Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
9
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 18 AS 3048/14 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 AS 3351/14 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 7. Juli 2014 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
Die Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg.
Die Beschwerde ist statthaft (§ 172 Sozialgerichtsgesetz (SGG)), frist- und formgerecht eingelegt (§ 173 SGG) und damit insgesamt zulässig. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht Stuttgart (SG) hat den Antrag, soweit es nicht selbst die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet hat, zu Recht abgelehnt.
Gemäß § 39 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in der seit dem 01.04.2011 geltenden Fassung haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt keine aufschiebende Wirkung, (1.) der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende aufhebt, zurücknimmt, widerruft, die Pflichtverletzung und die Minderung des Auszahlungsanspruchs feststellt oder Leistungen zur Eingliederung in Arbeit oder Pflichten erwerbsfähiger Leistungsberechtigter bei der Eingliederung in Arbeit regelt, (2.) der den Übergang eines Anspruchs bewirkt, (3.) mit dem zur Beantragung einer vorrangigen Leistung aufgefordert wird oder (4.) mit dem nach § 59 in Verbindung mit § 309 des Dritten Buches (SGB III) zur persönlichen Meldung bei der Agentur für Arbeit aufgefordert wird.
Da es sich bei dem mit Widerspruch und Klage angefochtenen Bescheid um einen Verwaltungsakt handelt, der im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II eine Eingliederungsvereinbarung zwischen dem Antragsteller und dem Antragsgegner ersetzt und damit die "Pflichten erwerbsfähiger Leistungsberechtigter bei der Eingliederung in Arbeit" im Sinne des § 39 Nr. 1 SGB II "regelt", kommt diesem nach den genannten Vorschriften keine aufschiebende Wirkung zu (vgl. auch Bayerisches Landessozialgericht (LSG), Beschluss vom 15.07.2009, L 7 AS 243/09 B ER, in Juris). Das SG hat daher zu Recht über einen Antrag nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG, also einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers entschieden.
§ 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG sieht keinen ausdrücklichen gesetzlichen Maßstab für die gerichtliche Anordnung der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Klage vor. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage des Antragstellers ist aufgrund von § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG anhand einer Interessenabwägung zu beurteilen (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage, § 86b Rdnr. 12). Das öffentliche Interesse am sofortigen Vollzug des Verwaltungsakts und die privaten Interessen an der Aussetzung der Vollziehung sind gegeneinander abzuwägen (Krodel, Der sozialgerichtliche Rechtsschutz in Anfechtungssachen, NZS 2001, 449, 453). Dabei ist zu beachten, dass das Gesetz mit dem Ausschluss der aufschiebenden Wirkung in § 39 SGB II dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheids Vorrang vor dem Interesse des Betroffenen an einem Aufschub der Vollziehung einräumt. Diese typisierend zu Lasten des Einzelnen ausgestaltete Interessenabwägung kann aber im Einzelfall auch zu Gunsten des Betroffenen ausfallen. Die gegeneinander abzuwägenden Interessen ergeben sich in der Regel aus den Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens, dem Vollziehungsinteresse und der für die Dauer einer möglichen aufschiebenden Wirkung drohenden Rechtsbeeinträchtigung (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss v. 27.10.2008, L 13 AS 4562/08 ER-B, in Juris). Unter Berücksichtigung verfassungsrechtlicher Vorgaben, der Schwere der Belastung und dem Maß späterer Abänderbarkeit (BVerfGE 37,150 [153]; 46, 166 [178f]) sind hierbei i.S. einer dynamischen Betrachtung die Anforderungen an die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs umso so geringer, je schwerer die Behördenentscheidung wirkt (vgl. Beschluss des erkennenden Senats vom 01.03.2012, L 9 AS 592/12 ER-B). Umgekehrt sind die Anforderungen an die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs nicht zu überspannen, wenn keine schwerwiegende Betroffenheit gegeben ist. Bei der zu treffenden Abwägung der Interessen sind daher vor allem die Natur, die Schwere und die Dringlichkeit der dem Betroffenen auferlegten Belastung und die Möglichkeit (oder Unmöglichkeit) einer etwaigen späteren Rückgängigmachung der Maßnahme und ihrer Folgen zu berücksichtigen.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat der Antragsteller keine Rechtsverletzungen geltend gemacht, die ein Absehen von dem vom Gesetzgeber vorgegebenen Vorrang des Vollzugsinteresses begründen könnten.
Dem Antragsteller mag zuzugestehen sein, dass der Gesetzeswortlaut des § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II für Leistungen zur Eingliederung in Arbeit einen Vorrang der konsensualen Lösung vor dem Erlass eines die Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsaktes nahelegt (vgl. hierzu ausführlich Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 14.02.2013, B 14 AS 195/11 R, in Juris Rn 17ff.). Insoweit ist auch in der Tat fraglich, ob der Antragsgegner diesem Vorrang Genüge getan hat. Zweifel ergeben sich deshalb, weil der Antragsgegner dem Antragsteller eine Eingliederungsvereinbarung lediglich zur Unterschrift übersandte, ohne ihn vorher persönlich anzuhören und diesem nach dem Eingang dessen Schreibens vom 13.05.2014, das zudem die Abänderung der vorgelegten Eingliederungsvereinbarung nach eigenen Vorstellungen enthielt, keine Gelegenheit mehr ließ, auf die mit Schreiben vom 22.05.2014 erklärte Ablehnung und deren Erläuterung nochmals zu reagieren. Insbesondere wurde dem Antragsteller nicht erneut die Gelegenheit gegeben, die Eingliederungsvereinbarung zu unterschreiben. Vielmehr wurde diesem Schreiben der die Eingliederungsvereinbarung ersetzende Verwaltungsakt bereits beigefügt.
Der Senat teilt jedoch im Rahmen der hier vorzunehmenden summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage die Würdigung des SG, die größtenteils überzogenen Forderungen des Antragstellers (u.a. Pauschale von 12 EUR pro Bewerbungsaktivität für jede schriftlich/online/persönlich/telefonisch erfolgte (Initiativ-)Bewerbung und jedes Vorstellungsgespräch [maximal 1200 EUR für die Laufzeit der Vereinbarung], Übernahme von Reisekosten ohne Einschränkung bis maximal 800 EUR, Zahlung einer Einmalprämie in Höhe von 800 EUR für jedes sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnis mit einem monatlichen Bruttolohn von mindestens 1300 EUR, Darlehen für die Anschaffung eines PKW unter näher dargelegten Voraussetzungen bei Aufnahme eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses sowie Übernahme einer monatlichen Pauschale in Höhe von 150 EUR für KFZ-Steuer, -Versicherung und -Unterhalt für mindestens drei Monate, Kostenübernahme für das Finden einer Mietwohnung und Darlehensgewährung unter näher dargelegten Umständen für den Fall der Aufnahme eines Beschäftigungsverhältnisses in Höhe von mindestens 2000 EUR, höchstens 4000 EUR, keine Kürzung von Alg-II Leistungen, keine Strafmaßnahmen nach den §§ 31 ff. SGB II bei Pflichtverstößen) als im Kern nicht ernstgemeintes Verhandlungsangebot anzusehen und letztlich von einer Weigerung, die Eingliederungsvereinbarung zu unterzeichnen, auszugehen, weswegen auch ein weiteres Zuwarten, den die Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakt zu erlassen, nicht mehr erforderlich gewesen ist,. Die Haltlosigkeit der Vorschläge des Antragsteller hat das SG in dem angefochtenen Beschluss in Auseinandersetzung mit dessen im Einzelnen erhobenen Forderungen ausführlich und zutreffend dargelegt (vgl. Blatt 17 bis 20 des Beschlusses vom 07.07.2014). Letztlich überzeugt den Senat auch die Einschätzung des SG, die erhobenen Forderungen liefen auf eine Be-/Entlohnung für die Erfüllung der ihm gesetzlich obliegenden Verpflichtungen hinaus, die erhebliche Zweifel an dem ernsthaften Willen des Antragstellers begründen, eine Eingliederungsvereinbarung mit dem Ziel der Beendigung der Hilfebedürftigkeit durch ein eigenverantwortliches Bestreiten des Lebensunterhaltes abzuschließen. Diese Einschätzung wird im Übrigen durch das Verhalten des Antragstellers im Widerspruchsverfahren nochmals bestätigt. Denn trotz der Hinweise des Antragsgegners im Schreiben vom 22.05.2014 hat der Antragsteller im Widerspruchsverfahren seine überzogenen Forderungen in Teilen zwar abgewandelt, im Wesentlichen aber wiederholt (Schreiben vom 24.05.2014). Den Ausführungen des SG ist insoweit nichts mehr hinzuzufügen, weswegen sich der Senat diese, um unnötige Wiederholungen zu vermeiden, in vollem Umfang zu eigen macht und insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absieht (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG).
Für den Fall, dass man von der Rechtswidrigkeit des die Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsaktes wegen einer fehlenden vorausgehenden Verhandlung ausgehen wollte, wäre zudem zu prüfen, ob der Fehler gemäß § 41 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) im Widerspruchsverfahren geheilt oder nach § 42 Abs. 1 Satz 1 SGB X unbeachtlich ist. Für eine Nichtigkeit des Verwaltungsakt gemäß § 40 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 bis Nr. 5 SGB X ist insoweit nichts ersichtlich. Die Anwendung dieser Vorschriften setzt freilich das Vorliegen eines Verfahrens- oder Formfehlers voraus. Nach dem Wortlaut des § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II ist das Nichtzustandekommen einer einvernehmlichen Eingliederungsvereinbarung Voraussetzung für den Erlass des die Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsaktes. Damit ist nicht nur ein materielles Tatbestandsmerkmal zu prüfen, sondern auch ein rein verfahrensrechtliches Vorgehen, das dem Erlass des Verwaltungsaktes vorgeschaltet ist. Im Ergebnis kommt es hierauf jedoch nicht an.
Denn lässt sich schon feststellen, dass die Erfolgsaussichten des geltend gemachten Anspruches im Klageverfahren als gering zu beurteilen sind, ergibt sich eine für den Antragsteller günstige Entscheidung auch nicht unter Abwägung des Vollzugsinteresses des Antragsgegners mit dem Aussetzungsinteresse des Antragstellers.
Denn der Vorrang des Vollzugsinteresses (unter Berücksichtigung des Tenors der erstinstanzlichen Entscheidung) ergibt sich daraus, dass die dem Antragsteller im Ersetzungsbescheid vom 22.05.2014 auferlegten Belastungen weder unzumutbar noch offensichtlich gesetzeswidrig sind. Unter Berücksichtigung des Zieles der Eingliederungsvereinbarung, nämlich der Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung, lassen sich aus den getroffenen Regelungen in der Eingliederungsvereinbarung bzw. in dem diese ersetzenden Verwaltungsakt weder eine besondere Dringlichkeit, noch Schwere oder unzumutbare Belastungen des Antragstellers feststellen, die es erfordert hätten, im Rahmen eines Verfahrens auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes den angefochtenen Bescheid ganz außer Vollzug zu setzen. Im Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes kann es mit Blick auf das Aussetzungsinteresse des Antragstellers vorrangig nur um die Ausgestaltung der ihm auferlegten Verpflichtungen gehen. Nur wenn diese unverhältnismäßig und/oder im Widerspruch zu gesetzlichen Vorgaben stehen, wird ein solcher Vorrang anzunehmen sein. Insoweit stellt der Senat fest, dass der angefochtene Bescheid dem Antragsteller lediglich aufgibt, Bewerbungsbemühungen zu unternehmen und diese nachzuweisen. Damit setzt der Antragsgegner im Ersetzungsbescheid im Wesentlichen nur das um, was das Gesetz in § 2 Abs. 1 SGB II als Programmsatz (Grundsatz des Forderns) und in § 15 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II bereits vorgibt.
Die Konkretisierung dieser gesetzlichen Vorgaben im die Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakt ist nicht zu beanstanden. Insoweit wurde dem Antragsteller aufgegeben, monatlich mindestens fünf Bewerbungen um sozialversicherungsrechtliche Beschäftigungsverhältnisse vorzulegen und hierüber Nachweise zu den genannten Terminen vorzulegen. Dies ist weder unzumutbar noch rechtswidrig (vgl. BSG, Urteil vom 15.12.2010, B 14 AS 92/09 R; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 27.05.2013, L 19 AS 434/13 B ER, alle in Juris). Auch der Antragsteller selbst hält, wie man seinen Vorschlägen für eine Eingliederungsvereinbarung entnehmen kann, Bewerbungsbemühungen im Umfang von fünf Bewerbungen im Monat nicht für unzumutbar. Rechtlich nicht zu beanstanden ist darüber hinaus, wenn dem Antragsteller aufgegeben wird, sich zeitnah, spätestens am dritten Tage nach Erhalt des Stellenangebotes auf Vermittlungsvorschläge zu bewerben, die er vom Antragsgegner erhält und hierüber Nachweise vorzulegen. Die Regelung über die Kostenerstattung für Bewerbungskosten vermag darüber hinaus ebenfalls kein überwiegendes Aussetzungsinteresse zu begründen. Der Senat vermag - wie schon das SG - weder mit Blick auf die geregelte Kostenerstattung von 4 EUR pro Bewerbung noch auf den genannten Höchstbetrag von 400 EUR eine unangemessene Benachteiligung des Antragstellers zu erkennen. Dass diese Beträge nicht ausreichen könnten, die tatsächlichen Kosten zu decken, hat der Antragsteller nicht ansatzweise substantiiert. Ein unzumutbarer Eingriff in Rechte des Antragstellers ist damit nicht erkennbar, weshalb der Senat keine Veranlassung hat, deswegen einen Vorrang des Aussetzungsinteresses anzunehmen.
Eine Rechtsbeeinträchtigung droht dabei nur insoweit, als der Antragsteller den Rechtsfolgen einer möglichen Pflichtverletzung ausgesetzt ist (vgl. §§ 31 ff. SGB II). Im konkreten Fall stünde dem Antragsteller aber Rechtsschutz gegen eine solche, eine Sanktion verhängende Entscheidung offen.
Das SG hat sich schließlich auch ausführlich mit den weiteren Regelungen des die Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsaktes auseinandergesetzt. Der Senat schließt sich dem (vgl. Bl. 21 ff.) nach eigener Prüfung uneingeschränkt an und sieht unter Bezugnahme auf diese Ausführungen von einer Wiedergabe an dieser Stelle ab. Gleiches gilt, soweit das SG unter III. im angefochtenen Beschluss das Fehlen eines qualifizierten Rechtsschutzbedürfnisses für die Zulässigkeit des Antrages ("Einstellung der Verfolgungsbetreuung") festgestellt hat. Einwendungen hiergegen hat der Antragsteller im Beschwerdeverfahren diesbezüglich auch nicht erhoben.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar.
Außergerichtliche Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
Die Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg.
Die Beschwerde ist statthaft (§ 172 Sozialgerichtsgesetz (SGG)), frist- und formgerecht eingelegt (§ 173 SGG) und damit insgesamt zulässig. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht Stuttgart (SG) hat den Antrag, soweit es nicht selbst die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet hat, zu Recht abgelehnt.
Gemäß § 39 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in der seit dem 01.04.2011 geltenden Fassung haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt keine aufschiebende Wirkung, (1.) der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende aufhebt, zurücknimmt, widerruft, die Pflichtverletzung und die Minderung des Auszahlungsanspruchs feststellt oder Leistungen zur Eingliederung in Arbeit oder Pflichten erwerbsfähiger Leistungsberechtigter bei der Eingliederung in Arbeit regelt, (2.) der den Übergang eines Anspruchs bewirkt, (3.) mit dem zur Beantragung einer vorrangigen Leistung aufgefordert wird oder (4.) mit dem nach § 59 in Verbindung mit § 309 des Dritten Buches (SGB III) zur persönlichen Meldung bei der Agentur für Arbeit aufgefordert wird.
Da es sich bei dem mit Widerspruch und Klage angefochtenen Bescheid um einen Verwaltungsakt handelt, der im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II eine Eingliederungsvereinbarung zwischen dem Antragsteller und dem Antragsgegner ersetzt und damit die "Pflichten erwerbsfähiger Leistungsberechtigter bei der Eingliederung in Arbeit" im Sinne des § 39 Nr. 1 SGB II "regelt", kommt diesem nach den genannten Vorschriften keine aufschiebende Wirkung zu (vgl. auch Bayerisches Landessozialgericht (LSG), Beschluss vom 15.07.2009, L 7 AS 243/09 B ER, in Juris). Das SG hat daher zu Recht über einen Antrag nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG, also einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers entschieden.
§ 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG sieht keinen ausdrücklichen gesetzlichen Maßstab für die gerichtliche Anordnung der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Klage vor. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage des Antragstellers ist aufgrund von § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG anhand einer Interessenabwägung zu beurteilen (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage, § 86b Rdnr. 12). Das öffentliche Interesse am sofortigen Vollzug des Verwaltungsakts und die privaten Interessen an der Aussetzung der Vollziehung sind gegeneinander abzuwägen (Krodel, Der sozialgerichtliche Rechtsschutz in Anfechtungssachen, NZS 2001, 449, 453). Dabei ist zu beachten, dass das Gesetz mit dem Ausschluss der aufschiebenden Wirkung in § 39 SGB II dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheids Vorrang vor dem Interesse des Betroffenen an einem Aufschub der Vollziehung einräumt. Diese typisierend zu Lasten des Einzelnen ausgestaltete Interessenabwägung kann aber im Einzelfall auch zu Gunsten des Betroffenen ausfallen. Die gegeneinander abzuwägenden Interessen ergeben sich in der Regel aus den Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens, dem Vollziehungsinteresse und der für die Dauer einer möglichen aufschiebenden Wirkung drohenden Rechtsbeeinträchtigung (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss v. 27.10.2008, L 13 AS 4562/08 ER-B, in Juris). Unter Berücksichtigung verfassungsrechtlicher Vorgaben, der Schwere der Belastung und dem Maß späterer Abänderbarkeit (BVerfGE 37,150 [153]; 46, 166 [178f]) sind hierbei i.S. einer dynamischen Betrachtung die Anforderungen an die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs umso so geringer, je schwerer die Behördenentscheidung wirkt (vgl. Beschluss des erkennenden Senats vom 01.03.2012, L 9 AS 592/12 ER-B). Umgekehrt sind die Anforderungen an die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs nicht zu überspannen, wenn keine schwerwiegende Betroffenheit gegeben ist. Bei der zu treffenden Abwägung der Interessen sind daher vor allem die Natur, die Schwere und die Dringlichkeit der dem Betroffenen auferlegten Belastung und die Möglichkeit (oder Unmöglichkeit) einer etwaigen späteren Rückgängigmachung der Maßnahme und ihrer Folgen zu berücksichtigen.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat der Antragsteller keine Rechtsverletzungen geltend gemacht, die ein Absehen von dem vom Gesetzgeber vorgegebenen Vorrang des Vollzugsinteresses begründen könnten.
Dem Antragsteller mag zuzugestehen sein, dass der Gesetzeswortlaut des § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II für Leistungen zur Eingliederung in Arbeit einen Vorrang der konsensualen Lösung vor dem Erlass eines die Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsaktes nahelegt (vgl. hierzu ausführlich Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 14.02.2013, B 14 AS 195/11 R, in Juris Rn 17ff.). Insoweit ist auch in der Tat fraglich, ob der Antragsgegner diesem Vorrang Genüge getan hat. Zweifel ergeben sich deshalb, weil der Antragsgegner dem Antragsteller eine Eingliederungsvereinbarung lediglich zur Unterschrift übersandte, ohne ihn vorher persönlich anzuhören und diesem nach dem Eingang dessen Schreibens vom 13.05.2014, das zudem die Abänderung der vorgelegten Eingliederungsvereinbarung nach eigenen Vorstellungen enthielt, keine Gelegenheit mehr ließ, auf die mit Schreiben vom 22.05.2014 erklärte Ablehnung und deren Erläuterung nochmals zu reagieren. Insbesondere wurde dem Antragsteller nicht erneut die Gelegenheit gegeben, die Eingliederungsvereinbarung zu unterschreiben. Vielmehr wurde diesem Schreiben der die Eingliederungsvereinbarung ersetzende Verwaltungsakt bereits beigefügt.
Der Senat teilt jedoch im Rahmen der hier vorzunehmenden summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage die Würdigung des SG, die größtenteils überzogenen Forderungen des Antragstellers (u.a. Pauschale von 12 EUR pro Bewerbungsaktivität für jede schriftlich/online/persönlich/telefonisch erfolgte (Initiativ-)Bewerbung und jedes Vorstellungsgespräch [maximal 1200 EUR für die Laufzeit der Vereinbarung], Übernahme von Reisekosten ohne Einschränkung bis maximal 800 EUR, Zahlung einer Einmalprämie in Höhe von 800 EUR für jedes sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnis mit einem monatlichen Bruttolohn von mindestens 1300 EUR, Darlehen für die Anschaffung eines PKW unter näher dargelegten Voraussetzungen bei Aufnahme eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses sowie Übernahme einer monatlichen Pauschale in Höhe von 150 EUR für KFZ-Steuer, -Versicherung und -Unterhalt für mindestens drei Monate, Kostenübernahme für das Finden einer Mietwohnung und Darlehensgewährung unter näher dargelegten Umständen für den Fall der Aufnahme eines Beschäftigungsverhältnisses in Höhe von mindestens 2000 EUR, höchstens 4000 EUR, keine Kürzung von Alg-II Leistungen, keine Strafmaßnahmen nach den §§ 31 ff. SGB II bei Pflichtverstößen) als im Kern nicht ernstgemeintes Verhandlungsangebot anzusehen und letztlich von einer Weigerung, die Eingliederungsvereinbarung zu unterzeichnen, auszugehen, weswegen auch ein weiteres Zuwarten, den die Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakt zu erlassen, nicht mehr erforderlich gewesen ist,. Die Haltlosigkeit der Vorschläge des Antragsteller hat das SG in dem angefochtenen Beschluss in Auseinandersetzung mit dessen im Einzelnen erhobenen Forderungen ausführlich und zutreffend dargelegt (vgl. Blatt 17 bis 20 des Beschlusses vom 07.07.2014). Letztlich überzeugt den Senat auch die Einschätzung des SG, die erhobenen Forderungen liefen auf eine Be-/Entlohnung für die Erfüllung der ihm gesetzlich obliegenden Verpflichtungen hinaus, die erhebliche Zweifel an dem ernsthaften Willen des Antragstellers begründen, eine Eingliederungsvereinbarung mit dem Ziel der Beendigung der Hilfebedürftigkeit durch ein eigenverantwortliches Bestreiten des Lebensunterhaltes abzuschließen. Diese Einschätzung wird im Übrigen durch das Verhalten des Antragstellers im Widerspruchsverfahren nochmals bestätigt. Denn trotz der Hinweise des Antragsgegners im Schreiben vom 22.05.2014 hat der Antragsteller im Widerspruchsverfahren seine überzogenen Forderungen in Teilen zwar abgewandelt, im Wesentlichen aber wiederholt (Schreiben vom 24.05.2014). Den Ausführungen des SG ist insoweit nichts mehr hinzuzufügen, weswegen sich der Senat diese, um unnötige Wiederholungen zu vermeiden, in vollem Umfang zu eigen macht und insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absieht (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG).
Für den Fall, dass man von der Rechtswidrigkeit des die Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsaktes wegen einer fehlenden vorausgehenden Verhandlung ausgehen wollte, wäre zudem zu prüfen, ob der Fehler gemäß § 41 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) im Widerspruchsverfahren geheilt oder nach § 42 Abs. 1 Satz 1 SGB X unbeachtlich ist. Für eine Nichtigkeit des Verwaltungsakt gemäß § 40 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 bis Nr. 5 SGB X ist insoweit nichts ersichtlich. Die Anwendung dieser Vorschriften setzt freilich das Vorliegen eines Verfahrens- oder Formfehlers voraus. Nach dem Wortlaut des § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II ist das Nichtzustandekommen einer einvernehmlichen Eingliederungsvereinbarung Voraussetzung für den Erlass des die Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsaktes. Damit ist nicht nur ein materielles Tatbestandsmerkmal zu prüfen, sondern auch ein rein verfahrensrechtliches Vorgehen, das dem Erlass des Verwaltungsaktes vorgeschaltet ist. Im Ergebnis kommt es hierauf jedoch nicht an.
Denn lässt sich schon feststellen, dass die Erfolgsaussichten des geltend gemachten Anspruches im Klageverfahren als gering zu beurteilen sind, ergibt sich eine für den Antragsteller günstige Entscheidung auch nicht unter Abwägung des Vollzugsinteresses des Antragsgegners mit dem Aussetzungsinteresse des Antragstellers.
Denn der Vorrang des Vollzugsinteresses (unter Berücksichtigung des Tenors der erstinstanzlichen Entscheidung) ergibt sich daraus, dass die dem Antragsteller im Ersetzungsbescheid vom 22.05.2014 auferlegten Belastungen weder unzumutbar noch offensichtlich gesetzeswidrig sind. Unter Berücksichtigung des Zieles der Eingliederungsvereinbarung, nämlich der Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung, lassen sich aus den getroffenen Regelungen in der Eingliederungsvereinbarung bzw. in dem diese ersetzenden Verwaltungsakt weder eine besondere Dringlichkeit, noch Schwere oder unzumutbare Belastungen des Antragstellers feststellen, die es erfordert hätten, im Rahmen eines Verfahrens auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes den angefochtenen Bescheid ganz außer Vollzug zu setzen. Im Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes kann es mit Blick auf das Aussetzungsinteresse des Antragstellers vorrangig nur um die Ausgestaltung der ihm auferlegten Verpflichtungen gehen. Nur wenn diese unverhältnismäßig und/oder im Widerspruch zu gesetzlichen Vorgaben stehen, wird ein solcher Vorrang anzunehmen sein. Insoweit stellt der Senat fest, dass der angefochtene Bescheid dem Antragsteller lediglich aufgibt, Bewerbungsbemühungen zu unternehmen und diese nachzuweisen. Damit setzt der Antragsgegner im Ersetzungsbescheid im Wesentlichen nur das um, was das Gesetz in § 2 Abs. 1 SGB II als Programmsatz (Grundsatz des Forderns) und in § 15 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II bereits vorgibt.
Die Konkretisierung dieser gesetzlichen Vorgaben im die Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakt ist nicht zu beanstanden. Insoweit wurde dem Antragsteller aufgegeben, monatlich mindestens fünf Bewerbungen um sozialversicherungsrechtliche Beschäftigungsverhältnisse vorzulegen und hierüber Nachweise zu den genannten Terminen vorzulegen. Dies ist weder unzumutbar noch rechtswidrig (vgl. BSG, Urteil vom 15.12.2010, B 14 AS 92/09 R; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 27.05.2013, L 19 AS 434/13 B ER, alle in Juris). Auch der Antragsteller selbst hält, wie man seinen Vorschlägen für eine Eingliederungsvereinbarung entnehmen kann, Bewerbungsbemühungen im Umfang von fünf Bewerbungen im Monat nicht für unzumutbar. Rechtlich nicht zu beanstanden ist darüber hinaus, wenn dem Antragsteller aufgegeben wird, sich zeitnah, spätestens am dritten Tage nach Erhalt des Stellenangebotes auf Vermittlungsvorschläge zu bewerben, die er vom Antragsgegner erhält und hierüber Nachweise vorzulegen. Die Regelung über die Kostenerstattung für Bewerbungskosten vermag darüber hinaus ebenfalls kein überwiegendes Aussetzungsinteresse zu begründen. Der Senat vermag - wie schon das SG - weder mit Blick auf die geregelte Kostenerstattung von 4 EUR pro Bewerbung noch auf den genannten Höchstbetrag von 400 EUR eine unangemessene Benachteiligung des Antragstellers zu erkennen. Dass diese Beträge nicht ausreichen könnten, die tatsächlichen Kosten zu decken, hat der Antragsteller nicht ansatzweise substantiiert. Ein unzumutbarer Eingriff in Rechte des Antragstellers ist damit nicht erkennbar, weshalb der Senat keine Veranlassung hat, deswegen einen Vorrang des Aussetzungsinteresses anzunehmen.
Eine Rechtsbeeinträchtigung droht dabei nur insoweit, als der Antragsteller den Rechtsfolgen einer möglichen Pflichtverletzung ausgesetzt ist (vgl. §§ 31 ff. SGB II). Im konkreten Fall stünde dem Antragsteller aber Rechtsschutz gegen eine solche, eine Sanktion verhängende Entscheidung offen.
Das SG hat sich schließlich auch ausführlich mit den weiteren Regelungen des die Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsaktes auseinandergesetzt. Der Senat schließt sich dem (vgl. Bl. 21 ff.) nach eigener Prüfung uneingeschränkt an und sieht unter Bezugnahme auf diese Ausführungen von einer Wiedergabe an dieser Stelle ab. Gleiches gilt, soweit das SG unter III. im angefochtenen Beschluss das Fehlen eines qualifizierten Rechtsschutzbedürfnisses für die Zulässigkeit des Antrages ("Einstellung der Verfolgungsbetreuung") festgestellt hat. Einwendungen hiergegen hat der Antragsteller im Beschwerdeverfahren diesbezüglich auch nicht erhoben.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar.
Rechtskraft
Aus
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