Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 6 R 1845/14 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 3607/14 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
1. Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Ulm vom 21.07.2014 wird zurückgewiesen.
2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin ist eine Gesellschaft der N.-Gruppe und verfügt über eine Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Überlassung von Arbeitnehmern. Sie hat in der Vergangenheit Tarifverträge mit der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) abgeschlossen und angewendet. Nachdem das Bundesarbeitsgericht (BAG) in seiner Entscheidung vom 14.12.2010 (Az.: 1 ABR 19/10) festgestellt hatte, dass die CGZP nicht tariffähig ist, führte die Antragsgegnerin bei der Antragstellerin in der Zeit vom 14.02.2014 bis 17.04.2014 eine Betriebsprüfung durch und forderte mit Bescheid vom 02.06.2014 auf der Grundlage einer Schätzung für den Prüfzeitraum 01.01.2010 bis 31.08.2010 Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 19.111,00 EUR nach.
Gegen den Bescheid vom 02.06.2014 legte die Antragstellerin am 11.06.2014 Widerspruch ein. Am selben Tag hat die Antragstellerin beim Sozialgericht Ulm um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht und zunächst beantragt, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin vom 11.06.2014 gegen den Beitragsbescheid der Antragsgegnerin vom 02.06.2014 anzuordnen. Eine Widerspruchsbegründung habe bisher noch nicht fertiggestellt werden können. Allerdings sei aus zahlreichen Parallelverfahren bekannt, dass die Antragsgegnerin Beitragsbescheide ungeachtet der - nach Auffassung der Antragstellerin gegebenen - ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit und zahlreicher mit der Vollziehung verbundener, nicht wiedergutzumachender Nachteile ausschließlich unter dem Gesichtspunkt einer unbilligen Härte und nach Vorlage eines Wirtschaftsprüferstatutes, welches dies bestätige, die Aussetzung vornehmen werde. Damit, dass der Beitragsbescheid auch ohne Rücksicht auf das Vorliegen einer unbilligen Härte auszusetzen sei, weil ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes bestünden, setze sich die Antragsgegnerin regelmäßig nicht auseinander, ebenso wenig mit den mit einer sofortigen Vollziehung verbundenen weiteren Härten. Da beim vorliegenden Fall wegen der verhältnismäßig geringen Höhe der Beitragsforderung kein Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater eine Bestätigung unterzeichnen werde, wonach die Vollziehung des Beitragsbescheides die Existenz der Antragstellerin gefährden würde, sei ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung bei der Antragsgegnerin aussichtslos. Es sei somit davon auszugehen, dass die aufschiebende Wirkung nur mit gerichtlicher Hilfe erlangt werden könne.
Am 20.06.2014 hat die Antragsgegnerin zu dem Antrag Stellung genommen und sich bereit erklärt, die Vollziehung des Bescheids vom 02.06.2014 gemäß § 86a Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bis zur Entscheidung über den Widerspruch vom 11.06.2014, bei Klageerhebung bis zum Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens, auszusetzen. Nach Auffassung der Antragsgegnerin sei das Vorliegen einer unbilligen, nicht durch Überwiegen des öffentlichen Interesses gebotene Härte nachgewiesen, da bereits in einem anhängigen Rechtsmittelverfahren betreffend den Prüfzeitraum vom 01.12.2005 bis 31.12.2009 (Bescheid vom 01.12.2011) ein Nachweis zur wirtschaftlichen Situation der Antragstellerin vorgelegt worden sei. Gemäß § 86a Abs. 3 Satz 4 SGG werde die Entscheidung mit der Auflage der Verzinsung der Beitragsforderung verbunden, sofern der Widerspruch nicht erfolgreich sei. Die Zinshöhe werde in entsprechender Anwendung des § 27 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) auf vier vom Hundert festgelegt.
Mit Schriftsatz vom 03.07.2014 hat die Antragstellerin erklärt, dass sich das Eilverfahren mit der Entscheidung der Antragsgegnerin vom 20.06.2014 nicht vollumfänglich erledigt habe. Die Antragstellerin hat verschiedene Gerichtsentscheidungen vorgelegt und ausgeführt, dass sie unter Berücksichtigung dieser Entscheidungen ihren Antrag umstelle. Sie beantrage nunmehr, die Verzinsungsauflage aufzuheben. Im Übrigen erkläre sie den ursprünglichen Antrag für erledigt. Zugleich hat die Antragstellerin darauf hingewiesen, dass sich der Antrag allein an den vorgelegten Entscheidungen orientiere. Ihr Rechtsschutzziel sei die Aussetzung der Vollziehung für die Dauer des Widerspruchsverfahrens, im Fall der Klageerhebung bis zum Abschluss des erstinstanzlichen Klageverfahrens ohne Verzinsung der Beitragsforderung im Fall der Erfolglosigkeit des Widerspruchs. Ihrer Ansicht nach müsse der Antrag daher - anders als in den vorgelegten Entscheidungen - auf die unbefristete Anordnung der aufschiebenden Wirkung ohne Auflage der Zinsen lauten, da es sich um eine nicht isoliert anfechtbare Auflage handele.
Die Antragsgegnerin ist dem Antrag entgegengetreten. Sie trägt vor, sie setze eine Vollziehung von fälligen Beitragsforderungen grundsätzlichen nur gegen Verzinsung aus, da ein - vom Gesetzgeber als höherrangig betrachtetes - Interesse am Sofortvollzug zur Aufrechterhaltung des umlagefinanzierten Sozialversicherungssystems bestehe. Nach ihrer Rechtsauffassung sei die Antragstellerin zwar grundsätzlich durch die Auflagenerteilung beschwert, es fehle jedoch an der Dringlichkeit einer gerichtlichen Entscheidung, da die Antragsgegnerin in ihrem Schriftsatz vom 20.06.2014 ein Leistungsgebot nicht ausgesprochen habe. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt bestünde noch keine Verpflichtung zu einer Zinszahlung. Eine unmittelbare Beschwer durch die Auflage der Verzinsung sei nicht zu erkennen. Unabhängig von der Frage, ob die Einzugsstelle die Beitragsnachforderung ohnehin verzinsen müsste, wenn die Auflage nicht durch die Antragsgegnerin erteilt worden wäre, sei zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht abschließend entschieden, ob und in welcher Höhe die Antragstellerin tatsächlich Zinsen zahlen müsse. Nach dem Rechtsgedanken des § 44a Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), der auch für das Sozialgerichtsverfahren entsprechend anzuwenden sei, könnten Rechtsbehelfe gegen Verfahrenshandlungen nur mit dem Bescheid der Hauptsache gemeinsam angefochten werden. Eine Auflage sei für sich betrachtet keine Verfahrenshandlung, jedoch würde die Absicht des Gesetzgebers deutlich, unnötige Verfahren zu vermeiden. Aus diesem Grund sei die Antragsgegnerin der Ansicht, dass das Verfahren unzulässig sei, da sich dieses Verfahrens hinsichtlich der "Hauptsache" des einstweiligen Rechtsschutzes (dh des Vollzuges) erledigt habe.
Mit Beschluss vom 21.07.2014 hat das Sozialgericht "die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 11.06.2014 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 02.06.2014 ( ) unter Aufhebung der Auflage der Verzinsung der Beitragsforderung angeordnet". Zur Begründung hat es ausgeführt, dass Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 02.06.2014 unter - deklaratorischer - Aufhebung der Auflage der Verzinsung der Beitragsforderung sei. So habe die Antragstellerin die Aufhebung der Auflage der Verzinsung beantragt. Aus den Erläuterungen zu dem gestellten Antrag ergebe sich jedoch eindeutig, dass die Antragstellerin weiterhin das Ziel verfolge, die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs ohne Auflage der Verzinsung zu erreichen. Der so ausgelegte Antrag sei zulässig. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG sei trotz der inzwischen erfolgten Aussetzung der Vollziehung durch die Antragsgegnerin weiterhin statthaft. Die Aussetzung unter Auflage sei im Verhältnis zur Aussetzung ohne Auflage ein Minus. Das verfolgte Rechtsschutzziel der Antragstellerin sei damit noch nicht erreicht. Der Antrag sei auch weiterhin statthaft, da andere Rechtsschutzmöglichkeiten nicht zur Verfügung stünden. Insbesondere könne die Antragstellerin nicht isoliert gegen die Auflage der Verzinsung vorgehen. Der Umstand, das bislang noch unklar sei, ob die Antragsgegnerin die Verzinsung tatsächlich anfordern werde, stehe dem Vorliegen eines Rechtsschutzbedürfnisses im Übrigen nicht entgegen. Es sei der Regelfall, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung des einstweiligen Rechtsschutzes noch nicht feststehe, ob Forderungen von der Antragsgegnerin bzw der Einzugsstelle tatsächlich geltend gemacht und realisiert werden.
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung sei auch begründet. Nach umfassender Abwägung des Aufschubinteresses der Antragstellerin einerseits und des öffentlichen Interesses an der Vollziehung des Verwaltungsaktes andererseits, sei dem Aufschubinteresse der Antragstellerin der Vorrang einzuräumen. Die Antragsgegnerin selbst habe das Vorliegen einer unbilligen, nicht durch Überwiegen des öffentlichen Interesses gebotene Härte anerkannt. Die Kammer habe keinen Grund dazu, dies anders als die Antragsgegnerin zu sehen, so dass die Voraussetzungen der Anordnung der aufschiebenden Wirkung im Sinne des § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG vorlägen, ohne dass es darauf ankomme, ob ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 02.06.2014 bestünden. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 11.06.2014 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 02.06.2014 sei daher anzuordnen gewesen. Die Antragsgegnerin sei auch nicht befugt gewesen, die Aussetzung der Vollziehung des Bescheids vom 02.06.2014 mit der Auflage der Verzinsung der Beitragsforderung zu verbinden, so dass diese (deklaratorisch) aufzuheben gewesen sei. Zwar könne die Behörde nach § 86a Abs. 3 Satz 4 SGG die Entscheidung über die Aussetzung mit Auflagen versehen oder die Entscheidung unbefristet aussprechen. Die Entscheidung der zuständigen Stelle über die Aussetzung der Vollziehung erfolge jedoch nach pflichtgemäßen Ermessen. Vorliegend sei nicht zu erkennen, ob die Antragsgegnerin ihr Ermessen überhaupt erkannt habe. Jedenfalls aber lasse sich dem Schreiben nicht entnehmen, welche Ermessenserwägungen sie in Bezug auf die Anordnung der Verzinsung angestellt habe. Schließlich sei die Anordnung der Auflage der Verzinsung aber auch deshalb ermessensfehlerhaft, da sich der Anordnung kein dem § 86a Abs. 3 Satz 4 SGG entsprechender Zweck entnehmen lasse. Insoweit schließe sich die Kammer den Ausführungen des SG Karlsruhe in dessen Beschluss vom 10.02.2012 (S 2 R 4496/11 ER) an. Der Beschluss ist der Antragsgegnerin mittels Empfangsbekenntnis am 28.07.2014 zugestellt worden.
Am 19.08.2014 hat die Antragsgegnerin Beschwerde beim Sozialgericht Ulm gegen den Beschluss vom 21.07.2014 eingelegt. Das SG hat die Beschwerde am 25.08.2014 dem Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) vorgelegt. Zur Begründung trägt die Antragsgegnerin vor, dass ein Rechtsschutzbedürfnis der Antragstellerin für das vorliegende Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz nicht erkennbar sei, nachdem die Antragsgegnerin die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs anerkannt habe. Hinsichtlich der Auflage bestehe gegenwärtig keine Beeinträchtigung einer Rechtsposition. Soweit das SG sich in der Begründetheit des Antrags darauf gestützt habe, dass die Antragsgegnerin mit Erteilung der Auflage kein Ermessen ausgeübt bzw es zumindest nicht nachvollziehbar begründet habe, sei dem SG zu widersprechen. Die Begründung sei der Antragstellerin bekannt, da die Antragstellerin selbst auf vergleichbare Verfahren hingewiesen habe, in denen eine entsprechende Begründung auch erfolgt sei. Auch die Ausführungen zur Unbeachtlichkeit fiskalischer Interessen verkenne, dass zwischen dem Vollzugsinteresse der Behörde, dem der Gesetzgeber in § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG einen hohen Stellenwert zuerkannt, und dem Interesse des Arbeitgebers an der Aussetzung bis zur Klärung im Hauptsacheverfahren eine Abwägung vorzunehmen sei und die Wertung des Gesetzgebers grundsätzlich für ein Überwiegen des fiskalischen Interesses spreche. Ermessensfehler seien im Übrigen nur eingeschränkt überprüfbar. Da es sich bei der Aussetzung der Vollziehung um keinen Verwaltungsakt handle, bestehe auch kein Begründungszwang.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Ulm vom 21.07.2014 insoweit aufzuheben, als die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 11.06.2014 gegen den Bescheid der Beschwerdeführerin vom 02.06.2014 ohne die Auflage der Verzinsung der Beitragsforderung angeordnet wurde, sowie die Kosten des Verfahrens der Beschwerdegegnerin aufzuerlegen.
Die Antragstellerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakte der Antragsgegnerin Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Antragsgegnerin ist nicht statthaft und damit unzulässig.
Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens ist der Beschluss des Sozialgerichts Ulm vom 21.07.2014 mit welchem das SG "die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 11.06.2014 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 02.06.2014 ( ) unter Aufhebung der Auflage der Verzinsung der Beitragsforderung angeordnet (hat)". Der Tenor der Entscheidung des SG geht damit zunächst von einer Anordnung der aufschiebenden Wirkung durch das SG aus. Gleichzeitig bringt der Tenor jedoch auch zum Ausdruck, dass die Aufhebung der Auflage der Verzinsung der Beitragsforderung angeordnet wird. Letzteres scheint dafür zu sprechen, dass das SG die Entscheidung der Beklagten hinsichtlich der Anordnung der Auflage überprüft hat. Hierfür spricht auch, dass das SG Ausführungen in seinen Entscheidungsgründen zur Rechtmäßigkeit der Auflagenerteilung gemacht hat. Diese wären nicht notwendig gewesen, wenn das Gericht eine eigenständige Entscheidung über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung getroffen hat. Allerdings hat das Gericht in seiner Entscheidung klargestellt, dass die Aufhebung der Auflage und die Ausführungen zur Rechtmäßigkeit der Anordnung der Auflage lediglich deklaratorischen Charakter haben. Durch den entsprechenden Hinweis des SG ist damit erkennbar, dass das SG die Frage der Anordnung der aufschiebenden Wirkung vollumfänglich geprüft und sodann die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs anerkannt hat und hierbei auf die Verhängung einer Auflage verzichtet hat.
Das SG hat damit nicht die Entscheidung der Beklagten überprüft, sondern eine eigenständige Entscheidung getroffen. Die Entscheidung des SG, die Anordnung der aufschiebenden Wirkung nicht mit einer Auflage zu verbinden, kann von der Antragsgegnerin nicht mit der Beschwerde angefochten werden. Insoweit hat der Senat zu beachten, dass die Antragsgegnerin mit ihrer Beschwerde nicht den Inhalt der Entscheidung als solche angreift, sondern lediglich eine Abänderung der Entscheidung des SG begehrt, wonach diese mit einer entsprechenden Auflage zu versehen ist, wie sie die Beklagte zuvor verhängt hat. Zwar kann nach § 86b Abs 1 Satz 3 SGG das SG die stattgebende Entscheidung über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung mit Auflagen versehen oder befristen. Allerdings besteht insoweit echtes Ermessen, dass am Zweck des effektiven Rechtsschutzes und einem schonenden Interessenausgleich auszurichten ist (Binder in Lütke, Sozialgerichtsgesetz, 4. Auflage, § 86b Rn 23). Unter Auflage im Sinne der Vorschrift sind nicht selbstständig vollstreckbare Anordnungen wie nach § 32 Abs 2 Nr 4 SGB X zu verstehen, sondern spezielle auf die Zwecke des gerichtlichen Aussetzungsverfahrens zugeschnittene Nebenbestimmungen. Auflagen können in der Anordnung von Handlungs-, Duldungs- oder Entlassungspflichten bestehen (zB Sicherheitsleistungen). Auflagen sind dabei nur als Teil der nach Auffassung des Gerichts gebotenen vorläufigen Regelungen zulässig. Die Auflage dient dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz im Hinblick auf die Vollziehung eines Verwaltungsakts (Frehse in Jansen, Sozialgerichtsgesetz, 4. Auflage, § 86b Rn 47 ff.). Bei den Auflagen und Befristungen handelt es sich insoweit um Nebenbestimmungen zur Schaffung eines Interessenausgleichs zwischen effektivem Rechtsschutz und staatlichen Vollzugsinteresse (Meßling in Hennig, SGG, § 86b Rn 91).
Grundsätzlich ist die Entscheidung nach § 86b Abs. 1 Satz 3 SGG eine Ermessensentscheidung, denn sie betrifft nicht das "ob", sondern das "wie" des einstweiligen Rechtsschutzes. Nur soweit eine vom Gericht verfügte Nebenbestimmung den Betroffenen in grundrechtlich geschützten Belangen beeinträchtigt, bedarf es für ihre Anordnung eines öffentlichen Interesses, das die Belange des Betroffenen überwiegt. Stellt das Gericht ein entsprechendes Bedürfnis für die Nebenbestimmung im Rahmen der Abwägung nicht fest, so ist dem Begehren des Betroffenen auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung umfassend zu entsprechen (Meßling in Hennig, Sozialgerichtsgesetz, § 86b Rn 91 f mwN). Damit aber handelt es sich bei der von der Antragsgegnerin begehrten Auflage um eine Ermessenentscheidung, die vom materiellen Recht nicht gesteuert wird, sondern eine prozessuale gerichtliche Gestaltungsbefugnis zum Ausdruck bringt, die dem erwähnten Interessenausgleich im Einzelfall dient. Maßstab für die Entscheidungsfindung ist dabei das Übermaßverbot (Schoch, in Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtordnung, § 80 Rn 435). Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass eine Beschwerde mit dem Ziel der Anordnung einer entsprechenden Auflage nicht zulässig ist, da die Antragsgegnerin keine entsprechende grundrechtlich geschützte Position geltend machen kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 197a SGG i. V. m. § 154 VwGO.
Die Festsetzung des Beschwerdeverfahrens erfolgt nach § 197a SGG i. V. m. § 47 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 3, 53 Abs. 2 Nr. 4 Gerichtskostengesetz (GKG). Es entspricht der Senatspraxis, beim einstweiligen Rechtsschutz einen geringeren Streitwert anzunehmen als im Hauptsacheverfahren. In Beitragsstreitigkeiten der vorliegenden Art bemisst der Senat inzwischen den Streitwert nach 1/4 des Hauptsachestreitwerts (vgl. Beschluss vom 16.08.2013, L 11 R 3031/13 ER), dies sind hier 1/4 von 19.111,00 EUR, also 4.777,75 EUR.
Der Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin ist eine Gesellschaft der N.-Gruppe und verfügt über eine Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Überlassung von Arbeitnehmern. Sie hat in der Vergangenheit Tarifverträge mit der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) abgeschlossen und angewendet. Nachdem das Bundesarbeitsgericht (BAG) in seiner Entscheidung vom 14.12.2010 (Az.: 1 ABR 19/10) festgestellt hatte, dass die CGZP nicht tariffähig ist, führte die Antragsgegnerin bei der Antragstellerin in der Zeit vom 14.02.2014 bis 17.04.2014 eine Betriebsprüfung durch und forderte mit Bescheid vom 02.06.2014 auf der Grundlage einer Schätzung für den Prüfzeitraum 01.01.2010 bis 31.08.2010 Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 19.111,00 EUR nach.
Gegen den Bescheid vom 02.06.2014 legte die Antragstellerin am 11.06.2014 Widerspruch ein. Am selben Tag hat die Antragstellerin beim Sozialgericht Ulm um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht und zunächst beantragt, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin vom 11.06.2014 gegen den Beitragsbescheid der Antragsgegnerin vom 02.06.2014 anzuordnen. Eine Widerspruchsbegründung habe bisher noch nicht fertiggestellt werden können. Allerdings sei aus zahlreichen Parallelverfahren bekannt, dass die Antragsgegnerin Beitragsbescheide ungeachtet der - nach Auffassung der Antragstellerin gegebenen - ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit und zahlreicher mit der Vollziehung verbundener, nicht wiedergutzumachender Nachteile ausschließlich unter dem Gesichtspunkt einer unbilligen Härte und nach Vorlage eines Wirtschaftsprüferstatutes, welches dies bestätige, die Aussetzung vornehmen werde. Damit, dass der Beitragsbescheid auch ohne Rücksicht auf das Vorliegen einer unbilligen Härte auszusetzen sei, weil ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes bestünden, setze sich die Antragsgegnerin regelmäßig nicht auseinander, ebenso wenig mit den mit einer sofortigen Vollziehung verbundenen weiteren Härten. Da beim vorliegenden Fall wegen der verhältnismäßig geringen Höhe der Beitragsforderung kein Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater eine Bestätigung unterzeichnen werde, wonach die Vollziehung des Beitragsbescheides die Existenz der Antragstellerin gefährden würde, sei ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung bei der Antragsgegnerin aussichtslos. Es sei somit davon auszugehen, dass die aufschiebende Wirkung nur mit gerichtlicher Hilfe erlangt werden könne.
Am 20.06.2014 hat die Antragsgegnerin zu dem Antrag Stellung genommen und sich bereit erklärt, die Vollziehung des Bescheids vom 02.06.2014 gemäß § 86a Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bis zur Entscheidung über den Widerspruch vom 11.06.2014, bei Klageerhebung bis zum Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens, auszusetzen. Nach Auffassung der Antragsgegnerin sei das Vorliegen einer unbilligen, nicht durch Überwiegen des öffentlichen Interesses gebotene Härte nachgewiesen, da bereits in einem anhängigen Rechtsmittelverfahren betreffend den Prüfzeitraum vom 01.12.2005 bis 31.12.2009 (Bescheid vom 01.12.2011) ein Nachweis zur wirtschaftlichen Situation der Antragstellerin vorgelegt worden sei. Gemäß § 86a Abs. 3 Satz 4 SGG werde die Entscheidung mit der Auflage der Verzinsung der Beitragsforderung verbunden, sofern der Widerspruch nicht erfolgreich sei. Die Zinshöhe werde in entsprechender Anwendung des § 27 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) auf vier vom Hundert festgelegt.
Mit Schriftsatz vom 03.07.2014 hat die Antragstellerin erklärt, dass sich das Eilverfahren mit der Entscheidung der Antragsgegnerin vom 20.06.2014 nicht vollumfänglich erledigt habe. Die Antragstellerin hat verschiedene Gerichtsentscheidungen vorgelegt und ausgeführt, dass sie unter Berücksichtigung dieser Entscheidungen ihren Antrag umstelle. Sie beantrage nunmehr, die Verzinsungsauflage aufzuheben. Im Übrigen erkläre sie den ursprünglichen Antrag für erledigt. Zugleich hat die Antragstellerin darauf hingewiesen, dass sich der Antrag allein an den vorgelegten Entscheidungen orientiere. Ihr Rechtsschutzziel sei die Aussetzung der Vollziehung für die Dauer des Widerspruchsverfahrens, im Fall der Klageerhebung bis zum Abschluss des erstinstanzlichen Klageverfahrens ohne Verzinsung der Beitragsforderung im Fall der Erfolglosigkeit des Widerspruchs. Ihrer Ansicht nach müsse der Antrag daher - anders als in den vorgelegten Entscheidungen - auf die unbefristete Anordnung der aufschiebenden Wirkung ohne Auflage der Zinsen lauten, da es sich um eine nicht isoliert anfechtbare Auflage handele.
Die Antragsgegnerin ist dem Antrag entgegengetreten. Sie trägt vor, sie setze eine Vollziehung von fälligen Beitragsforderungen grundsätzlichen nur gegen Verzinsung aus, da ein - vom Gesetzgeber als höherrangig betrachtetes - Interesse am Sofortvollzug zur Aufrechterhaltung des umlagefinanzierten Sozialversicherungssystems bestehe. Nach ihrer Rechtsauffassung sei die Antragstellerin zwar grundsätzlich durch die Auflagenerteilung beschwert, es fehle jedoch an der Dringlichkeit einer gerichtlichen Entscheidung, da die Antragsgegnerin in ihrem Schriftsatz vom 20.06.2014 ein Leistungsgebot nicht ausgesprochen habe. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt bestünde noch keine Verpflichtung zu einer Zinszahlung. Eine unmittelbare Beschwer durch die Auflage der Verzinsung sei nicht zu erkennen. Unabhängig von der Frage, ob die Einzugsstelle die Beitragsnachforderung ohnehin verzinsen müsste, wenn die Auflage nicht durch die Antragsgegnerin erteilt worden wäre, sei zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht abschließend entschieden, ob und in welcher Höhe die Antragstellerin tatsächlich Zinsen zahlen müsse. Nach dem Rechtsgedanken des § 44a Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), der auch für das Sozialgerichtsverfahren entsprechend anzuwenden sei, könnten Rechtsbehelfe gegen Verfahrenshandlungen nur mit dem Bescheid der Hauptsache gemeinsam angefochten werden. Eine Auflage sei für sich betrachtet keine Verfahrenshandlung, jedoch würde die Absicht des Gesetzgebers deutlich, unnötige Verfahren zu vermeiden. Aus diesem Grund sei die Antragsgegnerin der Ansicht, dass das Verfahren unzulässig sei, da sich dieses Verfahrens hinsichtlich der "Hauptsache" des einstweiligen Rechtsschutzes (dh des Vollzuges) erledigt habe.
Mit Beschluss vom 21.07.2014 hat das Sozialgericht "die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 11.06.2014 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 02.06.2014 ( ) unter Aufhebung der Auflage der Verzinsung der Beitragsforderung angeordnet". Zur Begründung hat es ausgeführt, dass Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 02.06.2014 unter - deklaratorischer - Aufhebung der Auflage der Verzinsung der Beitragsforderung sei. So habe die Antragstellerin die Aufhebung der Auflage der Verzinsung beantragt. Aus den Erläuterungen zu dem gestellten Antrag ergebe sich jedoch eindeutig, dass die Antragstellerin weiterhin das Ziel verfolge, die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs ohne Auflage der Verzinsung zu erreichen. Der so ausgelegte Antrag sei zulässig. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG sei trotz der inzwischen erfolgten Aussetzung der Vollziehung durch die Antragsgegnerin weiterhin statthaft. Die Aussetzung unter Auflage sei im Verhältnis zur Aussetzung ohne Auflage ein Minus. Das verfolgte Rechtsschutzziel der Antragstellerin sei damit noch nicht erreicht. Der Antrag sei auch weiterhin statthaft, da andere Rechtsschutzmöglichkeiten nicht zur Verfügung stünden. Insbesondere könne die Antragstellerin nicht isoliert gegen die Auflage der Verzinsung vorgehen. Der Umstand, das bislang noch unklar sei, ob die Antragsgegnerin die Verzinsung tatsächlich anfordern werde, stehe dem Vorliegen eines Rechtsschutzbedürfnisses im Übrigen nicht entgegen. Es sei der Regelfall, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung des einstweiligen Rechtsschutzes noch nicht feststehe, ob Forderungen von der Antragsgegnerin bzw der Einzugsstelle tatsächlich geltend gemacht und realisiert werden.
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung sei auch begründet. Nach umfassender Abwägung des Aufschubinteresses der Antragstellerin einerseits und des öffentlichen Interesses an der Vollziehung des Verwaltungsaktes andererseits, sei dem Aufschubinteresse der Antragstellerin der Vorrang einzuräumen. Die Antragsgegnerin selbst habe das Vorliegen einer unbilligen, nicht durch Überwiegen des öffentlichen Interesses gebotene Härte anerkannt. Die Kammer habe keinen Grund dazu, dies anders als die Antragsgegnerin zu sehen, so dass die Voraussetzungen der Anordnung der aufschiebenden Wirkung im Sinne des § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG vorlägen, ohne dass es darauf ankomme, ob ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 02.06.2014 bestünden. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 11.06.2014 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 02.06.2014 sei daher anzuordnen gewesen. Die Antragsgegnerin sei auch nicht befugt gewesen, die Aussetzung der Vollziehung des Bescheids vom 02.06.2014 mit der Auflage der Verzinsung der Beitragsforderung zu verbinden, so dass diese (deklaratorisch) aufzuheben gewesen sei. Zwar könne die Behörde nach § 86a Abs. 3 Satz 4 SGG die Entscheidung über die Aussetzung mit Auflagen versehen oder die Entscheidung unbefristet aussprechen. Die Entscheidung der zuständigen Stelle über die Aussetzung der Vollziehung erfolge jedoch nach pflichtgemäßen Ermessen. Vorliegend sei nicht zu erkennen, ob die Antragsgegnerin ihr Ermessen überhaupt erkannt habe. Jedenfalls aber lasse sich dem Schreiben nicht entnehmen, welche Ermessenserwägungen sie in Bezug auf die Anordnung der Verzinsung angestellt habe. Schließlich sei die Anordnung der Auflage der Verzinsung aber auch deshalb ermessensfehlerhaft, da sich der Anordnung kein dem § 86a Abs. 3 Satz 4 SGG entsprechender Zweck entnehmen lasse. Insoweit schließe sich die Kammer den Ausführungen des SG Karlsruhe in dessen Beschluss vom 10.02.2012 (S 2 R 4496/11 ER) an. Der Beschluss ist der Antragsgegnerin mittels Empfangsbekenntnis am 28.07.2014 zugestellt worden.
Am 19.08.2014 hat die Antragsgegnerin Beschwerde beim Sozialgericht Ulm gegen den Beschluss vom 21.07.2014 eingelegt. Das SG hat die Beschwerde am 25.08.2014 dem Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) vorgelegt. Zur Begründung trägt die Antragsgegnerin vor, dass ein Rechtsschutzbedürfnis der Antragstellerin für das vorliegende Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz nicht erkennbar sei, nachdem die Antragsgegnerin die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs anerkannt habe. Hinsichtlich der Auflage bestehe gegenwärtig keine Beeinträchtigung einer Rechtsposition. Soweit das SG sich in der Begründetheit des Antrags darauf gestützt habe, dass die Antragsgegnerin mit Erteilung der Auflage kein Ermessen ausgeübt bzw es zumindest nicht nachvollziehbar begründet habe, sei dem SG zu widersprechen. Die Begründung sei der Antragstellerin bekannt, da die Antragstellerin selbst auf vergleichbare Verfahren hingewiesen habe, in denen eine entsprechende Begründung auch erfolgt sei. Auch die Ausführungen zur Unbeachtlichkeit fiskalischer Interessen verkenne, dass zwischen dem Vollzugsinteresse der Behörde, dem der Gesetzgeber in § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG einen hohen Stellenwert zuerkannt, und dem Interesse des Arbeitgebers an der Aussetzung bis zur Klärung im Hauptsacheverfahren eine Abwägung vorzunehmen sei und die Wertung des Gesetzgebers grundsätzlich für ein Überwiegen des fiskalischen Interesses spreche. Ermessensfehler seien im Übrigen nur eingeschränkt überprüfbar. Da es sich bei der Aussetzung der Vollziehung um keinen Verwaltungsakt handle, bestehe auch kein Begründungszwang.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Ulm vom 21.07.2014 insoweit aufzuheben, als die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 11.06.2014 gegen den Bescheid der Beschwerdeführerin vom 02.06.2014 ohne die Auflage der Verzinsung der Beitragsforderung angeordnet wurde, sowie die Kosten des Verfahrens der Beschwerdegegnerin aufzuerlegen.
Die Antragstellerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakte der Antragsgegnerin Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Antragsgegnerin ist nicht statthaft und damit unzulässig.
Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens ist der Beschluss des Sozialgerichts Ulm vom 21.07.2014 mit welchem das SG "die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 11.06.2014 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 02.06.2014 ( ) unter Aufhebung der Auflage der Verzinsung der Beitragsforderung angeordnet (hat)". Der Tenor der Entscheidung des SG geht damit zunächst von einer Anordnung der aufschiebenden Wirkung durch das SG aus. Gleichzeitig bringt der Tenor jedoch auch zum Ausdruck, dass die Aufhebung der Auflage der Verzinsung der Beitragsforderung angeordnet wird. Letzteres scheint dafür zu sprechen, dass das SG die Entscheidung der Beklagten hinsichtlich der Anordnung der Auflage überprüft hat. Hierfür spricht auch, dass das SG Ausführungen in seinen Entscheidungsgründen zur Rechtmäßigkeit der Auflagenerteilung gemacht hat. Diese wären nicht notwendig gewesen, wenn das Gericht eine eigenständige Entscheidung über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung getroffen hat. Allerdings hat das Gericht in seiner Entscheidung klargestellt, dass die Aufhebung der Auflage und die Ausführungen zur Rechtmäßigkeit der Anordnung der Auflage lediglich deklaratorischen Charakter haben. Durch den entsprechenden Hinweis des SG ist damit erkennbar, dass das SG die Frage der Anordnung der aufschiebenden Wirkung vollumfänglich geprüft und sodann die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs anerkannt hat und hierbei auf die Verhängung einer Auflage verzichtet hat.
Das SG hat damit nicht die Entscheidung der Beklagten überprüft, sondern eine eigenständige Entscheidung getroffen. Die Entscheidung des SG, die Anordnung der aufschiebenden Wirkung nicht mit einer Auflage zu verbinden, kann von der Antragsgegnerin nicht mit der Beschwerde angefochten werden. Insoweit hat der Senat zu beachten, dass die Antragsgegnerin mit ihrer Beschwerde nicht den Inhalt der Entscheidung als solche angreift, sondern lediglich eine Abänderung der Entscheidung des SG begehrt, wonach diese mit einer entsprechenden Auflage zu versehen ist, wie sie die Beklagte zuvor verhängt hat. Zwar kann nach § 86b Abs 1 Satz 3 SGG das SG die stattgebende Entscheidung über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung mit Auflagen versehen oder befristen. Allerdings besteht insoweit echtes Ermessen, dass am Zweck des effektiven Rechtsschutzes und einem schonenden Interessenausgleich auszurichten ist (Binder in Lütke, Sozialgerichtsgesetz, 4. Auflage, § 86b Rn 23). Unter Auflage im Sinne der Vorschrift sind nicht selbstständig vollstreckbare Anordnungen wie nach § 32 Abs 2 Nr 4 SGB X zu verstehen, sondern spezielle auf die Zwecke des gerichtlichen Aussetzungsverfahrens zugeschnittene Nebenbestimmungen. Auflagen können in der Anordnung von Handlungs-, Duldungs- oder Entlassungspflichten bestehen (zB Sicherheitsleistungen). Auflagen sind dabei nur als Teil der nach Auffassung des Gerichts gebotenen vorläufigen Regelungen zulässig. Die Auflage dient dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz im Hinblick auf die Vollziehung eines Verwaltungsakts (Frehse in Jansen, Sozialgerichtsgesetz, 4. Auflage, § 86b Rn 47 ff.). Bei den Auflagen und Befristungen handelt es sich insoweit um Nebenbestimmungen zur Schaffung eines Interessenausgleichs zwischen effektivem Rechtsschutz und staatlichen Vollzugsinteresse (Meßling in Hennig, SGG, § 86b Rn 91).
Grundsätzlich ist die Entscheidung nach § 86b Abs. 1 Satz 3 SGG eine Ermessensentscheidung, denn sie betrifft nicht das "ob", sondern das "wie" des einstweiligen Rechtsschutzes. Nur soweit eine vom Gericht verfügte Nebenbestimmung den Betroffenen in grundrechtlich geschützten Belangen beeinträchtigt, bedarf es für ihre Anordnung eines öffentlichen Interesses, das die Belange des Betroffenen überwiegt. Stellt das Gericht ein entsprechendes Bedürfnis für die Nebenbestimmung im Rahmen der Abwägung nicht fest, so ist dem Begehren des Betroffenen auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung umfassend zu entsprechen (Meßling in Hennig, Sozialgerichtsgesetz, § 86b Rn 91 f mwN). Damit aber handelt es sich bei der von der Antragsgegnerin begehrten Auflage um eine Ermessenentscheidung, die vom materiellen Recht nicht gesteuert wird, sondern eine prozessuale gerichtliche Gestaltungsbefugnis zum Ausdruck bringt, die dem erwähnten Interessenausgleich im Einzelfall dient. Maßstab für die Entscheidungsfindung ist dabei das Übermaßverbot (Schoch, in Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtordnung, § 80 Rn 435). Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass eine Beschwerde mit dem Ziel der Anordnung einer entsprechenden Auflage nicht zulässig ist, da die Antragsgegnerin keine entsprechende grundrechtlich geschützte Position geltend machen kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 197a SGG i. V. m. § 154 VwGO.
Die Festsetzung des Beschwerdeverfahrens erfolgt nach § 197a SGG i. V. m. § 47 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 3, 53 Abs. 2 Nr. 4 Gerichtskostengesetz (GKG). Es entspricht der Senatspraxis, beim einstweiligen Rechtsschutz einen geringeren Streitwert anzunehmen als im Hauptsacheverfahren. In Beitragsstreitigkeiten der vorliegenden Art bemisst der Senat inzwischen den Streitwert nach 1/4 des Hauptsachestreitwerts (vgl. Beschluss vom 16.08.2013, L 11 R 3031/13 ER), dies sind hier 1/4 von 19.111,00 EUR, also 4.777,75 EUR.
Der Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
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