Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 3571/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 4331/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 24.07.2013 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird endgültig festgesetzt auf 54.987,83 EUR.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die von der Beklagten wegen der - streitigen - abhängigen Beschäftigung der Beigeladenen zu 1 bis 3 in der Zeit von Februar 2007 bis einschließlich Oktober 2008 nach einer Prüfung gem. § 28p Abs. 1 SGB IV geforderten Gesamtsozialversicherungsbeiträge und Umlagen einschließlich Säumniszuschlägen in Höhe von insgesamt 54.987,83 EUR.
Im genannten Zeitraum war der Kläger Inhaber der Firma M. M., Trockenbau und Abrissarbeiten. Bei einer Hausdurchsuchung am 31.10.2008 in der auf den Namen des Klägers gemieteten Wohnung in der R. in K. trafen die Ermittlungsbeamten dort die Beigeladenen zu 1 bis 3 in Arbeitskleidung an. Sie wohnten an der Adresse, hatten jeweils ein stehendes Gewerbe angemeldet und gaben an, als einzige Arbeitnehmer ihrer eigenen Baufirmen selbständig für den Kläger tätig zu sein. Bei der Durchsuchung stießen die Beamten auf eine Vielzahl von Arbeitspapieren, u.a. Stundenzettel der Beigeladenen zu 1 bis 3. Daraufhin wurde ein Ermittlungsverfahren gegen den Kläger wegen Beitragsbetruges zum Nachteil der Sozialversicherungsträger eingeleitet. Hierbei wurde der Tatzeitraum auf die zwischen dem 12.02.2007 (erste Stundenzettel der Beigeladenen) und dem 31.10.2008 (Durchsuchungsdatum) beschränkt. 2007 waren durch den Kläger 9 Arbeitnehmer seiner Firma gemeldet worden, davon 3 geringfügig Beschäftigte; 2008 war lediglich ein Arbeitnehmer bis 31.05.2008 gemeldet worden. Laut Vermerk des Polizeipräsidiums K. vom 11.11.2008 sei lediglich der Name M. an der Wohnung angebracht gewesen; Baumaterialien seien ausschließlich vom Kläger angekauft und im Keller des Anwesens R. gelagert worden, der Kellerschlüssel sei im Besitz des Klägers gestanden; die Beigeladenen hätten auf den Kläger gewartet, der sie gemeinsam zum jeweiligen Arbeitsort verbringe; die Beigeladenen hätten nur für den Kläger gearbeitet. Auf dem sichergestellten Notebook des Klägers seien von ihm verfasste Rechnungen der Beigeladenen zu 1 und 3 an sich selbst gespeichert. Der Beigeladene zu 3 habe an seiner Kleidung das Namensschild "M." getragen. Der Kläger habe die Steuerforderung des Beigeladenen zu 2 gekannt; sie sei ihm zur Begleichung vorgelegen. Die Beigeladenen und der Kläger hätten damit zur Umgehung einer Arbeitserlaubnis der Beigeladenen und zur Vermeidung von Sozialversicherungsbeiträgen zusammengearbeitet. Der Tariflohn hätte bei 12,50 EUR bzw. 12,85 EUR/Stunde gelegen, während der Kläger die Beigeladenen nur mit 10 EUR/Stunde bezahlt habe. Auch für das Jahr 2006 seien Stundenaufschriebe mit p. Namen aufgetaucht, wobei diese Personen nicht ermittelt worden seien. Das Amtsgericht Karlsruhe verurteilte den Kläger, dem im Strafbefehl vom 19.03.2009 zur Last gelegt wurde, in 20 selbständigen Handlungen (20 Monate von Februar 2007 bis Oktober 2008) als Arbeitgeber der Einzugsstelle Beiträge zur Sozialversicherung vorenthalten zu haben und zugleich als Arbeitgeber die für den Einzug der Beiträge zuständige Stelle pflichtwidrig über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen und dadurch dieser Stelle vom Arbeitgeber zu tragende Beiträge zur Sozialversicherung (für die jeweiligen Beschäftigten in im einzelnen aufgeführter Höhe) vorenthalten zu haben (Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt nach §§ 266a Abs. 1, Abs. 2 , 52, 53 StGB in 20 Fällen), mit Urteil vom 30.04.2009 zu einer Gesamtgeldstrafe von 300 Tagessätzen zu 10 Euro. Die Beigeladenen zu 1 bis 3 hatten im Ermittlungsverfahren ihre Aussage verweigert. Der Kläger beschränkte ausweislich der Sitzungsniederschrift (obwohl er zunächst noch mitgeteilt hatte, dass er die Arbeiter nicht nach Tarif bezahlt habe und daher auch mit der Höhe der Beträge nicht einverstanden sei) seinen Einspruch gegen den Strafbefehl auf die Rechtsfolgen und teilte mit, er sei jetzt pleite und beziehe Hartz IV. Er habe neben den 3 im Strafbefehl genannten P. noch 3 weitere Angestellte gehabt. Die Beklagte setzte nach vorausgegangener Anhörung (Schreiben vom 09.02.2010 und 16.02.2010) mit Bescheid vom 13.04.2010 für den Zeitraum von Februar 2007 bis einschließlich Oktober 2008 eine Beitragsnachforderung hinsichtlich der Beigeladenen zu 1 bis 3 in Höhe von insgesamt 54.987,83 EUR fest, davon 11.410,50 EUR Säumniszuschläge nach § 24 Abs. 1 SGB IV. Für die beschäftigten Arbeitnehmer habe der Kläger als Arbeitgeber gemäß § 28e SGB VI Beiträge zur Krankenversicherung in Höhe von 15.686,92 EUR zu entrichten, zur Pflegeversicherung in Höhe von 2.017,12 EUR, zur Rentenversicherung in Höhe von 20.489,50 EUR zur Arbeitslosenversicherung 3.974,48 EUR. Weiter habe er als Arbeitgeber Umlagen nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz (AAG) aus Anlass von Krankheit (U1) und von Mutterschaft (U2) in Höhe von 1235,63 EUR (U1) bzw. 173,68 (U2) zu zahlen (Summe der Beiträge 43.577,33 EUR). Die Nachforderung beruhe darauf, dass der Kläger die Beigeladenen zu 1 bis 3 gegen Entgelt beschäftigt habe, diese jedoch nicht angemeldet und für diese auch keine Sozialversicherungsbeiträge bezahlt habe. Außerdem habe er entgegen seiner Verpflichtung als Arbeitgeber keine Umlage für die Aufwendungen aus Anlass von Krankheit oder Mutterschaft nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz entrichtet. Für die Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge seien die im staatsanwaltschaftlichen Verfahren nach den Aufschrieben ermittelten Arbeitsstunden mit dem jeweiligen nach dem für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag für das Baugewerbe geltenden Mindeststundenlohn zugrunde gelegt worden. Dieser Gesamttarifstundenlohn setze sich aus dem Tarifstundenlohn und dem Bauzuschlag zusammen und betrage in der einschlägigen Lohngruppe von Februar bis August 2007 12,40 EUR, von September 2007 bis August 2008 12,50 EUR und ab September 2008 12,85 EUR. Hiergegen richtete sich der nicht begründete Widerspruch, den die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 20.07.2011 zurückwies. Der Kläger erhob am 22.08.2011 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe und trug unter Vorlage von insgesamt sechs Rechnungen der Beigeladenen zu 1 bis 3 im Wesentlichen vor, er habe sich vor dem Amtsgericht lediglich aus prozesstaktischen Gründen geständig gezeigt. Bei den Beigeladenen zu 1 bis 3 handele es sich um Selbständige. Außerdem seien sie in viel geringerem Umfang für ihn tätig geworden als von der Beklagten angenommen, nämlich nur im Rahmen der den vorgelegten Rechnungen zugrundeliegenden Aufträge. Nach diesen Rechnungen habe er den Beigeladenen zu 1 bis 3 zusammen nur 45.710,00 EUR gezahlt. Das Sozialgericht zog die Strafakte des AG Karlsruhe (zum Az. 5 Cs 540 Js 4 /08) einschließlich der Nebenakte bei. In der mündlichen Verhandlung vom 24.07.2013 vor dem Sozialgericht Karlsruhe wurden die Beigeladenen zu 1 und 2 zu den Arbeitsabläufen angehört. Sie gaben an, dass sie im Zeitraum von Februar 2007 bis Oktober 2008 für den Kläger gearbeitet hätten. Schriftliche Verträge seien nicht abgeschlossen worden. Der Kläger habe die Rechnungen der Beigeladenen geschrieben, weil deren Deutsch so schlecht gewesen sei. Der Beigeladene zu 2 gab an, er habe sich die Arbeitsstunden nur notiert, um einen Überblick zu haben, ob es sich für ihn lohne. Der Beigeladene zu 1 gab an, die in Rechnung gestellte Summe von 14.500 EUR am 28.09.2007 vom Kläger in bar erhalten zu haben. Als eigenes Werkzeug hätten sie Kelle, Spachtel, Pinsel, Akkuschrauber, Bohrmaschine und eine Schere eingesetzt. Mit Urteil vom 24.07.2013 wies das Sozialgericht Karlsruhe die Klage ab. Die geforderten Beiträge seien vom Kläger nachzuzahlen. Die Feststellungen zur abhängigen Beschäftigung der Beigeladenen zu 1 bis 3 seien angesichts der vorhandenen Aufzeichnungen nicht zu beanstanden. Im Zeitraum vom 01.02.2007 bis 31.10.2008 seien diese in allen Zweigen der Sozialversicherung versicherungspflichtig beschäftigt gewesen. In diesem Zeitraum seien sie selbst nach den eigenen Angaben fast nur für den Kläger tätig gewesen. Irgendeine andere Beschäftigung sei jedenfalls nicht nachgewiesen worden. Nach dem Gesamtbild ergebe sich gerade keine Selbständigkeit. Sie hätten faktisch die Anweisungen und Terminvorgaben des Klägers erfüllen müssen. Die detaillierten Aufzeichnungen der Stunden sprächen eindeutig gegen einen Pauschalpreis. Der vereinbarte Stundenlohn von 10 EUR ergebe sich auch aus den Aufzeichnungen selbst, in denen mit 10 multiplizierte Beträge auftauchten. Eine direkte Beziehung zu einem Hauptunternehmen hätten die Beigeladenen nicht gehabt. Sie hätten vielmehr nur über den Kläger Aufträge erzielen können. Auch die Forderungshöhe sei nicht zu beanstanden.
Gegen das ihm am 26.09.2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 07.10.2013 Berufung eingelegt. Er bringt vor, das Sozialgericht habe im Gesamtbild unzureichend berücksichtigt, dass die Beigeladenen zu 1 bis 3 dem Kläger Rechnungen gestellt, ein eigenes Gewerbe angemeldet und keinen Urlaubsanspruch hätten und sich die Arbeitszeit einteilen konnten sowie bei "Auftragsflaute" keine Sicherheit gehabt hätten und damit also ein Unternehmerrisiko eingegangen seien. Auch hätten die Beigeladenen auf den Baustellen ohne Anleitung des Klägers selbständig gearbeitet. Demgegenüber stelle das Sozialgericht allein auf die Stundenaufzeichnungen ab, bei denen es sich nur um Schmierzettel handele und die ein Entgelt nicht belegten. Dass die Beigeladenen keine eigenen Betriebsstätten hätten sei angesichts ihrer Beschäftigung auf dem Bau kein gewichtiges Indiz. Von Belang und daher unzureichend gewichtet sei aber, dass die Beigeladenen zu 1 bis 3 über eigene Arbeitsmittel verfügt hätten. Auch die Höhe der Forderung sei falsch, weil allenfalls die in Rechnung gestellten und bezahlten Forderungen (insg. 45.710,00 EUR) als Entgelt herangezogen werden könnten.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgericht Karlsruhe vom 24.07.2013 sowie den Bescheid der Beklagten vom 13.04.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.07.2011 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie ist der Auffassung, dass das Urteil des Sozialgerichts zutreffend sei. Die Beweiskraft der sichergestellten Aufzeichnungen zu geleisteten Arbeitsstunden, aus denen sich auch der Arbeitslohn von 10 EUR/Stunde ergebe, spreche deutlich gegen eine Selbständigkeit. Dass auf einer Baustelle der Kunden die Beigeladenen zu 1 bis 3 nicht direkt durch den Kläger angeleitet wurden, spreche ebenfalls nicht gegen die abhängige Beschäftigung. Es stelle sich vielmehr im Baugewerbe als normaler Vorgang dar.
Das Landessozialgericht hat Auszüge aus der Akte des Amtsgerichts Karlsruhe zur Akte genommen (Bl. 30-59 LSG-Akte), denen insbesondere die erste Einlassung der Beigeladenen, die Tatsache, dass eine Vielzahl von Stundenzetteln vorhanden sind und die Einlassung des Klägers vor dem Amtsgericht zu entnehmen ist (Bl. 54). Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte, die Akte des Sozialgerichts und die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist statthaft und zulässig, aber unbegründet.
Das Sozialgericht Karlsruhe hat die Klage gegen den Bescheid vom 13.04.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.07.2011 zu Recht abgewiesen, denn die vom Kläger geforderten Sozialversicherungsbeiträge und Umlagen für die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1 bis 3 im Prüfzeitraum sind zutreffend festgesetzt worden. Auch die Erhebung von Säumniszuschlägen ist nicht zu beanstanden.
Zu Recht hat das Sozialgericht Karlsruhe ausgeführt, dass der Bescheid auf § 28p Abs. 1 SGB VI beruht. Nach Abs. 1 dieser Vorschrift prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem SGB IV, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen mindestens alle vier Jahre. Die Prüfung soll in kürzeren Zeitabständen erfolgen, wenn der Arbeitgeber dies verlangt. Die Einzugsstelle unterrichtet den für den Arbeitgeber zuständigen Träger der Rentenversicherung, wenn sie eine alsbaldige Prüfung bei dem Arbeitgeber für erforderlich hält. Die Prüfung umfasst auch die Entgeltunterlagen der Beschäftigten, für die Beiträge nicht gezahlt wurden. Die Träger der Rentenversicherung erlassen im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern; insoweit gelten § 28h Abs. 2 SGB IV sowie § 93 in Verbindung mit § 89 Abs. 5 SGB X nicht. Zwar entscheidet grundsätzlich gemäß § 28h Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 SGB IV die Einzugsstelle über die Versicherungspflicht und die Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Dies gilt aber ausnahmsweise nicht für Entscheidungen im Rahmen einer Arbeitgeberprüfung. Betriebsprüfungen durch den Rentenversicherungsträger haben nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nur eine Kontrollfunktion. Sie sollen einerseits Beitragsausfälle verhindern, andererseits die Sozialversicherungsträger davor bewahren, dass aus der Annahme von Beiträgen für nicht versicherungspflichtige Personen Leistungsansprüche entstehen. Der Prüfbescheid stellt sich vor diesem Hintergrund als kombinierte – positive oder negative - Feststellung von Versicherungspflicht und Beitragsnachentrichtung oder Beanstandung dar. Die Besonderheit eines Bescheides nach § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV liegt insoweit darin, dass über das Bestehen von Versicherungspflicht und die daraus resultierende Beitragsnachforderung gemeinsam zu entscheiden ist. Dies unterscheidet das Nachprüfverfahren hinsichtlich der Feststellung der Versicherungspflicht vom Statusfeststellungsverfahren nach § 7a Abs 1 Satz 1 SGB IV (BSG 14.09.2004, B 12 KR 1/04, SozR 4-2400 § 22 Nr 2). Eine reine Statusfeststellung ist auf der Grundlage von § 28p SGB IV nicht zulässig (vgl BayLSG 28.06.2011, L 5 R 880/10, juris). Die hier streitigen Beiträge werden als Gesamtsozialversicherungsbeitrag vom Arbeitgeber gezahlt (§§ 28d Sätze 1 und 2, 28e Abs 1 Satz 1 SGB IV). Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung der Versicherungs- bzw. Beitragspflicht (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB XI, § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB IV, § 25 Abs. 1 SGB III). Die Pflicht des Arbeitgebers zur Zahlung der U-1- und U-2-Umlagen ergibt sich für den hier maßgeblichen Zeitraum aus § 7 Aufwendungsausgleichsgesetz (AAG).
1.) Beurteilungsmaßstab für das hier streitige Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nicht selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG 24.01.2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4 - 2400 § 7 Nr 7, BSG 04.07.2007, B 11a AL 5/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 8) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit BVerfG SozR 3 - 2400 § 7 Nr 11). Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung (vgl BSG 24.01.2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 7). Die Beurteilung dieses Gesamtbildes wiederum hat nach ständiger Rechtsprechung des BSG ihren Ausgangspunkt bei dem Vertragsverhältnis der Beteiligten zu nehmen, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt und sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt (vgl. BSG, Urteil vom 28.05.2008, B 12 KR 13/07 R, Rn. 17; Urteil vom 24.01.2007, B 12 KR 31/06, Rn. 17; Urteil vom 25.01.2006, B 12 KR 30/04 R, Rn. 22 - nach juris). Eine im Widerspruch zur ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht dabei der formellen Vereinbarung regelmäßig vor. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von den Vereinbarungen abweichen (vgl. BSG, Urteil vom 24.01.2007, B 12 KR 31/06, Rn. 17 m.w.N.). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung danach so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist.
Nach diesen vom Sozialgericht ebenfalls zutreffend wiedergegebenen rechtlichen Vorgaben liegt eine abhängige Beschäftigung der Beigeladenen zu 1 bis 3 und damit eine Beitragspflicht des Klägers als Arbeitgeber vor. Zwar ließe sich für eine Selbständigkeit der Beigeladenen zu 1 bis 3 anführen, dass sie keinen Arbeitsvertrag mit dem Kläger geschlossen und jeweils ein Gewerbe angemeldet hatten. Auch existiert danach kein Urlaubsanspruch. Sie waren jedoch jeweils Teil einer vom Kläger eingesetzten Gruppe auf einer Baustelle. Es bestand ein umfassendes Weisungsrecht des Klägers, der beispielsweise faktisch den Arbeitsort (Baustelle) bestimmte. Zwar konnten sie möglicherweise in gewissem Rahmen, nachdem sie auf der Baustellen naturgemäß nicht ständig kontrolliert wurden, Arbeitszeit und -weise in gewisser Weise "eigenständig" bestimmen. Hierin unterscheidet sich ihr Spielraum aber nicht von vielen anderen angestellten Arbeitern auf Baustellen. Sie mussten sich an die vom Kläger gesetzten Terminsvorgaben und fachliche Anweisungen halten, welche dem Kläger von den jeweiligen Hauptbauunternehmen, z.B. der Firma F. vorgegeben und vom diesem dann an die Beigeladenen weitergegeben wurde. Im Gegensatz zum Kläger als Selbständigem hatten sie auch nicht die Möglichkeit, diese Vorgaben hinsichtlich Qualität, Zeitpunkt oder Entgelt auszuhandeln. Am Tag der Durchsuchung sollten die Beigeladenen überdies gemeinsam vom Kläger zur Baustelle transportiert werden, was einer besonderen Gestaltungsmöglichkeit jedes Einzelnen widerspricht. Bei der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1 bis 3 für die Baufirma des Klägers im Prüfungszeitraum handelte es sich daher nach den maßgeblichen tatsächlich praktizierten Verhältnissen um eine abhängige Beschäftigung. Die nach außen fingierten Rechtsbeziehungen als selbständige Subunternehmer bildeten nicht den realen Sachverhalt ab. Die Beigeladenen zu 1 bis 3 stellten zur Täuschung über ihre Arbeitnehmereigenschaft Rechnungen aus, die der Kläger für sie geschrieben hat und die sie unterzeichnen mussten. Tatsächlich wurden die Beigeladenen zu 1 bis 3 zur Überzeugung des Senats nach Arbeitsstunden bezahlt. Dies belegen die bei der Durchsuchung gefundenen Stundenaufzeichnungen (vgl. etwa Bl. 15 Verw.-Akte). Aus ihnen ergibt sich auch, dass sie 10 EUR/Stunde für ihre Tätigkeit erhielten. Es war also auch nicht ein bestimmter Erfolg geschuldet, wie bei einem Werkvertrag üblich. Die Beigeladenen zu 1 und 2 haben in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht Karlsruhe bestätigt, dass es sich um ihre eigenen Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitsstunden pro Tag handelte. Wie das Sozialgericht hält es der Senat nicht für glaubhaft, dass die Aufschriebe lediglich der Selbstkontrolle gedient haben sollen. Wäre es nämlich darum gegangen, den effektiven Stundenlohn einer pauschal abgegoltenen Tätigkeit zu ermitteln, hätten zum einen die Zahlen nicht mit dem vereinbarten Lohn von 10 EUR multipliziert werden dürfen, zum anderen hätte es nahe gelegen, das tatsächlich für einen bestimmten Auftrag erhaltene Entgelt den geleisteten Stunden auf der bestimmten Baustelle zuzuordnen. Die somit erfolgte Abrechnung nach Stunden entspricht der auf Baustellen für Arbeitnehmer typischen Lohnabrechnungsweise. Auch bezüglich der Höhe bewegt sich das gezahlte Entgelt mit 10 EUR netto in der Höhe der auf dem Bau gezahlten Mindestlöhne und spricht damit ebenfalls für die Arbeitnehmereigenschaft der Beigeladenen.
Der Kläger hat überdies die dem Strafbefehl zugrunde liegenden Feststellungen zur Arbeitnehmereigenschaft durch eine Beschränkung seines Einspruchs auf das Strafmaß gestanden. Diesem Verhalten im Strafprozess kommt ein gewisser Beweiswert zu. Dafür dass sein Geständnis nur aus prozessökonomischen Gründen erfolgt sein soll, fehlt jeder Anhaltspunkt. Es liegt nicht nahe, eine (weitere) strafrechtliche Verurteilung in Kauf zu nehmen, wenn man sicher ist, keine Arbeitnehmer beschäftigt zu haben bzw. solange man davon ausgehen kann, dass die Beweislage für eine Verurteilung zu dürftig ist. Der Kläger war auch durch den ihn auch im sozialgerichtlichen Verfahren vertretenden Rechtsanwalt B. verteidigt. Es hätte also nahe gelegen, die erst im sozialgerichtlichen Verfahren vorgetragenen Einwände gegen die Arbeitnehmereigenschaft der Beigeladenen zu 1 bis 3 bereits der Verurteilung entgegenzuhalten, wenn nicht zu diesem Zeitpunkt schon angesichts der Beweismittel eindeutig davon auszugehen war, dass die Beschäftigung der Arbeitnehmer definitiv belegt ist. Es stellt sich als widersprüchlich dar, die Beweislage im sozialgerichtlichen Verfahren günstiger als im Strafprozess einzuschätzen. Auch das Sozialgericht Karlsruhe hatte die erforderliche Gesamtbewertung vorzunehmen und ist unter Auswertung der bei der Durchsuchung erhobenen Beweismittel, die eine Abrechnung der Arbeitszeiten der Beigeladenen zu 1 bis 3 nach Stunden belegen und nach Anhörung der Beigeladenen zu 1 und 2 zum Ergebnis gelangt, dass eine eigenständige Teilnahme der angeblich selbständigen Beigeladenen an Ausschreibungen oder gar Werbung in eigener Sache nicht erfolgte. Die Beigeladenen waren auf die Aufträge des Klägers angewiesen. Hält man die Stundenzettel für zutreffend, bliebe auch kaum zeitlicher Spielraum für eine relevante weitere Tätigkeit für andere Auftrag- bzw. Arbeitgeber. Für eine "Festlegung" auf den Kläger als einzigen Auftrag- bzw. Arbeitgeber spricht auch die Unterbringung in dessen Wohnung. Gegen das Bild eines Selbstständigen spricht es überdies, dass die Beigeladenen zu 1 bis 3 bei der Rechnungstellung und der Abwicklung ihrer Beziehungen mit dem Finanzamt gerade von ihrem angeblichen Auftraggeber abhängig waren. Es ist zu erwarten, dass ein Selbständiger auch im Ausland willens ist, seine Rechnung eigenständig zu stellen und sich diese - wenn er schon auf Hilfe angewiesen ist - jedenfalls nicht vom Adressaten der Rechnung schreiben lässt. Dass die Abwicklung des mit der (angeblichen) Selbständigkeit zusammenhängenden Schriftverkehrs hier durch den Kläger erfolgte (Finanzamtforderung an Beigeladenen), belegt deutlich eine gemeinsam gewählte Konstruktion, die den Beigeladenen ohne Arbeitserlaubnis einen Verdienst in Deutschland ermöglichen sollte und dem Kläger die Vermeidung von Sozialversicherungsbeiträgen. In diesem Zusammenhang fällt auf, dass die Beigeladenen zu 1 bis 3 keinerlei schriftliche Nachweise für Werkverträge oder für sonstige geschäftliche Aktivitäten vorlegen konnten, was erneut gegen eine selbstständige Tätigkeit spricht. Hinzu kommt, dass sie auch kein Unternehmerrisiko getragen haben. Ihr einziges Risiko bestand darin, dass der Kläger ihre Arbeitskraft nicht mehr benötigte und sie sich nach anderer Arbeit hätten umsehen müssen. Diese Risiko ist aber typisch für Arbeitnehmer. Ein für Bauunternehmer typisches Kapitalrisiko sind sie ebenfalls nicht eingegangen, denn die von ihnen beschafften Werkzeuge wie Kelle, Spachtel, Pinsel, Akkuschrauber oder Bohrmaschine besitzen heutzutage schon zahlreiche Heimwerker.
2.) Die Höhe der Forderung ist nicht zu beanstanden. Die geschuldeten Entgelte errechnen sich nach den den Aufzeichnungen der Beigeladenen zu entnehmenden jeweiligen monatlichen Arbeitsstunden im Nachforderungszeitraum, die mit dem tariflichen Bruttomindestlohn für das Baugewerbe zu multiplizieren ist. Stellt man die Arbeitnehmereigenschaft fest, ist das legale Entgelt und nicht das niedrigere Entgelt von 10 EUR/Stunde maßgeblich, wie die Beklagte zu Recht im angefochtenen Bescheid ausführt.
Die den Mindestlohn für die Lohngruppe 2 (Westdeutschland) von 12,40 EUR bis August 2007, 12,50 EUR ab September 2007 bis August 2008 sowie dem Entgelt von 12,85 EUR ab September 2008 festlegenden Tarifverträge für das Baugewerbe sind durch entsprechende Rechtsverordnungen gem. § 5 Tarifvertragsgesetz (TVG) auch hinsichtlich ihres persönlichen Geltungsbereichs für allgemeinverbindlich erklärt worden. Der Geltungsbereich der einschlägigen Tarifverträge ist jeweils in § 1 festgelegt. Der betriebliche Geltungsbereich erfasst gem. § 1 Abs. 2 TV-Mindestlohn-Bau Betriebe, die unter den betrieblichen Geltungsbereich des Bundesrahmentarifvertrags für das Baugewerbe (BRTV) fallen; hierzu gehört der Betrieb des Klägers unstreitig (vgl. § 1 Abs. 2, Abschnitt V Nr.37 BRTV). Gem. § 1 Abs. 3 Satz 1 TV-Mindestlohn Bau umfasst der persönliche Geltungsbereich gewerbliche Arbeitnehmer (Arbeiter), die eine nach den Vorschriften des SGB VI versicherungspflichtige Tätigkeit ausüben. Mit dem Begriff der rentenversicherungspflichtigen Tätigkeit in § 1 Abs. 3 Satz 1 TV-Mindestlohn Bau haben die Tarifvertragsparteien für den persönlichen Geltungsbereich der Tarifregelung an den Versicherungspflichttatbestand des § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI angeknüpft; danach sind versicherungspflichtig (zur gesetzlichen Rentenversicherung) Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind. Die Mindestlohnregelung soll im Ausgangspunkt für alle (Bau-)Arbeitnehmer gelten, die eine grundsätzlich rentenversicherungspflichtige Beschäftigung ausüben. Dies ist bei den Beigeladenen zu 1 bis 3 der Fall gewesen.
Gegen die Berechnungen der jeweiligen monatlichen Summen im Einzelnen ist auf dieser Basis nichts Konkretes eingewandt; Rechenfehler oder mögliche Fehler bei der Auswertung der handschriftlichen Aufzeichnungen sind nicht geltend gemacht, aber auch nicht ersichtlich. Die Beiträge sind den jeweiligen Versicherten in der Anlage zum angefochtenen Bescheid konkret zugeordnet worden. Die Höhe der Beiträge zu den einzelnen Versicherungszweigen und der Umlagen ist ebenfalls nicht konkret beanstandet; Fehler sind aber auch insoweit nicht ersichtlich.
Schließlich hat die Beklagte auch zu Recht Säumniszuschläge erhoben. Nach § 24 Abs. 1 SGB IV ist für Beiträge, die der Zahlungspflichtige nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt hat, für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von eins vom Hundert des rückständigen, auf 50 EUR nach unten abgerundeten Betrages zu zahlen. Die Erhebung von Säumniszuschlägen scheidet nicht wegen § 24 Abs. 2 SGB IV aus. Danach ist ein auf eine durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellte Beitragsforderung entfallender Säumniszuschlag nicht zu erheben, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte. Das Verschulden beurteilt sich entsprechend § 276 BGB und umfasst damit neben Vorsatz auch die Fahrlässigkeit. Hier ist angesichts der erfolgten Verurteilung schon nicht von fehlender Kenntnis des Klägers von der Beitragspflicht auszugehen. Sogar wenn dies der Fall gewesen wäre, könnte man entgegenhalten, dass ein Arbeitgeber sich im Zweifel sorgfältig über die Rechtslage zu informieren und ggf. kundigen Rat einzuholen und im Zweifel eine Einzugsstelle einzuschalten hat (vgl Segebrecht in jurisPK-SGB IV, § 24 RdNr 34), sodass jedenfalls keine unverschuldete Unkenntnis vorgelegen hat. Berechnungsfehler sind auch bei der Festsetzung der Säumniszuschläge nicht erkennbar und werden vom Kläger auch nicht geltend gemacht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten (§ 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 162 Abs. 3 VwGO), nachdem keiner der Beigeladenen erfolgreich Anträge gestellt und allein oder zusammen mit anderen Beteiligten gesiegt oder das Verfahren wesentlich gefördert hat (vgl. Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 197 a Rn. 28 f.).
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 52 Gerichtskostengesetz.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird endgültig festgesetzt auf 54.987,83 EUR.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die von der Beklagten wegen der - streitigen - abhängigen Beschäftigung der Beigeladenen zu 1 bis 3 in der Zeit von Februar 2007 bis einschließlich Oktober 2008 nach einer Prüfung gem. § 28p Abs. 1 SGB IV geforderten Gesamtsozialversicherungsbeiträge und Umlagen einschließlich Säumniszuschlägen in Höhe von insgesamt 54.987,83 EUR.
Im genannten Zeitraum war der Kläger Inhaber der Firma M. M., Trockenbau und Abrissarbeiten. Bei einer Hausdurchsuchung am 31.10.2008 in der auf den Namen des Klägers gemieteten Wohnung in der R. in K. trafen die Ermittlungsbeamten dort die Beigeladenen zu 1 bis 3 in Arbeitskleidung an. Sie wohnten an der Adresse, hatten jeweils ein stehendes Gewerbe angemeldet und gaben an, als einzige Arbeitnehmer ihrer eigenen Baufirmen selbständig für den Kläger tätig zu sein. Bei der Durchsuchung stießen die Beamten auf eine Vielzahl von Arbeitspapieren, u.a. Stundenzettel der Beigeladenen zu 1 bis 3. Daraufhin wurde ein Ermittlungsverfahren gegen den Kläger wegen Beitragsbetruges zum Nachteil der Sozialversicherungsträger eingeleitet. Hierbei wurde der Tatzeitraum auf die zwischen dem 12.02.2007 (erste Stundenzettel der Beigeladenen) und dem 31.10.2008 (Durchsuchungsdatum) beschränkt. 2007 waren durch den Kläger 9 Arbeitnehmer seiner Firma gemeldet worden, davon 3 geringfügig Beschäftigte; 2008 war lediglich ein Arbeitnehmer bis 31.05.2008 gemeldet worden. Laut Vermerk des Polizeipräsidiums K. vom 11.11.2008 sei lediglich der Name M. an der Wohnung angebracht gewesen; Baumaterialien seien ausschließlich vom Kläger angekauft und im Keller des Anwesens R. gelagert worden, der Kellerschlüssel sei im Besitz des Klägers gestanden; die Beigeladenen hätten auf den Kläger gewartet, der sie gemeinsam zum jeweiligen Arbeitsort verbringe; die Beigeladenen hätten nur für den Kläger gearbeitet. Auf dem sichergestellten Notebook des Klägers seien von ihm verfasste Rechnungen der Beigeladenen zu 1 und 3 an sich selbst gespeichert. Der Beigeladene zu 3 habe an seiner Kleidung das Namensschild "M." getragen. Der Kläger habe die Steuerforderung des Beigeladenen zu 2 gekannt; sie sei ihm zur Begleichung vorgelegen. Die Beigeladenen und der Kläger hätten damit zur Umgehung einer Arbeitserlaubnis der Beigeladenen und zur Vermeidung von Sozialversicherungsbeiträgen zusammengearbeitet. Der Tariflohn hätte bei 12,50 EUR bzw. 12,85 EUR/Stunde gelegen, während der Kläger die Beigeladenen nur mit 10 EUR/Stunde bezahlt habe. Auch für das Jahr 2006 seien Stundenaufschriebe mit p. Namen aufgetaucht, wobei diese Personen nicht ermittelt worden seien. Das Amtsgericht Karlsruhe verurteilte den Kläger, dem im Strafbefehl vom 19.03.2009 zur Last gelegt wurde, in 20 selbständigen Handlungen (20 Monate von Februar 2007 bis Oktober 2008) als Arbeitgeber der Einzugsstelle Beiträge zur Sozialversicherung vorenthalten zu haben und zugleich als Arbeitgeber die für den Einzug der Beiträge zuständige Stelle pflichtwidrig über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen und dadurch dieser Stelle vom Arbeitgeber zu tragende Beiträge zur Sozialversicherung (für die jeweiligen Beschäftigten in im einzelnen aufgeführter Höhe) vorenthalten zu haben (Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt nach §§ 266a Abs. 1, Abs. 2 , 52, 53 StGB in 20 Fällen), mit Urteil vom 30.04.2009 zu einer Gesamtgeldstrafe von 300 Tagessätzen zu 10 Euro. Die Beigeladenen zu 1 bis 3 hatten im Ermittlungsverfahren ihre Aussage verweigert. Der Kläger beschränkte ausweislich der Sitzungsniederschrift (obwohl er zunächst noch mitgeteilt hatte, dass er die Arbeiter nicht nach Tarif bezahlt habe und daher auch mit der Höhe der Beträge nicht einverstanden sei) seinen Einspruch gegen den Strafbefehl auf die Rechtsfolgen und teilte mit, er sei jetzt pleite und beziehe Hartz IV. Er habe neben den 3 im Strafbefehl genannten P. noch 3 weitere Angestellte gehabt. Die Beklagte setzte nach vorausgegangener Anhörung (Schreiben vom 09.02.2010 und 16.02.2010) mit Bescheid vom 13.04.2010 für den Zeitraum von Februar 2007 bis einschließlich Oktober 2008 eine Beitragsnachforderung hinsichtlich der Beigeladenen zu 1 bis 3 in Höhe von insgesamt 54.987,83 EUR fest, davon 11.410,50 EUR Säumniszuschläge nach § 24 Abs. 1 SGB IV. Für die beschäftigten Arbeitnehmer habe der Kläger als Arbeitgeber gemäß § 28e SGB VI Beiträge zur Krankenversicherung in Höhe von 15.686,92 EUR zu entrichten, zur Pflegeversicherung in Höhe von 2.017,12 EUR, zur Rentenversicherung in Höhe von 20.489,50 EUR zur Arbeitslosenversicherung 3.974,48 EUR. Weiter habe er als Arbeitgeber Umlagen nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz (AAG) aus Anlass von Krankheit (U1) und von Mutterschaft (U2) in Höhe von 1235,63 EUR (U1) bzw. 173,68 (U2) zu zahlen (Summe der Beiträge 43.577,33 EUR). Die Nachforderung beruhe darauf, dass der Kläger die Beigeladenen zu 1 bis 3 gegen Entgelt beschäftigt habe, diese jedoch nicht angemeldet und für diese auch keine Sozialversicherungsbeiträge bezahlt habe. Außerdem habe er entgegen seiner Verpflichtung als Arbeitgeber keine Umlage für die Aufwendungen aus Anlass von Krankheit oder Mutterschaft nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz entrichtet. Für die Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge seien die im staatsanwaltschaftlichen Verfahren nach den Aufschrieben ermittelten Arbeitsstunden mit dem jeweiligen nach dem für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag für das Baugewerbe geltenden Mindeststundenlohn zugrunde gelegt worden. Dieser Gesamttarifstundenlohn setze sich aus dem Tarifstundenlohn und dem Bauzuschlag zusammen und betrage in der einschlägigen Lohngruppe von Februar bis August 2007 12,40 EUR, von September 2007 bis August 2008 12,50 EUR und ab September 2008 12,85 EUR. Hiergegen richtete sich der nicht begründete Widerspruch, den die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 20.07.2011 zurückwies. Der Kläger erhob am 22.08.2011 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe und trug unter Vorlage von insgesamt sechs Rechnungen der Beigeladenen zu 1 bis 3 im Wesentlichen vor, er habe sich vor dem Amtsgericht lediglich aus prozesstaktischen Gründen geständig gezeigt. Bei den Beigeladenen zu 1 bis 3 handele es sich um Selbständige. Außerdem seien sie in viel geringerem Umfang für ihn tätig geworden als von der Beklagten angenommen, nämlich nur im Rahmen der den vorgelegten Rechnungen zugrundeliegenden Aufträge. Nach diesen Rechnungen habe er den Beigeladenen zu 1 bis 3 zusammen nur 45.710,00 EUR gezahlt. Das Sozialgericht zog die Strafakte des AG Karlsruhe (zum Az. 5 Cs 540 Js 4 /08) einschließlich der Nebenakte bei. In der mündlichen Verhandlung vom 24.07.2013 vor dem Sozialgericht Karlsruhe wurden die Beigeladenen zu 1 und 2 zu den Arbeitsabläufen angehört. Sie gaben an, dass sie im Zeitraum von Februar 2007 bis Oktober 2008 für den Kläger gearbeitet hätten. Schriftliche Verträge seien nicht abgeschlossen worden. Der Kläger habe die Rechnungen der Beigeladenen geschrieben, weil deren Deutsch so schlecht gewesen sei. Der Beigeladene zu 2 gab an, er habe sich die Arbeitsstunden nur notiert, um einen Überblick zu haben, ob es sich für ihn lohne. Der Beigeladene zu 1 gab an, die in Rechnung gestellte Summe von 14.500 EUR am 28.09.2007 vom Kläger in bar erhalten zu haben. Als eigenes Werkzeug hätten sie Kelle, Spachtel, Pinsel, Akkuschrauber, Bohrmaschine und eine Schere eingesetzt. Mit Urteil vom 24.07.2013 wies das Sozialgericht Karlsruhe die Klage ab. Die geforderten Beiträge seien vom Kläger nachzuzahlen. Die Feststellungen zur abhängigen Beschäftigung der Beigeladenen zu 1 bis 3 seien angesichts der vorhandenen Aufzeichnungen nicht zu beanstanden. Im Zeitraum vom 01.02.2007 bis 31.10.2008 seien diese in allen Zweigen der Sozialversicherung versicherungspflichtig beschäftigt gewesen. In diesem Zeitraum seien sie selbst nach den eigenen Angaben fast nur für den Kläger tätig gewesen. Irgendeine andere Beschäftigung sei jedenfalls nicht nachgewiesen worden. Nach dem Gesamtbild ergebe sich gerade keine Selbständigkeit. Sie hätten faktisch die Anweisungen und Terminvorgaben des Klägers erfüllen müssen. Die detaillierten Aufzeichnungen der Stunden sprächen eindeutig gegen einen Pauschalpreis. Der vereinbarte Stundenlohn von 10 EUR ergebe sich auch aus den Aufzeichnungen selbst, in denen mit 10 multiplizierte Beträge auftauchten. Eine direkte Beziehung zu einem Hauptunternehmen hätten die Beigeladenen nicht gehabt. Sie hätten vielmehr nur über den Kläger Aufträge erzielen können. Auch die Forderungshöhe sei nicht zu beanstanden.
Gegen das ihm am 26.09.2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 07.10.2013 Berufung eingelegt. Er bringt vor, das Sozialgericht habe im Gesamtbild unzureichend berücksichtigt, dass die Beigeladenen zu 1 bis 3 dem Kläger Rechnungen gestellt, ein eigenes Gewerbe angemeldet und keinen Urlaubsanspruch hätten und sich die Arbeitszeit einteilen konnten sowie bei "Auftragsflaute" keine Sicherheit gehabt hätten und damit also ein Unternehmerrisiko eingegangen seien. Auch hätten die Beigeladenen auf den Baustellen ohne Anleitung des Klägers selbständig gearbeitet. Demgegenüber stelle das Sozialgericht allein auf die Stundenaufzeichnungen ab, bei denen es sich nur um Schmierzettel handele und die ein Entgelt nicht belegten. Dass die Beigeladenen keine eigenen Betriebsstätten hätten sei angesichts ihrer Beschäftigung auf dem Bau kein gewichtiges Indiz. Von Belang und daher unzureichend gewichtet sei aber, dass die Beigeladenen zu 1 bis 3 über eigene Arbeitsmittel verfügt hätten. Auch die Höhe der Forderung sei falsch, weil allenfalls die in Rechnung gestellten und bezahlten Forderungen (insg. 45.710,00 EUR) als Entgelt herangezogen werden könnten.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgericht Karlsruhe vom 24.07.2013 sowie den Bescheid der Beklagten vom 13.04.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.07.2011 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie ist der Auffassung, dass das Urteil des Sozialgerichts zutreffend sei. Die Beweiskraft der sichergestellten Aufzeichnungen zu geleisteten Arbeitsstunden, aus denen sich auch der Arbeitslohn von 10 EUR/Stunde ergebe, spreche deutlich gegen eine Selbständigkeit. Dass auf einer Baustelle der Kunden die Beigeladenen zu 1 bis 3 nicht direkt durch den Kläger angeleitet wurden, spreche ebenfalls nicht gegen die abhängige Beschäftigung. Es stelle sich vielmehr im Baugewerbe als normaler Vorgang dar.
Das Landessozialgericht hat Auszüge aus der Akte des Amtsgerichts Karlsruhe zur Akte genommen (Bl. 30-59 LSG-Akte), denen insbesondere die erste Einlassung der Beigeladenen, die Tatsache, dass eine Vielzahl von Stundenzetteln vorhanden sind und die Einlassung des Klägers vor dem Amtsgericht zu entnehmen ist (Bl. 54). Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte, die Akte des Sozialgerichts und die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist statthaft und zulässig, aber unbegründet.
Das Sozialgericht Karlsruhe hat die Klage gegen den Bescheid vom 13.04.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.07.2011 zu Recht abgewiesen, denn die vom Kläger geforderten Sozialversicherungsbeiträge und Umlagen für die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1 bis 3 im Prüfzeitraum sind zutreffend festgesetzt worden. Auch die Erhebung von Säumniszuschlägen ist nicht zu beanstanden.
Zu Recht hat das Sozialgericht Karlsruhe ausgeführt, dass der Bescheid auf § 28p Abs. 1 SGB VI beruht. Nach Abs. 1 dieser Vorschrift prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem SGB IV, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen mindestens alle vier Jahre. Die Prüfung soll in kürzeren Zeitabständen erfolgen, wenn der Arbeitgeber dies verlangt. Die Einzugsstelle unterrichtet den für den Arbeitgeber zuständigen Träger der Rentenversicherung, wenn sie eine alsbaldige Prüfung bei dem Arbeitgeber für erforderlich hält. Die Prüfung umfasst auch die Entgeltunterlagen der Beschäftigten, für die Beiträge nicht gezahlt wurden. Die Träger der Rentenversicherung erlassen im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern; insoweit gelten § 28h Abs. 2 SGB IV sowie § 93 in Verbindung mit § 89 Abs. 5 SGB X nicht. Zwar entscheidet grundsätzlich gemäß § 28h Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 SGB IV die Einzugsstelle über die Versicherungspflicht und die Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Dies gilt aber ausnahmsweise nicht für Entscheidungen im Rahmen einer Arbeitgeberprüfung. Betriebsprüfungen durch den Rentenversicherungsträger haben nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nur eine Kontrollfunktion. Sie sollen einerseits Beitragsausfälle verhindern, andererseits die Sozialversicherungsträger davor bewahren, dass aus der Annahme von Beiträgen für nicht versicherungspflichtige Personen Leistungsansprüche entstehen. Der Prüfbescheid stellt sich vor diesem Hintergrund als kombinierte – positive oder negative - Feststellung von Versicherungspflicht und Beitragsnachentrichtung oder Beanstandung dar. Die Besonderheit eines Bescheides nach § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV liegt insoweit darin, dass über das Bestehen von Versicherungspflicht und die daraus resultierende Beitragsnachforderung gemeinsam zu entscheiden ist. Dies unterscheidet das Nachprüfverfahren hinsichtlich der Feststellung der Versicherungspflicht vom Statusfeststellungsverfahren nach § 7a Abs 1 Satz 1 SGB IV (BSG 14.09.2004, B 12 KR 1/04, SozR 4-2400 § 22 Nr 2). Eine reine Statusfeststellung ist auf der Grundlage von § 28p SGB IV nicht zulässig (vgl BayLSG 28.06.2011, L 5 R 880/10, juris). Die hier streitigen Beiträge werden als Gesamtsozialversicherungsbeitrag vom Arbeitgeber gezahlt (§§ 28d Sätze 1 und 2, 28e Abs 1 Satz 1 SGB IV). Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung der Versicherungs- bzw. Beitragspflicht (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB XI, § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB IV, § 25 Abs. 1 SGB III). Die Pflicht des Arbeitgebers zur Zahlung der U-1- und U-2-Umlagen ergibt sich für den hier maßgeblichen Zeitraum aus § 7 Aufwendungsausgleichsgesetz (AAG).
1.) Beurteilungsmaßstab für das hier streitige Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nicht selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG 24.01.2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4 - 2400 § 7 Nr 7, BSG 04.07.2007, B 11a AL 5/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 8) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit BVerfG SozR 3 - 2400 § 7 Nr 11). Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung (vgl BSG 24.01.2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 7). Die Beurteilung dieses Gesamtbildes wiederum hat nach ständiger Rechtsprechung des BSG ihren Ausgangspunkt bei dem Vertragsverhältnis der Beteiligten zu nehmen, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt und sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt (vgl. BSG, Urteil vom 28.05.2008, B 12 KR 13/07 R, Rn. 17; Urteil vom 24.01.2007, B 12 KR 31/06, Rn. 17; Urteil vom 25.01.2006, B 12 KR 30/04 R, Rn. 22 - nach juris). Eine im Widerspruch zur ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht dabei der formellen Vereinbarung regelmäßig vor. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von den Vereinbarungen abweichen (vgl. BSG, Urteil vom 24.01.2007, B 12 KR 31/06, Rn. 17 m.w.N.). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung danach so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist.
Nach diesen vom Sozialgericht ebenfalls zutreffend wiedergegebenen rechtlichen Vorgaben liegt eine abhängige Beschäftigung der Beigeladenen zu 1 bis 3 und damit eine Beitragspflicht des Klägers als Arbeitgeber vor. Zwar ließe sich für eine Selbständigkeit der Beigeladenen zu 1 bis 3 anführen, dass sie keinen Arbeitsvertrag mit dem Kläger geschlossen und jeweils ein Gewerbe angemeldet hatten. Auch existiert danach kein Urlaubsanspruch. Sie waren jedoch jeweils Teil einer vom Kläger eingesetzten Gruppe auf einer Baustelle. Es bestand ein umfassendes Weisungsrecht des Klägers, der beispielsweise faktisch den Arbeitsort (Baustelle) bestimmte. Zwar konnten sie möglicherweise in gewissem Rahmen, nachdem sie auf der Baustellen naturgemäß nicht ständig kontrolliert wurden, Arbeitszeit und -weise in gewisser Weise "eigenständig" bestimmen. Hierin unterscheidet sich ihr Spielraum aber nicht von vielen anderen angestellten Arbeitern auf Baustellen. Sie mussten sich an die vom Kläger gesetzten Terminsvorgaben und fachliche Anweisungen halten, welche dem Kläger von den jeweiligen Hauptbauunternehmen, z.B. der Firma F. vorgegeben und vom diesem dann an die Beigeladenen weitergegeben wurde. Im Gegensatz zum Kläger als Selbständigem hatten sie auch nicht die Möglichkeit, diese Vorgaben hinsichtlich Qualität, Zeitpunkt oder Entgelt auszuhandeln. Am Tag der Durchsuchung sollten die Beigeladenen überdies gemeinsam vom Kläger zur Baustelle transportiert werden, was einer besonderen Gestaltungsmöglichkeit jedes Einzelnen widerspricht. Bei der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1 bis 3 für die Baufirma des Klägers im Prüfungszeitraum handelte es sich daher nach den maßgeblichen tatsächlich praktizierten Verhältnissen um eine abhängige Beschäftigung. Die nach außen fingierten Rechtsbeziehungen als selbständige Subunternehmer bildeten nicht den realen Sachverhalt ab. Die Beigeladenen zu 1 bis 3 stellten zur Täuschung über ihre Arbeitnehmereigenschaft Rechnungen aus, die der Kläger für sie geschrieben hat und die sie unterzeichnen mussten. Tatsächlich wurden die Beigeladenen zu 1 bis 3 zur Überzeugung des Senats nach Arbeitsstunden bezahlt. Dies belegen die bei der Durchsuchung gefundenen Stundenaufzeichnungen (vgl. etwa Bl. 15 Verw.-Akte). Aus ihnen ergibt sich auch, dass sie 10 EUR/Stunde für ihre Tätigkeit erhielten. Es war also auch nicht ein bestimmter Erfolg geschuldet, wie bei einem Werkvertrag üblich. Die Beigeladenen zu 1 und 2 haben in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht Karlsruhe bestätigt, dass es sich um ihre eigenen Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitsstunden pro Tag handelte. Wie das Sozialgericht hält es der Senat nicht für glaubhaft, dass die Aufschriebe lediglich der Selbstkontrolle gedient haben sollen. Wäre es nämlich darum gegangen, den effektiven Stundenlohn einer pauschal abgegoltenen Tätigkeit zu ermitteln, hätten zum einen die Zahlen nicht mit dem vereinbarten Lohn von 10 EUR multipliziert werden dürfen, zum anderen hätte es nahe gelegen, das tatsächlich für einen bestimmten Auftrag erhaltene Entgelt den geleisteten Stunden auf der bestimmten Baustelle zuzuordnen. Die somit erfolgte Abrechnung nach Stunden entspricht der auf Baustellen für Arbeitnehmer typischen Lohnabrechnungsweise. Auch bezüglich der Höhe bewegt sich das gezahlte Entgelt mit 10 EUR netto in der Höhe der auf dem Bau gezahlten Mindestlöhne und spricht damit ebenfalls für die Arbeitnehmereigenschaft der Beigeladenen.
Der Kläger hat überdies die dem Strafbefehl zugrunde liegenden Feststellungen zur Arbeitnehmereigenschaft durch eine Beschränkung seines Einspruchs auf das Strafmaß gestanden. Diesem Verhalten im Strafprozess kommt ein gewisser Beweiswert zu. Dafür dass sein Geständnis nur aus prozessökonomischen Gründen erfolgt sein soll, fehlt jeder Anhaltspunkt. Es liegt nicht nahe, eine (weitere) strafrechtliche Verurteilung in Kauf zu nehmen, wenn man sicher ist, keine Arbeitnehmer beschäftigt zu haben bzw. solange man davon ausgehen kann, dass die Beweislage für eine Verurteilung zu dürftig ist. Der Kläger war auch durch den ihn auch im sozialgerichtlichen Verfahren vertretenden Rechtsanwalt B. verteidigt. Es hätte also nahe gelegen, die erst im sozialgerichtlichen Verfahren vorgetragenen Einwände gegen die Arbeitnehmereigenschaft der Beigeladenen zu 1 bis 3 bereits der Verurteilung entgegenzuhalten, wenn nicht zu diesem Zeitpunkt schon angesichts der Beweismittel eindeutig davon auszugehen war, dass die Beschäftigung der Arbeitnehmer definitiv belegt ist. Es stellt sich als widersprüchlich dar, die Beweislage im sozialgerichtlichen Verfahren günstiger als im Strafprozess einzuschätzen. Auch das Sozialgericht Karlsruhe hatte die erforderliche Gesamtbewertung vorzunehmen und ist unter Auswertung der bei der Durchsuchung erhobenen Beweismittel, die eine Abrechnung der Arbeitszeiten der Beigeladenen zu 1 bis 3 nach Stunden belegen und nach Anhörung der Beigeladenen zu 1 und 2 zum Ergebnis gelangt, dass eine eigenständige Teilnahme der angeblich selbständigen Beigeladenen an Ausschreibungen oder gar Werbung in eigener Sache nicht erfolgte. Die Beigeladenen waren auf die Aufträge des Klägers angewiesen. Hält man die Stundenzettel für zutreffend, bliebe auch kaum zeitlicher Spielraum für eine relevante weitere Tätigkeit für andere Auftrag- bzw. Arbeitgeber. Für eine "Festlegung" auf den Kläger als einzigen Auftrag- bzw. Arbeitgeber spricht auch die Unterbringung in dessen Wohnung. Gegen das Bild eines Selbstständigen spricht es überdies, dass die Beigeladenen zu 1 bis 3 bei der Rechnungstellung und der Abwicklung ihrer Beziehungen mit dem Finanzamt gerade von ihrem angeblichen Auftraggeber abhängig waren. Es ist zu erwarten, dass ein Selbständiger auch im Ausland willens ist, seine Rechnung eigenständig zu stellen und sich diese - wenn er schon auf Hilfe angewiesen ist - jedenfalls nicht vom Adressaten der Rechnung schreiben lässt. Dass die Abwicklung des mit der (angeblichen) Selbständigkeit zusammenhängenden Schriftverkehrs hier durch den Kläger erfolgte (Finanzamtforderung an Beigeladenen), belegt deutlich eine gemeinsam gewählte Konstruktion, die den Beigeladenen ohne Arbeitserlaubnis einen Verdienst in Deutschland ermöglichen sollte und dem Kläger die Vermeidung von Sozialversicherungsbeiträgen. In diesem Zusammenhang fällt auf, dass die Beigeladenen zu 1 bis 3 keinerlei schriftliche Nachweise für Werkverträge oder für sonstige geschäftliche Aktivitäten vorlegen konnten, was erneut gegen eine selbstständige Tätigkeit spricht. Hinzu kommt, dass sie auch kein Unternehmerrisiko getragen haben. Ihr einziges Risiko bestand darin, dass der Kläger ihre Arbeitskraft nicht mehr benötigte und sie sich nach anderer Arbeit hätten umsehen müssen. Diese Risiko ist aber typisch für Arbeitnehmer. Ein für Bauunternehmer typisches Kapitalrisiko sind sie ebenfalls nicht eingegangen, denn die von ihnen beschafften Werkzeuge wie Kelle, Spachtel, Pinsel, Akkuschrauber oder Bohrmaschine besitzen heutzutage schon zahlreiche Heimwerker.
2.) Die Höhe der Forderung ist nicht zu beanstanden. Die geschuldeten Entgelte errechnen sich nach den den Aufzeichnungen der Beigeladenen zu entnehmenden jeweiligen monatlichen Arbeitsstunden im Nachforderungszeitraum, die mit dem tariflichen Bruttomindestlohn für das Baugewerbe zu multiplizieren ist. Stellt man die Arbeitnehmereigenschaft fest, ist das legale Entgelt und nicht das niedrigere Entgelt von 10 EUR/Stunde maßgeblich, wie die Beklagte zu Recht im angefochtenen Bescheid ausführt.
Die den Mindestlohn für die Lohngruppe 2 (Westdeutschland) von 12,40 EUR bis August 2007, 12,50 EUR ab September 2007 bis August 2008 sowie dem Entgelt von 12,85 EUR ab September 2008 festlegenden Tarifverträge für das Baugewerbe sind durch entsprechende Rechtsverordnungen gem. § 5 Tarifvertragsgesetz (TVG) auch hinsichtlich ihres persönlichen Geltungsbereichs für allgemeinverbindlich erklärt worden. Der Geltungsbereich der einschlägigen Tarifverträge ist jeweils in § 1 festgelegt. Der betriebliche Geltungsbereich erfasst gem. § 1 Abs. 2 TV-Mindestlohn-Bau Betriebe, die unter den betrieblichen Geltungsbereich des Bundesrahmentarifvertrags für das Baugewerbe (BRTV) fallen; hierzu gehört der Betrieb des Klägers unstreitig (vgl. § 1 Abs. 2, Abschnitt V Nr.37 BRTV). Gem. § 1 Abs. 3 Satz 1 TV-Mindestlohn Bau umfasst der persönliche Geltungsbereich gewerbliche Arbeitnehmer (Arbeiter), die eine nach den Vorschriften des SGB VI versicherungspflichtige Tätigkeit ausüben. Mit dem Begriff der rentenversicherungspflichtigen Tätigkeit in § 1 Abs. 3 Satz 1 TV-Mindestlohn Bau haben die Tarifvertragsparteien für den persönlichen Geltungsbereich der Tarifregelung an den Versicherungspflichttatbestand des § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI angeknüpft; danach sind versicherungspflichtig (zur gesetzlichen Rentenversicherung) Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind. Die Mindestlohnregelung soll im Ausgangspunkt für alle (Bau-)Arbeitnehmer gelten, die eine grundsätzlich rentenversicherungspflichtige Beschäftigung ausüben. Dies ist bei den Beigeladenen zu 1 bis 3 der Fall gewesen.
Gegen die Berechnungen der jeweiligen monatlichen Summen im Einzelnen ist auf dieser Basis nichts Konkretes eingewandt; Rechenfehler oder mögliche Fehler bei der Auswertung der handschriftlichen Aufzeichnungen sind nicht geltend gemacht, aber auch nicht ersichtlich. Die Beiträge sind den jeweiligen Versicherten in der Anlage zum angefochtenen Bescheid konkret zugeordnet worden. Die Höhe der Beiträge zu den einzelnen Versicherungszweigen und der Umlagen ist ebenfalls nicht konkret beanstandet; Fehler sind aber auch insoweit nicht ersichtlich.
Schließlich hat die Beklagte auch zu Recht Säumniszuschläge erhoben. Nach § 24 Abs. 1 SGB IV ist für Beiträge, die der Zahlungspflichtige nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt hat, für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von eins vom Hundert des rückständigen, auf 50 EUR nach unten abgerundeten Betrages zu zahlen. Die Erhebung von Säumniszuschlägen scheidet nicht wegen § 24 Abs. 2 SGB IV aus. Danach ist ein auf eine durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellte Beitragsforderung entfallender Säumniszuschlag nicht zu erheben, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte. Das Verschulden beurteilt sich entsprechend § 276 BGB und umfasst damit neben Vorsatz auch die Fahrlässigkeit. Hier ist angesichts der erfolgten Verurteilung schon nicht von fehlender Kenntnis des Klägers von der Beitragspflicht auszugehen. Sogar wenn dies der Fall gewesen wäre, könnte man entgegenhalten, dass ein Arbeitgeber sich im Zweifel sorgfältig über die Rechtslage zu informieren und ggf. kundigen Rat einzuholen und im Zweifel eine Einzugsstelle einzuschalten hat (vgl Segebrecht in jurisPK-SGB IV, § 24 RdNr 34), sodass jedenfalls keine unverschuldete Unkenntnis vorgelegen hat. Berechnungsfehler sind auch bei der Festsetzung der Säumniszuschläge nicht erkennbar und werden vom Kläger auch nicht geltend gemacht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten (§ 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 162 Abs. 3 VwGO), nachdem keiner der Beigeladenen erfolgreich Anträge gestellt und allein oder zusammen mit anderen Beteiligten gesiegt oder das Verfahren wesentlich gefördert hat (vgl. Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 197 a Rn. 28 f.).
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 52 Gerichtskostengesetz.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
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