Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 2 R 4486/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 1670/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 15. März 2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der am 1956 geborene Kläger hat nach seinen eigenen Angaben keine Ausbildung absolviert. Nach dem Zuzug aus seinem Herkunftsland, der Türkei, im Jahr 1981 war er als Maschinenarbeiter und LKW-Fahrer beschäftigt. Nachdem ein erstmaliger Antrag des Klägers auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit vom 2. Januar 1995 mit bestandskräftigem Bescheid abgelehnt worden war, war der Kläger erneut berufstätig, zuletzt von September 2001 bis September 2002 als Kraftfahrer und Arbeiter. Seitdem ist der Kläger arbeitsunfähig bzw. arbeitslos. Der Kläger beantragte seither des Weiteren am 22. Oktober 2003, 8. August 2005 und 23. Oktober 2008 die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Sämtliche Verfahren endeten für den Kläger ohne Erfolg, zwei davon wurden mit rechtskräftigem Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn (SG) vom 9. Mai 2005 (S 8 R 1483/04) und vom 4. Oktober 2007 (S 12 R 2121/06) erfolglos beendet.
Zuletzt beantragte der Kläger am 30. April 2009 bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Unter Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung des ihn behandelnden Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. I. vom 6. April 2009 machte er geltend, keiner Beschäftigung mehr nachgehen zu können. Dieser Zustand bestehe seit 2002. Dr. I. führte aus, der Kläger leide an einer schweren anhaltenden Depression, die chronisch verlaufe, einer Gonarthrose, einer Chondropathia patellae, einer chronischen Gastropathie, rezidivierenden Ulcus-Duodeni-Bildungen, rezidivierenden exogenen Allergien, Cervicocephalgien sowie rezidivierenden Vertigos. Ferner lägen beim Kläger ein Impingementsyndrom an der linken Schulter, Lumboischialgien links, eine chronische Bronchitis sowie Angst- und Panikzustände vor. Dem Kläger stehe aus seiner ärztlichen Sicht eine Erwerbsunfähigkeitsrente zu. Die Beklagte zog anschließend sämtliche ihr zur Verfügung stehenden ärztlichen Befundberichte und Gutachten aus den vorangegangenen Verfahren bei. Im von der Beklagten veranlassten Gutachten vom 28. November 2008 führte der Internist Dr. B. aus, der Kläger leide an einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung, einer Dysthymie mit Wechsel von kurzer Depression und Aggression (anamnestisch depressive Episoden) sowie belastungsabhängigen Wirbelsäulenbeschwerden bei Verschleiß mit mäßiger Funktionsbeeinträchtigung. Außerdem bestehe eine chronische Raucherbronchitis ohne Obstruktion und respiratorische Insuffizienz und ein androides Übergewicht. Seinen zuletzt ausgeübten Beruf als LKW-Fahrer könne der Kläger drei bis unter sechs Stunden täglich ausüben, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien ihm unter Beachtung gewisser qualitativer Leistungseinschränkungen sechs Stunden und mehr täglich möglich. Dr. S. vom Ärztlichen Dienst der Beklagten führte unter dem 17. Juni 2009 aus, der Kläger leide an einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung, einer Dysthymie (anamnestisch rezidivierend depressive Episoden), einem belastungsabhängigen Wirbelsäulensyndrom (Verschleißerscheinungen) sowie einer chronischen Raucherbronchitis. Seinen zuletzt ausgeübten Beruf als LKW-Fahrer könne er lediglich drei bis unter sechs Stunden täglich ausüben, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Beachtung gewisser qualitativer Leistungseinschränkungen seien ihm noch über sechs Stunden täglich möglich. Mit Bescheid vom 8. Juli 2009 lehnte die Beklagte den Rentenantrag des Klägers ab. Der Kläger sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert und auch nicht berufsunfähig.
Der Kläger erhob am 22. Juli 2009 mit der Begründung Widerspruch, er habe sich vom 9. Juni bis 10. Juli 2009 im Klinikum A. W. in stationärer Behandlung befunden. Die dortigen Ärzte seien der Meinung, dass er arbeitsunfähig sei. Damit könne er keiner mindestens sechsstündigen Tätigkeit mehr nachgehen. Die Beklagte zog zunächst einen Arztbericht des Klinikums A. W., Klinik für Allgemeine Psychiatrie und Psychotherapie, bei. Prof. Dr. L. und Dr. H. führten unter dem 23. Juli 2009 aus, der Kläger leide an einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung, einer Dysthymia sowie einer Persönlichkeitsakzentuierung von passiv aggressiven Zügen. Der Kläger habe unregelmäßig und (halb-)stundenweise die Beschäftigungstherapie besucht. Im Verlauf der stationären Behandlung habe ein lediglich unbefriedigendes Behandlungsergebnis erzielt werden können. Zum Zeitpunkt der Entlassung hätten keine Hinweise auf eine akute Eigen- oder Fremdgefährdung bestanden. Gleichzeitig zog der Ärztliche Dienst der Beklagten ein Gutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie, Dr. He., vom 28. Februar 2009 bei, das in einem Rechtsstreit vor dem SG im Verfahren S 2 SB 3405/08 eingeholt wurde. Aufgrund einer in diesem Rahmen erfolgten Untersuchung und Begutachtung des Klägers führte Dr. He. darin aus, beim Kläger zeige sich eine mittelgradige depressive Episode. Die Stimmungslage sei leicht bis mäßig gedrückt, die affektive Schwingungsfähigkeit leicht bis mäßig reduziert. Der Antrieb sei leicht reduziert. Im Rahmen einer unter dem 15. Oktober 2009 abgegebenen sozialmedizinischen Stellungnahme für die Beklagte führte Dr. S. aus, der Kläger leide an einer Dysthymia, depressive Episode (leicht), einem belastungsabhängigen Wirbelsäulensyndrom, Verschleißerscheinungen, sowie einem chronischen Nikotinkonsum und einer Raucherbronchitis. Insofern verbleibe es bei der bereits unter dem 17. Juni 2009 abgegebenen sozialmedizinischen Beurteilung. Anschließend wies der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 30. November 2009 zurück.
Der Kläger erhob am 14. Dezember 2009 Klage vor dem SG. Zur Begründung trug er vor, er sei aufgrund seiner Erkrankungen nicht in der Lage, eine verwertbare Arbeitsleistung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von mindestens drei Stunden täglich zu erbringen. Insbesondere habe sich die depressive Erkrankung in den letzten Monaten nach der stationären Behandlung im Klinikum Am Weißenhof deutlich verschlechtert. Die bereits im Entlassungsbericht des Klinikums beschriebene Unfähigkeit mit Routineanforderungen des täglichen Lebens zurechtzukommen, habe sich deutlich verstärkt. Auch seien sowohl seine Konzentrations- und Durchhaltefähigkeit als auch sein Auffassungsvermögen erheblich reduziert. Neben dem psychiatrischen Fachgebiet sei auch die Leistungsfähigkeit auf orthopädischem Fachgebiet deutlich eingeschränkt. Dies gelte sowohl für den Bereich der Wirbelsäule als auch für beide Kniegelenke. Hier sei die Beweglichkeit stark schmerzhaft eingeschränkt.
Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Das SG hörte zunächst die den Kläger behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen. Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. Se. führte unter dem 12. April 2010 aus, der Kläger habe sich von 1989 bis einschließlich Februar 2010 in seiner Behandlung befunden. Es seien Hals- und Lendenwirbelsäulenbeschwerden bei nachgewiesenen Bandscheibenvorfällen L4/5 und L5/S1 sowie der Halswirbelsäule C5/6 und C6/7 links bekannt. Zusätzlich bestehe eine beidseitige Coxarthrose I. Grades. Der Kläger könne ohne Gefährdung seiner Gesundheit eine leichte körperliche Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch sechs Stunden täglich verrichten. Einseitige Haltungen müssten vermieden werden. Dies gelte auch für Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sowie Tätigkeiten bei Nässe und Zugluft. Ferner sollte der Kläger schweres Heben und Tragen vermeiden. Im Übrigen sei er in der Lage, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen und Wegstrecken von über 500 m zu Fuß zurückzulegen. Neurologe und Psychiater Dr. St. legte unter dem 14. Mai 2010 dar, der Kläger befinde sich seit März 2008 in seiner Behandlung; die Untersuchungstermine fänden in der Regel in Abständen von ca. zwei Monaten statt. Auf psychiatrischem Gebiet leide der Kläger an einer Dysthymie, einer somatoformen Schmerzstörung sowie einer emotional labilen Persönlichkeit mit aggressiven Zügen. Das Leistungsvermögen des Klägers liege sowohl für seinen zuletzt ausgeübten Beruf als auch hinsichtlich leichter Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bei unter vier Stunden täglich. Das Durchhaltevermögen sei als Folge der massiven Verstimmungszustände erheblich reduziert. Der Kläger werde schnell ungeduldig, aggressiv, vermeide soziale Kontakte und ziehe sich völlig zurück. Im Gespräch sei er meist völlig verschlossen, gereizt und breche jede Konversation nach kurzer Zeit wieder ab. Hinsichtlich der Fähigkeit des Klägers, die üblichen Wege zu und von der Arbeitsstelle zurückzulegen, bestehe auf psychiatrischem Gebiet keine Einschränkung.
Anschließend veranlasste das SG eine Untersuchung und Begutachtung des Klägers durch den Facharzt für Psychiatrie und Neurologie Dr. Fr ... In seinem Gutachten vom 8. Januar 2011 führte dieser aus, auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet bestehe eine "nicht näher bezeichnete anhaltende affektive Störung". Daneben bestehe ein schädlicher Gebrauch von Tabak. Zwar könne der Kläger in seinem zuletzt ausgeübten Beruf nicht mehr tätig werden, leichte körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien ihm jedoch noch mindestens sechs Stunden täglich möglich. Aus nervenfachärztlicher Sicht seien keine "sonstigen Einschränkungen" zu benennen, die es beim Einsatz des Klägers im Berufsleben zu beachten gelte. Lediglich auf diejenigen, die der behandelnde Orthopäde benannt habe, sei zu verweisen. Der Kläger sollte allenfalls nicht in besonderer Weise geistig beansprucht werden. Angesichts seiner immer wieder hervorgehobenen Reizbarkeit sei es wenig sinnvoll, ihn "vermehrtem Publikumskontakt" auszusetzen. Eigentliche Simulation sei zu verneinen. Allein aggravatorische Züge habe er gegen Ende seiner körperlich-neurologischen Untersuchung gezeigt, dies jedoch nicht in ausgeprägter Weise.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erstattete die Ärztin für Psychiatrie, Psychotherapie und Neurologie Dr. Br. am 6. April 2011 ein weiteres nervenfachärztliches Gutachten. Sie führte aus, beim Kläger liege eine Dysthymie vor. Zudem leide er an einem schädlichen Gebrauch von Tabak. Der Kläger sei zwar nicht mehr in der Lage, seinen zuletzt ausgeübten Beruf auszuüben, leichte bis zeitweilig mittelschwere körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien ihm noch sechs Stunden und mehr täglich zuzumuten. Dabei sollten keine Nachtschichten mehr ausgeübt werden müssen, keine höhergradige Verantwortung für Menschen oder Maschinen übernommen werden und keine Akkordtätigkeit, keine Tätigkeiten unter Zeitdruck, Heben, Bewegen und Tragen von Lasten über zehn kg nur mit entsprechenden Hilfsmitteln sowie keine gehäuft wechselnden Arbeitsschichten verrichtet werden. Auch sei die Wegefähigkeit des Klägers gegeben.
Mit Gerichtsbescheid vom 15. März 2012 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, der Kläger habe keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung, auch nicht bei Berufsunfähigkeit. Unter Berufung auf die Ausführungen der Beklagten im Widerspruchsbescheid vom 30. November 2009 legte es ergänzend dar, die Ergebnisse der Beweisaufnahme hätten die Einschätzung der Beklagten in vollem Umfang bestätigt. Sowohl das von Amts wegen eingeholte Gutachten des Dr. Fr. als auch das auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG von Dr. Br. erstattete Gutachten hätten ein entsprechendes Leistungsvermögens des Klägers hinsichtlich leichter Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von mindestens sechs Stunden täglich bestätigt. Beide Gutachter hätten darauf hingewiesen, dass die Leistungsbeurteilung durch den seit Jahren behandelnden Neurologen und Psychiater Dr. St. nicht nachvollziehbar sei. Dieser Auffassung schließe sich die Kammer an.
Gegen den am 20. März 2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 20. April 2012 mit einer unvollständigen Berufungsschrift beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) Berufung eingelegt. Nachdem der Mitarbeiter der vom Kläger beauftragten Rechtsanwaltskanzlei im Rahmen einer eidesstattlichen Versicherung vom 31. Mai 2012 schlüssig und nicht widerlegbar glaubhaft gemacht hatte, dass es sich bei der Übermittlung der unvollständigen Berufungsschrift durch Fax am 20. April 2012 um einen einmaligen Flüchtigkeitsfehler gehandelt habe, der dem Kläger und dessen Prozessbevollmächtigten nicht als (generelles) Organisationsverschulden zugerechnet werden könne, gewährte der Senat mit Beschluss vom 28. Juni 2012 dem Kläger wegen der Versäumung der Berufungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Zur Begründung seiner Berufung führt der Kläger aus, das SG habe die bei ihm vorhandenen Gesundheitsbeeinträchtigungen nicht in ausreichendem Umfang gewürdigt. Insbesondere seien die Ausführungen des Dr. St. unberücksichtigt geblieben. Auch das eingeholte Gutachten nach § 109 SGG durch Dr. Br. sei nicht nachvollziehbar. Insbesondere sei bei der durch den im Berufungsverfahren beauftragten Dr. Sc. (hierzu im Folgenden) keine ordnungsgemäße Begutachtung erfolgt.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 15. März 2012 und den Bescheid der Beklagten vom 8. Juli 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. November 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 1. April 2009 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, weiter hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf ihren bisherigen Vortrag und die Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid. Unter Hinweis auf die Stellungnahme der Fachärztin für Innere Medizin, Sozialmedizin und Rettungsmedizin Dr. Pfister vom 18. März 2013 führt sie aus, dass zwar weitere akutmedizinischen Maßnahmen hinsichtlich des Schmerzsyndroms beim Kläger erfolgt seien; neue Diagnosen seien letztlich auch durch die im Berufungsverfahren als sachverständige Zeugen gehörten Behandler Dr. St. und Dr. Ti. (Fachorthopäde) nicht erfolgt, sodass an der bisherigen Beurteilung der quantitativen Belastbarkeit im Berufsleben festgehalten werde.
Der Senat hat zunächst den Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. Ti. und Dr. St. als sachverständige Zeugen gehört. Dr. Ti. hat unter dem 24. Januar 2013 ausgeführt, den Kläger von Februar 2011 bis Oktober 2012 behandelt zu haben. Im Laufe des Behandlungszeitraums habe er beim Kläger ein LWS-Syndrom sowie eine Gonarthrose beidseits, degenerative HWS-Veränderungen, einen Senk-Spreizfuß, eine Metatarsalgie und eine Spondylolisthesis L4/5 sowie eine Bandscheibendegeneration diagnostiziert. Zuletzt habe sich der Kläger im Oktober 2012 wegen therapieresistenter Beschwerden bei ihm vorgestellt, woraufhin eine multimodale Schmerztherapie erfolgt sei. Insoweit hat er auf eine ambulante Behandlung im SLK-Klinikum Heilbronn am 22. November 2012 hingewiesen. Dort hatte sich der Kläger in ambulante Behandlung begeben. Prof. Dr. Ha., Chefarzt der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, hatte ein chronisches HWS-/LWS-Schmerzsyndrom bei Verdacht auf Fibromyalgiesyndrom, eine bekannte initiale Coxarthrose beidseits sowie eine bekannte Psychose diagnostiziert. Im Einverständnis mit dem Kläger wurde von dort eine stationäre multimodale Schmerztherapie im S.-Krankenhaus B. vereinbart. Dr. St. hat unter dem 6. Februar 2013 ausgeführt, der Kläger habe sich erstmals im März 2008 bei ihm vorgestellt. Letzter Termin sei im September 2012 gewesen. Es liege beim Kläger eine Dysthymie, eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung sowie eine emotional labile Persönlichkeit mit aggressiven Zügen vor. Im Laufe der Behandlung habe er keine Veränderungen im Gesundheitszustand des Klägers feststellen können, auch nach wiederholten stationären Aufenthalten habe sich keine wesentliche Änderung gezeigt.
Der Senat hat sodann Dr. Sc., Chefarzt der Klinik für Allgemeinpsychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik im Psychiatrischen Zentrum N., mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. In seinem Gutachten vom 11. Februar 2014 hat Dr. Sc. ausgeführt, der Kläger leide an einer dysthymen Störung sowie einer akzentuierten Persönlichkeit mit emotional instabilen Zügen. Aus diesen Gesundheitsstörungen resultierten verschiedene Funktionsstörungen, die vor allem die Stressbelastbarkeit sowie die sozialen Kompetenzen beträfen. Berufliche Tätigkeiten mit erhöhter psychovegetativer Stressbelastung - etwa durch erhöhten Zeitdruck (beispielsweise Akkordarbeit) oder durch unphysiologische psychovegetative Belastung (z.B. Nachtarbeit) - kämen für den Kläger nicht mehr in Frage. Aus den entsprechenden Gründen kämen auch Tätigkeiten, die anhaltend hohe Anforderungen an die Aufmerksamkeitsleistung - etwa Kontrolle an gefährlichen laufenden Maschinen mit der Notwendigkeit sofortiger Intervention - nicht mehr in Frage. Auch Beschäftigungen mit erhöhter Verantwortung für Personen oder Sachwerte kämen wegen der damit einhergehenden vermehrten psychovegetativen Anspannung nicht in Frage. Aufgrund der krankheits- und persönlichkeitsbedingt beeinträchtigten sozialen Kompetenzen seien Arbeiten ausgeschlossen, die erhöhte Anforderungen an die Gestaltung interpersoneller Kontakte stellten. Somit seien etwa Tätigkeiten mit unmittelbarem Publikumskontakt auszuschließen. Kognitiv überschaubare, nicht übermäßig stressbelastende Tätigkeiten kämen hingegen weiterhin in Frage. Aufgrund der fremdanamnestisch erhobenen degenerativen Wirbelsäulenveränderungen mit daraus resultierenden Rückenschmerzen und weiteren Beweglichkeitsdefiziten seien körperlich schwere Arbeiten auszuschließen; möglich seien jedoch weiterhin leichte und zeitweise mittelschwere körperliche Tätigkeiten mit Bewegen und Tragen von Lasten bis ca. zehn kg unter Vermeidung von Zwangshaltungen. Die beschriebenen Tätigkeiten seien dem Kläger im zeitlichen Umfang von sechs Stunden und mehr täglich möglich. Hinweise dafür, dass die Wegefähigkeit des Klägers beeinträchtigt sei, ergäben sich nicht. Bei der Frage der Authentizität der vom Kläger angegebenen Beschwerden und geltend gemachten Funktionsbeeinträchtigungen hätten sich verschiedene Auffälligkeiten ergeben. Verschiedene Beschwerdeangaben des Klägers seien unmoduliert extrem gewesen. Weiterhin habe der Kläger angegeben, "Ich werde schnell kraftlos, schnell müde", was im Rahmen der mehrstündigen Untersuchungssitzung nicht nachvollziehbar gewesen sei. Vielmehr habe der Kläger keine überdurchschnittlich stark ausgeprägten Ermüdungszeichen in kognitiver oder motorischer Hinsicht gezeigt. Weiterhin habe der Kläger von extrem ausgeprägten mnestischen Funktionsstörungen berichtet, die so weit gehen würden, dass er "manchmal vergesse", wie viele Kinder er habe oder welchen Namen diese tragen würden. Eine solche "Vergesslichkeit" in Bezug auf zentrale biographische Basisdaten sei mit den übrigen gezeigten kognitiven Leistungen des Klägers nicht in Einklang zu bringen. Ferner seien zwei testpsychologische Beschwerdevalidierungsverfahren durchgeführt worden. Im Verfahren SFSS habe der Kläger 56 Wertungspunkte erzielt und damit weit über dem noch als unauffällig eingeschätzten Cut-Off-Wert von 16 Punkten gelegen. Dieses Ergebnis weise auf massive Verdeutlichungstendenzen in Bezug auf anamnestische, psychotische, neurologische, intelligenzbezogene und affektive Symptome hin. Weiterhin sei das Word-Memory-Testverfahren durchgeführt (WMT) worden. Hierin habe der Kläger eine extrem schlechte verbale Gedächtnisleistung gezeigt. Die von ihm demonstrierten Ergebnisse hätten auf einem Niveau gelegen, welches auch bei rein zufälligem Antwortverhalten, also ohne mentale Anstrengungsleistung überhaupt, ebenso hätten erzielt werden können. Die von ihm erbrachten Leistungen hätten sehr weit unter denen kooperationswilliger dementer oder von mittelgradig bis schwer hirnverletzten Probanden gelegen. Diese Ergebnisse wiesen definitiv nicht auf eine tatsächliche kognitive Funktionsdefizienz hin, sondern seien vielmehr Ausdruck einer instruktionswidrigen Anstrengungsminderung. Zusammenfassend sei festzuhalten, dass sich sowohl klinisch als auch testpsychologisch multiple Hinweise auf negative Antwortverzerrungen und instruktionswidrige Anstrengungsminderleistungen ergeben hätten. Im aktuellen Kontext seien diese Auffälligkeiten am ehesten als Ausdruck aggravatorischen Verhaltens zu deuten.
Im Rahmen einer durch die Berichterstatterin durchgeführten nichtöffentlichen Sitzung am 14. Mai 2014 haben sich die Beteiligten übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akte des SG sowie die Verwaltungsakten der Beklagten, die vom Senat beigezogen wurden, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144, 151 Abs. 1 SGG statthafte und zulässige Berufung des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis beider Beteiligter durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG), ist unbegründet. Das SG hat die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage zu Recht abgewiesen, denn der Bescheid der Beklagten vom 8. Juli 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. November 2009 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat ab 1. April 2009 keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung und auch nicht wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.
1. Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 1. Januar 2008 geändert durch Artikel 1 Nr. 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554), wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Nach diesen Maßstäben ist der Kläger, wie das SG zutreffend entschieden hat, weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Nach dem Ergebnis der Ermittlungen der Beklagten im Verwaltungsverfahren sowie der vom SG und vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger noch in der Lage ist, zumindest leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mehr als sechs Stunden täglich zu verrichten. Der Senat entnimmt dies dem bereits im Verwaltungsverfahren beigezogenen Gutachten des Dr. B. vom 28. November 2008, der im Verfahren vor dem SG eingeholten sachverständigen Zeugenauskunft des den Kläger behandelnden Dr. Se. vom 12. April 2010 und den Gutachten des Dr. Fr. vom 8. Januar 2011 und der Dr. Br. vom 6. April 2011 sowie dem im LSG-Verfahren von Dr. Sc. erstatteten Gutachten vom 11. Februar 2014.
a) Nervenfachärztlicherseits leidet der Kläger an einer dysthymen Störung sowie einer akzentuierten Persönlichkeit mit emotional instabilen Zügen. Dies folgt für den Senat aus den Gutachten des Dr. B. vom 28. November 2008, der Zeugenauskunft des den Kläger behandelnden Dr. St. vom 6. Februar 2013 und den Gutachten der Sachverständigen Dr. Sc. vom 11. Februar 2014 und der Dr. Br. vom 6. April 2011.
Demgegenüber liegt keine von Dr. B., Prof. Dr. L. und Dr. St. angenommene somatoforme Schmerzstörung vor. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten des Dr. Sc. vom 11. Februar 2014. Darin führt er überzeugend aus, der Kläger mache zwar Angaben zu einer quälenden und extrem ausgeprägten Schmerzsymptomatik; diese seien jedoch vor dem Hintergrund der nachgewiesenen Neigung zu negativen Antwortverzerrungen sowie vor dem Hintergrund der gering ausgeprägten schmerztypischen Verhaltensweisen nicht plausibel. So hätten sich bei der Frage der Authentizität der vom Kläger angegebenen Beschwerden und geltend gemachten Funktionsbeeinträchtigungen verschiedene Auffälligkeiten ergeben. Verschiedene Beschwerdeangaben des Klägers seien unmoduliert extrem gewesen. Beispielsweise habe er angegeben, Schmerzen "am ganzen Körper" zu verspüren, wobei die Intensität durchgängig extrem sei (bei Skalierung von 0 bis 10: "immer 10 und mehr"). Auch in der strukturierten Erfassung des Schmerzerlebens mittels Schmerzevaluationsbogen (SEB) habe er ausschließlich Extremangaben in Bezug auf das gegenwärtige Schmerzerleben und das Schmerzerleben in den letzten Wochen sowie ausschließlich Extremangaben in Bezug auf Beeinträchtigungen in verschiedenen Lebensbereichen gemacht. Mit diesen Beschwerden über extreme Schmerzentwicklung seien die beobachtbaren schmerztypischen Verhaltensweisen keineswegs in Einklang zu bringen. Bei der Untersuchung habe der Kläger vielmehr nur dezentes schmerztypisches Verhalten wie gelegentliches Reiben am Lumbalbereich, z.B. beim Aufstehen nach längerem Sitzen oder leichtere Beeinträchtigung beim Aufheben von Gegenständen aus dem Sitzen und aus dem Stehen, gezeigt. Im Funktionsfragebogen "Hannover Rücken" habe der Kläger angegeben, dass er sich z.B. mit Mühe aus der Rückenlage aufrichten könne, was dem Kläger im Rahmen der körperlich-neurologischen Untersuchung jedoch ganz problemlos und ohne erkennbare Beeinträchtigung gelungen sei. In Bezug auf die Sensibilität habe der Kläger widersprüchliche Angaben bei wiederholten Prüfungen ein und des gleichen sensiblen Systems (Vibrationsempfinden mit Angaben zwischen massiver Beeinträchtigung 2/8 und völlig unauffälligem Vibrationsempfinden - 8/8 - im radialen und malleolären Bereich) gemacht. Weiterhin habe der Kläger angegeben, "Ich werde schnell kraftlos, schnell müde", was im Rahmen der mehrstündigen Untersuchungssitzung nicht nachvollziehbar gewesen sei. Vielmehr habe der Kläger keine überdurchschnittlich stark ausgeprägten Ermüdungszeichen in kognitiver oder motorischer Hinsicht gezeigt. Weiterhin habe der Kläger von extrem ausgeprägten mnestischen Funktionsstörungen, die so weit gehen würden, dass er "manchmal vergesse", wie viele Kinder er habe oder welchen Namen diese tragen würden, berichtet. Eine solche "Vergesslichkeit" in Bezug auf zentrale biographische Basisdaten sei mit den übrigen gezeigten kognitiven Leistungen des Klägers nicht in Einklang zu bringen. Ferner seien zwei testpsychologische Beschwerdevalidierungsverfahren durchgeführt worden. Im Verfahren SFSS habe der Kläger 56 Wertungspunkte erzielt und damit weit über dem noch als unauffällig eingeschätzten Cut-Off-Wert von 16 Punkten gelegen. Dieses Ergebnis weise auf massive Verdeutlichungstendenzen in Bezug auf anamnestische, psychotische, neurologische, intelligenzbezogene und affektive Symptome hin. Weiterhin sei das WMT durchgeführt worden. Hierin habe der Kläger eine extrem schlechte verbale Gedächtnisleistung gezeigt. Die von ihm demonstrierten Ergebnisse hätten auf einem Niveau gelegen, welches auch bei rein zufälligem Antwortverhalten, also ohne mentale Anstrengungsleistung überhaupt, ebenso hätten erzielt werden können. Die von ihm erbrachten Leistungen hätten sehr weit unter denen kooperationswilliger dementer oder von mittelgradig bis schwer hirnverletzten Probanden gelegen. Diese Ergebnisse wiesen definitiv nicht auf eine tatsächliche kognitive Funktionsdefizienz hin, sondern seien vielmehr Ausdruck einer instruktionswidrigen Anstrengungsminderung. Zusammenfassend sei festzuhalten, dass sich sowohl klinisch als auch testpsychologisch multiple Hinweise auf negative Antwortverzerrungen und instruktionswidrige Anstrengungsminderleistungen ergeben hätten. Im aktuellen Kontext seien diese Auffälligkeiten am ehesten als Ausdruck aggravatorischen Verhaltens zu deuten. Entsprechende Auffälligkeiten seien auch in verschiedenen Vorgutachten festgestellt worden. Insoweit habe bereits der nervenärztliche Gutachter Dr. He. in seinem Gutachten vom 23. Juli 2007 Hinweise für Aggravation gesehen. Dies habe auch Dr. Fr. im Rahmen aggravatorischer Züge berichtet.
Auf orthopädischem Fachgebiet leidet der Kläger an einem LWS-Syndrom sowie einer Gonarthrose beidseits, degenerativen HWS-Veränderungen, einem Senk-Spreizfuß, einer Metatarsalgie und einer Spondylolisthesis L4/5 sowie einer Bandscheibendegeneration. Dies entnimmt der Senat der sachverständigen Zeugenauskunft des den Kläger behandelnden Dr. Ti. vom 21. Januar 2013. Des Weiteren leidet er an einem Impingementsyndrom an der linken Schulter, was sich dem Befundbericht des Dr. I. vom 6. April 2009 entnehmen lässt. Außerdem besteht ausweislich der sachverständigen Zeugenauskunft des Dr. Se. vom 12. April 2010 und des Arztbriefes des Prof. Dr. Ha. vom 22. November 2012 eine leichte Coxarthrose.
Ferner liegen auf internistischem Fachgebiet eine chronische Gastropathie, rezidivierende Ulcus-Duodeni-Bildungen, rezidivierende exogene Allergien, eine chronische Bronchitis sowie rezidivierende Vertigos vor. Dies ergibt sich aus dem Befundbericht des Dr. I. vom 6. April 2009.
b) Aus den beim Kläger als rentenrelevant zu berücksichtigenden Gesundheitsstörungen ergeben sich nach Ansicht des Senats qualitative Leistungseinschränkungen. Der Senat stützt sich auch insoweit auf das internistische Gutachten des Dr. B. vom 28. November 2008 und die nervenärztlichen Gutachten des Dr. Fr. vom 8. Januar 2011, der Dr. Br. vom 6. April 2011 und des Dr. Sc. vom 11. Februar 2014.
Aus den auf nervenfachärztlichem Fachgebiet festgestellten Gesundheitsstörungen resultieren verschiedene Funktionsstörungen, die vor allem die Stressbelastbarkeit sowie die sozialen Kompetenzen betreffen. Berufliche Tätigkeiten mit erhöhter psychovegetativer Stressbelastung - etwa durch erhöhten Zeitdruck (beispielsweise Akkordarbeit) oder durch unphysiologische psychovegetative Belastung (z.B. Nachtarbeit) - kommen für den Kläger nicht mehr in Frage. Dies gilt auch für anhaltend hohe Anforderungen an die Aufmerksamkeitsleistung (z.B. Kontrolle an gefährlichen laufenden Maschinen mit der Notwendigkeit sofortiger Intervention) und Beschäftigungen mit erhöhter Verantwortung für Personen oder Sachwerte. Aufgrund der krankheits- und persönlichkeitsbedingt beeinträchtigten sozialen Kompetenzen sind Arbeiten ausgeschlossen, die erhöhte Anforderungen an die Gestaltung interpersoneller Kontakte stellen. Somit sind Tätigkeiten mit unmittelbarem Publikumskontakt auszuschließen. Kognitiv überschaubare, nicht übermäßig stressbelastende Tätigkeiten kann der Kläger hingegen weiterhin ausüben. Aufgrund der degenerativen Wirbelsäulenveränderungen mit daraus resultierenden Rückenschmerzen und weiteren Beweglichkeitsdefiziten sind dem Kläger zeitweise mittelschwere körperliche Tätigkeiten mit Bewegen und Tragen von Lasten bis ca. zehn kg unter Vermeidung von Zwangshaltungen möglich; körperlich schwere Arbeiten sind demgegenüber nicht mehr zumutbar. Nach den überzeugenden Ausführungen des den Kläger behandelnden Dr. Se. vom 12. April 2010 gilt dies auch für Tätigkeiten bei Nässe und Zugluft sowie für solche auf Leitern und Gerüsten.
c) Die beim Kläger als rentenrelevant zu berücksichtigenden Gesundheitsstörungen führen jedoch nicht zu einem Absinken des tatsächlichen Restleistungsvermögens auf ein unter sechsstündiges Maß; vielmehr ist der Kläger in der Lage, zumindest leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr täglich auszuüben. Der Senat stützt sich insoweit auf das Gutachten des Dr. B. vom 28. November 2008, die im Verfahren vor dem SG eingeholte sachverständige Zeugenauskunft des den Kläger behandelnden Dr. Se. vom 12. April 2010 und die nervenfachärztlichen Gutachten des Dr. Fr. vom 8. Januar 2011 und der Dr. Br. vom 6. April 2011 sowie das im LSG-Verfahren von Dr. Sc. erstattete Gutachten vom 11. Februar 2014.
Soweit Dr. I. in seinem Befundbericht vom 6. April 2009 davon ausgeht, dem Kläger stehe eine Erwerbsminderungsrente zu und Dr. St. beim Kläger ein unter vierstündiges Restleistungsvermögen für Tätigkeiten des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt angenommen hat (Auskunft vom 14. Mai 2010), so legen sie hierfür keine nachvollziehbare Begründung vor.
Auch im Hinblick auf die bereits oben genannten, von Dr. Sc. im Rahmen seiner Untersuchungssituation festgestellten Verdeutlichungstendenzen im Sinne negativer Antwortverzerrungen und instruktionswidriger Anstrengungsminderleistungen, vermochte sich der Senat nicht von einem aufgehobenen Leistungsvermögen des Klägers zu überzeugen. Insoweit sei nochmals auf den von Dr. Sc. als Beschwerdevalidierungsverfahren eingesetzten WMT verwiesen. Hierbei handelt es sich um eines der weltweit am besten untersuchten Verfahren zur Anstrengungsbereitschaft in Untersuchungssituationen mit hohen Sensitivitäts- und Spezifitätswerten. In einer PC-gestützten Testversion wird einem Probanden dort eine nur vordergründig schwierige Lernaufgabe (Wortpaare) gestellt. Die Lernleistung wird anschließend in unterschiedlichen Aufgabenstellungen abgerufen. Die Werte in den Untertests zur Messung der Anstrengungsbereitschaft waren massiv auffällig. Die hier gezeigten Leistungen lagen weit unter denen kooperationswilliger dementer Probanden oder von mittelgradig bis schwer hirnverletzten Probanden. Insgesamt wiesen die Testergebnisse auf eine instruktionswidrige Anstrengungsminderleistung hin. Im Ergebnis ist nach den schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen des Dr. Sc. in dessen Gutachten vom 11. Februar 2014 davon auszugehen, dass die in den Prüfungen gezeigten Leistungen nicht den tatsächlichen Fähigkeiten des Probanden entsprachen.
d) Ob dem Kläger ein Arbeitsplatz vermittelt werden kann oder nicht, ist für den geltend gemachten Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung nicht erheblich. Die jeweilige Arbeitsmarktlage ist nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI). Maßgebend ist, ob der Kläger mit dem ihm verbliebenen Restleistungsvermögen - wenn auch mit qualitativen Einschränkungen - in der Lage ist, zumindest körperlich leichte Tätigkeiten arbeitstäglich für mindestens sechs Stunden zu verrichten, er also in diesem zeitlichen Umfang unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts erwerbstätig sein kann, wovon im Regelfall ausgegangen werden kann (vgl. z.B. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 19. Oktober 2010 - B 13 R 78/09 R -; in juris). Dies bejaht der Senat wie zuvor dargelegt.
Eine konkrete Verweisungstätigkeit müsste dem Kläger nur benannt werden, wenn eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt (BSG a.a.O.). In einem solchen Fall kann der Arbeitsmarkt selbst bei einem noch vorhandenen sechsstündigen Leistungsvermögen ausnahmsweise als verschlossen gelten. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass eine Verweisung auf noch vorhandenes Restleistungsvermögen nur dann möglich ist, wenn nicht nur die theoretische Möglichkeit besteht, einen entsprechenden Arbeitsplatz zu erhalten. Dies ist nicht der Fall. Bei dem Kläger liegen zwar mehrere qualitative Leistungseinschränkungen vor, diese sind jedoch nicht als ungewöhnlich zu bezeichnen. Wegen der damit verbundenen gesundheitlichen Gefahren sollte etwa jegliche Belastung durch Heben, Tragen oder Bewegen von schwereren Lasten von vornherein vermieden oder zumindest stark eingeschränkt sein. Eine schwere spezifische Leistungsbehinderung liegt nur vor, wenn bereits eine erhebliche (krankheitsbedingte) Behinderung ein weites Feld von Verweisungsmöglichkeiten versperrt. Hierzu können - unter besonderer Berücksichtigung der jeweiligen Einzelfallumstände - beispielsweise Einäugigkeit, Einarmigkeit und Einschränkungen der Arm- und Handbeweglichkeit sowie besondere Schwierigkeiten hinsichtlich der Gewöhnung und Anpassung an einen neuen Arbeitsplatz zählen (vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 9. Mai 2012 - B 5 R 68/11 R -, in juris m.w.N.). Keine dieser Fallkonstellationen ist bei dem Kläger auch nur ansatzweise vorhanden.
2. Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit haben nach § 240 Abs. 1 SGB VI bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Erreichung der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 1. Januar 2008 geändert durch Art. 1 Nr. 61 RV-Altergrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554) auch Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach dem die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihm unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs unter besonderen Anforderung ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Der Kläger ist nicht berufsunfähig.
Ausgangspunkt der Beurteilung der Berufsunfähigkeit ist der bisherige Beruf. Bisheriger Beruf im Sinne des § 240 SGB VI ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) in der Regel die letzte, nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit (z.B. BSG, Urteil vom 29. März 1994 - 13 RJ 35/93 -; Urteil vom 18. Februar 1998 - B 5 RJ 34/97 R -; Urteil vom 20. Juli 2005 - B 13 RJ 19/04 R -; jeweils in juris). Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die Rechtsprechung des BSG (vgl. z.B. Urteil vom 29. März 1994 - 13 RJ 35/93 -; Urteil vom 25. Juli 2001 - B 8 KN 14/00 R -; jeweils in juris) die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufs haben, gebildet worden. Entsprechend diesem so genannten Mehrstufenschema werden die Arbeiterberufe durch Gruppen mit den Leitberufen des Facharbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert. Innerhalb der Gruppe der angelernten Arbeiter differenziert das BSG nochmals hinsichtlich der Versicherten, die der oberen und unteren Gruppe der Angelernten angehören. Dem unteren Bereich sind alle Tätigkeiten mit einer regelmäßigen, auch betrieblichen Ausbildungs- und Anlernzeit von drei bis zwölf Monaten und dem oberen Bereich dementsprechend die Tätigkeiten mit einer Ausbildungs- oder Anlernzeit von über zwölf bis zu 24 Monaten zuzuordnen (BSG, Urteil vom 29. März 1994 - 13 RJ 35/93 -; in juris). Die Einordnung eines bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema erfolgt aber nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend hierfür ist vielmehr allein die Qualität der verrichteten Arbeit, d.h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an. Eine Verweisung kann nur auf einen Beruf derselben qualitativen Stufe oder der nächst niedrigeren erfolgen (BSG, Urteil vom 29. Juli 2004 - B 4 RA 5/04 R -; in juris).
Nach diesen Grundsätzen hatte der Kläger zuletzt als Maschinenarbeiter und LKW-Fahrer zumindest keine Tätigkeit ausgeübt, die eine Anlern- oder Ausbildungszeit von mehr als zwölf Monaten voraussetzt. Gegenteiliges hat der Kläger zu keinem Zeitpunkt behauptet und die vorliegenden Akten geben hierfür keine Anhaltspunkte.
Da der Kläger allenfalls zum unteren Bereich der angelernten Arbeiter gehört, kann er grundsätzlich auf alle auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vorkommenden Tätigkeiten verwiesen werden. Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist in diesen Fällen regelmäßig nicht erforderlich, weil auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine so große Anzahl von Tätigkeitsarten zur Verfügung steht, dass das Vorhandensein einer geeigneten Verweisungstätigkeit offensichtlich ist (z.B. BSG, Urteil vom 14. September 1995 - 5 RJ 50/94 -; in juris).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
4. Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der am 1956 geborene Kläger hat nach seinen eigenen Angaben keine Ausbildung absolviert. Nach dem Zuzug aus seinem Herkunftsland, der Türkei, im Jahr 1981 war er als Maschinenarbeiter und LKW-Fahrer beschäftigt. Nachdem ein erstmaliger Antrag des Klägers auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit vom 2. Januar 1995 mit bestandskräftigem Bescheid abgelehnt worden war, war der Kläger erneut berufstätig, zuletzt von September 2001 bis September 2002 als Kraftfahrer und Arbeiter. Seitdem ist der Kläger arbeitsunfähig bzw. arbeitslos. Der Kläger beantragte seither des Weiteren am 22. Oktober 2003, 8. August 2005 und 23. Oktober 2008 die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Sämtliche Verfahren endeten für den Kläger ohne Erfolg, zwei davon wurden mit rechtskräftigem Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn (SG) vom 9. Mai 2005 (S 8 R 1483/04) und vom 4. Oktober 2007 (S 12 R 2121/06) erfolglos beendet.
Zuletzt beantragte der Kläger am 30. April 2009 bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Unter Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung des ihn behandelnden Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. I. vom 6. April 2009 machte er geltend, keiner Beschäftigung mehr nachgehen zu können. Dieser Zustand bestehe seit 2002. Dr. I. führte aus, der Kläger leide an einer schweren anhaltenden Depression, die chronisch verlaufe, einer Gonarthrose, einer Chondropathia patellae, einer chronischen Gastropathie, rezidivierenden Ulcus-Duodeni-Bildungen, rezidivierenden exogenen Allergien, Cervicocephalgien sowie rezidivierenden Vertigos. Ferner lägen beim Kläger ein Impingementsyndrom an der linken Schulter, Lumboischialgien links, eine chronische Bronchitis sowie Angst- und Panikzustände vor. Dem Kläger stehe aus seiner ärztlichen Sicht eine Erwerbsunfähigkeitsrente zu. Die Beklagte zog anschließend sämtliche ihr zur Verfügung stehenden ärztlichen Befundberichte und Gutachten aus den vorangegangenen Verfahren bei. Im von der Beklagten veranlassten Gutachten vom 28. November 2008 führte der Internist Dr. B. aus, der Kläger leide an einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung, einer Dysthymie mit Wechsel von kurzer Depression und Aggression (anamnestisch depressive Episoden) sowie belastungsabhängigen Wirbelsäulenbeschwerden bei Verschleiß mit mäßiger Funktionsbeeinträchtigung. Außerdem bestehe eine chronische Raucherbronchitis ohne Obstruktion und respiratorische Insuffizienz und ein androides Übergewicht. Seinen zuletzt ausgeübten Beruf als LKW-Fahrer könne der Kläger drei bis unter sechs Stunden täglich ausüben, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien ihm unter Beachtung gewisser qualitativer Leistungseinschränkungen sechs Stunden und mehr täglich möglich. Dr. S. vom Ärztlichen Dienst der Beklagten führte unter dem 17. Juni 2009 aus, der Kläger leide an einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung, einer Dysthymie (anamnestisch rezidivierend depressive Episoden), einem belastungsabhängigen Wirbelsäulensyndrom (Verschleißerscheinungen) sowie einer chronischen Raucherbronchitis. Seinen zuletzt ausgeübten Beruf als LKW-Fahrer könne er lediglich drei bis unter sechs Stunden täglich ausüben, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Beachtung gewisser qualitativer Leistungseinschränkungen seien ihm noch über sechs Stunden täglich möglich. Mit Bescheid vom 8. Juli 2009 lehnte die Beklagte den Rentenantrag des Klägers ab. Der Kläger sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert und auch nicht berufsunfähig.
Der Kläger erhob am 22. Juli 2009 mit der Begründung Widerspruch, er habe sich vom 9. Juni bis 10. Juli 2009 im Klinikum A. W. in stationärer Behandlung befunden. Die dortigen Ärzte seien der Meinung, dass er arbeitsunfähig sei. Damit könne er keiner mindestens sechsstündigen Tätigkeit mehr nachgehen. Die Beklagte zog zunächst einen Arztbericht des Klinikums A. W., Klinik für Allgemeine Psychiatrie und Psychotherapie, bei. Prof. Dr. L. und Dr. H. führten unter dem 23. Juli 2009 aus, der Kläger leide an einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung, einer Dysthymia sowie einer Persönlichkeitsakzentuierung von passiv aggressiven Zügen. Der Kläger habe unregelmäßig und (halb-)stundenweise die Beschäftigungstherapie besucht. Im Verlauf der stationären Behandlung habe ein lediglich unbefriedigendes Behandlungsergebnis erzielt werden können. Zum Zeitpunkt der Entlassung hätten keine Hinweise auf eine akute Eigen- oder Fremdgefährdung bestanden. Gleichzeitig zog der Ärztliche Dienst der Beklagten ein Gutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie, Dr. He., vom 28. Februar 2009 bei, das in einem Rechtsstreit vor dem SG im Verfahren S 2 SB 3405/08 eingeholt wurde. Aufgrund einer in diesem Rahmen erfolgten Untersuchung und Begutachtung des Klägers führte Dr. He. darin aus, beim Kläger zeige sich eine mittelgradige depressive Episode. Die Stimmungslage sei leicht bis mäßig gedrückt, die affektive Schwingungsfähigkeit leicht bis mäßig reduziert. Der Antrieb sei leicht reduziert. Im Rahmen einer unter dem 15. Oktober 2009 abgegebenen sozialmedizinischen Stellungnahme für die Beklagte führte Dr. S. aus, der Kläger leide an einer Dysthymia, depressive Episode (leicht), einem belastungsabhängigen Wirbelsäulensyndrom, Verschleißerscheinungen, sowie einem chronischen Nikotinkonsum und einer Raucherbronchitis. Insofern verbleibe es bei der bereits unter dem 17. Juni 2009 abgegebenen sozialmedizinischen Beurteilung. Anschließend wies der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 30. November 2009 zurück.
Der Kläger erhob am 14. Dezember 2009 Klage vor dem SG. Zur Begründung trug er vor, er sei aufgrund seiner Erkrankungen nicht in der Lage, eine verwertbare Arbeitsleistung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von mindestens drei Stunden täglich zu erbringen. Insbesondere habe sich die depressive Erkrankung in den letzten Monaten nach der stationären Behandlung im Klinikum Am Weißenhof deutlich verschlechtert. Die bereits im Entlassungsbericht des Klinikums beschriebene Unfähigkeit mit Routineanforderungen des täglichen Lebens zurechtzukommen, habe sich deutlich verstärkt. Auch seien sowohl seine Konzentrations- und Durchhaltefähigkeit als auch sein Auffassungsvermögen erheblich reduziert. Neben dem psychiatrischen Fachgebiet sei auch die Leistungsfähigkeit auf orthopädischem Fachgebiet deutlich eingeschränkt. Dies gelte sowohl für den Bereich der Wirbelsäule als auch für beide Kniegelenke. Hier sei die Beweglichkeit stark schmerzhaft eingeschränkt.
Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Das SG hörte zunächst die den Kläger behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen. Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. Se. führte unter dem 12. April 2010 aus, der Kläger habe sich von 1989 bis einschließlich Februar 2010 in seiner Behandlung befunden. Es seien Hals- und Lendenwirbelsäulenbeschwerden bei nachgewiesenen Bandscheibenvorfällen L4/5 und L5/S1 sowie der Halswirbelsäule C5/6 und C6/7 links bekannt. Zusätzlich bestehe eine beidseitige Coxarthrose I. Grades. Der Kläger könne ohne Gefährdung seiner Gesundheit eine leichte körperliche Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch sechs Stunden täglich verrichten. Einseitige Haltungen müssten vermieden werden. Dies gelte auch für Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sowie Tätigkeiten bei Nässe und Zugluft. Ferner sollte der Kläger schweres Heben und Tragen vermeiden. Im Übrigen sei er in der Lage, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen und Wegstrecken von über 500 m zu Fuß zurückzulegen. Neurologe und Psychiater Dr. St. legte unter dem 14. Mai 2010 dar, der Kläger befinde sich seit März 2008 in seiner Behandlung; die Untersuchungstermine fänden in der Regel in Abständen von ca. zwei Monaten statt. Auf psychiatrischem Gebiet leide der Kläger an einer Dysthymie, einer somatoformen Schmerzstörung sowie einer emotional labilen Persönlichkeit mit aggressiven Zügen. Das Leistungsvermögen des Klägers liege sowohl für seinen zuletzt ausgeübten Beruf als auch hinsichtlich leichter Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bei unter vier Stunden täglich. Das Durchhaltevermögen sei als Folge der massiven Verstimmungszustände erheblich reduziert. Der Kläger werde schnell ungeduldig, aggressiv, vermeide soziale Kontakte und ziehe sich völlig zurück. Im Gespräch sei er meist völlig verschlossen, gereizt und breche jede Konversation nach kurzer Zeit wieder ab. Hinsichtlich der Fähigkeit des Klägers, die üblichen Wege zu und von der Arbeitsstelle zurückzulegen, bestehe auf psychiatrischem Gebiet keine Einschränkung.
Anschließend veranlasste das SG eine Untersuchung und Begutachtung des Klägers durch den Facharzt für Psychiatrie und Neurologie Dr. Fr ... In seinem Gutachten vom 8. Januar 2011 führte dieser aus, auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet bestehe eine "nicht näher bezeichnete anhaltende affektive Störung". Daneben bestehe ein schädlicher Gebrauch von Tabak. Zwar könne der Kläger in seinem zuletzt ausgeübten Beruf nicht mehr tätig werden, leichte körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien ihm jedoch noch mindestens sechs Stunden täglich möglich. Aus nervenfachärztlicher Sicht seien keine "sonstigen Einschränkungen" zu benennen, die es beim Einsatz des Klägers im Berufsleben zu beachten gelte. Lediglich auf diejenigen, die der behandelnde Orthopäde benannt habe, sei zu verweisen. Der Kläger sollte allenfalls nicht in besonderer Weise geistig beansprucht werden. Angesichts seiner immer wieder hervorgehobenen Reizbarkeit sei es wenig sinnvoll, ihn "vermehrtem Publikumskontakt" auszusetzen. Eigentliche Simulation sei zu verneinen. Allein aggravatorische Züge habe er gegen Ende seiner körperlich-neurologischen Untersuchung gezeigt, dies jedoch nicht in ausgeprägter Weise.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erstattete die Ärztin für Psychiatrie, Psychotherapie und Neurologie Dr. Br. am 6. April 2011 ein weiteres nervenfachärztliches Gutachten. Sie führte aus, beim Kläger liege eine Dysthymie vor. Zudem leide er an einem schädlichen Gebrauch von Tabak. Der Kläger sei zwar nicht mehr in der Lage, seinen zuletzt ausgeübten Beruf auszuüben, leichte bis zeitweilig mittelschwere körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien ihm noch sechs Stunden und mehr täglich zuzumuten. Dabei sollten keine Nachtschichten mehr ausgeübt werden müssen, keine höhergradige Verantwortung für Menschen oder Maschinen übernommen werden und keine Akkordtätigkeit, keine Tätigkeiten unter Zeitdruck, Heben, Bewegen und Tragen von Lasten über zehn kg nur mit entsprechenden Hilfsmitteln sowie keine gehäuft wechselnden Arbeitsschichten verrichtet werden. Auch sei die Wegefähigkeit des Klägers gegeben.
Mit Gerichtsbescheid vom 15. März 2012 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, der Kläger habe keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung, auch nicht bei Berufsunfähigkeit. Unter Berufung auf die Ausführungen der Beklagten im Widerspruchsbescheid vom 30. November 2009 legte es ergänzend dar, die Ergebnisse der Beweisaufnahme hätten die Einschätzung der Beklagten in vollem Umfang bestätigt. Sowohl das von Amts wegen eingeholte Gutachten des Dr. Fr. als auch das auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG von Dr. Br. erstattete Gutachten hätten ein entsprechendes Leistungsvermögens des Klägers hinsichtlich leichter Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von mindestens sechs Stunden täglich bestätigt. Beide Gutachter hätten darauf hingewiesen, dass die Leistungsbeurteilung durch den seit Jahren behandelnden Neurologen und Psychiater Dr. St. nicht nachvollziehbar sei. Dieser Auffassung schließe sich die Kammer an.
Gegen den am 20. März 2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 20. April 2012 mit einer unvollständigen Berufungsschrift beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) Berufung eingelegt. Nachdem der Mitarbeiter der vom Kläger beauftragten Rechtsanwaltskanzlei im Rahmen einer eidesstattlichen Versicherung vom 31. Mai 2012 schlüssig und nicht widerlegbar glaubhaft gemacht hatte, dass es sich bei der Übermittlung der unvollständigen Berufungsschrift durch Fax am 20. April 2012 um einen einmaligen Flüchtigkeitsfehler gehandelt habe, der dem Kläger und dessen Prozessbevollmächtigten nicht als (generelles) Organisationsverschulden zugerechnet werden könne, gewährte der Senat mit Beschluss vom 28. Juni 2012 dem Kläger wegen der Versäumung der Berufungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Zur Begründung seiner Berufung führt der Kläger aus, das SG habe die bei ihm vorhandenen Gesundheitsbeeinträchtigungen nicht in ausreichendem Umfang gewürdigt. Insbesondere seien die Ausführungen des Dr. St. unberücksichtigt geblieben. Auch das eingeholte Gutachten nach § 109 SGG durch Dr. Br. sei nicht nachvollziehbar. Insbesondere sei bei der durch den im Berufungsverfahren beauftragten Dr. Sc. (hierzu im Folgenden) keine ordnungsgemäße Begutachtung erfolgt.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 15. März 2012 und den Bescheid der Beklagten vom 8. Juli 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. November 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 1. April 2009 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, weiter hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf ihren bisherigen Vortrag und die Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid. Unter Hinweis auf die Stellungnahme der Fachärztin für Innere Medizin, Sozialmedizin und Rettungsmedizin Dr. Pfister vom 18. März 2013 führt sie aus, dass zwar weitere akutmedizinischen Maßnahmen hinsichtlich des Schmerzsyndroms beim Kläger erfolgt seien; neue Diagnosen seien letztlich auch durch die im Berufungsverfahren als sachverständige Zeugen gehörten Behandler Dr. St. und Dr. Ti. (Fachorthopäde) nicht erfolgt, sodass an der bisherigen Beurteilung der quantitativen Belastbarkeit im Berufsleben festgehalten werde.
Der Senat hat zunächst den Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. Ti. und Dr. St. als sachverständige Zeugen gehört. Dr. Ti. hat unter dem 24. Januar 2013 ausgeführt, den Kläger von Februar 2011 bis Oktober 2012 behandelt zu haben. Im Laufe des Behandlungszeitraums habe er beim Kläger ein LWS-Syndrom sowie eine Gonarthrose beidseits, degenerative HWS-Veränderungen, einen Senk-Spreizfuß, eine Metatarsalgie und eine Spondylolisthesis L4/5 sowie eine Bandscheibendegeneration diagnostiziert. Zuletzt habe sich der Kläger im Oktober 2012 wegen therapieresistenter Beschwerden bei ihm vorgestellt, woraufhin eine multimodale Schmerztherapie erfolgt sei. Insoweit hat er auf eine ambulante Behandlung im SLK-Klinikum Heilbronn am 22. November 2012 hingewiesen. Dort hatte sich der Kläger in ambulante Behandlung begeben. Prof. Dr. Ha., Chefarzt der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, hatte ein chronisches HWS-/LWS-Schmerzsyndrom bei Verdacht auf Fibromyalgiesyndrom, eine bekannte initiale Coxarthrose beidseits sowie eine bekannte Psychose diagnostiziert. Im Einverständnis mit dem Kläger wurde von dort eine stationäre multimodale Schmerztherapie im S.-Krankenhaus B. vereinbart. Dr. St. hat unter dem 6. Februar 2013 ausgeführt, der Kläger habe sich erstmals im März 2008 bei ihm vorgestellt. Letzter Termin sei im September 2012 gewesen. Es liege beim Kläger eine Dysthymie, eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung sowie eine emotional labile Persönlichkeit mit aggressiven Zügen vor. Im Laufe der Behandlung habe er keine Veränderungen im Gesundheitszustand des Klägers feststellen können, auch nach wiederholten stationären Aufenthalten habe sich keine wesentliche Änderung gezeigt.
Der Senat hat sodann Dr. Sc., Chefarzt der Klinik für Allgemeinpsychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik im Psychiatrischen Zentrum N., mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. In seinem Gutachten vom 11. Februar 2014 hat Dr. Sc. ausgeführt, der Kläger leide an einer dysthymen Störung sowie einer akzentuierten Persönlichkeit mit emotional instabilen Zügen. Aus diesen Gesundheitsstörungen resultierten verschiedene Funktionsstörungen, die vor allem die Stressbelastbarkeit sowie die sozialen Kompetenzen beträfen. Berufliche Tätigkeiten mit erhöhter psychovegetativer Stressbelastung - etwa durch erhöhten Zeitdruck (beispielsweise Akkordarbeit) oder durch unphysiologische psychovegetative Belastung (z.B. Nachtarbeit) - kämen für den Kläger nicht mehr in Frage. Aus den entsprechenden Gründen kämen auch Tätigkeiten, die anhaltend hohe Anforderungen an die Aufmerksamkeitsleistung - etwa Kontrolle an gefährlichen laufenden Maschinen mit der Notwendigkeit sofortiger Intervention - nicht mehr in Frage. Auch Beschäftigungen mit erhöhter Verantwortung für Personen oder Sachwerte kämen wegen der damit einhergehenden vermehrten psychovegetativen Anspannung nicht in Frage. Aufgrund der krankheits- und persönlichkeitsbedingt beeinträchtigten sozialen Kompetenzen seien Arbeiten ausgeschlossen, die erhöhte Anforderungen an die Gestaltung interpersoneller Kontakte stellten. Somit seien etwa Tätigkeiten mit unmittelbarem Publikumskontakt auszuschließen. Kognitiv überschaubare, nicht übermäßig stressbelastende Tätigkeiten kämen hingegen weiterhin in Frage. Aufgrund der fremdanamnestisch erhobenen degenerativen Wirbelsäulenveränderungen mit daraus resultierenden Rückenschmerzen und weiteren Beweglichkeitsdefiziten seien körperlich schwere Arbeiten auszuschließen; möglich seien jedoch weiterhin leichte und zeitweise mittelschwere körperliche Tätigkeiten mit Bewegen und Tragen von Lasten bis ca. zehn kg unter Vermeidung von Zwangshaltungen. Die beschriebenen Tätigkeiten seien dem Kläger im zeitlichen Umfang von sechs Stunden und mehr täglich möglich. Hinweise dafür, dass die Wegefähigkeit des Klägers beeinträchtigt sei, ergäben sich nicht. Bei der Frage der Authentizität der vom Kläger angegebenen Beschwerden und geltend gemachten Funktionsbeeinträchtigungen hätten sich verschiedene Auffälligkeiten ergeben. Verschiedene Beschwerdeangaben des Klägers seien unmoduliert extrem gewesen. Weiterhin habe der Kläger angegeben, "Ich werde schnell kraftlos, schnell müde", was im Rahmen der mehrstündigen Untersuchungssitzung nicht nachvollziehbar gewesen sei. Vielmehr habe der Kläger keine überdurchschnittlich stark ausgeprägten Ermüdungszeichen in kognitiver oder motorischer Hinsicht gezeigt. Weiterhin habe der Kläger von extrem ausgeprägten mnestischen Funktionsstörungen berichtet, die so weit gehen würden, dass er "manchmal vergesse", wie viele Kinder er habe oder welchen Namen diese tragen würden. Eine solche "Vergesslichkeit" in Bezug auf zentrale biographische Basisdaten sei mit den übrigen gezeigten kognitiven Leistungen des Klägers nicht in Einklang zu bringen. Ferner seien zwei testpsychologische Beschwerdevalidierungsverfahren durchgeführt worden. Im Verfahren SFSS habe der Kläger 56 Wertungspunkte erzielt und damit weit über dem noch als unauffällig eingeschätzten Cut-Off-Wert von 16 Punkten gelegen. Dieses Ergebnis weise auf massive Verdeutlichungstendenzen in Bezug auf anamnestische, psychotische, neurologische, intelligenzbezogene und affektive Symptome hin. Weiterhin sei das Word-Memory-Testverfahren durchgeführt (WMT) worden. Hierin habe der Kläger eine extrem schlechte verbale Gedächtnisleistung gezeigt. Die von ihm demonstrierten Ergebnisse hätten auf einem Niveau gelegen, welches auch bei rein zufälligem Antwortverhalten, also ohne mentale Anstrengungsleistung überhaupt, ebenso hätten erzielt werden können. Die von ihm erbrachten Leistungen hätten sehr weit unter denen kooperationswilliger dementer oder von mittelgradig bis schwer hirnverletzten Probanden gelegen. Diese Ergebnisse wiesen definitiv nicht auf eine tatsächliche kognitive Funktionsdefizienz hin, sondern seien vielmehr Ausdruck einer instruktionswidrigen Anstrengungsminderung. Zusammenfassend sei festzuhalten, dass sich sowohl klinisch als auch testpsychologisch multiple Hinweise auf negative Antwortverzerrungen und instruktionswidrige Anstrengungsminderleistungen ergeben hätten. Im aktuellen Kontext seien diese Auffälligkeiten am ehesten als Ausdruck aggravatorischen Verhaltens zu deuten.
Im Rahmen einer durch die Berichterstatterin durchgeführten nichtöffentlichen Sitzung am 14. Mai 2014 haben sich die Beteiligten übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akte des SG sowie die Verwaltungsakten der Beklagten, die vom Senat beigezogen wurden, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144, 151 Abs. 1 SGG statthafte und zulässige Berufung des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis beider Beteiligter durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG), ist unbegründet. Das SG hat die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage zu Recht abgewiesen, denn der Bescheid der Beklagten vom 8. Juli 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. November 2009 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat ab 1. April 2009 keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung und auch nicht wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.
1. Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 1. Januar 2008 geändert durch Artikel 1 Nr. 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554), wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Nach diesen Maßstäben ist der Kläger, wie das SG zutreffend entschieden hat, weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Nach dem Ergebnis der Ermittlungen der Beklagten im Verwaltungsverfahren sowie der vom SG und vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger noch in der Lage ist, zumindest leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mehr als sechs Stunden täglich zu verrichten. Der Senat entnimmt dies dem bereits im Verwaltungsverfahren beigezogenen Gutachten des Dr. B. vom 28. November 2008, der im Verfahren vor dem SG eingeholten sachverständigen Zeugenauskunft des den Kläger behandelnden Dr. Se. vom 12. April 2010 und den Gutachten des Dr. Fr. vom 8. Januar 2011 und der Dr. Br. vom 6. April 2011 sowie dem im LSG-Verfahren von Dr. Sc. erstatteten Gutachten vom 11. Februar 2014.
a) Nervenfachärztlicherseits leidet der Kläger an einer dysthymen Störung sowie einer akzentuierten Persönlichkeit mit emotional instabilen Zügen. Dies folgt für den Senat aus den Gutachten des Dr. B. vom 28. November 2008, der Zeugenauskunft des den Kläger behandelnden Dr. St. vom 6. Februar 2013 und den Gutachten der Sachverständigen Dr. Sc. vom 11. Februar 2014 und der Dr. Br. vom 6. April 2011.
Demgegenüber liegt keine von Dr. B., Prof. Dr. L. und Dr. St. angenommene somatoforme Schmerzstörung vor. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten des Dr. Sc. vom 11. Februar 2014. Darin führt er überzeugend aus, der Kläger mache zwar Angaben zu einer quälenden und extrem ausgeprägten Schmerzsymptomatik; diese seien jedoch vor dem Hintergrund der nachgewiesenen Neigung zu negativen Antwortverzerrungen sowie vor dem Hintergrund der gering ausgeprägten schmerztypischen Verhaltensweisen nicht plausibel. So hätten sich bei der Frage der Authentizität der vom Kläger angegebenen Beschwerden und geltend gemachten Funktionsbeeinträchtigungen verschiedene Auffälligkeiten ergeben. Verschiedene Beschwerdeangaben des Klägers seien unmoduliert extrem gewesen. Beispielsweise habe er angegeben, Schmerzen "am ganzen Körper" zu verspüren, wobei die Intensität durchgängig extrem sei (bei Skalierung von 0 bis 10: "immer 10 und mehr"). Auch in der strukturierten Erfassung des Schmerzerlebens mittels Schmerzevaluationsbogen (SEB) habe er ausschließlich Extremangaben in Bezug auf das gegenwärtige Schmerzerleben und das Schmerzerleben in den letzten Wochen sowie ausschließlich Extremangaben in Bezug auf Beeinträchtigungen in verschiedenen Lebensbereichen gemacht. Mit diesen Beschwerden über extreme Schmerzentwicklung seien die beobachtbaren schmerztypischen Verhaltensweisen keineswegs in Einklang zu bringen. Bei der Untersuchung habe der Kläger vielmehr nur dezentes schmerztypisches Verhalten wie gelegentliches Reiben am Lumbalbereich, z.B. beim Aufstehen nach längerem Sitzen oder leichtere Beeinträchtigung beim Aufheben von Gegenständen aus dem Sitzen und aus dem Stehen, gezeigt. Im Funktionsfragebogen "Hannover Rücken" habe der Kläger angegeben, dass er sich z.B. mit Mühe aus der Rückenlage aufrichten könne, was dem Kläger im Rahmen der körperlich-neurologischen Untersuchung jedoch ganz problemlos und ohne erkennbare Beeinträchtigung gelungen sei. In Bezug auf die Sensibilität habe der Kläger widersprüchliche Angaben bei wiederholten Prüfungen ein und des gleichen sensiblen Systems (Vibrationsempfinden mit Angaben zwischen massiver Beeinträchtigung 2/8 und völlig unauffälligem Vibrationsempfinden - 8/8 - im radialen und malleolären Bereich) gemacht. Weiterhin habe der Kläger angegeben, "Ich werde schnell kraftlos, schnell müde", was im Rahmen der mehrstündigen Untersuchungssitzung nicht nachvollziehbar gewesen sei. Vielmehr habe der Kläger keine überdurchschnittlich stark ausgeprägten Ermüdungszeichen in kognitiver oder motorischer Hinsicht gezeigt. Weiterhin habe der Kläger von extrem ausgeprägten mnestischen Funktionsstörungen, die so weit gehen würden, dass er "manchmal vergesse", wie viele Kinder er habe oder welchen Namen diese tragen würden, berichtet. Eine solche "Vergesslichkeit" in Bezug auf zentrale biographische Basisdaten sei mit den übrigen gezeigten kognitiven Leistungen des Klägers nicht in Einklang zu bringen. Ferner seien zwei testpsychologische Beschwerdevalidierungsverfahren durchgeführt worden. Im Verfahren SFSS habe der Kläger 56 Wertungspunkte erzielt und damit weit über dem noch als unauffällig eingeschätzten Cut-Off-Wert von 16 Punkten gelegen. Dieses Ergebnis weise auf massive Verdeutlichungstendenzen in Bezug auf anamnestische, psychotische, neurologische, intelligenzbezogene und affektive Symptome hin. Weiterhin sei das WMT durchgeführt worden. Hierin habe der Kläger eine extrem schlechte verbale Gedächtnisleistung gezeigt. Die von ihm demonstrierten Ergebnisse hätten auf einem Niveau gelegen, welches auch bei rein zufälligem Antwortverhalten, also ohne mentale Anstrengungsleistung überhaupt, ebenso hätten erzielt werden können. Die von ihm erbrachten Leistungen hätten sehr weit unter denen kooperationswilliger dementer oder von mittelgradig bis schwer hirnverletzten Probanden gelegen. Diese Ergebnisse wiesen definitiv nicht auf eine tatsächliche kognitive Funktionsdefizienz hin, sondern seien vielmehr Ausdruck einer instruktionswidrigen Anstrengungsminderung. Zusammenfassend sei festzuhalten, dass sich sowohl klinisch als auch testpsychologisch multiple Hinweise auf negative Antwortverzerrungen und instruktionswidrige Anstrengungsminderleistungen ergeben hätten. Im aktuellen Kontext seien diese Auffälligkeiten am ehesten als Ausdruck aggravatorischen Verhaltens zu deuten. Entsprechende Auffälligkeiten seien auch in verschiedenen Vorgutachten festgestellt worden. Insoweit habe bereits der nervenärztliche Gutachter Dr. He. in seinem Gutachten vom 23. Juli 2007 Hinweise für Aggravation gesehen. Dies habe auch Dr. Fr. im Rahmen aggravatorischer Züge berichtet.
Auf orthopädischem Fachgebiet leidet der Kläger an einem LWS-Syndrom sowie einer Gonarthrose beidseits, degenerativen HWS-Veränderungen, einem Senk-Spreizfuß, einer Metatarsalgie und einer Spondylolisthesis L4/5 sowie einer Bandscheibendegeneration. Dies entnimmt der Senat der sachverständigen Zeugenauskunft des den Kläger behandelnden Dr. Ti. vom 21. Januar 2013. Des Weiteren leidet er an einem Impingementsyndrom an der linken Schulter, was sich dem Befundbericht des Dr. I. vom 6. April 2009 entnehmen lässt. Außerdem besteht ausweislich der sachverständigen Zeugenauskunft des Dr. Se. vom 12. April 2010 und des Arztbriefes des Prof. Dr. Ha. vom 22. November 2012 eine leichte Coxarthrose.
Ferner liegen auf internistischem Fachgebiet eine chronische Gastropathie, rezidivierende Ulcus-Duodeni-Bildungen, rezidivierende exogene Allergien, eine chronische Bronchitis sowie rezidivierende Vertigos vor. Dies ergibt sich aus dem Befundbericht des Dr. I. vom 6. April 2009.
b) Aus den beim Kläger als rentenrelevant zu berücksichtigenden Gesundheitsstörungen ergeben sich nach Ansicht des Senats qualitative Leistungseinschränkungen. Der Senat stützt sich auch insoweit auf das internistische Gutachten des Dr. B. vom 28. November 2008 und die nervenärztlichen Gutachten des Dr. Fr. vom 8. Januar 2011, der Dr. Br. vom 6. April 2011 und des Dr. Sc. vom 11. Februar 2014.
Aus den auf nervenfachärztlichem Fachgebiet festgestellten Gesundheitsstörungen resultieren verschiedene Funktionsstörungen, die vor allem die Stressbelastbarkeit sowie die sozialen Kompetenzen betreffen. Berufliche Tätigkeiten mit erhöhter psychovegetativer Stressbelastung - etwa durch erhöhten Zeitdruck (beispielsweise Akkordarbeit) oder durch unphysiologische psychovegetative Belastung (z.B. Nachtarbeit) - kommen für den Kläger nicht mehr in Frage. Dies gilt auch für anhaltend hohe Anforderungen an die Aufmerksamkeitsleistung (z.B. Kontrolle an gefährlichen laufenden Maschinen mit der Notwendigkeit sofortiger Intervention) und Beschäftigungen mit erhöhter Verantwortung für Personen oder Sachwerte. Aufgrund der krankheits- und persönlichkeitsbedingt beeinträchtigten sozialen Kompetenzen sind Arbeiten ausgeschlossen, die erhöhte Anforderungen an die Gestaltung interpersoneller Kontakte stellen. Somit sind Tätigkeiten mit unmittelbarem Publikumskontakt auszuschließen. Kognitiv überschaubare, nicht übermäßig stressbelastende Tätigkeiten kann der Kläger hingegen weiterhin ausüben. Aufgrund der degenerativen Wirbelsäulenveränderungen mit daraus resultierenden Rückenschmerzen und weiteren Beweglichkeitsdefiziten sind dem Kläger zeitweise mittelschwere körperliche Tätigkeiten mit Bewegen und Tragen von Lasten bis ca. zehn kg unter Vermeidung von Zwangshaltungen möglich; körperlich schwere Arbeiten sind demgegenüber nicht mehr zumutbar. Nach den überzeugenden Ausführungen des den Kläger behandelnden Dr. Se. vom 12. April 2010 gilt dies auch für Tätigkeiten bei Nässe und Zugluft sowie für solche auf Leitern und Gerüsten.
c) Die beim Kläger als rentenrelevant zu berücksichtigenden Gesundheitsstörungen führen jedoch nicht zu einem Absinken des tatsächlichen Restleistungsvermögens auf ein unter sechsstündiges Maß; vielmehr ist der Kläger in der Lage, zumindest leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr täglich auszuüben. Der Senat stützt sich insoweit auf das Gutachten des Dr. B. vom 28. November 2008, die im Verfahren vor dem SG eingeholte sachverständige Zeugenauskunft des den Kläger behandelnden Dr. Se. vom 12. April 2010 und die nervenfachärztlichen Gutachten des Dr. Fr. vom 8. Januar 2011 und der Dr. Br. vom 6. April 2011 sowie das im LSG-Verfahren von Dr. Sc. erstattete Gutachten vom 11. Februar 2014.
Soweit Dr. I. in seinem Befundbericht vom 6. April 2009 davon ausgeht, dem Kläger stehe eine Erwerbsminderungsrente zu und Dr. St. beim Kläger ein unter vierstündiges Restleistungsvermögen für Tätigkeiten des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt angenommen hat (Auskunft vom 14. Mai 2010), so legen sie hierfür keine nachvollziehbare Begründung vor.
Auch im Hinblick auf die bereits oben genannten, von Dr. Sc. im Rahmen seiner Untersuchungssituation festgestellten Verdeutlichungstendenzen im Sinne negativer Antwortverzerrungen und instruktionswidriger Anstrengungsminderleistungen, vermochte sich der Senat nicht von einem aufgehobenen Leistungsvermögen des Klägers zu überzeugen. Insoweit sei nochmals auf den von Dr. Sc. als Beschwerdevalidierungsverfahren eingesetzten WMT verwiesen. Hierbei handelt es sich um eines der weltweit am besten untersuchten Verfahren zur Anstrengungsbereitschaft in Untersuchungssituationen mit hohen Sensitivitäts- und Spezifitätswerten. In einer PC-gestützten Testversion wird einem Probanden dort eine nur vordergründig schwierige Lernaufgabe (Wortpaare) gestellt. Die Lernleistung wird anschließend in unterschiedlichen Aufgabenstellungen abgerufen. Die Werte in den Untertests zur Messung der Anstrengungsbereitschaft waren massiv auffällig. Die hier gezeigten Leistungen lagen weit unter denen kooperationswilliger dementer Probanden oder von mittelgradig bis schwer hirnverletzten Probanden. Insgesamt wiesen die Testergebnisse auf eine instruktionswidrige Anstrengungsminderleistung hin. Im Ergebnis ist nach den schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen des Dr. Sc. in dessen Gutachten vom 11. Februar 2014 davon auszugehen, dass die in den Prüfungen gezeigten Leistungen nicht den tatsächlichen Fähigkeiten des Probanden entsprachen.
d) Ob dem Kläger ein Arbeitsplatz vermittelt werden kann oder nicht, ist für den geltend gemachten Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung nicht erheblich. Die jeweilige Arbeitsmarktlage ist nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI). Maßgebend ist, ob der Kläger mit dem ihm verbliebenen Restleistungsvermögen - wenn auch mit qualitativen Einschränkungen - in der Lage ist, zumindest körperlich leichte Tätigkeiten arbeitstäglich für mindestens sechs Stunden zu verrichten, er also in diesem zeitlichen Umfang unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts erwerbstätig sein kann, wovon im Regelfall ausgegangen werden kann (vgl. z.B. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 19. Oktober 2010 - B 13 R 78/09 R -; in juris). Dies bejaht der Senat wie zuvor dargelegt.
Eine konkrete Verweisungstätigkeit müsste dem Kläger nur benannt werden, wenn eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt (BSG a.a.O.). In einem solchen Fall kann der Arbeitsmarkt selbst bei einem noch vorhandenen sechsstündigen Leistungsvermögen ausnahmsweise als verschlossen gelten. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass eine Verweisung auf noch vorhandenes Restleistungsvermögen nur dann möglich ist, wenn nicht nur die theoretische Möglichkeit besteht, einen entsprechenden Arbeitsplatz zu erhalten. Dies ist nicht der Fall. Bei dem Kläger liegen zwar mehrere qualitative Leistungseinschränkungen vor, diese sind jedoch nicht als ungewöhnlich zu bezeichnen. Wegen der damit verbundenen gesundheitlichen Gefahren sollte etwa jegliche Belastung durch Heben, Tragen oder Bewegen von schwereren Lasten von vornherein vermieden oder zumindest stark eingeschränkt sein. Eine schwere spezifische Leistungsbehinderung liegt nur vor, wenn bereits eine erhebliche (krankheitsbedingte) Behinderung ein weites Feld von Verweisungsmöglichkeiten versperrt. Hierzu können - unter besonderer Berücksichtigung der jeweiligen Einzelfallumstände - beispielsweise Einäugigkeit, Einarmigkeit und Einschränkungen der Arm- und Handbeweglichkeit sowie besondere Schwierigkeiten hinsichtlich der Gewöhnung und Anpassung an einen neuen Arbeitsplatz zählen (vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 9. Mai 2012 - B 5 R 68/11 R -, in juris m.w.N.). Keine dieser Fallkonstellationen ist bei dem Kläger auch nur ansatzweise vorhanden.
2. Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit haben nach § 240 Abs. 1 SGB VI bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Erreichung der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 1. Januar 2008 geändert durch Art. 1 Nr. 61 RV-Altergrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554) auch Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach dem die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihm unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs unter besonderen Anforderung ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Der Kläger ist nicht berufsunfähig.
Ausgangspunkt der Beurteilung der Berufsunfähigkeit ist der bisherige Beruf. Bisheriger Beruf im Sinne des § 240 SGB VI ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) in der Regel die letzte, nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit (z.B. BSG, Urteil vom 29. März 1994 - 13 RJ 35/93 -; Urteil vom 18. Februar 1998 - B 5 RJ 34/97 R -; Urteil vom 20. Juli 2005 - B 13 RJ 19/04 R -; jeweils in juris). Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die Rechtsprechung des BSG (vgl. z.B. Urteil vom 29. März 1994 - 13 RJ 35/93 -; Urteil vom 25. Juli 2001 - B 8 KN 14/00 R -; jeweils in juris) die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufs haben, gebildet worden. Entsprechend diesem so genannten Mehrstufenschema werden die Arbeiterberufe durch Gruppen mit den Leitberufen des Facharbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert. Innerhalb der Gruppe der angelernten Arbeiter differenziert das BSG nochmals hinsichtlich der Versicherten, die der oberen und unteren Gruppe der Angelernten angehören. Dem unteren Bereich sind alle Tätigkeiten mit einer regelmäßigen, auch betrieblichen Ausbildungs- und Anlernzeit von drei bis zwölf Monaten und dem oberen Bereich dementsprechend die Tätigkeiten mit einer Ausbildungs- oder Anlernzeit von über zwölf bis zu 24 Monaten zuzuordnen (BSG, Urteil vom 29. März 1994 - 13 RJ 35/93 -; in juris). Die Einordnung eines bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema erfolgt aber nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend hierfür ist vielmehr allein die Qualität der verrichteten Arbeit, d.h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an. Eine Verweisung kann nur auf einen Beruf derselben qualitativen Stufe oder der nächst niedrigeren erfolgen (BSG, Urteil vom 29. Juli 2004 - B 4 RA 5/04 R -; in juris).
Nach diesen Grundsätzen hatte der Kläger zuletzt als Maschinenarbeiter und LKW-Fahrer zumindest keine Tätigkeit ausgeübt, die eine Anlern- oder Ausbildungszeit von mehr als zwölf Monaten voraussetzt. Gegenteiliges hat der Kläger zu keinem Zeitpunkt behauptet und die vorliegenden Akten geben hierfür keine Anhaltspunkte.
Da der Kläger allenfalls zum unteren Bereich der angelernten Arbeiter gehört, kann er grundsätzlich auf alle auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vorkommenden Tätigkeiten verwiesen werden. Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist in diesen Fällen regelmäßig nicht erforderlich, weil auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine so große Anzahl von Tätigkeitsarten zur Verfügung steht, dass das Vorhandensein einer geeigneten Verweisungstätigkeit offensichtlich ist (z.B. BSG, Urteil vom 14. September 1995 - 5 RJ 50/94 -; in juris).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
4. Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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