Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 4 U 875/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 U 3140/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 26. Juni 2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Entziehung einer Verletztenrente ab 01.01.2012 und die Ablehnung von Verletztengeld ab 21.05.2010 bei anerkannter Berufskrankheit nach Nr. 1317 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) streitig.
Der am 04.02.1957 geborene Kläger war nach eigenen Angaben und den präventionsdienstlichen Ermittlungen unter anderem in den Jahren 1981 bis 1992 bei der Firma D. GmbH und in den Jahren 1995 bis 2002 bei der Firma E. und Co. GmbH versicherungspflichtig beschäftigt und hierbei Einwirkungen durch organische Lösungsmittel ausgesetzt. In der Folgezeit war er nach einer Zeit der Krankheit und Arbeitslosigkeit zunächst als Lkw-Fahrer tätig und übte sodann eine selbständige Tätigkeit als Transportunternehmer aus, ehe er am 16.06.2004 eine selbständige Tätigkeit im Hausmeisterservice aufnahm.
Mit Bescheid vom 12.10.2004 stellte die Beklagte unter Zugrundelegung des Gutachtens des Neurologen und Psychiaters Dr. K. vom 11.09.2003 und des Arbeitsmediziners Dr. P. vom 16.10.2003 mit Stellungnahme vom 15.09.2004 das Vorliegen der Berufskrankheit nach Nr. 1317 der Anlage 1 zur BKV fest und bewilligte dem Kläger eine Rente als vorläufige Entschädigung nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 30 vom Hundert (v. H.) ab 03.09.2003.
Sodann holte die Beklagte die Gutachten des Dr. K. vom 21.11.2005 und des Dr. P. vom 13.12.2005 ein. Beide stellten eine deutliche Verbesserung der Polyneuropathie und der Encephalopathie fest. Bezüglich der im Vorgutachten bereits festgestellten depressiven Verstimmung sah Dr. P. einen Zusammenhang mit der anerkannten Berufskrankheit. Mit Bescheid vom 09.02.2006 bewilligte die Beklagte die Rente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE um 20 v. H. ab 01.03.2006. Als Folgen wurden "Geringfügige Restsymptome einer leichtgradigen Encephalopathie mit Verminderung der Belastbarkeit und unter Belastung verminderte Konzentrationsfähigkeit ohne sonstige Einbußen der erkennbaren Funktionen, depressive Verstimmungszustände, gelegentliche Kopfschmerzen, nahezu abgeklungene Polyneuropathie im Bereich der oberen Extremitäten" anerkannt. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklage mit bestandskräftigem Widerspruchsbescheid vom 16.06.2006 zurück.
Daraufhin holte die Beklagte die Gutachten des Dr. K. vom 27.02.2007 und des Dr. P. vom 16.03.2007 ein. Es konnte kein wesentlicher krankhafter Befund mehr erhoben werden. Allein wegen subjektiver, nicht objektivierbarer Beschwerdeangaben sah Dr. P. nach wie vor eine MdE um 20 v. H. als weiter gerechtfertigt an und schlug eine Nachbegutachtung nach weiteren zwei Jahren vor. Die Beklagte verfügte mit Aufhebungsbescheid vom 06.05.2010 die Entziehung der Verletztenrente ab 01.06.2010. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Die Gemeinde A. bescheinigte am 30.05.2010 die "krankheitshalber" erfolgte Abmeldung des vom Kläger betriebenen Gewerbes "Hausmeister-Service, Wartung und Überwachung von Gebäuden und technischen Anlagen" zum 01.06.2010. Der Kläger war ausweislich der Bescheinigung der AOK - Die Gesundheitskasse N. vom 30.06.2010 und der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen des Allgemeinmediziners G., der Allgemeinärztin und Umweltmedizinerin W. sowie der Ärztin H. ab 21.05.2010 wegen einer depressiven Episode, Kopfschmerzen, Ermüdung und Erschöpfung arbeitsunfähig. Mit Widerspruchsbescheid vom 07.07.2010 wies die Beklagte den Widerspruch zurück, wogegen der Kläger Klage beim Sozialgericht Reutlingen erhob. Der Arzt G. teilte unter dem 05.08.2010 mit, der Kläger habe ihn erst- und einmalig am 21.05.2010 aufgesucht und hierbei über sexuelle Störungen, Kopfschmerzen mit chronischem Schmerzmittelgebrauch, Gelenkschmerzen in den Schultern, Ellenbogen und Händen geklagt sowie antriebsarm, depressiv, leidend und nicht belastbar gewirkt. Die Ärztin W. teilte unter dem 06.08.2010 mit, der Kläger habe bei seiner Vorstellung am 08.06.2010 über diffuse Beschwerden von Kopfschmerzen, Gelenkschmerzen, Rückenproblemen bis Potenzproblemen geklagt. Am 07.07.2010 habe sich ein ähnliches Beschwerdebild ergeben. Objektiv krankhafte Befunde hätten nicht erhoben werden können. Es habe eine depressive Symptomatik bestanden. Der Kläger habe sich jedoch schwer getan, eine psychische Erkrankung als mögliche Ursache für seine Beschwerden anzuerkennen. Die Ärztin H. teilte unter dem 04.08.2010 mit, der Kläger habe über starkes Unwohlsein mit schweren Konzentrationsstörungen, Gedächtnisstörungen, wesentlichen Beeinträchtigungen der kognitiven Leistungsfähigkeit, unklarem Schwindel und ständigem Gefühl der Benommenheit geklagt. Die Beschwerden hätten sich in den letzten Monaten verschlimmert. Sie kenne den Patienten noch zu wenig, um seine Beschwerden klar zuordnen zu können. Sie äußerte den Verdacht auf eine Encephalopathie und führte eine möglicherweise bestehende depressive Störung sowie eine Demenz unklarer Ursache auf. Nach dem beigezogenen Arztbrief der Universitätsklinik T. vom 02.09.2010 stellte sich der Kläger wegen Schmerzen und einer Schwellung im rechten Unterschenkel sowie wegen des Verdachts auf eine Beinvenenthrombose in der dortigen Interdisziplinären Notaufnahme vor. Ein Hinweis auf eine tiefe Beinvenenthrombose des rechten Beines, wie sie seit 2004 mehrfach und seit 2009 auch bezüglich des linken Beines aufgetreten sei, habe nicht festgestellt werden können. An Diagnosen wurden weiter ein Zustand nach Lungenarterienembolie 2004 sowie eine rezidivierende Bandscheibenproblematik der Lendenwirbelsäule genannt. Nach dem Befundbericht des Radiologen Dr. K. vom 22.09.2010 wurde am selben Tag eine Kernspintomographie des lumbalen Spinalkanals vorgenommen. Nach einem weiteren Arztbrief der Universitätsklinik T. vom 06.10.2010 stellte sich der Kläger am 23.09.2010 in der dortigen Gedächtnissprechstunde des Geriatrischen Zentrums vor. Mit Anerkenntnis vom 29.04.2011 nahm die Beklagte vor dem Sozialgericht Reutlingen in dem Verfahren S 4 U 2286/10 ihren Bescheid vom 06.05.2010 zurück.
Sodann ließ die Beklagte den Kläger erneut gutachterlich untersuchen. Dr. K. führte in seinem Gutachten vom 25.08.2011 aus, organneurologisch und psychiatrisch ließen sich keine Hinweise auf eine funktionell relevante hirnorganische Störung im Sinne einer Encephalopathie mehr erkennen. Die neurophysiologischen Untersuchungen zeigten eine allenfalls geringfügige motorische Neuropathie im Bereich der unteren Extremitäten. Im Vergleich zu den gutachterlich erhobenen Vorbefunden könne mit Sicherheit festgestellt werden, dass eine funktionell relevante Encephalopathie mit konsekutiven Beeinträchtigungen der mnestischen oder kognitiven Funktion oder eine Polyneuropathie funktionell relevanten Ausmaßes nicht beziehungsweise nicht mehr in dem bisher festgestellten Umfang vorlägen. Eine wesentliche Besserung der Erkrankungsfolgen beruhe zum einen auf dem Rückgang der hirnorganischen Symptomatik, zum anderen auf einer weiteren Stabilisierung der zuvor diagnostizierten Polyneuropathie. Als aktuell bestehende Diagnosen nannte er eine mittelgradige depressive Episode und eine multiple Somatisierungsstörung mit psychischen und körperlichen Komponenten, die jedoch ausschließlich expositions- und berufserkrankungsunabhängig seien. Dr. P. führte in seinem Gutachten vom 06.10.2011 aus, insgesamt habe sich ein Wechsel im objektivierbaren Krankheitsgeschehen ergeben. Nunmehr bestehe eine depressive Erkrankung verbunden mit einer ausgeprägten Somatisierungsstörung. Die Folgen der Berufskrankheit nach Nr. 1317 der Anlage 1 zur BKV spielten zwischenzeitlich eine völlig untergeordnete Rolle. In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 01.11.2011 führte Dr. P. aus, die seit dem 21.05.2010 bestehende Arbeitsunfähigkeit sei nicht berufskrankheitsbedingt.
Die Beklagte hörte den Kläger mit Schreiben vom 14.11.2011 zum beabsichtigten Rentenentzug an. Mit Bescheid vom 05.12.2011 entzog die Beklagte die Rente ab 01.01.2012 und lehnte die Gewährung von Verletztengeld ab 21.05.2011 ab. Sie führte zur Begründung aus, die dem Bescheid vom 09.02.2006 zu Grunde liegenden Verhältnisse hätten sich wesentlich geändert. Die hirnorganische Symptomatik sei zurückgegangen, die Polyneuropathie bedinge nur noch eine geringe Funktionseinschränkung in den unteren Extremitäten und eine Encephalopathie sei nicht mehr nachweisbar. Sie führte ferner aus, die Arbeitsunfähigkeit seit "21.05.2011" (mit Schreiben vom 14.12.2011 [Blatt 888] auf "21.05.2010" berichtigt) stehe nicht in einem ursächlichen Zusammenhang mit der anerkannten Berufskrankheit. Den hiergegen am 09.12.2011 erhobenen Widerspruch wies der Beklage mit Widerspruchsbescheid vom 05.03.2012 zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 26.03.2012 Klage zum Sozialgericht Reutlingen erhoben. Er hat vorgetragen, er leide immer noch unter Symptomen einer polyneuropathischen Sensibilitätsstörung sowie unter ataktischen Koordinationsstörungen. Auch die bei ihm bestehenden Magen- und Darmstörungen sowie die Problematik der Potenzstörungen sei durch die toxischen Einwirkungen am Arbeitsplatz verursacht. Ferner seien die bei ihm in den letzten Jahren aufgetretenen fünf Bandscheibenvorfälle ursächlich auf die Polyneuropathie zurückzuführen. Der Kläger hat den Bericht der Universitätsklinik T. vom 24.02.2012 vorgelegt, wonach er in der dortigen Psychiatrischen Instituts-Ambulanz der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie mit Poliklinik seit 22.10.2010 in ambulanter Behandlung stehe. Als Diagnosen auf psychiatrischem Fachgebiet sind darin eine rezidivierende depressive Störung mit gegenwärtig mittelgradiger Episode, eine anhaltende somatoforme Störung, ein schädlicher Gebrauch von nicht abhängig machenden und abhängig machenden Analgetika genannt worden. Differentialdiagnostisch bestehe der Verdacht auf eine Abhängigkeit von opioidhaltigen Schmerzmitteln. Ferner hat der Kläger das von Prof. Dr. G., Direktor der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie des Universitätsklinikums U., für die Versicherung C. erstellte Gutachten vom 30.05.2012 vorgelegt.
Das Sozialgericht hat sodann auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bei Prof. Dr. G. das Gutachten vom 28.09.2012 eingeholt. Der Sachverständige hat ausgeführt, im Hinblick auf die ursprünglich anerkannten Gesundheitsstörungen Encephalopathie und Polyneuropathie bestünden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keine noch relevanten aktuellen unmittelbaren Berufskrankheitsfolgen mehr. Beim Kläger bestehe aktuell eine rezidivierende depressive Störung, aktuell eher leicht als mittelgradige Episode, eine chronische Schmerzstörung mit psychischen und somatischen Faktoren sowie der Verdacht auf einen schädlichen Gebrauch von Opioiden und Analgetika beziehungsweise eine Abhängigkeit von Opioiden. Denkbar sei, dass die jahrelangen Auseinandersetzungen um die Anerkennung von gesundheitlichen Beeinträchtigungen als Folge einer Berufskrankheit und das damit einhergehende Ungerechtigkeitserleben beim Kläger tatsächlich einen entsprechenden Knick in der beruflichen Leistungsfähigkeit und Biographie bewirkt hätten, der zu einer dauerhaften dysphorischen beziehungsweise gedrückten Stimmungslage mit Insuffizienzerleben geführt habe. Der Sachverständige hat ferner ausgeführt, es sei ihm nicht möglich, das Ausmaß an Wahrscheinlichkeit für ein solches durchaus mögliches Szenario auf guter Beurteilungsgrundlage einzugrenzen. Er halte es für eher unwahrscheinlich, dass die damals festgestellte Berufskrankheit den alleinigen, wesentlichen Kern der heute festgestellten gesundheitlichen Beeinträchtigungen bedingt habe. Gleichzeitig halte er eine ursächliche Beteiligung für möglich beziehungsweise nicht ausschließbar. Bei Annahme einer Teil-Ätiologie in diesem Sinne halte er eine aktuell noch bestehende MdE von 10 bis maximal 15 v. H. aufgrund der ursprünglichen Berufskrankheit für möglich. Es gebe keine sicheren Hinweise, dass die Arbeitsunfähigkeit ab dem 21.05.2010 noch wesentlich beziehungsweise im Kern ursächlich auf die Folgen der als Berufskrankheit anerkannten Gesundheitsstörungen zurückzuführen sei. Gleichwohl könne ein mittelbarer Zusammenhang nicht sicher ausgeschlossen werden.
Mit Urteil vom 26.06.2013 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, in den Verhältnissen, die bei Erlass des Bescheides vom 09.02.2006 vorgelegen hätten, sei eine wesentliche Änderung eingetreten, denn eine MdE um 20 v. H. aufgrund der anerkannten Berufskrankheit nach Nr. 1317 der Anlage 1 zur BKV lasse sich nicht mehr feststellen. Ein Rentenanspruch sei damit nicht mehr gegeben. Die Sachverständigen Dr. K., Dr. P. und Prof. Dr. G. seien übereinstimmend zu der Überzeugung gelangt, dass beim Kläger keine fassbaren Folgen der vormals diagnostizierten Encephalopathie und Polyneuropathie mehr vorlägen. Insbesondere habe keiner der Gutachter eine Verschlechterung der Erkrankung beschrieben. Die depressive Symptomatik und die somatoforme Schmerzstörung stünden nicht in einem rechtlich wesentlichen Zusammenhang mit der Encephalopathie und Polyneuropathie. Soweit Prof. Dr. G. diese Erkrankungen als mittelbare Folge der Berufskrankheit angesehen habe und dies mit der starken emotionalen Teilnahme im Sinne eines Teufelskreises und einer Kränkung nach dem schon im Mai 2010 verfügten Rentenentzug und dem anschließenden jahrelangen Verfahren begründet habe, könne daraus kein rechtlich wesentlicher eine Rentengewährung rechtfertigender Zusammenhang hergestellt werden. Schon die Rentenentziehung im Mai 2010 sei losgelöst von formalen Fragen vom Inhalt her gesehen zutreffend gewesen. In gesundheitlicher Hinsicht sei der Kläger nicht nur durch die vormals aufgetretene Encephalopathie und Polyneuropathie, sondern die zusätzlichen Gesundheitsstörungen in Form von Thrombosen an den Beinen, einer rezidivierenden Bandscheibenproblematik und einer Lungenarterienembolie beeinträchtigt gewesen. Daneben seien für die Beschwerden auch finanzielle Probleme aufgrund des Rentenentzugs, Schwierigkeiten in der Ehe und ein vermuteter Schmerzmittelmissbrauch bedeutsam gewesen. Zwar sei nicht zu verkennen, dass die wirtschaftliche Situation des Klägers mit dem früheren Rentenentzug bis zum Anerkenntnis zur Rücknahme desselben auch mittelbar teilursächlich für die beim Kläger aufgetretenen gesundheitlichen Probleme gewesen sei. Nachdem jedoch noch zahlreiche weitere Umstände zu berücksichtigen seien und sich die Beschwerden nach dem Anerkenntnis jedenfalls zunächst nicht wesentlich gebessert hätten, der Kläger sich aber zweifellos einem sodann formal korrekt durchgeführten Rentenentzug stellen müsse, überzeuge die Auffassung des Dr. P., dass die Folgen der Berufskrankheit eine völlig untergeordnete Rolle gehabt hätten. Die wirtschaftlichen Nachteile des Rentenentzugs als eventuelle Teilursache der depressiven Entwicklung rechtfertigten im Rahmen der vorzunehmenden rechtlichen Wertung des Ursachenzusammenhangs keine Fortgewährung der Rente. Auch ein Anspruch des Klägers auf Verletztengeld ab dem 21.05.2010 bestehe nicht, da ein rechtlich wesentlicher Zusammenhang zwischen den Erkrankungen, die zu dieser Arbeitsunfähigkeit geführt hätten, und der vormals festgestellten Berufskrankheit nicht vorliege.
Gegen das am 15.07.2013 zugestellte Urteil des Sozialgerichts hat der Kläger am 01.08.2013 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Er vertritt die Ansicht, seine Beschwerden hätten sich stärker auf eine somatoforme chronische Schmerzstörung und rezidivierende depressive Störung verlagert. Seit Jahren werde er mit starken Schmerzmitteln behandelt. Encephalopathie und Polyneuropathie hätten typische Nebenerscheinungen, die auch bei ihm festzustellen seien. Zu Unrecht habe das Sozialgericht den mittelbaren Bezug zwischen der Berufskrankheit und der psychischen Belastung der damit verbundenen Verfahren und der heutigen Erkrankung verworfen. Außerdem habe seine psychische Belastung nicht erst durch den Rentenentzug im Mai 2010 begonnen. Vielmehr kreisten noch heute seine Gedanken immer wieder um die Frage, wieso sein früherer Arbeitgeber sich so lange der Feststellung des wahren Grades der Intoxikation der Mitarbeiter durch Lösungsmittel habe entziehen können. Ihn beschäftige dabei auch die Tatsache, dass seine Kollegen immer noch zu viele toxische Stoffe inhalieren müssten. Wenn man diese Belastungen nun auch noch zu der Tatsache in Bezug setze, "dass bei den beiden neurologischen Berufskrankheiten sowohl Schmerzstörungen wie der langfristige Gebrauch starker Schmerzmittel, aber auch durchaus Bandscheibenvorfälle und auch depressive Verstimmungen" seien, dränge sich der Kausalzusammenhang zu der Berufskrankheit beziehungsweise zur ursprünglichen Intoxikation auf.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 26. Juni 2013 sowie den Bescheid der Beklagten vom 5. Dezember 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. März 2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Verletztengeld ab 21. Mai 2010 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie beruft sich auf die aus ihrer Sicht zutreffenden Gründe des angefochtenen Urteils.
Der ehemalige Berichterstatter hat den Rechtsstreit mit den Beteiligten erörtert.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 und 144 SGG statthafte, nach § 151 Abs. 2 SGG form- und fristgerechte sowie auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers, über die der Senat aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist unbegründet.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Reutlingen vom 26.06.2013, mit dem die Klage des Klägers gegen den Bescheid der Beklagten vom 05.12.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.03.2012 abgewiesen worden ist. Der Kläger erstrebt nach richtiger Auslegung seines Klagebegehrens die Aufhebung dieses Bescheides, mit dem die Rente ab 01.01.2012 entzogen worden sowie die Gewährung von Verletztengeld ab 21.05.2010 abgelehnt worden ist, und die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von Verletztengeld ab 21.05.2010. Diese prozessualen Ziele verfolgt der Kläger zulässigerweise gemäß § 54 Abs. 1 S. 1 Alt. 1, Abs. 4 SGG mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage.
Die Beklagte hat zu Recht die dem Kläger gewährte Rente entzogen.
Gemäß § 56 Abs. 1 S. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Eine solche Rente hatte die Beklagte zuletzt mit Bescheid vom 09.02.2006 bewilligt. Diese hat die Beklagte mit dem angegriffenen Bescheid vom 05.12.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.03.2012 entzogen. Ermächtigungsgrundlage für den Rentenentzug ist § 48 Abs. 1 S. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), wonach ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben ist, wenn in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Nach § 73 Abs. 3 SGB VII ist bei der Feststellung der sich gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen oder geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens, das heißt auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, richtenden MdE eine solche Änderung nur wesentlich, wenn sie mehr als 5 v. H. beträgt. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) gilt für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge zwischen den beruflich bedingten Einwirkungen auf den Körper und der Krankheit sowie der den Leistungsfall auslösenden Gesundheitsschäden die hinreichende Wahrscheinlichkeit, allerdings nicht die bloße Möglichkeit (BSG, Urteil vom 04.07.2013 - B 2 U 11/12 R - juris Rz. 12 unter Hinweis auf BSG vom 29.11.2011 - B 2 U 26/10 R - juris; BSG, Urteil vom 15.09.2011 - B 2 U 25/10 R - juris; BSG, Urteil vom 15.09.2011 - B 2 U 22/10 R - juris; BSG, Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 30/07 R - juris; BSG, Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 9/08 R - juris).
Das Sozialgericht hat in der angefochtenen Entscheidung zutreffend und umfassend ausgeführt, weshalb die Beklagte im vorliegenden Verfahren zu Recht die dem Kläger gewährte Rente ab 01.01.2012 entzogen hat. Der Senat schließt sich gemäß § 153 Abs. 2 SGG diesen Ausführungen nach eigener Prüfung unter Verweis auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils zur Vermeidung von Wiederholungen an.
Auch unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren ist gegenüber der angefochtenen Entscheidung des Sozialgerichts eine andere Beurteilung nicht gerechtfertigt. Substantiierte Einwendungen gegen die auch aus Sicht des Senats überzeugenden Gutachten des Dr. K. vom 25.08.2011 und des Dr. P. vom 06.10.2011 samt Stellungnahme vom 01.11.2011 hat der Kläger nicht erhoben. Nach den schlüssigen Ausführungen dieser Gutachter ist die hirnorganische Symptomatik zurückgegangen und hat sich die Polyneuropathie weiter stabilisiert. Während Dr. K. in seinem der Rentenbewilligung zu Grunde liegenden Gutachten vom 21.11.2005 noch geringfügige Restsymptome einer leichtgradigen Encephalopathie mit Verminderung der Belastbarkeit und unter Belastung der konzentrativen Leistung sowie apparativ fassbare Hinweise für eine nahezu abgeklungene Polyneuropathie im Bereich der oberen und unteren Extremitäten mit einer MdE um 10 v. H. festgestellt hat, hat er in seinem dem Rentenentzug zu Grunde liegenden Gutachten vom 25.08.2011 keine Hinweise für eine funktionell relevante hirnorganische Störung im Sinne einer Encephalopathie und nur noch eine allenfalls geringfügige motorische Neuropathie im Bereich der unteren Extremitäten mit einer MdE nicht messbar wirtschaftlichen Grades beschrieben. Auf rein neurologischem Fachgebiet ist damit eine die Verringerung der Teil-MdE von 20 auf 0 v. H. rechtfertigende Gesundheitsverbesserung eingetreten. Die von Dr. P. in seinem der Rentenbewilligung zu Grunde liegenden Gutachten vom 13.12.2005 in den Vordergrund gerückte Symptomatik wie Kopfschmerzen, Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Konzentrations- und Merkfähigkeitsstörungen und depressive Verstimmungszustände rechtfertigt keine Teil-MdE um mindestens 20 v. H. Denn Dr. P. hat damals diese Symptomatik lediglich zum Anlass genommen, unter Einschluss der von Dr. K. beschriebenen rein neurologischen Gesundheitsstörungen eine rentenberechtigende MdE um insgesamt 20 v. H. anzunehmen.
Die vom Kläger geltend gemachten Erkrankungen, insbesondere die rezidivierende depressive Störung und die chronische Schmerzstörung, lassen sich weder auf die berufliche Lösungsmittel-Exposition noch auf die als Berufskrankheit festgestellten Gesundheitsstörungen "Geringfügige Restsymptome einer leichtgradigen Encephalopatie mit Verminderung der Belastbarkeit und unter Belastung verminderte Konzentrationsfähigkeit ohne sonstige Einbußen der erkennbaren Funktionen, depressive Verstimmungszustände, gelegentliche Kopfschmerzen, nahezu abgeklungene Polyneuropathie im Bereich der oberen Extremitäten" mit hinreichender Wahrscheinlichkeit wesentlich ursächlich zurückführen. Die bereits von der Beklagten eingeholten schlüssigen und in sich widerspruchsfreien Gutachten der Dres. K. und P. haben durch das auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG eingeholte Gutachten des Prof. Dr. G. ihre Bestätigung gefunden. Auch dieser Sachverständige hat einen solchen wesentlichen Kausalzusammenhang zwischen diesen Erkrankungen und der Berufskrankheit für unwahrscheinlich gehalten. Er hat lediglich für denkbar erachtet, dass die jahrelangen Auseinandersetzungen um die Anerkennung von gesundheitlichen Beeinträchtigungen und das damit einhergehende Ungerechtigkeitserleben beim Kläger als Folge einer Berufskrankheit zu einer dauerhaften dysphorischen beziehungsweise gedrückten Stimmungslage mit Insuffizienzerleben geführt hat. Er hat es sogar für eher unwahrscheinlich gehalten, dass die damals festgestellte Berufskrankheit den alleinigen, wesentlichen Kern der jetzt noch beim Kläger festzustellenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen bedingt, und einen ursächlichen Zusammenhang mit der Berufskrankheit nur für möglich beziehungsweise nicht ausschließbar erachtet. Der so vom Sachverständigen beschriebene nur mögliche Kausalzusammenhang hat sich für den Senat nach einer gründlichen Auswertung der Aktenlage nicht zu einem in der gesetzlichen Unfallversicherung aber erforderlichen hinreichend wahrscheinlichen Kausalzusammenhang verdichtet. Es spricht weiterhin nicht mehr für als gegen einen solchen Kausalzusammenhang. Aus dem Vortrag des Klägers, seine psychische Belastung habe nicht erst durch den Rentenentzug im Mai 2010 begonnen, ergibt sich nichts anderes. Denn dies deckt sich mit der von der Beklagten als Folge der Berufskrankheit festgestellten Gesundheitsstörung "depressive Verstimmungszustände". Die Verschlechterung dieser Verstimmungszustände bis hin zur jetzt diagnostizierten depressiven Störung ist aber gerade nicht wesentlich ursächlich auf die Berufskrankheit zurückzuführen. Dies gilt umso mehr für das vom Kläger beschriebene Gedankenkreisen über das Gebaren seines früheren Arbeitgebers und die fortdauernde Exposition seiner früheren Kollegen. Dass auch weder die Schmerzstörungen noch der Gebrauch von Schmerzmitteln wesentlich ursächlich auf die Berufskrankheit zurückzuführen sind, ergibt aus den überzeugenden Ausführungen des Dr. K. und des Dr. P., wonach sich zum einen in den neurologisch-psychiatrischen Untersuchungen eine funktionell relevante Encephalopathie und Polyneuropathie nicht mehr hat feststellen lassen und sich zum anderen bei den durchgeführten Untersuchungen klinisch außer Zeichen einer degenerativen Erkrankung des Skelettsystems bei Zustand nach Bandscheibenoperation keine wesentliche Auffälligkeit gezeigt hat, mithin kein fassbarer Grund die Annahme rechtfertigt, dass die Schmerzen und der Schmerzmittelgebrauch auf die Berufskrankheit zurückzuführen sein könnten. Nach alledem ist insoweit eine Gesundheitsverbesserung eingetreten, als eine rentenberechtigende MdE nicht mehr vorliegt.
Die Beklagte hat auch zu Recht die Gewährung von Verletztengeld abgelehnt.
Gemäß § 45 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Alt. 1 SGB VII wird Verletztengeld erbracht, wenn Versicherte infolge des Versicherungsfalls arbeitsunfähig sind. Das Sozialgericht hat in der angefochtenen Entscheidung zutreffend und umfassend ausgeführt, weshalb die Beklagte im vorliegenden Verfahren zu Recht die Gewährung von Verletztengeld ab 21.05.2010 abgelehnt hat. Der Senat schließt sich gemäß § 153 Abs. 2 SGG diesen Ausführungen nach eigener Prüfung unter Verweis auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils zur Vermeidung von Wiederholungen an. Da - wie oben dargelegt - die rezidivierende depressive Störung und Schmerzstörung, die zu der seither festgestellten Arbeitsunfähigkeit geführt haben, nicht in einen wesentlichen Kausalzusammenhang mit der Berufskrankheit zu bringen sind, hat der Kläger keinen Anspruch auf Verletztengeld. Die bereits von der Beklagten eingeholten Gutachten der Dres. K. und P. haben auch diesbezüglich durch das auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG eingeholte Gutachten des Prof. Dr. G. ihre Bestätigung gefunden. Auch er hat ausgeführt, dass es keine sicheren Hinweise dafür gibt, dass die Arbeitsunfähigkeit ab dem 21.05.2010 noch wesentlich beziehungsweise im Kern ursächlich auf die Folgen der als Berufskrankheit anerkannten Gesundheitsstörungen zurückzuführen ist. Sofern er einen mittelbaren Zusammenhang nicht sicher ausgeschlossen hat, handelt es sich nur um die Möglichkeit, nicht aber eine hinreichende Wahrscheinlichkeit.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Entziehung einer Verletztenrente ab 01.01.2012 und die Ablehnung von Verletztengeld ab 21.05.2010 bei anerkannter Berufskrankheit nach Nr. 1317 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) streitig.
Der am 04.02.1957 geborene Kläger war nach eigenen Angaben und den präventionsdienstlichen Ermittlungen unter anderem in den Jahren 1981 bis 1992 bei der Firma D. GmbH und in den Jahren 1995 bis 2002 bei der Firma E. und Co. GmbH versicherungspflichtig beschäftigt und hierbei Einwirkungen durch organische Lösungsmittel ausgesetzt. In der Folgezeit war er nach einer Zeit der Krankheit und Arbeitslosigkeit zunächst als Lkw-Fahrer tätig und übte sodann eine selbständige Tätigkeit als Transportunternehmer aus, ehe er am 16.06.2004 eine selbständige Tätigkeit im Hausmeisterservice aufnahm.
Mit Bescheid vom 12.10.2004 stellte die Beklagte unter Zugrundelegung des Gutachtens des Neurologen und Psychiaters Dr. K. vom 11.09.2003 und des Arbeitsmediziners Dr. P. vom 16.10.2003 mit Stellungnahme vom 15.09.2004 das Vorliegen der Berufskrankheit nach Nr. 1317 der Anlage 1 zur BKV fest und bewilligte dem Kläger eine Rente als vorläufige Entschädigung nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 30 vom Hundert (v. H.) ab 03.09.2003.
Sodann holte die Beklagte die Gutachten des Dr. K. vom 21.11.2005 und des Dr. P. vom 13.12.2005 ein. Beide stellten eine deutliche Verbesserung der Polyneuropathie und der Encephalopathie fest. Bezüglich der im Vorgutachten bereits festgestellten depressiven Verstimmung sah Dr. P. einen Zusammenhang mit der anerkannten Berufskrankheit. Mit Bescheid vom 09.02.2006 bewilligte die Beklagte die Rente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE um 20 v. H. ab 01.03.2006. Als Folgen wurden "Geringfügige Restsymptome einer leichtgradigen Encephalopathie mit Verminderung der Belastbarkeit und unter Belastung verminderte Konzentrationsfähigkeit ohne sonstige Einbußen der erkennbaren Funktionen, depressive Verstimmungszustände, gelegentliche Kopfschmerzen, nahezu abgeklungene Polyneuropathie im Bereich der oberen Extremitäten" anerkannt. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklage mit bestandskräftigem Widerspruchsbescheid vom 16.06.2006 zurück.
Daraufhin holte die Beklagte die Gutachten des Dr. K. vom 27.02.2007 und des Dr. P. vom 16.03.2007 ein. Es konnte kein wesentlicher krankhafter Befund mehr erhoben werden. Allein wegen subjektiver, nicht objektivierbarer Beschwerdeangaben sah Dr. P. nach wie vor eine MdE um 20 v. H. als weiter gerechtfertigt an und schlug eine Nachbegutachtung nach weiteren zwei Jahren vor. Die Beklagte verfügte mit Aufhebungsbescheid vom 06.05.2010 die Entziehung der Verletztenrente ab 01.06.2010. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Die Gemeinde A. bescheinigte am 30.05.2010 die "krankheitshalber" erfolgte Abmeldung des vom Kläger betriebenen Gewerbes "Hausmeister-Service, Wartung und Überwachung von Gebäuden und technischen Anlagen" zum 01.06.2010. Der Kläger war ausweislich der Bescheinigung der AOK - Die Gesundheitskasse N. vom 30.06.2010 und der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen des Allgemeinmediziners G., der Allgemeinärztin und Umweltmedizinerin W. sowie der Ärztin H. ab 21.05.2010 wegen einer depressiven Episode, Kopfschmerzen, Ermüdung und Erschöpfung arbeitsunfähig. Mit Widerspruchsbescheid vom 07.07.2010 wies die Beklagte den Widerspruch zurück, wogegen der Kläger Klage beim Sozialgericht Reutlingen erhob. Der Arzt G. teilte unter dem 05.08.2010 mit, der Kläger habe ihn erst- und einmalig am 21.05.2010 aufgesucht und hierbei über sexuelle Störungen, Kopfschmerzen mit chronischem Schmerzmittelgebrauch, Gelenkschmerzen in den Schultern, Ellenbogen und Händen geklagt sowie antriebsarm, depressiv, leidend und nicht belastbar gewirkt. Die Ärztin W. teilte unter dem 06.08.2010 mit, der Kläger habe bei seiner Vorstellung am 08.06.2010 über diffuse Beschwerden von Kopfschmerzen, Gelenkschmerzen, Rückenproblemen bis Potenzproblemen geklagt. Am 07.07.2010 habe sich ein ähnliches Beschwerdebild ergeben. Objektiv krankhafte Befunde hätten nicht erhoben werden können. Es habe eine depressive Symptomatik bestanden. Der Kläger habe sich jedoch schwer getan, eine psychische Erkrankung als mögliche Ursache für seine Beschwerden anzuerkennen. Die Ärztin H. teilte unter dem 04.08.2010 mit, der Kläger habe über starkes Unwohlsein mit schweren Konzentrationsstörungen, Gedächtnisstörungen, wesentlichen Beeinträchtigungen der kognitiven Leistungsfähigkeit, unklarem Schwindel und ständigem Gefühl der Benommenheit geklagt. Die Beschwerden hätten sich in den letzten Monaten verschlimmert. Sie kenne den Patienten noch zu wenig, um seine Beschwerden klar zuordnen zu können. Sie äußerte den Verdacht auf eine Encephalopathie und führte eine möglicherweise bestehende depressive Störung sowie eine Demenz unklarer Ursache auf. Nach dem beigezogenen Arztbrief der Universitätsklinik T. vom 02.09.2010 stellte sich der Kläger wegen Schmerzen und einer Schwellung im rechten Unterschenkel sowie wegen des Verdachts auf eine Beinvenenthrombose in der dortigen Interdisziplinären Notaufnahme vor. Ein Hinweis auf eine tiefe Beinvenenthrombose des rechten Beines, wie sie seit 2004 mehrfach und seit 2009 auch bezüglich des linken Beines aufgetreten sei, habe nicht festgestellt werden können. An Diagnosen wurden weiter ein Zustand nach Lungenarterienembolie 2004 sowie eine rezidivierende Bandscheibenproblematik der Lendenwirbelsäule genannt. Nach dem Befundbericht des Radiologen Dr. K. vom 22.09.2010 wurde am selben Tag eine Kernspintomographie des lumbalen Spinalkanals vorgenommen. Nach einem weiteren Arztbrief der Universitätsklinik T. vom 06.10.2010 stellte sich der Kläger am 23.09.2010 in der dortigen Gedächtnissprechstunde des Geriatrischen Zentrums vor. Mit Anerkenntnis vom 29.04.2011 nahm die Beklagte vor dem Sozialgericht Reutlingen in dem Verfahren S 4 U 2286/10 ihren Bescheid vom 06.05.2010 zurück.
Sodann ließ die Beklagte den Kläger erneut gutachterlich untersuchen. Dr. K. führte in seinem Gutachten vom 25.08.2011 aus, organneurologisch und psychiatrisch ließen sich keine Hinweise auf eine funktionell relevante hirnorganische Störung im Sinne einer Encephalopathie mehr erkennen. Die neurophysiologischen Untersuchungen zeigten eine allenfalls geringfügige motorische Neuropathie im Bereich der unteren Extremitäten. Im Vergleich zu den gutachterlich erhobenen Vorbefunden könne mit Sicherheit festgestellt werden, dass eine funktionell relevante Encephalopathie mit konsekutiven Beeinträchtigungen der mnestischen oder kognitiven Funktion oder eine Polyneuropathie funktionell relevanten Ausmaßes nicht beziehungsweise nicht mehr in dem bisher festgestellten Umfang vorlägen. Eine wesentliche Besserung der Erkrankungsfolgen beruhe zum einen auf dem Rückgang der hirnorganischen Symptomatik, zum anderen auf einer weiteren Stabilisierung der zuvor diagnostizierten Polyneuropathie. Als aktuell bestehende Diagnosen nannte er eine mittelgradige depressive Episode und eine multiple Somatisierungsstörung mit psychischen und körperlichen Komponenten, die jedoch ausschließlich expositions- und berufserkrankungsunabhängig seien. Dr. P. führte in seinem Gutachten vom 06.10.2011 aus, insgesamt habe sich ein Wechsel im objektivierbaren Krankheitsgeschehen ergeben. Nunmehr bestehe eine depressive Erkrankung verbunden mit einer ausgeprägten Somatisierungsstörung. Die Folgen der Berufskrankheit nach Nr. 1317 der Anlage 1 zur BKV spielten zwischenzeitlich eine völlig untergeordnete Rolle. In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 01.11.2011 führte Dr. P. aus, die seit dem 21.05.2010 bestehende Arbeitsunfähigkeit sei nicht berufskrankheitsbedingt.
Die Beklagte hörte den Kläger mit Schreiben vom 14.11.2011 zum beabsichtigten Rentenentzug an. Mit Bescheid vom 05.12.2011 entzog die Beklagte die Rente ab 01.01.2012 und lehnte die Gewährung von Verletztengeld ab 21.05.2011 ab. Sie führte zur Begründung aus, die dem Bescheid vom 09.02.2006 zu Grunde liegenden Verhältnisse hätten sich wesentlich geändert. Die hirnorganische Symptomatik sei zurückgegangen, die Polyneuropathie bedinge nur noch eine geringe Funktionseinschränkung in den unteren Extremitäten und eine Encephalopathie sei nicht mehr nachweisbar. Sie führte ferner aus, die Arbeitsunfähigkeit seit "21.05.2011" (mit Schreiben vom 14.12.2011 [Blatt 888] auf "21.05.2010" berichtigt) stehe nicht in einem ursächlichen Zusammenhang mit der anerkannten Berufskrankheit. Den hiergegen am 09.12.2011 erhobenen Widerspruch wies der Beklage mit Widerspruchsbescheid vom 05.03.2012 zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 26.03.2012 Klage zum Sozialgericht Reutlingen erhoben. Er hat vorgetragen, er leide immer noch unter Symptomen einer polyneuropathischen Sensibilitätsstörung sowie unter ataktischen Koordinationsstörungen. Auch die bei ihm bestehenden Magen- und Darmstörungen sowie die Problematik der Potenzstörungen sei durch die toxischen Einwirkungen am Arbeitsplatz verursacht. Ferner seien die bei ihm in den letzten Jahren aufgetretenen fünf Bandscheibenvorfälle ursächlich auf die Polyneuropathie zurückzuführen. Der Kläger hat den Bericht der Universitätsklinik T. vom 24.02.2012 vorgelegt, wonach er in der dortigen Psychiatrischen Instituts-Ambulanz der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie mit Poliklinik seit 22.10.2010 in ambulanter Behandlung stehe. Als Diagnosen auf psychiatrischem Fachgebiet sind darin eine rezidivierende depressive Störung mit gegenwärtig mittelgradiger Episode, eine anhaltende somatoforme Störung, ein schädlicher Gebrauch von nicht abhängig machenden und abhängig machenden Analgetika genannt worden. Differentialdiagnostisch bestehe der Verdacht auf eine Abhängigkeit von opioidhaltigen Schmerzmitteln. Ferner hat der Kläger das von Prof. Dr. G., Direktor der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie des Universitätsklinikums U., für die Versicherung C. erstellte Gutachten vom 30.05.2012 vorgelegt.
Das Sozialgericht hat sodann auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bei Prof. Dr. G. das Gutachten vom 28.09.2012 eingeholt. Der Sachverständige hat ausgeführt, im Hinblick auf die ursprünglich anerkannten Gesundheitsstörungen Encephalopathie und Polyneuropathie bestünden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keine noch relevanten aktuellen unmittelbaren Berufskrankheitsfolgen mehr. Beim Kläger bestehe aktuell eine rezidivierende depressive Störung, aktuell eher leicht als mittelgradige Episode, eine chronische Schmerzstörung mit psychischen und somatischen Faktoren sowie der Verdacht auf einen schädlichen Gebrauch von Opioiden und Analgetika beziehungsweise eine Abhängigkeit von Opioiden. Denkbar sei, dass die jahrelangen Auseinandersetzungen um die Anerkennung von gesundheitlichen Beeinträchtigungen als Folge einer Berufskrankheit und das damit einhergehende Ungerechtigkeitserleben beim Kläger tatsächlich einen entsprechenden Knick in der beruflichen Leistungsfähigkeit und Biographie bewirkt hätten, der zu einer dauerhaften dysphorischen beziehungsweise gedrückten Stimmungslage mit Insuffizienzerleben geführt habe. Der Sachverständige hat ferner ausgeführt, es sei ihm nicht möglich, das Ausmaß an Wahrscheinlichkeit für ein solches durchaus mögliches Szenario auf guter Beurteilungsgrundlage einzugrenzen. Er halte es für eher unwahrscheinlich, dass die damals festgestellte Berufskrankheit den alleinigen, wesentlichen Kern der heute festgestellten gesundheitlichen Beeinträchtigungen bedingt habe. Gleichzeitig halte er eine ursächliche Beteiligung für möglich beziehungsweise nicht ausschließbar. Bei Annahme einer Teil-Ätiologie in diesem Sinne halte er eine aktuell noch bestehende MdE von 10 bis maximal 15 v. H. aufgrund der ursprünglichen Berufskrankheit für möglich. Es gebe keine sicheren Hinweise, dass die Arbeitsunfähigkeit ab dem 21.05.2010 noch wesentlich beziehungsweise im Kern ursächlich auf die Folgen der als Berufskrankheit anerkannten Gesundheitsstörungen zurückzuführen sei. Gleichwohl könne ein mittelbarer Zusammenhang nicht sicher ausgeschlossen werden.
Mit Urteil vom 26.06.2013 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, in den Verhältnissen, die bei Erlass des Bescheides vom 09.02.2006 vorgelegen hätten, sei eine wesentliche Änderung eingetreten, denn eine MdE um 20 v. H. aufgrund der anerkannten Berufskrankheit nach Nr. 1317 der Anlage 1 zur BKV lasse sich nicht mehr feststellen. Ein Rentenanspruch sei damit nicht mehr gegeben. Die Sachverständigen Dr. K., Dr. P. und Prof. Dr. G. seien übereinstimmend zu der Überzeugung gelangt, dass beim Kläger keine fassbaren Folgen der vormals diagnostizierten Encephalopathie und Polyneuropathie mehr vorlägen. Insbesondere habe keiner der Gutachter eine Verschlechterung der Erkrankung beschrieben. Die depressive Symptomatik und die somatoforme Schmerzstörung stünden nicht in einem rechtlich wesentlichen Zusammenhang mit der Encephalopathie und Polyneuropathie. Soweit Prof. Dr. G. diese Erkrankungen als mittelbare Folge der Berufskrankheit angesehen habe und dies mit der starken emotionalen Teilnahme im Sinne eines Teufelskreises und einer Kränkung nach dem schon im Mai 2010 verfügten Rentenentzug und dem anschließenden jahrelangen Verfahren begründet habe, könne daraus kein rechtlich wesentlicher eine Rentengewährung rechtfertigender Zusammenhang hergestellt werden. Schon die Rentenentziehung im Mai 2010 sei losgelöst von formalen Fragen vom Inhalt her gesehen zutreffend gewesen. In gesundheitlicher Hinsicht sei der Kläger nicht nur durch die vormals aufgetretene Encephalopathie und Polyneuropathie, sondern die zusätzlichen Gesundheitsstörungen in Form von Thrombosen an den Beinen, einer rezidivierenden Bandscheibenproblematik und einer Lungenarterienembolie beeinträchtigt gewesen. Daneben seien für die Beschwerden auch finanzielle Probleme aufgrund des Rentenentzugs, Schwierigkeiten in der Ehe und ein vermuteter Schmerzmittelmissbrauch bedeutsam gewesen. Zwar sei nicht zu verkennen, dass die wirtschaftliche Situation des Klägers mit dem früheren Rentenentzug bis zum Anerkenntnis zur Rücknahme desselben auch mittelbar teilursächlich für die beim Kläger aufgetretenen gesundheitlichen Probleme gewesen sei. Nachdem jedoch noch zahlreiche weitere Umstände zu berücksichtigen seien und sich die Beschwerden nach dem Anerkenntnis jedenfalls zunächst nicht wesentlich gebessert hätten, der Kläger sich aber zweifellos einem sodann formal korrekt durchgeführten Rentenentzug stellen müsse, überzeuge die Auffassung des Dr. P., dass die Folgen der Berufskrankheit eine völlig untergeordnete Rolle gehabt hätten. Die wirtschaftlichen Nachteile des Rentenentzugs als eventuelle Teilursache der depressiven Entwicklung rechtfertigten im Rahmen der vorzunehmenden rechtlichen Wertung des Ursachenzusammenhangs keine Fortgewährung der Rente. Auch ein Anspruch des Klägers auf Verletztengeld ab dem 21.05.2010 bestehe nicht, da ein rechtlich wesentlicher Zusammenhang zwischen den Erkrankungen, die zu dieser Arbeitsunfähigkeit geführt hätten, und der vormals festgestellten Berufskrankheit nicht vorliege.
Gegen das am 15.07.2013 zugestellte Urteil des Sozialgerichts hat der Kläger am 01.08.2013 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Er vertritt die Ansicht, seine Beschwerden hätten sich stärker auf eine somatoforme chronische Schmerzstörung und rezidivierende depressive Störung verlagert. Seit Jahren werde er mit starken Schmerzmitteln behandelt. Encephalopathie und Polyneuropathie hätten typische Nebenerscheinungen, die auch bei ihm festzustellen seien. Zu Unrecht habe das Sozialgericht den mittelbaren Bezug zwischen der Berufskrankheit und der psychischen Belastung der damit verbundenen Verfahren und der heutigen Erkrankung verworfen. Außerdem habe seine psychische Belastung nicht erst durch den Rentenentzug im Mai 2010 begonnen. Vielmehr kreisten noch heute seine Gedanken immer wieder um die Frage, wieso sein früherer Arbeitgeber sich so lange der Feststellung des wahren Grades der Intoxikation der Mitarbeiter durch Lösungsmittel habe entziehen können. Ihn beschäftige dabei auch die Tatsache, dass seine Kollegen immer noch zu viele toxische Stoffe inhalieren müssten. Wenn man diese Belastungen nun auch noch zu der Tatsache in Bezug setze, "dass bei den beiden neurologischen Berufskrankheiten sowohl Schmerzstörungen wie der langfristige Gebrauch starker Schmerzmittel, aber auch durchaus Bandscheibenvorfälle und auch depressive Verstimmungen" seien, dränge sich der Kausalzusammenhang zu der Berufskrankheit beziehungsweise zur ursprünglichen Intoxikation auf.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 26. Juni 2013 sowie den Bescheid der Beklagten vom 5. Dezember 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. März 2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Verletztengeld ab 21. Mai 2010 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie beruft sich auf die aus ihrer Sicht zutreffenden Gründe des angefochtenen Urteils.
Der ehemalige Berichterstatter hat den Rechtsstreit mit den Beteiligten erörtert.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 und 144 SGG statthafte, nach § 151 Abs. 2 SGG form- und fristgerechte sowie auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers, über die der Senat aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist unbegründet.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Reutlingen vom 26.06.2013, mit dem die Klage des Klägers gegen den Bescheid der Beklagten vom 05.12.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.03.2012 abgewiesen worden ist. Der Kläger erstrebt nach richtiger Auslegung seines Klagebegehrens die Aufhebung dieses Bescheides, mit dem die Rente ab 01.01.2012 entzogen worden sowie die Gewährung von Verletztengeld ab 21.05.2010 abgelehnt worden ist, und die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von Verletztengeld ab 21.05.2010. Diese prozessualen Ziele verfolgt der Kläger zulässigerweise gemäß § 54 Abs. 1 S. 1 Alt. 1, Abs. 4 SGG mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage.
Die Beklagte hat zu Recht die dem Kläger gewährte Rente entzogen.
Gemäß § 56 Abs. 1 S. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Eine solche Rente hatte die Beklagte zuletzt mit Bescheid vom 09.02.2006 bewilligt. Diese hat die Beklagte mit dem angegriffenen Bescheid vom 05.12.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.03.2012 entzogen. Ermächtigungsgrundlage für den Rentenentzug ist § 48 Abs. 1 S. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), wonach ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben ist, wenn in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Nach § 73 Abs. 3 SGB VII ist bei der Feststellung der sich gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen oder geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens, das heißt auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, richtenden MdE eine solche Änderung nur wesentlich, wenn sie mehr als 5 v. H. beträgt. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) gilt für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge zwischen den beruflich bedingten Einwirkungen auf den Körper und der Krankheit sowie der den Leistungsfall auslösenden Gesundheitsschäden die hinreichende Wahrscheinlichkeit, allerdings nicht die bloße Möglichkeit (BSG, Urteil vom 04.07.2013 - B 2 U 11/12 R - juris Rz. 12 unter Hinweis auf BSG vom 29.11.2011 - B 2 U 26/10 R - juris; BSG, Urteil vom 15.09.2011 - B 2 U 25/10 R - juris; BSG, Urteil vom 15.09.2011 - B 2 U 22/10 R - juris; BSG, Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 30/07 R - juris; BSG, Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 9/08 R - juris).
Das Sozialgericht hat in der angefochtenen Entscheidung zutreffend und umfassend ausgeführt, weshalb die Beklagte im vorliegenden Verfahren zu Recht die dem Kläger gewährte Rente ab 01.01.2012 entzogen hat. Der Senat schließt sich gemäß § 153 Abs. 2 SGG diesen Ausführungen nach eigener Prüfung unter Verweis auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils zur Vermeidung von Wiederholungen an.
Auch unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren ist gegenüber der angefochtenen Entscheidung des Sozialgerichts eine andere Beurteilung nicht gerechtfertigt. Substantiierte Einwendungen gegen die auch aus Sicht des Senats überzeugenden Gutachten des Dr. K. vom 25.08.2011 und des Dr. P. vom 06.10.2011 samt Stellungnahme vom 01.11.2011 hat der Kläger nicht erhoben. Nach den schlüssigen Ausführungen dieser Gutachter ist die hirnorganische Symptomatik zurückgegangen und hat sich die Polyneuropathie weiter stabilisiert. Während Dr. K. in seinem der Rentenbewilligung zu Grunde liegenden Gutachten vom 21.11.2005 noch geringfügige Restsymptome einer leichtgradigen Encephalopathie mit Verminderung der Belastbarkeit und unter Belastung der konzentrativen Leistung sowie apparativ fassbare Hinweise für eine nahezu abgeklungene Polyneuropathie im Bereich der oberen und unteren Extremitäten mit einer MdE um 10 v. H. festgestellt hat, hat er in seinem dem Rentenentzug zu Grunde liegenden Gutachten vom 25.08.2011 keine Hinweise für eine funktionell relevante hirnorganische Störung im Sinne einer Encephalopathie und nur noch eine allenfalls geringfügige motorische Neuropathie im Bereich der unteren Extremitäten mit einer MdE nicht messbar wirtschaftlichen Grades beschrieben. Auf rein neurologischem Fachgebiet ist damit eine die Verringerung der Teil-MdE von 20 auf 0 v. H. rechtfertigende Gesundheitsverbesserung eingetreten. Die von Dr. P. in seinem der Rentenbewilligung zu Grunde liegenden Gutachten vom 13.12.2005 in den Vordergrund gerückte Symptomatik wie Kopfschmerzen, Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Konzentrations- und Merkfähigkeitsstörungen und depressive Verstimmungszustände rechtfertigt keine Teil-MdE um mindestens 20 v. H. Denn Dr. P. hat damals diese Symptomatik lediglich zum Anlass genommen, unter Einschluss der von Dr. K. beschriebenen rein neurologischen Gesundheitsstörungen eine rentenberechtigende MdE um insgesamt 20 v. H. anzunehmen.
Die vom Kläger geltend gemachten Erkrankungen, insbesondere die rezidivierende depressive Störung und die chronische Schmerzstörung, lassen sich weder auf die berufliche Lösungsmittel-Exposition noch auf die als Berufskrankheit festgestellten Gesundheitsstörungen "Geringfügige Restsymptome einer leichtgradigen Encephalopatie mit Verminderung der Belastbarkeit und unter Belastung verminderte Konzentrationsfähigkeit ohne sonstige Einbußen der erkennbaren Funktionen, depressive Verstimmungszustände, gelegentliche Kopfschmerzen, nahezu abgeklungene Polyneuropathie im Bereich der oberen Extremitäten" mit hinreichender Wahrscheinlichkeit wesentlich ursächlich zurückführen. Die bereits von der Beklagten eingeholten schlüssigen und in sich widerspruchsfreien Gutachten der Dres. K. und P. haben durch das auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG eingeholte Gutachten des Prof. Dr. G. ihre Bestätigung gefunden. Auch dieser Sachverständige hat einen solchen wesentlichen Kausalzusammenhang zwischen diesen Erkrankungen und der Berufskrankheit für unwahrscheinlich gehalten. Er hat lediglich für denkbar erachtet, dass die jahrelangen Auseinandersetzungen um die Anerkennung von gesundheitlichen Beeinträchtigungen und das damit einhergehende Ungerechtigkeitserleben beim Kläger als Folge einer Berufskrankheit zu einer dauerhaften dysphorischen beziehungsweise gedrückten Stimmungslage mit Insuffizienzerleben geführt hat. Er hat es sogar für eher unwahrscheinlich gehalten, dass die damals festgestellte Berufskrankheit den alleinigen, wesentlichen Kern der jetzt noch beim Kläger festzustellenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen bedingt, und einen ursächlichen Zusammenhang mit der Berufskrankheit nur für möglich beziehungsweise nicht ausschließbar erachtet. Der so vom Sachverständigen beschriebene nur mögliche Kausalzusammenhang hat sich für den Senat nach einer gründlichen Auswertung der Aktenlage nicht zu einem in der gesetzlichen Unfallversicherung aber erforderlichen hinreichend wahrscheinlichen Kausalzusammenhang verdichtet. Es spricht weiterhin nicht mehr für als gegen einen solchen Kausalzusammenhang. Aus dem Vortrag des Klägers, seine psychische Belastung habe nicht erst durch den Rentenentzug im Mai 2010 begonnen, ergibt sich nichts anderes. Denn dies deckt sich mit der von der Beklagten als Folge der Berufskrankheit festgestellten Gesundheitsstörung "depressive Verstimmungszustände". Die Verschlechterung dieser Verstimmungszustände bis hin zur jetzt diagnostizierten depressiven Störung ist aber gerade nicht wesentlich ursächlich auf die Berufskrankheit zurückzuführen. Dies gilt umso mehr für das vom Kläger beschriebene Gedankenkreisen über das Gebaren seines früheren Arbeitgebers und die fortdauernde Exposition seiner früheren Kollegen. Dass auch weder die Schmerzstörungen noch der Gebrauch von Schmerzmitteln wesentlich ursächlich auf die Berufskrankheit zurückzuführen sind, ergibt aus den überzeugenden Ausführungen des Dr. K. und des Dr. P., wonach sich zum einen in den neurologisch-psychiatrischen Untersuchungen eine funktionell relevante Encephalopathie und Polyneuropathie nicht mehr hat feststellen lassen und sich zum anderen bei den durchgeführten Untersuchungen klinisch außer Zeichen einer degenerativen Erkrankung des Skelettsystems bei Zustand nach Bandscheibenoperation keine wesentliche Auffälligkeit gezeigt hat, mithin kein fassbarer Grund die Annahme rechtfertigt, dass die Schmerzen und der Schmerzmittelgebrauch auf die Berufskrankheit zurückzuführen sein könnten. Nach alledem ist insoweit eine Gesundheitsverbesserung eingetreten, als eine rentenberechtigende MdE nicht mehr vorliegt.
Die Beklagte hat auch zu Recht die Gewährung von Verletztengeld abgelehnt.
Gemäß § 45 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Alt. 1 SGB VII wird Verletztengeld erbracht, wenn Versicherte infolge des Versicherungsfalls arbeitsunfähig sind. Das Sozialgericht hat in der angefochtenen Entscheidung zutreffend und umfassend ausgeführt, weshalb die Beklagte im vorliegenden Verfahren zu Recht die Gewährung von Verletztengeld ab 21.05.2010 abgelehnt hat. Der Senat schließt sich gemäß § 153 Abs. 2 SGG diesen Ausführungen nach eigener Prüfung unter Verweis auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils zur Vermeidung von Wiederholungen an. Da - wie oben dargelegt - die rezidivierende depressive Störung und Schmerzstörung, die zu der seither festgestellten Arbeitsunfähigkeit geführt haben, nicht in einen wesentlichen Kausalzusammenhang mit der Berufskrankheit zu bringen sind, hat der Kläger keinen Anspruch auf Verletztengeld. Die bereits von der Beklagten eingeholten Gutachten der Dres. K. und P. haben auch diesbezüglich durch das auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG eingeholte Gutachten des Prof. Dr. G. ihre Bestätigung gefunden. Auch er hat ausgeführt, dass es keine sicheren Hinweise dafür gibt, dass die Arbeitsunfähigkeit ab dem 21.05.2010 noch wesentlich beziehungsweise im Kern ursächlich auf die Folgen der als Berufskrankheit anerkannten Gesundheitsstörungen zurückzuführen ist. Sofern er einen mittelbaren Zusammenhang nicht sicher ausgeschlossen hat, handelt es sich nur um die Möglichkeit, nicht aber eine hinreichende Wahrscheinlichkeit.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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