L 4 R 3169/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 21 R 3077/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 3169/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 20. Juni 2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Der am 1951 in Sri Lanka geborene Kläger reiste im August 1984 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Er hat keinen Beruf erlernt und war nach seinem Zuzug ab 1986 als Hilfs- bzw. Maschinenarbeiter, zuletzt (bis heute) bei der "Neuen Arbeit" als Schleifer versicherungspflichtig beschäftigt. Ihm wurde ein Grad der Behinderung (GdB) von 60 zuerkannt.

Am 24. September 2010 beantragte der Kläger die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Zur Begründung führte er aus, wegen einer Verletzung am rechten Bein und einer Radiusfraktur am Arm 2004 nicht mehr in der Lage zu sein, einer Beschäftigung nachzugehen. Nach Einholung ärztlicher Befundberichte der den Kläger behandelnden Fachärzte für Hals-Nasen- und Ohrenheilkunde D. vom 3. November 2010 (Diagnose: Innenohrschwerhörigkeit) und Dr. M. vom 3. November 2010 (Diagnose: Innenohrschwerhörigkeit ohne Differenz zwischen Knochen- und Luftleitung), des Facharztes für Allgemein-Umweltmedizin Dr. L. vom 7. November 2010 mit Fremdberichten (u.a. Ausschnitt aus dem im vor dem Sozialgericht Stuttgart (SG) geführten Verfahren S 6 SB 3752/08 eingeholten Gutachten des Internisten und Sozialmediziners Dr. Sc. vom 16. Juni 2009) (Diagnosen: Asthma Bronchiale mit Atemnot, Diabetes mellitus Typ IIA, Hypertonie, Hyperlipidämie; Gehstrecke maximal 400 m) sowie Vorlage diverser Therapie-, Befund- und Entlassungsberichte durch den Kläger, veranlasste die Beklagte eine Untersuchung und Begutachtung des Klägers im Sozialmedizinischen Zentrum Stuttgart. Der Facharzt für Chirurgie Dr. Re. führte in seinem Gutachten vom 18. November 2010 aus, der Kläger leide an einer Funktionseinschränkung am linken Kniegelenk nach in guter Stellung fest verheilter distaler Femurfraktur und hieraus resultierender Gehbehinderung. Ferner bestünden Restbeschwerden der linken Hand mit Funktionseinschränkung nach Morbus Sudeck (CRPS) nach distaler Radiusfraktur im Juni 2010. Nebendiagnostisch stellte er beim Kläger einen Diabetes Mellitus Typ II (medikamentös eingestellt), eine Hörminderung ohne wesentliche Behinderung, Asthma, zeitweilige Beschwerden am rechten Unterschenkel nach Varizenoperation sowie Bluthochdruck (medikamentös einstellbar, kein Anhalt für Spätschäden) fest. Das Gangbild sei deutlich behindert. Eine Gehstütze werde benutzt, sei aber nicht erforderlich. Tätigkeiten überwiegend im Stehen und Gehen seien ihm nicht zumutbar, die sozialmedizinisch relevante Gehstrecke könne er jedoch zurücklegen. Infolge der Verletzung an der linken Hand bestehe noch ein inkompletter Faustschluss links, der Spitzgriff sei ebenfalls noch eingeschränkt. Im unbeobachteten Zustand werde diese jedoch fast normal eingesetzt. Überwiegend schwere Tätigkeiten oder solche mit erhöhtem feinmotorischem Anspruch sollten dem Kläger noch nicht zugemutet werden, mit einer weiteren Besserung könne jedoch gerechnet werden. Im Ergebnis seien dem Kläger leichte bis mittelschwere Wechseltätigkeiten ohne starke Belastung der linken Hand sechs Stunden und mehr täglich zumutbar.

Mit Bescheid vom 19. November 2010 lehnte die Beklagte den Rentenantrag des Klägers ab. Zur Begründung führte sie aus, unter Berücksichtigung der medizinischen Ermittlungsergebnisse sei der Kläger noch mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes in der Lage, erwerbstätig zu sein. Die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit scheitere daran, dass der Kläger auch seinen zuletzt ausgeübten Beruf als Schleifer mindestens sechs Stunden täglich ausüben könne.

Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Die Beklagte habe die bei ihm vorhandenen Gesundheitsbeeinträchtigungen nicht in ausreichendem Umfang gewürdigt. Insbesondere sei er nicht mehr wegefähig. Er könne sich nur mit Hilfe von Gehstützen stark hinkend fortbewegen. Aufgrund seines letzten Arbeitsunfalles sei er nicht mehr in der Lage, mit der linken Hand Arbeiten auszuführen. Er sei ein schwer kranker deutlich vorgealteter Mann. Nach Einholung einer sozialmedizinischen Stellungnahme des Arztes Ba. vom 7. März 2011, in der dieser die bisherige Leistungsbeurteilung des Dr. Re. bestätigte, wies der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 20. April 2011 zurück. Unter Bezugnahme auf den Bescheid vom 19. November 2010 sowie die durchgeführten medizinischen Ermittlungen führte er aus, der Kläger sei weiterhin in der Lage, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung ohne starke Belastung der linken Hand sechs Stunden und mehr täglich auszuüben. Auch sei die sozialmedizinisch relevante Gehstrecke nicht reduziert. Überwiegend schwere Tätigkeiten oder solche mit erhöhtem feinmotorischem Anspruch seien dem Kläger derzeit nicht zuzumuten. Mit einer weiteren Besserung könne gerechnet werden. In Betracht kämen vorrangig Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben.

Mit seiner am 20. Mai 2011 vor dem SG erhobenen Klage verfolgte der Kläger sein Begehren weiter. Unter Bezugnahme auf seine Widerspruchsbegründung trug er vor, entgegen der Annahme der Beklagten könne er sein Knie nicht mehr vollständig abwinkeln, sondern nur schleppend und hinkend gehen. Bedingt durch die Funktionseinschränkung seiner linken Hand fehle ihm die nötige Kraft, die auch auf Arbeitsplätzen leichter Natur auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vorausgesetzt werde. Unter Berücksichtigung seiner weiteren internistischen Erkrankungen sei seine Leistungsfähigkeit im Ergebnis auf unter drei Stunden täglich für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes abgesunken. Auch die zwischenzeitlich von der Beklagten bewilligten Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben seien nicht zielführend, da er schon vor seinem letzten Arbeitsunfall nur noch im geschützten Bereich der "Neuen Arbeit" einer Tätigkeit habe nachgehen könne. Mittlerweile habe er einen weiteren Unfall erlitten, der auch seine Fähigkeit mit beiden Händen zuzupacken und zuzugreifen ausschließe.

Die Beklagte trat der Klage unter Berufung auf die sozialmedizinische Stellungnahme der Dr. J., Fachärztin für Innere Medizin und Sozialmedizin, vom 22. November 2011 entgegen.

Zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts hörte das SG die den Kläger behandelnden Ärzte Dr. L., den Unfallchirurgen Dr. Y. und den Neurologen und Psychiater Dr. Si. als sachverständige Zeugen. Dr. Si. berichtete (Auskunft vom 26. September 2011), den Kläger lediglich am 1. Dezember 2010 gesehen zu haben. Der Kläger sei wegen eines Arbeitsunfalles vorstellig geworden; er habe ein posttraumatisches Carpaltunnelsyndrom links bei Zustand nach distaler Radiusfraktur diagnostiziert. Ob anschließend eine Operation stattgefunden habe, wisse er nicht. Fragen zur Funktionseinschränkung und quantitativen Leistungseinschätzung könnten daher nicht beantwortet werden. Dr. Y. legte (Auskunft vom 26. September 2011) dar, den Kläger von Januar 2005 bis Juli 2011 behandelt zu haben. Im Juli 2010 habe sich der Kläger wegen eines Arbeitsunfalls im Juni 2010 vorgestellt. Er habe eine distale Radiusfraktur links mit Gelenkbeteiligung diagnostiziert. Im Rahmen der Vorstellung am 12. November 2010 habe der Kläger über zunehmende Schmerzen (auch nachts) an der linken Hand mit gelegentlichen Gefühlsstörungen der Finger DI bis III mit positivem Medianus-Provokationstest berichtet. Motorische Störungen hätten nicht vorgelegen. Im Rahmen einer neurologischen Konsiluntersuchung sei ein Carpaltunnelsyndrom links bestätigt worden. Am 15. Dezember 2010 habe er in Kurznarkose eine Carpaldachspaltung am linken Handgelenk vorgenommen. Es habe sich ein komplikationsloser postoperativer Verlauf angeschlossen. Die Beweglichkeit der Langfinger sei im Januar 2011 noch eingeschränkt gewesen. Im März 2011 habe der Kläger die Wiedereingliederung mit zwei Stunden täglich für zwei Wochen und danach vier Stunden täglich für zwei Wochen beginnen können. Im Juni 2011 habe er eine stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahme in der BG-Klinik Tübingen durchgeführt. Anschließend habe er sich nicht mehr bei ihm gemeldet. Der Kläger sei nicht mehr in der Lage, seine linke Faust zu schließen und Gegenstände festzuhalten; zudem könne er keine feinmotorischen Tätigkeiten ausführen. Wenn keine groben oder feinmotorischen Tätigkeiten auszuüben seien, könne er Tätigkeiten im Umfang von acht Stunden täglich verrichten. Allerdings solle er mittel- bis schwere Tätigkeiten vermeiden. Dies gelte ebenso für Tätigkeiten, die mit schnellen Bewegungen mit der linken Hand verbunden seien. Das Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten über fünf kg sei ebenfalls zu vermeiden. Zu empfehlen sei dem Kläger ein Telefon- oder Pförtnerdienst. Dr. L. legte dar (Auskunft vom 17. Oktober 2011), den Kläger seit 1999 zu behandeln. Seit Juni 2010 leide dieser an Diabetes mellitus Typ II, Hypertonie, Hyperlipidämie, Asthma, Carpaltunnelsyndrom, metabolischer Kardiomyokardie und Pollinosis. Gleichzeitig bestünden multiple Empfindungsstörungen, Bronchopneumie, Asthma mit akuter Infektion sowie diabetische Entgleisung. Nach erfolgter Schmerztherapie und Bewegungsübung in der BG-Klinik sei der Faustschluss beim Kläger wieder vollständig möglich. Die Bewegungsmaße der linken Hand für Extension/Flexion hätten 25-0-70 °, für Radial-/Ulnarduktion 15-0-30 ° und für Pronation-/Supination 80-0-80 °, der Fingerkuppen-Hohlhandabstand 0-2-1-0 cm und der Fingernagel-Tischabstand 0-0-0-0 cm betragen. Die Durchblutung am linken Arm bzw. der linken Hand sei ungestört. Ferner sei die Sensibilität der linken Hand intakt. Eine Tätigkeit als Maschinenarbeiter könne der Kläger vier Stunden, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden täglich ausüben.

Mit Gerichtsbescheid vom 20. Juni 2012 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, der Kläger sei zur Überzeugung der Kammer noch in der Lage, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mehr als sechs Stunden täglich zu verrichten. Auch liege keine Berufsunfähigkeit vor, da der Kläger in Ermangelung eines Berufsschutzes auf leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollumfänglich verwiesen werden könne. Maßgeblich für die Überzeugungsbildung der Kammer seien das im Verwaltungsverfahren eingeholte chirurgische Gutachten des Dr. Re., das Ergebnis der technischen Untersuchung des Dr. Sc. sowie die im Gerichtsverfahren eingeholten sachverständigen Zeugenaussagen der den Kläger behandelnden Ärzte. Der Schwerpunkt der Erkrankung des Klägers liege auf chirurgischem Fachgebiet. Den beim Kläger bestehenden Beeinträchtigungen könne durch qualitative Leistungseinschränkungen Rechnung getragen werden. So seien dem Kläger schwere Tätigkeiten oder solche mit erhöhten feinmotorischen Anforderungen nicht mehr zumutbar. Leichte bis mittelschwere Wechseltätigkeiten ohne aktuelle Belastung der linken Hand und ohne das Erfordernis ständigen Gehens und Stehens seien dem Kläger hingegen mindestens sechs Stunden täglich zumutbar. Gestützt werde das Ergebnis der sachverständigen Zeugenaussagen durch den Entlassbericht der BG-Klinik Tübingen vom 4. Juli 2011, in der sich der Kläger im Juni/Juli 2011 aufgehalten habe. Daraus gehe hervor, dass die Handfunktion durch die ergo- und physiotherapeutische Behandlung deutlich habe verbessert werden können. Die internistischen Beschwerden träten hinter den chirurgischen zurück und führten ebenfalls zu keiner quantitativen Leistungsreduzierung. Insbesondere ergäben sich aus den von Dr. Sc. im Rahmen der am 16. Juni 2009 erfolgten Begutachtung des Klägers (im Verfahren S 6 SB 3752/08) erhobenen Befunden keine quantitativen Funktionseinschränkungen. Im Rahmen der Spirometrie habe er keinen Anhalt für eine respirative Insuffizienz feststellen können. Ferner habe ein normfrequenter Sinusrhythmus und ein alters- und konstitutionsentsprechendes EKG erstellt werden können. Dr. Sc. habe keine relevante Obstruktion oder Restriktion feststellen können. Auch sei die sozialmedizinisch relevante Gehstrecke nicht beeinträchtigt. Dies sei durch keine ärztlichen Befunde belegt.

Gegen den seinem Prozessbevollmächtigten am 22. Juni 2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 20. Juli 2012 Berufung beim SG eingelegt. Entgegen der Auffassung des SG sei er nicht mehr in der Lage, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Insbesondere sei die am Kniegelenk vorliegende Fraktur nicht in guter Stellung verheilt, wie vom SG angenommen. Er habe einen schleppenden, humpelnden Gang und könne deshalb keine stehende Tätigkeit mehr ausüben. Der Versuch der BG-Klinik Tübingen unter Vollnarkose die Beugung und Streckung des Beines wiederherzustellen, sei gescheitert. Anlässlich eines weiteren Arbeitsunfalls habe er sich einen Bruch an der linken Hand zugezogen, an dessen Funktionseinschränkung er noch heute leide. Feinmotorische und grobe Arbeiten könne er nicht mehr durchführen, der Spitzgriff sei ihm unmöglich. Bei Belastung schwelle seine Hand an und schmerze stark. Außerdem müsse er infolge seines Diabetesleidens, das mit Insulin behandelt werde, bereits Spätfolgen beklagen. Auch seien das allergische Asthma Bronchiale, eine Darmentzündung und eine Blutdruckentgleisung nicht in ausreichendem Umfang gewürdigt worden. Ferner sei seine Gehfähigkeit auf unter 500 m eingeschränkt. Zu berücksichtigen sei des Weiteren, dass er nur bei der "Neuen Arbeit" beschäftigt sei. Dies sei kein Zeichen dafür, dass er einer beruflichen Tätigkeit nachgehe. Denn wenn es dort keine Arbeit gebe, was relativ häufig vorkomme, würden die Mitarbeiter die Zeit mit Kartenspielen, Kaffeetrinken und Unterhaltung verbringen. Zur Untermauerung seinen Vortrags hat er einen vorläufigen Entlassbrief über eine stationäre Behandlung vom 25. bis 27. September 2012 im Krankenhaus B. C., Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, Dr. Re. (ohne Datum), aus dem sich auch ergebe, dass er nicht mehr in der Lage sei, einer Beschäftigung nachzugehen, vorgelegt. Als Diagnosen werden im Entlassbrief ein Impingementsyndrom der linken Schulter, eine AC-Gelenksarthrose links, eine Tendinitis des M. Bizeps brachii. links und eine Bursitis im Schulterbereich links genannt. Am 25. September 2012 sei eine Erweiterung des subacrominalen Raumes, Debridement des kranialen Labrums links, ein AC-Gelenkdebridement und Teil-Resektion links sowie eine arthroskopische Synovektomie total am Acromioclaviculargelenk links, Naropininjektion subacrominal, durchgeführt worden. Auch das vom Senat eingeholte Gutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. T. vom 12. November 2013 werde den bei ihm vorliegenden Funktionseinschränkungen nicht gerecht. Im Übrigen sei bei der wegen der Arbeitsunfälle in der BG-Klinik durchgeführten Begutachtung aufgrund der Unfallfolgen im Juni 2007 eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 30%, im Juli 2008 eine MdE von 50% festgestellt worden. Zuvor habe Prof. Dr. W. für die Concordia, seine private Krankenversicherung, ein Gutachten erstattet, in dem er nach der Gliedertaxe zu einem Eindrittelbeinwert auf Dauer gekommen sei. Auch die Beurteilung der Radiusfraktur an der linken Hand sei fehlerhaft. Insoweit habe die Berufsgenossenschaft eine MdE auf Dauer in Höhe von 20% angenommen. Dies könne den beim SG geführten Rechtsstreiten in den Unfallversicherungsangelegenheiten S 9 U 1714/08 und S 1 U 2872/13 entnommen werden. Ergänzend hat der Kläger die Ersten Rentengutachten des Prof. Dr. W. vom 1. Juli 2007 und des Prof. Dr. Ki. vom 4. Juli 1012, das für die Concordia erstattete Gutachten des Prof. Dr. W. vom 26. Oktober 2007 sowie das im Verfahren S 9 U 1714/08 erstattete Unfallchirurgische Gutachten des Dr. D. vom 14. Juli 2008 vorgelegt.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 20. Juni 2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 19. November 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. April 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 1. September 2010 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, auch bei Berufsunfähigkeit, zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend.

Der Senat hat Dr. L. als sachverständigen Zeugen befragt. Dieser hat unter dem 10. September 2012 über Behandlungen des Klägers zwischen dem 26. Oktober 2011 und 4. August 2012 berichtet und angegeben, dass die Schmerzen an Intensität zugenommen hätten und eine Änderung der Bewegungseinschränkung eingetreten sei.

Außerdem hat der Senat Beweis erhoben durch Einholung eines fachorthopädisch-sozialmedizinischen Gutachtens des Dr. T. und Beiziehung der Akten in den Verfahren S 1 U 2872/13, L 8 U 3117/09 und L 8 U 3739/11. In seinem Gutachten vom 12. November 2013 hat Dr. T. dargelegt, der Kläger leide an einer endgradigen Funktionseinschränkung der Halswirbelsäule ohne radikuläre Ausfallsymptomatik, einer endgradigen Funktionseinschränkung der Lendenwirbelsäule ohne radikuläre Ausfallsymptomatik sowie an einer distalen Femurfraktur links 2004 (mehrfache operative Revision, verbliebene geringe Funktionseinschränkung des linken Hüftgelenks sowie des linken Kniegelenks). Ferner sei am linken Schultergelenk 2012 eine Arthroskopie durchgeführt worden, wobei eine endgradige Funktionseinschränkung verblieben sei. Des Weiteren bestehe ein Zustand nach distaler Radiusfraktur links 2010 mit verbliebener endgradiger Funktionseinschränkung der linken Hand. Der Kläger leide ferner an einem insulinabhängigen Diabetes Mellitus; eine ebenfalls vorhandene arterielle Hypertonie, eine Hypercholesterinämie und ein Asthma Bronchiale würden medikamentös behandelt. Schließlich bestehe beim Kläger eine Hörminderung beidseits, wobei der Kläger mit Hörgeräten versorgt sei. Im Ergebnis gelangt er zu der Einschätzung, der Kläger sei in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine körperlich leichte Tätigkeit vollschichtig im Rahmen einer Fünftagewoche auszuüben. Insoweit seien dem Kläger leichte bis mittelschwere Tätigkeiten zumutbar. Es sollten wechselnde Körperhaltungen eingenommen werden können. Zwangshaltungen wie ständiges Bücken oder Knien sowie das Tragen und Heben von Lasten über zehn kg ohne technische Hilfsmittel sollte vermieden werden. Permanente Arbeiten über Kopf, Arbeiten mit besonderer Beanspruchung an die Feinmotorik der Hände, permanente Arbeiten auf Leitern und Gerüsten oder Arbeiten in ständigem Gehen und Stehen oder solche, die mit ständigem Treppensteigen verbunden sind, seien dem Kläger lediglich noch gelegentlich zumutbar. Permanente Arbeiten im Freien, Arbeiten unter ständiger Exposition von Hitze, Kälte, Nässe, Zugluft und Temperaturschwankungen seien ebenfalls nur noch gelegentlich möglich. Die Arbeit müsse nicht ständig in geschlossenen und wohltemperierten Räumen ausgeübt werden. Hinsichtlich der Arbeitsorganisation sei dem Kläger eine Tages-, Früh- und Spätschicht zumutbar, eine Nachtschicht hingegen nicht mehr. Bei den genannten Tätigkeiten seien betriebsunübliche Pausen nicht notwendig. Ferner sei die Wegefähigkeit des Klägers nicht in der Art eingeschränkt, dass er nicht mehr in der Lage wäre, viermal täglich eine Fußstrecke von 500 m innerhalb von 20 Minuten zurückzulegen. Es bestünden beim Kläger keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen im Bereich der Lendenwirbelsäule oder der unteren Extremitäten, die sich besonders negativ auf die Wegefähigkeit auswirken würden. Das Benutzen von öffentlichen und privaten Verkehrsmitteln zum Aufsuchen des Arbeitsplatzes sei dem Kläger zweimal täglich zur Hauptverkehrszeit zumutbar.

Die Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch den Senat nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zugestimmt.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akten des SG, auch im Verfahren S 1 U 2872/13, die Akten des Landessozialgerichts, auch in den Verfahren L 8 U 3117/09 und L 8 U 3739/11 sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 143, 144, 151 Abs. 2 SGG statthafte und zulässige Berufung des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis beider Beteiligter durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG), ist unbegründet. Das SG hat die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage zu Recht abgewiesen, denn der Bescheid der Beklagten vom 19. November 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. April 2011 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat seit 1. September 2010 keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung und auch nicht wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.

1. Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 1. Januar 2008 geändert durch Artikel 1 Nr. 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554), wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).

Nach diesen Maßstäben ist der Kläger, wie das SG zutreffend entschieden hat, weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Nach dem Ergebnis der Ermittlungen der Beklagten im Verwaltungsverfahren sowie der vom SG und vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger noch in der Lage ist, zumindest leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mehr als sechs Stunden täglich zu verrichten. Der Senat entnimmt dies dem bereits im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten des Dr. Re. vom 18. November 2010, den im Verfahren vor dem SG eingeholten sachverständigen Zeugenauskünften der den Kläger behandelnden Ärzte Dr. L. vom 17. Oktober 2011 und Dr. Y. vom 26. September 2011 sowie dem im Berufungsverfahren erstatteten Gutachten des Dr. T. vom 12. November 2013.

a) Der Kläger leidet auf orthopädisch-unfallchirurgischem Fachgebiet an einer endgradigen Funktionseinschränkung der Hals- und Lendenwirbelsäule ohne radikuläre Ausfallsymptomatik sowie an einer distalen Femurfraktur links 2004 (mehrfache operative Revision, verbliebene geringe Funktionseinschränkung des linken Hüftgelenks sowie des linken Kniegelenks). Ferner wurde am linken Schultergelenk 2012 eine Arthroskopie durchgeführt, wobei eine endgradige Funktionseinschränkung verblieben ist. Des Weiteren besteht ein Zustand nach distaler Radiusfraktur links 2010 mit verbliebener endgradiger Funktionseinschränkung der linken Hand. Dies folgt aus dem bereits im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten des Dr. Re. vom 18. November 2010, der im Verfahren vor dem SG abgegebenen sachverständigen Zeugenauskunft des Dr. Y. vom 26. September 2011 sowie dem im LSG-Verfahren von Dr. T. erstatteten Gutachten vom 12. November 2013.

Internistischerseits leidet der Kläger an einem insulinabhängigen Diabetes Mellitus; die ebenfalls bestehende arterielle Hypertonie, eine Hypercholesterinämie und das Asthma Bronchiale werden medikamentös behandelt. Dies entnimmt der Senat dem ärztlichen Befundbericht des den Kläger behandelnden Dr. L. vom 7. November 2010, dem Gutachten des Dr. Re. vom 18. November 2010 sowie dem Gutachten des Dr. T. vom 12. November 2013. Ausweislich der im Verfahren vor dem SG eingeholten sachverständigen Zeugenauskunft des Dr. L. vom 17. Oktober 2011 leidet der Kläger zudem an metabolischer Kardiomyokardie und Pollinosis (Heuschnupfen) und an multiplen Empfindungsstörungen und einer Bronchopneumie.

Auf HNO-ärztlichem Fachgebiet besteht beim Kläger eine Hörminderung beidseits, wobei der Kläger mit Hörgeräten versorgt ist. Dies entnimmt der Senat den im Verwaltungsverfahren eingeholten Befundberichten der den Kläger behandelnden Ärzte Dr. M. und D. vom 3. November 2010, dem im Verwaltungsverfahren erstatteten Gutachten des Dr. Re. vom 18. November 2010 sowie dem Gutachten des Dr. T. vom 12. November 2013.

b) Aufgrund der genannten Gesundheitsbeeinträchtigungen sollen vom Kläger - wie im Gutachten des Dr. T. vom 12. November 2013 schlüssig und nachvollziehbar dargelegt - bei Ausübung einer beruflichen Tätigkeit wechselnde Körperhaltungen eingenommen werden können. Zwangshaltungen wie ständiges Bücken oder Knien sowie das Tragen und Heben von Lasten über zehn kg ohne technische Hilfsmittel sollten vermieden werden. Permanente Arbeiten über Kopf, Arbeiten mit besonderer Beanspruchung an die Feinmotorik der Hände, permanente Arbeiten auf Leitern und Gerüsten oder Arbeiten in ständigem Gehen und Stehen oder solche, die mit ständigem Treppensteigen verbunden sind, sind dem Kläger lediglich noch gelegentlich zumutbar. Permanente Arbeiten im Freien, Arbeiten unter ständiger Exposition von Hitze, Kälte, Nässe, Zugluft und Temperaturschwankungen sind ihm ebenfalls nur noch gelegentlich möglich. Die Arbeit muss hingegen nicht ständig in geschlossenen und wohltemperierten Räumen ausgeübt werden. Hinsichtlich der Arbeitsorganisation ist dem Kläger eine Tages-, Früh- und Spätschicht zumutbar, eine Nachtschicht demgegenüber nicht mehr.

Die beim Kläger als rentenrechtlich relevant zu berücksichtigenden Gesundheitsstörungen führen nach Überzeugung des Senats zu keiner Einschränkung des Leistungsvermögens in quantitativer Hinsicht. Insoweit ergibt sich auch aus den von Dr. Sc. im Rahmen der am 16. Juni 2009 erfolgten Begutachtung des Klägers (im Verfahren S 6 SB 3752/08) erhobenen Befunden keine quantitative Leistungsreduzierung. Im Rahmen der Spirometrie hatte Dr. Sc. in für den Senat nachvollziehbarer Weise keinen Anhalt für eine respirative Insuffizienz feststellen können. Ferner lag ausweislich seiner schlüssigen Begutachtung ein normfrequenter Sinusrhythmus vor; ein alters- und konstitutionsentsprechendes EKG konnte erstellt werden. Eine relevante Obstruktion oder Restriktion lag nicht vor. Dies entnimmt der Senat dem Gutachtensauszug vom 16. Juni 2009. Der Kläger ist damit im Ergebnis noch in der Lage, zumindest leichte körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mit den genannten qualitativen Leistungseinschränkungen in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Der Senat schließt sich dabei den Beurteilungen des Dr. Re., des Dr. L., des Dr. Y. und des Dr. T. an.

Entgegenstehende ärztliche Äußerungen liegen nicht vor. Der den Kläger behandelnde Dr. Si. hat sich außer Stande gesehen, eine Einschätzung zum bestehenden Restleistungsvermögen des Klägers abzugeben, da sich dieser lediglich ein Mal wegen eines Arbeitsunfalls bei ihm vorgestellt hat.

Im Hinblick auf die überzeugenden und übereinstimmenden Ausführungen der Dres. Re., L., Y. und T. führt auch der Vortrag des Klägers, den beim SG geführten Rechtsstreiten in den Unfallversicherungsangelegenheiten S 9 U 1714/08 und S 1 U 2872/13 könne entnommen werden, dass der zuständige Unfallversicherungsträger ihm allein wegen der Radiusfraktur an der linken Hand eine MdE auf Dauer in Höhe von 20% zuerkannt habe, nicht zu einer abweichenden sozialmedizinischen Beurteilung. Die insoweit im Rahmen der Unfallversicherungsangelegenheiten tätigen Gutachter waren bereits zu einem früheren Zeitpunkt als Dr. T. tätig, der sein Gutachten am 12. November 2013 erstattete. Im Übrigen zeigt sich auch im Verlauf des hiesigen Verfahrens seit 2010 eine immer positivere Entwicklung des Gesundheitszustandes - gerade im Hinblick auf die Verletzung des Klägers an dessen Hand. So schilderte Dr. Re. noch im November 2010 einen inkompletten Faustschluss links; der Spitzgriff wurde im unbeobachteten Zustand jedoch schon fast normal eingesetzt. Bei der Untersuchung durch Dr. T. am 7. Oktober 2013 war der Spitzgriff komplett möglich. Unabhängig davon führt die Verletzung des Klägers an der linken Hand lediglich zu einer qualitativen Einschränkung der Leistungsfähigkeit. Zu berücksichtigen ist hierbei auch, dass die Beurteilung der MdE im Unfallversicherungrecht einem anderen Bewertungsregime als demjenigen des Rentenversicherungsrechts folgt und insoweit keine Übertragung entsprechender Leistungsbeurteilungen erfolgen kann.

Gleiches gilt auch für die funktionellen Einschränkungen im linken Kniegelenk. Der Senat hat die Akten der beim Landessozialgericht anhängig gewesenen Berufungsverfahren L 8 U 3117/09 und L 8 U 3739/11 beigezogen. Aus dem rechtskräftigen Beschluss vom 23. Oktober 2009 im Berufungsverfahren L 8 U 3117/09 ergibt sich, dass eine funktionelle Einschränkungen im linken Kniegelenk mit dem Bewegungsmaß für Streckung/Beugung von 0/0/30 Grad vorliegt. Dies entspricht den Feststellungen im Gutachten des Dr. Re. vom 18. November 2010 (links Streckung frei, Beugung bis 30 Grad). Dr. Re. beschreibt in diesem Gutachten auch ein behindertes Gangbild. Dem hat er Rechnung getragen, indem er Tätigkeiten überwiegend im Stehen und Gehen für nicht mehr zumutbar hält.

c) Ob dem Kläger ein Arbeitsplatz vermittelt werden kann oder nicht, ist für den geltend gemachten Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung nicht erheblich. Die jeweilige Arbeitsmarktlage ist nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI). Maßgebend ist, ob der Kläger mit dem ihm verbliebenen Restleistungsvermögen - wenn auch mit qualitativen Einschränkungen - in der Lage ist, zumindest körperlich leichte Tätigkeiten arbeitstäglich für mindestens sechs Stunden zu verrichten, er also in diesem zeitlichen Umfang unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts erwerbstätig sein kann, wovon im Regelfall ausgegangen werden kann (vgl. z.B. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 19. Oktober 2010 - B 13 R 78/09 R -; in juris). Dies bejaht der Senat wie zuvor dargelegt. Insoweit hat der Senat auch berücksichtigt, dass der Kläger noch zuletzt einer Beschäftigung bei der "Neuen Arbeit" nachgegangen ist. Die dort vorhandenen Arbeitsbedingungen sind bei der Frage der Beurteilung des beim Kläger vorhandenen Restleitungsvermögens nicht relevant (siehe hierzu auch unter 2.).

d) Eine konkrete Verweisungstätigkeit müsste dem Kläger nur benannt werden, wenn eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt (BSG a.a.O.). In einem solchen Fall kann der Arbeitsmarkt selbst bei einem noch vorhandenen sechsstündigen Leistungsvermögen ausnahmsweise als verschlossen gelten. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass eine Verweisung auf noch vorhandenes Restleistungsvermögen nur dann möglich ist, wenn nicht nur die theoretische Möglichkeit besteht, einen entsprechenden Arbeitsplatz zu erhalten. Dies ist nicht der Fall. Beim Kläger liegen zwar - wie dargelegt - einige qualitative Leistungseinschränkungen vor, diese - insbesondere auch die Einschränkung des Klägers, Arbeiten mit besonderer Beanspruchung an die Feinmotorik der linken Hand zu vermeiden - sind jedoch nicht als ungewöhnlich zu bezeichnen. Darin ist weder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen zu sehen. Eine schwere spezifische Leistungsbehinderung liegt nur vor, wenn bereits eine erhebliche (krankheitsbedingte) Behinderung ein weites Feld von Verweisungsmöglichkeiten versperrt. Hierzu können - unter besonderer Berücksichtigung der jeweiligen Einzelfallumstände - beispielsweise Einäugigkeit, Einarmigkeit und Einschränkungen der Arm- und Handbeweglichkeit sowie besondere Schwierigkeiten hinsichtlich der Gewöhnung und Anpassung an einen neuen Arbeitsplatz zählen (vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 9. Mai 2012 - B 5 R 68/11 R -; in juris m.w.N.). Keine dieser Fallkonstellationen ist beim Kläger vorhanden.

Bei dem rechtshändigen Kläger liegt gerade kein weitgehender Funktionsverlust der linken Hand und damit keine ganz erhebliche Einschränkung der Einsatzfähigkeit der linken Hand im Rahmen der Ausübung einer Erwerbstätigkeit vor. Der Kläger kann lediglich keine Arbeiten mehr ausführen, die Anforderungen an die Feinmotorik der linken Hand stellen. Soweit er sich darauf beruft, er könne auch grobmotorische Arbeiten nicht mehr durchführen und der Spitzgriff sei ihm nicht mehr möglich, so wird dies durch die im Gutachten vom 12. November 2013 festgehaltenen Untersuchungsergebnisse des Dr. T. widerlegt. Dieser führt nachvollziehbar aus, die Beweglichkeit beider Handgelenke sei nicht eingeschränkt. An beiden Händen zeigten sich seitengleiche Konturen. Die Beschwielung beider Hände sei seitengleich mittelkräftig ausgeprägt. Komplexgriffe wie der Spitz- und Schlüsselgriff seien beidseits problemlos möglich; der Faustschluss sei links inkomplett, rechts komplett möglich. Die Überprüfung der groben Kraft durch den Sachverständigen ergab lediglich ein leichtes Kraftdefizit auf der linken Seite. Diese Leistungseinschränkung stellt keine schwere spezifische Leistungseinschränkung im Sinne der Rechtsprechung des BSG dar, da sie sich unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Kläger Rechtshänder ist, nicht in besonderer Weise nachteilig auf die betriebliche Einsetzbarkeit des Klägers auswirkt und zu einer deutlichen Einengung der Einsatzmöglichkeiten im Bereich körperlich leichter Erwerbstätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes führt.

e) Auch die rentenrechtlich relevante Wegefähigkeit ist nicht beeinträchtigt. Der Kläger kann in zumutbarer Zeit (innerhalb von 20 Minuten) einen üblichen Weg zur Arbeitsstelle oder zu Haltestellen von öffentlichen Verkehrsmitteln zu Fuß (über 500 Meter, viermal täglich) zurücklegen und öffentliche Verkehrsmittel nutzen. Für eine aufgehobene Wegefähigkeit erbrachte keine der gutachterlichen Untersuchungen objektive Befunde. Wesentliche Funktionsstörungen der unteren Extremitäten bestehen nicht. Sein Gang ist lediglich mittelgradig links hinkend. Die von Dr. Sc. 2009 durchgeführte Spirometrie zeigte keine Einschränkung der Wegefähigkeit. Auch neurologische Ausfälle im Sinne von Lähmungen oder trophischen Störungen der Haut bestehen an den unteren Extremitäten nicht. Vom Kläger selbst wurde im Rahmen der Anamneseerhebung durch Dr. T. angegeben, dass er maximal 1,5 km in 30 Minuten gehen könne. Dies deckt sich mit der gutachterlichen Einschätzung der Sachverständigen Dr. Re., Dr. Sc. und Dr. T., die trotz des hinkenden Gangbildes keine Einschränkung der Wegefähigkeit des Klägers angenommen haben. Der Kläger ist in der Lage, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Diese nutzt der Kläger, um die Wege zur Arbeitsstelle zu bewältigen.

2. Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit haben nach § 240 Abs. 1 SGB VI bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Erreichung der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 1. Januar 2008 geändert durch Art. 1 Nr. 61 RV-Altergrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554) auch Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach dem die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs unter besonderer Anforderung ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Der Kläger ist nicht berufsunfähig.

Ausgangspunkt der Beurteilung der Berufsunfähigkeit ist der bisherige Beruf. Bisheriger Beruf im Sinne des § 240 SGB VI ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG in der Regel die letzte, nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit (z.B. BSG, Urteil vom 29. März 1994 - 13 RJ 35/93 -; Urteil vom 18. Februar 1998 - B 5 RJ 34/97 R -; Urteil vom 20. Juli 2005 - B 13 RJ 19/04 R -, jeweils in juris). Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die Rechtsprechung des BSG (vgl. z.B. Urteil vom 29. März 1994 - 13 RJ 35/93 -; Urteil vom 25. Juli 2001 - B 8 KN 14/00 R -, jeweils in juris) die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufs haben, gebildet worden. Entsprechend diesem so genannten Mehrstufenschema werden die Arbeiterberufe durch Gruppen mit den Leitberufen des Facharbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert. Innerhalb der Gruppe der angelernten Arbeiter differenziert das BSG nochmals hinsichtlich der Versicherten, die der oberen und unteren Gruppe der Angelernten angehören. Dem unteren Bereich sind alle Tätigkeiten mit einer regelmäßigen, auch betrieblichen Ausbildungs- und Anlernzeit von drei bis zwölf Monaten und dem oberen Bereich dementsprechend die Tätigkeiten mit einer Ausbildungs- oder Anlernzeit von über zwölf bis zu 24 Monaten zuzuordnen (BSG, Urteil vom 29. März 1994 - 13 RJ 35/93 -; in juris). Die Einordnung eines bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema erfolgt aber nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend hierfür ist vielmehr allein die Qualität der verrichteten Arbeit, d.h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an. Eine Verweisung kann nur auf einen Beruf derselben qualitativen Stufe oder der nächst niedrigeren erfolgen (BSG, Urteil vom 29. Juli 2004 - B 4 RA 5/04 R -, in juris).

Die vom Kläger zuletzt ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung als Maschinenarbeiter war keine Tätigkeit, die eine Anlern- oder Ausbildungszeit von mehr als zwölf Monaten voraussetzte. Gegenteiliges hat der Kläger zu keinem Zeitpunkt behauptet und die vorliegenden Akten geben hierfür keine Anhaltspunkte.

Da der Kläger allenfalls zum unteren Bereich der angelernten Arbeiter gehört, kann er grundsätzlich auf alle auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vorkommenden Tätigkeiten verwiesen werden. Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist in diesen Fällen regelmäßig nicht erforderlich, weil auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine so große Anzahl von Tätigkeitsarten zur Verfügung steht, dass das Vorhandensein einer geeigneten Verweisungstätigkeit offensichtlich ist (z.B. BSG, Urteil vom 14. September 1995 - 5 RJ 50/94 -, in juris).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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