 HHG genannten Gründen beruht (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 HHG). Die Gewährung von Leistungen kann versagt oder eingestellt werden, wenn der Berechtigte die im Geltungsbereich des HHG bestehende freiheitliche demokratische Grundordnung bekämpft hat oder bekämpft (§ 2 Abs. 2 HHG).
Ein nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 HHG Berechtigter, der infolge des Gewahrsams eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen dieser Schädigung auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG, soweit ihm nicht wegen desselben schädigenden Ereignisses ein Anspruch auf Versorgung unmittelbar auf Grund des BVG zusteht (§ 4 Abs. 1 Satz 1 HHG).
Zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung genügt die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges (§ 4 Abs. 5 Satz 1 HHG). Wenn die Wahrscheinlichkeit nur deshalb nicht gegeben ist, weil über die Ursache des festgestellten Leidens in der medizinischen Wissenschaft Ungewissheit besteht, kann mit Zustimmung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales die Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung anerkannt werden; die Zustimmung kann allgemein erteilt werden (§ 4 Abs. 5 Satz 2 HHG).
Der Nachweis darüber, dass die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 HHG vorliegen und Ausschließungsgründe nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 HHG weder gegeben noch gemäß § 2 Abs. 4 HHG wirksam sind, ist durch eine Bescheinigung zu erbringen, soweit zugleich ein Anspruch nach den §§ 9a bis 9c HHG besteht (§ 10 Abs. 4 Satz 1 HHG). Im Übrigen wird das Vorliegen dieser Voraussetzungen nur auf Ersuchen einer anderen Behörde festgestellt, wenn hiervon die Gewährung einer Leistung, eines Rechtes oder einer Vergünstigung abhängt (§ 10 Abs. 4 Satz 2 HHG).
Beschädigte erhalten eine monatliche Grundrente bei einem Grad der Schädigungsfolgen (GdS) ab 30 (§ 31 Abs. 1 BVG). Die Beschädigtenversorgung beginnt mit dem Monat, in dem ihre Voraussetzungen erfüllt sind, frühestens mit dem Antragsmonat (§ 60 Abs. 1 Satz 1 BVG). Die Versorgung ist auch für Zeiträume vor der Antragstellung zu leisten, wenn der Antrag innerhalb eines Jahres nach Eintritt der Schädigung gestellt wird (§ 60 Abs. 1 Satz 2 BVG). Der GdS ist nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen, die durch die als Schädigungsfolge anerkannten körperlichen, geistigen oder seelischen Gesundheitsstörungen bedingt sind, in allen Lebensbereichen zu beurteilen (§ 30 Abs. 1 Satz 1 BVG). Der GdS ist nach Zehnergraden von 10 bis 100 zu bemessen; ein bis zu 5 Grad geringerer GdS wird vom höheren Zehnergrad mit umfasst (§ 30 Abs. 1 Satz 2 BVG). Vorübergehende Gesundheitsstörungen sind nicht zu berücksichtigen; als vorübergehend gilt ein Zeitraum bis zu sechs Monaten (§ 30 Abs. 1 Satz 3 BVG).
Zwar orientiert sich der Senat bei der Prüfung, welche gesundheitlichen Schäden Folge einer rechtsstaatswidrigen Ingewahrsamnahme sind, und der Höhe des GdS grundsätzlich an den seit 01.01.2009 an die Stelle der bis zum 31.12.2008 im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewandten (BSG, Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RVs 1/91 - BSGE 72, 285; BSG, Urteil vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95 - SozR 3-3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18.09.2003 - B 9 SB 3/02 R - BSGE 190, 205; BSG, Urteil vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 - BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 1) Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit (AHP) im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX) 2008 getretenen Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV). Der Grundsatz, dass in Zugunstenverfahren nach § 44 SGB X die Rechtslage im Zeitpunkt des Erlasses der zu überprüfenden Entscheidung (Steinwedel in Kasseler Kommentar, § 44 SGB X, Rz. 29) zu Grunde zu legen ist, gilt aber auch für die Beurteilung der Frage, ob die VG beziehungsweise welche Fassung der AHP anzuwenden ist. Mithin sind vorliegend die im Zeitpunkt des Bescheides vom 24.11.1980 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.07.1981 und der Bescheide vom 09.04.1986 und 30.06.1987 geltenden gleichlautenden AHP 1973 und 1983 zu Grunde zu legen.
Danach wird als Schädigungsfolge im sozialen Entschädigungsrecht jede Gesundheitsstörung bezeichnet, die in ursächlichem Zusammenhang mit einer Schädigung steht, die nach dem entsprechenden Gesetz zu berücksichtigen ist (AHP 1983 Teil A Nr. 16 Satz 1; jetzt VG Teil A Nr. 1 a) und ist Ursache im Sinne der Versorgungsgesetze die Bedingung im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg an dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt hat (AHP 1973 Teil A Nr. 2 Abs. 2; AHP 1983 Teil A Nr. 36 Abs. 2 Satz 1; jetzt VG Teil C Nr. 1 b Satz 1).
Zu den Fakten, die vor der Beurteilung eines ursächlichen Zusammenhangs geklärt ("voll bewiesen") sein müssen, gehören der schädigende Vorgang, die gesundheitliche Schädigung und die zu beurteilende Gesundheitsstörung (AHP 1973 Teil A Nr. 3 Abs. 1; AHP 1983 Teil A Nr. 37 Abs. 1; jetzt VG Teil C Nr. 2 a). Der schädigende Vorgang ist das Ereignis, das zu einer Gesundheitsschädigung führt (AHP 1973 Teil A Nr. 3 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1; AHP 1983 Teil A Nr. 37 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1; jetzt VG Teil C Nr. 2 b Satz 1 Halbsatz 1). Auch besondere Belastungen, wie sie zum Beispiel in rechtsstaatswidriger Haft in der DDR gegeben sein können, zählen dazu (AHP 1973 Teil A Nr. 3 Abs. 2 Satz 2; AHP 1983 Teil A Nr. 37 Abs. 2 Satz 2; jetzt VG Teil C Nr. 2 b Satz 2). Die gesundheitliche Schädigung ist die primäre Beeinträchtigung der Gesundheit durch den schädigenden Vorgang (AHP 1973 Teil A Nr. 3 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1; AHP 1983 Teil A Nr. 37 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1; jetzt VG Teil C Nr. 2 c Halbsatz 1). Zwischen dem schädigenden Vorgang und der Gesundheitsstörung muss eine nicht unterbrochene Kausalkette bestehen, die mit den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft und den ärztlichen Erfahrungen im Einklang steht. Dabei sind Brückensymptome oft notwendige Bindeglieder. Fehlen Brückensymptome, so ist die Zusammenhangsfrage besonders sorgfältig zu prüfen und die Stellungnahme anhand eindeutiger objektiver Befunde überzeugend wissenschaftlich zu begründen (AHP 1973 Teil A Nr. 3 Abs. 4 Sätze 1 bis 3; AHP 1983 Teil A Nr. 37 Abs. 4 Sätze 1 bis 3; jetzt VG Teil C Nr. 2 d Sätze 1 bis 3).
Für die Annahme, dass eine Gesundheitsstörung Folge einer Schädigung ist, genügt versorgungsrechtlich die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs. Sie ist gegeben, wenn nach der geltenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht (AHP 1973 Teil A Nr. 4 Abs. 1 Sätze 1 und 2; AHP 1983 Teil A Nr. 38 Abs. 1 Sätze 1 und 2; jetzt VG Teil C Nr. 3 a Sätze 1 und 2). Grundlage für die medizinische Beurteilung sind die von der herrschenden wissenschaftlichen Lehrmeinung vertretenen Erkenntnisse über Ätiologie und Pathogenese (AHP 1973 Teil A Nr. 4 Abs. 2 Satz 1; AHP 1983 Teil A Nr. 38 Abs. 2 Satz 1; jetzt VG Teil C Nr. 3 b Satz 1). Aus dem Umstand, dass der Zusammenhang der Gesundheitsstörung mit einem schädigenden Vorgang nach wissenschaftlicher Erkenntnis nicht ausgeschlossen werden kann, lässt sich nicht folgern, dass er darum wahrscheinlich sei. Ebenso wenig kann das Vorliegen einer Schädigungsfolge bejaht werden, wenn ein ursächlicher Zusammenhang nur möglich ist (AHP 1973 Teil A Nr. 4 Abs. 4 Sätze 1 und 2; AHP 1983 Teil A Nr. 38 Abs. 4 Sätze 1 und 2; jetzt VG Teil C Nr. 3 d Sätze 1 und 2).
In Bezug auf die Höhe der MdE wurde bei Psychosen mit leichten Störungen eine MdE von 30 bis 40 v. H. sowie mit ernsteren sozialen Anpassungsschwierigkeiten eine MdE von 50 bis 100 v. H. (AHP 1973 Teil D Nr. 145) und später bei Neurosen und abnormen Persönlichkeitsentwicklungen mit leichteren neurotischen Störungen eine MdE von 0 bis 10 v. H., bei stärker behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (zum Beispiel manche Phobien, pathologische Entwicklungen) eine MdE von 20 bis 40 v. H. sowie bei schweren Neurosen mit erheblichen sozialen Anpassungsschwierigkeiten (zum Beispiel schwere Zwangsneurose) eine MdE von 50 bis 100 v. H. zu Grunde gelegt (AHP 1983 Teil A Nr. 26.3; jetzt etwas anders VG, Teil B, Nr. 3.7).
Ferner ist zu berücksichtigen, dass nur solche Gesundheitsstörungen für eine mögliche Entschädigung in Betracht kommen, die durch schädigende Ereignisse während freiheitsentziehender Maßnahmen verursacht worden sind, für die dem Kläger die Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 Satz 1 HHG erteilt worden ist (LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 12.02.1998 - L 3 V 42/96). Gesundheitsstörungen, die auf die Umstände vor der Haft sowie nach der Haft bis zur Flucht des Klägers in das Bundesgebiet zurückzuführen sind, kommen daher nicht als schädigende (Teil-)Ursache in Betracht.
4.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass der Beklagte zu Recht mit Bescheid vom 24.11.1980 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.07.1981 und der Bescheide vom 09.04.1986 und 30.06.1987 keine weiteren und über die Gesundheitsstörungen "Narbe unterhalb der rechten Kniescheibe, degenerative Veränderungen im Bereich der Halswirbelsäule, erlebnisreaktive Verstimmung" hinausgehenden Schädigungsfolgen festgestellt hat. Die vom Kläger beantragten Gesundheitsstörungen einer rezidivierenden depressiven oder psychoreaktiven Störung, subsyndromalen posttraumatischen Belastungsstörung, Symptome einer komplexen posttraumatischen Belastungsstörung, Symptome einer posttraumatischen Verbitterungsstörung, Symptome einer kombinierten Persönlichkeitsstörung, eines Knieschadens und eines Lendenwirbelsäulenleidens sind nicht als Schädigungsfolgen festzustellen. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
5.
Beim Kläger liegen aufgrund der Inhaftierung in der DDR ausweislich der Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG des Senators für Arbeit, Gesundheit und Soziales Berlin vom 30.09.1969 die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 HHG vor und sind Ausschlussgründe nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 HHG nicht gegeben. Der Kläger hat auch infolge des Gewahrsams mit den bereits anerkannten Gesundheitsstörungen "Narbe unterhalb der rechten Kniescheibe, degenerative Veränderungen im Bereich der Halswirbelsäule, erlebnisreaktive Verstimmung" eine gesundheitliche Schädigung erlitten.
6.
Der Kläger hat nach Auffassung des Senats über die bereits anerkannte und mit einer MdE bzw. einem GdS von 30 hinaus bewerteten erlebnisreaktiven Verstimmung keinen Anspruch auf Feststellung einer rezidivierenden depressiven Störung oder, wie von dem Beklagten vorgeschlagen, einer psychoreaktiven Störung als weitere Schädigungsfolge. Es spricht zur Überzeugung des Senats mehr dagegen als dafür und es ist damit nicht hinreichend wahrscheinlich, dass diese Erkrankung wesentlich ursächlich auf die erlittene Haft zurückzuführen ist. Dass diese unter der Bezeichnung "erlebnisreaktive Verstimmung" als Schädigungsfolge anerkannte Störung, wie der Sachverständige PD Dr. F. meint, in wechselhafter Ausprägung immer Bestand hatte, davon konnte sich der Senat nicht überzeugen.
Der Senat erachtet zunächst das Gutachten des PD Dr. F., welches dieser erst anderthalb Jahre nach der Untersuchung erstattet hat, ausnahmsweise für verwertbar. Nach § 412 Zivilprozessordnung (ZPO), auf den § 202 SGG verweist, kann eine neue Begutachtung angeordnet werden, wenn das Gericht das Gutachten für ungenügend erachtet. In Betracht kommen folgende Fälle: Das Gutachten ist unvollständig (BGH, Urteil vom 29.11.1995 - VIII ZR 278/94 - NJW 96, 730), nicht nachvollziehbar oder in sich widersprüchlich, der Sachverständige hat erkennbar oder erklärtermaßen nicht die notwendige Sachkunde, die sog. Anschlusstatsachen treffen nicht (mehr) zu (vgl. Greger in Zöller, Kommentar zur ZPO § 412 Rz. 2). Der Fall, dass ein Gutachten erst verspätet erstattet wird, ist nicht ausdrücklich genannt. Der Senat ist aber der Auffassung, dass auch die nach stattgehabter Untersuchung verspätete Gutachtenserstattung jedenfalls bei nervenärztlichen Gutachten grundsätzlich unter § 412 Abs. 1 ZPO gefasst werden muss. Denn gerade bei einem psychiatrischen Gutachten kommt es entscheidend darauf an, dass der Gutachter sich nicht nur einen persönlichen Eindruck in einer angemessenen Untersuchungszeit von dem Kläger verschafft, sondern diesen auch entsprechend zeitnah für die Beteiligten und das Gericht darlegt. Denn nur dann ist gewährleistet, dass sich der Gutachter überhaupt noch an die Untersuchungsperson erinnert. Nach einem Zeitraum von jedenfalls über einem Jahr dürfte dies grundsätzlich nicht mehr der Fall sein. Der Sachverständige kann sich allenfalls noch auf seine schriftlichen Aufzeichnungen und in aller Regel nicht mehr auf einen genauen aktuellen Eindruck von dem Kläger stützen. Gerade bei einem Praktiker wie dem hier beauftragten Sachverständigen, der jeden Arbeitstag mit einer Vielzahl von Personen zu tun hat, muss der persönliche Eindruck von der zu untersuchenden Person naturgemäß nach einem gewissen Zeitablauf verblassen. Hinsichtlich des Zeitfaktors hat der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes bei der Absetzung des vollständigen Urteils hinsichtlich des Erinnerungsvermögens der beteiligten Richter darauf abgestellt, dass die Erinnerung mit fortschreitender Zeit nicht mehr gegeben ist, und allenfalls eine Frist von einem Jahr für angemessen erachtet (Beschluss vom 27.04.1993 - GmS-OBG 1/92). Dieses Zeitfenster nimmt auch der erkennende Senat grundsätzlich als Maßstab (so Urteil des Senats vom 27.03.2014 - L 6 U 4001/13 - nicht veröffentlicht). Etwas Anderes muss aber dann im Ausnahmefall gelten, wenn der Sachverständige sich aufgrund besonderer Umstände noch genau an die Person des Untersuchenden erinnern kann und deswegen sein Gutachten noch auf der stattgehabten Untersuchung beruht. Von diesen besonderen Umständen konnte sich der Senat vorliegend aufgrund der ergänzenden Angaben des Sachverständigen überzeugen. So hat PD Dr. F. glaubhaft dargelegt, dass er - nur unterbrochen durch seine Erkrankung - fortwährend an dem Gutachten gearbeitet und sich hierbei in fortgesetzten Gedankenaustausch mit der Psychologin befunden hat. Hierbei konnte er sich nicht nur auf seine eigenen Aufzeichnungen, sondern zusätzlich auf die stationären Patientenunterlagen stützen. Zudem war er zur Prüfung der im Vordergrund stehenden Brückensymptomatik mit einer umfangreichen Literaturrecherche beschäftigt. Außerdem hat es sich bei der Begutachtung des Klägers um ein Ereignis gehandelt, das sich deutlich von sonstigen Begutachtungen des Sachverständigen unterschieden hat. Der Kläger ist Arztkollege und hat Briefkontakt mit dem Sachverständigen gehalten, auch war/ist der Kläger allein von seiner Biographie eine sehr ungewöhnliche Person. Der Senat entnimmt das der ergänzenden Stellungnahme, aufgrund derer er keine berechtigten Zweifel daran hat, dass das Gutachten in diesem konkreten Einzelfall noch auf dem aktuellen Untersuchungsbefund beruht und deswegen ausnahmsweise noch verwertbar ist. Dessen ungeachtet gilt, dass im Vordergrund der Begutachtung ohnehin die Zusammenhangsfrage und weniger aktuelle Gesundheitsstörungen standen, so dass auch aus diesem Grund es weniger auf den aktuellen Untersuchungsbefund ankommt. Der Senat hat daher das Gutachten in seiner Entscheidung berücksichtigt.
Der Kläger hat nach dem Akteninhalt unmittelbar nach der Haft an einer erlebnisreaktiven Entwicklungsstörung mit vegetativen Symptomen sowie unter anderem gelegentlichen Verstimmungszuständen, Beziehungsideen und Ängsten, phobischen Befürchtungen sowie Hypervigilanz und Schreckhaftigkeit gelitten. Diese Einschätzung allerdings beruht im Wesentlichen auf den - nicht zeitnahen - Angaben des Klägers gegenüber Dr. G. (Seite 5 des Gutachtens vom 21.02.1986), Dr. B. (Seite 8 des Gutachtens vom 13.10.1988), Dr. Dipl.-Psych. J. (Seite 18 des Gutachtens vom 26.02.2007) und Prof. Dr. E. (Seite 7 des Gutachtens vom 03.11.2008), der Mutter des Klägers (Zeugeneinvernahme am 25.05.1987) sowie des Dr. M. und des Dipl.-Ing. Dr. G. (Zeugeneinvernahmen am 16.07.1990).
Danach war der Kläger während der Haft noch in der Lage, sich aktiv zu wehren, sich aufgrund der beantragten Einzelhaft Rückzugsbereiche zu schaffen und sogar Aktionen gegen die Gefängnisverwaltung zu organisieren, also sich aktiv aus der Opferrolle zu befreien und auch nach der Haftentlassung noch aktiv am Widerstand gegen das Regime teilzunehmen. Das entnimmt der Senat den erst kurz vor dem Verhandlungstermin vorgelegten Unterlagen des Klägers wie dessen Angaben im Senatstermin. Nach der Haft ist demzufolge über die bereits anerkannte erlebnisreaktive Verstimmung hinaus zunächst kein psychischer Einbruch zu verzeichnen gewesen. Vielmehr war der Kläger gesundheitlich jedenfalls in der Lage, sein Medizinstudium sofort - trotz fast siebenjähriger Unterbrechung - mit einem glänzenden Staatsexamen und anschließender Promotion wie Facharztausbildung abzuschließen, um anschließend 15 Jahre unauffällig als Nervenarzt zu praktizieren und auch eine Familie zu gründen. Der psychische Zusammenbruch des Klägers mit nachfolgender Berufsunfähigkeit erfolgte erst nach den weiteren, unzweifelhaft einschneidenden Erlebnissen der Trennung von Ehefrau und Kind mit nachfolgender Prozessflut, dem erheblichen Geldverlust durch Spekulationen wie dem Entzug der wirtschaftlichen Existenz nach Verbot der Doppelpraxis durch die Ärztekammer. In dessen Folge ist auch erstmalig eine nervenärztliche Behandlung des Klägers dokumentiert, was nach der Rspr. erst einen entsprechenden Leidensdruck dokumentiert (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.12.2010 - L 8 SB 1549/10 - Juris).
Dass der psychische Befund 1969 noch unauffällig war, entnimmt der Senat dem im Wege des Urkundsbeweises verwertbaren zeitnahen Gutachten von Dr. B., die den Kläger damals noch sachlich und affektiv ausgeglichen ansah. Auch die geschilderten nervösen Erscheinungen waren danach glaubhaft und nachvollziehbar bei der eingetretenen Normalisierung der Lebensverhältnisse abgeklungen. Der Kläger selbst hat damals angegeben, dass er keine nervlichen Störungen zurückbehalten hat (Seite 4 des Gutachtens vom 03.07.1969). Diese Einschätzung hat auch der Erstbehandler Prof. Dr. B. geteilt, der erst ab 1975 erste depressive Phasen sah, die dann 1983 zur Behandlungsbedürftigkeit, d.h. einem entsprechenden Leidensdruck bei einem immerhin selbst äußerst fachkundigen Patienten führten und schließlich in die Berufsunfähigkeit mündeten. Prof. Dr. B. hat zu Recht diese Krankheitsgeschichte in Zusammenhang mit dem Lebenslauf des Klägers gebracht, der bis dahin sämtliche Schicksalsschläge gut verarbeiten konnte, darunter auch die traumatische Internierung im Sudentenland, und erst, nachdem sich seine Lebensumstände überschlagen hatten, nicht mehr in der Lage war, sein Leben im Griff zu halten, und bei dem zunehmend krankhafte Momente sein Handeln bestimmten. Insoweit ist aus Sicht des Senats ein klarer zeitlicher Zusammenhang zur Erstmanifestation der Erkrankung zu nichtschädigungsbedingten Ursachen gegeben. Auch Dr. G. hat erste depressive Phasen ab Mitte der 70-iger Jahre und eine vollständige Dekompensation erst 1982 gesehen. Gegenüber Prof. Dr. E. hat der Kläger angegeben, dass beispielsweise die Ängstlichkeit schon während des Studiums vollständig verschwunden ist (Seite 7 des Gutachtens vom 03.11.2008).
Dass es sich um eine aus der Haft entwickelte und durch die Haft bedingte rezidivierende depressive Störung handelt, hat PD Dr. F. daher nicht zur Überzeugung des Senats herausarbeiten können. Die dafür wesentliche Annahme des Sachverständigen, dass beim Kläger nach der Haft in schwankender Ausprägung psychische Symptome wie Ängste, Unruhe, Angespanntheit, paranoide Befürchtungen, Jähzorn und übersteigertes Gerechtigkeitsempfinden, unspezifische diffuse Symptome wie starke Unruhe, Schlafstörungen und Übererregbarkeit sowie Erschöpfbarkeit, Verletzbarkeit und Kränkbarkeit mit erheblicher Minderung der Emotionsregulation aufgetreten sind, sind durch nichts belegt, sondern erst im Zusammenhang mit der Erstmanifestation der Erkrankung dokumentiert und jetzt aktuell vom Kläger berichtet. All diese Symptome kann der Senat daher nicht als Ausdruck einer auf die Hafterlebnisse zurückführbaren depressiven Grunderkrankung werten, zumal der Sachverständige selbst einräumen muss, dass beim Kläger seit 2004 kognitive Störungen vorliegen, die auf den Alterungsprozess zurückzuführen sind. Deswegen hätte er die größtenteils unpräzisen Angaben des Klägers (Seite 105 des Gutachtens) gerade was erst jetzt erstmals geschilderte Traumaerlebnisse wie eine "Isolationshaft" angeht, viel kritischer hinterfragen müssen. Dies gilt umso mehr, als er die deutliche, biographisch und damit schädigungsunabhängige Vulnerabilität für depressive Erkrankungen zwar erwähnt, aber letztlich nicht berücksichtigt hat. In den Akten ist diese erhöhte Vulnerabilität für depressive Erkrankungen durch familiäre Belastungen mit Depressionen aber seit vielen Jahrzehnten nicht nur mehrfach dokumentiert, sondern gerade bei der Entstehung von Depressionen angesichts einer genetischen Determinante besonders zu würdigen. So ist die Möglichkeit einer genetischen Disposition des Klägers (Neigung der Mutter zu Depressionen, endogene Depression einer Schwester, abnormes Verhalten einer anderen Schwester, Depression eines Neffen, psychische Auffälligkeit des Vaters und überhaupt der väterlichen Linie) nämlich deutlich belegt und wurde auch von den Vorgutachtern in die Bewertung eingestellt. Ferner ist eine sonstige haftunabhängige prämorbide Konstitution des Klägers (überschießendes Temperament während der Schulzeit, Zurückgezogenheit, teilweise Hemmungen und Schüchternheit), sind die Erlebnisse des Klägers im Lager J. im Jahr 1945 (insbesondere das Mitansehen- und Mitanhörenmüssen von Vergewaltigungen, Unterernährung und Gewalterlebnisse auf der Flucht), ist die von der Flüchtlingssituation geprägte Kindheit des Klägers sowie das Betroffensein des Klägers durch die anderweitige Heirat der schwangeren Verlobten während seiner Haft und durch den Verlust seiner Anerkennung als Spitzensportler bei der Beurteilung der Ursachen für das Entstehen der seelischen Erkrankung des Klägers zu berücksichtigen. Auch wenn die Erlebnisse im Lager J. nach den Darlegungen des Sachverständigen offenbar ohne spezifische psychische Störungen überwunden wurden und in der Schul- und Studienzeit keine wesentlichen psychischen Probleme im Sinne krankheitswertiger Symptome aufgetreten sind, so ist aber zu berücksichtigen, dass sich im weiteren Verlauf nach der Haft Hinweise auf eine problembehaftete Vita des Klägers ergeben. So hat Prof. Dr. J. ausgeführt, die Auseinandersetzungen mit Prozessserien neben der verantwortungsvollen beruflichen Tätigkeit habe zu Zwangshandlungen, Phobien und nicht steuerbaren Erregungszuständen mit sekundären psychosomatischen Symptomen geführt (Arztbrief vom 01.06.1983), hat der Kläger selbst gegenüber Dr. G. ausgeführt, reale Anknüpfungspunkte, um deprimiert zu sein, seien seine finanziellen Probleme, Berufsunfähigkeit und "zerbrochene Familie" (Seite 6 des Gutachtens vom 21.02.1986), hat auch Dr. Dr. K. ausgeführt, der Kläger neige dazu, seine seelischen Schwierigkeiten exogenen Belastungen wie beispielsweise Verschuldung und zwei gescheiterten Ehen zuzuschreiben (Seite 21 des Gutachtens vom 31.03.1989), und gab der Kläger gegenüber Prof. Dr. E. an, die Trennung von Frau und Kind und vor allem die finanziellen Schwierigkeiten hätten zur Dekompensation geführt (Seiten 4 und 5 des Gutachtens vom 03.11.2008). Diese Schwierigkeiten sind nach Ansicht des Senats Ausdruck einer haftunabhängigen Persönlichkeitsstörung und es spricht mehr dagegen als dafür, dass sie in einem ursächlichen Zusammenhang mit der haftbedingten reaktiven Verstimmung und depressiven Störung stehen, wie dies letztlich auch die zeitnäheren Vorgutachter Prof. Dr. M. und Prof. Dr. D. so gesehen haben, die beide ein Intervall bis zum Eintritt der Arbeitsunfähigkeit beschrieben haben. Die Annahme eines solchen Intervalls widerlegt aber die zentrale Arbeitshypothese des Sachverständigen, dass ununterbrochen Symptome der Depression vorlagen.
Bei den typischen leichten (ICD-10 F32.0), mittelgradigen (ICD-10 F32.1) oder schweren (ICD-10 F32.2 und F32.3) depressiven Episoden leidet der Betroffene nämlich unter einer gedrückten Stimmung und einer Verminderung von Antrieb und Aktivität. Die Fähigkeit zu Freude, das Interesse und die Konzentration sind vermindert. Ausgeprägte Müdigkeit kann nach jeder kleinsten Anstrengung auftreten. Der Schlaf ist meist gestört, der Appetit vermindert. Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen sind fast immer beeinträchtigt. Sogar bei der leichten Form kommen Schuldgefühle oder Gedanken über eigene Wertlosigkeit vor. Die gedrückte Stimmung verändert sich von Tag zu Tag wenig, reagiert nicht auf Lebensumstände und kann von so genannten "somatischen" Symptomen begleitet werden, wie Interessenverlust oder Verlust der Freude, Früherwachen, Morgentief, deutliche psychomotorische Hemmung, Agitiertheit, Appetitverlust, Gewichtsverlust und Libidoverlust. Abhängig von Anzahl und Schwere der Symptome ist eine depressive Episode als leicht, mittelgradig oder schwer zu bezeichnen. All diese Symptome sind letztlich nicht mit dem Leben des Klägers, das er nach der Haftentlassung bis Ende der 70-iger Jahre geführt hat, in Einklang zu bringen.
Nach alledem hat der Kläger keinen Anspruch auf Feststellung einer rezidivierenden depressiven Störung oder einer psychoreaktiven Störung als Schädigungsfolge.
7.
Der Kläger hat auch nach Ansicht des Senats keinen Anspruch auf Feststellung einer subsyndromalen posttraumatischen Belastungsstörung, von Symptomen einer komplexen posttraumatischen Belastungsstörung, von Symptomen einer posttraumatischen Verbitterungsstörung und von Symptomen einer kombinierten Persönlichkeitsstörung, eines Knieschadens und eines Lendenwirbelsäulenleidens als weitere Schädigungsfolgen.
Es fehlt insoweit an den weiteren Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 HHG. Denn der Kläger leidet nicht an der geltend gemachten gesundheitlichen Schädigung, der PTBS. Anders als der Ursachenzusammenhang zwischen schädigendem Vorgang, primärer gesundheitlicher Schädigung und Schädigungsfolge, der nach § 4 Abs. 5 Satz 1 HHG schon im Falle der Wahrscheinlichkeit zu bejahen ist, bedarf es für die Annahme der primären gesundheitlichen Schädigung des Vollbeweises. Dies verlangt zwar nicht, dass die Tatsachen mit absoluter Gewissheit feststehen. Ausreichend aber auch erforderlich ist indes ein so hoher Grad an Wahrscheinlichkeit, dass bei Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens kein vernünftiger, den Sachverhalt überschauender Mensch noch zweifelt, d. h. die Wahrscheinlichkeit muss an Sicherheit grenzen.
Bei Anlegung dieses Maßstabes konnte sich der Senat vorliegend schon nicht davon überzeugen, dass der Kläger an einer posttraumatischen Belastungsstörung leidet, sodass es auf die Frage des ursächlichen Zusammenhangs mit der erlittenen Haft in der ehemaligen DDR nicht ankam.
Voraussetzung für die Anerkennung von psychischen Gesundheitsstörungen als Schädigungsfolge und die Gewährung einer Beschädigtengrundrente aufgrund von ihnen ist zunächst die Feststellung der konkreten Gesundheitsstörungen, die bei dem Geschädigten vorliegen und seine Erwerbsfähigkeit mindern. Angesichts der zahlreichen in Betracht kommenden Erkrankungen und möglicher Schulenstreite sollte diese Feststellung nicht nur begründet sein, sondern aufgrund eines der üblichen Diagnosesysteme wie zum Beispiel die ICD-10 (Zehnte Revision der internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme der Weltgesundheitsorganisation [WHO] aus dem Jahr 1989, vom Deutschen Institut für medizinische Dokumentation und Information [DIMDI] ins Deutsche übertragen, herausgegeben und weiterentwickelt) und das DSM-IV (Diagnostisches und statistisches Manual psychischer Störungen der Amerikanischen psychiatrischen Vereinigung aus dem Jahr 1994, deutsche Bearbeitung herausgegeben von Saß/Wittchen/Zaudig, 3. Auflage 2001) und unter Verwendung der dortigen Schlüssel und Bezeichnungen erfolgen, damit die Feststellung nachvollziehbar ist. Denn je genauer und klarer die bei dem Geschädigten bestehenden Gesundheitsstörungen bestimmt sind, um so einfacher sind ihre Ursachen zu erkennen und zu beurteilen sowie letztlich die MdE beziehungsweise der GdS zu bewerten. Begründete Abweichungen von diesen Diagnosesystemen aufgrund ihres Alters und des zwischenzeitlichen wissenschaftlichen Fortschritts sind damit nicht ausgeschlossen (zur Feststellung von Unfallfolgen im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung: BSG, Urteil vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 17).
Die von Dr. F. in seinem Gutachten beschriebenen Gesundheitsbeeinträchtigungen in Form einer subsyndromalen posttraumatischen Belastungsstörung, von Symptomen einer komplexen posttraumatischen Belastungsstörung, von Symptomen einer posttraumatischen Verbitterungsstörung und von Symptomen einer kombinierten Persönlichkeitsstörung erfüllen aber nicht das Vollbild der in der ICD-10 und dem DSM-IV abgebildeten Erkrankungen.
Zur Beurteilung der Frage, ob beim Kläger die Vollbilder der oben beschriebenen Erkrankungen vorliegen, berücksichtigt der Senat die ICD 10 und das DSM-IV-TR.
Bei der posttraumatischen Belastungsstörung handelt es sich um eine Gesundheitsstörung nach ICD-10 F 43.1 beziehungsweise DSM-IV-TR 309.81.
Nach ICD-10 F 43.1 gelten folgende Grundsätze: Die posttraumatische Belastungsstörung entsteht als eine verzögerte oder protrahierte Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer, mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde. Prädisponierende Faktoren wie bestimmte, zum Beispiel zwanghafte oder asthenische Persönlichkeitszüge oder neurotische Krankheiten in der Vorgeschichte können die Schwelle für die Entwicklung dieses Syndroms senken und seinen Verlauf erschweren, aber die letztgenannten Faktoren sind weder notwendig noch ausreichend, um das Auftreten der Störung zu erklären. Typische Merkmale sind das wiederholte Erleben des Traumas in sich aufdrängenden Erinnerungen (Nachhallerinnerungen, Flashbacks), Träumen oder Alpträumen, die vor dem Hintergrund eines andauernden Gefühls von Betäubtsein und emotionaler Stumpfheit auftreten. Ferner finden sich Gleichgültigkeit gegenüber anderen Menschen, Teilnahmslosigkeit der Umgebung gegenüber, Freudlosigkeit sowie Vermeidung von Aktivitäten und Situationen, die Erinnerungen an das Trauma wachrufen könnten. Meist tritt ein Zustand von vegetativer Übererregtheit mit Vigilanzsteigerung, einer übermäßigen Schreckhaftigkeit und Schlafstörung auf. Angst und Depression sind häufig mit den genannten Symptomen und Merkmalen assoziiert und Suizidgedanken sind nicht selten. Der Beginn folgt dem Trauma mit einer Latenz, die wenige Wochen bis Monate dauern kann. Der Verlauf ist wechselhaft, in der Mehrzahl der Fälle kann jedoch eine Heilung erwartet werden. In wenigen Fällen nimmt die Störung über viele Jahre einen chronischen Verlauf und geht dann in eine andauernde Persönlichkeitsänderung über.
Nach DSM-IV-TR 309.81 gelten folgende Grundsätze: Das Hauptmerkmal der posttraumatischen Belastungsstörung ist die Entwicklung charakteristischer Symptome nach der Konfrontation mit einem extrem traumatischen Ereignis. Das traumatische Ereignis beinhaltet unter anderem das direkte persönliche Erleben einer Situation, die mit dem Tod oder der Androhung des Todes, einer schweren Verletzung oder einer anderen Bedrohung der körperlichen Unversehrtheit zu tun hat (Kriterium A1). Die Reaktion der Person auf das Ereignis muss intensive Angst, Hilflosigkeit oder Entsetzen umfassen (Kriterium A2). Charakteristische Symptome, die aus der Konfrontation mit der extrem traumatischen Situation resultieren, sind das anhaltende Wiedererleben des traumatischen Ereignisses in Form von wiederholten und aufdringlichen Erinnerungen an das Ereignis (Kriterium B1), von wiederkehrenden, quälenden Träumen, in denen das Erlebnis nachgespielt wird oder in anderer Form auftritt (Kriterium B2), von Erleben von oft als "Flashbacks" bezeichneten dissoziativen Zuständen, während derer einzelne Bestandteile des Ereignisses wieder erlebt werden (Kriterium B3) oder, wenn die Person mit Ereignissen konfrontiert wird, die sie an Aspekte des traumatischen Ereignisses erinnern oder die diese symbolisieren, in Form von intensiver psychischer Belastung (Kriterium B4) oder physiologischer Reaktionen (Kriterium B5). Charakteristische Symptome sind auch die andauernde Vermeidung von Reizen, die mit dem Trauma assoziiert sind, und eine Abflachung der allgemeinen Reagibilität in der Form, dass die Person im Allgemeinen versucht, Gedanken, Gefühle oder Gespräche über das traumatische Ereignis (Kriterium C1) und Aktivitäten, Situationen oder Personen, die die Erinnerung an das Ereignis wachrufen (Kriterium C2) absichtlich zu vermeiden, wobei die Vermeidung des Erinnerns die Unfähigkeit mit einschließen kann, sich an einen wichtigen Aspekt des traumatischen Ereignisses zu erinnern (Kriterium C3), oder in Form von verminderter Reaktionsbereitschaft auf die Umwelt, welche üblicherweise sehr bald nach dem traumatischen Erlebnis eintritt (Kriterium C4), eines Gefühls der Isolierung und Entfremdung von Anderen (Kriterium C5) oder einer deutlich reduzierten Fähigkeit, Gefühle zu empfinden (Kriterium C6) oder in der Form, dass betroffene Personen das Gefühl einer eingeschränkten Zukunft haben (Kriterium C7). Charakteristische Symptome sind auch anhaltende Symptome erhöhten Arousals in Form von Ein- oder Durchschlafschwierigkeiten, die durch wiederholte Albträume, in denen das traumatische Erlebnis wieder erlebt wird, hervorgerufen werden können (Kriterium D1), Hypervigilanz (Kriterium D4) und übertriebener Schreckreaktion (Kriterium D5), wobei manche Personen über Reizbarkeit oder Wutausbrüche (Kriterium D2) oder Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren oder Aufgaben zu vollenden (Kriterium D3), berichten. Das vollständige Symptombild muss länger als einen Monat anhalten (Kriterium E) und die Störung muss in klinisch bedeutsamer Weise Leiden oder Beeinträchtigungen in sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen verursachen (Kriterium F). Traumatische Erfahrungen, die direkt erlebt wurden, umfassen insbesondere kriegerische Auseinandersetzungen, gewalttätige Angriffe auf die eigene Person, Entführung, Geiselnahme, Terroranschlag, Folterung, Kriegsgefangenschaft, Gefangenschaft in einem Konzentrationslager, Natur- oder durch Menschen verursachte Katastrophen, schwere Autounfälle oder die Diagnose einer lebensbedrohlichen Krankheit. Hinsichtlich Beginn und Dauer der Symptome wird unterschieden zwischen der akuten posttraumatischen Belastungsstörung (wenn die Dauer der Symptome weniger als drei Monate beträgt), der chronischen posttraumatischen Belastungsstörung (wenn die Symptome drei Monate oder länger andauern) und der posttraumatischen Belastungsstörung mit verzögertem Beginn (wenn mindestens sechs Monate zwischen dem traumatischen Ereignis und dem Beginn der Symptome vergangen sind). Die Symptome, wie beispielsweise verminderte affektive Schwingungsfähigkeit, dissoziative Symptome, somatische Beschwerden, Gefühle der Insuffizienz in Form von Hoffnungslosigkeit, sozialer Rückzug, ständiges Gefühl des Bedrohtseins oder beeinträchtigte Beziehung zu anderen oder Veränderung der Persönlichkeit im Vergleich zu früher beginnen normalerweise innerhalb der ersten drei Monate nach dem Trauma, obwohl sich die Ausbildung der Symptome aber auch um Monate oder sogar Jahre verzögern kann. Die Schwere, Dauer und Nähe der Person bei Konfrontation mit dem traumatischen Ereignis sind die wichtigsten Faktoren, die die Wahrscheinlichkeit bestimmen, mit der die Störung sich entwickelt. Es gibt Hinweise, dass soziale Unterstützung, Familienanamnese, Kindheitserfahrungen, Persönlichkeitsvariablen und vorbestehende psychische Störungen die Ausbildung einer posttraumatischen Belastungsstörung beeinflussen können. Die Störung kann sich auch bei Personen entwickeln, bei denen zuvor keine besondere Auffälligkeit vorhanden war, besonders dann, wenn es sich um eine besonders extreme Belastung handelt.
Die komplexe posttraumatische Belastungsstörung ist im Unterschied zur posttraumatischen Belastungsstörung durch ein breites Spektrum kognitiver, affektiver und psychosozialer Beeinträchtigungen gekennzeichnet, die über einen längeren Zeitraum bestehen bleiben. So hat auch PD Dr. F. dargelegt, dass die komplexe posttraumatische Belastungsstörung die Vielfalt von Reaktionen auf chronische Belastungen abbildet. Für die Beurteilung ihrer Ursächlichkeit gelten nach Ansicht des Senats dieselben Kriterien wie für die posttraumatische Belastungsstörung.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sowie der umfangreichen medizinischen Unterlagen liegt beim Kläger nicht das Vollbild einer posttraumatischen Belastungsstörung beziehungsweise komplexen posttraumatischen Belastungsstörung vor.
So fehlt es bereits am Vorliegen des A-Kriteriums, auch wenn die Erlebnisse im landläufigen, umgangssprachlichen Sinne durchaus als "traumatisierend" empfunden werden, denn der Kläger hat sich während der Haft nicht in einer unmittelbar lebensbedrohlichen Situation befunden, die bei nahezu jedermann Entsetzen und große Verzweiflung auslösen. Nach der Rspr. des Senats muss für eine PTBS auch bei einer Haft in der ehemaligen DDR unter den besonderen Bedingungen, wie sie nach 1955 geherrscht haben, über die bloße Haft hinaus eine unmittelbar lebensbedrohliche Situation bestanden haben, die bei nahezu jedermann Entsetzen oder große Verzweiflung auslösen würde (vgl. dazu auch Urteil des Senats vom 23.02.2012 - L 6 VK 6118/09 - Juris). Entsprechende Erlebnisse hat der Kläger bei PD Dr. F. nicht geschildert, sondern sie gerade ausdrücklich verneint. Dass der Kläger Erlebnissen dieser Art und Intensivität während der Haft in der ehemaligen DDR nicht ausgesetzt war, ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts auch aus dem Umstand, dass er weder in dem bereits 1968 eingeleiteten Verfahren auf Versorgungsleistungen nach dem HHG und hier insbesondere im Rahmen der Begutachtung von Dr. Bölke im Jahre 1969 von schwersten Verletzungen oder Bedrohungen an Leib und Leben während der Haftzeit berichtet hat. Dass die in der Haft erlebten Vorkommnisse nicht den Schwellenwert des A-Kriteriums erreicht haben, ergibt sich für den Senat des Weiteren daraus, dass der Kläger nach Entlassung aus der Haft zum 10.12.1964 bereits im Frühsemester 1965 sein Medizinstudium in der DDR aufgenommen hat, schon bald nach seiner Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland hier Fuß fassen konnte und annähernd 15 Jahre im Berufsleben stand, davon lange Zeit in herausgehobener Position als Nervenarzt.
Der Kläger hat gegenüber den Gutachtern folgende als schädigend in Betracht kommende Ereignisse während der Haft geschildert: Gegenüber Dr. B. hat er lediglich ausgeführt, es sei zeitweise zu Arreststrafen und zu - von ihm allerdings als angenehm empfundener - Einzelhaft gekommen. Zeitweise sei er als Wäschereiarbeiter, Fräser und Zementarbeiter schweren körperlichen Belastungen ausgesetzt gewesen (Seiten 2 und 3 des Gutachtens vom 03.07.1969). Gegenüber Dr. G. hat er angegeben, in den ersten sechs Monaten der Haft habe er ständig sitzen müssen und keine Abwechslung gehabt. Nachts habe man ihn nicht schlafen lassen, indem man ständig das Licht angemacht habe, um ihn zu Vernehmungen zu rufen. Körperlich sei er aber nicht misshandelt worden. Die Verhörsituation sei sehr unangenehm und anstrengend gewesen. Mit dem Tod sei er nicht bedroht worden. Wesentliche hygienische oder Ernährungsprobleme habe es nicht gegeben. Allerdings habe er als Wäschereiarbeiter schwer arbeiten müssen. Ferner hat er über einen dreiwöchigen Hungerstreik berichtet (Seiten 4 und 5 des Gutachtens vom 21.02.1986). Demgegenüber hat der Kläger gegenüber Dr. B. angegeben, die Ernährung sei völlig unausgewogen gewesen. Es sei immer wieder zu Auseinandersetzungen mit Behörden gekommen, die nur die Zerstörung seiner Persönlichkeit im Sinn gehabt hätten. Übliche Methoden seien Hungernlassen, Isolierhaft und körperliche Überforderung bei schlechtesten Bedingungen gewesen (Seite 7 des Gutachtens vom 13.10.1988). Ferner hat er gegenüber Prof. Dr. M. angegeben, er habe Kotkübel entleeren müssen, was er als besondere Bosheit empfunden habe. Aber er hat auch ausgeführt, die Tätigkeit als Wäschereiarbeiter habe ihm, wenn sie auch sehr schwer gewesen sei, eigentlich gefallen, da er dabei nicht mehr isoliert gewesen sei. Weiter sei er im Rahmen eines Arrestes drei Wochen lang nur mit Unterhose und Hemd bekleidet und nur mit einer Decke der Kälte ausgesetzt "wie ein Affe" gehalten worden, was dann zu dem Hungerstreik geführt habe. Außerdem sei die ärztliche Betreuung unzureichend gewesen und seien seine gesundheitlichen Probleme nicht ausreichend berücksichtigt worden (Seiten 54 bis 57 des Gutachtens vom 17.12.1991). Gegenüber Dr. Dipl.-Psych. J. hat der Kläger von Schikanen, Repressalien, Erpressungen und Nötigungen während der Haft gesprochen (Seiten 16 und 17 des Gutachtens vom 20.06.2007). Demgegenüber hat der Kläger seine Hafterlebnisse, insbesondere im Zusammenhang mit der Isolierhaft im Winter 1961/62 mit nachfolgendem Hungerstreik, in seinen Berichten, wie beispielsweise unter dem 02.11.2006, drastischer geschildert. Damit hat der Kläger zur Überzeugung des Senats aber keine Situationen erlebt, die mit der Androhung des Todes oder einer schweren Verletzung vergleichbar sind. Vielmehr hat weder die Provokation des Klägers anlässlich der Silvesterarbeit ("selbst der dreckigste Kapitalist bedankt sich am Jahresende bei seinen Arbeitern") außer dem Arbeitsverbot noch die zuletzt geschilderte Beihilfe bei Sabotageakten (Weitergeben von Kassibern mit Aufruf, den Maschinenpark zu zerstören) außer der Einzelhaft zu dessen eigener Überraschung irgendwelche härteren, insbesondere erneute strafrechtliche Konsequenzen für den Kläger gehabt. Die zuletzt getätigte Aussage, die politischen Häftlinge seien schlechter als die Kriminellen behandelt worden, rechtfertigt eine solche Annahme angesichts der Allgemeinheit der Aussage ebenfalls nicht.
Allenfalls bei den Geschehnissen im Zusammenhang mit der 2009 ebenfalls berichteten "Isolierhaft" nach der geleisteten Beihilfe zur Sabotage kann es sich um eine Bedrohung der körperlichen Unversehrtheit des Klägers gehandelt haben. Denn der Kläger war zeitweise mit zwei zum Tode Verurteilten untergebracht worden und hatte sich, auch aus seiner Sicht, eines schweren Vergehens strafbar gemacht. Andererseits soll er während dieser Zeit noch nicht einmal verhört worden sein, so dass eine eventuelle Todesfurcht durch keinerlei reale Bedrohungssituation oder Anschuldigung gestützt wurde. Dabei hat der Senat auch zu berücksichtigen, dass es sich hierbei um Angaben handelt, die so zeitnah zur Haft nie geschildert wurden. Vielmehr hat der Kläger, zuletzt noch im Senatstermin, immer betont, dass die Untersuchungshaft die schlimmste Zeit für ihn gewesen ist, und dies auch im Einzelnen dargelegt. Zwar kennen weder das SGG noch die Zivilprozessordnung (ZPO) eine Beweisregel in dem Sinne, dass frühere Aussagen oder Angaben grundsätzlich einen höheren Beweiswert besitzen als spätere (BSG, Urteil vom 11.11.2003 - B 2 U 41/02 R - SozR 4-2700 § 4 Nr. 1). Im Rahmen der freien Beweiswürdigung (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 286 ZPO) sind vielmehr alle Aussagen, Angaben usw. zu würdigen. Denn der objektive Beweiswert einer Erklärung kann nicht allein nach dem zeitlichen Abstand von dem Ereignis, auf das sie sich bezieht, bestimmt werden (BSG vom 14.03.1958 - 2 RU 126/56 - Juris). Vielmehr sind alle Umstände des Einzelfalles und vor allem auch die Glaubwürdigkeit der die Erklärung abgebenden Personen zu würdigen (vgl. Bender/Nack, Tatsachenfeststellung vor Gericht, 2. Aufl. 1995). Im Rahmen dieser Gesamtwürdigung kann das Gericht den zeitlich früheren Aussagen aufgrund des Gesichtspunktes, dass sie von irgendwelchen versicherungsrechtlichen Überlegungen ggf. noch unbeeinflusst waren, einen höheren Beweiswert als den späteren Aussagen zumessen, muss es aber nicht. Ausgehend hiervon haben die zeitnahen Aussagen für den Senat vorliegend einen höheren Beweiswert gehabt, weil der Kläger damals noch keine posttraumatische Belastungsstörung geltend gemacht hat, sondern im Vordergrund andere körperliche Haftfolgen standen, der Kläger aber dennoch konkret zu den Haftbedingungen befragt wurde. Vor diesem Hintergrund ist schlechterdings nicht vorstellbar, dass der Kläger minutiös über Tätigkeiten in der Wäscherei berichtet, aber solche lebenseinschneidenden Ereignisse nicht berichtet. Dessen ungeachtet hat der Sachverständige überhaupt nicht hinterfragt, ob der Kläger den Begriff der Isolationshaft zutreffend verwendet hat. Ein verschärfter Arrest von 21 Tagen - jetzt sollen es sogar 6 Wochen sein (vgl. Protokoll) - muss damit nämlich nicht gleichbedeutend sein, zumal der Kläger selbst wiederholt Einzelhaft für sich "beantragt" haben soll. Weiteres geschah dann aber während des Arrests nicht, obwohl die dazu führenden Vorgänge auch aus der insoweit zutreffenden Sicht des Klägers ohne weiteres eine weitere Verurteilung begründet hätten. Zusammenfassend konnte sich der Senat deshalb nicht vom Vorliegen des A1-Kriteriums überzeugen, zumal der Kläger - wie oben ausgeführt - zeitnah nicht über diese Ereignisse berichtet, sondern erst 2009 erstmals erzählt hat, dass er auf die Hafterlebnisse mit intensiver Angst, Hilflosigkeit oder Entsetzen reagiert hat.
Selbst wenn die "Isolierhaft" dem A1-Kriterium entsprechen würde, wäre eine posttraumatische Belastungsstörung nicht im Vollbild gesichert. Zwar spricht gegen deren Anerkennung zunächst nicht, dass zwischen der Beendigung der Haft im Jahr 1964 und dem im Jahr 1982 erstmaligen aktenkundigen Auftreten der über eine erlebnisreaktive Verstimmung und rezidivierenden depressiven Störung hinausgehenden Störung rund 18 Jahre ohne Hinweise auf durch Hafterlebnisse begründete seelische Gesundheitsstörungen liegen. Denn auch nach der ICD-10 und dem DSM-IV kann sich die Ausbildung der Symptome - auch über Jahre - verzögern. Zwar ist in solchen Fällen - was sich aus den AHP 1973 Teil A Nr. 3 Abs. 4 Satz 3 und Nr. 4 Abs. 3 beziehungsweise AHP 1983 Nr. 37 Abs. 4 Satz 3 und Nr. 38 Abs. 3; jetzt: VG Teil C Nr. 2 d Sätze 1 bis 3 ergibt - die Zusammenhangsfrage besonders sorgfältig zu prüfen und nur anhand eindeutiger objektiver Befunde zu bejahen. Solche eindeutigen objektiven Befunde sind nach Einschätzung des Senats nun durch das Gutachten des PD Dr. F. belegt. Nach den in Auswertung der wissenschaftlichen Erkenntnisse über posttraumatische Belastungsstörungen erfolgten Darlegungen des Sachverständigen entwickeln sich nach einer Traumatisierung Symptome mit sehr unterschiedlicher Latenz, häufig sehr schnell innerhalb von wenigen Stunden oder Tagen, manchmal aber über Jahre oder nach Jahren. Zum Nachweis des Vorhandenseins einer posttraumatischen Belastungsstörung stellen Brückensymptome beim verzögerten Beginn einen wichtigen Hinweis dar. Auch wenn das Phänomen der posttraumatischen Belastungsstörung mit verzögertem Beginn immer wieder angezweifelt wird, existiert eine zunehmende Zahl an wissenschaftlicher Literatur, die die Existenz belegt. Eine breite Palette Untersuchter verschiedener traumatischer Ereignisse hat in einem Spektrum zwischen 0 und 60 % eine posttraumatische Belastungsstörung mit verzögertem Beginn gezeigt. Der größte Teil der Betroffenen weist Symptome der posttraumatischen Belastungsstörung während des größten Teils oder des gesamten Verlaufs auf. Das Auftreten keinerlei Symptome im Intervall bis zur Erfüllung aller Kriterien der posttraumatischen Belastungsstörung ist für einen sehr kleinen Teil der Untersuchten berichtet worden. Hierbei ist zu beachten, dass nicht nur die Symptome der posttraumatischen Belastungsstörung vorausgehen können, sondern auch Angstsymptome und depressive Symptome als Zeichen psychischer Reaktionen auf das Trauma.
Letztlich bleiben nach den Ausführungen des Sachverständigen zwar viele Fragen offen und sind bisher durch die Datenlage wissenschaftlicher Untersuchungen nicht geklärt; eine posttraumatischen Belastungsstörung kann aber nicht wegen Fehlens einer erforderlichen Brückensymptomatik ausgeschossen werden.
Gleichwohl scheitert die Feststellung einer posttraumatischen Belastungsstörung als Schädigungsfolge aber nicht zuletzt daran, dass der Kläger weder von anhaltendem Wiedererleben der Hafterlebnisse in Form von wiederholten und aufdringlichen Erinnerungen, quälenden Träumen, Erleben von dissoziativen Zuständen oder intensiver psychischer Belastung bei Konfrontationen mit ähnlichen Ereignissen oder Erinnerungen oder physiologischen Reaktionen berichtet hat, so dass jedenfalls die Kriterien B1 bis B5 nicht gegeben sind. Zwar hat die Mutter des Klägers in ihrer Zeugenaussage von wiederholten Albträumen des Klägers berichtet, diese bezogen sich aber nicht auf konkrete Haftereignisse im Sinne eines Wiedererlebens, sondern nur darauf, "wieder geholt" zu werden. Der Kläger hat Derartiges auch nicht im Rahmen der früheren Begutachtungen, sondern erstmals gegenüber Dr. Dipl.-Psych. J. (Seite 39 des Gutachtens vom 20.06.2007) angegeben, ohne dass sich aus diesem Gutachten ergeben würde, wann und in welcher Intensität und vor allem mit welchem Inhalt diese Albträume erstmals aufgetreten sind. Mithin hat PD Dr. F. völlig zu Recht allenfalls eine subsyndromale posttraumatische Belastungsstörung angenommen und kann eine posttraumatische Belastungsstörung nicht wie erforderlich im Vollbild als Schädigungsfolge festgestellt werden.
Dasselbe gilt im Ergebnis für die vom Sachverständigen beschriebenen Symptome einer posttraumatischen Verbitterungsstörung und Symptome einer kombinierten Persönlichkeitsstörung. Zwar können nach den Ausführungen des PD Dr. F. beide Erkrankungen unter die ICD-10 gefasst werden. Nach seinen Darlegungen sind einige Symptome der die Verarbeitung des Geschehens kennzeichnenden posttraumatischen Verbitterungsstörung am ehesten unter die Anpassungsstörungen, mithin unter ICD-10 F 43.2, einzuordnen. Danach handelt es sich um Zustände von subjektiver Bedrängnis und emotionaler Beeinträchtigung, die im allgemeinen soziale Funktionen und Leistungen behindern und während des Anpassungsprozesses nach einer entscheidenden Lebensveränderung oder nach belastenden Lebensereignissen auftreten. Die Belastung kann das soziale Netz des Betroffenen beschädigt haben (wie bei einem Trauerfall oder Trennungserlebnissen) oder das weitere Umfeld sozialer Unterstützung oder soziale Werte (wie bei Emigration oder nach Flucht). Sie kann auch in einem größeren Entwicklungsschritt oder einer Krise bestehen (wie Schulbesuch, Elternschaft, Misserfolg, Erreichen eines ersehnten Zieles und Ruhestand). Die individuelle Prädisposition oder Vulnerabilität spielt bei dem möglichen Auftreten und bei der Form der Anpassungsstörung eine bedeutsame Rolle; es ist aber dennoch davon auszugehen, dass das Krankheitsbild ohne die Belastung nicht entstanden wäre. Die Anzeichen sind unterschiedlich und umfassen depressive Stimmung, Angst oder Sorge (oder eine Mischung von diesen). Außerdem kann ein Gefühl bestehen, mit den alltäglichen Gegebenheiten nicht zurechtzukommen, diese nicht vorausplanen oder fortsetzen zu können. Störungen des Sozialverhaltens können insbesondere bei Jugendlichen ein zusätzliches Symptom sein. Hervorstechendes Merkmal kann eine kurze oder längere depressive Reaktion oder eine Störung anderer Gefühle und des Sozialverhaltens sein. Demgegenüber sind die Symptome der kombinierten Persönlichkeitsstörung in ICD-10 F 61 niedergelegt. Danach handelt es sich um Persönlichkeitsstörungen, die häufig zu Beeinträchtigungen führen, aber nicht die spezifischen Symptombilder der paranoiden, schizoiden, dissozialen, emotional instabilen, histrionischen, anankastischen zwanghaften, ängstlich vermeidenden, abhängigen asthenischen und sonstigen spezifischen Persönlichkeitsstörungen beschriebenen Störungen aufweisen. Daher sind sie häufig schwieriger als diese Störungen zu diagnostizieren. Dass die vom Sachverständigen geprüften Gesundheitsstörungen - also eine Anpassungsstörung und eine kombinierte Persönlichkeitsstörung - nicht im Vollbild vorliegen, hat dieser überzeugend dargelegt. Ein Abgleich mit den umfangreich vorliegenden medizinischen Unterlagen bestätigt dessen Einschätzung.
Nach alledem sind auf psychiatrischem Fachgebiet keine weiteren Schädigungsfolgen festzustellen.
8.
Auch sind die vom Kläger geltend gemachten Knie- und Lendenwirbelsäulenleiden nicht als weitere Schädigungsfolgen festzustellen. Diese Gesundheitsstörungen sind nicht haftbedingt. Das SG Konstanz hat in der angefochtenen Entscheidung die diesbezüglichen Erwägungen unter Berücksichtigung des schlüssigen und vollständig nachvollziehbaren Gutachtens des Dr. W. vom 03.11.2003 mit ergänzender Stellungnahme vom 24.05.2004 zutreffend und umfassend dargestellt. Der Senat schließt sich diesen Ausführungen nach eigener Prüfung an und verweist insoweit gemäß § 153 Abs. 2 SGG zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils. Ergänzend ist lediglich anzumerken, dass der Kläger selbst zuletzt seine Tätigkeit in der Wäscherei nur mit maximal 5 Monaten beschrieben hat, was in Übereinstimmung mit den von ihm immer wieder beschriebenen Tätigkeiten in den Haftanstalten steht, und seine Knieprobleme als schon im Kindesalter angegeben hat, was umso mehr gegen eine Ursächlichkeit der Haft spricht.
9.
Unter Berücksichtigung der oben dargelegten Grundsätze ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass mit Bescheid vom 24.11.1980 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.07.1981 und der Bescheide vom 09.04.1986 und 30.06.1987 das Recht richtig angewandt worden ist. Das gilt insbesondere, nachdem weitere, die MdE bzw. den GdS erhöhenden Erkrankungen nicht festzustellen sind, für die nach wie vor zutreffende Bemessung der MdE/des GdS, wobei der Senat insoweit auf die Begründung des Senatsurteils vom 12.10.1992 verweist, der er sich ausdrücklich anschließt. Ergänzend ist lediglich abschließend darauf hinzuweisen, dass auch der persönliche Eindruck, den der Kläger in der mehrstündigen, durch keinerlei Aufmerksamkeitsdefizite gekennzeichneten Befragung in der Senatssitzung hinterlassen hat, sich nicht mit dem eines schwer gestörten psychisch Kranken, bei dem eine MdE bzw. ein GdS von 50 bis 70 angebracht wäre, in Übereinstimmung bringen lässt.
10.
Den in der mündlichen Verhandlung gestellten Hilfsanträgen war nicht stattzugeben. Der Senat konnte in der Sache entscheiden, ohne die beiden benannten Ärzte erneut zu hören, den Kläger ein weiteres Mal begutachten zu lassen oder die beantragte Zeugenauskunft einzuholen; er hat deswegen die darauf gerichteten Beweisanträge des Klägers abgelehnt.
Dem Hilfsantrag, von Amts wegen Dr. Dipl.-Psych. J. und PD Dr. F. zur Erläuterung ihrer Gutachten zu laden, war nicht stattzugeben, weil Art. 103 Abs. 1 GG keinen Anspruch darauf gewährt, das Fragerecht gegenüber Sachverständigen in jedem Fall mündlich auszuüben (vgl. BVerfG vom 29.05.2013 - 1 BvR 1522/12 - Juris Rz. 2; vgl. auch BVerfG vom 17.01.2012 - 1 BvR 2728/10 - NJW 2012, 1346, Juris Rz. 15 m.w.N.). Es ist auch nicht erkennbar, dass eine mündliche Befragung einen über die Wiederholung schriftlicher Äußerungen hinausreichenden Mehrwert hätte (so zuletzt BSG, Beschluss vom 10.12.2013 - B 13 R 198/13 B). Beide Sachverständige haben sich umfassend und Dr. Dipl.-Psych. J. sogar mehrmals, einmal als behandelnder Arzt und zweimal als Sachverständiger, sowohl zu den Schädigungsfolgen wie der Höhe des GdS geäußert. Welche Fragen den beiden Ärzten gestellt werden sollen oder wo noch Aufklärungsbedarf gesehen wird, hat der Kläger nicht dargelegt. Es entspricht dann dem Beweisrecht, dass das Gericht nicht verpflichtet ist, einem Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens oder Anhörung des behandelnden Arztes zum Beweis einer bestimmten Tatsache beliebig oft nachzukommen (zuletzt Urteil des Senats vom 27.03.2014 - L 6 U 4001/13 - unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 15.04.1991 - 5 RJ 32/90 - Juris). Es müssen zwar keine Fragen formuliert werden, sondern es reicht vielmehr aus, die erläuterungsbedürftigen Punkte hinreichend konkret zu bezeichnen (BSG SozR 3-1750 § 411 Nr. 1). Daran fehlt es aber vorliegend, denn die Notwendigkeit einer Erörterung hat der Kläger überhaupt nicht begründet (BSG, Beschluss vom 25.04.2013 – B 13 R 29/12 B – Juris). Der Senat vermochte keine Notwendigkeit zu erkennen, weitere Ermittlungen durchzuführen, da der entscheidungserhebliche Sachverhalt hinreichend geklärt ist.
Der weitere Beweisantrag auf Anhörung der Ex-Ehefrau zum Gesundheitszustand des Klägers nach der Haftentlassung war ebenfalls abzulehnen, weil es als wahr unterstellt werden kann und von dem Beklagten auch nicht mehr bestritten wurde, dass der Kläger danach an einer erlebnisreaktiven Reaktion gelitten hat, die mit einer MdE bzw. einem GdS von 30, also einer stärker behindernden Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit, zu bewerten ist, dies aber für die hier zu entscheidende Kausalitätsfrage, ob die jetzt aufgetretenen Gesundheitsschäden auf die Haft zurückgeführt werden können, nicht relevant ist. Dies gilt umso mehr, als die Ex-Ehefrau den Kläger erst nach der Haft kennengelernt und sich vor Auftreten der massiven gesundheitlichen Probleme von ihm getrennt hat und sich zu den relevanten Vorgängen deswegen nicht äußern kann, der Senat aber Gelegenheit hatte, den Kläger persönlich zu hören und sich einen Eindruck von ihm zu verschaffen.
11.
Die Berufung ist daher zurückzuweisen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Außergerichtlichen Kosten des Klägers sind in allen Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der am 05.04.1934 geborene Kläger begehrt im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens die Feststellung weiterer Schädigungsfolgen und die Gewährung einer Beschädigtengrundrente nach dem Häftlingshilfegesetz (HHG) in Verbindung mit dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) nach einer/m höheren Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) beziehungsweise Grad der Schädigungsfolgen (GdS).
Bei dem Kläger besteht eigenen Angaben zufolge eine familiäre Vorbelastung mit Gemütsleiden (Gutachten Dr. G., Gutachten Dr. R.), seine gesamte väterliche Linie ist psychisch auffällig, seine Mutter neigte zu Depressionen, seine leibliche Schwester ist in den 50er Jahren an einer endogenen Depression erkrankt und frühberentet, auch sein Neffe neigt zu depressiven Verstimmungen mit zweimaligem Suizidversuch.
Nach eigenen Angaben stammt der Kläger aus dem ehemaligen Sudetenland, wo er eine glückliche Kindheit auf dem großelterlichen Bauernhof verbrachte. Nach Kriegsende wurde er im Juli 1945 als Sudetendeutscher von den Tschechen zusammen mit seinen Großeltern und seiner Mutter in das ehemalige KZ bei dem ehemaligen J. (heute J., Gemeinde in Tschechien) verbracht und bekam dort schreckliche Szenen von Übergriffen tschechischer Soldaten mit. Nach Rückkehr seines Vaters aus norwegischer Kriegsgefangenschaft übersiedelte die Familie nach Thüringen, wo er nach erfolgreicher Absolvierung seines Abiturs zum Medizinstudium zugelassen wurde und ein Stipendiat bewilligt bekam. 1956 bestand er erfolgreich sein Physikum und wurde während des Medizinstudiums auch als Leistungssportler (Mittelstreckenläufer des FC C.-Z.-J.) weiter gefördert.
Am 02.12.1958 wurde er in J. verhaftet und verbrachte zunächst ein halbes Jahr in Untersuchungshaft. Diese Zeit empfand er als das Schlimmste, da er tagsüber beschäftigungslos war und nachts nicht richtig schlafen gelassen, vielmehr wiederholt das Licht angemacht und er vernommen wurde. Dabei wurde er zwar nicht körperlich misshandelt und auch nicht mit dem Tode bedroht, die Verhörsituation war aber für ihn unangenehm (Gutachten Dr. G., Bl. 189 V-Akte). Er wurde schließlich am 16.03.1959 wegen Ein- und Ausfuhr von Waren, Nichtmeldung eines Westkontos, Urkundenfälschung, Betrug, Ein- und Ausfuhr von Zahlungsmitteln der DDR, Verleitung bzw. Beihilfe zum illegalen Verlassen der DDR zu einer Haftstrafe von 8 Jahren und 6 Monaten verurteilt (Bescheinigung der Volkspolizei - Kreisamt M., Bl. 593 Senatsakte). Die erste Haftzeit verbüßte er bis Herbst 1960 im Zuchthaus W ... Dort war er von April bis September 1959 als Hilfsarzt der offenen TBC-Abteilung bis zu seiner Erkrankung an Gelbsucht eingesetzt. Danach verbrachte er 6 Wochen in Quarantäne und anschließend ein halbes Jahr aus disziplinarischen Gründen in Einzelhaft (Gutachten Dr. B.). Anschließend wurde er in der Wäschekammer eingesetzt, wo er schwere Lasten bis zu 12 Stunden am Tag in feuchten Räumen tragen musste und in einer zum Teil überbelegten Zelle, auch mit Kriminellen gemischt, untergebracht war. Wesentliche hygienische oder Ernährungsprobleme gab es ebenso wenig wie homosexuelle Übergriffe (Anamnese Dr. G.). Bis auf ein bis zwei leichtere Stockschläge wurde er körperlich nicht misshandelt. Danach hatte er es darauf angelegt, in Einzelhaft zu kommen und auch einmal für sich Einzelhaft beantragt (Anamnese Prof. Dr. B./PD Dr. D.). Im Herbst 1960 wurde er in die Zuchtanstalt T. verlegt, wo er in der Metallbranche als Fräser, Bohrer eingesetzt wurde. Für die Mitgefangenen war er dort eine Art Symbolfigur und veranlasste immer wieder Aktionen wie Sabotageakte, Schmierereien etc. in der Haftanstalt (Abschlussbericht der Kreisdienststelle T., Bl. 504 Senatsakte). Wegen dieser Vorfälle wurde zunächst Antrag gestellt, ein neues Strafverfahren gegen ihn wegen staatsgefährdender Hetze, Propaganda u.a. einzuleiten, er erhielt 21 Tage verschärften Arrest, Weiteres geschah dann aber nicht (Brief des Klägers vom 22.02.2009, Bl. 531 Senatsakte). Schließlich wurde er 1963 im November nach B. verlegt, wo er abermals im Gesundheitswesen in der Häftlingsarbeit eingesetzt war. Zum 10.12.1964 wurde er von der BRD freigekauft, entschied sich, in der DDR zu bleiben, nahm sein Medizinstudium im Frühsemester 1965 wieder auf, lernte seine damalige Ehefrau kennen, begann im Herbst sein Examen, welches er 1966 abschloss, und praktizierte anschließend als Landarzt.
Am 22.10.1968 gelang ihm die Flucht in die Bundesrepublik Deutschland (Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 des HHG vom 30.09.1969). Nach seiner Facharztausbildung zum Nervenarzt zog er von W. nach V. am Niederrhein um, um dort mit seiner damaligen Frau eine gemeinsame Facharztpraxis aufzubauen. Mit dieser erzielte er Einnahmen von ca. 1 Million Deutsche Mark (DM) Umsatz/Jahr. Anfang der 80er Jahre verlor er 1 Million DM mit Ölaktien und musste einen weiteren Verlust durch Schmuckspekulationen in Höhe von 400.000 DM erleiden, sodass seine Schulden nahezu 6 Millionen DM betrugen (Gutachten Dr. R., Bl. 158 V-Akte). In der Folgezeit betrieb er deswegen zwei Praxen parallel, d. h. frühmorgens die Praxis am Niederrhein und anschließend bis 23 Uhr eine weitere Praxis in Frankfurt. 1977 verlies ihn seine Ehefrau und er war anschließend in ca. 100 Prozesse verwickelt (Zivil- und Strafsachen, u.a. wegen einer gegen ihn betriebenen Entmündigung). Seit dem 23. März 1983 war er arbeitsunfähig erkrankt und wurde aufgrund der Begutachtung von Prof. Dr. B. bei manisch-depressiver Erkrankung als berufsunfähig im Sinne der Satzung der Nordrheinischen Ärzteversorgung angesehen.
Am 28.11.1968 stellte er einen Antrag auf Versorgung nach dem HHG und machte als Schädigungsfolgen eine Hepatitis infektiosa, rezidivierende thyreotoxische Krisen mit schweren pektanginösen Beschwerden, ischialgiforme Beschwerden bei Bandscheibenschaden, Senk-Spreizfüße, eine Arthrose im rechten Knie, eine chronische Sinusitis beidseits, eine Trigeminusneuralgie, eine vegetative Labilität, eine chronische Gastritis, vegetative Störungen, eine Prostatitis sowie eine beginnende Beugekontraktur der Finger 4 und 5 beider Hände geltend.
Der Kläger wurde auf Veranlassung des Versorgungsamts (VA) Berlin stationär begutachtet. Der Augenarzt Dr. P. erhob in seinem Gutachten vom 25.03.1969 von Seiten der Augen keinen pathologischen Befund. Dr. S. erachtete in seinem Gutachten vom 24.03.1969 auf chirurgischem und urologischem Fachgebiet als Haftfolgeschaden lediglich eine Narbe unterhalb der rechten Kniescheibe ohne Funktionseinschränkung. Der Facharzt für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde Dr. H. fand in seinem Gutachten vom 25.03.1969 auf seinem Fachgebiet keine mit den Haftverhältnissen in Verbindung stehenden Gesundheitsstörungen. Dr. B. führte in ihrem nervenärztlichen Gutachten vom 03.07.1969 aus, das psychische Verhalten des Klägers wirke sachlich und affektiv ausgeglichen. Auch der neurologische Befund sei in allen Anteilen regelgerecht gewesen. Eine leichte vegetative Labilität sei wegen der Geringfügigkeit der Symptomatik in einem internistischen Hauptgutachten mit zu beurteilen. Die während der Haft aufgetretenen stärkeren nervösen Erscheinungen seien jetzt bei Normalisierung der Lebensverhältnisse wieder völlig abgeklungen und bedürften daher keiner besonderen Berücksichtigung. Dr. B. empfahl in seinem internistischen Gutachten vom 24.03.1969 eine Nachuntersuchung und führte weiter aus, die noch vorhandenen vegetativen Beschwerden seien konstitutionell auf eine Schilddrüsenvergrößerung zurückzuführen und im Übrigen sei als Versorgungsleiden lediglich die Narbe unterhalb der rechten Kniescheibe mit einer MdE um 0 vom Hundert (v. H.) vorhanden. Aktenkundig wurde die Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG des Senators für Arbeit, Gesundheit und Soziales Berlin vom 30.09.1969, in der bestätigt wurde, dass die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 HHG vorliegen und Ausschlussgründe nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 HHG nicht gegeben sind. In seinem Zusatzgutachten vom 17.11.1969 führte Dr. B. aus, eine Bromthaleinretention sei als Reststörung nach durchgemachter Gelbsucht aufzufassen, wofür die MdE auf 20 v. H. geschätzt werde. Alle anderen Leberfunktionsproben seien normal gewesen. Weitere Schädigungsleiden lägen nicht vor.
Mit Bescheid vom 06.01.1970 anerkannte das VA Berlin als Schädigungsfolgen "Narbe unterhalb der rechten Kniescheibe; fibrotische Leberreststörung nach Gelbsucht" und stufte die MdE mit unter 25 v. H. ein. Hiergegen erhob der Kläger unter anderem mit der Begründung Widerspruch, dass auf die psychischen Faktoren überhaupt nicht eingegangen worden sei. Nach Einholung der versorgungsärztlichen Stellungnahmen von Dr. S. vom 25.02.1970, Dr. B. vom 02.06.1970, Dr. S. vom 12.08.1970 und Dr. H. vom 25.08.1970 wies das Landesversorgungsamt (LVA) Berlin den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 16.09.1970 zurück.
Am 16.05.1979 stellte der zwischenzeitlich nach Baden-Baden umgezogene Kläger beim nunmehr zuständigen VA K. einen mit einem Antrag auf Anerkennung weiterer Schädigungsfolgen verbundenen Verschlimmerungsantrag, den er insbesondere mit einer Arthrose im rechten Kniegelenk, Leberstörungen sowie Bandscheibenschäden der Hals- und Lendenwirbelsäule begründete. Dr. F. W. fand in dem internistischen Gutachten vom 09.10.1980 von innerfachärztlicher Seite keine Gesundheitsstörungen, die ursächlich auf Schädigungseinflüsse zurückgeführt werden könnten. Der Chirurg Dr. F. kam in seinem Gutachten vom 09.10.1980 zusammenfassend zu der Auffassung, die bisherige Anerkennung der Leberreststörung müsse entfallen und als Schädigungsfolgen sei lediglich eine Narbe unterhalb der rechten Kniescheibe anzuerkennen. An Nichtschädigungsfolgen diagnostizierte er eine geringe deformierende Veränderung an der Wirbelsäule, eine beginnende Kniearthrose beiderseits, eine X-Stellung der Kniegelenke, eine Überstreckbarkeit der Kniegelenke und eine Narbe nach Appendektomie.
Das VA K. lehnte daraufhin mit Bescheid vom 24.11.1980 den Erhöhungsantrag ab, anerkannte nunmehr als Schädigungsfolgen "Narbe unterhalb der rechten Kniescheibe" und stufte die MdE weiterhin mit unter 25 v. H. ein.
Den hiergegen vom Kläger eingelegten Widerspruch, den er insbesondere im Hinblick auf das schwere Säcketragen von nasser Wäsche begründete, wies das LVA Baden-Württemberg mit Widerspruchsbescheid vom 22.07.1981 zurück. Eine Leberreststörung nach Gelbsucht liege nicht mehr vor, die arthrotischen Veränderungen beider Kniegelenke seien seitengleich entwickelt, rheumatische Veränderungen seien nicht feststellbar und bei den geltend gemachten Wirbelsäulenveränderungen handele es sich um altersentsprechende Abnutzungsveränderungen.
Hiergegen erhob der Kläger Klage (S 3 V 1984/81) beim Sozialgericht (SG) Karlsruhe. Das SG Karlsruhe zog Unterlagen des R.-V.-Krankenhauses B. über eine stationäre Behandlung vom 11.05.1973 bis zum 18.05.1973 bei, holte die Auskünfte der Orthopäden Dr. H. sowie Dr. U. ein und erhob das orthopädische Gutachten von Prof. Dr. R./Dr. H. vom 29.03.1983. Das Land Baden-Württemberg bot daraufhin am 26.05.1983 vergleichsweise die Anerkennung von degenerativen Veränderungen im Bereich der Halswirbelsäule als weitere Schädigungsfolgen an. Das SG Karlsruhe holte ferner das internistische Gutachten von Dr. L. vom 01.12.1983 und die ergänzende gutachterliche Stellungnahme von Dr. H. vom 28.05.1984 ein.
Der Kläger nahm im Rahmen des am 26.07.1984 abgeschlossenen Teilvergleichs das Ver-gleichsangebot vom 26.05.1983 an. Mit Urteil vom 26.07.1984 wies das SG Karlsruhe die auf die zusätzliche Anerkennung einer Gonarthrose beider Kniegelenke, degenerativer Veränderungen der Lendenwirbelsäule und eines Folgezustands nach Hepatitis als Schädigungsfolgen und Gewährung einer Beschädigtengrundrente gerichtete Klage mit der Begründung ab, weitere, über den Teilvergleich hinausgehende Schädigungsfolgen seien nicht festzustellen und die anerkannten Schädigungsfolgen bedingten keine MdE in rentenberechtigendem Grade.
Hiergegen legte der Kläger Berufung (L 11 V 2264/84) beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) ein. Er begründete die Berufung damit, bezüglich der Leber und der Wirbelsäule lägen weitere Schädigungsfolgen vor.
Ferner stellte der Kläger am 08.10.1984 beim VA K. bezüglich der Anerkennung psychischer Haftschäden einen Verschlimmerungsantrag mit der Begründung, er habe schon im Jahr 1969 auf die psychischen Haftschäden hingewiesen, ohne dass hierauf eingegangen worden sei, und er sei wegen dieser Erkrankung nunmehr zu 100 % "invalidisiert".
Nachdem der Kläger im Berufungsverfahren unter anderem die Arztbriefe von Prof. Dr. L., Kommissarischer Leiter der Abteilung für Gastroenterologie am Klinikum der Universität F., vorgelegt hatte, wurde auf Antrag der Beteiligten wegen des gestellten Verschlimmerungsantrages das Ruhen des Verfahrens angeordnet.
Im Verwaltungsverfahren legte der Kläger den Bescheid der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vom 10.09.1984 über die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit bis zum 31.07.1986 vor. Das VA K. zog das in diesem Rentenverfahren eingeholte nervenärztliche Gutachten von Dr. R. vom 10.07.1984 (Manie bei Zyklothymie) und das für die Ärztekammer N. zur Frage der Berufsunfähigkeit des Klägers erstattete Gutachten von Prof. Dr. B./PD Dr. D., Zentrum der Psychiatrie an der Universität F. am Main, vom 26.01.1984 (manisch-depressive Erkrankung, Erstmanifestation 1975) bei. Der Neurologe und Psychiater Dr. G. führte in seinem versorgungsärztlichen Gutachten vom 14.02.1986 aus, die durchgeführte körperlich-neurologische Untersuchung habe keinen relevanten Befund von Krankheitswert ergeben. Im psychischen Bereich handele es sich diagnostisch um eine Zyklothymie. Ein Zusammenhang mit der Haft sei abzulehnen, weil mehr Gründe dagegen als dafür sprächen. Begründet wurde dies von Dr. G. damit, dass in der Familie des Klägers eine Belastung mit Gemütsleiden bestehe. Ausgehend von den auch bei den Vorgutachtern gemachten anamnestischen Angaben des Klägers handele es sich bei diesem um eine außergewöhnliche Persönlichkeit mit einem nicht alltäglichen Lebensschicksal. Hinsichtlich der Zusammenhangsfrage sei wesentlich, dass schon vor der Haftzeit ein auffälliges Persönlichkeitsprofil im Sinne einer hyperthymen Persönlichkeit vorgelegen habe. Auch während der Haftzeit habe sich der Kläger stark engagiert und sei häufig als Wortführer aufgetreten. Nach der Haftentlassung habe er mit einem Rückzug reagiert. Die Betriebsamkeit habe sich dann wieder gesteigert und sei zumindest ab dem Jahr 1973 in teilweise unkontrollierbare und ungesteuerte Handlungen eingemündet. Seit etwa 1975 seien die ersten depressiven Schwankungen aufgetreten. Es bestehe kein Zweifel, dass beim Kläger eine manisch-depressive Erkrankung vorliege und nicht ein durch extreme Belastung verursachter erlebnisbedingter Persönlichkeitswandel. Die wesentlichen Persönlichkeitszüge hätten schon vor der Haftzeit bestanden. Eine psychotische Dekompensation während der Haftzeit sei ausgeschlossen und manische, im weiteren Verlauf auch depressive Phasen ließen sich frühestens ab Mitte der 70er Jahre diagnostizieren. Bei dieser Latenz sei im Hinblick auf die Manifestation der manisch-depressiven Erkrankung eine wesentliche Mitverursachung durch die Haftzeit abzulehnen.
Mit Bescheid vom 09.04.1986 lehnte das VA K. den Verschlimmerungsantrag mit der Begründung, die vorliegende manisch-depressive Erkrankung sei persönlichkeitsbedingt, ab. Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger Klage (S 3 V 1197/86) beim SG Karlsruhe. Das SG Karlsruhe wies die Klage mit Urteil vom 13.05.1987 mit der Begründung, der angefochtene Bescheid vom 09.04.1986 sei nach § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des beim LSG ruhenden aber noch anhängenden Verfahrens geworden, als unzulässig ab.
Aufgrund eines vom Kläger gestellten Beweissicherungsantrages wurde am 25.05.1987 dessen Mutter als Zeugin durch das SG W. als Rechtshilfegericht vernommen. Sie führte im Wesentlichen aus, der Kläger sei nach der Haftentlassung nicht wiederzuerkennen gewesen. Er sei nun verschlossen gewesen, habe sich zurückgezogen und sei aggressiv und bösartig gewesen. Ferner beschrieb sie Albträume des Klägers nach der Haftentlassung.
Mit dem den vor dem SG Karlsruhe am 26.07.1984 geschlossenen Teilvergleich ausführenden Bescheid vom 30.06.1987 anerkannte das VA K. als Schädigungsfolgen "Narbe unterhalb der rechten Kniescheibe, degenerative Veränderungen im Bereich der Halswirbelsäule" und führte aus, hierdurch werde eine MdE um mindestens 25 v. H. nicht erreicht.
Gegen das Urteil des SG Karlsruhe vom 13.05.1987 legte der Kläger ebenfalls Berufung (L 11 V 1374/87) ein. Er legte das für die Vereinigte Krankenversicherung Salus Krankenhauskosten-Versicherung zur Frage seiner Arbeits- beziehungsweise Berufsfähigkeit erstattete Gutachten von Prof. Dr. B./Dr. S., Rehabilitationskrankenhaus K.-L., vom 30.12.1983 vor. Die Gutachter führten aus, dass eine Einordnung des Krankheitsbildes schwierig sei, aber unabhängig von der Diagnose sowohl Arbeits- als auch Berufsunfähigkeit bestehe. Nach Hinweis des LSG, dass der Bescheid vom 09.04.1986 Gegenstand des ruhenden Verfahrens geworden sei, nahm der Kläger die Berufung zurück und rief das ruhende Verfahren L 11 V 2264/84 wieder an, das unter dem Aktenzeichen L 11 V 1960/87 weitergeführt wurde.
Das LSG erhob das Gutachten des Prof. Dr. D., inzwischen Leiter des Psychiatrischen Krankenhauses H., vom 26.02.1988. Er hatte den Kläger ab Januar 1984 nervenärztlich behandelt. Er schilderte in seinem Gutachten den Kläger als eine von frühester Jugend her durchsetzungsfähige, leistungsbereite und stimmungsgehobene Persönlichkeit. Weiter führte er aus, die diagnostische Einordnung des vorliegenden Krankheitsbildes sei schwierig, da der Kläger eine außergewöhnliche Persönlichkeit sei. Mitaufbauend auf den anamnestischen Angaben des Klägers gebe es jedoch keinerlei Anhaltspunkt dafür, dass es im Anschluss an die Haft zu einer Persönlichkeitsänderung gekommen sei. Es handele sich um eine manisch-depressive Krankheit, die diagnostisch deutlich von einer möglichen Persönlichkeitsstörung beziehungsweise Persönlichkeitsveränderung oder aber einer psychogenen reaktiven Entwicklung abgrenzbar sei. Erst nach einem ausgesprochen langen Intervall von 18 Jahren nach Haftende sei im Jahr 1983 erstmals eine Arbeitsunfähigkeit objektiviert worden. Dieses lange Intervall spreche eindeutig gegen einen relevanten, überdauernden psychischen Haftschaden. Die manisch-depressive Erkrankung sei um das Jahr 1977 langsam aufgetreten. Aufgrund der Familienanamnese zeige sich beim Kläger eine genetische Verwundbarkeit mit affektiven Störungen. Es lasse sich keine Beziehung zu der zweifelsohne sehr belastenden, jedoch weit zurückliegenden Haftzeit feststellen. Danach sprächen mehr Argumente gegen als für eine wesentliche Mitverursachung der Psychose durch die Haftzeit, wobei entscheidendes Argument die lange Latenzzeit sei. Das Krankheitsbild entspreche auch nicht dem Bild eines reaktiven seelischen Schadens als Folge eines einschneidenden äußeren Erlebnisses. In diesem Falle hätte sich durchgehend ein Bild von Erschöpfung und Antriebslosigkeit, verbunden mit vegetativen Störungen, aufzeigen müssen.
Danach wurde auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das ner-venärztliche Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. B., Oberarzt im Zentralinstitut für Seelische Gesundheit M., vom 13.10.1988 eingeholt. Der Sachverständige führte aus, für die Beurteilung der vor der Haftzeit bestehenden Persönlichkeit seien die anamnestischen Angaben des Klägers zur Kindheit und Jugend wesentlich. Diese seien bei den vorhergehenden Gutachten verschieden erfolgt. Ihm gegenüber habe sich der Kläger als eher schüchternes, verlegenes, rasch errötendes Kind, das sich um Anpassung und Integration bemüht habe, geschildert. Demgegenüber hätten die gegenüber Prof. Dr. B. geschilderten Angaben eine viel aktivere Rolle und ein anderes Selbstverständnis impliziert. Zusammenfassend diagnostizierte Dr. B. beim Kläger eine chronische Persönlichkeitsstörung. Aktuelle Anhalte für eine Exazerbation der seitens der Vorgutachter diagnostizierten manisch-depressiven Erkrankung hätten zum Untersuchungszeitpunkt nicht vorgelegen. Unter Zugrundelegung der Angaben des Klägers bei der Untersuchung sei durch die Haftzeit eine chronische seelische Störung verursacht worden. Der Hafteinfluss sei ein entscheidendes Moment für die Entwicklung der vorhandenen extremen Charakterzüge, die in gewissem Umfang eine psychische und soziale Behinderung zur Folge hätten, die auf eine MdE um 50 v. H. geschätzt werde. Auch bei der Annahme, dass bereits vor der Haft eine zu Extremen neigende Persönlichkeitsstruktur vorhanden gewesen wäre, müsse immer noch ein Hafteinfluss anerkannt werden, der sich jedoch in einer geringeren MdE um 30 v. H. niederschlagen müsse. Darüber hinaus könne möglicherweise eine zyklisch verlaufende Erkrankung (Zyklothymie) vorliegen, die aber nicht in kausalem Zusammenhang mit der Haft stehe.
Hierzu führte Dr. R. in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 07.11.1988 aus, eine Persönlichkeitsveränderung erscheine zwar möglich, wahrscheinlicher sei jedoch das Verhalten des Klägers vor dem Hintergrund einer zyklothymen Erkrankung zu sehen.
Prof. Dr. D. führte in der ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom 27.02.1989 aus, die richtige Einschätzung hänge von der Schilderung des Klägers beziehungsweise von seinem momentanen psychopathologischen Zustandsbild ab. Aufgrund der Schilderungen des Klägers bei Dr. B. könne er dessen Schlussfolgerungen zustimmen. Dagegen sprächen aber die von ihm und Prof. Dr. B. erhobenen Befunden, so dass er ausgehend von den dort gemachten Angaben des Klägers bei seiner bisherigen Einschätzung verbleibe.
Des Weiteren erhob das LSG das fachorthopädische Gutachten von Prof. Dr. S./Dr. S., Orthopädische Universitätsklinik und Poliklinik F./F. am Main, vom 18.07.1989. Sie führten aus, die das Altersmaß übersteigenden Formveränderungen an der Halswirbelsäule mit kyphotischer Knickbildung zwischen dem 6. und 7. Halswirbelkörper seien mit Wahrscheinlichkeit als schädigungsbedingt anzusehen. Ebenso bestehe eine Narbenbildung unterhalb der rechten Kniescheibe als unmittelbare Haftfolge. Weitere Gesundheitsstörungen auf orthopädischem Fachgebiet könnten nicht mit Wahrscheinlichkeit auf einen erlittenen Haftschaden zurückgeführt werden. Die MdE für die mit Wahrscheinlichkeit auf den Haftschaden zurückführbaren Gesundheitsstörungen sei mit 10 v. H. einzuschätzen. Die Gesamt-MdE betrage unter der fiktiven Annahme einer MdE von unter 25 v. H. auf nervenfachärztlichem Gebiet ebenfalls unter 25 v. H., einer MdE um 30 v. H. auf nervenfachärztlichem Gebiet 40 v. H. und einer MdE um 50 v. H. auf nervenfachärztlichem Gebiet 60 v. H.
Dr. R. führte in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 01.09.1989 aus, eine Veränderung der bisherigen versorgungsärztlichen Auffassung bezüglich der Anerkennung einer manisch-depressiven Erkrankung ergebe sich nicht.
Das LSG zog ferner die Krankenunterlagen von Prof. Dr. B. bei und hörte am 16.07.1990 die vom Kläger benannten Dr. M. und Dipl.-Ing. Dr. G. als Zeugen. Dr. M. beschrieb den Kläger als vor der Haft unauffälligen Kommilitonen. Nach der Haft sei der Kläger unselbständig gewesen und habe über einen Albtraum berichtet. Dipl.-Ing. Dr. G. berichtete über mit unüberlegten Verhaltensweisen einhergehende Anpassungsprobleme des Klägers nach der Haftentlassung.
Das Land Baden-Württemberg bot sodann am 16.07.1990 vergleichsweise die Anerkennung eines erlebnisbedingten Persönlichkeitswandels als Schädigungsfolge und die Gewährung einer Beschädigtengrundrente nach einer MdE um 30 v. H. nach § 30 Abs. 1 BVG an. Der Kläger erklärte hierzu, er sei bei einer Anerkennung einer MdE um 50 v. H. vergleichsbereit.
Dr. Biedert erstattete auf Anforderung des LSG das Ergänzungsgutachten vom 31.10.1990. Danach sei unter Auswertung der von Prof. Dr. B. übersandten Krankenunterlagen und unter Zugrundelegung der von Dr. M. und Dipl.-Ing. Dr. G. gemachten Angaben davon auszugehen, dass beim Kläger vor der Inhaftierung keine Persönlichkeitsstörung bestanden habe, diese aber nach Haftentlassung manifest geworden sei. Diese Persönlichkeitsstörung habe sich in Charakterzügen wie Selbstunsicherheit, Ängstlichkeit, jedoch auch Affektlabilität mit Neigung zu affektiven Durchbrüchen und unter anderem auch in querulatorischen Verhaltensweisen gezeigt. Die querulatorischen Verhaltensweisen seien nicht nur vorübergehender Natur gewesen. Selbst bei Unterstellung, dass vor der Haft eine Persönlichkeitsstruktur mit Zügen der Selbstunsicherheit, leichter Kränkbarkeit, jedoch Kompensierung durch Ehrgeiz und extreme Leistungsorientierung vorgelegen habe, so hätten diese Persönlichkeitszüge vor der Haft nicht den Grad einer Persönlichkeitsstörung gehabt, so dass demgemäß die nach der Haft bis heute persistierende Persönlichkeitsstörung in vollem Umfang als erlebnisbedingt einzuschätzen sei. Wegen der Tatsache, dass trotz der erkennbaren Persönlichkeitsstörung nach der Haft noch eine weitere berufliche Ausbildung und auch in späteren Jahren zumindest in gewissem Umfang eine berufliche Tätigkeit möglich gewesen sei, sei die MdE bei 50 v. H. anzusetzen. Eine höhere Einschätzung der MdE komme jedoch nicht in Betracht, da nach der Übersiedlung des Klägers in die Bundesrepublik noch weitere Entwicklungen eine Rolle gespielt haben müssten. Unter Annahme einer orthopädisch bedingten MdE um 10 v. H. betrage die Gesamt-MdE wegen der überragenden Rolle der psychischen Folgeerscheinungen ebenfalls 50 v. H.
Auf Hinweis des Dr. R. in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 27.11.1990 und Veranlassung des LSG übersandte Prof. Dr. K. sein im Auftrag der Vereinten Versicherungen München erstattetes Gutachten vom 31.03.1989, in dem er eine thymopathische Persönlichkeitsstörung beschrieb. Hierzu äußerte sich Dr. R. in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 06.12.1990.
Der Kläger führte aus, er sei am G. B., Klinik für offene Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie, stationär behandelt worden und legte die Schreiben des Dr. N., Oberarzt am G. B., vom 18.12.1990 und von Dr. Dipl.-Psych. J., Chefarzt am G. B., sowie Dr. N. vom 04.01.1991 vor. Der Senat hörte sodann Dr. N. unter dem 19.01.1991 schriftlich als sachverständigen Zeugen.
Dr. R. führte in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 09.04.1991 aus, es sei nach wie vor zu diskutieren, ob ein erlebnisbedingter Persönlichkeitswandel oder eine Zyklothymie vorliege. Eine sichere Differenzierung nach der Kausalität und zuverlässige Zuordnung zu diagnostischen Kriterien lasse sich nicht erkennen.
Im weiteren Verfahrensverlauf machte der Kläger unter Vorlage unter anderem des Arztbriefes des Prof. Dr. H., Chefarzt der Orthopädischen Abteilung der D.-Klinik B., vom 11.02.1991 eine Spondylolisthese als Schädigungsfolge geltend.
Auf Veranlassung des LSG erstattete der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. M., Leitender Regierungsmedizinaldirektor a. D., unter Berücksichtigung des computertomographischen Gutachtens der Dr. S. vom 26.11.1991 das Gutachten vom 17.12.1991. Darin führte dieser aus, es bestehe kein vernünftiger Zweifel, dass eine besondere familiäre Situation gegeben sei, die als psychodynamische Komponente Bedeutung gewonnen habe. Darüber hinaus seien auch Persönlichkeitssigna vorhanden. Die Tatsache der Inhaftierung sei unzweifelhaft eine Zäsur im bisherigen Leben des Klägers gewesen. Diese habe auch mit all ihren Implikationen über lange Zeit hin eine deutliche Belastung dargestellt und zwar im Sinne einer depressiv-getönten Erlebnisreaktion. Diese habe die Haftjahre überdauert und sich sicherlich bis in die Zeit der Ausbildung zum Facharzt Ende der 60er bis Anfang der 70er Jahre hinein lytisch abklingend fortgesetzt. Es folge dann die Zeit der sich abzeichnenden Zyklothymie, insbesondere mit der manischen Auslenkung, die einerseits zu beruflichen Höchstleistungen, andererseits aber auch zu schweren sozialen und familiären Komplikationen Anlass gegeben habe. Die Zyklothymie sei medikamentös und psychotherapeutisch behandelt worden, was in den bisherigen gutachterlichen Aussagen nicht angemessen gewürdigt worden sei. Haftspezifische Folgeerscheinungen, etwa im Sinne eines erlebnisbedingten Persönlichkeitswandels oder einer Persönlichkeitsänderung durch Extrembelastungen, lägen nicht vor. Unzweifelhaft habe aber über längere Zeit hin eine reaktiv-depressive Verstimmung nach der Haft die Anpassung im sozialen Milieu, besonders während der DDR-Zeit, beeinträchtigt und auch eine Zeit lang noch später überdauert. Diese Restsymptome überlagerten sich nun andererseits aber, überaus schwer abgrenzbar, mit denen der beginnenden Zyklothymie mit depressiver, aber doch sehr bald manischer Auslenkung. Hinzugetreten seien neuerlich die Symptome einer zerebralen Gefäßveränderung. Bei sorgfältiger Abwägung werde man bei Ausschluss der Zyklothymie als Schädigungsfolge, bei Nichtvorliegen eines Persönlichkeitswandels und einer Persönlichkeitsänderung sowie bei Nichtbestehen einer zerebralen Dystrophie einen gewissen Restbestand an haftbezogener Betroffenheit zurückbehalten, der auch gegenüber der vorgegebenen Persönlichkeitsartung abgrenzbar bleibe. Diese Komponente sei auch in Kenntnis der Schwere einer solchen Abgrenzung mit einer MdE um 30 v. H. einzuschätzen und als leichtere erlebnisreaktive Verstimmung zur Anerkennung im Sinne der Entstehung vorzuschlagen. Unter dieser Umschreibung seien Teilkomponenten der Beeinträchtigung des Selbstwertgefühls, der Identitätsabwandlung der Selbstsicherheit wie auch der dynamischen Insuffizienz erfasst. Die retrospektive Betrachtung habe unter Einbeziehung aller erreichbaren Akten diese Wertung ermöglicht. Die sozialen und finanziellen "Auslenkungen" könnten kausal nicht dem "Haftschaden" angelastet werden.
Sodann unterbreitete das Land Baden-Württemberg den Vergleichsvorschlag vom 09.03.1992, mit dem es die Anerkennung einer erlebnisreaktiven Verstimmung als weitere Schädigungsfolge mit einer MdE um 30 v. H. ab 01.09.1985 anbot. Dieses Vergleichsangebot wurde vom Kläger nicht angenommen.
Daraufhin hörte das LSG unter dem 02.07.1992 Dr. Dipl.-Psych. J. schriftlich als sachverständigen Zeugen. Unter Übersendung seines Arztbriefes vom 26.03.1991 führte er aus, er komme aufgrund des langen Behandlungszeitraumes (er kenne den Kläger seit gut 1 ¾ Jahren) immer mehr zu der Überzeugung, dass keine Zyklothymie vorliege und höchstwahrscheinlich auch nie vorgelegen habe. Er sei davon überzeugt, dass das schwersttraumatische mehrjährige Hafterlebnis ursächlich sowohl für das spätere als auch jetzt noch vorliegende chronifizierte depressive Syndrom sei und auch die schwere Persönlichkeitsstörung ausgelöst habe. Die in seinem Arztbrief vom 26.03.1991 von ihm selbst aufgeführte Diagnose eines "schwer ausgeprägten, chronifizierten depressiven Syndroms bei zyklothym/thymopathisch-zwanghafter Persönlichkeitsstruktur überwiegend reaktiv ausgelöst durch ein schwersttraumatisches, mehrjähriges Hafterlebnis" würde er heute nicht mehr als zutreffend beurteilen.
Anschließend holte das LSG auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG das orthopädische Gutachten des Prof. Dr. H. vom 14.07.1992 ein. Darin führte er aus, wahrscheinlich sei, dass unabhängig vom Sport und von den Hafteinwirkungen in den ersten 20 Lebensjahren aus schicksalsmäßigen Ursachen heraus sich eine Spondylolyse entwickelt habe, die sich zur erstmals 1991 röntgenologisch ersichtlichen Spondylolisthese im Laufe des Lebens weiter entwickelt habe. Die Beschwerden von Seiten der Halswirbelsäule beruhten auf fortgeschrittenen Verschleißerscheinungen. Die Zurückführung dieser Beschwerden auf die Haft, wie in den Gutachten von Prof. Dr. R. und Prof. Dr. S. vorgenommen, sei nicht sehr überzeugend. Die beginnende Hüftarthrose rechts sei ebensowenig durch Hafteinwirkungen bedingt wie die beginnende Arthrose im rechten Kniegelenk und im rechten oberen Sprunggelenk. Der während der Haft erlittene Sturz auf das rechte Kniegelenk habe lediglich eine reizfreie circa 5 Zentimeter lange Narbe zur Folge gehabt. Weitere Knieschäden ließen sich nicht mit genügender Wahrscheinlichkeit auf die Belastungen während der Haft zurückführen. Haftbedingt sei am Haltungs- und Bewegungsapparat des Klägers nur ein Dauerschaden aufgetreten, der höchstens mit einer MdE um 10 v. H. zu bewerten sei. Unter Zugrundelegung des Ergebnisses von Prof. Dr. M. empfahl Prof. Dr. H. unter Berücksichtigung der weiteren Schädigungsfolgen Narbe unterhalb der rechten Kniescheibe und degenerative Veränderungen im Bereich der Halswirbelsäule eine Gesamt-MdE um 30 v. H.
Zu den Ausführungen des Dr. Dipl.-Psych. J. nahm Prof. Dr. M. ergänzend unter dem 22.07.1992 Stellung. Er führte aus, die Darstellung des Dr. Dipl.-Psych. J. sei aus therapeutischer Sicht erstellt, zentriere sich im Wesentlichen auf psychodynamische Behandlungsstrategien und gelange damit, gleichsam zwangsläufig, zu monokausalen Deutungen und folgerichtig auch zu bestimmten Lösungskonzepten. Sie berücksichtige das multifaktorielle Geschehen und die Vielschichtigkeit der biographischen Entwicklungen nicht in der erforderlichen Weise. Die Biographie des Klägers enthalte alles andere als permanente, unflexible Verhaltensweisen, feindliche Haltung der Welt gegenüber, sozialen Rückzug, Gefühle der Hoffnungslosigkeit und das Erleben ständiger Bedrohung und Entfremdung. Es sei auch nach der Würdigung und den Aussagen der anderen Sachverständigen, die unmittelbar und zeitnah den Kläger gesehen hätten von einem lebhaften Wandel der Symptomatik auszugehen. Im Ergebnis verblieb Prof. Dr. M. bei seiner Auffassung.
Der Kläger legte die Stellungnahme des Dr. Dipl.-Psych. J. vom 21.09.1992 zu dem Gutachten von Prof. Dr. M. vor. Darin führte dieser aus, die Haftbedingungen hätten mit hoher Wahrscheinlichkeit eine schwere erlebnisbedingte Persönlichkeitsstörung-/änderung und eine posttraumatische Belastungsstörung bedingt und die MdE sei mit mindestens 60 v. H. einzuschätzen.
Dr. R. führte in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 02.10.1992 aus, da sich seit den vorangegangenen Begutachtungen im Vergleich zu den Erhebungen von Dr. Dipl.-Psych. J. die Persönlichkeitsstruktur des Klägers - gleichgültig wie man sie zuordne - offenbar nicht verändert habe, ergebe sich aus versorgungsärztlicher Sicht kein Anhalt, von der bisherigen Auffassung abzuweichen.
Mit Urteil vom 12.10.1992, berichtigt durch Beschluss vom 29.10.1992, änderte das LSG das Urteil des SG Karlsruhe vom 26.07.1984 ab, verurteilte das Land Baden-Württemberg unter Abänderung des Bescheides vom 24.11.1980 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.07.1981 sowie der Bescheide vom 09.04.1986 und 30.06.1987, als weitere Schädigungsfolge eine erlebnisreaktive Verstimmung anzuerkennen sowie dem Kläger ab 01.10.1984 eine Beschädigtengrundrente nach einer MdE um 30 v. H. zu gewähren, und wies im Übrigen die Berufung zurück sowie die Klage ab. Auf internistischem Fachgebiet bestünden beim Kläger keine haftbedingten Gesundheitsstörungen. Dies ergebe sich aus den Gutachten von Dr. B., Dr. F. W. und Dr. L ... Weiter stehe fest, dass auf orthopädisch-chirurgischem Fachgebiet über die anerkannten Schädigungsfolgen "Narbe unterhalb der rechten Kniescheibe, degenerative Veränderungen im Bereich der Halswirbelsäule" hinaus keine haftbedingten Gesundheitsstörungen vorlägen. Dies folge aus den Gutachten von Dr. Freudenberger, Prof. Dr. R. mit ergänzender Stellungnahme von Dr. H., Prof. Dr. S. und Prof. Dr. H ... Ferner liege beim Kläger schädigungsbedingt eine erlebnisreaktive Verstimmung vor. Insoweit sei den Ausführungen von Prof. Dr. M. zu folgen. Dieser Zustand bedinge eine MdE um 30 v. H. Im Übrigen sei unter Würdigung der Gutachten von Dr. B., Dr. G., Prof. Dr. D., Dr. B., den Stellungnahmen von Dr. N. und Dr. Dipl.-Psych. J. sowie insbesondere den Gutachten von Prof. Dr. M. davon auszugehen, dass weitere haftbedingte Gesundheitsstörungen nicht feststellbar seien und die anerkannten Gesundheitsstörungen keine höhere MdE als 30 v. H. bedingten. Beim Kläger sei eine Mehrzahl von Faktoren festzustellen, von denen die Haftbedingungen nur eine sei, und die sich teilweise verstärkend und überlagernd zu dem Erscheinungsbild geführt hätten, das nunmehr festzustellen sei. Die Annahme von Dr. Dipl.-Psych. J., lediglich der Haftschaden habe sämtliche beim Kläger bestehenden Gesundheitsstörungen auf psychiatrischem Gebiet bedingt, sei deshalb nicht richtig und stehe auch nicht in Übereinklang mit den vom Kläger im Verlauf der letzten Jahre und Jahrzehnte gezeigten Verhaltensweisen. Dies habe Prof. Dr. M. überzeugend ausgeführt. Ferner komme eine Erhöhung der MdE wegen besonderer beruflicher Betroffenheit nach § 30 Abs. 2 BVG nicht in Betracht, nachdem Prof. Dr. M. in seinem Gutachten ausgeführt habe, dass die sozialen und finanziellen Auslenkungen nicht dem Haftschaden kausal angelastet werden könnten.
Mit Ausführungsbescheid vom 24.11.1992 anerkannte das VA K. als Schädigungsfolgen "Narbe unterhalb der rechten Kniescheibe, degenerative Veränderungen im Bereich der Halswirbelsäule, erlebnisreaktive Verstimmung" und bewilligte Beschädigtengrundrente nach einer MdE um 30 v. H. ab 01.10.1984 nach § 30 Abs. 1 BVG und hob die Bescheide vom 24.11.1980, 22.07.1981, 09.04.1986 und 30.06.1987 insoweit auf. Den hiergegen eingelegten Widerspruch des Klägers wies das LVA B. mit Widerspruchsbescheid vom 18.10.1993 zurück. Die hiergegen zum SG Konstanz erhobene Klage (S 6 V 631/94) nahm der Kläger zurück.
Der Kläger beantragte zunächst am 09.12.1998 die Erhöhung des GdB und wies im Antragsformular auf einen "HHG-Schaden" hin. Mit dem am 07.01.1999 eingegangenen Antragsformular beantragte er höhere Versorgungsleistungen. Als Schädigungsfolgen machte er eine posttraumatische Belastungsstörung, einen erlebnisbedingten Persönlichkeitswandel, eine Chondromalazie Stadium 3 bis 4 im rechten Knie und Stadium 2 bis 3 im linken Knie, eine Wirbelblockbildung in der Halswirbelsäule und ein Wirbelgleiten in der Lendenwirbelsäule geltend. Die Ärztin für Psychiatrie, Sozialmedizin und Rehabilitationswesen Dr. W. führte in ihrem versorgungsärztlichen Gutachten nach Aktenlage vom 30.04.1999 aus, es ergäben sich keinerlei neuen Gesichtspunkte, so dass alle geltend gemachten Verschlechterungen als Nachschaden zu bewerten seien. Dies gelte sowohl für die Chondromalazie in den Knien und die Veränderungen in der Wirbelsäule als auch für die zyklothymen Störungen mit im Vordergrund stehenden Depressionen.
Mit Bescheid vom 29.07.1999 lehnte das VA Freiburg - Außenstelle Radolfzell - die Erteilung eines Rücknahmebescheides nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ab. Es könne nicht die Feststellung getroffen werden, dass der Bescheid vom 24.11.1992 unrichtig gewesen sei. Der erneut zur Anerkennung beantragte Leidenskomplex sei mit den entsprechenden Gerichtsgutachten diagnostisch abgeklärt worden. Neue Gesichtspunkte habe der Kläger nicht vorgebracht.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und wies unter anderem darauf hin, dass er nicht nur einen Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X, sondern auch einen Verschlimmerungsantrag gestellt habe.
Dr. H. führte in ihrer versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 23.08.1999 aus, die jetzt als haftbedingt geltend gemachten Schäden am linken Knie seien nirgends belegt und könnten demnach nicht begutachtet werden. Dasselbe treffe für das Wirbelgleiten im Lendenwirbelsäulen-Bereich zu. Für die Chondromalazie im rechten Knie sei nach wie vor ein schädigungsbedingter Zusammenhang nach einem Sturz im Jahr 1961 nicht zu erkennen. Hier fehlten erforderliche Brückensymptome bis zur Diagnosestellung im Jahr 1995.
Im Rahmen eines Schwerbehindertenverfahrens stellte der Beklagte auf den Neufeststellungsantrag des Klägers mit Bescheid vom 25.03.1999 den Grad der Behinderung (GdB) von 80 fest und wies den hiergegen eingelegten Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 14.09.1999 zurück. Hiergegen hat der Kläger Klage am 01.10.1999 beim SG Konstanz erhoben (S 6 VH 1807/99).
Mit Widerspruchsbescheid vom 17.11.1999 hat das LVA Baden-Württemberg den gegen den Bescheid vom 29.07.1999 eingelegten Widerspruch zurückgewiesen. Die Voraussetzungen nach § 44 SGB X für eine Rücknahme des Bescheides vom 24.11.1992 seien nicht gegeben. Wegen seines Verschlimmerungsantrages nach § 48 SGB X erhalte der Kläger noch einen rechtsmittelfähigen Bescheid.
Hiergegen hat der Kläger am 03.12.1999 (S 6 VH 2270/99) Klage beim SG Konstanz erhoben und zur Begründung unter anderem ausgeführt, sein auf die Erhöhung des GdB gerichtetes Begehren wolle er erst weiterverfolgen, wenn der nach dem HHG zu beurteilende Rechtsstreit erledigt sei.
Das SG Konstanz hat die beiden Klagen mit Beschluss vom 20.12.1999 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden (S 6 VH 1807/99).
Das SG Konstanz hat unter anderem die Arztbriefe der Orthopädischen Universitätsklinik Stiftung F. am Main vom 11.01.1985, der Klinik für Orthopädie M. vom 04.12.1989, 02.01.1991 und 08.02.1991, des Rheumakrankenhauses B. vom 20.06.1995 und 28.07.1995, der Orthopädischen Klinik des Kreiskrankenhauses O. vom 30.06.1995 und 12.07.1998 sowie des Augenarztes Dr. K. vom 26.07.1995 und die Operationsberichte der Orthopädischen Klinik des Kreiskrankenhauses O. vom 27.06.1995, 12.07.1995 und 25.06.1998 beigezogen.
Daraufhin hat das SG Konstanz das Gutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. W.-R. vom 03.11.2003 eingeholt. Der Sachverständige hat ein degeneratives Halswirbelsäulen-Syndrom bei Blockwirbelbildung des unteren Halswirbelsäulen-Drittels mit Wirbelsäulenfehlstatik, ein chronisch degeneratives Lendenwirbelsäulen-Syndrom bei Ventrolisthesis L5/S1 mit Spndylolysis L5/S1 sowie eine Valgus-Gonarthrose links mehr als rechts und eine Femuropatellargelenksarthrose beiderseits beschrieben. Der Sachverständige ist zu der Einschätzung gelangt, am Bewegungsapparat liege keine Schädigungsfolge vor und eine haftbedingte MdE um 10 v. H. auf orthopädischem Fachgebiet sei nicht gegeben. Die Veränderungen an den Kniegelenken seien degenerativ bedingt. Die vorliegenden Röntgenbilder, welche eine Befundentwicklung über zwei Jahrzehnte zuließen, dokumentierten die allmähliche Zunahme der Verschleißveränderungen, ohne dass hier besondere äußerliche Expositionen erforderlich gewesen seien. Dies entspreche dem allmählichen Verlauf von anlagebedingten degenerativen Verschleißerscheinungen. Die Meniskusveränderungen seien eindeutig durch die valgische Fehlposition zu erklären. Eine primäre Meniskusverletzung sei auszuschließen, da diese zu keinem Zeitpunkt offensichtlich geworden sei. Auch habe keine direkte Knietraumatisierung stattgefunden. Die Verletzung rechtsseitig habe zu keinen Gelenkveränderungen geführt, sondern sich lediglich auf die Weichteile bezogen. Auch stünden die Veränderungen am Kniegelenk nicht mit einer jahrelangen und chronischen Belastungssituation in Zusammenhang. Eine überdurchschnittliche Belastung der Kniegelenke habe nicht herausgearbeitet werden können. Zum einen fehle die Langjährigkeit. Zum anderen hätten keine Dauerzwangshaltungen vorgelegen. Ferner könne allein schon wegen spät nachweisbaren Veränderungen am Kniegelenk eine kausale Verknüpfung nicht gelingen. So seien die Kniegelenksbeschwerden erst rund 30 Jahre nach der Haft dokumentiert worden. Folglich handele es sich im Bereich der Kniegelenke um eine allgemeine schicksalhafte Gelenkdegeneration, welche durch die valgische Fehlposition beider Beine begünstigt worden sei und sich primär auf das laterale Gelenkkompartiment und das femuropatellare Gleitlager erstrecke. Die Spondylolyse sei primär eine anlagebedingte Veränderung. Aufgrund der ohnehin minimalen Instabilität könne es nicht zu einer deutlich erkennbaren und messbaren Verstärkung des Gleitprozesses auf dem Boden einer anlagebedingten Spondylolysis durch die Tätigkeit während der Haftzeit gekommen sein. Bis 20 Jahre nach Beendigung der Tätigkeit sei radiologisch diese Veränderung im Bereich der unteren Lendenwirbelsäule nur sehr gering gewesen. Ferner fehle es an einer entsprechenden Brückensymptomatik. Eine abnorme Belastung der Halswirbelsäule sei durch die geschilderte Tätigkeit sicherlich nicht im genügenden Umfang aufgetreten. Zusammenfassend bedeute dies, dass die degenerativen Veränderungen im Bereich der Halswirbelsäule, der Lendenwirbelsäule und beider Kniegelenke eindeutig nicht auf eine körperliche Belastung während der Haftzeit zurückzuführen seien. Es habe sich ein allgemeines Gelenkleiden mit kontinuierlicher und mitunter klinisch blander Verschlechterung eingestellt. Ferner stelle die Weichteilnarbe am rechten Kniegelenk sicherlich keine Veränderung dar, welche mit einer MdE um 10 v. H. bemessen werden könne. Die degenerativen Veränderungen am Knorpel- und Meniskusgewebe seien eindeutig nicht haftbedingt und könnten somit auch keine MdE um 10 v. H. nach sich ziehen. Unter dem 24.05.2004 hat Dr. W. zu den Einwendungen des Klägers Stellung genommen und ist bei seiner Einschätzung geblieben.
Ferner hat das SG Konstanz auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG das Gutachten des Prof. Dr. R., Leitender Arzt der Orthopädie und orthopädischen Rheumatologie des Klinikums O., vom 25.10.2004 eingeholt. Der Sachverständige ist zu der Einschätzung gelangt, die degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule ohne die Spondylolisthese L5/S1 mit einer schmerzhaft eingeschränkten Beweglichkeit der gesamten Wirbelsäule seien Folge der "Wehrdienstbeschädigung". Des Weiteren bestehe eine Gonarthrose beidseits mit typischer Beschwerdesymptomatik und deutlich reduzierter Belastbarkeit. Die Gonarthrose beidseits sei mit einer MdE um 20 v. H., die ausgeprägten degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule mit schmerzhaft eingeschränkter Beweglichkeit und deutlich reduzierter Funktionalität seien mit einer MdE um 40 v. H. und die Gesamt-MdE sei mit 50 v. H. mit der Gefahr der Verschlechterung einzuschätzen. An dieser Einschätzung hat der Sachverständige in seiner Stellungnahme vom 11.11.2004 festgehalten.
Die Fachärztin für Innere Medizin R. hat in ihrer versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 03.01.2005 ausgeführt, auf ihrem Fachgebiet handele es sich eindeutig um schädigungsunabhängige Behinderungen. Der Arzt für Chirurgie Dr. B. hat in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 04.01.2005 ergänzt, durch das Gutachten des Prof. Dr. R. sei nicht der Nachweis erbracht worden, dass ein beidseitiger Kniegelenksschaden und ein Wirbelsäulenschaden als Haftfolge anzusehen seien. Ferner ist das radiologische Gutachten des Facharztes für diagnostische Radiologie Koch, Radiologisches Institut am Klinikum O., vom 14.02.2005 aktenkundig geworden.
Dr. W. hat in seiner ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom 23.05.2005 ausgeführt, Prof. Dr. R. habe keine wissenschaftliche Begründung für dessen Einschätzung vorgenommen und auch keinen Bezug zu den bisherigen gutachterlichen Ausführungen hergestellt. Die körperliche Expositionszeit des Klägers könne auch bei intensiver Überlastungstätigkeit nicht zu einem dauerhaften Schaden am gesamten Achsenorgan führen. Im Zusammenhang mit berufsbedingten Bandscheibenerkrankungen bei schweren körperlichen Tätigkeiten werde eine Expositionsdauer von mindestens zehn Jahren gefordert. Der Kläger erreiche nicht annähernd eine derartige Expositionsdauer.
Dr. B. hat in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 22.06.2005 dargelegt, die beim Kläger vorhandenen Gesundheitsstörungen im Bereich der Lendenwirbelsäule und der Kniegelenke könnten nicht auf die etwa 2 ½ Jahre dauernde zeitweise stärkere körperliche Belastung während der Haftzeit zurückgeführt werden. Zu Recht habe Dr. W. das Gutachten des Prof. Dr. R. wegen der unzureichenden Begründung eines kausalen Zusammenhangs kritisiert. Dabei müsse darauf hingewiesen werden, dass der Kläger in der Klinik, in der Prof. Dr. R. tätig sei, bereits mehrmals untersucht und behandelt worden sei.
Der Kläger hat die eidesstattliche Versicherung seiner ehemaligen Kollegin Dr. K. vom 22.12.2006 vorgelegt. Danach habe sie mit dem Kläger seit Anfang 1969 zusammengearbeitet und es sei ihr aufgefallen, dass der Kläger hauptsächlich beim Treppabsteigen gehumpelt habe und dessen rechtes Knie bandagiert gewesen sei.
Des Weiteren hat das SG Konstanz auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG das Gutachten des Dr. Dipl.-Psych. J. vom 20.06.2007 eingeholt. Der Sachverständige hat eine chronische posttraumatische Belastungsstörung mit Aspekten einer chronischen Persönlichkeitsänderung sowie komorbide Störungen wie rezidivierende depressive Störungen mit somatischen Symptomen und Somatisierungsstörungen diagnostiziert. Diese Gesundheitsstörungen stünden mit Wahrscheinlichkeit in einem ursächlichen Zusammenhang mit den Haftfolgen. Diese Haftfolgen hätten stark beeinträchtigende Auswirkungen auf das eigene Befinden (anhaltende innere Anspannung, Ruhelosigkeit, anhaltende Schlafstörungen mit wiederkehrenden Albträumen, "Flash backs" beziehungsweise Intrusionen, Grübeleien, zwanghaftes Gedankenkreisen, Gereiztheiten, wiederkehrendes Aufbegehren wegen tiefgreifenden Gefühlen von erlittenem Unrecht, letztere oft verbunden mit intermittierendem Auftreten von ohnmächtiger Wut, zum Teil auch von Hass, aber auch von Resignation und Gefühlen von Ausweglosigkeit und Hoffnungslosigkeit) und auf alle zentralen Lebensbereiche (auf beruflich-wirtschaftliche, familiär-partnerschaftliche sowie persönlich-private Bereiche). Dabei handele es sich um eine schwere psychische chronifizierte Erkrankung beziehungsweise Störung mit mindestens als mittelgradig zu bewertenden sozialen Anpassungsschwierigkeiten, so dass die MdE auf psychiatrischem Fachgebiet mit 50 v. H. einzuschätzen sei. Der Sachverständige hat weiter ausgeführt, das LSG sei zu Unrecht ausschließlich dem Gutachten des Prof. Dr. M., wonach nur eine erlebnisreaktive Verstimmung als Haftschaden anzuerkennen sei, gefolgt. Seine eigene Stellungnahme vom 21.09.1992, in welcher er eine posttraumatische Belastungsstörung und eine schwere, erlebnisbedingte Persönlichkeitsänderung sachlich begründet habe, habe das LSG nicht angemessen gewürdigt.
Der Kläger hat am 09.07.2007 beim VA B. die Gewährung eines Berufsschadensausgleichs beantragt.
Auf Anregung des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. S. in seinen versorgungsärztlichen Stellungnahmen vom 10.07.2007 und 16.08.2007 hat das SG Konstanz die Arztbriefe des G. B. vom 26.03.1991, 18.01.1993, 12.02.1999, 14.01.2000, 26.04.2006 und 12.02.2007 beigezogen. Hierzu hat Dr. S. in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 08.10.2007 ausgeführt, anhand der vorliegenden medizinischen Unterlagen sei davon auszugehen, dass der Kläger bereits seit frühester Kindheit verschiedensten ungünstigen, teils traumatisierenden peristatischen Einflüssen unterworfen gewesen sei, welche sich fast durchgängig durch sein bisheriges Leben gezogen hätten. So habe der Kläger beispielsweise im Lager J., in das er im Juli 1945 von Tschechen verbracht worden sei, schreckliche Szenen miterleben müssen. Später habe er sich als Flüchtlingskind mit katholischem Hintergrund wiederholt gegen Hänseleien der Mitschüler wehren müssen. Letztlich hätten diese Umstände und eine später eingetretene Verschuldung zu weiteren Konflikten und Auseinandersetzungen geführt, die alle mit dazu beigetragen hätten, dass es spätestens 1983 zu einer schweren psychophysischen Dekompensation beziehungsweise zu einem schweren depressiven Erschöpfungszustand gekommen sei. Hinzugekommen seien Partnerschaftskonflikte. Es sei daher nicht schlüssig, die mit dem psychischen Beschwerdekomplex einhergehenden Funktionsbeeinträchtigungen kausal alleinig der Haftzeit zuzuordnen. Es sei vielmehr davon auszugehen, dass es sich hier um ein multikausales Geschehen handele und beim Kläger einerseits ein Vorschaden bestanden habe und andererseits mittlerweile eine Verschiebung der Wesensgrundlage eingetreten sei. Dr. S. hat sich daher weitgehend der Einschätzung des Prof. Dr. M. angeschlossen, wonach das Zustandsbild des Klägers nicht alleinige Folge der Haft sei. Zu den hierzu vorgetragenen Einwendungen des Klägers hat Dr. S. in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 15.11.2007 ausgeführt, es ergäben sich keine neuen medizinischen Erkenntnisse, so dass sich aus psychiatrischer Sicht kein verändertes Votum ergebe.
Der Kläger hat im weiteren Verlauf des Gerichtsprozesses unter anderem die Arztbriefe des Psychiaters und Psychotherapeuten Prof. Dr. J. vom 01.06.1983, der Orthopädischen Klinik des Kreiskrankenhauses O. vom 31.07.1995 und 21.08.1995, des Rheumazentrums B. vom 19.08.1998, des D. Herzzentrums B. vom 28.08.2002, des H.-Klinikums B. vom 23.01.2004, 15.11.2005 und 17.11.2005, der Klinik für Orthopädie und Chirurgie der C. B. vom 20.09.2004, der S. L. K. P. vom 06.02.2005 sowie der Medizinischen Klinik der C. vom März 2006 und 21.03.2006 vorgelegt.
Er hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 18.12.2007 beantragt, den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 29.07.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.11.1999 zu verurteilen, ihm unter Aufhebung der Bescheide aus dem Jahr 1992 Beschädigtengrundrente nach einer MdE um 70 v. H. zu gewähren und zusätzlich Knieschäden und eine Lendenwirbelsäulenbehinderung als Haftfolgen anzuerkennen.
Mit Urteil vom 18.12.2007 hat das SG Konstanz die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch nach § 44 SGB X auf Aufhebung des Bescheides vom 24.11.1992.
Die Einordnung der Beschwerden des Klägers durch Dr. Dipl.-Psych. J. als posttraumatische Belastungsstörung erscheine nicht überzeugend. Das Gutachten des Dr. Dipl.-Psych. J. könne weder bei der Diagnose der zugrunde liegenden Erkrankung noch bei der Beurteilung der Kausalitätsfrage überzeugen. Bezüglich der Kausalitätsfrage baue das Gutachten des Dr. Dipl.-Psych. J. auf unrichtigen Tatsachenangaben auf und blende Belastungen durch den Aufenthalt im Lager Jonsbach und die familiäre psychische Belastung aus. Wie im vorausgehenden Verfahren werde daher der Vorschlag des Prof. Dr. M., die MdE wegen verbliebener Haftfolgen mit 30 v. H. anzusetzen, für überzeugend gehalten. Die Kammer schließe sich daher der Einschätzung des LSG im Urteil vom 12.10.1992 an. Auch auf orthopädischem Fachgebiet habe das Ergebnis der Sachaufklärung eine Unrichtigkeit des Bescheides vom 24.11.1992 nicht nachweisen können. Überzeugend ergebe sich aus dem Gutachten des Dr. W., dass die Probleme an den Knien nicht Haftfolgen seien. Die Veränderungen in den Kniegelenken seien in erster Linie aufgrund der statischen Fehlentwicklung der Beine zustande gekommen. Daraus, dass die Anerkennung der Gonarthrose nicht in die Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) aufgenommen worden sei, ergebe sich, dass die zugrundeliegenden arbeitsmedizinischen Zusammenhänge nicht ausreichend seien, um eine entsprechende Typisierung vornehmen zu können. Die grundsätzlichen Erwägungen, die arbeitsmedizinischerseits der Anlage zur BKV zu Grunde lägen, seien auch vorliegend anwendbar. Bei der rein orthopädisch zu überprüfenden Belastung von Kniegelenken scheine es nicht von Bedeutung zu sein, ob diese Belastungen in einem freien Arbeitsverhältnis oder unter Haftbedingungen erfolgt seien. Allenfalls könne überlegt werden, ob unter Haftbedingungen ungünstigere Belastungssituationen bestanden hätten, wie beispielsweise längere Arbeitszeiten, die im Rahmen arbeitstechnischer Überlegungen zu berücksichtigen wären. Da bezüglich der Gonarthrose arbeitsmedizinischerseits jedoch jegliche Unterlagen fehlten, könne eine Analogie hierzu nicht geknüpft werden. Ferner habe der Sachverständige Bewegungsabläufe beim Kläger, die der Nr. 2102 der Anlage zur BKV zu Grunde lägen, nicht herausarbeiten können. Auch fehle es am Merkmal der Langjährigkeit und daran, dass die kniebelastenden Tätigkeiten den überwiegenden Anteil des Tagesablaufs während der Haftzeit ausgemacht hätten. Demgegenüber sei dem Gutachten des Prof. Dr. R., der seine Beurteilung nicht begründet habe, nicht zu folgen. Auch die vom Kläger geltend gemachten Wirbelsäulenveränderungen hätten sich nicht als Haftfolgen nachweisen lassen. So habe Dr. W. ausgeführt, in der Literatur werde kein berufsbedingtes Wirbelgleiten beschrieben. Auch hierzu sei auf die Überlegungen zu den Nrn. 2108 und 2109 der Anlage zur BKV hinzuweisen. Die entsprechenden arbeitstechnischen Voraussetzungen lägen beim Kläger nicht vor. Es fehle an dem Kriterium der Langjährigkeit, die mit circa 10 Jahren angenommen werde. Auch wenn man berücksichtigen würde, dass Arbeitsschichten unter Haftbedingungen in gewissem Umfang härter und länger als im Bereich eines freien Arbeitsverhältnisses seien, könne keinesfalls von einer Verdopplung oder Verdreifachung der entsprechenden Wirbelsäulenbelastungen während der Arbeitsschichten ausgegangen werden. Ferner sei zu sehen, dass das Tragen schwerer Lasten auf der Schulter beim Kläger allenfalls ein Drittel der Arbeitsschicht ausgemacht habe. Damit könne nicht eine permanente Schulterbelastung festgestellt werden. Die gleichen Erwägungen gälten im Bereich der Lendenwirbelsäulenproblematik. Auch hier habe Prof. Dr. R. keine Begründung für seine entgegenstehende Auffassung geliefert.
Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 14.01.2008 zugestellte Urteil des SG Konstanz hat der Kläger am 14.02.2008 Berufung eingelegt. Das SG Konstanz habe nicht ausreichend beachtet, dass bei Hinweisen auf eine Prämorbidität ohne eindeutig nachgewiesene Vorerkrankung die Darlegungs- und Beweislast lediglich im Sinne einer konkurrierenden Kausalität beurteilt werde. Dies bedeute, dass frühkindliche familiäre Entwicklungen und/oder die Erlebnisse im Internierungslager J. nur dann die Kausalität der schlimmen Hafterlebnisse während der politischen Haft in Frage stellen könnten, wenn die Schadensanlage in ihren tatsächlichen Grundlagen nachgewiesen sei, mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine "conditio sine qua non" für den Eintritt des Gesundheitsschadens bilde, rechtlich auch wesentlich sei und bei der gebotenen Abwägung mit schädigenden Einwirkungen von solch überragender Bedeutung sei, dass sie bei der gebotenen vernünftigen Würdigung als die tatsächlich und rechtlich allein wesentliche Ursache gewertet werden müsse, und die schädigungsbedingten Kausalfaktoren demgegenüber als praktisch unbedeutend zurücktreten müssten. Das SG Konstanz sei auf die neuen Literaturhinweise zur Schwere der Haftbedingungen in der DDR sowie den Umstand, dass Prof. Dr. M. die Haftbedingungen in der DDR unterschätzt habe, nicht eingegangen. In Bezug auf die orthopädischen Haftfolgen gehe der Ansatz des SG Konstanz, die Erkenntnisse der Nr. 2108 der Anlage zur BKV heranzuziehen, wegen der besonderen Haftbedingungen fehl. Hinsichtlich der fehlenden Brückensymptomatik zwischen Haft und Erkrankung der Kniegelenke werde auf die eidesstattliche Versicherung der Dr. K. verwiesen und die Vernehmung der Dr. F., der seine Kniebeschwerden bereits seit 1966 bekannt gewesen seien, als Zeugin angeregt. Ferner sei er in dem Zeitraum von 1971 bis 1973 am rechten Knie operiert worden.
Der Beklagte hat die Ansicht vertreten, das SG Konstanz habe nachvollziehbar und überzeugend dargelegt, aus welchen Gründen es den Gutachten des Prof. Dr. R. und des Dr. Dipl.-Psych. J. nicht folge.
Der Senat hat auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG das Gutachten des Arztes für Psychiatrie und Psychotherapie Prof. Dr. E., Oberarzt der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie am Universitätsklinikum F., vom 03.11.2008 eingeholt. Der Sachverständige hat eine leichte kognitive Störung, eine rezidivierende depressive Störung mit depressiven Episoden und eine erlebnisreaktive Entwicklung diagnostiziert. Die erlebnisreaktive Entwicklung beinhalte die Symptome, wie sie in den Akten auch unter der posttraumatischen Belastungsstörung oder der Wesensänderung nach Extrembelastung subsumiert worden seien. Die Kriterien einer posttraumatischen Belastungsstörung oder einer Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung seien nicht erfüllt. Bei der Exploration hätten keine Symptome festgestellt werden können, die die Diagnose einer manisch-depressiven Erkrankung ermöglichten. In den Akten sei die Diagnose der manisch-depressiven Erkrankung aber dokumentiert und belegt. Mit hinreichender Wahrscheinlichkeit sei die erlebnisreaktive Entwicklung mit vegetativen Symptomen, gelegentlichen Verstimmungszuständen, Beziehungsideen und Ängsten sowie phobischen Befürchtungen, Hypervigilanz und Schreckhaftigkeit und körperlich-vegetativen Symptomen auf die Haft in der DDR zurückzuführen. Der durch die Schädigungsfolgen hervorgerufene GdS werde auf 30 eingeschätzt. Bezüglich der Haftfolgen zeige sich keine Dynamik. Der Krankheitsverlauf sei im Übrigen stärker von den anderen wesentlichen Erkrankungen geprägt. Es könne allerdings nur eine künstliche Trennung vorgenommen werden, so dass ein GdS von 30 als die höchstmögliche Einschätzung angesehen werden könne, wobei möglicherweise bereits darin Anteile der nicht haftbedingten Erkrankungen enthalten seien, die aber nicht wissenschaftlich valide getrennt werden könnten.
Hierzu hat der Kläger ausgeführt, selbst wenn Prof. Dr. E. zu Recht nur einen GdS von 30 für die von ihm beschriebenen Symptome angenommen habe, sei darauf hinzuweisen, dass Prof. Dr. E. in seinem Gutachten darauf hingewiesen habe, dass er auf orthopädische Erkrankungen und auch auf psychosomatische Erkrankungen nicht eingegangen sei. Es sei daher ein psychosomatisches Zusatzgutachten einzuholen. Ferner seien die von Prof. Dr. E. vermissten Brückensymptome durch Zeugenaussagen zu belegen. Im Übrigen leide er nach wie vor an einer Steatosis der Leber mit Leberzellschaden. Daher sei nicht einzusehen, weshalb der Anerkennungsbescheid vom 06.01.1970 keinen Bestand mehr haben solle. Das Gutachten des Prof. Dr. E. enthalte auch keine Hinweise auf die neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse zu den gesundheitlichen Folgen politischer Haft in der DDR. Entgegen den Ausführungen im Gutachten habe er geschildert, dass er in den ersten Tagen nach der Entlassung im Jahr 1964 unter massiven Ängsten gelitten und jeden für einen Spitzel gehalten habe. Auch im weiteren Verlauf habe er - auch nach Zulassung zum Studium - unter paranoiden Verfolgungsideen gelitten. Diese Angst vor Bespitzelung sei bis zu seiner Flucht im Jahr 1968 verblieben. Der Gutachter habe ferner verkannt, dass er unter verfolgungsbedingten kognitiven Störungen der Konzentration und Merkfähigkeit leide. Seit seiner Haftentlassung leide er auch unter wesensfremden Ausbrüchen von Aggressivität, Zertrümmern von Gegenständen sowie unerklärlichen Verbalattacken. Er leide noch heute unter Albträumen und Wiedererinnerungen an die schrecklichen Ereignisse. Vom Gutachter sei er zu den Symptomen einer posttraumatischen Belastungsstörung nicht befragt worden. Ferner hat der Kläger beantragt, von Amts wegen ein neurologisch-psychiatrisches und psychotherapeutisches Gutachten sowie ein psychosomatisches Gutachten einzuholen, hilfsweise Prof. Dr. Ebert in der mündlichen Verhandlung zu den aufgeworfenen Fragen zu vernehmen, hilfsweise dessen schriftliche Auskunft einzuholen. Ferner sei Dr. F. als Zeugin zur psychischen Symptomatik nach der Haftentlassung zu hören. Außerdem hat sich der Kläger darauf berufen, dass nach § 23 Abs. 1 Gesetz über die Rehabilitation und Entschädigung von Opfern rechtsstaatswidriger Strafverfolgungsmaßnahmen im Beitrittsgebiet (StrRehaG) eine Gesamtbeurteilung durch den Beklagten zu erfolgen habe, wenn und soweit sonstige Folgen nach dem BVG in Betracht kämen. Da das SG Konstanz wegen des Aufenthalts im Lager J. auf mögliche Kriegsfolgen nach § 1 BVG Bezug genommen habe, hätte dies hier ermittelt werden müssen.
Hierzu hat der Beklagte ausgeführt, die möglichen Kriegsfolgen durch Vertreibung und Flucht könnten im vorliegenden Haftentschädigungsverfahren nach dem HHG nicht geltend gemacht werden.
Mit Urteil vom 11.11.2009 hat der Senat die Berufung zurückgewiesen.
Er hat ausgeführt, es sei nicht hinreichend wahrscheinlich, dass die vom Kläger auf psychiatrischem Fachgebiet über die bereits als Schädigungsfolge anerkannte erlebnisreaktive Verstimmung hinaus geltend gemachten Gesundheitsstörungen posttraumatische Belastungsstörung, Persönlichkeitsänderung und somatoforme Beschwerden vorlägen beziehungsweise wesentlich ursächlich auf seine Inhaftierung zurückzuführen seien.
Der Kläger habe unmittelbar nach der Haft an einer erlebnisreaktiven Entwicklungsstörung mit vegetativen Symptomen sowie unter anderem gelegentlichen Verstimmungszuständen, Beziehungsideen und Ängsten, phobischen Befürchtungen sowie Hypervigilanz und Schreckhaftigkeit gelitten. Diese Einschätzung beruhe im Wesentlichen auf den Angaben des Klägers gegenüber den Gutachtern Dr. G., Dr. B., Dr. Dipl.-Psych. J. und Prof. Dr. E. sowie der Mutter des Klägers, Dr. M. und des Dipl.-Ing. Dr. G. im Rahmen der Zeugeneinvernahmen. Diese unter der Bezeichnung "erlebnisreaktive Verstimmung" als Schädigungsfolge anerkannte Störung habe sich seither jedenfalls nicht verschlimmert und sei auch nicht in eine andere schwerwiegendere Erkrankung auf psychiatrischem Fachgebiet eingemündet. Dies ergebe sich zum Einen daraus, dass der Kläger die mit dieser Störung zusammenhängenden Symptome gegenüber Dr. B. nicht geschildert und damals vielmehr angegeben habe, dass er keine nervlichen Störungen zurückbehalten habe. Zum Anderen habe der Kläger gegenüber Prof. Dr. E. angegeben, dass beispielsweise die Ängstlichkeit schon während des Studiums vollständig verschwunden sei.
Ab Ende 1982 habe sich beim Kläger eine anders geartete psychische Störung entwickelt. Diese Einschätzung beruhe im Wesentlichen darauf, dass sich der Kläger deswegen erstmals im März 1983 bei Prof. Dr. B. und im Juni 1983 bei Prof. Dr. J. in psychiatrische Behandlung begeben habe. Diese depressive Störung stehe nicht in einem wesentlich ursächlichen Zusammenhang mit der Haft. So habe Prof. Dr. J. ausgeführt, die Auseinandersetzungen mit Prozessserien neben der verantwortungsvollen beruflichen Tätigkeit habe zu Zwangshandlungen, Phobien und nicht steuerbaren Erregungszuständen mit sekundären psychosomatischen Symptomen geführt. Ferner habe der Kläger selbst gegenüber Dr. Gerstenberg ausgeführt, reale Anknüpfungspunkte, um deprimiert zu sein, seien dessen finanzielle Probleme, Berufsunfähigkeit und "zerbrochene Familie". Auch Dr. Dr. K. habe ausgeführt, der Kläger neige dazu, seine seelischen Schwierigkeiten exogenen Belastungen wie beispielsweise Verschuldung und zwei gescheiterten Ehen zuzuschreiben. Ferner habe der Kläger gegenüber Prof. Dr. E. angegeben, die Trennung von Frau und Kind und vor allem die finanziellen Schwierigkeiten hätten zur Dekompensation geführt.
Die über die bereits als Schädigungsfolge anerkannte erlebnisreaktive Verstimmung hinausgehende, sich ab 1982 entwickelnde Gesundheitsstörung auf psychiatrischem Fachgebiet sei auch nicht im Rahmen einer posttraumatischen Belastungsstörung zu sehen. Denn entgegen der Ansicht des Klägers liegt keine auf die Haft zurückzuführende posttraumatische Belastungsstörung vor. Unter Berücksichtigung der in ICD-10 F 43.1 beziehungsweise DSM-IV-TR 309.81 dargelegten Grundsätze sowie der umfangreichen medizinischen Unterlagen liege keine posttraumatische Belastungsstörung vor. Zwar habe es sich bei den vom Kläger geschilderten Geschehnissen im Zusammenhang mit der Isolierhaft im Winter 1961/62 mit nachfolgendem Hungerstreik um eine Bedrohung seiner körperlichen Unversehrtheit gehandelt, so dass das Kriterium A1 der DSM-IV-TR 309.81 erfüllt sei. Der Kläger habe aber weder von anhaltendem Wiedererleben der Hafterlebnisse in Form von wiederholten und aufdringlichen Erinnerungen, quälenden Träumen, Erleben von dissoziativen Zuständen oder intensiver psychischer Belastung bei Konfrontationen mit ähnlichen Ereignissen oder Erinnerungen oder physiologischen Reaktionen berichtet, so dass jedenfalls die Kriterien B1 bis B5 der DSM-IV-TR 309.81 nicht gegeben seien. Zwar habe die Mutter des Klägers von Albträumen des Klägers berichtet. Der Kläger habe derartiges aber nicht im Rahmen der früheren Begutachtungen, sondern erstmals gegenüber Dr. Dipl.-Psych. J. angegeben, ohne dass sich aus diesem Gutachten ergeben würde, wann und in welcher Intensität diese Albträume erstmals aufgetreten seien. Gegen das Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung spreche ferner der Umstand, dass zwischen der Beendigung der Haft im Jahr 1964 und dem erstmaligen Auftreten der über eine erlebnisreaktive Verstimmung hinausgehenden Störung im Jahr 1982 rund 18 Jahre ohne Hinweise auf mit den Hafterlebnissen in Zusammenhang zu bringende seelische Gesundheitsstörungen lägen. Zwar sehe der Senat, dass sich auch nach der ICD-10 und dem DSM-IV-TR die Ausbildung der Symptome - auch über Jahre - verzögern könne. Aber in solchen Fällen sei - was sich aus den AHP 1983 Nr. 37 Abs. 4 und Nr. 38 Abs. 3; jetzt: VG Teil C Nr. 2 d Sätze 1 bis 3 ergebe - die Zusammenhangsfrage besonders sorgfältig zu prüfen und nur anhand eindeutiger objektiver Befunde zu bejahen. Solche eindeutigen objektiven Befunde seien weder aktenkundig noch durch die Gutachten belegt. Würde man gänzlich auf eine Brückensymptomatik verzichten, wäre kaum noch abgrenzbar, unter welchen Voraussetzungen eine seelische Erkrankung, die teilweise die Voraussetzungen des DSM-IV-TR-309.81 erfülle, haftbedingt oder nicht haftbedingt sei. Mithin seien die beim Kläger vorhandenen und in der DSM-IV TR 309.81 aufgeführten grundsätzlich auch für eine posttraumatische Belastungsstörung charakteristischen Symptome, wie das Gefühl der Isolierung und Entfremdung von Anderen (Kriterium C5), Hypervigilanz (Kriterium D4) oder Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren (Kriterium D3), nicht einer posttraumatischen Belastungsstörung zuzurechnen, sondern haftunabhängiger Natur. Hierfür spreche auch, dass nach der DSM-IV TR 309.81 die Störung in klinisch bedeutsamer Weise Leiden oder Beeinträchtigungen in sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen verursachen müsse (Kriterium F), dies aber beim Kläger insbesondere aufgrund des Umstandes, dass er während der Zeitspanne von 18 Jahren zwischen Haft und Beginn der seelischen Erkrankung in der Lage gewesen sei, sein Medizinstudium sowie eine Facharztausbildung abzuschließen und anschließend zunächst erfolgreich ein Ärztehaus am Niederrhein sowie eine Arztpraxis in Frankfurt zu betreiben, gerade nicht der Fall sei. Erstmals habe der Kläger gegenüber Dr. Dipl.-Psych. J. angegeben, die in den Jahren nach der Haft aufgetretenen Beschwerden wie Nervosität, Selbstzweifel, Ängste, Schlafstörungen mit wiederkehrenden Albträumen und psychosomatische Beschwerden wie Schwitzen und Schwindelgefühle habe er immer versucht, zu überspielen, um keine Schwäche zu zeigen. Aber auch diese im Jahr 2007 gemachten Angaben führten zu keinem anderen Ergebnis. Der Senat lege seiner Entscheidung vielmehr die zeitnäher zur Haft gemachten Angaben des Klägers zu Grunde und interpretiere die späteren Angaben des Klägers vielmehr als dessen - aus Sicht des Senat durchaus verständlichen - Versuch, die im Jahr 1982 aufgetretene Störung auf psychiatrischem Fachgebiet mit der Haft zu erklären. Genauso gut könne diese Störung zwanglos mit den schwierigen Lebensumständen des Klägers während der damaligen Zeit (zwei Scheidungen, fünf uneheliche Kinder, zwischenzeitliche Überarbeitung durch das Führen zweier Arztpraxen, finanzielle Schwierigkeiten durch Überschuldung wegen nicht erfolgreicher Spekulationen, bis zu 100 Gerichtsprozesse) in Zusammenhang gebracht werden. Nach alledem spräche nicht mehr für als gegen das Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung. Entgegen der Ansicht des Klägers lägen keine neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse zu posttraumatischen Belastungsstörungen als Folgen politischer Inhaftierung in der DDR vor, aufgrund derer in Abweichung von der ICD-10 F 43.1 oder der DSM-IV TR 309.81 auf das anhaltende Wiedererleben der Hafterlebnisse oder eine Brückensymptomatik zwischen Haft und Auftreten der Erkrankung verzichtet werden könne. Wegen der vorliegend nicht ausreichenden Brückensymptomatik folge der Senat auch nicht der entgegengesetzten Einschätzung des Dr. Dipl.-Psych. J ... Vielmehr hätten nach Ansicht des Senats Prof. Dr. D. und Prof. Dr. M., bestätigt durch Prof. Dr. E., schlüssig und in sich widerspruchsfrei dargelegt, warum keine weitergehenden Schädigungsfolgen anzuerkennen seien. Demgegenüber habe Dr. B. aus seiner zutreffenden Einschätzung, dass nach der Übersiedlung des Klägers in die Bundesrepublik noch weitere Entwicklungen eine Rolle gespielt haben müssten, nicht die für die Festlegung der Schädigungsfolgen und Höhe der/s MdE beziehungsweise GdS erforderliche Schlussfolgerung, nämlich, dass höchstens eine reaktive Verstimmung als schädigungsbedingt anzusehen sei, gezogen.
Da mithin schon nicht hinreichend wahrscheinlich ist, dass die über die bereits anerkannte erlebnisreaktive Verstimmung hinausgehende Erkrankung auf psychiatrischem Fachgebiet ursächlich auf die Haft zurückzuführen sei, bedürfe es keiner Prüfung, ob etwa eine genetische Disposition des Klägers (Neigung der Mutter zu Depressionen, endogene Depression einer Schwester, abnormes Verhalten einer anderen Schwester, Depression eines Neffen, psychische Auffälligkeit des Vaters und überhaupt der väterlichen Linie), eine sonstige haftunabhängige Konstitution des Klägers (überschießendes Temperament während der Schulzeit, Zurückgezogenheit, teilweise Hemmungen und Schüchternheit), die Erlebnisse des Klägers im Lager J. und überhaupt die von der Flüchtlingssituation geprägte Kindheit des Klägers sowie das Betroffensein des Klägers durch die anderweitige Heirat der schwangeren Verlobten während seiner Haft und durch den Verlust seiner Anerkennung als Spitzensportler für das Entstehen der seelischen Erkrankung des Klägers mitursächlich oder gar überragende Bedeutung gehabt haben.
Nichts Anderes gelte für die vom Kläger als Schädigungsfolgen geltend gemachte Persönlich-keitsveränderung und somatoforme Schmerzstörung sowie die in letzter Zeit hinzugetretene leichte kognitive Störung. Die im Gefolge der erlebnisreaktiven Störung eingetretene Persönlichkeitsveränderung sei nur vorübergehender Natur gewesen und die mit der im Jahr 1982 aufgetretenen Störung einhergehende Persönlichkeitsveränderung stehe unter anderem wegen der fehlenden Brückensymptomatik nicht in einem wesentlich ursächlichen Zusammenhang mit der Haft. Anhaltspunkte dafür, dass eine somatoforme Schmerzstörung haftbedingt sein könnte, habe der Senat nicht. Wissenschaftliche Erkenntnisse über einen derartigen ursächlichen Zusammenhang lägen nicht vor. Ferner stehe die in letzter Zeit hinzugetretene leichte kognitive Störung nicht in einem wesentlich ursächlichen Zusammenhang mit der Haft, sondern sei vielmehr konstitutionell bedingt.
Auch seien die vom Kläger geltend gemachten Knie- und Lendenwirbelsäulenleiden nicht haftbedingt. Das SG Konstanz habe in der angefochtenen Entscheidung die diesbezüglichen Erwägungen unter Berücksichtigung des schlüssigen und vollständig nachvollziehbaren Gutachtens des Dr. W. zutreffend und umfassend dargestellt.
Hiergegen hat der Kläger Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundessozialgericht (BSG) eingelegt.
Mit Beschluss vom 02.12.2010 hat das BSG das Urteil des LSG Baden-Württemberg aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
Es hat zur Begründung ausgeführt, das angefochtene Urteil des LSG vom 11.11.2009 sei unter Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz ergangen. Das LSG habe seine in § 103 SGG normierte Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts dadurch verletzt, dass es entgegen dem vom Kläger in der mündlichen Verhandlung des LSG aufrechterhaltenen Beweisantrag auf Einholung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens zu der Frage, welche Gesundheitsstörungen von Seiten dieses Fachgebiets bei ihm vorlägen und ob diese im Zusammenhang mit seiner DDR-Haft stünden, ohne hinreichende Begründung nicht entsprochen habe. Das LSG habe zur Begründung der Zurückweisung der Berufung des Klägers und zur Ablehnung des Beweisantrages ausgeführt, es verlange für die Anerkennung einer PTBS als durch die DDR-Haft wahrscheinlich verursachter dauerhafter Gesundheitsstörung das Vorliegen - hier nicht gegebener - zeitnaher Brückensymptome, weil andernfalls eine Abgrenzung zu wesentlich durch nicht haftbedingte Umstände verursachten psychischen Störungen nicht möglich sei. Entgegen der Ansicht des Klägers gebe es keine neuen wissenschaftliche Erkenntnisse, dass in diesem Zusammenhang auf eine Brückensymptomatik verzichtet werden könne. Das LSG habe nicht erläutert, woher es die Überzeugung, es gebe keine entsprechenden neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse, gewonnen habe. Da das LSG selbst nicht über die medizinische Sachkunde, die die Feststellung des Nichtbestehens neuer medizinisch-wissenschaftlicher Erkenntnisse erlaubt hätte, verfüge und auch nicht offengelegt habe, aufgrund welcher Erkenntnisquelle es die Überzeugung von dem Nichtbestehen neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse gewonnen habe, hätte es sich letztlich schon von Amts wegen, jedenfalls aber aufgrund des vom Kläger zuletzt in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrages, zu einer entsprechenden Aufklärung und Feststellung des Sachverhalts gedrängt fühlen müssen. Die unterlassene Beweisaufnahme werde das LSG im nunmehr wiedereröffneten Berufungsverfahren nachzuholen haben. Vor einer weiteren medizinischen Beweiserhebung könne es sinnvoll sein, den (nicht medizinischen) Sachverhalt soweit wie möglich zu ermitteln und dem zu ernennenden Sachverständigen entsprechende tatrichterliche Vorgaben zu machen, auf deren Grundlage dieser seine Diagnose zu stellen und die Beurteilung zur Kausalität abzugeben habe. Solche Vorgaben sollten insbesondere erfolgen hinsichtlich der Umstände (Belastungen) während der DDR-Haft des Klägers sowie hinsichtlich der Persönlichkeit und der sonstigen relevanten Verhältnisse des Klägers vor und nach der Haft.
Daraufhin hat der Kläger auf die Bitte des Senats, eine chronologische Darstellung der Umstände der Haft und der Lebensverhältnisse vorzulegen, auf die von Dr. J. erhobene Anamnese verwiesen, als Zeugin Dr. F. benannt und weitere schriftliche Ausführungen vorgelegt.
Sodann hat der Senat von Amts wegen Prof. Dr. F., Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie T., mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Dieser hat zu den vom Kläger geäußerten Zweifeln an seiner Geeignetheit Stellung genommen und, nachdem der Kläger in einem an ihn gerichteten Schreiben aus seiner Sicht zum Ausdruck gebracht hat, ihn als Gutachter nicht zu wünschen, um eine Entbindung vom Gutachtensauftrag gebeten, was dann auch, nachdem sich der Kläger erneut geäußert hatte, erfolgt ist. Der daraufhin mit der Begutachtung betraute Prof. Dr. D., Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit M., hat, nachdem zwischenzeitlich zwei weitere Schriftsätze des Klägers bei Gericht eingegangen waren, wegen der aufgrund der Vorbefassung des ebenfalls am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit M. tätig gewesenen Dr. B. aus seiner Sicht bestehenden Befangenheit um eine Entbindung vom Gutachtensauftrag gebeten. Nach erfolgter Entbindung ist PD Dr. F., Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik an der Klinik an der Lindenhöhe in O., mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt worden. Wegen eines anderweitigen stationären Aufenthalts des Klägers hat sich die gutachterliche Untersuchung zunächst verzögert.
Der Kläger hat zuvor die Arztbriefe von Dipl.-Psych. L., H.-Klinikum S., vom 19.03.2010 über die stationäre Maßnahme vom 15.03.2010 bis zum 19.03.2010 (posttraumatische Belastungsstörung, rezidivierende depressive Störung mit gegenwärtig mittelgradiger Episode) sowie von den Ärzten am G. B. vom 20.02.2011 und 04.03.2011 über die stationären Maßnahmen vom 07.01.2011 bis zum 29.01.2011 und vom 05.02.2011 bis zum 20.02.2011 (unter anderem posttraumatische Belastungsstörung, rezidivierende depressive Störung mit gegenwärtig schwerer Episode, dissoziative Störung, leichte kognitive Störung) vorgelegt.
Die stationäre Untersuchung in der Klinik L. ist schließlich vom 24.09.2012 bis zum 28.09.2012 erfolgt.
Der Kläger hat die ersten beiden Seiten des Arztbriefs der Ärzte am G. vom 04.02.2013 über die stationäre Maßnahme vom 04.12.2012 bis zum 28.01.2013 (unter anderem posttraumatische Belastungsstörung, rezidivierende depressive Störung mit gegenwärtig schwerer Episode ohne psychotische Symptome, leichte kognitive Störung) vorgelegt.
Nachdem PD Dr. F. noch im Januar 2013 zugesagt hatte, das Gutachten werde in den nächsten Tagen vorliegen, hat er im April 2013 mitgeteilt, die Erstellung des Gutachtens verzögere sich wegen seiner längerfristigen Erkrankung, er versuche aber, im Krankenstand an dem Gutachten zu arbeiten. Im August 2013 hat der Sachverständige mitgeteilt, er arbeite schon an der Fertigstellung des Gutachtens.
Der Sachverständige hat in seinem am 04.02.2014 fertiggestellten Gutachten in Auswertung der wissenschaftlichen Erkenntnisse über posttraumatische Belastungsstörungen ausgeführt, nach einer Traumatisierung entwickelten sich Symptome mit sehr unterschiedlicher Latenz, häufig sehr schnell innerhalb von wenigen Stunden oder Tagen, manchmal aber über oder nach Jahren. Zum Nachweis des Vorhandenseins einer posttraumatischen Belastungsstörung stellten Brückensymptome beim verzögerten Beginn einen wichtigen Hinweis dar. Auch wenn das Phänomen der posttraumatischen Belastungsstörung mit verzögertem Beginn immer wieder angezweifelt werde, existiere eine zunehmende Zahl an wissenschaftlicher Literatur, die die Existenz belegten. Eine breite Palette Untersuchter verschiedener traumatischer Ereignisse zeige in einem Spektrum zwischen 0 und 60 % eine posttraumatische Belastungsstörung mit verzögertem Beginn. Der größte Teil der Betroffenen weise Symptome der posttraumatischen Belastungsstörung während des größten Teils oder des gesamten Verlaufs auf. Das Auftreten von keinerlei Symptomen im Intervall bis zur Erfüllung aller Kriterien der posttraumatischen Belastungsstörung sei für einen sehr kleinen Teil der Untersuchten berichtet worden. Hierbei sei zu beachten, dass nicht nur die Symptome der posttraumatischen Belastungsstörung vorausgehen könnten, sondern auch Angstsymptome und depressive Symptome als Zeichen psychischer Reaktionen auf das Trauma. Letztlich blieben viele Fragen offen und seien bisher durch die Datenlage wissenschaftlicher Untersuchungen nicht geklärt. In der Begutachtung sei der Gutachter trotz der Kenntnis statistischer Zusammenhänge auf die Prüfung im Einzelfall angewiesen. Der Sachverständige hat in Auswertung seiner Untersuchungsergebnisse und des testpsychologischen Zusatzgutachtens der Dipl.-Psych. B. eine subsyndromale posttraumatische Belastungsstörung, eine posttraumatische Verbitterungsstörung, eine kombinierte Persönlichkeitsstörung, eine mittelgradige depressive Episode im Rahmen einer rezidivierenden depressiven Störung und eine leichte kognitive Störung diagnostiziert. Die von kompetenten Vorgutachtern beschriebenen Symptome einer manischen Phase habe er zwar nicht gefunden, könne er aber wegen des deutlichen zeitlichen Abstands zu den Vorbegutachtungen nicht revidieren. Zur Prämorbidität hat er dargelegt, die vom Kläger bestrittene erhöhte Vulnerabilität für depressive Erkrankungen durch familiäre Belastungen mit Depressionen sei seit Jahrzehnten mehrfach dokumentiert. Die Erlebnisse im Lager J. habe er offenbar ohne spezifische psychische Störungen überwunden. In der Schul- und Studienzeit seien keine wesentlichen psychischen Probleme im Sinne krankheitswertiger Symptome aufgetreten. Die testpsychologische Untersuchung spreche zwar für eine Persönlichkeitsakzentuierung, aber auch gegen manifeste prämorbide Störungen. Zur Haftzeit hat der Sachverständige ausgeführt, die Haft erfülle das Kriterium A. In der Haft seien erstmals eine depressive Verstimmung als Reaktion auf die Verheiratung der Freundin sowie eine weitere Akzentuierung der nun handlungsbestimmenden Persönlichkeitszüge wie Unbeugsamkeit aufgetreten. Nach der Haft seien in schwankender Ausprägung psychische Symptome wie Ängste, Unruhe, Angespanntheit, paranoide Befürchtungen, Jähzorn, übersteigertes Gerechtigkeitsempfinden, unspezifische diffuse Symptome wie starke Unruhe, Schlafstörungen und Übererregbarkeit sowie Erschöpfbarkeit, Verletzbarkeit und Kränkbarkeit mit erheblicher Minderung der Emotionsregulation aufgetreten. In Bezug auf das Vorliegen von Traumafolgestörungen hat der Sachverständige ausgeführt, beim Kläger seien einige Symptome der posttraumatischen Belastungsstörung, der komplexen posttraumatischen Belastungsstörung, der andauernden Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung und des erlebnisreaktiven Persönlichkeitswandels, jedoch in keinem Fall alle Kriterien für das Vollbild der jeweiligen Störung erfüllt. Zu diagnostizieren sei eine subsyndromale posttraumatische Belastungsstörung mit im Vordergrund stehender Übererregung und nicht im geforderten Umfang auftretenden Vermeidungsverhalten und wiederkehrenden Erinnerungen. Zwar sei der Kläger wegen seiner hohen prämorbiden Intelligenz in der Lage gewesen, viele Einschränkungen der Traumafolgestörungen zu kompensieren. Wegen der Symptome der Übererregung, der Ängste seit der Haftentlassung, über den ganzen Verlauf berichteten Schlafstörungen und Albträume seien Brückensymptome vorhanden, so dass eine subsyndromale Form der posttraumatischen Belastungsstörung in wechselnder Ausprägung vorliege. Auch seien einige Symptome der die Vielfalt von Reaktionen auf chronische Belastungen abbildenden komplexen posttraumatischen Belastungsstörung, der die Verarbeitung des Geschehens kennzeichnenden, am ehesten unter die Anpassungsstörungen einzuordnenden, posttraumatischen Verbitterungsstörung sowie der kombinierten Persönlichkeitsstörung erfüllt. Der Sachverständige hat ferner dargelegt, die bereits in der Haft begonnenen depressiven Episoden und bis heute bestehende depressive Symptomatik in wechselnder Intensität und Ausprägung seien als in Bezug auf die Haft stehend zu werten, da der größte Teil der Fälle mit chronischen Traumafolgestörungen auch komorbid eine Depression entwickele. Der Sachverständige ist zu dem Ergebnis gelangt, insgesamt liege ein Muster an den Kläger in mittelgradigem Ausmaß beeinträchtigenden Symptomen vor, die partiell in verschiedene Kategorien von Traumafolgestörungen hineinpassten. Die den Kläger zunehmend beeinträchtigende leichte kognitive Störung sei haftunabhängig und dem Alterungsprozess zuzuordnen. Die Haftfolgen bedingten stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit, die mit einem GdS von 40 einzuschätzen seien. Die Funktionseinschränkungen hätten sich darin gezeigt, dass der Kläger bei seiner intensiven Tätigkeit als Arzt alle sechs Wochen zwei Wochen vermehrt Ruhe zur Regeneration gebraucht habe, wegen der depressiven Symptomatik seinen Beruf als Arzt habe aufgeben müssen, sich soziale Anpassungsschwierigkeiten in seiner querulatorischen Haltung und seinem Bemühen um eher kompromisslose juristische, soziale und zwischenmenschliche Entscheidungen mit den Folgen zahlreicher Prozesse und zweier Scheidungen gezeigt hätten sowie ein sozialer Rückzug mit zunehmender Abhängigkeit von äußerer Hilfe eingetreten sei.
Ergänzend hat der Sachverständige auf gerichtliche Nachfrage ausgeführt, er könne sich besonders gut an den Kläger erinnern, weil er diesen nicht nur während dessen stationären Aufenthalts fast täglich länger gesprochen/exploriert habe, sondern darüber umfangreiche eigene Notizen gefertigt sowie über die Ergebnisse mit der Diplom-Psychologin diskutiert habe. Die Fragestellung sei nicht nur inhaltlich interessant für ihn gewesen, sondern er habe sich intensiv mit einer aufwendigen Literaturrecherche befassen müssen. Die vielen Briefe des Klägers hätten zudem seine Erlebnisse und seine Sichtweise der Dinge immer wieder in Erinnerung gebracht. Er habe die umfangreichen Arbeiten nur aufgrund seiner schweren Erkrankung unterbrechen müssen, er habe dann sofort, wenn auch zunächst in bescheidenem Umfang an der Ausarbeitung des Gutachtens weiter gearbeitet. Der Kläger werde ihm immer in besonderer Erinnerung verbleiben.
Der Kläger vertritt die Ansicht, dass er mindestens seit Antragsrückwirkung zum 01.01.1994 unter mit einem GdS von mindestens 70 zu bewertenden mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten, also einer sich in den meisten Berufen auswirkenden psychischen Veränderung sowie einer erheblichen familiären Problematik durch Kontaktverlust und affektive Nivellierung, leide. Er erachte das Gutachten von PD Dr. F. aufgrund des Zeitablaufs für nicht verwertbar.
Er hat dem Senat weitere Unterlagen (u. a. Berichte an die Staatssicherheit wegen der Vorfälle in der Haftanstalt Torgau, eine "Haftbescheinigung" des Hilfskomitees für politische Flüchtlinge der Sowjetzone, ein polizeiliches Führungszeugnis sowie seinen Lebenslauf aus der Approbationsakte) vorgelegt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 18. Dezember 2007 und den Bescheid des Versorgungsamts F. - A. R. vom 29. Juli 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landesversorgungsamts Baden-Württemberg vom 17. November 1999 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, den Bescheid des Versorgungsamts Karlsruhe vom 24. November 1980 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landesversorgungsamts Baden-Württemberg vom 22. Juli 1981 und der Bescheide des Versorgungsamtes Karlsruhe vom 9. April 1986 und 30. Juni 1987 teilweise zurückzunehmen, eine subsyndromale posttraumatische Belastungsstörung, eine posttraumatische Verbitterungsstörung, eine kombinierte Persönlichkeitsstörung, eine rezidivierende depressive Störung, einen Knieschaden sowie ein Lendenwirbelsäulenleiden als weitere Schädigungsfolgen anzuerkennen und ihm Beschädigtengrundrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 70 vom Hundert ab 1. Januar 1995 beziehungsweise einem Grad der Schädigungsfolgen von 70 ab 1. Januar 2009 zu gewähren, hilfsweise von Amts wegen Dr. Dipl.-Psych. J. und PD Dr. F. zur Erläuterung ihrer Gutachten und zur Klärung des Schweregrades der Traumafolgestörung zu laden, hilfsweise ein neues neurologisch-psychiatrisches Gutachten einzuholen, hilfsweise seine ehemalige Ehefrau Dr. I. F., als Zeugin zu seinem Gesundheitszustand nach der Haftentlassung zu hören.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hat die versorgungsärztlichen Stellungnahmen vom 10.04. und 05.06.2014 vorgelegt und ausgeführt, dass die Schädigungsfolgen allenfalls mit einem GdS von 40 ab Antragstellung einzuschätzen seien.
Psychiater Dr. S. hat am 10.04.2014 in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme ausgeführt, die Diagnose einer kombinierten Persönlichkeitsstörung sei nicht in Gänze nachzuvollziehen, da selbst nach Auffassung von PD Dr. F. keine klaren diagnostischen Kriterien erfüllt seien. Zumindest liege aber eine in Teilen abweichende Persönlichkeitsstruktur mit deutlicher Akzentuierung nach der Haft vor, wobei die kognitive Störung die Beurteilung der Schädigungsfolgen erschwere. Der vom Sachverständigen empfohlene Wert von 40 liege im oberen Bereich des Bewertungsrahmens. Ergänzend hat er in Auswertung des testpsychologischen Zusatzgutachtens von Dipl.Psych. B. am 05.06.2014 angegeben, dass sich hierdurch an seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme nichts ändere. Die Schädigungsfolge könne als "psychoreaktive Störung" mit einem GdS von 40 neu gefasst werden.
Der Senat hat den Kläger noch einmal ausführlich zu seinem Werdegang und den Hafterfahrungen sowie die Zeit nach der Haftentlassung befragt. Hinsichtlich der Einzelheiten seiner Angaben wird auf die Niederschrift vom 12.08.2014 verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Versorgungsverwaltung sowie der Gerichtsakten sämtlicher mit den Kläger betreffenden versorgungsrechtlichen Verfahren befassten Gerichte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
1.
Die gemäß §§ 143 und 144 SGG statthafte, gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte sowie auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.
2.
Vorliegend geht es, da über das mit dem Antrag des Klägers vom 16.08.1999 auf die Aufhebung des Bescheides vom 24.11.1992 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.10.1993 gerichtete Neufeststellungs- und Erhöhungsbegehren nach § 48 SGB X trotz diesbezüglicher Ankündigung im Widerspruchsbescheid vom 17.11.1999 noch keine Entscheidung ergangen ist und der Kläger dieses Begehren ausweislich seines Berufungsantrages auch im vorliegenden Rechtsstreit nicht verfolgt, allein um die Frage, ob mit Bescheid vom 29.07.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.11.1999 das auf die Anerkennung einer subsyndromalen posttraumatischen Belastungsstörung, einer posttraumatischen Verbitterungsstörung, einer kombinierten Persönlichkeitsstörung, einer rezidivierenden depressiven Störung, eines Knieschadens und eines Lendenwirbelsäulenleidens als weitere Schädigungsfolgen sowie die Gewährung einer Beschädigtenrente nach einer MdE um 70 v. H. beziehungsweise einem GdS von 70 gerichtete Überprüfungsbegehren des Klägers nach § 44 SGB X zu Recht abgelehnt worden ist.
Nach der vom BSG im Zurückverweisungsbeschluss vertretenen Ansicht entspricht es allgemeiner Auffassung, dass ein ablehnender Ausführungsbescheid, der durch gerichtliche Entscheidung bestätigt worden ist, der Überprüfung nach § 44 SGB X zugänglich ist und liegt im vorliegenden Verfahren eine ähnliche Sachlage vor. Der Kläger ist nicht durch den Ausführungsbescheid vom 24.11.1992 beschwert, sondern es steht der Anerkennung weiterer, über diesen Ausführungsbescheid hinausgehender Gesundheitsstörungen als Schädigungsfolgen und der Zahlung einer höheren Beschädigtengrundrente der durch das Urteil des LSG vom 12.10.1992 teilweise bestätigte ablehnende Bescheid vom 24.11.1980 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.07.1981 und der Bescheide vom 09.04.1986 und 30.06.1987 entgegen. Er ist damit bei sachdienlicher Fassung des klägerischen Antrages Gegenstand der Überprüfung nach § 44 SGB X. Zwar ist mit dem angegriffenen Bescheid vom 29.07.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.11.1999 ausdrücklich darüber entschieden worden, ob mit dem Ausführungsbescheid vom 24.11.1992 das Recht unrichtig angewandt oder von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen worden ist. Der Antrag des Klägers vom 09.12.1998 wird aber als Antrag auf Überprüfung des Bescheides vom 24.11.1980 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.07.1981 und der Bescheide vom 09.04.1986 und 30.06.1987 ausgelegt. Demzufolge ist auch der hier zur gerichtlichen Überprüfung gestellte Bescheid vom 29.07.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.11.1999 als ein diesen Antrag ablehnender Bescheid auszulegen, so dass die hiergegen erhobene Klage nicht am Fehlen eines vorangegangenen Verwaltungsverfahren scheitert.
3.
Verfahrensrechtlich richtet sich das Begehren des Klägers auf Überprüfung des Bescheides vom 24.11.1980 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.07.1981 und der Bescheide vom 09.04.1986 und 30.06.1987 - wie oben bereits dargelegt - nach § 44 SGB X.
Soweit sich danach im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen (§ 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile des SGB X längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht (§ 44 Abs. 4 Satz 1 SGB X). Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird (§ 44 Abs. 4 Satz 2 SGB X). Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag (§ 44 Abs. 4 Satz 3 SGB X).
Diese Voraussetzungen liegen im Falle des Klägers nicht vor, die Ausgangsbescheide sind vielmehr zur Überzeugung des Senats rechtmäßig.
Materiell-rechtlich richtet sich das Begehren des Klägers auf Feststellung weiterer Schädigungsfolgen und Gewährung höherer Beschädigtengrundrente nach §§ 1 und 4 HHG in Verbindung mit §§ 30, 31 und 60 BVG.
Leistungen nach Maßgabe des HHG erhalten deutsche Staatsangehörige und deutsche Volkszugehörige, wenn sie nach der Besetzung ihres Aufenthaltsortes oder nach dem 08.05.1945 in der sowjetischen Besatzungszone oder im sowjetisch besetzten Sektor von Berlin oder in den in § 1 Abs. 2 Nr. 3 Bundesvertriebenengesetz (BVFG) genannten Gebieten aus politischen und nach freiheitlich-demokratischer Auffassung von ihnen nicht zu vertretenden Gründen in Gewahrsam genommen wurden und den gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich des HHG genommen haben (§ 1 Abs. 1 HHG). Gewahrsam im Sinne des § 1 Abs. 1 HHG ist ein Festgehaltenwerden auf engbegrenztem Raum unter dauernder Bewachung (§ 1 Abs. 5 Satz 1 HHG). Leistungen nach dem HHG werden nicht gewährt an Personen, die in den Gewahrsamsgebieten nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 HHG dem dort herrschenden politischen System erheblich Vorschub geleistet haben (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 HHG), die während der Herrschaft des Nationalsozialismus oder in den Gewahrsamsgebieten nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 HHG durch ihr Verhalten gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit oder Menschlichkeit verstoßen haben, was insbesondere für Personen gilt, die durch ein deutsches Gericht im Geltungsbereich des HHG wegen eines an Mithäftlingen begangenen Verbrechens oder Vergehens rechtskräftig verurteilt worden sind (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 HHG), oder die nach dem 08.05.1945 durch deutsche Gerichte wegen vorsätzlicher Straftaten zu Freiheitsstrafen von insgesamt mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden sind, was nicht gilt, soweit die Verurteilung auf in § 1 Abs. 1 Nr. 1 HHG genannten Gründen beruht (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 HHG). Die Gewährung von Leistungen kann versagt oder eingestellt werden, wenn der Berechtigte die im Geltungsbereich des HHG bestehende freiheitliche demokratische Grundordnung bekämpft hat oder bekämpft (§ 2 Abs. 2 HHG).
Ein nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 HHG Berechtigter, der infolge des Gewahrsams eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen dieser Schädigung auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG, soweit ihm nicht wegen desselben schädigenden Ereignisses ein Anspruch auf Versorgung unmittelbar auf Grund des BVG zusteht (§ 4 Abs. 1 Satz 1 HHG).
Zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung genügt die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges (§ 4 Abs. 5 Satz 1 HHG). Wenn die Wahrscheinlichkeit nur deshalb nicht gegeben ist, weil über die Ursache des festgestellten Leidens in der medizinischen Wissenschaft Ungewissheit besteht, kann mit Zustimmung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales die Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung anerkannt werden; die Zustimmung kann allgemein erteilt werden (§ 4 Abs. 5 Satz 2 HHG).
Der Nachweis darüber, dass die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 HHG vorliegen und Ausschließungsgründe nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 HHG weder gegeben noch gemäß § 2 Abs. 4 HHG wirksam sind, ist durch eine Bescheinigung zu erbringen, soweit zugleich ein Anspruch nach den §§ 9a bis 9c HHG besteht (§ 10 Abs. 4 Satz 1 HHG). Im Übrigen wird das Vorliegen dieser Voraussetzungen nur auf Ersuchen einer anderen Behörde festgestellt, wenn hiervon die Gewährung einer Leistung, eines Rechtes oder einer Vergünstigung abhängt (§ 10 Abs. 4 Satz 2 HHG).
Beschädigte erhalten eine monatliche Grundrente bei einem Grad der Schädigungsfolgen (GdS) ab 30 (§ 31 Abs. 1 BVG). Die Beschädigtenversorgung beginnt mit dem Monat, in dem ihre Voraussetzungen erfüllt sind, frühestens mit dem Antragsmonat (§ 60 Abs. 1 Satz 1 BVG). Die Versorgung ist auch für Zeiträume vor der Antragstellung zu leisten, wenn der Antrag innerhalb eines Jahres nach Eintritt der Schädigung gestellt wird (§ 60 Abs. 1 Satz 2 BVG). Der GdS ist nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen, die durch die als Schädigungsfolge anerkannten körperlichen, geistigen oder seelischen Gesundheitsstörungen bedingt sind, in allen Lebensbereichen zu beurteilen (§ 30 Abs. 1 Satz 1 BVG). Der GdS ist nach Zehnergraden von 10 bis 100 zu bemessen; ein bis zu 5 Grad geringerer GdS wird vom höheren Zehnergrad mit umfasst (§ 30 Abs. 1 Satz 2 BVG). Vorübergehende Gesundheitsstörungen sind nicht zu berücksichtigen; als vorübergehend gilt ein Zeitraum bis zu sechs Monaten (§ 30 Abs. 1 Satz 3 BVG).
Zwar orientiert sich der Senat bei der Prüfung, welche gesundheitlichen Schäden Folge einer rechtsstaatswidrigen Ingewahrsamnahme sind, und der Höhe des GdS grundsätzlich an den seit 01.01.2009 an die Stelle der bis zum 31.12.2008 im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewandten (BSG, Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RVs 1/91 - BSGE 72, 285; BSG, Urteil vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95 - SozR 3-3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18.09.2003 - B 9 SB 3/02 R - BSGE 190, 205; BSG, Urteil vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 - BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 1) Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit (AHP) im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX) 2008 getretenen Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV). Der Grundsatz, dass in Zugunstenverfahren nach § 44 SGB X die Rechtslage im Zeitpunkt des Erlasses der zu überprüfenden Entscheidung (Steinwedel in Kasseler Kommentar, § 44 SGB X, Rz. 29) zu Grunde zu legen ist, gilt aber auch für die Beurteilung der Frage, ob die VG beziehungsweise welche Fassung der AHP anzuwenden ist. Mithin sind vorliegend die im Zeitpunkt des Bescheides vom 24.11.1980 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.07.1981 und der Bescheide vom 09.04.1986 und 30.06.1987 geltenden gleichlautenden AHP 1973 und 1983 zu Grunde zu legen.
Danach wird als Schädigungsfolge im sozialen Entschädigungsrecht jede Gesundheitsstörung bezeichnet, die in ursächlichem Zusammenhang mit einer Schädigung steht, die nach dem entsprechenden Gesetz zu berücksichtigen ist (AHP 1983 Teil A Nr. 16 Satz 1; jetzt VG Teil A Nr. 1 a) und ist Ursache im Sinne der Versorgungsgesetze die Bedingung im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg an dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt hat (AHP 1973 Teil A Nr. 2 Abs. 2; AHP 1983 Teil A Nr. 36 Abs. 2 Satz 1; jetzt VG Teil C Nr. 1 b Satz 1).
Zu den Fakten, die vor der Beurteilung eines ursächlichen Zusammenhangs geklärt ("voll bewiesen") sein müssen, gehören der schädigende Vorgang, die gesundheitliche Schädigung und die zu beurteilende Gesundheitsstörung (AHP 1973 Teil A Nr. 3 Abs. 1; AHP 1983 Teil A Nr. 37 Abs. 1; jetzt VG Teil C Nr. 2 a). Der schädigende Vorgang ist das Ereignis, das zu einer Gesundheitsschädigung führt (AHP 1973 Teil A Nr. 3 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1; AHP 1983 Teil A Nr. 37 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1; jetzt VG Teil C Nr. 2 b Satz 1 Halbsatz 1). Auch besondere Belastungen, wie sie zum Beispiel in rechtsstaatswidriger Haft in der DDR gegeben sein können, zählen dazu (AHP 1973 Teil A Nr. 3 Abs. 2 Satz 2; AHP 1983 Teil A Nr. 37 Abs. 2 Satz 2; jetzt VG Teil C Nr. 2 b Satz 2). Die gesundheitliche Schädigung ist die primäre Beeinträchtigung der Gesundheit durch den schädigenden Vorgang (AHP 1973 Teil A Nr. 3 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1; AHP 1983 Teil A Nr. 37 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1; jetzt VG Teil C Nr. 2 c Halbsatz 1). Zwischen dem schädigenden Vorgang und der Gesundheitsstörung muss eine nicht unterbrochene Kausalkette bestehen, die mit den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft und den ärztlichen Erfahrungen im Einklang steht. Dabei sind Brückensymptome oft notwendige Bindeglieder. Fehlen Brückensymptome, so ist die Zusammenhangsfrage besonders sorgfältig zu prüfen und die Stellungnahme anhand eindeutiger objektiver Befunde überzeugend wissenschaftlich zu begründen (AHP 1973 Teil A Nr. 3 Abs. 4 Sätze 1 bis 3; AHP 1983 Teil A Nr. 37 Abs. 4 Sätze 1 bis 3; jetzt VG Teil C Nr. 2 d Sätze 1 bis 3).
Für die Annahme, dass eine Gesundheitsstörung Folge einer Schädigung ist, genügt versorgungsrechtlich die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs. Sie ist gegeben, wenn nach der geltenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht (AHP 1973 Teil A Nr. 4 Abs. 1 Sätze 1 und 2; AHP 1983 Teil A Nr. 38 Abs. 1 Sätze 1 und 2; jetzt VG Teil C Nr. 3 a Sätze 1 und 2). Grundlage für die medizinische Beurteilung sind die von der herrschenden wissenschaftlichen Lehrmeinung vertretenen Erkenntnisse über Ätiologie und Pathogenese (AHP 1973 Teil A Nr. 4 Abs. 2 Satz 1; AHP 1983 Teil A Nr. 38 Abs. 2 Satz 1; jetzt VG Teil C Nr. 3 b Satz 1). Aus dem Umstand, dass der Zusammenhang der Gesundheitsstörung mit einem schädigenden Vorgang nach wissenschaftlicher Erkenntnis nicht ausgeschlossen werden kann, lässt sich nicht folgern, dass er darum wahrscheinlich sei. Ebenso wenig kann das Vorliegen einer Schädigungsfolge bejaht werden, wenn ein ursächlicher Zusammenhang nur möglich ist (AHP 1973 Teil A Nr. 4 Abs. 4 Sätze 1 und 2; AHP 1983 Teil A Nr. 38 Abs. 4 Sätze 1 und 2; jetzt VG Teil C Nr. 3 d Sätze 1 und 2).
In Bezug auf die Höhe der MdE wurde bei Psychosen mit leichten Störungen eine MdE von 30 bis 40 v. H. sowie mit ernsteren sozialen Anpassungsschwierigkeiten eine MdE von 50 bis 100 v. H. (AHP 1973 Teil D Nr. 145) und später bei Neurosen und abnormen Persönlichkeitsentwicklungen mit leichteren neurotischen Störungen eine MdE von 0 bis 10 v. H., bei stärker behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (zum Beispiel manche Phobien, pathologische Entwicklungen) eine MdE von 20 bis 40 v. H. sowie bei schweren Neurosen mit erheblichen sozialen Anpassungsschwierigkeiten (zum Beispiel schwere Zwangsneurose) eine MdE von 50 bis 100 v. H. zu Grunde gelegt (AHP 1983 Teil A Nr. 26.3; jetzt etwas anders VG, Teil B, Nr. 3.7).
Ferner ist zu berücksichtigen, dass nur solche Gesundheitsstörungen für eine mögliche Entschädigung in Betracht kommen, die durch schädigende Ereignisse während freiheitsentziehender Maßnahmen verursacht worden sind, für die dem Kläger die Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 Satz 1 HHG erteilt worden ist (LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 12.02.1998 - L 3 V 42/96). Gesundheitsstörungen, die auf die Umstände vor der Haft sowie nach der Haft bis zur Flucht des Klägers in das Bundesgebiet zurückzuführen sind, kommen daher nicht als schädigende (Teil-)Ursache in Betracht.
4.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass der Beklagte zu Recht mit Bescheid vom 24.11.1980 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.07.1981 und der Bescheide vom 09.04.1986 und 30.06.1987 keine weiteren und über die Gesundheitsstörungen "Narbe unterhalb der rechten Kniescheibe, degenerative Veränderungen im Bereich der Halswirbelsäule, erlebnisreaktive Verstimmung" hinausgehenden Schädigungsfolgen festgestellt hat. Die vom Kläger beantragten Gesundheitsstörungen einer rezidivierenden depressiven oder psychoreaktiven Störung, subsyndromalen posttraumatischen Belastungsstörung, Symptome einer komplexen posttraumatischen Belastungsstörung, Symptome einer posttraumatischen Verbitterungsstörung, Symptome einer kombinierten Persönlichkeitsstörung, eines Knieschadens und eines Lendenwirbelsäulenleidens sind nicht als Schädigungsfolgen festzustellen. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
5.
Beim Kläger liegen aufgrund der Inhaftierung in der DDR ausweislich der Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG des Senators für Arbeit, Gesundheit und Soziales Berlin vom 30.09.1969 die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 HHG vor und sind Ausschlussgründe nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 HHG nicht gegeben. Der Kläger hat auch infolge des Gewahrsams mit den bereits anerkannten Gesundheitsstörungen "Narbe unterhalb der rechten Kniescheibe, degenerative Veränderungen im Bereich der Halswirbelsäule, erlebnisreaktive Verstimmung" eine gesundheitliche Schädigung erlitten.
6.
Der Kläger hat nach Auffassung des Senats über die bereits anerkannte und mit einer MdE bzw. einem GdS von 30 hinaus bewerteten erlebnisreaktiven Verstimmung keinen Anspruch auf Feststellung einer rezidivierenden depressiven Störung oder, wie von dem Beklagten vorgeschlagen, einer psychoreaktiven Störung als weitere Schädigungsfolge. Es spricht zur Überzeugung des Senats mehr dagegen als dafür und es ist damit nicht hinreichend wahrscheinlich, dass diese Erkrankung wesentlich ursächlich auf die erlittene Haft zurückzuführen ist. Dass diese unter der Bezeichnung "erlebnisreaktive Verstimmung" als Schädigungsfolge anerkannte Störung, wie der Sachverständige PD Dr. F. meint, in wechselhafter Ausprägung immer Bestand hatte, davon konnte sich der Senat nicht überzeugen.
Der Senat erachtet zunächst das Gutachten des PD Dr. F., welches dieser erst anderthalb Jahre nach der Untersuchung erstattet hat, ausnahmsweise für verwertbar. Nach § 412 Zivilprozessordnung (ZPO), auf den § 202 SGG verweist, kann eine neue Begutachtung angeordnet werden, wenn das Gericht das Gutachten für ungenügend erachtet. In Betracht kommen folgende Fälle: Das Gutachten ist unvollständig (BGH, Urteil vom 29.11.1995 - VIII ZR 278/94 - NJW 96, 730), nicht nachvollziehbar oder in sich widersprüchlich, der Sachverständige hat erkennbar oder erklärtermaßen nicht die notwendige Sachkunde, die sog. Anschlusstatsachen treffen nicht (mehr) zu (vgl. Greger in Zöller, Kommentar zur ZPO § 412 Rz. 2). Der Fall, dass ein Gutachten erst verspätet erstattet wird, ist nicht ausdrücklich genannt. Der Senat ist aber der Auffassung, dass auch die nach stattgehabter Untersuchung verspätete Gutachtenserstattung jedenfalls bei nervenärztlichen Gutachten grundsätzlich unter § 412 Abs. 1 ZPO gefasst werden muss. Denn gerade bei einem psychiatrischen Gutachten kommt es entscheidend darauf an, dass der Gutachter sich nicht nur einen persönlichen Eindruck in einer angemessenen Untersuchungszeit von dem Kläger verschafft, sondern diesen auch entsprechend zeitnah für die Beteiligten und das Gericht darlegt. Denn nur dann ist gewährleistet, dass sich der Gutachter überhaupt noch an die Untersuchungsperson erinnert. Nach einem Zeitraum von jedenfalls über einem Jahr dürfte dies grundsätzlich nicht mehr der Fall sein. Der Sachverständige kann sich allenfalls noch auf seine schriftlichen Aufzeichnungen und in aller Regel nicht mehr auf einen genauen aktuellen Eindruck von dem Kläger stützen. Gerade bei einem Praktiker wie dem hier beauftragten Sachverständigen, der jeden Arbeitstag mit einer Vielzahl von Personen zu tun hat, muss der persönliche Eindruck von der zu untersuchenden Person naturgemäß nach einem gewissen Zeitablauf verblassen. Hinsichtlich des Zeitfaktors hat der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes bei der Absetzung des vollständigen Urteils hinsichtlich des Erinnerungsvermögens der beteiligten Richter darauf abgestellt, dass die Erinnerung mit fortschreitender Zeit nicht mehr gegeben ist, und allenfalls eine Frist von einem Jahr für angemessen erachtet (Beschluss vom 27.04.1993 - GmS-OBG 1/92). Dieses Zeitfenster nimmt auch der erkennende Senat grundsätzlich als Maßstab (so Urteil des Senats vom 27.03.2014 - L 6 U 4001/13 - nicht veröffentlicht). Etwas Anderes muss aber dann im Ausnahmefall gelten, wenn der Sachverständige sich aufgrund besonderer Umstände noch genau an die Person des Untersuchenden erinnern kann und deswegen sein Gutachten noch auf der stattgehabten Untersuchung beruht. Von diesen besonderen Umständen konnte sich der Senat vorliegend aufgrund der ergänzenden Angaben des Sachverständigen überzeugen. So hat PD Dr. F. glaubhaft dargelegt, dass er - nur unterbrochen durch seine Erkrankung - fortwährend an dem Gutachten gearbeitet und sich hierbei in fortgesetzten Gedankenaustausch mit der Psychologin befunden hat. Hierbei konnte er sich nicht nur auf seine eigenen Aufzeichnungen, sondern zusätzlich auf die stationären Patientenunterlagen stützen. Zudem war er zur Prüfung der im Vordergrund stehenden Brückensymptomatik mit einer umfangreichen Literaturrecherche beschäftigt. Außerdem hat es sich bei der Begutachtung des Klägers um ein Ereignis gehandelt, das sich deutlich von sonstigen Begutachtungen des Sachverständigen unterschieden hat. Der Kläger ist Arztkollege und hat Briefkontakt mit dem Sachverständigen gehalten, auch war/ist der Kläger allein von seiner Biographie eine sehr ungewöhnliche Person. Der Senat entnimmt das der ergänzenden Stellungnahme, aufgrund derer er keine berechtigten Zweifel daran hat, dass das Gutachten in diesem konkreten Einzelfall noch auf dem aktuellen Untersuchungsbefund beruht und deswegen ausnahmsweise noch verwertbar ist. Dessen ungeachtet gilt, dass im Vordergrund der Begutachtung ohnehin die Zusammenhangsfrage und weniger aktuelle Gesundheitsstörungen standen, so dass auch aus diesem Grund es weniger auf den aktuellen Untersuchungsbefund ankommt. Der Senat hat daher das Gutachten in seiner Entscheidung berücksichtigt.
Der Kläger hat nach dem Akteninhalt unmittelbar nach der Haft an einer erlebnisreaktiven Entwicklungsstörung mit vegetativen Symptomen sowie unter anderem gelegentlichen Verstimmungszuständen, Beziehungsideen und Ängsten, phobischen Befürchtungen sowie Hypervigilanz und Schreckhaftigkeit gelitten. Diese Einschätzung allerdings beruht im Wesentlichen auf den - nicht zeitnahen - Angaben des Klägers gegenüber Dr. G. (Seite 5 des Gutachtens vom 21.02.1986), Dr. B. (Seite 8 des Gutachtens vom 13.10.1988), Dr. Dipl.-Psych. J. (Seite 18 des Gutachtens vom 26.02.2007) und Prof. Dr. E. (Seite 7 des Gutachtens vom 03.11.2008), der Mutter des Klägers (Zeugeneinvernahme am 25.05.1987) sowie des Dr. M. und des Dipl.-Ing. Dr. G. (Zeugeneinvernahmen am 16.07.1990).
Danach war der Kläger während der Haft noch in der Lage, sich aktiv zu wehren, sich aufgrund der beantragten Einzelhaft Rückzugsbereiche zu schaffen und sogar Aktionen gegen die Gefängnisverwaltung zu organisieren, also sich aktiv aus der Opferrolle zu befreien und auch nach der Haftentlassung noch aktiv am Widerstand gegen das Regime teilzunehmen. Das entnimmt der Senat den erst kurz vor dem Verhandlungstermin vorgelegten Unterlagen des Klägers wie dessen Angaben im Senatstermin. Nach der Haft ist demzufolge über die bereits anerkannte erlebnisreaktive Verstimmung hinaus zunächst kein psychischer Einbruch zu verzeichnen gewesen. Vielmehr war der Kläger gesundheitlich jedenfalls in der Lage, sein Medizinstudium sofort - trotz fast siebenjähriger Unterbrechung - mit einem glänzenden Staatsexamen und anschließender Promotion wie Facharztausbildung abzuschließen, um anschließend 15 Jahre unauffällig als Nervenarzt zu praktizieren und auch eine Familie zu gründen. Der psychische Zusammenbruch des Klägers mit nachfolgender Berufsunfähigkeit erfolgte erst nach den weiteren, unzweifelhaft einschneidenden Erlebnissen der Trennung von Ehefrau und Kind mit nachfolgender Prozessflut, dem erheblichen Geldverlust durch Spekulationen wie dem Entzug der wirtschaftlichen Existenz nach Verbot der Doppelpraxis durch die Ärztekammer. In dessen Folge ist auch erstmalig eine nervenärztliche Behandlung des Klägers dokumentiert, was nach der Rspr. erst einen entsprechenden Leidensdruck dokumentiert (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.12.2010 - L 8 SB 1549/10 - Juris).
Dass der psychische Befund 1969 noch unauffällig war, entnimmt der Senat dem im Wege des Urkundsbeweises verwertbaren zeitnahen Gutachten von Dr. B., die den Kläger damals noch sachlich und affektiv ausgeglichen ansah. Auch die geschilderten nervösen Erscheinungen waren danach glaubhaft und nachvollziehbar bei der eingetretenen Normalisierung der Lebensverhältnisse abgeklungen. Der Kläger selbst hat damals angegeben, dass er keine nervlichen Störungen zurückbehalten hat (Seite 4 des Gutachtens vom 03.07.1969). Diese Einschätzung hat auch der Erstbehandler Prof. Dr. B. geteilt, der erst ab 1975 erste depressive Phasen sah, die dann 1983 zur Behandlungsbedürftigkeit, d.h. einem entsprechenden Leidensdruck bei einem immerhin selbst äußerst fachkundigen Patienten führten und schließlich in die Berufsunfähigkeit mündeten. Prof. Dr. B. hat zu Recht diese Krankheitsgeschichte in Zusammenhang mit dem Lebenslauf des Klägers gebracht, der bis dahin sämtliche Schicksalsschläge gut verarbeiten konnte, darunter auch die traumatische Internierung im Sudentenland, und erst, nachdem sich seine Lebensumstände überschlagen hatten, nicht mehr in der Lage war, sein Leben im Griff zu halten, und bei dem zunehmend krankhafte Momente sein Handeln bestimmten. Insoweit ist aus Sicht des Senats ein klarer zeitlicher Zusammenhang zur Erstmanifestation der Erkrankung zu nichtschädigungsbedingten Ursachen gegeben. Auch Dr. G. hat erste depressive Phasen ab Mitte der 70-iger Jahre und eine vollständige Dekompensation erst 1982 gesehen. Gegenüber Prof. Dr. E. hat der Kläger angegeben, dass beispielsweise die Ängstlichkeit schon während des Studiums vollständig verschwunden ist (Seite 7 des Gutachtens vom 03.11.2008).
Dass es sich um eine aus der Haft entwickelte und durch die Haft bedingte rezidivierende depressive Störung handelt, hat PD Dr. F. daher nicht zur Überzeugung des Senats herausarbeiten können. Die dafür wesentliche Annahme des Sachverständigen, dass beim Kläger nach der Haft in schwankender Ausprägung psychische Symptome wie Ängste, Unruhe, Angespanntheit, paranoide Befürchtungen, Jähzorn und übersteigertes Gerechtigkeitsempfinden, unspezifische diffuse Symptome wie starke Unruhe, Schlafstörungen und Übererregbarkeit sowie Erschöpfbarkeit, Verletzbarkeit und Kränkbarkeit mit erheblicher Minderung der Emotionsregulation aufgetreten sind, sind durch nichts belegt, sondern erst im Zusammenhang mit der Erstmanifestation der Erkrankung dokumentiert und jetzt aktuell vom Kläger berichtet. All diese Symptome kann der Senat daher nicht als Ausdruck einer auf die Hafterlebnisse zurückführbaren depressiven Grunderkrankung werten, zumal der Sachverständige selbst einräumen muss, dass beim Kläger seit 2004 kognitive Störungen vorliegen, die auf den Alterungsprozess zurückzuführen sind. Deswegen hätte er die größtenteils unpräzisen Angaben des Klägers (Seite 105 des Gutachtens) gerade was erst jetzt erstmals geschilderte Traumaerlebnisse wie eine "Isolationshaft" angeht, viel kritischer hinterfragen müssen. Dies gilt umso mehr, als er die deutliche, biographisch und damit schädigungsunabhängige Vulnerabilität für depressive Erkrankungen zwar erwähnt, aber letztlich nicht berücksichtigt hat. In den Akten ist diese erhöhte Vulnerabilität für depressive Erkrankungen durch familiäre Belastungen mit Depressionen aber seit vielen Jahrzehnten nicht nur mehrfach dokumentiert, sondern gerade bei der Entstehung von Depressionen angesichts einer genetischen Determinante besonders zu würdigen. So ist die Möglichkeit einer genetischen Disposition des Klägers (Neigung der Mutter zu Depressionen, endogene Depression einer Schwester, abnormes Verhalten einer anderen Schwester, Depression eines Neffen, psychische Auffälligkeit des Vaters und überhaupt der väterlichen Linie) nämlich deutlich belegt und wurde auch von den Vorgutachtern in die Bewertung eingestellt. Ferner ist eine sonstige haftunabhängige prämorbide Konstitution des Klägers (überschießendes Temperament während der Schulzeit, Zurückgezogenheit, teilweise Hemmungen und Schüchternheit), sind die Erlebnisse des Klägers im Lager J. im Jahr 1945 (insbesondere das Mitansehen- und Mitanhörenmüssen von Vergewaltigungen, Unterernährung und Gewalterlebnisse auf der Flucht), ist die von der Flüchtlingssituation geprägte Kindheit des Klägers sowie das Betroffensein des Klägers durch die anderweitige Heirat der schwangeren Verlobten während seiner Haft und durch den Verlust seiner Anerkennung als Spitzensportler bei der Beurteilung der Ursachen für das Entstehen der seelischen Erkrankung des Klägers zu berücksichtigen. Auch wenn die Erlebnisse im Lager J. nach den Darlegungen des Sachverständigen offenbar ohne spezifische psychische Störungen überwunden wurden und in der Schul- und Studienzeit keine wesentlichen psychischen Probleme im Sinne krankheitswertiger Symptome aufgetreten sind, so ist aber zu berücksichtigen, dass sich im weiteren Verlauf nach der Haft Hinweise auf eine problembehaftete Vita des Klägers ergeben. So hat Prof. Dr. J. ausgeführt, die Auseinandersetzungen mit Prozessserien neben der verantwortungsvollen beruflichen Tätigkeit habe zu Zwangshandlungen, Phobien und nicht steuerbaren Erregungszuständen mit sekundären psychosomatischen Symptomen geführt (Arztbrief vom 01.06.1983), hat der Kläger selbst gegenüber Dr. G. ausgeführt, reale Anknüpfungspunkte, um deprimiert zu sein, seien seine finanziellen Probleme, Berufsunfähigkeit und "zerbrochene Familie" (Seite 6 des Gutachtens vom 21.02.1986), hat auch Dr. Dr. K. ausgeführt, der Kläger neige dazu, seine seelischen Schwierigkeiten exogenen Belastungen wie beispielsweise Verschuldung und zwei gescheiterten Ehen zuzuschreiben (Seite 21 des Gutachtens vom 31.03.1989), und gab der Kläger gegenüber Prof. Dr. E. an, die Trennung von Frau und Kind und vor allem die finanziellen Schwierigkeiten hätten zur Dekompensation geführt (Seiten 4 und 5 des Gutachtens vom 03.11.2008). Diese Schwierigkeiten sind nach Ansicht des Senats Ausdruck einer haftunabhängigen Persönlichkeitsstörung und es spricht mehr dagegen als dafür, dass sie in einem ursächlichen Zusammenhang mit der haftbedingten reaktiven Verstimmung und depressiven Störung stehen, wie dies letztlich auch die zeitnäheren Vorgutachter Prof. Dr. M. und Prof. Dr. D. so gesehen haben, die beide ein Intervall bis zum Eintritt der Arbeitsunfähigkeit beschrieben haben. Die Annahme eines solchen Intervalls widerlegt aber die zentrale Arbeitshypothese des Sachverständigen, dass ununterbrochen Symptome der Depression vorlagen.
Bei den typischen leichten (ICD-10 F32.0), mittelgradigen (ICD-10 F32.1) oder schweren (ICD-10 F32.2 und F32.3) depressiven Episoden leidet der Betroffene nämlich unter einer gedrückten Stimmung und einer Verminderung von Antrieb und Aktivität. Die Fähigkeit zu Freude, das Interesse und die Konzentration sind vermindert. Ausgeprägte Müdigkeit kann nach jeder kleinsten Anstrengung auftreten. Der Schlaf ist meist gestört, der Appetit vermindert. Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen sind fast immer beeinträchtigt. Sogar bei der leichten Form kommen Schuldgefühle oder Gedanken über eigene Wertlosigkeit vor. Die gedrückte Stimmung verändert sich von Tag zu Tag wenig, reagiert nicht auf Lebensumstände und kann von so genannten "somatischen" Symptomen begleitet werden, wie Interessenverlust oder Verlust der Freude, Früherwachen, Morgentief, deutliche psychomotorische Hemmung, Agitiertheit, Appetitverlust, Gewichtsverlust und Libidoverlust. Abhängig von Anzahl und Schwere der Symptome ist eine depressive Episode als leicht, mittelgradig oder schwer zu bezeichnen. All diese Symptome sind letztlich nicht mit dem Leben des Klägers, das er nach der Haftentlassung bis Ende der 70-iger Jahre geführt hat, in Einklang zu bringen.
Nach alledem hat der Kläger keinen Anspruch auf Feststellung einer rezidivierenden depressiven Störung oder einer psychoreaktiven Störung als Schädigungsfolge.
7.
Der Kläger hat auch nach Ansicht des Senats keinen Anspruch auf Feststellung einer subsyndromalen posttraumatischen Belastungsstörung, von Symptomen einer komplexen posttraumatischen Belastungsstörung, von Symptomen einer posttraumatischen Verbitterungsstörung und von Symptomen einer kombinierten Persönlichkeitsstörung, eines Knieschadens und eines Lendenwirbelsäulenleidens als weitere Schädigungsfolgen.
Es fehlt insoweit an den weiteren Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 HHG. Denn der Kläger leidet nicht an der geltend gemachten gesundheitlichen Schädigung, der PTBS. Anders als der Ursachenzusammenhang zwischen schädigendem Vorgang, primärer gesundheitlicher Schädigung und Schädigungsfolge, der nach § 4 Abs. 5 Satz 1 HHG schon im Falle der Wahrscheinlichkeit zu bejahen ist, bedarf es für die Annahme der primären gesundheitlichen Schädigung des Vollbeweises. Dies verlangt zwar nicht, dass die Tatsachen mit absoluter Gewissheit feststehen. Ausreichend aber auch erforderlich ist indes ein so hoher Grad an Wahrscheinlichkeit, dass bei Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens kein vernünftiger, den Sachverhalt überschauender Mensch noch zweifelt, d. h. die Wahrscheinlichkeit muss an Sicherheit grenzen.
Bei Anlegung dieses Maßstabes konnte sich der Senat vorliegend schon nicht davon überzeugen, dass der Kläger an einer posttraumatischen Belastungsstörung leidet, sodass es auf die Frage des ursächlichen Zusammenhangs mit der erlittenen Haft in der ehemaligen DDR nicht ankam.
Voraussetzung für die Anerkennung von psychischen Gesundheitsstörungen als Schädigungsfolge und die Gewährung einer Beschädigtengrundrente aufgrund von ihnen ist zunächst die Feststellung der konkreten Gesundheitsstörungen, die bei dem Geschädigten vorliegen und seine Erwerbsfähigkeit mindern. Angesichts der zahlreichen in Betracht kommenden Erkrankungen und möglicher Schulenstreite sollte diese Feststellung nicht nur begründet sein, sondern aufgrund eines der üblichen Diagnosesysteme wie zum Beispiel die ICD-10 (Zehnte Revision der internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme der Weltgesundheitsorganisation [WHO] aus dem Jahr 1989, vom Deutschen Institut für medizinische Dokumentation und Information [DIMDI] ins Deutsche übertragen, herausgegeben und weiterentwickelt) und das DSM-IV (Diagnostisches und statistisches Manual psychischer Störungen der Amerikanischen psychiatrischen Vereinigung aus dem Jahr 1994, deutsche Bearbeitung herausgegeben von Saß/Wittchen/Zaudig, 3. Auflage 2001) und unter Verwendung der dortigen Schlüssel und Bezeichnungen erfolgen, damit die Feststellung nachvollziehbar ist. Denn je genauer und klarer die bei dem Geschädigten bestehenden Gesundheitsstörungen bestimmt sind, um so einfacher sind ihre Ursachen zu erkennen und zu beurteilen sowie letztlich die MdE beziehungsweise der GdS zu bewerten. Begründete Abweichungen von diesen Diagnosesystemen aufgrund ihres Alters und des zwischenzeitlichen wissenschaftlichen Fortschritts sind damit nicht ausgeschlossen (zur Feststellung von Unfallfolgen im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung: BSG, Urteil vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 17).
Die von Dr. F. in seinem Gutachten beschriebenen Gesundheitsbeeinträchtigungen in Form einer subsyndromalen posttraumatischen Belastungsstörung, von Symptomen einer komplexen posttraumatischen Belastungsstörung, von Symptomen einer posttraumatischen Verbitterungsstörung und von Symptomen einer kombinierten Persönlichkeitsstörung erfüllen aber nicht das Vollbild der in der ICD-10 und dem DSM-IV abgebildeten Erkrankungen.
Zur Beurteilung der Frage, ob beim Kläger die Vollbilder der oben beschriebenen Erkrankungen vorliegen, berücksichtigt der Senat die ICD 10 und das DSM-IV-TR.
Bei der posttraumatischen Belastungsstörung handelt es sich um eine Gesundheitsstörung nach ICD-10 F 43.1 beziehungsweise DSM-IV-TR 309.81.
Nach ICD-10 F 43.1 gelten folgende Grundsätze: Die posttraumatische Belastungsstörung entsteht als eine verzögerte oder protrahierte Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer, mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde. Prädisponierende Faktoren wie bestimmte, zum Beispiel zwanghafte oder asthenische Persönlichkeitszüge oder neurotische Krankheiten in der Vorgeschichte können die Schwelle für die Entwicklung dieses Syndroms senken und seinen Verlauf erschweren, aber die letztgenannten Faktoren sind weder notwendig noch ausreichend, um das Auftreten der Störung zu erklären. Typische Merkmale sind das wiederholte Erleben des Traumas in sich aufdrängenden Erinnerungen (Nachhallerinnerungen, Flashbacks), Träumen oder Alpträumen, die vor dem Hintergrund eines andauernden Gefühls von Betäubtsein und emotionaler Stumpfheit auftreten. Ferner finden sich Gleichgültigkeit gegenüber anderen Menschen, Teilnahmslosigkeit der Umgebung gegenüber, Freudlosigkeit sowie Vermeidung von Aktivitäten und Situationen, die Erinnerungen an das Trauma wachrufen könnten. Meist tritt ein Zustand von vegetativer Übererregtheit mit Vigilanzsteigerung, einer übermäßigen Schreckhaftigkeit und Schlafstörung auf. Angst und Depression sind häufig mit den genannten Symptomen und Merkmalen assoziiert und Suizidgedanken sind nicht selten. Der Beginn folgt dem Trauma mit einer Latenz, die wenige Wochen bis Monate dauern kann. Der Verlauf ist wechselhaft, in der Mehrzahl der Fälle kann jedoch eine Heilung erwartet werden. In wenigen Fällen nimmt die Störung über viele Jahre einen chronischen Verlauf und geht dann in eine andauernde Persönlichkeitsänderung über.
Nach DSM-IV-TR 309.81 gelten folgende Grundsätze: Das Hauptmerkmal der posttraumatischen Belastungsstörung ist die Entwicklung charakteristischer Symptome nach der Konfrontation mit einem extrem traumatischen Ereignis. Das traumatische Ereignis beinhaltet unter anderem das direkte persönliche Erleben einer Situation, die mit dem Tod oder der Androhung des Todes, einer schweren Verletzung oder einer anderen Bedrohung der körperlichen Unversehrtheit zu tun hat (Kriterium A1). Die Reaktion der Person auf das Ereignis muss intensive Angst, Hilflosigkeit oder Entsetzen umfassen (Kriterium A2). Charakteristische Symptome, die aus der Konfrontation mit der extrem traumatischen Situation resultieren, sind das anhaltende Wiedererleben des traumatischen Ereignisses in Form von wiederholten und aufdringlichen Erinnerungen an das Ereignis (Kriterium B1), von wiederkehrenden, quälenden Träumen, in denen das Erlebnis nachgespielt wird oder in anderer Form auftritt (Kriterium B2), von Erleben von oft als "Flashbacks" bezeichneten dissoziativen Zuständen, während derer einzelne Bestandteile des Ereignisses wieder erlebt werden (Kriterium B3) oder, wenn die Person mit Ereignissen konfrontiert wird, die sie an Aspekte des traumatischen Ereignisses erinnern oder die diese symbolisieren, in Form von intensiver psychischer Belastung (Kriterium B4) oder physiologischer Reaktionen (Kriterium B5). Charakteristische Symptome sind auch die andauernde Vermeidung von Reizen, die mit dem Trauma assoziiert sind, und eine Abflachung der allgemeinen Reagibilität in der Form, dass die Person im Allgemeinen versucht, Gedanken, Gefühle oder Gespräche über das traumatische Ereignis (Kriterium C1) und Aktivitäten, Situationen oder Personen, die die Erinnerung an das Ereignis wachrufen (Kriterium C2) absichtlich zu vermeiden, wobei die Vermeidung des Erinnerns die Unfähigkeit mit einschließen kann, sich an einen wichtigen Aspekt des traumatischen Ereignisses zu erinnern (Kriterium C3), oder in Form von verminderter Reaktionsbereitschaft auf die Umwelt, welche üblicherweise sehr bald nach dem traumatischen Erlebnis eintritt (Kriterium C4), eines Gefühls der Isolierung und Entfremdung von Anderen (Kriterium C5) oder einer deutlich reduzierten Fähigkeit, Gefühle zu empfinden (Kriterium C6) oder in der Form, dass betroffene Personen das Gefühl einer eingeschränkten Zukunft haben (Kriterium C7). Charakteristische Symptome sind auch anhaltende Symptome erhöhten Arousals in Form von Ein- oder Durchschlafschwierigkeiten, die durch wiederholte Albträume, in denen das traumatische Erlebnis wieder erlebt wird, hervorgerufen werden können (Kriterium D1), Hypervigilanz (Kriterium D4) und übertriebener Schreckreaktion (Kriterium D5), wobei manche Personen über Reizbarkeit oder Wutausbrüche (Kriterium D2) oder Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren oder Aufgaben zu vollenden (Kriterium D3), berichten. Das vollständige Symptombild muss länger als einen Monat anhalten (Kriterium E) und die Störung muss in klinisch bedeutsamer Weise Leiden oder Beeinträchtigungen in sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen verursachen (Kriterium F). Traumatische Erfahrungen, die direkt erlebt wurden, umfassen insbesondere kriegerische Auseinandersetzungen, gewalttätige Angriffe auf die eigene Person, Entführung, Geiselnahme, Terroranschlag, Folterung, Kriegsgefangenschaft, Gefangenschaft in einem Konzentrationslager, Natur- oder durch Menschen verursachte Katastrophen, schwere Autounfälle oder die Diagnose einer lebensbedrohlichen Krankheit. Hinsichtlich Beginn und Dauer der Symptome wird unterschieden zwischen der akuten posttraumatischen Belastungsstörung (wenn die Dauer der Symptome weniger als drei Monate beträgt), der chronischen posttraumatischen Belastungsstörung (wenn die Symptome drei Monate oder länger andauern) und der posttraumatischen Belastungsstörung mit verzögertem Beginn (wenn mindestens sechs Monate zwischen dem traumatischen Ereignis und dem Beginn der Symptome vergangen sind). Die Symptome, wie beispielsweise verminderte affektive Schwingungsfähigkeit, dissoziative Symptome, somatische Beschwerden, Gefühle der Insuffizienz in Form von Hoffnungslosigkeit, sozialer Rückzug, ständiges Gefühl des Bedrohtseins oder beeinträchtigte Beziehung zu anderen oder Veränderung der Persönlichkeit im Vergleich zu früher beginnen normalerweise innerhalb der ersten drei Monate nach dem Trauma, obwohl sich die Ausbildung der Symptome aber auch um Monate oder sogar Jahre verzögern kann. Die Schwere, Dauer und Nähe der Person bei Konfrontation mit dem traumatischen Ereignis sind die wichtigsten Faktoren, die die Wahrscheinlichkeit bestimmen, mit der die Störung sich entwickelt. Es gibt Hinweise, dass soziale Unterstützung, Familienanamnese, Kindheitserfahrungen, Persönlichkeitsvariablen und vorbestehende psychische Störungen die Ausbildung einer posttraumatischen Belastungsstörung beeinflussen können. Die Störung kann sich auch bei Personen entwickeln, bei denen zuvor keine besondere Auffälligkeit vorhanden war, besonders dann, wenn es sich um eine besonders extreme Belastung handelt.
Die komplexe posttraumatische Belastungsstörung ist im Unterschied zur posttraumatischen Belastungsstörung durch ein breites Spektrum kognitiver, affektiver und psychosozialer Beeinträchtigungen gekennzeichnet, die über einen längeren Zeitraum bestehen bleiben. So hat auch PD Dr. F. dargelegt, dass die komplexe posttraumatische Belastungsstörung die Vielfalt von Reaktionen auf chronische Belastungen abbildet. Für die Beurteilung ihrer Ursächlichkeit gelten nach Ansicht des Senats dieselben Kriterien wie für die posttraumatische Belastungsstörung.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sowie der umfangreichen medizinischen Unterlagen liegt beim Kläger nicht das Vollbild einer posttraumatischen Belastungsstörung beziehungsweise komplexen posttraumatischen Belastungsstörung vor.
So fehlt es bereits am Vorliegen des A-Kriteriums, auch wenn die Erlebnisse im landläufigen, umgangssprachlichen Sinne durchaus als "traumatisierend" empfunden werden, denn der Kläger hat sich während der Haft nicht in einer unmittelbar lebensbedrohlichen Situation befunden, die bei nahezu jedermann Entsetzen und große Verzweiflung auslösen. Nach der Rspr. des Senats muss für eine PTBS auch bei einer Haft in der ehemaligen DDR unter den besonderen Bedingungen, wie sie nach 1955 geherrscht haben, über die bloße Haft hinaus eine unmittelbar lebensbedrohliche Situation bestanden haben, die bei nahezu jedermann Entsetzen oder große Verzweiflung auslösen würde (vgl. dazu auch Urteil des Senats vom 23.02.2012 - L 6 VK 6118/09 - Juris). Entsprechende Erlebnisse hat der Kläger bei PD Dr. F. nicht geschildert, sondern sie gerade ausdrücklich verneint. Dass der Kläger Erlebnissen dieser Art und Intensivität während der Haft in der ehemaligen DDR nicht ausgesetzt war, ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts auch aus dem Umstand, dass er weder in dem bereits 1968 eingeleiteten Verfahren auf Versorgungsleistungen nach dem HHG und hier insbesondere im Rahmen der Begutachtung von Dr. Bölke im Jahre 1969 von schwersten Verletzungen oder Bedrohungen an Leib und Leben während der Haftzeit berichtet hat. Dass die in der Haft erlebten Vorkommnisse nicht den Schwellenwert des A-Kriteriums erreicht haben, ergibt sich für den Senat des Weiteren daraus, dass der Kläger nach Entlassung aus der Haft zum 10.12.1964 bereits im Frühsemester 1965 sein Medizinstudium in der DDR aufgenommen hat, schon bald nach seiner Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland hier Fuß fassen konnte und annähernd 15 Jahre im Berufsleben stand, davon lange Zeit in herausgehobener Position als Nervenarzt.
Der Kläger hat gegenüber den Gutachtern folgende als schädigend in Betracht kommende Ereignisse während der Haft geschildert: Gegenüber Dr. B. hat er lediglich ausgeführt, es sei zeitweise zu Arreststrafen und zu - von ihm allerdings als angenehm empfundener - Einzelhaft gekommen. Zeitweise sei er als Wäschereiarbeiter, Fräser und Zementarbeiter schweren körperlichen Belastungen ausgesetzt gewesen (Seiten 2 und 3 des Gutachtens vom 03.07.1969). Gegenüber Dr. G. hat er angegeben, in den ersten sechs Monaten der Haft habe er ständig sitzen müssen und keine Abwechslung gehabt. Nachts habe man ihn nicht schlafen lassen, indem man ständig das Licht angemacht habe, um ihn zu Vernehmungen zu rufen. Körperlich sei er aber nicht misshandelt worden. Die Verhörsituation sei sehr unangenehm und anstrengend gewesen. Mit dem Tod sei er nicht bedroht worden. Wesentliche hygienische oder Ernährungsprobleme habe es nicht gegeben. Allerdings habe er als Wäschereiarbeiter schwer arbeiten müssen. Ferner hat er über einen dreiwöchigen Hungerstreik berichtet (Seiten 4 und 5 des Gutachtens vom 21.02.1986). Demgegenüber hat der Kläger gegenüber Dr. B. angegeben, die Ernährung sei völlig unausgewogen gewesen. Es sei immer wieder zu Auseinandersetzungen mit Behörden gekommen, die nur die Zerstörung seiner Persönlichkeit im Sinn gehabt hätten. Übliche Methoden seien Hungernlassen, Isolierhaft und körperliche Überforderung bei schlechtesten Bedingungen gewesen (Seite 7 des Gutachtens vom 13.10.1988). Ferner hat er gegenüber Prof. Dr. M. angegeben, er habe Kotkübel entleeren müssen, was er als besondere Bosheit empfunden habe. Aber er hat auch ausgeführt, die Tätigkeit als Wäschereiarbeiter habe ihm, wenn sie auch sehr schwer gewesen sei, eigentlich gefallen, da er dabei nicht mehr isoliert gewesen sei. Weiter sei er im Rahmen eines Arrestes drei Wochen lang nur mit Unterhose und Hemd bekleidet und nur mit einer Decke der Kälte ausgesetzt "wie ein Affe" gehalten worden, was dann zu dem Hungerstreik geführt habe. Außerdem sei die ärztliche Betreuung unzureichend gewesen und seien seine gesundheitlichen Probleme nicht ausreichend berücksichtigt worden (Seiten 54 bis 57 des Gutachtens vom 17.12.1991). Gegenüber Dr. Dipl.-Psych. J. hat der Kläger von Schikanen, Repressalien, Erpressungen und Nötigungen während der Haft gesprochen (Seiten 16 und 17 des Gutachtens vom 20.06.2007). Demgegenüber hat der Kläger seine Hafterlebnisse, insbesondere im Zusammenhang mit der Isolierhaft im Winter 1961/62 mit nachfolgendem Hungerstreik, in seinen Berichten, wie beispielsweise unter dem 02.11.2006, drastischer geschildert. Damit hat der Kläger zur Überzeugung des Senats aber keine Situationen erlebt, die mit der Androhung des Todes oder einer schweren Verletzung vergleichbar sind. Vielmehr hat weder die Provokation des Klägers anlässlich der Silvesterarbeit ("selbst der dreckigste Kapitalist bedankt sich am Jahresende bei seinen Arbeitern") außer dem Arbeitsverbot noch die zuletzt geschilderte Beihilfe bei Sabotageakten (Weitergeben von Kassibern mit Aufruf, den Maschinenpark zu zerstören) außer der Einzelhaft zu dessen eigener Überraschung irgendwelche härteren, insbesondere erneute strafrechtliche Konsequenzen für den Kläger gehabt. Die zuletzt getätigte Aussage, die politischen Häftlinge seien schlechter als die Kriminellen behandelt worden, rechtfertigt eine solche Annahme angesichts der Allgemeinheit der Aussage ebenfalls nicht.
Allenfalls bei den Geschehnissen im Zusammenhang mit der 2009 ebenfalls berichteten "Isolierhaft" nach der geleisteten Beihilfe zur Sabotage kann es sich um eine Bedrohung der körperlichen Unversehrtheit des Klägers gehandelt haben. Denn der Kläger war zeitweise mit zwei zum Tode Verurteilten untergebracht worden und hatte sich, auch aus seiner Sicht, eines schweren Vergehens strafbar gemacht. Andererseits soll er während dieser Zeit noch nicht einmal verhört worden sein, so dass eine eventuelle Todesfurcht durch keinerlei reale Bedrohungssituation oder Anschuldigung gestützt wurde. Dabei hat der Senat auch zu berücksichtigen, dass es sich hierbei um Angaben handelt, die so zeitnah zur Haft nie geschildert wurden. Vielmehr hat der Kläger, zuletzt noch im Senatstermin, immer betont, dass die Untersuchungshaft die schlimmste Zeit für ihn gewesen ist, und dies auch im Einzelnen dargelegt. Zwar kennen weder das SGG noch die Zivilprozessordnung (ZPO) eine Beweisregel in dem Sinne, dass frühere Aussagen oder Angaben grundsätzlich einen höheren Beweiswert besitzen als spätere (BSG, Urteil vom 11.11.2003 - B 2 U 41/02 R - SozR 4-2700 § 4 Nr. 1). Im Rahmen der freien Beweiswürdigung (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 286 ZPO) sind vielmehr alle Aussagen, Angaben usw. zu würdigen. Denn der objektive Beweiswert einer Erklärung kann nicht allein nach dem zeitlichen Abstand von dem Ereignis, auf das sie sich bezieht, bestimmt werden (BSG vom 14.03.1958 - 2 RU 126/56 - Juris). Vielmehr sind alle Umstände des Einzelfalles und vor allem auch die Glaubwürdigkeit der die Erklärung abgebenden Personen zu würdigen (vgl. Bender/Nack, Tatsachenfeststellung vor Gericht, 2. Aufl. 1995). Im Rahmen dieser Gesamtwürdigung kann das Gericht den zeitlich früheren Aussagen aufgrund des Gesichtspunktes, dass sie von irgendwelchen versicherungsrechtlichen Überlegungen ggf. noch unbeeinflusst waren, einen höheren Beweiswert als den späteren Aussagen zumessen, muss es aber nicht. Ausgehend hiervon haben die zeitnahen Aussagen für den Senat vorliegend einen höheren Beweiswert gehabt, weil der Kläger damals noch keine posttraumatische Belastungsstörung geltend gemacht hat, sondern im Vordergrund andere körperliche Haftfolgen standen, der Kläger aber dennoch konkret zu den Haftbedingungen befragt wurde. Vor diesem Hintergrund ist schlechterdings nicht vorstellbar, dass der Kläger minutiös über Tätigkeiten in der Wäscherei berichtet, aber solche lebenseinschneidenden Ereignisse nicht berichtet. Dessen ungeachtet hat der Sachverständige überhaupt nicht hinterfragt, ob der Kläger den Begriff der Isolationshaft zutreffend verwendet hat. Ein verschärfter Arrest von 21 Tagen - jetzt sollen es sogar 6 Wochen sein (vgl. Protokoll) - muss damit nämlich nicht gleichbedeutend sein, zumal der Kläger selbst wiederholt Einzelhaft für sich "beantragt" haben soll. Weiteres geschah dann aber während des Arrests nicht, obwohl die dazu führenden Vorgänge auch aus der insoweit zutreffenden Sicht des Klägers ohne weiteres eine weitere Verurteilung begründet hätten. Zusammenfassend konnte sich der Senat deshalb nicht vom Vorliegen des A1-Kriteriums überzeugen, zumal der Kläger - wie oben ausgeführt - zeitnah nicht über diese Ereignisse berichtet, sondern erst 2009 erstmals erzählt hat, dass er auf die Hafterlebnisse mit intensiver Angst, Hilflosigkeit oder Entsetzen reagiert hat.
Selbst wenn die "Isolierhaft" dem A1-Kriterium entsprechen würde, wäre eine posttraumatische Belastungsstörung nicht im Vollbild gesichert. Zwar spricht gegen deren Anerkennung zunächst nicht, dass zwischen der Beendigung der Haft im Jahr 1964 und dem im Jahr 1982 erstmaligen aktenkundigen Auftreten der über eine erlebnisreaktive Verstimmung und rezidivierenden depressiven Störung hinausgehenden Störung rund 18 Jahre ohne Hinweise auf durch Hafterlebnisse begründete seelische Gesundheitsstörungen liegen. Denn auch nach der ICD-10 und dem DSM-IV kann sich die Ausbildung der Symptome - auch über Jahre - verzögern. Zwar ist in solchen Fällen - was sich aus den AHP 1973 Teil A Nr. 3 Abs. 4 Satz 3 und Nr. 4 Abs. 3 beziehungsweise AHP 1983 Nr. 37 Abs. 4 Satz 3 und Nr. 38 Abs. 3; jetzt: VG Teil C Nr. 2 d Sätze 1 bis 3 ergibt - die Zusammenhangsfrage besonders sorgfältig zu prüfen und nur anhand eindeutiger objektiver Befunde zu bejahen. Solche eindeutigen objektiven Befunde sind nach Einschätzung des Senats nun durch das Gutachten des PD Dr. F. belegt. Nach den in Auswertung der wissenschaftlichen Erkenntnisse über posttraumatische Belastungsstörungen erfolgten Darlegungen des Sachverständigen entwickeln sich nach einer Traumatisierung Symptome mit sehr unterschiedlicher Latenz, häufig sehr schnell innerhalb von wenigen Stunden oder Tagen, manchmal aber über Jahre oder nach Jahren. Zum Nachweis des Vorhandenseins einer posttraumatischen Belastungsstörung stellen Brückensymptome beim verzögerten Beginn einen wichtigen Hinweis dar. Auch wenn das Phänomen der posttraumatischen Belastungsstörung mit verzögertem Beginn immer wieder angezweifelt wird, existiert eine zunehmende Zahl an wissenschaftlicher Literatur, die die Existenz belegt. Eine breite Palette Untersuchter verschiedener traumatischer Ereignisse hat in einem Spektrum zwischen 0 und 60 % eine posttraumatische Belastungsstörung mit verzögertem Beginn gezeigt. Der größte Teil der Betroffenen weist Symptome der posttraumatischen Belastungsstörung während des größten Teils oder des gesamten Verlaufs auf. Das Auftreten keinerlei Symptome im Intervall bis zur Erfüllung aller Kriterien der posttraumatischen Belastungsstörung ist für einen sehr kleinen Teil der Untersuchten berichtet worden. Hierbei ist zu beachten, dass nicht nur die Symptome der posttraumatischen Belastungsstörung vorausgehen können, sondern auch Angstsymptome und depressive Symptome als Zeichen psychischer Reaktionen auf das Trauma.
Letztlich bleiben nach den Ausführungen des Sachverständigen zwar viele Fragen offen und sind bisher durch die Datenlage wissenschaftlicher Untersuchungen nicht geklärt; eine posttraumatischen Belastungsstörung kann aber nicht wegen Fehlens einer erforderlichen Brückensymptomatik ausgeschossen werden.
Gleichwohl scheitert die Feststellung einer posttraumatischen Belastungsstörung als Schädigungsfolge aber nicht zuletzt daran, dass der Kläger weder von anhaltendem Wiedererleben der Hafterlebnisse in Form von wiederholten und aufdringlichen Erinnerungen, quälenden Träumen, Erleben von dissoziativen Zuständen oder intensiver psychischer Belastung bei Konfrontationen mit ähnlichen Ereignissen oder Erinnerungen oder physiologischen Reaktionen berichtet hat, so dass jedenfalls die Kriterien B1 bis B5 nicht gegeben sind. Zwar hat die Mutter des Klägers in ihrer Zeugenaussage von wiederholten Albträumen des Klägers berichtet, diese bezogen sich aber nicht auf konkrete Haftereignisse im Sinne eines Wiedererlebens, sondern nur darauf, "wieder geholt" zu werden. Der Kläger hat Derartiges auch nicht im Rahmen der früheren Begutachtungen, sondern erstmals gegenüber Dr. Dipl.-Psych. J. (Seite 39 des Gutachtens vom 20.06.2007) angegeben, ohne dass sich aus diesem Gutachten ergeben würde, wann und in welcher Intensität und vor allem mit welchem Inhalt diese Albträume erstmals aufgetreten sind. Mithin hat PD Dr. F. völlig zu Recht allenfalls eine subsyndromale posttraumatische Belastungsstörung angenommen und kann eine posttraumatische Belastungsstörung nicht wie erforderlich im Vollbild als Schädigungsfolge festgestellt werden.
Dasselbe gilt im Ergebnis für die vom Sachverständigen beschriebenen Symptome einer posttraumatischen Verbitterungsstörung und Symptome einer kombinierten Persönlichkeitsstörung. Zwar können nach den Ausführungen des PD Dr. F. beide Erkrankungen unter die ICD-10 gefasst werden. Nach seinen Darlegungen sind einige Symptome der die Verarbeitung des Geschehens kennzeichnenden posttraumatischen Verbitterungsstörung am ehesten unter die Anpassungsstörungen, mithin unter ICD-10 F 43.2, einzuordnen. Danach handelt es sich um Zustände von subjektiver Bedrängnis und emotionaler Beeinträchtigung, die im allgemeinen soziale Funktionen und Leistungen behindern und während des Anpassungsprozesses nach einer entscheidenden Lebensveränderung oder nach belastenden Lebensereignissen auftreten. Die Belastung kann das soziale Netz des Betroffenen beschädigt haben (wie bei einem Trauerfall oder Trennungserlebnissen) oder das weitere Umfeld sozialer Unterstützung oder soziale Werte (wie bei Emigration oder nach Flucht). Sie kann auch in einem größeren Entwicklungsschritt oder einer Krise bestehen (wie Schulbesuch, Elternschaft, Misserfolg, Erreichen eines ersehnten Zieles und Ruhestand). Die individuelle Prädisposition oder Vulnerabilität spielt bei dem möglichen Auftreten und bei der Form der Anpassungsstörung eine bedeutsame Rolle; es ist aber dennoch davon auszugehen, dass das Krankheitsbild ohne die Belastung nicht entstanden wäre. Die Anzeichen sind unterschiedlich und umfassen depressive Stimmung, Angst oder Sorge (oder eine Mischung von diesen). Außerdem kann ein Gefühl bestehen, mit den alltäglichen Gegebenheiten nicht zurechtzukommen, diese nicht vorausplanen oder fortsetzen zu können. Störungen des Sozialverhaltens können insbesondere bei Jugendlichen ein zusätzliches Symptom sein. Hervorstechendes Merkmal kann eine kurze oder längere depressive Reaktion oder eine Störung anderer Gefühle und des Sozialverhaltens sein. Demgegenüber sind die Symptome der kombinierten Persönlichkeitsstörung in ICD-10 F 61 niedergelegt. Danach handelt es sich um Persönlichkeitsstörungen, die häufig zu Beeinträchtigungen führen, aber nicht die spezifischen Symptombilder der paranoiden, schizoiden, dissozialen, emotional instabilen, histrionischen, anankastischen zwanghaften, ängstlich vermeidenden, abhängigen asthenischen und sonstigen spezifischen Persönlichkeitsstörungen beschriebenen Störungen aufweisen. Daher sind sie häufig schwieriger als diese Störungen zu diagnostizieren. Dass die vom Sachverständigen geprüften Gesundheitsstörungen - also eine Anpassungsstörung und eine kombinierte Persönlichkeitsstörung - nicht im Vollbild vorliegen, hat dieser überzeugend dargelegt. Ein Abgleich mit den umfangreich vorliegenden medizinischen Unterlagen bestätigt dessen Einschätzung.
Nach alledem sind auf psychiatrischem Fachgebiet keine weiteren Schädigungsfolgen festzustellen.
8.
Auch sind die vom Kläger geltend gemachten Knie- und Lendenwirbelsäulenleiden nicht als weitere Schädigungsfolgen festzustellen. Diese Gesundheitsstörungen sind nicht haftbedingt. Das SG Konstanz hat in der angefochtenen Entscheidung die diesbezüglichen Erwägungen unter Berücksichtigung des schlüssigen und vollständig nachvollziehbaren Gutachtens des Dr. W. vom 03.11.2003 mit ergänzender Stellungnahme vom 24.05.2004 zutreffend und umfassend dargestellt. Der Senat schließt sich diesen Ausführungen nach eigener Prüfung an und verweist insoweit gemäß § 153 Abs. 2 SGG zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils. Ergänzend ist lediglich anzumerken, dass der Kläger selbst zuletzt seine Tätigkeit in der Wäscherei nur mit maximal 5 Monaten beschrieben hat, was in Übereinstimmung mit den von ihm immer wieder beschriebenen Tätigkeiten in den Haftanstalten steht, und seine Knieprobleme als schon im Kindesalter angegeben hat, was umso mehr gegen eine Ursächlichkeit der Haft spricht.
9.
Unter Berücksichtigung der oben dargelegten Grundsätze ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass mit Bescheid vom 24.11.1980 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.07.1981 und der Bescheide vom 09.04.1986 und 30.06.1987 das Recht richtig angewandt worden ist. Das gilt insbesondere, nachdem weitere, die MdE bzw. den GdS erhöhenden Erkrankungen nicht festzustellen sind, für die nach wie vor zutreffende Bemessung der MdE/des GdS, wobei der Senat insoweit auf die Begründung des Senatsurteils vom 12.10.1992 verweist, der er sich ausdrücklich anschließt. Ergänzend ist lediglich abschließend darauf hinzuweisen, dass auch der persönliche Eindruck, den der Kläger in der mehrstündigen, durch keinerlei Aufmerksamkeitsdefizite gekennzeichneten Befragung in der Senatssitzung hinterlassen hat, sich nicht mit dem eines schwer gestörten psychisch Kranken, bei dem eine MdE bzw. ein GdS von 50 bis 70 angebracht wäre, in Übereinstimmung bringen lässt.
10.
Den in der mündlichen Verhandlung gestellten Hilfsanträgen war nicht stattzugeben. Der Senat konnte in der Sache entscheiden, ohne die beiden benannten Ärzte erneut zu hören, den Kläger ein weiteres Mal begutachten zu lassen oder die beantragte Zeugenauskunft einzuholen; er hat deswegen die darauf gerichteten Beweisanträge des Klägers abgelehnt.
Dem Hilfsantrag, von Amts wegen Dr. Dipl.-Psych. J. und PD Dr. F. zur Erläuterung ihrer Gutachten zu laden, war nicht stattzugeben, weil Art. 103 Abs. 1 GG keinen Anspruch darauf gewährt, das Fragerecht gegenüber Sachverständigen in jedem Fall mündlich auszuüben (vgl. BVerfG vom 29.05.2013 - 1 BvR 1522/12 - Juris Rz. 2; vgl. auch BVerfG vom 17.01.2012 - 1 BvR 2728/10 - NJW 2012, 1346, Juris Rz. 15 m.w.N.). Es ist auch nicht erkennbar, dass eine mündliche Befragung einen über die Wiederholung schriftlicher Äußerungen hinausreichenden Mehrwert hätte (so zuletzt BSG, Beschluss vom 10.12.2013 - B 13 R 198/13 B). Beide Sachverständige haben sich umfassend und Dr. Dipl.-Psych. J. sogar mehrmals, einmal als behandelnder Arzt und zweimal als Sachverständiger, sowohl zu den Schädigungsfolgen wie der Höhe des GdS geäußert. Welche Fragen den beiden Ärzten gestellt werden sollen oder wo noch Aufklärungsbedarf gesehen wird, hat der Kläger nicht dargelegt. Es entspricht dann dem Beweisrecht, dass das Gericht nicht verpflichtet ist, einem Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens oder Anhörung des behandelnden Arztes zum Beweis einer bestimmten Tatsache beliebig oft nachzukommen (zuletzt Urteil des Senats vom 27.03.2014 - L 6 U 4001/13 - unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 15.04.1991 - 5 RJ 32/90 - Juris). Es müssen zwar keine Fragen formuliert werden, sondern es reicht vielmehr aus, die erläuterungsbedürftigen Punkte hinreichend konkret zu bezeichnen (BSG SozR 3-1750 § 411 Nr. 1). Daran fehlt es aber vorliegend, denn die Notwendigkeit einer Erörterung hat der Kläger überhaupt nicht begründet (BSG, Beschluss vom 25.04.2013 – B 13 R 29/12 B – Juris). Der Senat vermochte keine Notwendigkeit zu erkennen, weitere Ermittlungen durchzuführen, da der entscheidungserhebliche Sachverhalt hinreichend geklärt ist.
Der weitere Beweisantrag auf Anhörung der Ex-Ehefrau zum Gesundheitszustand des Klägers nach der Haftentlassung war ebenfalls abzulehnen, weil es als wahr unterstellt werden kann und von dem Beklagten auch nicht mehr bestritten wurde, dass der Kläger danach an einer erlebnisreaktiven Reaktion gelitten hat, die mit einer MdE bzw. einem GdS von 30, also einer stärker behindernden Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit, zu bewerten ist, dies aber für die hier zu entscheidende Kausalitätsfrage, ob die jetzt aufgetretenen Gesundheitsschäden auf die Haft zurückgeführt werden können, nicht relevant ist. Dies gilt umso mehr, als die Ex-Ehefrau den Kläger erst nach der Haft kennengelernt und sich vor Auftreten der massiven gesundheitlichen Probleme von ihm getrennt hat und sich zu den relevanten Vorgängen deswegen nicht äußern kann, der Senat aber Gelegenheit hatte, den Kläger persönlich zu hören und sich einen Eindruck von ihm zu verschaffen.
11.
Die Berufung ist daher zurückzuweisen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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