Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 8 U 4734/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 U 4883/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 26. September 2012 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über die Weitergewährung einer Verletztenrente ab dem 01.07.2008 wegen eines Arbeitsunfalls am 16.02.1999.
1. Der 1952 geborene Kläger war als Kraftfahrer bei einer Spedition beschäftigt und in dieser Eigenschaft bei einer der Rechtsvorgängerinnen der beklagten Berufsgenossenschaft (im Folgenden einheitlich: Beklagte) gesetzlich unfallversichert.
Am 16.02.1999 rutschte er auf der Ladefläche eines Anhängers aus und fiel rück¬wärts hinunter (Unfallanzeige der Arbeitgeberin vom 17.02.1999). Hierbei erlitt er u.a. einen Abriss der Supraspinatussehne bzw. der Rotatorenmanschette (Entlassungsbericht des Kreiskrankenhauses Rheinfelden vom 09.03.1999). Das Heilverfahren wurde zu Lasten der Beklagten durchgeführt. Während dieser Zeit erlitt der Kläger im Sommer 1999 einen erneuten Riss der Rotatorenmanschette links, der am 01.12.1999 operativ versorgt wurde. Mit Bescheid vom 22.12.1999 erkannte die Beklagte als Folgen des Arbeitsunfalls Bewegungseinschränkungen im linken Schultergelenk an und gewährte dem Kläger eine Rente als vorläufige Entschädigung nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20 vom Hundert (v.H.).
In dem Zweiten Rentengutachten vom 27.07.2000 teilte Dr. G. mit, dass sich die Beweglichkeit der linken Schulter gebessert und die Hohlhandbeschwielung zugenommen habe. Die Seitwärtshebung sei aktiv bis 40° und passiv bis 170° möglich, die Vorwärtshebung nur bis 20° bzw. 170°. Der Kläger demonstriere, z.B. beim Auskleiden, eine weitgehende Funktionsunfähigkeit der Schulter. Objektiv müsse jedoch von einem sehr guten Ergebnis ausgegangen werden. Die deutliche Diskrepanz zwischen aktiver und passiver Beweglichkeit sei nicht erklärbar, die Hände seien seitengleich beschwielt. Die MdE betrage ab dem 26.07.2000 nur noch 10 v.H., jedoch habe die MdE bis März 2000 sogar 30 v.H. betragen. Gestützt hierauf bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 07.12.2000 eine Rente nach einer MdE von 30 v.H. für November 1999 bis März 2000 und entzog mit Bescheid vom 21.12.2000 die zuvor gewährte Rente nach einer MdE von 20 v.H. mit Ablauf des Dezember 2000. Hierzu führte sie aus, die Beweglichkeit im linken Schultergelenk habe zugenommen. Rechtsbehelfe gegen diese Bescheide wurden nicht eingelegt.
2. Am 21.02.2006 erlitt der Kläger einen weiteren Arbeitsunfall mit Rotatorenmanschettenruptur, nunmehr an der rechten Schulter. Insoweit bewilligte die Beklagte dem Kläger zunächst mit Bescheid vom 27.07.2007 für die Zeit vom 01.05.2007 bis 30.06.2008 eine Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.H. als vorläufige Entschädigung in Form einer Gesamtvergütung und nach weiteren Untersuchungen mit Bescheid vom 27.10.2010 eine Dauerrente in gleicher Höhe. Insoweit legte der Kläger Rechtsbehelfe ein, mit denen er eine höhere Verletztenrente begehrt. Jenes Verfahren ist in der Berufungsinstanz ebenfalls bei dem erkennenden Senat anhängig (L 3 U 1996/13), dort entscheidet der Senat mit weiterem Beschluss vom heutigen Tage.
3. In jenem Verfahren wegen der rechten Schulter leitete die Beklagte mit Schreiben vom 23.12.2008 ein Überprüfungsverfahren wegen der linken Schulter ein, um zu klären, ob insoweit zumindest ein Stützrententatbestand vorliege. Sie ließ den Kläger von Dr. M. begutachten. Dieser führte unter dem 10.06.2009 aus, dass nach Ruptur der Rotatorenmanschette am linken Schultergelenk und nachfolgender operativer Versorgung eine leichtgradige Beweglichkeitseinschränkung im linken Schultergelenk sowie eine Minderung der Grobkraft und Belastungsschmerz bestehe (Armhebung seitwärts 130° und vorwärts 120°, Nacken- und Schürzengriff links fast möglich). Un¬abhängig von diesem Arbeitsunfall bestehe auch die Rotatorenmanschettenruptur am rechten Schultergelenk, die operativ angegangen worden sei. Die Beeinträchtigung dort sei wesentlich ausgeprägter. Die MdE wegen der linken Schulter schätzte Dr. M. ab 21.02.2006 auf 5 v.H. ein. Mit dem in diesem Verfahren angegriffenen Bescheid vom 10.07.2009 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 16.02.1999 weiterhin kein Anspruch auf Rente bestehe. Eine messbare Min-derung der MdE liege nicht vor. Als Unfallfolge bestehe eine Bewegungseinschränkung im linken Schultergelenk.
Im Vorverfahren trug der Kläger vor, die Beweglichkeitseinschränkung der linken Schulter habe sich seit der Begutachtung bei Dr. G. im Jahre 1999 nicht gebessert. Dr. M. habe die Beweglichkeit ohne Belastung untersucht. Die Beklagte wies jedoch mit Widerspruchsbescheid vom 17.08.2010 den Widerspruch zurück.
Am 15.09.2010 hat der Kläger gegen den Bescheid vom 10.07.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.08.2010 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben. Er hat sein Vorbringen aus dem Vorverfahren vertieft. Ergänzend hat er sich darauf berufen, dass die Beeinträchtigungen an der rechten Schulter nach dem weiteren Arbeitsunfall vom 21.02.2006 die Kraftminderung im linken Arm verstärkten, da eine Kompensationsmöglichkeit fehle.
Nachdem die Beklagte der Klage entgegengetreten war, hat das SG von Amts wegen das Gutachten des Orthopäden und Unfallchirurgen Dr. P. vom 13.10.2011 eingeholt. Dieser Sachverständige hat bekundet, Schürzen- und Nackengriff seien links durchführbar, die Anteversion der linken Schulter sei bis 160°, die Abduktion bis 170° möglich, die grobe Kraft (nach Janda) betrage links bei Schulterabspreizung 4,5 bis 5 von 5 und für die Außenrotation 5 von 5, die Muskelkraft der linken Hand betrage 0,8 bar, eine Muskelminderung links sei nicht feststellbar. Nach den Erfahrungswerten, die eine MdE von 10 v.H. erst bei einer Bewegungseinschränkung auf 120° vorsähen, liege eine MdE zwischen 10 und 20 v.H. keinesfalls vor. Die MdE betrage unter 10 v.H.
Auf Antrag und Kostenrisiko des Klägers hat das SG das weitere Gutachten vom 13.10.2011 bei Dr. J. erhoben. Dieser Sachverständige hat bekundet, die Anteversion links habe aktiv 140° und passiv 170° betragen, die Abduktion aktiv 130° und passiv ebenfalls 170°. Die Oberarmmuskulatur links sei gegenüber rechts um 0,5 cm vermehrt. Der Kraftgrad nach Janda habe für den Supraspinatus, den Infraspinatus und den Subscapularis jeweils 5 von 5 betragen. Die linke Schulter sei in allen Ebenen stabil. Gegenüber den Vorschlägen von Dr. P. sei eher eine MdE von – genau – 10 v.H. seit dem 26.07.2000 gerechtfertigt. Diese Beurteilung berücksichtige die Bewegungsmaße, aber auch den objektiv nur schwer quantifizierbaren Schmerz, den der Kläger angebe.
Die Beklagte hat unter Vorlage der beratungsärztlichen Stellungnahme von Dr. W. vom 01.08.2012 vorgetragen, die MdE betrage klar unter 10 v.H. Die passive Beweglichkeit sei nahezu völlig frei. Dass der Kläger eine verminderte aktive Beweglichkeit demonstriere, reiche nicht aus, um eine MdE von 10 v.H. als erwiesen anzusehen. Es bestehe die Problematik der Mitwirkung. Auch könne bei einem 60-jährigen Versicherten schon auf Grund der vorhandenen degenerativen Verschleißerscheinungen keine Beweglichkeit wie bei einem 20-jährigen mehr erwartet werden.
Mit Urteil auf Grund mündlicher Verhandlung vom 26.09.2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, der Arbeitsunfall vom 16.02.1999 habe bei dem Kläger keine rentenberechtigende MdE von wenigstens 20 v.H. begründet, auch liege keine MdE von 10 v.H. im Sinne eines Stützrententatbestandes vor. Eine MdE von 20 v.H. habe keiner der behandelnden Ärzte und keiner der gehörten Sachverständigen angenommen. Diskrepanzen beständen lediglich dahingehend, ob die MdE 10 v.H. oder unter 10 v.H. betrage. In diesem Rahmen sei davon auszugehen, dass sich die MdE auf unter 10 v.H. belaufe. Dies ergebe sich vor allem aus dem von Amts wegen eingeholten Gutachten von Dr. P. Die Restbeweglichkeit des Klägers im linken Schultergelenk betrage deutlich mehr als 120°. Entsprechende Werte habe schon Dr. M. gemessen. Die Annahme des Wahlarztes Dr. J., eine MdE von 10 v.H. sei eher gerechtfertigt, überzeuge nicht. Vielmehr ergebe sich eine Diskrepanz zwischen der aktiven und der passiven Beweg¬lichkeit, welche sich in den Vorgutachten nicht gefunden habe. Insbe¬sondere habe sich auch bei der Exploration durch Dr. P. ein fast seitengleicher Befund der Umfangmaße der oberen Extremitäten ergeben.
Gegen dieses Urteil, das seinem Prozessbevollmächtigten am 25.10.2012 zugestellt worden ist, hat der Kläger am 26.11.2012 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Er verweist erneut auf die verstärkende Beeinträchtigung der rechten Schulter.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 26. September 2012 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 10. Juli 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. August 2010 zu verurteilen, ihm auf Grund des Arbeits-unfalls vom 16. Februar 1999 ab dem 01. Juli 2008 eine Verletztenrente nach einer MdE von mindestens 20 v.H., hilfsweise nach einer MdE von 10 v.H., zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie führt aus, dass auch eine MdE um 10 v.H. zum Zeitpunkt des zweiten Arbeitsunfalls unter gar keinen Umständen vorgelegen habe.
Der Senat hat in dem Parallelverfahren L 3 U 1996/13 betreffend die rechte Schulter von Amts wegen das Gutachten des Orthopäden und Unfallchirurgen Dr. N. vom 19.12.2013 eingeholt. Dieser Sachverständige hat ausgeführt, beide Schultern ständen gleich hoch, die Muskulatur sei beidseits seitengleich ausgebildet. Auch die Handflächenbeschwielung sei seitengleich. Der Umfang des Oberarms betrage rechts 31,0 und links 33,0 cm. Die Bewegungseinschränkungen der rechten Schulter seien aktiv massiv, passiv etwas eingeschränkt. Links betrage die Anteversion aktiv 160° und passiv 180°, die Abduktion aktiv und passiv 180°. Eine signifikante Abschwächung der Kraftentwicklung finde sich nicht. Links bestehe kein Bewegungsschmerz. Als Diagnose sei links – nur – ein Z.n. Sehnennaht bei stattgehabter traumatischer Sehnenruptur anzugeben. An der linken Schulter sei neben einem damals guten OP-Ergebnis auch eine gute muskuläre Kompensation eingetreten. Das Argument der fehlenden Kompensationsmöglichkeit wegen der Beeinträchtigungen der rechten Schulter sei aus orthopädischer Sicht nicht haltbar.
Nach Eingang jenes Gutachtens hat der Senat den Beteiligten unter dem 08.07.2014 mitgeteilt, dass er ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss entscheiden wolle, und Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 31.07.2014 gegeben.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Verfahrens sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsak¬ten der Beklagten sowie die Gerichtsakte verwiesen.
II.
1. Der Senat konnte über die Berufung des Klägers nach § 153 Abs. 4 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entscheiden. Er hält die Berufung einstimmig für unbegründet. Der Rechtsstreit weist auch keine besonderen Schwierigkeiten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auf, die mit den Beteiligten in einer mündlichen Verhandlung erörtert werden müssten. Die Beteiligten sind zu dieser Verfahrensweise gehört worden.
2. Die Berufung ist statthaft (§ 143 SGG), insbesondere war sie nicht nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG zulassungsbedürftig, da die Gewährung einer Verletztenrente für mehr als ein Jahr in Streit steht (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Sie ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere frist- und formgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) erhoben. Sie ist aber nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 1, Abs. 4 SGG) auf Gewährung einer Verletztenrente nach einer MdE von mindestens 20 v.H. bzw. hilfsweise – im Sinne eines Stützungstatbestands – von 10 v.H. abgewiesen. Ein solcher Anspruch steht dem Kläger nicht zu, weswegen sich die angegriffenen Bescheide als rechtmäßig erweisen.
a) Die rechtlichen Voraussetzungen eines Anspruchs auf Verletztenrente auf Grund eines Arbeitsunfalls (bzw. einer Berufskrankheit) aus § 56 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) hat das SG in dem angegriffenen Urteil zutreffend dargelegt. Insbesondere hat es ausgeführt, dass nach der Grundregel in § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII ein Rentenanspruch nur besteht, wenn die Erwerbsfähigkeit des Versicherten in Folge des Versicherungsfalls um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, dass aber nach der Sondervorschrift in § 56 Abs. 1 Sätze 2 und 3 SGB VII auch eine MdE von nur – mindestens – 10 v.H. einen solchen Anspruch begründen kann, wenn weitere Versicherungsfälle vorliegen und diese zusammen die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 20 v.H. gemindert haben. Zutreffend hat das SG auch darauf hingewiesen, dass im Falle des Klägers ein Anspruch auf eine solche "gestützte Rente" in Betracht kommt, weil bei ihm auf Grund der Verletzungen der anderen, rechten Schulter bindend anerkannt eine MdE von 20 v.H. vorliegt. Der Senat verweist nach § 153 Abs. 2 SGG zur Vermeidung von Wiederholungen auf jene Ausführungen.
b) Ebenso wie das SG ist auch der Senat der Ansicht, dass die Folgen des anerkannten Arbeitsunfalls vom 16.02.1999, nämlich die Bewegungseinschränkungen der linken Schulter, für den vom Kläger geltend gemachten Zeitraum ab dem 01.07.2008 keine MdE von wenigstens 10 v.H. und damit erst recht nicht von 20 v.H. bedingen, sodass weder unmittelbar noch im Sinne eines Stütztatbestandes ein Rentenanspruch besteht.
Maßstab für die Folgen einer, auch traumatisch bedingten, Rotatorenmanschettenruptur ist im Wesentlichen die Restbeweglichkeit im Schultergelenk (Schönberger/Mehr¬tens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2011, S. 419). Hierbei ist die Vorwärts- und Rückwärtshebung des Arms das Hauptkriterium (a.a.O., S. 523), weil sich Einschränkungen der Beweglichkeit in diesen Dimensionen in Alltag und Beruf am stärksten auswirken. Eine MdE von 10 v.H. setzt vor¬aus, dass die Flexion nur bis zu 120° möglich ist. Die gleichen Werte gelten auch für andere Verletzungen der Schulter bzw. des Schultergelenks (a.a.O., S. 523). Nachranging haben andere Faktoren Einfluss auf die Bewertung mit einer MdE. So können stärkere schmerzhafte Funktionseinschränkungen mit berücksichtigt werden, dies aber nur, wenn sie zu einer Verschmächtigung der Muskulatur der betroffenen oberen Organe – hier vor allem an Schulter und Arm – geführt haben (a.a.O., S. 419). Ein solche Verschmächtigung selbst ist allerdings keine Funktionseinbuße, sondern ein Indiz für eine eingeschränkte Belastbarkeit der betroffenen Gelenke oder Gliedmaßen. Eine eingeschränkte Belastbarkeit kann auch unmittelbar festgestellt werden, z.B. in Form einer Minderung der groben Kraft. Dass auch die andere Schulter geschädigt ist, kann dagegen nicht zu einer höheren Bewertung der Beeinträchtigungen an der einen Schulter führen. Für eine solche stärkere Einbuße auf Grund einer "fehlenden Kompensationsmöglichkeit", wie sie der Kläger vorgetragen hat, gibt es keinen medizinischen Ansatz. Dies entnimmt der Senat den Ausführungen des Gerichtssachverständigen Dr. N., der in seinem Gutachten vom 19.12.2013 – ausdrücklich nach diesem Punkt befragt – ausgeführt hat, ein solches Argument sei aus orthopädischer Sicht nicht haltbar. Dem ist zu folgen, denn anderenfalls würden Funktionseinschränkungen doppelt berücksichtigt, einmal direkt und zusätzlich als Grund für eine höhere MdE für eine andere Verletzung.
Welche Funktionseinbußen im Einzelnen an der linken Schulter des Klägers vorliegen, entnimmt auch der Senat den Feststellungen des Behördengutachters Dr. M. und der insgesamt drei Gerichtssachverständigen Dr. P., Dr. J. und Dr. N ... Alle haben Restbeweglichkeiten deutlich über den genannten Erfahrungswerten ermittelt. Auch der vom Kläger benannte Wahlarzt Dr. J. hat insoweit sogar in der aktiven Beweglichkeit 130° gemessen. An der linken Schulter lagen durchgängig auch die aktiven Beweglichkeiten über 120°. Die passiven Werte waren noch besser, nahezu normgerecht. Diese Diskrepanz zwischen aktiver und passiver Beweglichkeit ändert an der Einschätzung des Senats nichts. Die aktive Beweglichkeit kann willkürlich verändert werden, ihre Messung hängt von der Mitarbeit des Probanden ab. Darauf hat Dr. W. in der beratungsärztlichen Stellungnahme vom 01.08.2012 zutreffend hingewiesen. Ein Grund für eine deutliche Diskrepanz zwischen aktiver und passiver Beweglichkeit kann allenfalls in einer neurologischen Störung oder in einer Kraftminderung liegen, die es dem Betroffenen unmöglich macht, den Arm so zu heben, wie es die Gelenke zuließen. Für solche Schäden bei dem Kläger ist aber nichts ersichtlich. In diesem Zusammenhang hatte schon Dr. G. in dem Gutachten vom 27.07.2000 darauf hingewiesen, dass die demonstrierte Einschränkung der aktiven Armhebung beim Kläger bei passiv unauffälligen Werten nicht erklärlich sei. Auch eine Minderung der groben Kraft liegt nicht vor; die Gutachter haben bei dem einschlägigen Muskelfunktionstest nach Janda keine Einschränkungen festgestellt, sondern eine uneingeschränkte (5 von 5) oder ganz unwesentlich verringerte Kraft (4 bis 5 von 5) ermittelt. Es liegen auch keine Indizien für eine Minderbelastung des linken Arms vor. Die Muskulatur dort, vor allem im Oberarm, ist nicht verschmächtigt. Dies hatte der Senat bereits in dem Hinweisschreiben vom 03.05.2013 ausgeführt, auch im Hinblick auf die Besonderheit, dass eine Muskelminderung hier ausnahmsweise nicht durch einen aktuellen Seitenvergleich ermittelt werden kann, da die rechte Schulter auch geschädigt ist. Die Hände sind- gleichermaßen - beschwielt; dies deutet auf aktive Einsätze der Arme hin. Vor diesem Hintergrund folgt der Senat in der Bewertung der MdE den Vorschlägen der Gutachter Dr. M., Dr. P. und Dr. N., die allesamt eine MdE unter 10 v.H. vorgeschlagen haben. Nicht überzeugen kann dagegen der Vorschlag von Dr. J ... Dieser hat ausgeführt, im Wesentlichen wegen der Schmerzen sei "eher" eine MdE von 10 v.H. anzunehmen. Mit der MdE-Bewertung nach den Erfahrungswerten, die hier – wie ausgeführt – im Wesentlichen an die Bewegungseinschränkungen anknüpfen, sind die üblichen Schmerzen erfasst. Anhaltspunkte für ein besonderes, über diese üblichen Begleitsymptome hinausgehendes Schmerzsyndrom mit eigenständigem Krankheitswert sind nicht vorhanden.
3. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 193 SGG.
4. Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht ersichtlich.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über die Weitergewährung einer Verletztenrente ab dem 01.07.2008 wegen eines Arbeitsunfalls am 16.02.1999.
1. Der 1952 geborene Kläger war als Kraftfahrer bei einer Spedition beschäftigt und in dieser Eigenschaft bei einer der Rechtsvorgängerinnen der beklagten Berufsgenossenschaft (im Folgenden einheitlich: Beklagte) gesetzlich unfallversichert.
Am 16.02.1999 rutschte er auf der Ladefläche eines Anhängers aus und fiel rück¬wärts hinunter (Unfallanzeige der Arbeitgeberin vom 17.02.1999). Hierbei erlitt er u.a. einen Abriss der Supraspinatussehne bzw. der Rotatorenmanschette (Entlassungsbericht des Kreiskrankenhauses Rheinfelden vom 09.03.1999). Das Heilverfahren wurde zu Lasten der Beklagten durchgeführt. Während dieser Zeit erlitt der Kläger im Sommer 1999 einen erneuten Riss der Rotatorenmanschette links, der am 01.12.1999 operativ versorgt wurde. Mit Bescheid vom 22.12.1999 erkannte die Beklagte als Folgen des Arbeitsunfalls Bewegungseinschränkungen im linken Schultergelenk an und gewährte dem Kläger eine Rente als vorläufige Entschädigung nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20 vom Hundert (v.H.).
In dem Zweiten Rentengutachten vom 27.07.2000 teilte Dr. G. mit, dass sich die Beweglichkeit der linken Schulter gebessert und die Hohlhandbeschwielung zugenommen habe. Die Seitwärtshebung sei aktiv bis 40° und passiv bis 170° möglich, die Vorwärtshebung nur bis 20° bzw. 170°. Der Kläger demonstriere, z.B. beim Auskleiden, eine weitgehende Funktionsunfähigkeit der Schulter. Objektiv müsse jedoch von einem sehr guten Ergebnis ausgegangen werden. Die deutliche Diskrepanz zwischen aktiver und passiver Beweglichkeit sei nicht erklärbar, die Hände seien seitengleich beschwielt. Die MdE betrage ab dem 26.07.2000 nur noch 10 v.H., jedoch habe die MdE bis März 2000 sogar 30 v.H. betragen. Gestützt hierauf bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 07.12.2000 eine Rente nach einer MdE von 30 v.H. für November 1999 bis März 2000 und entzog mit Bescheid vom 21.12.2000 die zuvor gewährte Rente nach einer MdE von 20 v.H. mit Ablauf des Dezember 2000. Hierzu führte sie aus, die Beweglichkeit im linken Schultergelenk habe zugenommen. Rechtsbehelfe gegen diese Bescheide wurden nicht eingelegt.
2. Am 21.02.2006 erlitt der Kläger einen weiteren Arbeitsunfall mit Rotatorenmanschettenruptur, nunmehr an der rechten Schulter. Insoweit bewilligte die Beklagte dem Kläger zunächst mit Bescheid vom 27.07.2007 für die Zeit vom 01.05.2007 bis 30.06.2008 eine Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.H. als vorläufige Entschädigung in Form einer Gesamtvergütung und nach weiteren Untersuchungen mit Bescheid vom 27.10.2010 eine Dauerrente in gleicher Höhe. Insoweit legte der Kläger Rechtsbehelfe ein, mit denen er eine höhere Verletztenrente begehrt. Jenes Verfahren ist in der Berufungsinstanz ebenfalls bei dem erkennenden Senat anhängig (L 3 U 1996/13), dort entscheidet der Senat mit weiterem Beschluss vom heutigen Tage.
3. In jenem Verfahren wegen der rechten Schulter leitete die Beklagte mit Schreiben vom 23.12.2008 ein Überprüfungsverfahren wegen der linken Schulter ein, um zu klären, ob insoweit zumindest ein Stützrententatbestand vorliege. Sie ließ den Kläger von Dr. M. begutachten. Dieser führte unter dem 10.06.2009 aus, dass nach Ruptur der Rotatorenmanschette am linken Schultergelenk und nachfolgender operativer Versorgung eine leichtgradige Beweglichkeitseinschränkung im linken Schultergelenk sowie eine Minderung der Grobkraft und Belastungsschmerz bestehe (Armhebung seitwärts 130° und vorwärts 120°, Nacken- und Schürzengriff links fast möglich). Un¬abhängig von diesem Arbeitsunfall bestehe auch die Rotatorenmanschettenruptur am rechten Schultergelenk, die operativ angegangen worden sei. Die Beeinträchtigung dort sei wesentlich ausgeprägter. Die MdE wegen der linken Schulter schätzte Dr. M. ab 21.02.2006 auf 5 v.H. ein. Mit dem in diesem Verfahren angegriffenen Bescheid vom 10.07.2009 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 16.02.1999 weiterhin kein Anspruch auf Rente bestehe. Eine messbare Min-derung der MdE liege nicht vor. Als Unfallfolge bestehe eine Bewegungseinschränkung im linken Schultergelenk.
Im Vorverfahren trug der Kläger vor, die Beweglichkeitseinschränkung der linken Schulter habe sich seit der Begutachtung bei Dr. G. im Jahre 1999 nicht gebessert. Dr. M. habe die Beweglichkeit ohne Belastung untersucht. Die Beklagte wies jedoch mit Widerspruchsbescheid vom 17.08.2010 den Widerspruch zurück.
Am 15.09.2010 hat der Kläger gegen den Bescheid vom 10.07.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.08.2010 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben. Er hat sein Vorbringen aus dem Vorverfahren vertieft. Ergänzend hat er sich darauf berufen, dass die Beeinträchtigungen an der rechten Schulter nach dem weiteren Arbeitsunfall vom 21.02.2006 die Kraftminderung im linken Arm verstärkten, da eine Kompensationsmöglichkeit fehle.
Nachdem die Beklagte der Klage entgegengetreten war, hat das SG von Amts wegen das Gutachten des Orthopäden und Unfallchirurgen Dr. P. vom 13.10.2011 eingeholt. Dieser Sachverständige hat bekundet, Schürzen- und Nackengriff seien links durchführbar, die Anteversion der linken Schulter sei bis 160°, die Abduktion bis 170° möglich, die grobe Kraft (nach Janda) betrage links bei Schulterabspreizung 4,5 bis 5 von 5 und für die Außenrotation 5 von 5, die Muskelkraft der linken Hand betrage 0,8 bar, eine Muskelminderung links sei nicht feststellbar. Nach den Erfahrungswerten, die eine MdE von 10 v.H. erst bei einer Bewegungseinschränkung auf 120° vorsähen, liege eine MdE zwischen 10 und 20 v.H. keinesfalls vor. Die MdE betrage unter 10 v.H.
Auf Antrag und Kostenrisiko des Klägers hat das SG das weitere Gutachten vom 13.10.2011 bei Dr. J. erhoben. Dieser Sachverständige hat bekundet, die Anteversion links habe aktiv 140° und passiv 170° betragen, die Abduktion aktiv 130° und passiv ebenfalls 170°. Die Oberarmmuskulatur links sei gegenüber rechts um 0,5 cm vermehrt. Der Kraftgrad nach Janda habe für den Supraspinatus, den Infraspinatus und den Subscapularis jeweils 5 von 5 betragen. Die linke Schulter sei in allen Ebenen stabil. Gegenüber den Vorschlägen von Dr. P. sei eher eine MdE von – genau – 10 v.H. seit dem 26.07.2000 gerechtfertigt. Diese Beurteilung berücksichtige die Bewegungsmaße, aber auch den objektiv nur schwer quantifizierbaren Schmerz, den der Kläger angebe.
Die Beklagte hat unter Vorlage der beratungsärztlichen Stellungnahme von Dr. W. vom 01.08.2012 vorgetragen, die MdE betrage klar unter 10 v.H. Die passive Beweglichkeit sei nahezu völlig frei. Dass der Kläger eine verminderte aktive Beweglichkeit demonstriere, reiche nicht aus, um eine MdE von 10 v.H. als erwiesen anzusehen. Es bestehe die Problematik der Mitwirkung. Auch könne bei einem 60-jährigen Versicherten schon auf Grund der vorhandenen degenerativen Verschleißerscheinungen keine Beweglichkeit wie bei einem 20-jährigen mehr erwartet werden.
Mit Urteil auf Grund mündlicher Verhandlung vom 26.09.2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, der Arbeitsunfall vom 16.02.1999 habe bei dem Kläger keine rentenberechtigende MdE von wenigstens 20 v.H. begründet, auch liege keine MdE von 10 v.H. im Sinne eines Stützrententatbestandes vor. Eine MdE von 20 v.H. habe keiner der behandelnden Ärzte und keiner der gehörten Sachverständigen angenommen. Diskrepanzen beständen lediglich dahingehend, ob die MdE 10 v.H. oder unter 10 v.H. betrage. In diesem Rahmen sei davon auszugehen, dass sich die MdE auf unter 10 v.H. belaufe. Dies ergebe sich vor allem aus dem von Amts wegen eingeholten Gutachten von Dr. P. Die Restbeweglichkeit des Klägers im linken Schultergelenk betrage deutlich mehr als 120°. Entsprechende Werte habe schon Dr. M. gemessen. Die Annahme des Wahlarztes Dr. J., eine MdE von 10 v.H. sei eher gerechtfertigt, überzeuge nicht. Vielmehr ergebe sich eine Diskrepanz zwischen der aktiven und der passiven Beweg¬lichkeit, welche sich in den Vorgutachten nicht gefunden habe. Insbe¬sondere habe sich auch bei der Exploration durch Dr. P. ein fast seitengleicher Befund der Umfangmaße der oberen Extremitäten ergeben.
Gegen dieses Urteil, das seinem Prozessbevollmächtigten am 25.10.2012 zugestellt worden ist, hat der Kläger am 26.11.2012 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Er verweist erneut auf die verstärkende Beeinträchtigung der rechten Schulter.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 26. September 2012 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 10. Juli 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. August 2010 zu verurteilen, ihm auf Grund des Arbeits-unfalls vom 16. Februar 1999 ab dem 01. Juli 2008 eine Verletztenrente nach einer MdE von mindestens 20 v.H., hilfsweise nach einer MdE von 10 v.H., zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie führt aus, dass auch eine MdE um 10 v.H. zum Zeitpunkt des zweiten Arbeitsunfalls unter gar keinen Umständen vorgelegen habe.
Der Senat hat in dem Parallelverfahren L 3 U 1996/13 betreffend die rechte Schulter von Amts wegen das Gutachten des Orthopäden und Unfallchirurgen Dr. N. vom 19.12.2013 eingeholt. Dieser Sachverständige hat ausgeführt, beide Schultern ständen gleich hoch, die Muskulatur sei beidseits seitengleich ausgebildet. Auch die Handflächenbeschwielung sei seitengleich. Der Umfang des Oberarms betrage rechts 31,0 und links 33,0 cm. Die Bewegungseinschränkungen der rechten Schulter seien aktiv massiv, passiv etwas eingeschränkt. Links betrage die Anteversion aktiv 160° und passiv 180°, die Abduktion aktiv und passiv 180°. Eine signifikante Abschwächung der Kraftentwicklung finde sich nicht. Links bestehe kein Bewegungsschmerz. Als Diagnose sei links – nur – ein Z.n. Sehnennaht bei stattgehabter traumatischer Sehnenruptur anzugeben. An der linken Schulter sei neben einem damals guten OP-Ergebnis auch eine gute muskuläre Kompensation eingetreten. Das Argument der fehlenden Kompensationsmöglichkeit wegen der Beeinträchtigungen der rechten Schulter sei aus orthopädischer Sicht nicht haltbar.
Nach Eingang jenes Gutachtens hat der Senat den Beteiligten unter dem 08.07.2014 mitgeteilt, dass er ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss entscheiden wolle, und Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 31.07.2014 gegeben.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Verfahrens sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsak¬ten der Beklagten sowie die Gerichtsakte verwiesen.
II.
1. Der Senat konnte über die Berufung des Klägers nach § 153 Abs. 4 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entscheiden. Er hält die Berufung einstimmig für unbegründet. Der Rechtsstreit weist auch keine besonderen Schwierigkeiten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auf, die mit den Beteiligten in einer mündlichen Verhandlung erörtert werden müssten. Die Beteiligten sind zu dieser Verfahrensweise gehört worden.
2. Die Berufung ist statthaft (§ 143 SGG), insbesondere war sie nicht nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG zulassungsbedürftig, da die Gewährung einer Verletztenrente für mehr als ein Jahr in Streit steht (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Sie ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere frist- und formgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) erhoben. Sie ist aber nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 1, Abs. 4 SGG) auf Gewährung einer Verletztenrente nach einer MdE von mindestens 20 v.H. bzw. hilfsweise – im Sinne eines Stützungstatbestands – von 10 v.H. abgewiesen. Ein solcher Anspruch steht dem Kläger nicht zu, weswegen sich die angegriffenen Bescheide als rechtmäßig erweisen.
a) Die rechtlichen Voraussetzungen eines Anspruchs auf Verletztenrente auf Grund eines Arbeitsunfalls (bzw. einer Berufskrankheit) aus § 56 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) hat das SG in dem angegriffenen Urteil zutreffend dargelegt. Insbesondere hat es ausgeführt, dass nach der Grundregel in § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII ein Rentenanspruch nur besteht, wenn die Erwerbsfähigkeit des Versicherten in Folge des Versicherungsfalls um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, dass aber nach der Sondervorschrift in § 56 Abs. 1 Sätze 2 und 3 SGB VII auch eine MdE von nur – mindestens – 10 v.H. einen solchen Anspruch begründen kann, wenn weitere Versicherungsfälle vorliegen und diese zusammen die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 20 v.H. gemindert haben. Zutreffend hat das SG auch darauf hingewiesen, dass im Falle des Klägers ein Anspruch auf eine solche "gestützte Rente" in Betracht kommt, weil bei ihm auf Grund der Verletzungen der anderen, rechten Schulter bindend anerkannt eine MdE von 20 v.H. vorliegt. Der Senat verweist nach § 153 Abs. 2 SGG zur Vermeidung von Wiederholungen auf jene Ausführungen.
b) Ebenso wie das SG ist auch der Senat der Ansicht, dass die Folgen des anerkannten Arbeitsunfalls vom 16.02.1999, nämlich die Bewegungseinschränkungen der linken Schulter, für den vom Kläger geltend gemachten Zeitraum ab dem 01.07.2008 keine MdE von wenigstens 10 v.H. und damit erst recht nicht von 20 v.H. bedingen, sodass weder unmittelbar noch im Sinne eines Stütztatbestandes ein Rentenanspruch besteht.
Maßstab für die Folgen einer, auch traumatisch bedingten, Rotatorenmanschettenruptur ist im Wesentlichen die Restbeweglichkeit im Schultergelenk (Schönberger/Mehr¬tens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2011, S. 419). Hierbei ist die Vorwärts- und Rückwärtshebung des Arms das Hauptkriterium (a.a.O., S. 523), weil sich Einschränkungen der Beweglichkeit in diesen Dimensionen in Alltag und Beruf am stärksten auswirken. Eine MdE von 10 v.H. setzt vor¬aus, dass die Flexion nur bis zu 120° möglich ist. Die gleichen Werte gelten auch für andere Verletzungen der Schulter bzw. des Schultergelenks (a.a.O., S. 523). Nachranging haben andere Faktoren Einfluss auf die Bewertung mit einer MdE. So können stärkere schmerzhafte Funktionseinschränkungen mit berücksichtigt werden, dies aber nur, wenn sie zu einer Verschmächtigung der Muskulatur der betroffenen oberen Organe – hier vor allem an Schulter und Arm – geführt haben (a.a.O., S. 419). Ein solche Verschmächtigung selbst ist allerdings keine Funktionseinbuße, sondern ein Indiz für eine eingeschränkte Belastbarkeit der betroffenen Gelenke oder Gliedmaßen. Eine eingeschränkte Belastbarkeit kann auch unmittelbar festgestellt werden, z.B. in Form einer Minderung der groben Kraft. Dass auch die andere Schulter geschädigt ist, kann dagegen nicht zu einer höheren Bewertung der Beeinträchtigungen an der einen Schulter führen. Für eine solche stärkere Einbuße auf Grund einer "fehlenden Kompensationsmöglichkeit", wie sie der Kläger vorgetragen hat, gibt es keinen medizinischen Ansatz. Dies entnimmt der Senat den Ausführungen des Gerichtssachverständigen Dr. N., der in seinem Gutachten vom 19.12.2013 – ausdrücklich nach diesem Punkt befragt – ausgeführt hat, ein solches Argument sei aus orthopädischer Sicht nicht haltbar. Dem ist zu folgen, denn anderenfalls würden Funktionseinschränkungen doppelt berücksichtigt, einmal direkt und zusätzlich als Grund für eine höhere MdE für eine andere Verletzung.
Welche Funktionseinbußen im Einzelnen an der linken Schulter des Klägers vorliegen, entnimmt auch der Senat den Feststellungen des Behördengutachters Dr. M. und der insgesamt drei Gerichtssachverständigen Dr. P., Dr. J. und Dr. N ... Alle haben Restbeweglichkeiten deutlich über den genannten Erfahrungswerten ermittelt. Auch der vom Kläger benannte Wahlarzt Dr. J. hat insoweit sogar in der aktiven Beweglichkeit 130° gemessen. An der linken Schulter lagen durchgängig auch die aktiven Beweglichkeiten über 120°. Die passiven Werte waren noch besser, nahezu normgerecht. Diese Diskrepanz zwischen aktiver und passiver Beweglichkeit ändert an der Einschätzung des Senats nichts. Die aktive Beweglichkeit kann willkürlich verändert werden, ihre Messung hängt von der Mitarbeit des Probanden ab. Darauf hat Dr. W. in der beratungsärztlichen Stellungnahme vom 01.08.2012 zutreffend hingewiesen. Ein Grund für eine deutliche Diskrepanz zwischen aktiver und passiver Beweglichkeit kann allenfalls in einer neurologischen Störung oder in einer Kraftminderung liegen, die es dem Betroffenen unmöglich macht, den Arm so zu heben, wie es die Gelenke zuließen. Für solche Schäden bei dem Kläger ist aber nichts ersichtlich. In diesem Zusammenhang hatte schon Dr. G. in dem Gutachten vom 27.07.2000 darauf hingewiesen, dass die demonstrierte Einschränkung der aktiven Armhebung beim Kläger bei passiv unauffälligen Werten nicht erklärlich sei. Auch eine Minderung der groben Kraft liegt nicht vor; die Gutachter haben bei dem einschlägigen Muskelfunktionstest nach Janda keine Einschränkungen festgestellt, sondern eine uneingeschränkte (5 von 5) oder ganz unwesentlich verringerte Kraft (4 bis 5 von 5) ermittelt. Es liegen auch keine Indizien für eine Minderbelastung des linken Arms vor. Die Muskulatur dort, vor allem im Oberarm, ist nicht verschmächtigt. Dies hatte der Senat bereits in dem Hinweisschreiben vom 03.05.2013 ausgeführt, auch im Hinblick auf die Besonderheit, dass eine Muskelminderung hier ausnahmsweise nicht durch einen aktuellen Seitenvergleich ermittelt werden kann, da die rechte Schulter auch geschädigt ist. Die Hände sind- gleichermaßen - beschwielt; dies deutet auf aktive Einsätze der Arme hin. Vor diesem Hintergrund folgt der Senat in der Bewertung der MdE den Vorschlägen der Gutachter Dr. M., Dr. P. und Dr. N., die allesamt eine MdE unter 10 v.H. vorgeschlagen haben. Nicht überzeugen kann dagegen der Vorschlag von Dr. J ... Dieser hat ausgeführt, im Wesentlichen wegen der Schmerzen sei "eher" eine MdE von 10 v.H. anzunehmen. Mit der MdE-Bewertung nach den Erfahrungswerten, die hier – wie ausgeführt – im Wesentlichen an die Bewegungseinschränkungen anknüpfen, sind die üblichen Schmerzen erfasst. Anhaltspunkte für ein besonderes, über diese üblichen Begleitsymptome hinausgehendes Schmerzsyndrom mit eigenständigem Krankheitswert sind nicht vorhanden.
3. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 193 SGG.
4. Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
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