Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 3 R 2719/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 R 3938/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 15. August 2012 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Befreiung der Klägerin von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung für ihre Tätigkeit als angestellte Juristin bei der Firma L. Stiftung und Co. KG (Beigel. Ziff. 2) ab dem 3.11.2009.
Die am 6.2.1980 geborene Klägerin ist Volljuristin und war gemäß dem Anstellungsvertrag vom 24.4.2007 seit dem 1.6.2007 als Nachwuchsführungskraft (Bl. 42 VA) bzw. seit dem 1.3.2010 als Gruppenleiterin Einkauf International (Bl. 46 VA) bei der Beigel. Ziff. 2 beschäftigt. Nach Rückkehr aus der Elternzeit ist die Klägerin seit dem 19.9.2013 in der Abteilung Markenrecht tätig (Bl. 41 LSG-Akte). Am 3.11.2009 wurde die Klägerin zur Rechtsanwältin bei der Rechtsanwaltskammer Stuttgart zugelassen (Bl. 7 VA). Seitdem ist sie Mitglied des Versorgungswerks der Rechtsanwälte in Baden-Württemberg (Beigel. Ziff. 1, Bl. 10 Rücks. VA).
Im November 2009 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung für ihre Tätigkeit bei der Beigel. Ziff. 2 (Bl. 10 VA). Dem Antrag beigefügt war eine Stellen- und Funktionsbeschreibung der Beigel. Ziff. 2 vom 9.4.2009, nach der die Klägerin insbesondere folgende Funktionen wahrnehme: - Die unabhängige Analyse von betriebsrelevanten konkreten Rechtsfragen im Lebensmittel-, Produkthaftungs- sowie im allgemeinen Schadensersatzrecht; - die selbständige Herausarbeitung und Darstellung von Lösungswegen und Lösungsmöglichkeiten vor dem spezifischen betrieblichen Hintergrund der L. Unternehmensgruppe; - wesentliche Teilhabe an Abstimmungs- und Entscheidungsprozessen im Unternehmen durch selbständiges Erstellen von Entscheidungsvorlagen für die Geschäftsführung und deren Umsetzung in Absprache mit der Geschäftsführung; - die Vertretung der Abteilung Einkauf International in schadensersatz- sowie produkthaftungsrechtlichen Entscheidungen sowie der damit zusammenhängenden Korrespondenz mit den zuständigen Vertretern (unter Einhaltung des generell geltenden Vier-Augen-Prinzips); - das weitgehend selbständige Erstellen von Verträgen mit diversen Vertragspartnern der L. Stiftung u. Co. KG verbunden mit dem ebenfalls selbständigen Führen von Verhandlungen; - die mündliche Darstellung bzw. schriftliche Aufbereitung abstrakter Regelungskomplexe bzw. konkreter Amts- und/oder Gerichtsentscheidungen und/oder Verwaltungsanweisungen für die Geschäftsführung; - unabhängige Überprüfung, Ergänzung, Ausarbeitung oder Umgestaltung von Verträgen. Die Bearbeitungsreichweite umfasst sowohl Unternehmen innerhalb der Unternehmensgruppe als auch externe Dritte, die nicht der Unternehmensgruppe angehören.
Auf Nachfrage durch die Beklagte bestätigte die Beigel. Ziff. 2 mit Schreiben vom 5.2.2010, dass die Klägerin die genannten Funktionen im Fachbereich Einkauf International bereits seit dem 1.6.2007 ausübe (Bl. 14 VA). Mit ergänzendem Schreiben vom 9.3.2010 teilte sie mit, die Klägerin übe die in der bereits übermittelten Stellen- und Funktionsbeschreibung aufgeführten Tätigkeiten lediglich rechtsberatend, nicht anwaltlich aus (Bl. 25 VA).
Mit Bescheid vom 17.3.2010 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin ab (Bl. 26 VA). Die Klägerin erfülle die gesetzlichen Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI nicht. Sie sei zwar Pflichtmitglied der Rechtsanwaltskammer und des Versorgungswerkes der Rechtsanwälte aufgrund ihrer Zulassung als Rechtsanwältin. Jedoch sei sie bei ihrem jetzigen Arbeitgeber nicht anwaltlich beschäftigt. Von einer anwaltlichen Beschäftigung sei auszugehen, wenn die Aufgabenfelder Rechtsberatung, Rechtsentscheidung, Rechtsgestaltung und Rechtsvermittlung kumulativ wahrgenommen würden. Nach der Auswertung der Bestätigung des Arbeitgebers nehme sie die Aufgabenfelder der Rechtsentscheidung, Rechtsgestaltung und Rechtsvermittlung nicht wahr.
Den hiergegen am 15.4.2010 erhobenen Widerspruch (Bl. 29 VA) begründete die Klägerin damit, dass ihr Arbeitgeber die Erfüllung aller Merkmale einer anwaltlichen Tätigkeit im Sinne des Hinweisblattes "Hinweise für nichtanwaltliche Arbeitgeber zu den Merkmalen einer anwaltlichen Tätigkeit" bestätigt habe. Mit dem Schreiben vom 9.3.2010 habe der Kollege aus der Personalabteilung lediglich zum Ausdruck bringen wollen, dass sie im Innenverhältnis zu ihrem Arbeitgeber nicht gehalten sei, Belegschaftsmitglieder nach der Gebührenordnung oder unentgeltlich zu beraten oder zu vertreten und darüber hinaus die Gesellschaft zu keinem Zeitpunkt als ordentlich bestellte und mandatierte Rechtsanwältin zu vertreten habe. Ergänzend bestätigte der Arbeitgeber mit Schreiben vom 15.4.2010 (Bl. 31 VA), dass nach seiner Überzeugung die konkrete Tätigkeit der Klägerin alle Merkmale anwaltlicher Tätigkeit im Sinne des Hinweisblattes "Hinweise für nichtanwaltliche Arbeitgeber zu den Merkmalen einer anwaltlichen Tätigkeit" erfülle.
Auf Anforderung der Beklagten legte die Klägerin weitere Arbeitgeberschreiben bezüglich die organisatorische Einbindung ihrer Stelle (Bl. 34 VA), die von der Klägerin wahrgenommenen Funktionen (Bl. 35 VA), ein Anforderungsprofil betreffend ihre Stelle (Bl. 39 VA), eine Nebentätigkeitsgenehmigung zur Ausübung des Berufs des Rechtsanwalts (Bl. 41 VA) und ihren Anstellungsvertrag vom 24.4.2007 nebst Ergänzung vom 1.3.2010 (Bl. 42, 46 VA) vor.
Mit Widerspruchsbescheid vom 8.7.2010 wies die Beklagte den Widerspruch zurück (Bl. 52 VA). Zur Begründung führte sie aus, dass sich die Tätigkeit der Klägerin nicht als anwaltlich einordnen lasse. Aus den ergänzenden Stellen- und Funktionsbeschreibungen des Arbeitgebers gehe weder eine von allen Weisungen unabhängige Alleinentscheidungsbefugnis noch eine wesentliche Teilhabe an Abstimmungs- und Entscheidungsprozessen hervor. Danach arbeite die Klägerin in der Abteilung Kundenmanagement im Rahmen allgemeiner Weisungen und habe die von ihr erstellten Sachverhaltsdarstellungen dem Geschäftsleiter Einkauf-Verwaltung vorzutragen. Auch würden Verträge und Vertragsentwürfe zwar von ihr gestaltet und verhandelt, jedoch gemeinsam mit ihren Vorgesetzten gezeichnet. Eine leitende Funktion mit ausgeprägter Entscheidungskompetenz habe die Klägerin nicht inne. Im Übrigen sei die Tätigkeit auch nicht als anwaltlich anzusehen, weil sie objektiv nicht zwingend die Qualifikation als Volljurist voraussetze. Eine Beschäftigung als Volljuristin in der Abteilung Kundenmanagement sei auch mit der vorgelegten ergänzenden Stellen- und Funktionsbeschreibung nicht bestätigt worden. Schließlich übe die Klägerin ihre Tätigkeit bereits seit dem 1.6.2007 aus, sei aber erst seit 3.11.2009 Mitglied der Rechtsanwaltskammer Stuttgart.
Am 29.7.2010 hat die Klägerin dagegen Klage zum Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass ihrer Auffassung nach die Zulassung als Rechtsanwältin und die Ausübung rechtsanwaltstypischer Tätigkeiten ohne weitere materielle Prüfung zur Rechtsfolge der Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung führe. Es könne auch nicht Sinn und Zweck des Gesetzes sein, einzelne Anwaltstätigkeiten inhaltlich bzw. materiell-rechtlich bewerten zu lassen und an das Ergebnis unterschiedliche Rechtsfolgen anzuknüpfen. Ungeachtet dessen lägen auch im Falle der Klägerin die kumulativen Voraussetzungen anwaltstypischer Tätigkeiten vor. Hiernach und auch im Sinne einer berufsspezifischen Anwaltstätigkeit von Syndicusanwälten sei die rechtsberatende, rechtsentscheidende, rechtsgestaltende und rechtsvermittelnde Tätigkeit des Rechtsanwalts im ständigen Dienstverhältnis maßgeblich. Die Klägerin sei beispielsweise beratend tätig in Produkthaftungsfällen bei Kundenbeschwerden. Die Abwicklung von Fällen im Bereich der Produkthaftung obliege der Klägerin eigenverantwortlich und auch unter wesentlicher Teilhabe an einem innerbetrieblichen Entscheidungsprozess. Auch die rechtsgestaltenden Tätigkeiten seien arbeitgeberseitig bestätigt worden, wonach die Klägerin eigenständig Vertrags- und Einigungsverhandlungen zu führen habe. Entsprechendes gelte für die rechtsvermittelnde Tätigkeit, worunter die mündliche Darstellung abstrakter Regelungskomplexe vor einem größeren Zuhörerkreis bzw. deren schriftliche Aufarbeitung und Bekanntgabe sowie Erläuterung von Entscheidungen im Einzelfall zu verstehen sei. Entgegen der Einschätzung durch die Beklagte erfordere der Aufgabenbereich der Klägerin zwingend die Qualifikation als Volljuristin. Dies ergebe sich nicht nur aus den Vorgaben im Anforderungsprofil, sondern auch aus der leitenden Funktion in den Bereichen Produkthaftungsrecht, Schadensersatz- und Deliktsrecht, Lebensmittel- und Versicherungsrecht. Auch und gerade weil es bei der L.-Stiftung keine zentrale Rechtsabteilung zur Bearbeitung rechtlich komplexer Fälle gebe, sondern Rechtsfragen dezentral in den Fachabteilungen abgehandelt würden, seien derartige spezielle berufliche Qualifikationsanforderungen unverzichtbar.
Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen die Ausführungen aus dem Widerspruchsbescheid wiederholt und vertieft.
Im Erörterungstermin vor dem SG am 28.10.2011 hat die Klägerin weitere Angaben zu ihrer Tätigkeit gemacht. Das SG hat ferner den Zeugen C. (Personalabteilung der Beigel. Ziff. 2) vernommen. Der Zeuge hat angegeben, dass die von der Firma L. im Verwaltungsverfahren vorgelegte schriftliche Abfassung auf den Beschreibungen des Vorgesetzten der Klägerin beruhe. Von diesem werde der Unterbereich Einkaufsverwaltung verantwortet, wozu auch der Bereich Kundenmanagement gehöre, in dem die Klägerin tätig sei (für die weiteren Einzelheiten vgl. Niederschrift Bl. 76 SG-Akte).
Mit Urteil vom 15.8.2012 hat das SG die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 17.3.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.7.2010 verurteilt, die Klägerin ab dem 3.11.2009 von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht für ihre Tätigkeit bei der Firma L. Stiftung und Co. KG im Bereich Einkauf International zu befreien. Zur Begründung hat es ausgeführt, es bestehe ein Anspruch der Klägerin auf Befreiung, denn die Voraussetzungen des insoweit einzig in Betracht kommenden Befreiungstatbestandes nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI seien für die Tätigkeit als Nachwuchskraft bzw. als Gruppenleiterin Einkauf International ab dem 3.11.2009 erfüllt. Die Regelung des § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI sei nicht personen-, sondern tätigkeitsbezogen und gelte nur für diejenige Tätigkeit, für die sie erteilt werde (BSG, Urt. v. 22.10.1998, B 5/4 RA 80/97 R). Sie stelle damit allein darauf ab, dass eine Tätigkeit ausgeübt werde, die die Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung begründe und auch gleichzeitig die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung. Denn nur unter diesen Voraussetzungen komme eine Befreiung nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI unter Berücksichtigung des gesetzgeberischen Willens in Betracht. Denn mit der Regelung solle erreicht werden, dass die betroffenen Berufsgruppen nicht mit einer doppelten Beitragspflicht belastet würden (Gürtner in Kasseler Kommentar, § 6 SGB VI, Rz. 4). Die Anknüpfung an die jeweilige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit ergebe sich auch aus der Regelung des § 6 Abs. 5 SGB VI, wonach die Befreiung auf die jeweilige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit beschränkt sei. Damit komme eine Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung wegen Zugehörigkeit zu einer berufsständischen Versorgungseinrichtung nur in Bezug auf die Beschäftigung oder Tätigkeit in Betracht, auf der die Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Versorgungseinrichtung beruhe. Eine Befreiung von der Versicherungspflicht erfasse nicht Beschäftigungen oder Tätigkeiten außerhalb des für die Befreiung maßgebenden Berufs, aus dessen Ausübung die Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Versorgung erfolge (BSG a.a.O.). Die Klägerin sei kraft gesetzlicher Verpflichtung aufgrund ihrer Zulassung zur Rechtsanwältin Pflichtmitglied der örtlich zuständigen Rechtsanwaltskammer und damit einer berufsständischen Kammer und Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung im Versorgungswerk der Rechtsanwälte in Baden-Württemberg. Zwar ergebe sich diese Pflichtmitgliedschaft nicht aufgrund ihrer abhängigen Beschäftigung bei ihrer Arbeitgeberin, sondern entstehe vielmehr aufgrund der daneben seit 3.11.2009 bestehenden Zulassung als Rechtsanwältin. Diese Befreiung der Klägerin für ihre selbständig ausgeübt Tätigkeit als Rechtsanwältin erstrecke sich nicht auf die hier zu beurteilende abhängige Beschäftigung bei ihrer Arbeitgeberin. Die Klägerin arbeite nicht als unabhängige Anwältin kraft Auftragsverhältnis für ihrer Arbeitgeberin. Die Tätigkeiten der selbständigen Anwältin und der abhängigen Beschäftigung bei ihrer Arbeitgeberin stünden daher unabhängig nebeneinander, was sich insbesondere aus der Freistellungserklärung der Arbeitgeberin der Klägerin vom 9.4.2009 ergebe. Eine Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung für die Tätigkeit bei ihrer Arbeitgeberin könne daher - unter Berücksichtigung der bereits dargelegten Grundsätze - nur in Betracht kommen, wenn insoweit eine eigene Befreiung bezogen auf diese Tätigkeit erfolgen könne. Dies sei vorliegend der Fall, da die Klägerin hier als Rechtsanwältin, mithin berufsspezifisch tätig werde. Die nach der Rechtsprechung herausgebildeten vier Kriterien einer berufstypischen Tätigkeit eines sog. Syndikusanwalts bei einem nicht anwaltlichen Arbeitgeber (rechtsberatende, rechtsentscheidende, rechtsgestaltende und rechtsvermittelnde Tätigkeit, vgl. beispielhaft Hessisches LSG, Urt. v. 29.10.2009, L 8 KR 189/08) seien für die zu beurteilende Tätigkeit der Klägerin erfüllt. Dies ergebe sich aus dem Vorbringen der Klägerin, den Angaben des Zeugen Claßen sowie der Funktions- und Stellenbeschreibung ihrer Arbeitgeberin. Die Klägerin sei im Bereich Kundenmanagement tätig. Sie sei Anlaufstelle für Kundenreklamationen und berate auch die Geschäftsführer der anderen Firmenbereiche bezüglich rechtlicher Fragestellungen (Rechtsberatung). Sie agiere und entscheide in Fällen ohne größere Publizität oder überschaubarer Bedeutung uneingeschränkt selbständig über das jeweilige Vorgehen und die Regulierung etwaiger Schäden. Sie erarbeite eigenverantwortlich Lösungs- und Vergleichsvorschläge und trete gegenüber Kunden bzw. sonstigen Dritten als alleinige Entscheidungsträgerin auf, verhandele und schließe Vergleiche im Namen ihrer Arbeitgeberin ab (Rechtsentscheidung). Die Klägerin gestalte insbesondere in Fällen ohne größere Publizität selbständig Verträge und Vertragsentwürfe, verhandele diese mit Dritten und zeichne sie gemeinsam mit ihrem Vorgesetzten ab (Rechtsgestaltung). Bei Rechtsfragen mit erheblichem wirtschaftlichem Risiko, hohem medialem Interesse oder grundsätzlicher unternehmerischer Bedeutung bestehe die Aufgabe der Klägerin darin, vollumfänglich, gutachterlich umfassend und entscheidungsreif den Geschäftsleiter Einkauf International zu informieren. Zu diesem Zweck habe sie den Vorgang im Rahmen einer Relation zusammenzufassen, unter Auswertung und Anwendung einschlägiger Rechtsprechung und Literatur gutachterlich zu bewerten und schlussendlich unterschiedliche juristische Gestaltungsmöglichkeiten im Hinblick auf eine unternehmerische Entscheidung und deren juristische und wirtschaftliche Auswirkungen zu erarbeiten; darüber hinaus habe sie Geschäftsleitungsmitglieder und Geschäftsführer in regelmäßigen Abständen über potentielle Haftungsfragen, versicherungsrechtliche Neuerungen, Gesetzesänderungen und Modifikationen der Rechtsprechung zu informieren (Rechtsvermittlung). Gegen eine anwaltliche Tätigkeit spreche auch nicht, dass die Klägerin nicht bereits ab Aufnahme ihrer Tätigkeit zum 1.6.2007 als Anwältin zugelassen und Pflichtmitglied der Rechtsanwaltskammer Stuttgart geworden sei. Diese Tatsache stelle lediglich ein Indiz dar, entbinde jedoch nicht von der inhaltlichen Prüfung durch die Beklagt, ob eine anwaltliche Tätigkeit vorliege.
Gegen das ihr am 31.8.2012 gegen Empfangsbekenntnis zugestellte Urteil hat die Beklagte am 17.9.2012 Berufung eingelegt. Sie geht weiterhin davon aus, dass die Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI nicht erfüllt seien. Bei einer Befreiung von der Rentenversicherungspflicht nach der genannten Vorschrift müssten die Antragsteller nicht nur Pflichtmitglieder in der berufsständischen Kammer und in der berufsständischen Versorgungseinrichtung sein, sondern auch eine dem Kammerberuf entsprechende berufsspezifische Tätigkeit - bei Anwälten also eine für einen Rechtsanwalt typische anwaltliche Berufstätigkeit - ausüben. Hieraus ergebe sich, dass nicht jede Beschäftigung den als zugelassenen Rechtsanwalt tätigen Juristen zur Ausübung des Befreiungsrechts berechtige, sondern nur diejenige Tätigkeit, die zum einen tatsächlich Merkmale einer anwaltlichen Tätigkeit aufweise und ferner auch ausschließlich für Personen mit diesem beruflichen Hintergrund zugänglich sei. Die durch das Zweite Juristische Staatsexamen erlangte Befähigung zum Richteramt müsse objektiv unabdingbare Einstellungsvoraussetzung sein (bestätigt durch Urt. d. LSG Hamburg v. 29.10.2009, L 8 KR 189/08). Ferner müsse entsprechend den in der Rechtsprechung betreffend (Tier-) Ärzte und Apotheker entwickelten Grundsätzen (berufsspezifische Tätigkeit nur, wenn diese zwingend die Approbation als Arzt oder Apotheker voraussetze) für die Annahme einer berufsspezifisch anwaltlichen Tätigkeit die Rechtsanwaltszulassung objektive Zugangsvoraussetzung für die Tätigkeit sein.
Entscheidend bei der Anwendung der genannten vier Kriterien sei auch, ob die zu beurteilende Tätigkeit nach ihrem Gepräge dem in den §§ 1, 3 Abs. 1 BRAO niedergelegten Bild des Rechtsanwalts als einem freien Organ der Rechtspflege entspreche. Nach den Gesamtumständen des Einzelfalles müsse vom Vorliegen einer Anwaltstätigkeit ausgegangen werden können. Bereits die Chronologie der Ereignisse verdeutliche, dass die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft für die Ausübung der Tätigkeit nicht objektiv erforderlich sei, da die Klägerin die ihr übertragenen Aufgaben mehr als zwei Jahre ohne Rechtsanwaltszulassung ausgeübt habe bis sie im November 2009 ihre Zulassung beantragt habe. Übe ein Versicherter eine Tätigkeit über einen längeren Zeitraum ohne Rechtsanwaltszulassung aus und begehre er nach erfolgreicher Zulassung die Befreiung für die inhaltlich im Wesentlichen unveränderte Tätigkeit, schließe dies denklogisch aus, dass es sich bei der fraglichen Tätigkeit um eine solche handele, wegen der die Pflichtmitgliedschaft in der Versorgungeinrichtung und der Kammer bestehe. Die Beklagte sehe sich in ihrer Rechtsauffassung auch durch die aktuelle Rechtsprechung des EuGH, des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs bestätigt, wonach ein Syndikusanwalt in seiner Syndikustätigkeit nicht anwaltlich tätig werde. Ein Syndikusanwalt habe keine einem externen Anwalt vergleichbare berufliche Unabhängigkeit, weil er eng an seinen Arbeitgeber gebunden und wirtschaftlich abhängig sei.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 15. August 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des SG für zutreffend. Die Einwände der Beklagten griffen schon deshalb nicht, weil die erstinstanzlich gewonnenen Erkenntnisse alle vier von der Beklagten selbst als ausschließlich entscheidungserheblich angesehenen typisch anwaltlichen Tätigkeiten zu Gunsten der Klägerin bestätigt hätten. Auch die von Beklagtenseite in den Vordergrund gestellte vermeintlich besondere Chronologie der Ereignisse spreche nicht gegen den Befreiungsanspruch der Klägerin, im Gegenteil. Die Klägerin sei zunächst ab 1.6.2007 als Nachwuchsführungskraft im Bereich Einkauf International eingestellt und beschäftigt worden. Nach einer innerbetrieblichen Umorganisation und Schaffung der neuen Kompetenzstelle einer Gruppenleiterin "Einkauf International" sei die Klägerin dann ab dem 1.3.2010 in dieser Funktion tätig geworden, nachdem die Arbeitgeberin hier vorher bereits am 9.4.2009 ausnahmsweise und ausdrücklich die Erlaubnis erteilt habe, ebenfalls den Beruf eines Rechtsanwalts ausüben zu können. Spätestens im Rahmen ihres - auch mit einer nicht unerheblichen Gehaltssteigerung verbundenen - betriebsinternen Aufstiegs zu Gruppenleiterin habe die Klägerin sämtliche anwaltstypischen Berufsmerkmal zu versehen gehabt. Auch der seit dem 19.9.2013 der Klägerin nach Rückkehr aus der Elternzeit zugewiesene Aufgabenbereich Markenrecht erfordere spezifische anwaltliche Befähigung und sei breitflächig auf anwaltstypisches Handeln ausgerichtet. Die klassische Volljuristen-Ausbildung sei bereits Einstellungsvoraussetzung gewesen, wie der Zeuge Claßen anlässlich seiner Vernehmung ausdrücklich bestätigt habe.
Im Erörterungstermin am 9.4.2014 sind die aus den (zum damaligen Zeitpunkt noch nicht in vollem Wortlaut vorliegenden) Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 3.4.2014 (B 5 RE 3/14 R, B 5 RE 9/14 R, B 5 RE 13/14 R) zu ziehenden Schlussfolgerungen mit den Beteiligten erörtert worden. Der Anregung des Klägervertreters, das Verfahren zum Ruhen zu bringen, da Verfassungsbeschwerden wegen der genannten Entscheidungen des Bundessozialgerichts zu erwarten seien, vermochte sich die Beklagte nicht anzuschließen.
Mit Beschluss vom 16.9.2014 hat der Senat das Versorgungswerk für Rechtsanwälte in Baden-Württemberg (Beigel. Ziff. 1) und die L. Stiftung & Co. KG (Beigel. Ziff. 2) zum Verfahren beigeladen.
Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt. Die Beigel. Ziff. 1 hat mit Schriftsatz vom 22.9.2014 zu bedenken gegeben, dass die Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 3.4.2014 ihrer Auffassung nach nicht haltbar seien. Die Praxis sowohl der Deutschen Rentenversicherung als auch der Rechtsanwaltsversorgungswerke, vor allem aber zahlloser Instanzgerichte der Sozialgerichtsbarkeit (bis hin zu einem Urteil des hier angerufenen Landessozialgerichts) hätten sich an der über ein Jahrzehnt bewährten Theorie der vier Kriterien orientiert. Der fünfte Senat des BSG, der am 1.1.2014 für die vorliegenden Rechtssachen zuständig geworden sei, habe innerhalb von drei Monaten eine vollständige Kehrtwendung für richtig gehalten. Nachdem der Weg über eine sachgerechte Auslegung des § 6 SGB VI verworfen worden sei, liege die Überlegung nahe, dass die gesetzliche Lösung stringenter sei als bisher angenommen: der Kläger (gemeint wohl die Klägerin) sei tatsächlich "wegen" ihrer Tätigkeit im nichtanwaltlichen Unternehmen Mitglied der Rechtsanwaltskammer und des Versorgungswerks. Diesen Weg habe das SG Köln in seinem Urteil vom 20.12.2013 (S 33 R 1108/13) bereits beschritten.
Alle Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt (vgl. Bl. 49, 55, 68 R, 69, 70, 71 LSG-Akte).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Prozessakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (vgl. §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Die Berufung der Beklagten hat Erfolg.
Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegte und statthafte (§ 143 SGG) Berufung ist zulässig.
Die Berufung ist auch begründet. Das SG hat die Beklagte zu Unrecht verurteilt, die Klägerin von der Versicherungspflicht zu befreien. Die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung für die von der Klägerin bei der Beigeladenen Ziff. 2 ausgeübte Tätigkeit liegen nicht vor. Der Bescheid der Beklagten vom 17.3.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.7.2010 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Die Klägerin ist bei der Beigel. Ziff. 2 gegen Entgelt beschäftigt. Insoweit liegt eine nach § 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI abhängige Beschäftigung vor, die grundsätzlich der Versicherungspflicht bei der Beklagten unterliegt. Mit Blick auf die laut Anstellungsvertrag vom 24.4.2007 (Bl. 42 VA) erfolgte Einstellung als Vollzeitkraft mit einer (anfänglichen) monatlichen Bruttovergütung in Höhe von 3.500 EUR kommt auch eine Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit (§ 5 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SGB VI i.V.m. § 8 Abs. 1 SGB IV) nicht in Betracht.
Gemäß § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 2 SGB VI werden Beschäftigte für die Beschäftigung, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, auf Antrag unter gewissen weiteren Voraussetzungen von der Versicherungspflicht befreit.
Die Klägerin war aufgrund ihrer Mitgliedschaft in der Rechtsanwaltskammer ab dem 3.11.2009 Pflichtmitglied beim Versorgungswerk der Rechtsanwälte in Baden-Württemberg (§ 5 Abs. 2 des Gesetzes über das Versorgungswerk der Rechtsanwälte in Baden-Württemberg - RAVG - vom 10.12.1984). Indessen gibt § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI versicherungspflichtigen Beschäftigten, die gleichzeitig verkammerte Mitglieder einer berufsständischen Versorgungseinrichtung sind, einen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht nur für die "Beschäftigung, wegen der" sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind. Unter "derselben Beschäftigung" im Sinne der Norm ist die "von der Beschäftigung erfasste Erwerbstätigkeit" zu verstehen (vgl. ausführlich zur Problematik einer wortlautgetreuen Auslegung der Vorschrift BSG, Urt. v. 3.4.2014, B 5 RE 3/14 R, juris Rn. 23 - auf die Angabe der Fundstellen in den beiden bereits genannten Parallelentscheidungen des BSG vom gleichen Tag wird künftig verzichtet; s. auch bereits LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 23.1.2013, L 2 R 2671/12, juris Rn. 29). Mit Blick auf die "systemübergreifende Koordinierungsfunktion" (BSG, Urt. v. 3.4.2014, B 5 RE 3/14 R, juris Rn. 24) des § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI ist nach der den Senat überzeugenden Auslegung durch das BSG der Anwendungsbereich der Vorschrift nur dann eröffnet, wenn in Betracht kommt, dass ein und dieselbe Erwerbstätigkeit zur Versicherungspflicht in beiden Sicherungssystemen gesetzliche Rentenversicherung und berufsständische Versorgung) führt (BSG a.a.O. Rn. 25).
Dies ist allerdings bei der Klägerin hinsichtlich der bei der Beigeladenen Ziff. 2 ausgeübten Tätigkeit nicht der Fall. Bereits aufgrund der äußeren Form (Beschäftigungsverhältnis) kommt eine Anwendung des § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI nicht in Betracht. Dass die Klägerin bei der Beigeladenen Ziff. 2 in einer abhängigen Beschäftigung tätig ist, wird von ihr selbst nicht bestritten. Sie gehört als abhängig Beschäftigte somit "zum Kernbereich der typisiert Schutzbedürftigen" und deshalb grundsätzlich in allen Zweigen der Sozialversicherung und insbesondere in der gesetzlichen Rentenversicherung Zwangsversicherten (§ 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI).
Diese Erwerbstätigkeit begründet nicht gleichzeitig ihre Mitgliedschaft in der berufsständischen Versorgungseinrichtung. Lediglich unter der Annahme, dass die Klägerin als Syndikusanwältin anzusehen sein könnte (was vorliegend mangels konkreter Kenntnis sonstiger Aktivitäten der Klägerin außerhalb ihres Beschäftigungsverhältnisses nicht abschließend beurteilt werden kann), wären für ihre Tätigkeiten außerhalb des Dienstverhältnisses die Merkmale einer freien Berufsausübung gegeben. Mit Blick auf die rechtliche Einordnung des Syndikusanwalts in der Rechtsprechung von Bundesgerichtshof, Bundesarbeitsgericht, Bundesverfassungsgericht und Europäischem Gerichtshof hat das BSG ausgeführt, dass sich das für eine Zulassung als Rechtsanwalt unverzichtbare Berufsbild nur daraus ergeben könne, dass der Syndikus rechtlich und tatsächlich in der Lage sei, neben (!) seiner Tätigkeit im Unternehmen Rechtssuchende als freier Anwalt zu beraten und zu vertreten. Der Syndikusanwalt sei Rechtsanwalt nicht weil er Syndikus sei, sondern weil er sich aufgrund einer nur deshalb zu erteilenden Zulassung unabhängig hiervon und daneben gesondert als Rechtsanwalt betätige. Beide Tätigkeiten seien grundsätzlich getrennt zu betrachten (BSG, Urt. v. 3.4.2014, B 5 RE 3/14 R, juris Rn. 29 ff.). Dem schließt sich der Senat nach eigener Prüfung an. Mangels Doppelrelevanz ihrer Tätigkeit im oben dargelegten Sinn kommt eine Befreiung für die Beschäftigung der Klägerin bei der Beigel. Ziff. 2 nicht in Betracht.
Der in Literatur und instanzgerichtlicher Rechtsprechung vertretenen Auslegung, wonach nach der sog. Vier-Kriterien-Theorie die Tätigkeit eines Syndikusanwaltes bei einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber einem anwaltlichen Berufsbild entsprechen könne (vgl. insoweit ausführlich LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 23.1.2013, L 2 R 2671/12, Rn. 34), hat das Bundessozialgericht in den genannten Entscheidungen vom 3.4.2014 eine ausdrückliche Absage erteilt. Es sei rechtlich unerheblich, ob die in Frage stehende Beschäftigung inhaltlich Elemente der anwaltlichen Berufstätigkeit aufweise (BSG, Urt. v. 3.4.2014, B 5 RE 3/14 R, juris Rn Rn. 39, 40).
Lediglich ergänzend - und mangels Entscheidungserheblichkeit kursorisch - wird auf Folgendes hingewiesen: Selbst wenn man im Übrigen im Fall der Klägerin am bisher von Teilen der Rechtsprechung angenommenen Erfordernis einer dem anwaltlichen Berufsbild entsprechenden Tätigkeit unter Erfüllung der vier Kriterien der Rechtsberatung, der Rechtsentscheidung, der Rechtsgestaltung und der Rechtsvermittlung weiter festhalten würde, käme eine Befreiung von der Versicherungspflicht nicht in Betracht, denn die Klägerin erfüllt diese Kriterien nicht in vollem Umfang. Zunächst wurde die Klägerin nicht als (Syndikus-) Anwältin bei der Beigel. Ziff. 2 eingestellt, sondern als "Nachwuchsführungskraft" (später "Gruppenleiterin Einkauf International"). Die Bezeichnung "Nachwuchsführungskraft" impliziert vom Wortlaut her nicht notwendigerweise, dass Einstellungsvoraussetzung die Volljuristeneigenschaft war. Selbst wenn man zu Gunsten der Klägerin davon ausgeht, dass die Beigel. Ziff. 2 (ausschließlich) eine Volljuristin einstellen wollte, war jedenfalls ihre Zulassung zur Rechtsanwaltschaft keine rechtliche Voraussetzung für die Tätigkeit. Bereits hierdurch ergeben sich Zweifel am anwaltlichen Berufsbild der Tätigkeit der Klägerin, die sich auch durch die im Laufe des Verfahrens durch Klägerin und Beigel. Ziff. 2 immer weiter ergänzten Beschreibungen ihrer Aufgaben nicht ausräumen ließen. Zwar mag die Klägerin rechtsberatend tätig sein, ihrer Tätigkeit fehlt jedoch bereits das Element der Rechtsentscheidung. Insbesondere die Abwicklung der von Klägerseite hierfür angeführten Fälle im Bereich der Produkthaftung vermag eine Teilhabe an richtungweisenden innerbetrieblichen Entscheidungsprozessen und deren Vertretung nach außen nicht zu belegen. Allein das (mit Einschränkungen nach Gewicht der Fälle) vergleichsweise selbständige Bearbeiten von Einzelfällen im Produkthaftungsrecht reicht hierfür nicht aus.
Die von Seiten der Klägerin im Erörterungstermin geäußerten (und im Übrigen nicht näher spezifizierten) verfassungsrechtlichen Bedenken teilt der Senat nicht. Die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung verletzt die Betroffenen weder in ihrem Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 Grundgesetz (GG) noch wird der Schutzbereich des Art. 12 GG (Berufsfreiheit) berührt. Auch Art. 2 GG (in der Ausprägung der Vorsorgefreiheit) ist nicht verletzt. Der besondere Schutzzweck der Sozialversicherung und ihre Natur als eine Einrichtung des öffentlichen Rechts schließen es grundsätzlich aus, über die rechtliche Einordnung allein nach dem Willen der Vertragsparteien, ihren Vereinbarungen oder ihren Vorstellungen hierüber zu entscheiden. Dies gilt auch nach der Überzeugung des Senats auch für die Wahl unter mehreren öffentlich-rechtlich ausgestalteten Sicherungssysteme nach Maßgabe individueller Günstigkeitserwägungen des Beschäftigten bzw. der Arbeitsvertragsparteien (BSG, Urt. v. 3.4.2014, B 5 RE 3/14 R, juris Rn. 52).
Nach alledem hat die Klägerin keinen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung. Das Urteil des SG war aufzuheben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 u. 2 SGG liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Befreiung der Klägerin von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung für ihre Tätigkeit als angestellte Juristin bei der Firma L. Stiftung und Co. KG (Beigel. Ziff. 2) ab dem 3.11.2009.
Die am 6.2.1980 geborene Klägerin ist Volljuristin und war gemäß dem Anstellungsvertrag vom 24.4.2007 seit dem 1.6.2007 als Nachwuchsführungskraft (Bl. 42 VA) bzw. seit dem 1.3.2010 als Gruppenleiterin Einkauf International (Bl. 46 VA) bei der Beigel. Ziff. 2 beschäftigt. Nach Rückkehr aus der Elternzeit ist die Klägerin seit dem 19.9.2013 in der Abteilung Markenrecht tätig (Bl. 41 LSG-Akte). Am 3.11.2009 wurde die Klägerin zur Rechtsanwältin bei der Rechtsanwaltskammer Stuttgart zugelassen (Bl. 7 VA). Seitdem ist sie Mitglied des Versorgungswerks der Rechtsanwälte in Baden-Württemberg (Beigel. Ziff. 1, Bl. 10 Rücks. VA).
Im November 2009 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung für ihre Tätigkeit bei der Beigel. Ziff. 2 (Bl. 10 VA). Dem Antrag beigefügt war eine Stellen- und Funktionsbeschreibung der Beigel. Ziff. 2 vom 9.4.2009, nach der die Klägerin insbesondere folgende Funktionen wahrnehme: - Die unabhängige Analyse von betriebsrelevanten konkreten Rechtsfragen im Lebensmittel-, Produkthaftungs- sowie im allgemeinen Schadensersatzrecht; - die selbständige Herausarbeitung und Darstellung von Lösungswegen und Lösungsmöglichkeiten vor dem spezifischen betrieblichen Hintergrund der L. Unternehmensgruppe; - wesentliche Teilhabe an Abstimmungs- und Entscheidungsprozessen im Unternehmen durch selbständiges Erstellen von Entscheidungsvorlagen für die Geschäftsführung und deren Umsetzung in Absprache mit der Geschäftsführung; - die Vertretung der Abteilung Einkauf International in schadensersatz- sowie produkthaftungsrechtlichen Entscheidungen sowie der damit zusammenhängenden Korrespondenz mit den zuständigen Vertretern (unter Einhaltung des generell geltenden Vier-Augen-Prinzips); - das weitgehend selbständige Erstellen von Verträgen mit diversen Vertragspartnern der L. Stiftung u. Co. KG verbunden mit dem ebenfalls selbständigen Führen von Verhandlungen; - die mündliche Darstellung bzw. schriftliche Aufbereitung abstrakter Regelungskomplexe bzw. konkreter Amts- und/oder Gerichtsentscheidungen und/oder Verwaltungsanweisungen für die Geschäftsführung; - unabhängige Überprüfung, Ergänzung, Ausarbeitung oder Umgestaltung von Verträgen. Die Bearbeitungsreichweite umfasst sowohl Unternehmen innerhalb der Unternehmensgruppe als auch externe Dritte, die nicht der Unternehmensgruppe angehören.
Auf Nachfrage durch die Beklagte bestätigte die Beigel. Ziff. 2 mit Schreiben vom 5.2.2010, dass die Klägerin die genannten Funktionen im Fachbereich Einkauf International bereits seit dem 1.6.2007 ausübe (Bl. 14 VA). Mit ergänzendem Schreiben vom 9.3.2010 teilte sie mit, die Klägerin übe die in der bereits übermittelten Stellen- und Funktionsbeschreibung aufgeführten Tätigkeiten lediglich rechtsberatend, nicht anwaltlich aus (Bl. 25 VA).
Mit Bescheid vom 17.3.2010 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin ab (Bl. 26 VA). Die Klägerin erfülle die gesetzlichen Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI nicht. Sie sei zwar Pflichtmitglied der Rechtsanwaltskammer und des Versorgungswerkes der Rechtsanwälte aufgrund ihrer Zulassung als Rechtsanwältin. Jedoch sei sie bei ihrem jetzigen Arbeitgeber nicht anwaltlich beschäftigt. Von einer anwaltlichen Beschäftigung sei auszugehen, wenn die Aufgabenfelder Rechtsberatung, Rechtsentscheidung, Rechtsgestaltung und Rechtsvermittlung kumulativ wahrgenommen würden. Nach der Auswertung der Bestätigung des Arbeitgebers nehme sie die Aufgabenfelder der Rechtsentscheidung, Rechtsgestaltung und Rechtsvermittlung nicht wahr.
Den hiergegen am 15.4.2010 erhobenen Widerspruch (Bl. 29 VA) begründete die Klägerin damit, dass ihr Arbeitgeber die Erfüllung aller Merkmale einer anwaltlichen Tätigkeit im Sinne des Hinweisblattes "Hinweise für nichtanwaltliche Arbeitgeber zu den Merkmalen einer anwaltlichen Tätigkeit" bestätigt habe. Mit dem Schreiben vom 9.3.2010 habe der Kollege aus der Personalabteilung lediglich zum Ausdruck bringen wollen, dass sie im Innenverhältnis zu ihrem Arbeitgeber nicht gehalten sei, Belegschaftsmitglieder nach der Gebührenordnung oder unentgeltlich zu beraten oder zu vertreten und darüber hinaus die Gesellschaft zu keinem Zeitpunkt als ordentlich bestellte und mandatierte Rechtsanwältin zu vertreten habe. Ergänzend bestätigte der Arbeitgeber mit Schreiben vom 15.4.2010 (Bl. 31 VA), dass nach seiner Überzeugung die konkrete Tätigkeit der Klägerin alle Merkmale anwaltlicher Tätigkeit im Sinne des Hinweisblattes "Hinweise für nichtanwaltliche Arbeitgeber zu den Merkmalen einer anwaltlichen Tätigkeit" erfülle.
Auf Anforderung der Beklagten legte die Klägerin weitere Arbeitgeberschreiben bezüglich die organisatorische Einbindung ihrer Stelle (Bl. 34 VA), die von der Klägerin wahrgenommenen Funktionen (Bl. 35 VA), ein Anforderungsprofil betreffend ihre Stelle (Bl. 39 VA), eine Nebentätigkeitsgenehmigung zur Ausübung des Berufs des Rechtsanwalts (Bl. 41 VA) und ihren Anstellungsvertrag vom 24.4.2007 nebst Ergänzung vom 1.3.2010 (Bl. 42, 46 VA) vor.
Mit Widerspruchsbescheid vom 8.7.2010 wies die Beklagte den Widerspruch zurück (Bl. 52 VA). Zur Begründung führte sie aus, dass sich die Tätigkeit der Klägerin nicht als anwaltlich einordnen lasse. Aus den ergänzenden Stellen- und Funktionsbeschreibungen des Arbeitgebers gehe weder eine von allen Weisungen unabhängige Alleinentscheidungsbefugnis noch eine wesentliche Teilhabe an Abstimmungs- und Entscheidungsprozessen hervor. Danach arbeite die Klägerin in der Abteilung Kundenmanagement im Rahmen allgemeiner Weisungen und habe die von ihr erstellten Sachverhaltsdarstellungen dem Geschäftsleiter Einkauf-Verwaltung vorzutragen. Auch würden Verträge und Vertragsentwürfe zwar von ihr gestaltet und verhandelt, jedoch gemeinsam mit ihren Vorgesetzten gezeichnet. Eine leitende Funktion mit ausgeprägter Entscheidungskompetenz habe die Klägerin nicht inne. Im Übrigen sei die Tätigkeit auch nicht als anwaltlich anzusehen, weil sie objektiv nicht zwingend die Qualifikation als Volljurist voraussetze. Eine Beschäftigung als Volljuristin in der Abteilung Kundenmanagement sei auch mit der vorgelegten ergänzenden Stellen- und Funktionsbeschreibung nicht bestätigt worden. Schließlich übe die Klägerin ihre Tätigkeit bereits seit dem 1.6.2007 aus, sei aber erst seit 3.11.2009 Mitglied der Rechtsanwaltskammer Stuttgart.
Am 29.7.2010 hat die Klägerin dagegen Klage zum Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass ihrer Auffassung nach die Zulassung als Rechtsanwältin und die Ausübung rechtsanwaltstypischer Tätigkeiten ohne weitere materielle Prüfung zur Rechtsfolge der Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung führe. Es könne auch nicht Sinn und Zweck des Gesetzes sein, einzelne Anwaltstätigkeiten inhaltlich bzw. materiell-rechtlich bewerten zu lassen und an das Ergebnis unterschiedliche Rechtsfolgen anzuknüpfen. Ungeachtet dessen lägen auch im Falle der Klägerin die kumulativen Voraussetzungen anwaltstypischer Tätigkeiten vor. Hiernach und auch im Sinne einer berufsspezifischen Anwaltstätigkeit von Syndicusanwälten sei die rechtsberatende, rechtsentscheidende, rechtsgestaltende und rechtsvermittelnde Tätigkeit des Rechtsanwalts im ständigen Dienstverhältnis maßgeblich. Die Klägerin sei beispielsweise beratend tätig in Produkthaftungsfällen bei Kundenbeschwerden. Die Abwicklung von Fällen im Bereich der Produkthaftung obliege der Klägerin eigenverantwortlich und auch unter wesentlicher Teilhabe an einem innerbetrieblichen Entscheidungsprozess. Auch die rechtsgestaltenden Tätigkeiten seien arbeitgeberseitig bestätigt worden, wonach die Klägerin eigenständig Vertrags- und Einigungsverhandlungen zu führen habe. Entsprechendes gelte für die rechtsvermittelnde Tätigkeit, worunter die mündliche Darstellung abstrakter Regelungskomplexe vor einem größeren Zuhörerkreis bzw. deren schriftliche Aufarbeitung und Bekanntgabe sowie Erläuterung von Entscheidungen im Einzelfall zu verstehen sei. Entgegen der Einschätzung durch die Beklagte erfordere der Aufgabenbereich der Klägerin zwingend die Qualifikation als Volljuristin. Dies ergebe sich nicht nur aus den Vorgaben im Anforderungsprofil, sondern auch aus der leitenden Funktion in den Bereichen Produkthaftungsrecht, Schadensersatz- und Deliktsrecht, Lebensmittel- und Versicherungsrecht. Auch und gerade weil es bei der L.-Stiftung keine zentrale Rechtsabteilung zur Bearbeitung rechtlich komplexer Fälle gebe, sondern Rechtsfragen dezentral in den Fachabteilungen abgehandelt würden, seien derartige spezielle berufliche Qualifikationsanforderungen unverzichtbar.
Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen die Ausführungen aus dem Widerspruchsbescheid wiederholt und vertieft.
Im Erörterungstermin vor dem SG am 28.10.2011 hat die Klägerin weitere Angaben zu ihrer Tätigkeit gemacht. Das SG hat ferner den Zeugen C. (Personalabteilung der Beigel. Ziff. 2) vernommen. Der Zeuge hat angegeben, dass die von der Firma L. im Verwaltungsverfahren vorgelegte schriftliche Abfassung auf den Beschreibungen des Vorgesetzten der Klägerin beruhe. Von diesem werde der Unterbereich Einkaufsverwaltung verantwortet, wozu auch der Bereich Kundenmanagement gehöre, in dem die Klägerin tätig sei (für die weiteren Einzelheiten vgl. Niederschrift Bl. 76 SG-Akte).
Mit Urteil vom 15.8.2012 hat das SG die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 17.3.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.7.2010 verurteilt, die Klägerin ab dem 3.11.2009 von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht für ihre Tätigkeit bei der Firma L. Stiftung und Co. KG im Bereich Einkauf International zu befreien. Zur Begründung hat es ausgeführt, es bestehe ein Anspruch der Klägerin auf Befreiung, denn die Voraussetzungen des insoweit einzig in Betracht kommenden Befreiungstatbestandes nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI seien für die Tätigkeit als Nachwuchskraft bzw. als Gruppenleiterin Einkauf International ab dem 3.11.2009 erfüllt. Die Regelung des § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI sei nicht personen-, sondern tätigkeitsbezogen und gelte nur für diejenige Tätigkeit, für die sie erteilt werde (BSG, Urt. v. 22.10.1998, B 5/4 RA 80/97 R). Sie stelle damit allein darauf ab, dass eine Tätigkeit ausgeübt werde, die die Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung begründe und auch gleichzeitig die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung. Denn nur unter diesen Voraussetzungen komme eine Befreiung nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI unter Berücksichtigung des gesetzgeberischen Willens in Betracht. Denn mit der Regelung solle erreicht werden, dass die betroffenen Berufsgruppen nicht mit einer doppelten Beitragspflicht belastet würden (Gürtner in Kasseler Kommentar, § 6 SGB VI, Rz. 4). Die Anknüpfung an die jeweilige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit ergebe sich auch aus der Regelung des § 6 Abs. 5 SGB VI, wonach die Befreiung auf die jeweilige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit beschränkt sei. Damit komme eine Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung wegen Zugehörigkeit zu einer berufsständischen Versorgungseinrichtung nur in Bezug auf die Beschäftigung oder Tätigkeit in Betracht, auf der die Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Versorgungseinrichtung beruhe. Eine Befreiung von der Versicherungspflicht erfasse nicht Beschäftigungen oder Tätigkeiten außerhalb des für die Befreiung maßgebenden Berufs, aus dessen Ausübung die Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Versorgung erfolge (BSG a.a.O.). Die Klägerin sei kraft gesetzlicher Verpflichtung aufgrund ihrer Zulassung zur Rechtsanwältin Pflichtmitglied der örtlich zuständigen Rechtsanwaltskammer und damit einer berufsständischen Kammer und Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung im Versorgungswerk der Rechtsanwälte in Baden-Württemberg. Zwar ergebe sich diese Pflichtmitgliedschaft nicht aufgrund ihrer abhängigen Beschäftigung bei ihrer Arbeitgeberin, sondern entstehe vielmehr aufgrund der daneben seit 3.11.2009 bestehenden Zulassung als Rechtsanwältin. Diese Befreiung der Klägerin für ihre selbständig ausgeübt Tätigkeit als Rechtsanwältin erstrecke sich nicht auf die hier zu beurteilende abhängige Beschäftigung bei ihrer Arbeitgeberin. Die Klägerin arbeite nicht als unabhängige Anwältin kraft Auftragsverhältnis für ihrer Arbeitgeberin. Die Tätigkeiten der selbständigen Anwältin und der abhängigen Beschäftigung bei ihrer Arbeitgeberin stünden daher unabhängig nebeneinander, was sich insbesondere aus der Freistellungserklärung der Arbeitgeberin der Klägerin vom 9.4.2009 ergebe. Eine Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung für die Tätigkeit bei ihrer Arbeitgeberin könne daher - unter Berücksichtigung der bereits dargelegten Grundsätze - nur in Betracht kommen, wenn insoweit eine eigene Befreiung bezogen auf diese Tätigkeit erfolgen könne. Dies sei vorliegend der Fall, da die Klägerin hier als Rechtsanwältin, mithin berufsspezifisch tätig werde. Die nach der Rechtsprechung herausgebildeten vier Kriterien einer berufstypischen Tätigkeit eines sog. Syndikusanwalts bei einem nicht anwaltlichen Arbeitgeber (rechtsberatende, rechtsentscheidende, rechtsgestaltende und rechtsvermittelnde Tätigkeit, vgl. beispielhaft Hessisches LSG, Urt. v. 29.10.2009, L 8 KR 189/08) seien für die zu beurteilende Tätigkeit der Klägerin erfüllt. Dies ergebe sich aus dem Vorbringen der Klägerin, den Angaben des Zeugen Claßen sowie der Funktions- und Stellenbeschreibung ihrer Arbeitgeberin. Die Klägerin sei im Bereich Kundenmanagement tätig. Sie sei Anlaufstelle für Kundenreklamationen und berate auch die Geschäftsführer der anderen Firmenbereiche bezüglich rechtlicher Fragestellungen (Rechtsberatung). Sie agiere und entscheide in Fällen ohne größere Publizität oder überschaubarer Bedeutung uneingeschränkt selbständig über das jeweilige Vorgehen und die Regulierung etwaiger Schäden. Sie erarbeite eigenverantwortlich Lösungs- und Vergleichsvorschläge und trete gegenüber Kunden bzw. sonstigen Dritten als alleinige Entscheidungsträgerin auf, verhandele und schließe Vergleiche im Namen ihrer Arbeitgeberin ab (Rechtsentscheidung). Die Klägerin gestalte insbesondere in Fällen ohne größere Publizität selbständig Verträge und Vertragsentwürfe, verhandele diese mit Dritten und zeichne sie gemeinsam mit ihrem Vorgesetzten ab (Rechtsgestaltung). Bei Rechtsfragen mit erheblichem wirtschaftlichem Risiko, hohem medialem Interesse oder grundsätzlicher unternehmerischer Bedeutung bestehe die Aufgabe der Klägerin darin, vollumfänglich, gutachterlich umfassend und entscheidungsreif den Geschäftsleiter Einkauf International zu informieren. Zu diesem Zweck habe sie den Vorgang im Rahmen einer Relation zusammenzufassen, unter Auswertung und Anwendung einschlägiger Rechtsprechung und Literatur gutachterlich zu bewerten und schlussendlich unterschiedliche juristische Gestaltungsmöglichkeiten im Hinblick auf eine unternehmerische Entscheidung und deren juristische und wirtschaftliche Auswirkungen zu erarbeiten; darüber hinaus habe sie Geschäftsleitungsmitglieder und Geschäftsführer in regelmäßigen Abständen über potentielle Haftungsfragen, versicherungsrechtliche Neuerungen, Gesetzesänderungen und Modifikationen der Rechtsprechung zu informieren (Rechtsvermittlung). Gegen eine anwaltliche Tätigkeit spreche auch nicht, dass die Klägerin nicht bereits ab Aufnahme ihrer Tätigkeit zum 1.6.2007 als Anwältin zugelassen und Pflichtmitglied der Rechtsanwaltskammer Stuttgart geworden sei. Diese Tatsache stelle lediglich ein Indiz dar, entbinde jedoch nicht von der inhaltlichen Prüfung durch die Beklagt, ob eine anwaltliche Tätigkeit vorliege.
Gegen das ihr am 31.8.2012 gegen Empfangsbekenntnis zugestellte Urteil hat die Beklagte am 17.9.2012 Berufung eingelegt. Sie geht weiterhin davon aus, dass die Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI nicht erfüllt seien. Bei einer Befreiung von der Rentenversicherungspflicht nach der genannten Vorschrift müssten die Antragsteller nicht nur Pflichtmitglieder in der berufsständischen Kammer und in der berufsständischen Versorgungseinrichtung sein, sondern auch eine dem Kammerberuf entsprechende berufsspezifische Tätigkeit - bei Anwälten also eine für einen Rechtsanwalt typische anwaltliche Berufstätigkeit - ausüben. Hieraus ergebe sich, dass nicht jede Beschäftigung den als zugelassenen Rechtsanwalt tätigen Juristen zur Ausübung des Befreiungsrechts berechtige, sondern nur diejenige Tätigkeit, die zum einen tatsächlich Merkmale einer anwaltlichen Tätigkeit aufweise und ferner auch ausschließlich für Personen mit diesem beruflichen Hintergrund zugänglich sei. Die durch das Zweite Juristische Staatsexamen erlangte Befähigung zum Richteramt müsse objektiv unabdingbare Einstellungsvoraussetzung sein (bestätigt durch Urt. d. LSG Hamburg v. 29.10.2009, L 8 KR 189/08). Ferner müsse entsprechend den in der Rechtsprechung betreffend (Tier-) Ärzte und Apotheker entwickelten Grundsätzen (berufsspezifische Tätigkeit nur, wenn diese zwingend die Approbation als Arzt oder Apotheker voraussetze) für die Annahme einer berufsspezifisch anwaltlichen Tätigkeit die Rechtsanwaltszulassung objektive Zugangsvoraussetzung für die Tätigkeit sein.
Entscheidend bei der Anwendung der genannten vier Kriterien sei auch, ob die zu beurteilende Tätigkeit nach ihrem Gepräge dem in den §§ 1, 3 Abs. 1 BRAO niedergelegten Bild des Rechtsanwalts als einem freien Organ der Rechtspflege entspreche. Nach den Gesamtumständen des Einzelfalles müsse vom Vorliegen einer Anwaltstätigkeit ausgegangen werden können. Bereits die Chronologie der Ereignisse verdeutliche, dass die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft für die Ausübung der Tätigkeit nicht objektiv erforderlich sei, da die Klägerin die ihr übertragenen Aufgaben mehr als zwei Jahre ohne Rechtsanwaltszulassung ausgeübt habe bis sie im November 2009 ihre Zulassung beantragt habe. Übe ein Versicherter eine Tätigkeit über einen längeren Zeitraum ohne Rechtsanwaltszulassung aus und begehre er nach erfolgreicher Zulassung die Befreiung für die inhaltlich im Wesentlichen unveränderte Tätigkeit, schließe dies denklogisch aus, dass es sich bei der fraglichen Tätigkeit um eine solche handele, wegen der die Pflichtmitgliedschaft in der Versorgungeinrichtung und der Kammer bestehe. Die Beklagte sehe sich in ihrer Rechtsauffassung auch durch die aktuelle Rechtsprechung des EuGH, des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs bestätigt, wonach ein Syndikusanwalt in seiner Syndikustätigkeit nicht anwaltlich tätig werde. Ein Syndikusanwalt habe keine einem externen Anwalt vergleichbare berufliche Unabhängigkeit, weil er eng an seinen Arbeitgeber gebunden und wirtschaftlich abhängig sei.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 15. August 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des SG für zutreffend. Die Einwände der Beklagten griffen schon deshalb nicht, weil die erstinstanzlich gewonnenen Erkenntnisse alle vier von der Beklagten selbst als ausschließlich entscheidungserheblich angesehenen typisch anwaltlichen Tätigkeiten zu Gunsten der Klägerin bestätigt hätten. Auch die von Beklagtenseite in den Vordergrund gestellte vermeintlich besondere Chronologie der Ereignisse spreche nicht gegen den Befreiungsanspruch der Klägerin, im Gegenteil. Die Klägerin sei zunächst ab 1.6.2007 als Nachwuchsführungskraft im Bereich Einkauf International eingestellt und beschäftigt worden. Nach einer innerbetrieblichen Umorganisation und Schaffung der neuen Kompetenzstelle einer Gruppenleiterin "Einkauf International" sei die Klägerin dann ab dem 1.3.2010 in dieser Funktion tätig geworden, nachdem die Arbeitgeberin hier vorher bereits am 9.4.2009 ausnahmsweise und ausdrücklich die Erlaubnis erteilt habe, ebenfalls den Beruf eines Rechtsanwalts ausüben zu können. Spätestens im Rahmen ihres - auch mit einer nicht unerheblichen Gehaltssteigerung verbundenen - betriebsinternen Aufstiegs zu Gruppenleiterin habe die Klägerin sämtliche anwaltstypischen Berufsmerkmal zu versehen gehabt. Auch der seit dem 19.9.2013 der Klägerin nach Rückkehr aus der Elternzeit zugewiesene Aufgabenbereich Markenrecht erfordere spezifische anwaltliche Befähigung und sei breitflächig auf anwaltstypisches Handeln ausgerichtet. Die klassische Volljuristen-Ausbildung sei bereits Einstellungsvoraussetzung gewesen, wie der Zeuge Claßen anlässlich seiner Vernehmung ausdrücklich bestätigt habe.
Im Erörterungstermin am 9.4.2014 sind die aus den (zum damaligen Zeitpunkt noch nicht in vollem Wortlaut vorliegenden) Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 3.4.2014 (B 5 RE 3/14 R, B 5 RE 9/14 R, B 5 RE 13/14 R) zu ziehenden Schlussfolgerungen mit den Beteiligten erörtert worden. Der Anregung des Klägervertreters, das Verfahren zum Ruhen zu bringen, da Verfassungsbeschwerden wegen der genannten Entscheidungen des Bundessozialgerichts zu erwarten seien, vermochte sich die Beklagte nicht anzuschließen.
Mit Beschluss vom 16.9.2014 hat der Senat das Versorgungswerk für Rechtsanwälte in Baden-Württemberg (Beigel. Ziff. 1) und die L. Stiftung & Co. KG (Beigel. Ziff. 2) zum Verfahren beigeladen.
Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt. Die Beigel. Ziff. 1 hat mit Schriftsatz vom 22.9.2014 zu bedenken gegeben, dass die Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 3.4.2014 ihrer Auffassung nach nicht haltbar seien. Die Praxis sowohl der Deutschen Rentenversicherung als auch der Rechtsanwaltsversorgungswerke, vor allem aber zahlloser Instanzgerichte der Sozialgerichtsbarkeit (bis hin zu einem Urteil des hier angerufenen Landessozialgerichts) hätten sich an der über ein Jahrzehnt bewährten Theorie der vier Kriterien orientiert. Der fünfte Senat des BSG, der am 1.1.2014 für die vorliegenden Rechtssachen zuständig geworden sei, habe innerhalb von drei Monaten eine vollständige Kehrtwendung für richtig gehalten. Nachdem der Weg über eine sachgerechte Auslegung des § 6 SGB VI verworfen worden sei, liege die Überlegung nahe, dass die gesetzliche Lösung stringenter sei als bisher angenommen: der Kläger (gemeint wohl die Klägerin) sei tatsächlich "wegen" ihrer Tätigkeit im nichtanwaltlichen Unternehmen Mitglied der Rechtsanwaltskammer und des Versorgungswerks. Diesen Weg habe das SG Köln in seinem Urteil vom 20.12.2013 (S 33 R 1108/13) bereits beschritten.
Alle Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt (vgl. Bl. 49, 55, 68 R, 69, 70, 71 LSG-Akte).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Prozessakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (vgl. §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Die Berufung der Beklagten hat Erfolg.
Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegte und statthafte (§ 143 SGG) Berufung ist zulässig.
Die Berufung ist auch begründet. Das SG hat die Beklagte zu Unrecht verurteilt, die Klägerin von der Versicherungspflicht zu befreien. Die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung für die von der Klägerin bei der Beigeladenen Ziff. 2 ausgeübte Tätigkeit liegen nicht vor. Der Bescheid der Beklagten vom 17.3.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.7.2010 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Die Klägerin ist bei der Beigel. Ziff. 2 gegen Entgelt beschäftigt. Insoweit liegt eine nach § 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI abhängige Beschäftigung vor, die grundsätzlich der Versicherungspflicht bei der Beklagten unterliegt. Mit Blick auf die laut Anstellungsvertrag vom 24.4.2007 (Bl. 42 VA) erfolgte Einstellung als Vollzeitkraft mit einer (anfänglichen) monatlichen Bruttovergütung in Höhe von 3.500 EUR kommt auch eine Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit (§ 5 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SGB VI i.V.m. § 8 Abs. 1 SGB IV) nicht in Betracht.
Gemäß § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 2 SGB VI werden Beschäftigte für die Beschäftigung, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, auf Antrag unter gewissen weiteren Voraussetzungen von der Versicherungspflicht befreit.
Die Klägerin war aufgrund ihrer Mitgliedschaft in der Rechtsanwaltskammer ab dem 3.11.2009 Pflichtmitglied beim Versorgungswerk der Rechtsanwälte in Baden-Württemberg (§ 5 Abs. 2 des Gesetzes über das Versorgungswerk der Rechtsanwälte in Baden-Württemberg - RAVG - vom 10.12.1984). Indessen gibt § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI versicherungspflichtigen Beschäftigten, die gleichzeitig verkammerte Mitglieder einer berufsständischen Versorgungseinrichtung sind, einen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht nur für die "Beschäftigung, wegen der" sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind. Unter "derselben Beschäftigung" im Sinne der Norm ist die "von der Beschäftigung erfasste Erwerbstätigkeit" zu verstehen (vgl. ausführlich zur Problematik einer wortlautgetreuen Auslegung der Vorschrift BSG, Urt. v. 3.4.2014, B 5 RE 3/14 R, juris Rn. 23 - auf die Angabe der Fundstellen in den beiden bereits genannten Parallelentscheidungen des BSG vom gleichen Tag wird künftig verzichtet; s. auch bereits LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 23.1.2013, L 2 R 2671/12, juris Rn. 29). Mit Blick auf die "systemübergreifende Koordinierungsfunktion" (BSG, Urt. v. 3.4.2014, B 5 RE 3/14 R, juris Rn. 24) des § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI ist nach der den Senat überzeugenden Auslegung durch das BSG der Anwendungsbereich der Vorschrift nur dann eröffnet, wenn in Betracht kommt, dass ein und dieselbe Erwerbstätigkeit zur Versicherungspflicht in beiden Sicherungssystemen gesetzliche Rentenversicherung und berufsständische Versorgung) führt (BSG a.a.O. Rn. 25).
Dies ist allerdings bei der Klägerin hinsichtlich der bei der Beigeladenen Ziff. 2 ausgeübten Tätigkeit nicht der Fall. Bereits aufgrund der äußeren Form (Beschäftigungsverhältnis) kommt eine Anwendung des § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI nicht in Betracht. Dass die Klägerin bei der Beigeladenen Ziff. 2 in einer abhängigen Beschäftigung tätig ist, wird von ihr selbst nicht bestritten. Sie gehört als abhängig Beschäftigte somit "zum Kernbereich der typisiert Schutzbedürftigen" und deshalb grundsätzlich in allen Zweigen der Sozialversicherung und insbesondere in der gesetzlichen Rentenversicherung Zwangsversicherten (§ 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI).
Diese Erwerbstätigkeit begründet nicht gleichzeitig ihre Mitgliedschaft in der berufsständischen Versorgungseinrichtung. Lediglich unter der Annahme, dass die Klägerin als Syndikusanwältin anzusehen sein könnte (was vorliegend mangels konkreter Kenntnis sonstiger Aktivitäten der Klägerin außerhalb ihres Beschäftigungsverhältnisses nicht abschließend beurteilt werden kann), wären für ihre Tätigkeiten außerhalb des Dienstverhältnisses die Merkmale einer freien Berufsausübung gegeben. Mit Blick auf die rechtliche Einordnung des Syndikusanwalts in der Rechtsprechung von Bundesgerichtshof, Bundesarbeitsgericht, Bundesverfassungsgericht und Europäischem Gerichtshof hat das BSG ausgeführt, dass sich das für eine Zulassung als Rechtsanwalt unverzichtbare Berufsbild nur daraus ergeben könne, dass der Syndikus rechtlich und tatsächlich in der Lage sei, neben (!) seiner Tätigkeit im Unternehmen Rechtssuchende als freier Anwalt zu beraten und zu vertreten. Der Syndikusanwalt sei Rechtsanwalt nicht weil er Syndikus sei, sondern weil er sich aufgrund einer nur deshalb zu erteilenden Zulassung unabhängig hiervon und daneben gesondert als Rechtsanwalt betätige. Beide Tätigkeiten seien grundsätzlich getrennt zu betrachten (BSG, Urt. v. 3.4.2014, B 5 RE 3/14 R, juris Rn. 29 ff.). Dem schließt sich der Senat nach eigener Prüfung an. Mangels Doppelrelevanz ihrer Tätigkeit im oben dargelegten Sinn kommt eine Befreiung für die Beschäftigung der Klägerin bei der Beigel. Ziff. 2 nicht in Betracht.
Der in Literatur und instanzgerichtlicher Rechtsprechung vertretenen Auslegung, wonach nach der sog. Vier-Kriterien-Theorie die Tätigkeit eines Syndikusanwaltes bei einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber einem anwaltlichen Berufsbild entsprechen könne (vgl. insoweit ausführlich LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 23.1.2013, L 2 R 2671/12, Rn. 34), hat das Bundessozialgericht in den genannten Entscheidungen vom 3.4.2014 eine ausdrückliche Absage erteilt. Es sei rechtlich unerheblich, ob die in Frage stehende Beschäftigung inhaltlich Elemente der anwaltlichen Berufstätigkeit aufweise (BSG, Urt. v. 3.4.2014, B 5 RE 3/14 R, juris Rn Rn. 39, 40).
Lediglich ergänzend - und mangels Entscheidungserheblichkeit kursorisch - wird auf Folgendes hingewiesen: Selbst wenn man im Übrigen im Fall der Klägerin am bisher von Teilen der Rechtsprechung angenommenen Erfordernis einer dem anwaltlichen Berufsbild entsprechenden Tätigkeit unter Erfüllung der vier Kriterien der Rechtsberatung, der Rechtsentscheidung, der Rechtsgestaltung und der Rechtsvermittlung weiter festhalten würde, käme eine Befreiung von der Versicherungspflicht nicht in Betracht, denn die Klägerin erfüllt diese Kriterien nicht in vollem Umfang. Zunächst wurde die Klägerin nicht als (Syndikus-) Anwältin bei der Beigel. Ziff. 2 eingestellt, sondern als "Nachwuchsführungskraft" (später "Gruppenleiterin Einkauf International"). Die Bezeichnung "Nachwuchsführungskraft" impliziert vom Wortlaut her nicht notwendigerweise, dass Einstellungsvoraussetzung die Volljuristeneigenschaft war. Selbst wenn man zu Gunsten der Klägerin davon ausgeht, dass die Beigel. Ziff. 2 (ausschließlich) eine Volljuristin einstellen wollte, war jedenfalls ihre Zulassung zur Rechtsanwaltschaft keine rechtliche Voraussetzung für die Tätigkeit. Bereits hierdurch ergeben sich Zweifel am anwaltlichen Berufsbild der Tätigkeit der Klägerin, die sich auch durch die im Laufe des Verfahrens durch Klägerin und Beigel. Ziff. 2 immer weiter ergänzten Beschreibungen ihrer Aufgaben nicht ausräumen ließen. Zwar mag die Klägerin rechtsberatend tätig sein, ihrer Tätigkeit fehlt jedoch bereits das Element der Rechtsentscheidung. Insbesondere die Abwicklung der von Klägerseite hierfür angeführten Fälle im Bereich der Produkthaftung vermag eine Teilhabe an richtungweisenden innerbetrieblichen Entscheidungsprozessen und deren Vertretung nach außen nicht zu belegen. Allein das (mit Einschränkungen nach Gewicht der Fälle) vergleichsweise selbständige Bearbeiten von Einzelfällen im Produkthaftungsrecht reicht hierfür nicht aus.
Die von Seiten der Klägerin im Erörterungstermin geäußerten (und im Übrigen nicht näher spezifizierten) verfassungsrechtlichen Bedenken teilt der Senat nicht. Die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung verletzt die Betroffenen weder in ihrem Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 Grundgesetz (GG) noch wird der Schutzbereich des Art. 12 GG (Berufsfreiheit) berührt. Auch Art. 2 GG (in der Ausprägung der Vorsorgefreiheit) ist nicht verletzt. Der besondere Schutzzweck der Sozialversicherung und ihre Natur als eine Einrichtung des öffentlichen Rechts schließen es grundsätzlich aus, über die rechtliche Einordnung allein nach dem Willen der Vertragsparteien, ihren Vereinbarungen oder ihren Vorstellungen hierüber zu entscheiden. Dies gilt auch nach der Überzeugung des Senats auch für die Wahl unter mehreren öffentlich-rechtlich ausgestalteten Sicherungssysteme nach Maßgabe individueller Günstigkeitserwägungen des Beschäftigten bzw. der Arbeitsvertragsparteien (BSG, Urt. v. 3.4.2014, B 5 RE 3/14 R, juris Rn. 52).
Nach alledem hat die Klägerin keinen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung. Das Urteil des SG war aufzuheben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 u. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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