Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
3
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 10 SB 1918/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 SB 696/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 14. Januar 2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des Grades der Behinderung (GdB) streitig.
Der Beklagte hatte bei dem am 20.10.1964 geborenen Kläger unter Zugrundelegung der versorgungsärztlichen Stellungnahme des Sozialmediziners A. vom 10.02.2005, in der dieser als Behinderungen eine künstliche Herzklappe mit einem Einzel-GdB von 30 sowie eine Depression mit einem Einzel-GdB von 30 berücksichtigt und den Gesamt-GdB mit 40 eingeschätzt hatte, mit Bescheid vom 28.02.2005 den GdB mit 40 seit 27.12.2004 festgestellt.
Zwei Neufeststellungsanträge blieben, insbesondere nach Durchführung eines sozialgerichtlichen Verfahrens, im Rahmen dessen unter anderem die in einem Rentenverfahren eingeholten Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. B. vom 29.01.2008 und des Dr. C., Leiter der Abteilung Allgemeine Psychiatrie und Psychotherapie am Zentrum für Psychiatrie D., vom 02.01.2009 aktenkundig wurden, erfolglos. Während Dr. B. ein vom Kläger sehr betontes Beschwerdebild beschrieb, führte Dr. C. aus, testpsychologisch hätten sich Hinweise auf eine invalide Symptomdarbietung gezeigt, so dass sich die Frage stelle, ob überhaupt eine psychiatrische Diagnose zu stellen sei.
Der Kläger beantragte am 29.06.2009 erneut die Neufeststellung des GdB. In dem vom Beklagten eingeholten Befundbericht vom 09.09.2009 teilte der Neurologe und Psychiater Dr. E. mit, der sich seit Mai 2006 in seiner regelmäßigen nervenärztlichen Behandlung befindliche Kläger leide an einer schweren depressiven Störung und einer posttraumatischen Verbitterungsstörung, weswegen der Kläger ambulant psychotherapeutisch sowie medikamentös behandelt werde. Dr. F. hielt in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 15.11.2009 an der bisherigen versorgungsärztlichen Beurteilung fest. Mit Bescheid vom 27.11.2009 lehnte der Beklagte den Neufeststellungsantrag ab.
Hiergegen legte der Kläger am 02.12.2009 Widerspruch ein. Er legte im weiteren Verlauf die in einem Rentenverfahren von dem Neurologen, Psychiater und Psychotherapeuten Dr. G. abgegebene schriftliche sachverständige Zeugenauskunft vom 12.08.2009 vor, in der dieser Angstzustände und depressive Verstimmungen des Klägers beschrieb. In dem sodann vom Beklagten eingeholten Befundbericht vom 31.03.2010 führte Dr. G. aus, es handele sich diagnostisch um eine Sonderform der posttraumatischen Belastungsstörung in Form einer Verbitterungsstörung. Symptomatisch bestünden schwere depressive Verstimmungszustände, Schlafstörungen, Rückenschmerzen, Krämpfe in Armen und Rücken, ein starker sozialer Rückzug, eine ausgeprägte Selbstwertproblematik, Suizidgedanken und Rachegedanken. Auch habe der Kläger Freizeitaktivitäten, denen er früher nachgegangen sei, völlig eingestellt und sich emotional zurückgezogen. Der Sozialmediziner A. hielt in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 20.05.2010 eine Änderung der GdB-Beurteilung nicht für veranlasst. Mit Widerspruchsbescheid vom 24.06.2010 wies der Beklagte den Widerspruch zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 30.07.2010 Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben.
Das SG hat zunächst die den Kläger behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Dr. G. hat in seiner Auskunft vom 20.09.2010 ausgeführt, aufgrund der durch die Symptomatik eingetretenen Funktionsbeeinträchtigungen sei eine deutliche Einschränkung sowohl im beruflichen wie im privaten Bereich eingetreten, die mit einem GdB von mindestens 50 einzuschätzen sei. Dr. E. hat unter dem 30.09.2010 dargelegt, trotz hoch dosierter antidepressiver, psychiatrischer und psychotherapeutischer Behandlung sei es eher zu einer Zunahme der Beschwerden gekommen. Der GdB sei mit 50 bis 60 einzuschätzen. Dr. H. hat in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 01.02.2011 die Ansicht vertreten, es handele sich auf psychiatrischem Fachgebiet um eine mit einem GdB von 30 einzuschätzende stärker behindernde seelische Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit. Daraufhin hat das SG den Entlassungsbericht des Dr. K., Stellvertretender Ärztlicher Direktor an der Abteilung für Depressionserkrankungen der Klinik D. in L., vom 15.07.2011 über die stationäre Behandlung vom 08.04.2011 bis zum 07.06.2011 sowie tagesklinische Behandlung bis zum 12.07.2011 beigezogen. Darin ist ausgeführt worden, es liege das Bild einer schweren posttraumatischen Verbitterungsstörung vor. Diese habe zu einem deutlichen Verlust der Leistungsfähigkeit geführt. Dr. M. ist in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 22.10.2011 bei der bisherigen Einschätzung geblieben.
Sodann hat das SG von Amts wegen das Gutachten des Neurologen, Psychiaters und Psychotherapeuten Dr. N. vom 31.03.2012 eingeholt. Der Sachverständige hat eine Anpassungsstörung mit emotionaler Symptomatik, insbesondere geprägt durch eine dysphorische Gereiztheit und vermehrte Anspannung sowie einen gesteigerten Antrieb, zum Teil verbunden mit auto- und fremdaggressiven Drohungen, jedoch ohne eindeutigen Nachweis einer tiefgreifenden depressiven Symptomatik, beschrieben. Neurologische Auffälligkeiten hätten sich nicht ergeben. Der gesamte Befund sei allerdings von einer deutlichen Aggravationsneigung geprägt. Die Anpassungsstörung sei sicherlich von einem die Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit beeinträchtigendem Ausmaß. Eine noch stärkere Beeinträchtigung sei im Prinzip zwar möglich, aufgrund der Aggravationsneigung des Klägers während der Untersuchung aber nicht wahrscheinlich zu machen. Der GdB für die psychische Gesundheitsstörung sei damit mit maximal 30 zu veranschlagen. Unter zusätzlicher Berücksichtigung des weiteren GdB von 30 für den Zustand nach Mitralklappen-Operation sei der Gesamt-GdB mit 40 einzuschätzen. Dem Gutachten beigefügt worden sind das Attest des Dr. G. vom 26.03.2012, in dem dieser seine bisherigen Angaben wiederholt hat, und der Arztbrief des Internisten und Kardiologen Dr. O. vom 28.02.2012, in dem eine regelrechte Funktion der in Mitralposition implantierten SJM-Kunststoffprothese bei symptomatischer mittelschwerer rheumatischer Mitralklappenstenose, ein Zustand nach nicht erfolgreicher Ballonvallvuloplastie im Januar 2004, eine geringgradige Aortenklappeninsuffizienz sowie eine gute links ventrikuläre Funktion beschrieben worden sind. Der Kläger hat sodann das Attest des Dr. G. vom 01.03.2012 vorgelegt, in dem dieser die Ansicht vertreten hat, es sei zur differenzierten Bearbeitung der Traumatisierung unbedingt eine muttersprachliche Behandlung in einer entsprechenden Abteilung notwendig.
Mit Gerichtsbescheid vom 14.01.2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, die Ausführungen des Sachverständigen Dr. N. seien schlüssig, widerspruchsfrei und nachvollziehbar. Es bestehe daher kein Anlass, an der Vollständigkeit der erhobenen Befunde und an der Richtigkeit der daraus gefolgerten Funktionsbeeinträchtigungen zu zweifeln. In Übereinstimmung mit der überzeugenden Einschätzung des Sachverständigen Dr. N. sei ein GdB für die psychische Erkrankung von 30 angemessen und ausreichend. Unter zusätzlicher Berücksichtigung des GdB von 30 für den Zustand nach Mitralklappenersatz bei einer guten links ventrikulären Herzpumpleistung betrage der Gesamt-GdB 40.
Gegen den ihm am 18.01.2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 18.02.2013 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Er hat die Bescheinigung des Dr. G. vom 10.06.2013 vorgelegt, in der dieser ergänzend ausgeführt hat, aufgrund der guten therapeutischen Beziehung sei zwar immer wieder ein Auffangen von Dekompensationen möglich. In den entsprechenden Situationen könne es aber innerhalb kürzester Zeit zu schwerer Dekompensation der Depression und der Verbitterungsstörung kommen. Aufgrund dieser Symptomatik sei die Leistungsfähigkeit im Erwerbsleben deutlich eingeschränkt.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 14. Januar 2013 und den Bescheid des Beklagten vom 27. November 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juni 2010 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, den GdB mit 80 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verweist auf die aus seiner Sicht zutreffenden Entscheidungsgründe des angegriffenen Gerichtsbescheides.
Der ehemalige Berichterstatter hat das Sach- und Streitverhältnis mit den Beteiligten am 17.07.2013 erörtert.
Sodann hat der Kläger das für das SG in einem Rentenverfahren erstellte Gutachten des Dr. B. vom 12.06.2013 vorgelegt. Der Sachverständige hat darin ausgeführt, es bestehe nach der operativen Behandlung einer Mitralklappeninsuffizienz mit Mitralklappenersatz ein optimales Ergebnis. Sämtliche späteren kardiologischen Untersuchungen hätten keinen pathologischen Befund ergeben. Eine relevante Herzleistungsminderung oder Herzrhythmusstörungen bestünden nicht. Auf psychiatrischem Fachgebiet liege eine posttraumatische Verbitterungsstörung als Sonderform einer Anpassungsstörung vor. Im Rahmen der gutachterlichen Untersuchung hätten sich eindeutige Hinweise auf bewusste demonstrative Verhaltensweisen, die sich auch im Rey-Test manifestierten, ergeben. Der Kläger sei noch in der Lage, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mehr als sechs Stunden täglich zu verrichten.
Daraufhin hat der Senat auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das psychiatrisch-schmerzpsychologische Gutachten des Prof. Dr. P. vom 16.12.2013 eingeholt. Der Sachverständige hat eine anhaltende affektive Störung im Sinne einer mittelschweren Depression in Verbindung mit einer andauernden Persönlichkeitsänderung nach lebensbedrohlicher Herzerkrankung und in Verbindung mit einem chronifizierten Schmerzsyndrom sowie ein mittelschweres Restless-Legs-Syndrom diagnostiziert. Der Kläger sei psychisch trotz seit Jahren anhaltender Gesprächspsychotherapie und Psychopharmakotherapie in einem anhaltenden labilisierten Zustand, der ihn halbwegs im privaten Rahmen alltagsfähig mache. Dies bedeute, dass er reizoffen, konfliktunfähig, leicht reizbar, rasch frustriert und deutlich herabgestimmt sei. Ferner bestünden Freudlosigkeit, Antriebslosigkeit, Energielosigkeit, Konzentrationsstörung, geminderte Daueraufmerksamkeit und sozialer Rückzug. Der GdB für die geistig-seelische Störung sei mit 40 einzuschätzen. Unter Berücksichtigung des GdB von 30 auf internistischem Fachgebiet betrage der Gesamt-GdB 70. Er hat zur Begründung dargelegt, er halte es für äußerst heikel, von einer posttraumatischen Verbitterungsstörung zu sprechen. Die Begrifflichkeit wecke all zu leicht die Assoziation, dass es sich hier um eine nicht gerade nennenswerte psychische Erkrankung handele, die mühelos mit eigenen Kräften zu überwinden wäre. In Bezug auf das Gutachten des Dr. N. hat er ausgeführt, dieser habe die Medikation des Klägers falsch wiedergeben. Ferner sei bei ihm der Eindruck entstanden, dass von Dr. N. die somatopsychische Interdependenz nicht erfasst und auch nicht erkannt worden sei, dass der Kläger prämorbid, also vor der Herzklappenoperation, ein durchweg verantwortungsbewusstes und leistungsorientiertes Leben geführt habe. Dr. N. habe nicht erkannt, dass beim Kläger eine schwere Persönlichkeitsveränderung vorliege. Es sei geradezu verniedlichend, hier von einer Verbitterungsstörung zu sprechen, was auch für das Gutachten des Dr. B. gelte, dessen Leistungseinschätzung doch sehr optimistisch erscheine. Auf Anfrage des Senats hat Prof. Dr. P. in seiner ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom 30.12.2013 ausgeführt, der Benton-Test habe einen ernsthaften Hinweis auf eine erworbene Störung der kognitiven Leistung ergeben. Wegen dieser hirnorganischen Komponente sei der Kläger verlangsamt, was zu einer Verfälschung des Ergebnisses des Rey-Tests geführt habe. Der Rey-Test sei damit vorliegend nicht als auffällig zu werten.
Dr. Götz hat in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 04.03.2014 ausgeführt, das Gutachten des Dr. N. bestätige im Wesentlichen die bisherige Beurteilung. Dr. N. habe eine Anpassungsstörung mit emotionaler Symptomatik diagnostiziert und den GdB mit 30 bestätigt. Eine tiefgreifende depressive Symptomatik habe dieser Sachverständige nicht feststellen können. Hinweise auf eine hirnorganische Komponente beziehungsweise kognitive Beeinträchtigung habe er nicht gefunden. Eine mit einem höheren GdB als 30 zu bewertende noch stärkere Beeinträchtigung sei aufgrund von erheblichen Hinweisen auf Aggravation/Simulation nicht wahrscheinlich zu machen. Die Hinweise auf Aggravation/Simulation hätten sich nicht nur anhand des Rey-Tests, sondern auch anhand von Auffälligkeiten im körperlich-neurologischen Befund ergeben. Unter Berücksichtigung von erheblichen Überschneidungen mit der implantierten künstlichen Herzklappe ergebe sich ein Gesamt-GdB von 40. Dr. B. habe eine posttraumatische Verbitterungsstörung als Sonderform einer Anpassungsstörung diagnostiziert. Eine tiefergehende depressive Verstimmung habe er nicht festgestellt. Er habe auch eine hirnorganische Komponente beziehungsweise kognitive Beeinträchtigung nicht gesehen. Wiederum hätten sich deutliche Hinweise auf Aggravations-/Simulationstendenzen sowohl im körperlichen Befund als auch im Rey-Test ergeben. Dieser Sachverständige sei daher von einer leichten seelischen Störung ausgegangen. Prof. Dr. P. habe nun eine anhaltende affektive Störung im Sinne einer mittelschweren Depression und eine andauernde Persönlichkeitsänderung diagnostiziert und den GdB auf 40 eingeschätzt. Auch wenn man die von diesem Sachverständigen gestellten, über eine Anpassungsstörung hinausgehenden Diagnosen grundsätzlich akzeptieren könne, so gelange man in Kenntnis der gesamten bisherigen Aktenlage nicht zu der Überzeugung, dass die Beeinträchtigung durch die geistig seelische Störung über einen GdB von 30 hinausgehe. Der von Prof. Dr. P. durchgeführte Rey-Test habe nur knapp im nicht auffälligen Bereich gelegen und könne angesichts der bereits vorliegenden mehrfach auffälligen Ergebnisse eine Tendenz zur Simulation nicht ausschließen. Für eine manifeste, anhaltende und klinisch relevante hirnorganische Komponente beziehungsweise kognitive Beeinträchtigung ergebe sich bei derzeitiger Befundlage kein ausreichender Beleg. Das offenbar sehr auffällige Ergebnis im Benton-Test sei von Prof. Dr. P. als ernsthafter Hinweis auf eine erworbene Störung der kognitiven Leistung angesehen worden. Es sei jedoch nicht ausreichend nachvollziehbar, weshalb eine relevante kognitive Beeinträchtigung von den Vorgutachtern nicht erfasst worden sei. Insgesamt ergebe sich bei derzeitiger Sachlage keine ausreichende Grundlage, um ein Abweichen von der bisherigen Beurteilung vorschlagen zu können.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 und 144 SGG statthafte, nach § 151 Abs. 2 SGG form- und fristgerechte sowie auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers, über die der Senat aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist unbegründet.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die Aufhebung des Gerichtsbescheides des SGs vom 14.01.2013, mit dem die Klage des Klägers gegen den Bescheid des Beklagten vom 27.11.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.06.2010 abgewiesen worden ist. Der Kläger erstrebt die Aufhebung dieses Bescheides und die Verpflichtung des Beklagten, bei ihm den GdB mit 80 festzustellen. Dieses prozessuale Ziel verfolgt der Kläger zulässigerweise gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG mit der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage.
Rechtsgrundlage für den Anspruch des Klägers auf Neufeststellung des GdB ist § 48 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) in Verbindung mit § 69 Abs. 1 und 3 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX).
Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, wenn in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Von einer solchen ist bei einer Änderung im Gesundheitszustand auszugehen, wenn aus dieser die Erhöhung oder Herabsetzung des Gesamt-GdB um wenigstens 10 folgt, während das Hinzutreten weiterer Funktionsstörungen mit einem Einzel-GdB von 10 regelmäßig ohne Auswirkung auf den Gesamt-GdB bleibt.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) gelten für die Bemessung des GdB folgende Grundsätze (BSG, Urteil vom 17.04.2013 - B 9 SB 3/12 R - juris, mit weiteren Nachweisen):
Nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden auf Antrag eines behinderten Menschen in einem besonderen Verfahren das Vorliegen einer Behinderung und den GdB fest. Als GdB werden dabei nach § 69 Abs. 1 Satz 4 SGB IX die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach Zehnergraden abgestuft festgestellt. Gemäß § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX in der Fassung des Gesetzes vom 23.04.2004 (BGBl. I 606) gelten die im Rahmen des § 30 Abs. 1 BVG festgelegten Maßstäbe entsprechend. Durch diesen Verweis wird auf die im Rahmen des § 30 Abs. 1 BVG festgelegten Maßstäbe für das versorgungsrechtliche Bewertungssystem abgestellt, dessen Ausgangspunkt die "Mindestvomhundertsätze" für eine größere Zahl erheblicher äußerer Körperschäden im Sinne der Nr. 5 Allgemeine Verwaltungsvorschriften zu § 30 BVG sind. Von diesem leiten sich die aus den Erfahrungen der Versorgungsverwaltung und den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft gewonnenen Tabellenwerte der Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (AHP) ab. Gemäß § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX in der Fassung vom 13.12.2007 (BGBl. I 2904) wird zusätzlich auf die aufgrund des § 30 Abs. 17 BVG (bis zum 30.06.2011) beziehungsweise des § 30 Abs. 16 BVG (ab dem 01.07.2011) erlassene Rechtsverordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (VersMedV) Bezug genommen, so dass ab 01.01.2009 die VersMedV vom 10.12.2008 (BGBl. I 2412), die durch die Verordnungen vom 01.03.2010 (BGBl. I 2904), 14.07.2010 (BGBl. I 928), 17.12.2010 (BGBl. I 2124), 28.10.2011 (BGBl. I 2153) und 11.10.2012 (BGBl. I 2122) geändert worden ist, anstelle der AHP Grundlage für die Feststellung des GdB ist. Als Anlage zu § 2 VersMedV sind "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) veröffentlicht worden, in denen unter anderem die Grundsätze für die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen (GdS) im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG festgelegt worden sind. Diese sind nach Teil A Nr. 2 VG auch für die Feststellung des GdB maßgebend.
Die AHP und die VG stellen ihrem Inhalt nach antizipierte Sachverständigengutachten dar. Dabei beruht das für die Auswirkungen von Gesundheitsstörungen auf die Teilhabe an der Gesellschaft relevante Maß nicht allein auf der Anwendung medizinischen Wissens. Vielmehr ist die GdB-Bewertung auch unter Beachtung der rechtlichen Vorgaben sowie unter Heranziehung des Sachverstandes anderer Wissenszweige zu entwickeln.
Liegen mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird der GdB gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt. Zur Feststellung des GdB werden in einem ersten Schritt die einzelnen nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen im Sinne von regelwidrigen (von der Norm abweichenden) Zuständen nach § 2 Abs. 1 SGB IX und die sich daraus ableitenden, für eine Teilhabebeeinträchtigung bedeutsamen Umstände festgestellt. In einem zweiten Schritt sind diese dann den in den AHP und der VG genannten Funktionssystemen zuzuordnen und mit einem Einzel-GdB zu bewerten. In einem dritten Schritt ist dann - nach Teil A Nr. 19 Abs. 1 AHP und Teil A Nr. 3 Buchst. a VG in der Regel ausgehend von der Beeinträchtigung mit dem höchsten Einzel-GdB - in einer Gesamtschau unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen der einzelnen Beeinträchtigungen der Gesamt-GdB zu bilden. Dabei können die Auswirkungen der einzelnen Beeinträchtigungen ineinander aufgehen (sich decken), sich überschneiden, sich verstärken oder beziehungslos nebeneinander stehen. Außerdem sind nach Teil A Nr. 19 Abs. 2 AHP und Teil A Nr. 3 Buchst. b VG bei der Gesamtwürdigung die Auswirkungen mit denjenigen zu vergleichen, für die in der GdB-Tabelle der AHP und der VG feste Grade angegeben sind.
Die Bemessung des GdB ist grundsätzlich tatrichterliche Aufgabe. Dabei hat insbesondere die Feststellung der nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen unter Heranziehung ärztlichen Fachwissens zu erfolgen. Darüber hinaus sind vom Tatsachengericht die rechtlichen Vorgaben zu beachten. Rechtlicher Ausgangspunkt sind stets § 2 Abs. 1, § 69 Abs. 1 und 3 SGB IX; danach sind insbesondere die Auswirkungen nicht nur vorübergehender Gesundheitsstörungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft maßgebend.
Im vorliegenden Fall ist bei der Prüfung einer wesentlichen Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 SGB X der Zeitraum ab der letztmaligen Feststellung des Gesamt-GdB mit Bescheid vom 28.02.2005 zu beurteilen. Formal betrachtet sind bis zum 31.12.2008 die AHP und ab dem 01.01.2009 die VG heranzuziehen.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat das SG zutreffend dargelegt, dass beim Kläger eine wesentliche Änderung der Gesundheitsverhältnisse nicht eingetreten ist, so dass der Gesamt-GdB nicht von 40 auf - wie vom Kläger begehrt - 80 heraufzusetzen war.
Zutreffend hat das SG in Auswertung des schlüssigen und gut nachvollziehbaren Gut-achtens des Dr. N. dargelegt, dass sich im Bereich des Funktionssystems "Gehirn einschließlich Psyche" ein Einzel-GdB von 30 abbilden lässt. Der Senat schließt sich diesen Ausführungen nach eigener Prüfung gemäß § 153 Abs. 2 SGG unter Verweis auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Gerichtsbescheides zur Vermeidung von Wiederholungen an und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass nach den Angaben des Dr. N. die gutachterliche Untersuchung von einer erheblichen Aggravations-, wenn nicht sogar Simulationsneigung geprägt gewesen ist, worauf die Auffälligkeiten im Rey-Test, beim Finger-Nase-Versuch, aber auch die prompte Steuerbarkeit und Korrektur des Verhaltens nach entsprechender Ermahnung des Sachverständigen hindeutet. Da also eindeutig intentionale beziehungsweise motivationale Faktoren das Beschwerdebild des Klägers mitbestimmt haben, hat es der Sachverständige zu Recht für unmöglich gehalten, sich davon zu überzeugen, dass der Schweregrad der psychischen Störung einem GdB von mehr als 30 entspricht. Der Senat schließt sich dieser Einschätzung an, zumal auch schon die im Rentenverfahren eingeschalteten Gutachter eine ähnliche Symptomatik beschrieben haben. So hat Dr. B. ein vom Kläger sehr betontes Beschwerdebild beschrieben und hat Dr. C. darauf hingewiesen, dass sich testpsychologisch Hinweise auf eine invalide Symptomdarbietung gezeigt haben, so dass es für ihn gar fraglich gewesen ist, überhaupt eine psychiatrische Diagnose zu stellen. Die von Dr. N. zu objektivierenden psychischen Beschwerden rechtfertigen daher allenfalls die Annahme von nach Teil B Nr. 3.7 VG mit einem GdB von 30 bis 40 zu beurteilenden stärker behindernden psychischen Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit, ohne dass dieser GdB-Spielraum nach oben auszuschöpfen ist.
Auch unter Berücksichtigung des Vorbringens und der Ermittlungen im Berufungsverfahren ist gegenüber der angefochtenen Entscheidung des SGs eine andere Beurteilung nicht gerechtfertigt. Denn auch in dem für das SG in einem Rentenverfahren erstellten Gutachten des Dr. B. vom 12.06.2013 ist ausgeführt, dass sich im Rahmen der gutachterlichen Untersuchung eindeutige Hinweise auf bewusste demonstrative Verhaltensweisen ergeben haben. So ist nach den Angaben des Gutachters das Verhalten des Klägers mit ständigem Jammern und Stöhnen sehr demonstrativ geprägt gewesen und hat das Ergebnis des Rey-Tests eindeutig einer Simulation entsprochen. Damit hat sich die Einschätzung des Dr. N. bestätigt. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG eingeholten Gutachten des Prof. Dr. P. vom 16.12.2013. Dieser Sachverständige hat die vom Kläger dargebotenen psychischen Einschränkungen übernommen, ohne sich kritisch mit den Vorgutachten auseinandergesetzt zu haben. Dabei weist der Senat zunächst darauf hin, dass es für die GdB-Beurteilung nicht darauf ankommt, ob das Beschwerdebild des Klägers als posttraumatische Verbitterungsstörung oder als Depression mit andauernder Persönlichkeitsveränderung zu umschreiben ist. Wesentlich kommt es vielmehr auf die hieraus resultierenden objektivierbaren Funktionsstörungen an. Entgegen Prof. Dr. P. zieht sich durch die gesamt Akte, dass der Kläger bei den Begutachtungen, testpsychologisch belegt, ein aggravierendes Verhalten an den Tag gelegt hat und mithin seine Beschwerdeangaben für die GdB-Beurteilung nicht valide genug sind. Der Einwand des Prof. Dr. P., eine Störung der kognitiven Leistung habe zur Verfälschung des Ergebnisses des Rey-Tests geführt, greift nicht durch, da sich Hinweise auf eine hirnorganische Komponente beziehungsweise kognitive Beeinträchtigungen aus den Vorgutachten gerade nicht ergeben haben. Vielmehr folgt der Senat der Einschätzung des Dr. Götz in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 04.03.2014, dass sich auch aus dem Gutachten des Prof. Dr. P. eine tiefgreifende depressive Symptomatik nicht feststellen lässt. Denn auch der von diesem Sachverständigen durchgeführte Rey-Test hat nur knapp im nicht-auffälligen Bereich gelegen, so dass sich angesichts der bereits vorliegenden mehrfach auffälligen Ergebnisse eine Tendenz zur Simulation weiterhin nicht ausschließen lässt.
Mithin sind die Beeinträchtigung im Funktionssystem "Gehirn einschließlich Psyche" mit einem Einzel-GdB von 30 zu bewerten.
Zusätzlich ist - vom SG zutreffend dargelegt und vom Kläger auch nicht angegriffen - nach Teil B Nr. 9.1.2 VG wegen des Zustandes nach Mitralklappenersatz bei guter linksventrikulärer Herzpumpleistung für das Funktionssystem "Herz-Kreislauf" von einem Einzel-GdB von 30 auszugehen.
Unter Berücksichtigung der dargelegten Einzel-GdB-Werte (Einzel-GdB 30 für das Funktionssystem "Gehirn einschließlich Psyche", Einzel-GdB 30 für das Funktionssystem "Herz-Kreislauf") haben der Beklagte und das SG den Gesamt-GdB rechtsfehlerfrei mit 40 eingeschätzt. Im Falle des Klägers liegt eine Überschneidung der mit einem Einzel-GdB von jeweils 30 einzuschätzenden Funktionsbehinderungen derart vor, dass der Gesamt-GdB nicht mehr als 40 beträgt. Denn die von sämtlichen Gutachtern beschriebene Angststörung hängt eng mit dem Zustand nach Mitralklappenersatz zusammen. Bei der Bemessung des Gesamt-GdB war auch ein Vergleich mit anderen schwerwiegenden Erkrankungsbildern anzustellen. Denn nach Teil A Nr. 3 Buchst. b VG sind bei der Gesamtwürdigung der verschiedenen Funktionsbeeinträchtigungen unter Berücksichtigung aller sozialmedizinischen Erfahrungen Vergleiche mit Gesundheitsschäden anzustellen, für die in der GdB-Tabelle der VG feste Grade angegeben sind. Gemessen an diesen Voraussetzungen sind die beim Kläger bestehenden Erkrankungen insgesamt nicht mit Gesundheitsschäden zu vergleichen, deren Funktionsbeeinträchtigungen einen Gesamt-GdB von 50 oder gar - wie vom Kläger begehrt - 80 begründen.
Mithin ist seit Erlass des Bescheides vom 28.02.2005 eine wesentliche Änderung in den gesundheitlichen Verhältnissen des Klägers nicht eingetreten, so dass der Gesamt-GdB nicht von 40 auf - wie vom Kläger begehrt - 80 heraufzusetzen war. Der den Antrag auf Heraufsetzung des Gesamt-GdB auf mehr als 40 ablehnende Bescheid des Beklagten vom 27.11.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.06.2010 hat sich daher als ebenso rechtmäßig erwiesen wie der die hiergegen erhobene Klage abweisende Gerichtsbescheid des SGs.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorlie-gen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des Grades der Behinderung (GdB) streitig.
Der Beklagte hatte bei dem am 20.10.1964 geborenen Kläger unter Zugrundelegung der versorgungsärztlichen Stellungnahme des Sozialmediziners A. vom 10.02.2005, in der dieser als Behinderungen eine künstliche Herzklappe mit einem Einzel-GdB von 30 sowie eine Depression mit einem Einzel-GdB von 30 berücksichtigt und den Gesamt-GdB mit 40 eingeschätzt hatte, mit Bescheid vom 28.02.2005 den GdB mit 40 seit 27.12.2004 festgestellt.
Zwei Neufeststellungsanträge blieben, insbesondere nach Durchführung eines sozialgerichtlichen Verfahrens, im Rahmen dessen unter anderem die in einem Rentenverfahren eingeholten Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. B. vom 29.01.2008 und des Dr. C., Leiter der Abteilung Allgemeine Psychiatrie und Psychotherapie am Zentrum für Psychiatrie D., vom 02.01.2009 aktenkundig wurden, erfolglos. Während Dr. B. ein vom Kläger sehr betontes Beschwerdebild beschrieb, führte Dr. C. aus, testpsychologisch hätten sich Hinweise auf eine invalide Symptomdarbietung gezeigt, so dass sich die Frage stelle, ob überhaupt eine psychiatrische Diagnose zu stellen sei.
Der Kläger beantragte am 29.06.2009 erneut die Neufeststellung des GdB. In dem vom Beklagten eingeholten Befundbericht vom 09.09.2009 teilte der Neurologe und Psychiater Dr. E. mit, der sich seit Mai 2006 in seiner regelmäßigen nervenärztlichen Behandlung befindliche Kläger leide an einer schweren depressiven Störung und einer posttraumatischen Verbitterungsstörung, weswegen der Kläger ambulant psychotherapeutisch sowie medikamentös behandelt werde. Dr. F. hielt in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 15.11.2009 an der bisherigen versorgungsärztlichen Beurteilung fest. Mit Bescheid vom 27.11.2009 lehnte der Beklagte den Neufeststellungsantrag ab.
Hiergegen legte der Kläger am 02.12.2009 Widerspruch ein. Er legte im weiteren Verlauf die in einem Rentenverfahren von dem Neurologen, Psychiater und Psychotherapeuten Dr. G. abgegebene schriftliche sachverständige Zeugenauskunft vom 12.08.2009 vor, in der dieser Angstzustände und depressive Verstimmungen des Klägers beschrieb. In dem sodann vom Beklagten eingeholten Befundbericht vom 31.03.2010 führte Dr. G. aus, es handele sich diagnostisch um eine Sonderform der posttraumatischen Belastungsstörung in Form einer Verbitterungsstörung. Symptomatisch bestünden schwere depressive Verstimmungszustände, Schlafstörungen, Rückenschmerzen, Krämpfe in Armen und Rücken, ein starker sozialer Rückzug, eine ausgeprägte Selbstwertproblematik, Suizidgedanken und Rachegedanken. Auch habe der Kläger Freizeitaktivitäten, denen er früher nachgegangen sei, völlig eingestellt und sich emotional zurückgezogen. Der Sozialmediziner A. hielt in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 20.05.2010 eine Änderung der GdB-Beurteilung nicht für veranlasst. Mit Widerspruchsbescheid vom 24.06.2010 wies der Beklagte den Widerspruch zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 30.07.2010 Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben.
Das SG hat zunächst die den Kläger behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Dr. G. hat in seiner Auskunft vom 20.09.2010 ausgeführt, aufgrund der durch die Symptomatik eingetretenen Funktionsbeeinträchtigungen sei eine deutliche Einschränkung sowohl im beruflichen wie im privaten Bereich eingetreten, die mit einem GdB von mindestens 50 einzuschätzen sei. Dr. E. hat unter dem 30.09.2010 dargelegt, trotz hoch dosierter antidepressiver, psychiatrischer und psychotherapeutischer Behandlung sei es eher zu einer Zunahme der Beschwerden gekommen. Der GdB sei mit 50 bis 60 einzuschätzen. Dr. H. hat in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 01.02.2011 die Ansicht vertreten, es handele sich auf psychiatrischem Fachgebiet um eine mit einem GdB von 30 einzuschätzende stärker behindernde seelische Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit. Daraufhin hat das SG den Entlassungsbericht des Dr. K., Stellvertretender Ärztlicher Direktor an der Abteilung für Depressionserkrankungen der Klinik D. in L., vom 15.07.2011 über die stationäre Behandlung vom 08.04.2011 bis zum 07.06.2011 sowie tagesklinische Behandlung bis zum 12.07.2011 beigezogen. Darin ist ausgeführt worden, es liege das Bild einer schweren posttraumatischen Verbitterungsstörung vor. Diese habe zu einem deutlichen Verlust der Leistungsfähigkeit geführt. Dr. M. ist in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 22.10.2011 bei der bisherigen Einschätzung geblieben.
Sodann hat das SG von Amts wegen das Gutachten des Neurologen, Psychiaters und Psychotherapeuten Dr. N. vom 31.03.2012 eingeholt. Der Sachverständige hat eine Anpassungsstörung mit emotionaler Symptomatik, insbesondere geprägt durch eine dysphorische Gereiztheit und vermehrte Anspannung sowie einen gesteigerten Antrieb, zum Teil verbunden mit auto- und fremdaggressiven Drohungen, jedoch ohne eindeutigen Nachweis einer tiefgreifenden depressiven Symptomatik, beschrieben. Neurologische Auffälligkeiten hätten sich nicht ergeben. Der gesamte Befund sei allerdings von einer deutlichen Aggravationsneigung geprägt. Die Anpassungsstörung sei sicherlich von einem die Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit beeinträchtigendem Ausmaß. Eine noch stärkere Beeinträchtigung sei im Prinzip zwar möglich, aufgrund der Aggravationsneigung des Klägers während der Untersuchung aber nicht wahrscheinlich zu machen. Der GdB für die psychische Gesundheitsstörung sei damit mit maximal 30 zu veranschlagen. Unter zusätzlicher Berücksichtigung des weiteren GdB von 30 für den Zustand nach Mitralklappen-Operation sei der Gesamt-GdB mit 40 einzuschätzen. Dem Gutachten beigefügt worden sind das Attest des Dr. G. vom 26.03.2012, in dem dieser seine bisherigen Angaben wiederholt hat, und der Arztbrief des Internisten und Kardiologen Dr. O. vom 28.02.2012, in dem eine regelrechte Funktion der in Mitralposition implantierten SJM-Kunststoffprothese bei symptomatischer mittelschwerer rheumatischer Mitralklappenstenose, ein Zustand nach nicht erfolgreicher Ballonvallvuloplastie im Januar 2004, eine geringgradige Aortenklappeninsuffizienz sowie eine gute links ventrikuläre Funktion beschrieben worden sind. Der Kläger hat sodann das Attest des Dr. G. vom 01.03.2012 vorgelegt, in dem dieser die Ansicht vertreten hat, es sei zur differenzierten Bearbeitung der Traumatisierung unbedingt eine muttersprachliche Behandlung in einer entsprechenden Abteilung notwendig.
Mit Gerichtsbescheid vom 14.01.2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, die Ausführungen des Sachverständigen Dr. N. seien schlüssig, widerspruchsfrei und nachvollziehbar. Es bestehe daher kein Anlass, an der Vollständigkeit der erhobenen Befunde und an der Richtigkeit der daraus gefolgerten Funktionsbeeinträchtigungen zu zweifeln. In Übereinstimmung mit der überzeugenden Einschätzung des Sachverständigen Dr. N. sei ein GdB für die psychische Erkrankung von 30 angemessen und ausreichend. Unter zusätzlicher Berücksichtigung des GdB von 30 für den Zustand nach Mitralklappenersatz bei einer guten links ventrikulären Herzpumpleistung betrage der Gesamt-GdB 40.
Gegen den ihm am 18.01.2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 18.02.2013 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Er hat die Bescheinigung des Dr. G. vom 10.06.2013 vorgelegt, in der dieser ergänzend ausgeführt hat, aufgrund der guten therapeutischen Beziehung sei zwar immer wieder ein Auffangen von Dekompensationen möglich. In den entsprechenden Situationen könne es aber innerhalb kürzester Zeit zu schwerer Dekompensation der Depression und der Verbitterungsstörung kommen. Aufgrund dieser Symptomatik sei die Leistungsfähigkeit im Erwerbsleben deutlich eingeschränkt.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 14. Januar 2013 und den Bescheid des Beklagten vom 27. November 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juni 2010 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, den GdB mit 80 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verweist auf die aus seiner Sicht zutreffenden Entscheidungsgründe des angegriffenen Gerichtsbescheides.
Der ehemalige Berichterstatter hat das Sach- und Streitverhältnis mit den Beteiligten am 17.07.2013 erörtert.
Sodann hat der Kläger das für das SG in einem Rentenverfahren erstellte Gutachten des Dr. B. vom 12.06.2013 vorgelegt. Der Sachverständige hat darin ausgeführt, es bestehe nach der operativen Behandlung einer Mitralklappeninsuffizienz mit Mitralklappenersatz ein optimales Ergebnis. Sämtliche späteren kardiologischen Untersuchungen hätten keinen pathologischen Befund ergeben. Eine relevante Herzleistungsminderung oder Herzrhythmusstörungen bestünden nicht. Auf psychiatrischem Fachgebiet liege eine posttraumatische Verbitterungsstörung als Sonderform einer Anpassungsstörung vor. Im Rahmen der gutachterlichen Untersuchung hätten sich eindeutige Hinweise auf bewusste demonstrative Verhaltensweisen, die sich auch im Rey-Test manifestierten, ergeben. Der Kläger sei noch in der Lage, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mehr als sechs Stunden täglich zu verrichten.
Daraufhin hat der Senat auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das psychiatrisch-schmerzpsychologische Gutachten des Prof. Dr. P. vom 16.12.2013 eingeholt. Der Sachverständige hat eine anhaltende affektive Störung im Sinne einer mittelschweren Depression in Verbindung mit einer andauernden Persönlichkeitsänderung nach lebensbedrohlicher Herzerkrankung und in Verbindung mit einem chronifizierten Schmerzsyndrom sowie ein mittelschweres Restless-Legs-Syndrom diagnostiziert. Der Kläger sei psychisch trotz seit Jahren anhaltender Gesprächspsychotherapie und Psychopharmakotherapie in einem anhaltenden labilisierten Zustand, der ihn halbwegs im privaten Rahmen alltagsfähig mache. Dies bedeute, dass er reizoffen, konfliktunfähig, leicht reizbar, rasch frustriert und deutlich herabgestimmt sei. Ferner bestünden Freudlosigkeit, Antriebslosigkeit, Energielosigkeit, Konzentrationsstörung, geminderte Daueraufmerksamkeit und sozialer Rückzug. Der GdB für die geistig-seelische Störung sei mit 40 einzuschätzen. Unter Berücksichtigung des GdB von 30 auf internistischem Fachgebiet betrage der Gesamt-GdB 70. Er hat zur Begründung dargelegt, er halte es für äußerst heikel, von einer posttraumatischen Verbitterungsstörung zu sprechen. Die Begrifflichkeit wecke all zu leicht die Assoziation, dass es sich hier um eine nicht gerade nennenswerte psychische Erkrankung handele, die mühelos mit eigenen Kräften zu überwinden wäre. In Bezug auf das Gutachten des Dr. N. hat er ausgeführt, dieser habe die Medikation des Klägers falsch wiedergeben. Ferner sei bei ihm der Eindruck entstanden, dass von Dr. N. die somatopsychische Interdependenz nicht erfasst und auch nicht erkannt worden sei, dass der Kläger prämorbid, also vor der Herzklappenoperation, ein durchweg verantwortungsbewusstes und leistungsorientiertes Leben geführt habe. Dr. N. habe nicht erkannt, dass beim Kläger eine schwere Persönlichkeitsveränderung vorliege. Es sei geradezu verniedlichend, hier von einer Verbitterungsstörung zu sprechen, was auch für das Gutachten des Dr. B. gelte, dessen Leistungseinschätzung doch sehr optimistisch erscheine. Auf Anfrage des Senats hat Prof. Dr. P. in seiner ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom 30.12.2013 ausgeführt, der Benton-Test habe einen ernsthaften Hinweis auf eine erworbene Störung der kognitiven Leistung ergeben. Wegen dieser hirnorganischen Komponente sei der Kläger verlangsamt, was zu einer Verfälschung des Ergebnisses des Rey-Tests geführt habe. Der Rey-Test sei damit vorliegend nicht als auffällig zu werten.
Dr. Götz hat in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 04.03.2014 ausgeführt, das Gutachten des Dr. N. bestätige im Wesentlichen die bisherige Beurteilung. Dr. N. habe eine Anpassungsstörung mit emotionaler Symptomatik diagnostiziert und den GdB mit 30 bestätigt. Eine tiefgreifende depressive Symptomatik habe dieser Sachverständige nicht feststellen können. Hinweise auf eine hirnorganische Komponente beziehungsweise kognitive Beeinträchtigung habe er nicht gefunden. Eine mit einem höheren GdB als 30 zu bewertende noch stärkere Beeinträchtigung sei aufgrund von erheblichen Hinweisen auf Aggravation/Simulation nicht wahrscheinlich zu machen. Die Hinweise auf Aggravation/Simulation hätten sich nicht nur anhand des Rey-Tests, sondern auch anhand von Auffälligkeiten im körperlich-neurologischen Befund ergeben. Unter Berücksichtigung von erheblichen Überschneidungen mit der implantierten künstlichen Herzklappe ergebe sich ein Gesamt-GdB von 40. Dr. B. habe eine posttraumatische Verbitterungsstörung als Sonderform einer Anpassungsstörung diagnostiziert. Eine tiefergehende depressive Verstimmung habe er nicht festgestellt. Er habe auch eine hirnorganische Komponente beziehungsweise kognitive Beeinträchtigung nicht gesehen. Wiederum hätten sich deutliche Hinweise auf Aggravations-/Simulationstendenzen sowohl im körperlichen Befund als auch im Rey-Test ergeben. Dieser Sachverständige sei daher von einer leichten seelischen Störung ausgegangen. Prof. Dr. P. habe nun eine anhaltende affektive Störung im Sinne einer mittelschweren Depression und eine andauernde Persönlichkeitsänderung diagnostiziert und den GdB auf 40 eingeschätzt. Auch wenn man die von diesem Sachverständigen gestellten, über eine Anpassungsstörung hinausgehenden Diagnosen grundsätzlich akzeptieren könne, so gelange man in Kenntnis der gesamten bisherigen Aktenlage nicht zu der Überzeugung, dass die Beeinträchtigung durch die geistig seelische Störung über einen GdB von 30 hinausgehe. Der von Prof. Dr. P. durchgeführte Rey-Test habe nur knapp im nicht auffälligen Bereich gelegen und könne angesichts der bereits vorliegenden mehrfach auffälligen Ergebnisse eine Tendenz zur Simulation nicht ausschließen. Für eine manifeste, anhaltende und klinisch relevante hirnorganische Komponente beziehungsweise kognitive Beeinträchtigung ergebe sich bei derzeitiger Befundlage kein ausreichender Beleg. Das offenbar sehr auffällige Ergebnis im Benton-Test sei von Prof. Dr. P. als ernsthafter Hinweis auf eine erworbene Störung der kognitiven Leistung angesehen worden. Es sei jedoch nicht ausreichend nachvollziehbar, weshalb eine relevante kognitive Beeinträchtigung von den Vorgutachtern nicht erfasst worden sei. Insgesamt ergebe sich bei derzeitiger Sachlage keine ausreichende Grundlage, um ein Abweichen von der bisherigen Beurteilung vorschlagen zu können.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 und 144 SGG statthafte, nach § 151 Abs. 2 SGG form- und fristgerechte sowie auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers, über die der Senat aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist unbegründet.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die Aufhebung des Gerichtsbescheides des SGs vom 14.01.2013, mit dem die Klage des Klägers gegen den Bescheid des Beklagten vom 27.11.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.06.2010 abgewiesen worden ist. Der Kläger erstrebt die Aufhebung dieses Bescheides und die Verpflichtung des Beklagten, bei ihm den GdB mit 80 festzustellen. Dieses prozessuale Ziel verfolgt der Kläger zulässigerweise gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG mit der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage.
Rechtsgrundlage für den Anspruch des Klägers auf Neufeststellung des GdB ist § 48 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) in Verbindung mit § 69 Abs. 1 und 3 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX).
Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, wenn in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Von einer solchen ist bei einer Änderung im Gesundheitszustand auszugehen, wenn aus dieser die Erhöhung oder Herabsetzung des Gesamt-GdB um wenigstens 10 folgt, während das Hinzutreten weiterer Funktionsstörungen mit einem Einzel-GdB von 10 regelmäßig ohne Auswirkung auf den Gesamt-GdB bleibt.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) gelten für die Bemessung des GdB folgende Grundsätze (BSG, Urteil vom 17.04.2013 - B 9 SB 3/12 R - juris, mit weiteren Nachweisen):
Nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden auf Antrag eines behinderten Menschen in einem besonderen Verfahren das Vorliegen einer Behinderung und den GdB fest. Als GdB werden dabei nach § 69 Abs. 1 Satz 4 SGB IX die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach Zehnergraden abgestuft festgestellt. Gemäß § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX in der Fassung des Gesetzes vom 23.04.2004 (BGBl. I 606) gelten die im Rahmen des § 30 Abs. 1 BVG festgelegten Maßstäbe entsprechend. Durch diesen Verweis wird auf die im Rahmen des § 30 Abs. 1 BVG festgelegten Maßstäbe für das versorgungsrechtliche Bewertungssystem abgestellt, dessen Ausgangspunkt die "Mindestvomhundertsätze" für eine größere Zahl erheblicher äußerer Körperschäden im Sinne der Nr. 5 Allgemeine Verwaltungsvorschriften zu § 30 BVG sind. Von diesem leiten sich die aus den Erfahrungen der Versorgungsverwaltung und den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft gewonnenen Tabellenwerte der Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (AHP) ab. Gemäß § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX in der Fassung vom 13.12.2007 (BGBl. I 2904) wird zusätzlich auf die aufgrund des § 30 Abs. 17 BVG (bis zum 30.06.2011) beziehungsweise des § 30 Abs. 16 BVG (ab dem 01.07.2011) erlassene Rechtsverordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (VersMedV) Bezug genommen, so dass ab 01.01.2009 die VersMedV vom 10.12.2008 (BGBl. I 2412), die durch die Verordnungen vom 01.03.2010 (BGBl. I 2904), 14.07.2010 (BGBl. I 928), 17.12.2010 (BGBl. I 2124), 28.10.2011 (BGBl. I 2153) und 11.10.2012 (BGBl. I 2122) geändert worden ist, anstelle der AHP Grundlage für die Feststellung des GdB ist. Als Anlage zu § 2 VersMedV sind "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) veröffentlicht worden, in denen unter anderem die Grundsätze für die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen (GdS) im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG festgelegt worden sind. Diese sind nach Teil A Nr. 2 VG auch für die Feststellung des GdB maßgebend.
Die AHP und die VG stellen ihrem Inhalt nach antizipierte Sachverständigengutachten dar. Dabei beruht das für die Auswirkungen von Gesundheitsstörungen auf die Teilhabe an der Gesellschaft relevante Maß nicht allein auf der Anwendung medizinischen Wissens. Vielmehr ist die GdB-Bewertung auch unter Beachtung der rechtlichen Vorgaben sowie unter Heranziehung des Sachverstandes anderer Wissenszweige zu entwickeln.
Liegen mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird der GdB gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt. Zur Feststellung des GdB werden in einem ersten Schritt die einzelnen nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen im Sinne von regelwidrigen (von der Norm abweichenden) Zuständen nach § 2 Abs. 1 SGB IX und die sich daraus ableitenden, für eine Teilhabebeeinträchtigung bedeutsamen Umstände festgestellt. In einem zweiten Schritt sind diese dann den in den AHP und der VG genannten Funktionssystemen zuzuordnen und mit einem Einzel-GdB zu bewerten. In einem dritten Schritt ist dann - nach Teil A Nr. 19 Abs. 1 AHP und Teil A Nr. 3 Buchst. a VG in der Regel ausgehend von der Beeinträchtigung mit dem höchsten Einzel-GdB - in einer Gesamtschau unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen der einzelnen Beeinträchtigungen der Gesamt-GdB zu bilden. Dabei können die Auswirkungen der einzelnen Beeinträchtigungen ineinander aufgehen (sich decken), sich überschneiden, sich verstärken oder beziehungslos nebeneinander stehen. Außerdem sind nach Teil A Nr. 19 Abs. 2 AHP und Teil A Nr. 3 Buchst. b VG bei der Gesamtwürdigung die Auswirkungen mit denjenigen zu vergleichen, für die in der GdB-Tabelle der AHP und der VG feste Grade angegeben sind.
Die Bemessung des GdB ist grundsätzlich tatrichterliche Aufgabe. Dabei hat insbesondere die Feststellung der nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen unter Heranziehung ärztlichen Fachwissens zu erfolgen. Darüber hinaus sind vom Tatsachengericht die rechtlichen Vorgaben zu beachten. Rechtlicher Ausgangspunkt sind stets § 2 Abs. 1, § 69 Abs. 1 und 3 SGB IX; danach sind insbesondere die Auswirkungen nicht nur vorübergehender Gesundheitsstörungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft maßgebend.
Im vorliegenden Fall ist bei der Prüfung einer wesentlichen Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 SGB X der Zeitraum ab der letztmaligen Feststellung des Gesamt-GdB mit Bescheid vom 28.02.2005 zu beurteilen. Formal betrachtet sind bis zum 31.12.2008 die AHP und ab dem 01.01.2009 die VG heranzuziehen.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat das SG zutreffend dargelegt, dass beim Kläger eine wesentliche Änderung der Gesundheitsverhältnisse nicht eingetreten ist, so dass der Gesamt-GdB nicht von 40 auf - wie vom Kläger begehrt - 80 heraufzusetzen war.
Zutreffend hat das SG in Auswertung des schlüssigen und gut nachvollziehbaren Gut-achtens des Dr. N. dargelegt, dass sich im Bereich des Funktionssystems "Gehirn einschließlich Psyche" ein Einzel-GdB von 30 abbilden lässt. Der Senat schließt sich diesen Ausführungen nach eigener Prüfung gemäß § 153 Abs. 2 SGG unter Verweis auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Gerichtsbescheides zur Vermeidung von Wiederholungen an und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass nach den Angaben des Dr. N. die gutachterliche Untersuchung von einer erheblichen Aggravations-, wenn nicht sogar Simulationsneigung geprägt gewesen ist, worauf die Auffälligkeiten im Rey-Test, beim Finger-Nase-Versuch, aber auch die prompte Steuerbarkeit und Korrektur des Verhaltens nach entsprechender Ermahnung des Sachverständigen hindeutet. Da also eindeutig intentionale beziehungsweise motivationale Faktoren das Beschwerdebild des Klägers mitbestimmt haben, hat es der Sachverständige zu Recht für unmöglich gehalten, sich davon zu überzeugen, dass der Schweregrad der psychischen Störung einem GdB von mehr als 30 entspricht. Der Senat schließt sich dieser Einschätzung an, zumal auch schon die im Rentenverfahren eingeschalteten Gutachter eine ähnliche Symptomatik beschrieben haben. So hat Dr. B. ein vom Kläger sehr betontes Beschwerdebild beschrieben und hat Dr. C. darauf hingewiesen, dass sich testpsychologisch Hinweise auf eine invalide Symptomdarbietung gezeigt haben, so dass es für ihn gar fraglich gewesen ist, überhaupt eine psychiatrische Diagnose zu stellen. Die von Dr. N. zu objektivierenden psychischen Beschwerden rechtfertigen daher allenfalls die Annahme von nach Teil B Nr. 3.7 VG mit einem GdB von 30 bis 40 zu beurteilenden stärker behindernden psychischen Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit, ohne dass dieser GdB-Spielraum nach oben auszuschöpfen ist.
Auch unter Berücksichtigung des Vorbringens und der Ermittlungen im Berufungsverfahren ist gegenüber der angefochtenen Entscheidung des SGs eine andere Beurteilung nicht gerechtfertigt. Denn auch in dem für das SG in einem Rentenverfahren erstellten Gutachten des Dr. B. vom 12.06.2013 ist ausgeführt, dass sich im Rahmen der gutachterlichen Untersuchung eindeutige Hinweise auf bewusste demonstrative Verhaltensweisen ergeben haben. So ist nach den Angaben des Gutachters das Verhalten des Klägers mit ständigem Jammern und Stöhnen sehr demonstrativ geprägt gewesen und hat das Ergebnis des Rey-Tests eindeutig einer Simulation entsprochen. Damit hat sich die Einschätzung des Dr. N. bestätigt. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG eingeholten Gutachten des Prof. Dr. P. vom 16.12.2013. Dieser Sachverständige hat die vom Kläger dargebotenen psychischen Einschränkungen übernommen, ohne sich kritisch mit den Vorgutachten auseinandergesetzt zu haben. Dabei weist der Senat zunächst darauf hin, dass es für die GdB-Beurteilung nicht darauf ankommt, ob das Beschwerdebild des Klägers als posttraumatische Verbitterungsstörung oder als Depression mit andauernder Persönlichkeitsveränderung zu umschreiben ist. Wesentlich kommt es vielmehr auf die hieraus resultierenden objektivierbaren Funktionsstörungen an. Entgegen Prof. Dr. P. zieht sich durch die gesamt Akte, dass der Kläger bei den Begutachtungen, testpsychologisch belegt, ein aggravierendes Verhalten an den Tag gelegt hat und mithin seine Beschwerdeangaben für die GdB-Beurteilung nicht valide genug sind. Der Einwand des Prof. Dr. P., eine Störung der kognitiven Leistung habe zur Verfälschung des Ergebnisses des Rey-Tests geführt, greift nicht durch, da sich Hinweise auf eine hirnorganische Komponente beziehungsweise kognitive Beeinträchtigungen aus den Vorgutachten gerade nicht ergeben haben. Vielmehr folgt der Senat der Einschätzung des Dr. Götz in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 04.03.2014, dass sich auch aus dem Gutachten des Prof. Dr. P. eine tiefgreifende depressive Symptomatik nicht feststellen lässt. Denn auch der von diesem Sachverständigen durchgeführte Rey-Test hat nur knapp im nicht-auffälligen Bereich gelegen, so dass sich angesichts der bereits vorliegenden mehrfach auffälligen Ergebnisse eine Tendenz zur Simulation weiterhin nicht ausschließen lässt.
Mithin sind die Beeinträchtigung im Funktionssystem "Gehirn einschließlich Psyche" mit einem Einzel-GdB von 30 zu bewerten.
Zusätzlich ist - vom SG zutreffend dargelegt und vom Kläger auch nicht angegriffen - nach Teil B Nr. 9.1.2 VG wegen des Zustandes nach Mitralklappenersatz bei guter linksventrikulärer Herzpumpleistung für das Funktionssystem "Herz-Kreislauf" von einem Einzel-GdB von 30 auszugehen.
Unter Berücksichtigung der dargelegten Einzel-GdB-Werte (Einzel-GdB 30 für das Funktionssystem "Gehirn einschließlich Psyche", Einzel-GdB 30 für das Funktionssystem "Herz-Kreislauf") haben der Beklagte und das SG den Gesamt-GdB rechtsfehlerfrei mit 40 eingeschätzt. Im Falle des Klägers liegt eine Überschneidung der mit einem Einzel-GdB von jeweils 30 einzuschätzenden Funktionsbehinderungen derart vor, dass der Gesamt-GdB nicht mehr als 40 beträgt. Denn die von sämtlichen Gutachtern beschriebene Angststörung hängt eng mit dem Zustand nach Mitralklappenersatz zusammen. Bei der Bemessung des Gesamt-GdB war auch ein Vergleich mit anderen schwerwiegenden Erkrankungsbildern anzustellen. Denn nach Teil A Nr. 3 Buchst. b VG sind bei der Gesamtwürdigung der verschiedenen Funktionsbeeinträchtigungen unter Berücksichtigung aller sozialmedizinischen Erfahrungen Vergleiche mit Gesundheitsschäden anzustellen, für die in der GdB-Tabelle der VG feste Grade angegeben sind. Gemessen an diesen Voraussetzungen sind die beim Kläger bestehenden Erkrankungen insgesamt nicht mit Gesundheitsschäden zu vergleichen, deren Funktionsbeeinträchtigungen einen Gesamt-GdB von 50 oder gar - wie vom Kläger begehrt - 80 begründen.
Mithin ist seit Erlass des Bescheides vom 28.02.2005 eine wesentliche Änderung in den gesundheitlichen Verhältnissen des Klägers nicht eingetreten, so dass der Gesamt-GdB nicht von 40 auf - wie vom Kläger begehrt - 80 heraufzusetzen war. Der den Antrag auf Heraufsetzung des Gesamt-GdB auf mehr als 40 ablehnende Bescheid des Beklagten vom 27.11.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.06.2010 hat sich daher als ebenso rechtmäßig erwiesen wie der die hiergegen erhobene Klage abweisende Gerichtsbescheid des SGs.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorlie-gen.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
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