Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 9 U 3738/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 1046/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 22.02.2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger gegen die Beklagte ein Anspruch auf Gewährung einer höheren Unfallrente (wenigstens nach MdE um 60 v.H. statt bisher MdE 50 v.H.) wegen des Unfalles vom 06.02.1975 zusteht.
Der Kläger, geboren am 30.09.1961, schloss die Wirtschaftsschule F. mit der Mittleren Reife (Handelsschule, Notendurchschnitt von 2,1) ab. Eine im Jahr 1982 begonnene Ausbildung zum Kfz-Mechaniker brach der Kläger ab wegen einer allergischen Erkrankung. Von 1983 bis 1989 arbeitete er dann als Fahrer, daneben von 1986 bis 1988 als Dachdeckerhelfer. Von 1990 bis 1993 war er wiederum als Fahrer beschäftigt. Seit 1993/1994 ist der Kläger arbeitslos. Zuletzt wohnte er auf einem Campingplatz und verbrachte die Wintermonate in Südostasien.
Der Kläger rutschte am 06.02.1975 bei einer Faschingsveranstaltung seiner Schule ein Treppengeländer herunter und stürzte dabei etwa vier Meter tief ab (Blatt 1 der Beklagtenakte). Dabei zog er sich ein schweres Schädelhirntrauma mit epiduralem Hämatom contusio cerebri und contusio spinalis sowie distaler Unterarmfraktur rechts zu (zur Unfallanzeige vgl. Blatt 1 der Beklagtenakte; zum ersten Rentengutachten (vgl. Blatt 19/24 der Beklagtenakte, zum neurologischem Nebengutachten vgl. Blatt 28/30 der Beklagtenakte). Noch am Unfalltag kam es zu Krämpfen und erweiterten Pupillen, es erfolgte eine Trepanation (Blatt 12 der Beklagtenakte). Nach Ende einer fünf Tage dauernden Bewusstlosigkeit wurde in einem EEG am 28.02.1975 noch ein langsamer Alpha-Rhythmus mit Übergang in eine leichte Allgemeinveränderung mit Rechtsbetonung über den hinteren Regionen festgestellt. Spätere Kontroll-Untersuchungen ergaben kontinuierliche Besserungen der EEG, auch zeigte sich eine kontinuierliche Abnahme der Krampfwellen und -spitzen (Blatt 29 der Beklagtenakte).
Die Beklagte anerkannte mit Bescheid vom 25.05.1976 das Vorliegen eines Arbeitsunfalles, stellte als dessen Unfallfolge Beschwerden nach Kopfverletzung, "chirurgischerseits haben sich die Unfallfolgen nahezu restlos zurückgebildet" fest und gewährte dem Kläger eine vorläufige Verletztenrente nach einer MdE von 100 v.H. bzw. später 50 v.H. (Blatt 33/34 der Beklagtenakte). In einem Gutachten vom 30.08.1976 stellte der behandelnde Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. P. (Blatt 38/47 der Beklagtenakte) fest, dass keine Anfälle mehr aufgetreten seien und bewertete die MdE mit 30. Seit 01.11.1976 gewährte die Beklagte Dauerrente nach einer MdE von 30 (Bescheid vom 24.09.1976, Blatt 48 der Beklagtenakte).
Nachdem Dr. P. mit Gutachten vom 13.04.1981 (Blatt 74/80 der Beklagtenakte) die MdE auf 10 v.H. einschätzte und nach Anhörung des Klägers (Blatt 81 der Beklagtenakte) entzog die Beklagte dem Kläger die Rente zum 30.06.1981 (Blatt 82 der Beklagtenakte).
In der Folge sollte Dr. P. den Kläger für die Beklagte erneut begutachten. Er teilte jedoch mit Schreiben vom 21.04.1982 (Blatt 83/84 der Beklagtenakte) u.a. mit, dass der Kläger nicht bereit sei, sich untersuchen zu lassen. Die Mutter habe mitgeteilt, dass keine Anfälle aufgetreten seien, obwohl keine antikonvulsive Behandlung erfolge. Über Kopfschmerzen oder irgendwelche Beschwerden würde nicht geklagt. Der Kläger habe keine Motivation einen Beruf zu erlernen, er habe nur Interesse an Autos und daran, möglichst ohne Mühe viel Geld zu verdienen. Sein Verhalten mache den Eltern Sorgen, er trinke übermäßig viel Bier, habe schlechten Umgang und keine richtigen Freunde. Dr. P. sah in dieser Problematik nicht die Auswirkungen des Unfalles, sondern eine Reifungs- und Sozialisationsproblematik. Er empfahl auf weitere Untersuchungen zu verzichten.
Am 27.01.1993 erlitt der Kläger einen weiteren Arbeitsunfall mit Verletzung der linken Schulter, wegen dessen Folgen er seit 15.05.1993 von der Berufsgenossenschaft für den Einzelhandel eine Rente nach einer MdE um 20 v. H. bezieht (Bescheid vom 08.01.1997).
Im Februar 2007 erhielt die Beklagte durch ein Schreiben des behandelnden Neurologen Dr. S. Kenntnis von einer möglichen Verschlimmerung der Unfallfolgen insbesondere in Form bereits seit etwa 1990 aufgetretener komplex-fokaler epileptischer Anfälle (Blatt 85 der Beklagtenakte). Dazu hat der Kläger auf Befragung durch die Beklagte mitgeteilt (Blatt 89/90 der Beklagtenakte), einen genauen Zeitpunkt der Verschlimmerung der Unfallfolgen könne er nicht benennen. Kleinere epileptische Anfälle, Bewusstseinsstörungen, Erinnerungs- und Konzentrationsschwierigkeiten habe er seit dem Unfall. Seit fünf bis sechs Jahren wölbe sich die Schädeldecke an der operierten Stelle im Laufe des Tagen nach innen, es entstehe ein Druck auf das Gehirn. Wenn dieser Druck tagsüber auftrete, falle es ihm schwer etwas zu machen, bei abendlichen Beschwerden ginge er einfach ins Bett. Seit drei Jahren habe er verstärkt alle paar Wochen auftretende Bewusstseinsstörungen, die bis zu drei bis vier Tage andauern könnten, weshalb er versuche, den ganzen Tag zu Hause zu bleiben und dem Gespräch mit anderen Leuten und Tätigkeiten auszuweichen. In Asien habe er im Dezember 2006 im Schlaf einen epileptischen Anfall gehabt.
Von der Beklagten aufgefordert legte der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. S. Berichte vor. Aus seinem Bericht vom 08.01.1993 (Blatt 92 der Beklagtenakte) ergibt sich, dass der Kläger seit ca. 2 ½ Jahren psychomotorische Anfälle berichtet. Im Bericht vom 15.01.1993 (Blatt 93 der Beklagtenakte) führte Dr. S. aus, Ursache der komplexfokalen Anfälle sei eine Narbe, wobei eine temporale Generierung im Hinblick auf die Arrestreaktion mit Bewusstseinseindämmung zu vermuten sei. Der Kläger sei von dem Erfordernis einer antikonvulsiven Therapie überzeugt worden. In seinem Bericht vom 21.04.2006 (Blatt 94 der Beklagtenakte) führte Dr. S. aus, der neurologische Befund einschließlich EEG sei unverändert seit der letzten Untersuchung im Jahr 2001, es bestehe als Folge der Contusio cerebri mit operativem Epiduralhämatom eine diskrete Herdstörung, teilweise mit epilepsiespezifischen Potentialen über der Narbe rechts, wobei sich nach Angaben des Klägers keine Anfälle mehr ereignet hätten. Am 30.01.2007 (Blatt 95 der Beklagtenakte) berichtete Dr. S. über einen vom Kläger angegebenen Anfall mit Bewusstlosigkeit am 06.12.2006 während eines Thailand-Aufenthalts; vor einem Jahr habe er einen Anfall mit Verwirrungszuständen in Sri Lanka und dazwischen zwei kleinere Anfälle mit mnestischen Störungen erlitten. Die Hausärztin Z. gab (Blatt 103/106 der Beklagtenakte) unter Vorlage von Berichten an, der Kläger habe ihr seit 1998 von gelegentlichen Absenzen, früheren Anfällen und Konzentrationsstörungen berichtet, habe jedoch keine neurologische Abklärung gewollt.
Die Beklagte zog auch die Akten der BG für den Einzelhandel (Blatt 127/176a der Beklagtenakte) bei und nahm medizinische Unterlagen zur Akte.
Im Auftrag der Beklagten erstattete die Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. am 15.12.2007 (Blatt 182/187 der Beklagtenakte; zum neurologischen Zusatzgutachten vom 30.07.2008 vgl. Blatt 203/211 der Beklagtenakte) ein nervenärztliches Gutachten, in dem sie angab, dass gegenüber den Befunden aus dem Jahr 1981 eine deutliche Verschlechterung eingetreten sei. 1981 sei der Kläger anfallsfrei gewesen. 2007 sei der Kläger nicht in der Lage einer länger andauernden beruflichen Tätigkeit nachzugehen. Sie schätzte die MdE auf 50 v.H.
In seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 03.11.2008 (Blatt 212/221 der Beklagtenakte) empfahl der Arzt für Neurologie/Psychiatrie und Rehabilitationswesen Dr. O. dem Gutachten zu folgen; es handele sich um ein leichtes bis mittelschweres hirnorganisches Psychosyndrom mit kognitiver Leistungsminderung. Die Bemessung der MdE mit 50 v.H. sei korrekt.
Mit bindend gewordenem Bescheid vom 08.04.2009 (Blatt 244/250 der Beklagtenakte) gewährte die Beklagte dem Kläger eine Rente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE um 10 v.H. für die Zeit vom 01.01.2003 bis 05.12.2006 und nach einer MdE um 50 v.H. für die Zeit vom 06.12.2006 an bis auf weiteres. Unter Ausübung von Ermessen werde die Einrede der Verjährung erhoben für die vor dem 01.01.2003 entstandenen Ansprüche. Im Übrigen wurde unter Festsetzung des Jahresarbeitsverdienstes die Rente berechnet.
Auf Veranlassung der Beklagten legte Dr. S. seinen Bericht vom 23.04.2009 (Blatt 265 der Beklagtenakte) vor. Unter Einnahme von Lamitrigin 100 mg hätten sich keine mit Bewusstseinsstörungen einhergehenden Anfälle mehr ereignet; statt dessen habe der Kläger ab und zu ein gänsehautähnliches Kribbeln vom Rücken in den Nacken aufsteigend bemerkt.
Mit Bescheid vom 09.06.2009 (Blatt 268 /270 der Beklagtenakte) rechnete die Beklagte den sich aus dem Bescheid vom 08.04.2009 ergebenden Nachzahlungsbetrag unter Berücksichtigung des von der ARGE Freiburg im Zeitraum 01.01.2005 bis 31.05.2009 für geleistete SGB II-Leistungen (11.534,76 EUR) geltend gemachten Erstattungsanspruchs (Blatt 266 der Beklagtenakte) ab und zahlte dem Kläger für den Zeitraum bis zum 30.04.2009 noch 1.598,58 EUR zuzüglich 101,21 EUR Zinsen aus.
Dr. S. legte Berichte vom 29.09.2010 und 15.04.2010 (Blatt 273, 274 der Beklagtenakte) vor, in denen er angibt, der Kläger habe von kleineren Anfällen drei- bis viermal wöchentlich berichtet, worüber ihm die Erinnerung fehle. Er bemerke zwar ein Kribbeln im Kopf, sei dann benommen und habe anschließend Schwierigkeiten einfache Handlungen auszuführen. Das im April 2008 eindosierte Lamotrigin habe der Kläger nach Anfallfreiheit wieder abgesetzt, ohne dass sich Anfälle ereignet hätten. Ein bestehendes Fahrverbot könne erst nach einer Anfallfreiheit von einem Jahr aufgehoben werden.
Mit Schreiben vom 05.04.2011 (Blatt 280/283 = 284/286 der Beklagtenakte) beantragte der Kläger die "Verschlimmerung der Unfallfolgen" und die Überprüfung der in der Vergangenheit bekanntgegebenen Bescheide gemäß § 44 SGB X. Der Aufforderung, den ausgefüllten Fragebogen "Rückfrage Verschlimmerung" (Blatt 289 der Beklagtenakte) an die Beklagten zurückzusenden, kam der Kläger trotz mehrfacher Erinnerung nicht nach.
Mit Schreiben vom 14.10.2011 (Blatt 314 der Beklagtenakte) machte der Kläger u.a. geltend, der Unfall sei lebensbedrohlich gewesen und habe seinem Leben eine ganz andere Richtung gegeben. Anpassungsschwierigkeiten seien häufig Folge davon, von den mnestischen und kognitiven Beeinträchtigungen ganz abgesehen. Daher sei nachvollziehbar, dass nach Abbruch der ersten Ausbildung keine andere Ausbildung habe begonnen werden können. Außerdem sei der Jahresarbeitsverdienst (JAV) dahingehend festzulegen, dass von einer Ausbildung im mittleren Niveau auszugehen sei. Man merke ihm nämlich noch an, dass er in seinem Leben etwas ganz anderes hätte erreichen können. Zumindest hätte die JAV in der Höhe festgesetzt werden müssen, die einem regulären Entgelt in solchen Tätigkeiten entspreche, die er letztlich ausgeübt habe. Die Bemessung nach einem Lehrlingsentgelt sei unangemessen. Auch dürfe bezweifelt werden, dass es nicht möglich sei, die Rente bereits zu einem früheren Zeitpunkt zu zahlen. Dass in den 1990ern nichts an die Beklagte herangetragen worden sei, könne mit der Wesensveränderung und damit mit dem Unfall und der scheinbar schlechten Erfahrung mit Dr. P. zusammenhängen. Auch die Berücksichtigung des Erstattungsanspruchs der ARGE ab dem 01.01.2005 sei unzutreffend. §§ 111 und 113 SGB X seien erst zu einem späteren Zeitpunkt geändert worden, die Erstattungsansprüche für die Jahre 2005 bis 2007 seien bereits untergegangen gewesen. Darüber hinaus handele es sich bei der Rente um eine Entschädigungsleistung, die nicht angerechnet werden dürfe.
Der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. von K. erstellte im Auftrag der Beklagten ein Gutachten über den Kläger. In seinem Gutachten vom 13.11.2011 (Blatt 323/330 der Beklagtenakte) beschrieb er ein Schädel-Hirn-Trauma vom 06.02.1975 mit epiduralem Hämatom parietal rechts, Contusio cerebri, posttraumatischer Epilepsie und organischem Psychosyndrom. Die von der Trepanation stammenden Narben am Schädel versursachten Beschwerden, die der Kläger periodisch schildere (das Einziehen des Schädeldaches dort). Wahrscheinlich sei auch die posttraumatische Epilepsie als Folge dieses epiduralen Hämatoms und der darunter liegenden Hirnsubstanzschädigung zu sehen. Es träten eher selten zerebrale Anfälle auf. Das organische Psychosyndrom wirke sich im Alltag deutlich aus. Es habe zu einer sozialen Isolierung geführt. Eine mäßige Wesensänderung sei festzustellen, sonst würde der Kläger z.B. regelmäßig Antiepileptika einnehmen. Auch gewisse Werkzeugstörungen wie Probleme mit dem Schreiben, mit der Feinmotorik der rechten Hand und dem Sprechen seien als Folge der Hirnschädigung plausibel. Gegenüber dem Befund aus dem Gutachten vom 15.12.2007 sei keine wesentliche Änderung festzustellen. Neu seien allenfalls die Klagen über Gedächtnis- und Schreibstörungen. Sie allein bedingten aber keine wesentliche Änderung. Den Grad der MdE schätze er auf unverändert 50. Wünschenswert sei eine Dokumentation der zerebralen Anfälle. Solange dies nicht geschehe, könne man auch keine Änderung der Anfallshäufigkeit und der etwaigen Wirkung eines Antiepileptikums beurteilen.
Die Beklagte legte mit Bescheid vom 21.12.2011 (Blatt 335/336 der Beklagtenakte) ihre Auffassung dar, wonach weitere Leistungen bzw. eine Änderung nicht in Betracht komme. Für eine etwaige Überprüfung nach § 44 SGB X wurde um neue Tatsachen und Beweismittel gebeten. Eine Zahlung der Rente vor dem 01.01.2005 könne wegen Verjährung und wegen einer nicht vorhandenen MdE von mehr als 10 v.H. nicht erfolgen. § 90 SGB VII bzw. § 573 RVOI kämen grds. nach dem voraussichtlichen Ausbildungsende in Betracht; ein Abbruch der Berufsausbildung sei nicht aufgrund der Unfallfolgen eingetreten. Im Übrigen sei der Erstattungsanspruch fristgerecht angemeldet und infolgedessen auch beglichen worden.
Der Kläger erhob nunmehr am 05.01.2012 Widerspruch (Blatt 328/341 der Beklagtenakte) gegen die Entscheidung, eine Rente vor dem 01.01.2005 zu zahlen, gegen die Höhe der MdE, die Anwendung des § 90 SGB VII bzw. § 573 RVO und die Berücksichtigung des Erstattungsanspruchs.
Mit Bescheid vom 21.03.2012 (Blatt 347/348 der Beklagtenakte) lehnte die Beklagte die Erhöhung der Rente wegen einer Verschlimmerung ab. Auf Grundlage des Gutachtens von Dr. K. sei eine Verschlimmerung nicht festzustellen. Hiergegen erhob der Klägers am 11.04.2012 (Blatt 361 der Beklagtenakte) Widerspruch. Die aufgetretene Schlafwandelei, die Gedächtnis- und Schreibstörungen stellten eine wesentliche Änderung dar, die eine MdE-Veränderung von mindestens 10 v.H. begründeten (Blatt 362/363 der Beklagtenakte) und führte des Weiteren aus: "Es sei zunehmend zu verzeichnen, dass scheinbar die Gutachter Angst haben vor irgendetwas in diesem Land, denn es traut sich keiner mehr gegen eine Behörde zu begutachten, bzw. überhaupt eine ordnungsgemäße Leistungseinschätzung abzugeben."
Mit Widerspruchsbescheiden vom 21.05.2012 (Blatt 368/371, 372/375, 376/378 der Beklagtenakte) wies die Beklagte die Widersprüche gegen den Bescheid vom 21.12.2012 zurück.
Erhobene Untätigkeitsklagen (SG Freiburg - S 9 U 1858/12, S 9 U 1794/12) nahm der Kläger wieder zurück (Blatt 380, 386 der Beklagtenakte).
Gegen den Bescheid vom 21.12.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 21.05.2012 hat der Kläger beim Sozialgericht (SG) Freiburg hinsichtlich der Erstattung von Alg II am 24.05.2012 Klage erhoben (Az.: S 9 U 2574/12), hinsichtlich der Anwendung des § 90 SGB VII bzw. § 573 RVO am 24.05.2012 (Az.: S 2602/12) und hinsichtlich der Höhe der MdE und der Zahlung einer Rente vor dem 09.06.2009 am 30.05.2012 (Az.: S 9 U 2678/12).
Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 21.03.2012 mit Widerspruchsbescheid vom 25.7.2012 (Blatt 46/47der Senatakte) zurück.
Am 27.07.2012 hat der Kläger beim SG Klage gegen den Bescheid vom 21.03.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.07.2012 erhoben (Az.: S 9 U 3738/12). Offensichtlich habe sich das Klima in diesem Lande, was die medizinische Einschätzungen und den Mut zu entsprechenden Einschätzungen angehe, so verschoben, dass zum Teil die Realität nicht mehr übereinstimme mit dem, was festgestellt werde. Er begehre eine Verletztenrente von wenigstens 60 v.H. Es sei unverständlich, dass der Gutachter Dr. K. die Klagen über Gedächtnis- und Schreibstörungen nicht als wesentliche Verschlimmerung der Unfallfolgen ansehe.
Das SG hat Beweis erhoben durch schriftliche Befragung des den Kläger behandelnden Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. S. als sachverständigen Zeugen. Dieser hat in seiner Auskunft vom 27.10.2012 (Blatt 24 der SG-Akte) mitgeteilt, er habe den Kläger zuletzt am 13.04.2010 gesehen. Bei der Vorstellung am 14.10.2001 hätten Kopfschmerzen und ein Kribbeln in den Händen im Vordergrund gestanden, nach eigenen Angaben des Klägers habe er keine Anfälle gehabt. Bei der Vorstellung am 20.04.2006 hab der Kläger über Schmerzen im Bereich des Trepanationsdefektes rechts geklagt. Nach seinen Angaben sei er anfallsfrei ohne medikamentöse Behandlung. Bei der Vorstellung am 29.01.2007 hätten unverändert Schmerzen im Bereich des Trepanationsdefektes rechts bestanden, der Kläger habe über einen Anfall während des Aufenthaltes in Sri Lanka berichtet. Anlass der Vorstellung am 14.04.2008 sei ein sekundär generalisierter Grand-Mal-Anfall gewesen. Der Kläger habe zusätzlich über eine Ungeschicklichkeit der rechten Hand, die sich neurologisch nicht einordnen ließ, berichtet. Bei der Vorstellung am 22.04.2009 sei der Kläger unter der Behandlung mit Lamotrigin 100 mg anfallsfrei gewesen. Bei der Vorstellung am 28.09.2009 habe der Kläger von sich aus das Lamotrigin abgesetzt gehabt, ohne dass sich nach seinen Angaben Anfälle ereignet hätten. Bei der letzten Vorstellung am 13.04.2010 habe der Kläger über noch 3 bis 4 pro Woche auftretende kleinere Anfälle mit Erinnerungslücke trotz der Behandlung mit Lamotrigin 2 x 50 mg berichtet, weshalb empfohlen worden sei, die Dosis zu erhöhen. Bei der psychologischen Testuntersuchung in der U. F. im Juni 2008 seien deutliche Defizite im Bereich von Konzentration und Aufmerksamkeit beschrieben worden, ferner Defizite in der basalen Aufmerksamkeitsfunktionen und auch im Arbeitsgedächtnis. Aufgrund dieser Befunde sei bei einer Begutachtung 2008 eine MdE auf 50 % eingestuft worden. Seine Einschätzung der MdE weiche nicht von dem Gutachten von Dr. K. vom 13.11.2011 ab, er schätze diese unverändert auf 50 v.H., wobei der Kläger seit 2008 über eine motorische Störung der rechten Hand berichtet, die bisher noch nicht eindeutig einzuordnen sei, berichte.
Das SG hat mit Gerichtsbescheid vom 22.02.2013 die Klage abgewiesen. Die Klage sei nicht begründet. Im Vergleich zu dem für den Bescheid vom 08.04.2009 maßgeblichen Unfallfolgezustand sei keine wesentliche, d.h. die MdE um mindestens 10 v.H. erhöhende, Verschlimmerung eingetreten. Das Gutachten von Dr. K. führe aus, dass der Befund dem der maßgeblichen Vorbegutachtung entspreche, "allenfalls" seien die klägerischen Angaben über Gedächtnis- und Schreibstörungen als neu anzusehen. Diese bedingten jedoch keine wesentliche Änderung. Nachvollziehbar sei zwar, dass der Kläger verstärkte Beeinträchtigungen dieser beiden Fähigkeiten im umgangssprachlichen Sinne als wesentlich empfinde. Hieraus folge jedoch nicht zwingend, dass es sich auch um eine wesentliche Verschlimmerung im Rechtssinne handele. Dagegen spreche neben der fachärztlichen Kompetenz des Gutachters, die zu erschüttern die subjektive Einschätzung des Klägers und seines Bevollmächtigten allein nicht geeignet sei, entscheidend die Beurteilung des behandelnden Neurologen Dr. S. Dieser schließe sich Dr. K. ausdrücklich an, als die MdE unverändert bei 50 v.H. liege. Dabei gebe Dr. S. zu bedenken, dass die motorische Störung der rechten Hand, welche zu den Schwierigkeiten beim Schreiben beitrage, noch nicht eindeutig zuzuordnen sei. Mithin könne diese streng genommen bei der Schätzung der unfallbedingten MdE bereits von Rechts wegen nicht berücksichtigt werden. Die Einschätzung von Dr. S. habe besondere Beweiskraft, weil der Kläger diesen Arzt im maßgeblichen Zeitraum seit der Vorbegutachtung am 14.06.2007 bis einschließlich 2010 regelmäßig zumindest einmal jährlich konsultiert habe. Es sei daher davon auszugehen, dass Dr. S. eine wesentliche Verschlimmerung der Unfallfolgen im Behandlungsverlauf nicht verborgen geblieben wäre.
Gegen den seinem Bevollmächtigten am 23.02.2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 08.03.2013 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg Berufung eingelegt. Die Entscheidung des SG sei nicht überzeugend. Es seien Zweifel am Gutachten von Dr. K. wegen einiger erheblicher Unschlüssigkeiten erhoben worden. Es könne nicht mehr nachvollzogen werden, dass Gedächtnis, Schreibstörungen und weitere Beeinträchtigungen, insbesondere auch Konzentrationsstörungen und Schlafstörungen, nicht eine wesentliche Änderung im Umfang von 10% darstellten. Dass Dr. S. zu bedenken gegeben habe, es sei nicht ganz klar zuordnungsfähig, woher die motorische Störung der rechten Hand komme, greife das Gericht auf, sehe sich dann aber nicht gedrängt, ein Gutachten von Amts wegen über diese Rechtsfrage einzuholen. Es sei zwingend ein Gutachten von Amts wegen einzuholen.
Der Kläger beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 22.02.2013 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 21.03.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.07.2012 zu verurteilen, die ihm wegen der Folgen des Arbeitsunfalles vom 06.02.1975 gewährte Rente auf 60% v.H. zu erhöhen und auszuzahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte ist der Berufung entgegengetreten und hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Mit Schreiben vom 08.04.2013 (Blatt 14/15 der Senatsakte) hat der Kläger beantragt, bei Dr. K., Kreiskrankenhaus E., E., Facharzt für Neurologie, ein Gutachten nach § 109 SGG einzuholen. Er hat den angeforderten Kostenvorschuss von 1.200,00 EUR eingezahlt und sich verpflichtet, übersteigende Kosten zu tragen (Blatt 1 der Kostenakte des Senats); zuvor war dem Kläger mit Schreiben vom 03.07.2013 (Blatt 24 der Senatsakte) mitgeteilt worden, nach Erfüllung der Auflagen aus der Verfügung vom 17.06.2013 werde die beantragte Beweisanordnung ergehen.
Der Kläger wurde daraufhin mit Ladung vom 31.10.2013 zu einem Erörterungstermin am 27.11.2013 geladen (Blatt 28 der Senatsakte), worauf er mitteilte, wegen seines Aufenthalts in Sri Lanka bzw. Thailand nicht zum Termin erscheinen zu können. Außerdem bat er um Mitteilung, was erörtert werden solle (Blatt 29/31 der Senatsakte). Daraufhin hat der Berichterstatter mit Schreiben vom 25.11.2013 (zugestellt am 26.11.2013, Blatt 36/36b der Senatsakte) mitgeteilt, dass insbesondere die angegebene Verschlimmerung erörtert werden sollte und unter Fristsetzung nach § 106a Abs. 3 SGG gebeten, bis 31.12.2013 mitzuteilen, bei welchen Ärzten sich der Kläger aktuell in Behandlung befinde.
Auf die Ladung zur mündlichen Verhandlung vom 22.08.2014 hat der Kläger wegen Urlaubs des Bevollmächtigten Terminsverlegung beantragt (Blatt 40 der Senatsakte), weshalb der Termin auf 24.10.2014 verlegt wurde.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Blatt 45 und 52 der Senatsakte).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte und gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung hat entscheiden können (§ 124 Abs. 2 SGG), ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 21.03.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.07.2012, mit dem die Beklagte eine Erhöhung der rentenberechtigenden MdE (bisher 50) abgelehnt hat. Diese Entscheidung der Beklagten ist ebenso wie der angefochtene Gerichtsbescheid des SG rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten; er hat keinen Anspruch auf Zahlung einer Unfallrente nach einer höheren MdE als 50. Denn nach Überzeugung des Senats ist in den tatsächlichen Voraussetzungen wie sie bei Erlass des Bescheids vom 08.04.2009, mit dem die Beklagte ab 06.12.2006 eine Unfallrente nach einer MdE um 50 v.H. zuerkannt hatte, eine wesentliche Änderung i.S.d. § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X nicht eingetreten.
Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Gemäß § 73 Abs. 3 SGB VII ist eine Änderung der MdE nur wesentlich, wenn sie mehr als 5 v.H. beträgt und bei Renten auf unbestimmte Zeit länger als 3 Monate andauert. Nach näheren Maßgaben des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden.
Gemäß § 56 Abs. 3 Satz 2 SGB VII wird bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit eine Teilrente geleistet; sie wird in der Höhe des Vomhundertsatzes der Vollrente festgesetzt, der dem Grad der MdE entspricht. Gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII richtet sich die MdE nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens. Bei der Bemessung der MdE werden Nachteile berücksichtigt, die die Versicherten dadurch erleiden, dass sie bestimmte von ihnen erworbene besondere berufliche Kenntnisse und Erfahrungen infolge des Versicherungsfalls nicht mehr oder nur noch in vermindertem Umfang nutzen können, soweit solche Nachteile nicht durch sonstige Fähigkeiten, deren Nutzung ihnen zugemutet werden kann, ausgeglichen werden (§ 56 Abs. 2 Satz 3 SGB VII).
Nach der medizinisch-wissenschaftlichen Literatur (vgl. z.B. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage, Seite 193 ff.) umfasst der Erfahrungswert für die posttraumatische Epilepsie einen MdE-Rahmen 20 bis 100 v.H. Zu berücksichtigen ist dabei die individuelle Lage, insbesondere die Art, Dauer und Häufigkeit der Anfälle (schwere generalisierte Anfälle, fokal motorische Anfälle oder epileptische Äquivalente), das Verhalten nach den Anfällen und der Zustand während der anfallfreien Periode (begleitende psychische Veränderungen). Der Zeitpunkt des Anfalls (Nacht- oder Tageszeit) und die private Lebensführung sind bedeutend, ebenso der Erfolg der medikamentösen Therapie (a.a.O.). Auch sind psychopathologische Phänomene nicht nur Ausdruck der epileptischen Funktionsstörung sondern hängen vom sozialen Umfeld ab (a.a.O.).
Der Kläger hat bereits 2007 gegenüber der Beklagten geltend gemacht, dass sich die operierte Stelle der Schädeldecke im Laufe des Tages nach innen wölbe, was Druck auf das Gehirn bedinge und Beschwerden verursache. An dieser Situation hat sich bis zuletzt nichts geändert, weshalb eine wesentliche Änderung der Verhältnisse im Vergleich zu der am 08.04.2009 bestehenden Situation nicht angenommen werden kann.
Hinsichtlich der Konzentrationsstörungen hatte Dr. Z. (Blatt 102 der Beklagtenakte) bereits am 04.04.2007 hierüber berichtet. Diese wurden durch das Gutachten von Dr. H. vom 15.12.2007 (Blatt 185 der Beklagtenakte) nicht nur bestätigt, sondern in der Untersuchungssituation beobachtet. Der neuropsychologische Testbefund (Blatt 204/211 der Beklagtenakte) vom 18. und 25.06.2008 berichtet deutliche Defizite im Bereich der Konzentration und Aufmerksamkeit, im Bereich der basalen Aufmerksamkeitsfunktionen (generelle Wachheit, Verarbeitungsgeschwindigkeit) sowie des Arbeitsgedächtnisses. Die Prüfung der Gedächtnisleistung weist Leistungen im unteren bis mittleren Durchschnittsbereich auf; Defizite hier wurden auf die Aufmerksamkeitsschwierigkeiten zurückgeführt. So ging auch der Beratungsarzt Obhof in seiner Stellungnahme vom 03.11.2008 (Blatt 212/221 der Beklagtenakte) von einer kognitiven Leistungsminderung aus. Soweit Dr. K. daher annimmt (Blatt 329 der Beklagtenakte = Seite 7 des Gutachtens), Klagen über Gedächtnis- und Schreibstörungen seien neu, so kann ihm der Senat hierin nicht folgen. Wurden mithin schon 2007/2008 Konzentrationsstörungen beschrieben, bestanden diese damit bereits zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids vom 08.04.2009, weshalb der Senat eine wesentliche Änderung nicht annehmen kann. Dass sich die Störungen der Konzentration und des Gedächtnisses seither verschlimmert hätten, konnte der Senat angesichts der Auskunft von Dr. S. gegenüber dem SG nicht feststellen, der ebenfalls keine Veränderung insoweit mitgeteilt hatte.
Soweit der Kläger eine Verschlimmerung darauf stützt, dass nunmehr Schreib- und Sprachstörungen aufträten, so folgt ihm der Senat darin nicht. Zwar ist dem Kläger zuzugeben, dass es sich bei diesen Störungen keinesfalls um Bagatellbeeinträchtigungen handelt. Doch musste der Senat feststellen, dass diese Störungen bereits zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids vom 08.04.2009 vorgelegen hatten und eine wesentliche Änderung seither nicht erfahren haben. So hat der Kläger gegenüber Dr. K. im September 2011 ausgeführt, bereits seit 2008/2009 falle es ihm zunehmend schwer zu schreiben und zu sprechen. Manchmal sei er beim Leisten der Unterschrift blockiert, sodass er gar nicht schreiben könne, manchmal könne er Worte nicht artikulieren (Blatt 325 der Beklagtenakte). Auch soweit die rechte Hand des Klägers verkrampft, er Ungeschicklichkeiten darstellt und er daher nicht mehr zu schreiben in der Lage ist, wurde dieser Zustand bereits am 15.04.2008 von Dr. S. (Blatt 194 der Beklagtenakte) als seit einem Jahr bestehend beschrieben; soweit der Zustand aber schon gar nicht auf die Folgen des Unfalles vom 06.02.1975 zurückzuführen ist, ist er aber auch bei der MdE-Bemessung nicht zu berücksichtigen. Dass der Zustand seither schlimmer geworden wäre, hat Dr. S. auch gegenüber dem SG nicht angegeben. Damit konnte der Senat feststellen, dass der vom Kläger als Ergebnis einer Verschlimmerung beschriebene Zustand so bereits im Jahr 2008/2009 vorgelegen hatte; eine wesentliche Änderung gegenüber den Verhältnissen, die bei Erlass des Bescheids vorgelegen hatten, ist damit nicht festzustellen.
Auch hinsichtlich der mit den Unfallfolgen einhergegangenen Persönlichkeitsveränderung samt psychischen Störungen konnte der Senat im Verhältnis zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids vom 08.04.2009 keine wesentliche Verschlimmerung feststellen.
Lediglich soweit der Kläger nunmehr geltend macht, es träten Anfälle drei bis viermal wöchentlich auf, ist eine Änderung in den Verhältnissen eingetreten. So hatte Dr. S. für die Zeit bis 2010 eine weitgehende Anfallfreiheit beschrieben, erstmals im Bericht vom 15.04.2010 (Blatt 274 der Beklagtenakte) hat er drei bis vier kleinere Anfälle pro Woche beschrieben. Da Dr. S. auch zuletzt drei bis vier kleinere Anfälle pro Woche beschrieben hat, handelt es sich um eine dauerhafte Änderung der Verhältnisse, die erst nach dem Zeitpunkt des Bescheiderlasses - vorliegend also am 08.04.2009 - eingetreten war. Zwar hat der Kläger am 07.03.2007 darüber berichtet, seit drei Jahren Bewusstseinsstörungen zu haben, die alle paar Wochen aufträten und drei bis vier Tage andauerten (Blatt 90 der Beklagtenakte), doch wird damit nicht eine Anfallshäufigkeit von drei bis viermal pro Woche beschrieben. Dazu passend hatte Dr. H. in ihrem Gutachten vom 15.12.2007 (Blatt 183 der Beklagtenakte) von vier bis sechs Anfällen im Monat gesprochen. Damit ist insoweit eine tatsächliche Änderung in der Befundlage, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung am 08.04.2009 vorgelegen hatte, eingetreten.
Jedoch ist der Senat unter Berücksichtigung der rechtlichen Maßstäbe der MdE-Bewertung, wie sie die Rechtsprechung anhand des Gesetzes erarbeitet hat und anhand der in der medizinischen Literatur dargestellten Erfahrungssätze zu der Überzeugung gekommen, dass diese tatsächliche Änderung nicht wesentlich ist, weil die MdE weiterhin mit 50 v.H. zutreffend bemessen ist. So ist in der medizinisch-wissenschaftlichen Literatur (Schönberger et al. Seite 195) bei isolierten zerebralen Anfällen nach Schädel-Hirn-Trauma in mittlerer Häufigkeit (große Anfälle mit Pausen von Wochen; kleine Anfälle mit Pausen von Tagen) ein MdE-Rahmen von 50 bis 60 angenommen. Da beim Kläger aber große Anfälle sehr selten vorkommen - Dr. S. hat über Jahre hinweg nur wenige solcher Anfälle angeben können -, kleinere Anfälle, die der Kläger im Wesentlichen ohne ärztliche Behandlung und medikamentöse Therapie - so nimmt er die ihm verordneten Medikamente nicht regelmäßig ein - erträgt und angesichts der Schwere der sonstigen Störungen in Folge des Arbeitsunfalles (Konzentrationsstörungen, vorübergehende Schreib- und Sprechstörungen, wiederkehrende Druckschmerzen an der Trepanationsstelle) hält der Senat eine MdE-Bewertung am unteren Rand des Rahmens - mithin eine MdE-Bewertung von 50 v.H. - für zutreffend.
Damit liegt eine rechtlich bedeutsame, mithin wesentliche Änderung in den Verhältnissen i.S.d. § 48 Abs. 1 SGB X, die zu einer höheren Rente führen würde nicht vor.
Der Senat war nicht verpflichtet, weitere Ermittlungen von Amts anzustellen. Auf die unter Fristsetzung nach § 106a Abs. 3 SGG erfolgte Anfrage nach den aktuell behandelnden Ärzten - mit dem Ziel, diese von Amts wegen zu befragen - hat sich der Kläger nicht geäußert, weshalb eine weitere Beweisaufnahme durch Befragung der behandelnden Ärzte nicht in Betracht zu ziehen war; eine Befragung aller aus der Verwaltungsakte ersichtlichen Ärzte stellt eine Ermittlung ins Blaue hinein dar. Wegen des teilweise schon Jahre zurückliegenden Behandlungszeitpunktes, in der vom SG eingeholten Aussage von Dr. S. vom 27.10.2012 datiert der neueste Befund vom 13.04.2010, war eine aktuelle Behandlung des Klägers mit etwaigen neuen Befunden - ggfs. über geänderte Anfallfrequenz oder Anfallart - aber entscheidungsrelevant. Da der Kläger keine Angaben zu neueren Behandlungen gemacht hat, sich aus der Aussage von Dr. S. bereits eine mehr als zweijährige Behandlungslücke ergibt, ist der Senat von einer fortbestehenden Befundlage ausgegangen. Angesichts der widerspruchsfreien und schlüssigen Gutachten von Dr. K. und Dr. H. und unter Berücksichtigung der vorliegenden ärztlichen Auskünfte von Dr. S. sowie der ärztlichen Unterlagen aus dem Verwaltungsverfahren, die einen recht genauen medizinischen Überblick über die Entwicklung der gesundheitlichen Situation des Klägers im streitigen Zeitraum geben, musste der Senat sich nicht gedrängt sehen, ein Gutachten von Amts wegen einzuholen. Insbesondere ist der Senat bei seiner Entscheidung von den eigenen Angaben des Klägers nicht abgewichen. Die Gutachten und ärztlichen Unterlagen gehen von zutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen aus, enthalten keine unlösbaren inhaltlichen Widersprüche und geben keinen Anlass, an der Sachkunde oder Unparteilichkeit der Gutachter zu zweifeln.
Der Senat musste aber auch nicht nach § 109 SGG ein Gutachten bei Dr. Kohler einholen. Zwar hat der Kläger diesen Arzt hinreichend bestimmt benannt, einen Kostenvorschuss einbezahlt und auch eine Kostenverpflichtungserklärung vorgelegt. Doch hat der Kläger an der die Begutachtung vorbereitenden Aufklärung nicht mitgewirkt, eine Terminierung und gutachterliche Untersuchung durch lange Abwesenheitszeiten hinausgeschoben und einer – zweimaligen – Terminierung zur mündlichen Verhandlung nicht wegen der bereits angekündigten Beweisanordnung nach § 109 SGG widersprochen. Der Senat konnte deshalb davon ausgehen, dass der Kläger an einer Begutachtung nach § 109 SGG kein Interesse mehr hat. Das wird dadurch bestätigt, dass sich der rechtskundig vertretene Kläger im Berufungsverfahren trotz des schriftsätzlich gestellten Beweisantrags vorbehaltlos mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt hat. Er muss sich nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. BSG 01.09.1999 - B 9 V 42/99 B = SozR 3-1500 § 124 Nr. 3; BSG 21.06.2001 - B 7 AL 18/01 B - juris) so behandeln lassen, als hätte sich der Beweisantrag erledigt, weshalb ihm dann auch nicht mehr nachzugehen ist.
Dass entgegen dem Schreiben des Vorsitzenden vom 03.07.2013 das Gutachten nicht in Auftrag gegeben wurde, verletzt weder das Recht auf ein faires Verfahren noch ist dies für den Kläger überraschend. Denn zunächst war durch die Terminierung zum Erörterungstermin im November 2013, spätestens mit dem Hinweisschreiben des Berichterstatters vom 25.11.2013 auch für den Kläger und seinen Bevollmächtigten ersichtlich, dass an dem Schreiben vom 03.07.2013 nicht festgehalten wird. An der zunächst von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme hat der Kläger bewusst und gewollt nicht mitgewirkt. Verschließt sich der Kläger jedoch der Beweisaufnahme von Amts wegen, so kann er auch nicht mehr eine Beweisaufnahme nach § 109 SGG durchsetzen.
Damit ist im Verhältnis zu dem bis dahin maßgeblichen Bescheid vom 08.04.2009 eine wesentliche Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X nicht eingetreten, sodass ein Anspruch auf höhere Unfallrente nicht besteht. Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger gegen die Beklagte ein Anspruch auf Gewährung einer höheren Unfallrente (wenigstens nach MdE um 60 v.H. statt bisher MdE 50 v.H.) wegen des Unfalles vom 06.02.1975 zusteht.
Der Kläger, geboren am 30.09.1961, schloss die Wirtschaftsschule F. mit der Mittleren Reife (Handelsschule, Notendurchschnitt von 2,1) ab. Eine im Jahr 1982 begonnene Ausbildung zum Kfz-Mechaniker brach der Kläger ab wegen einer allergischen Erkrankung. Von 1983 bis 1989 arbeitete er dann als Fahrer, daneben von 1986 bis 1988 als Dachdeckerhelfer. Von 1990 bis 1993 war er wiederum als Fahrer beschäftigt. Seit 1993/1994 ist der Kläger arbeitslos. Zuletzt wohnte er auf einem Campingplatz und verbrachte die Wintermonate in Südostasien.
Der Kläger rutschte am 06.02.1975 bei einer Faschingsveranstaltung seiner Schule ein Treppengeländer herunter und stürzte dabei etwa vier Meter tief ab (Blatt 1 der Beklagtenakte). Dabei zog er sich ein schweres Schädelhirntrauma mit epiduralem Hämatom contusio cerebri und contusio spinalis sowie distaler Unterarmfraktur rechts zu (zur Unfallanzeige vgl. Blatt 1 der Beklagtenakte; zum ersten Rentengutachten (vgl. Blatt 19/24 der Beklagtenakte, zum neurologischem Nebengutachten vgl. Blatt 28/30 der Beklagtenakte). Noch am Unfalltag kam es zu Krämpfen und erweiterten Pupillen, es erfolgte eine Trepanation (Blatt 12 der Beklagtenakte). Nach Ende einer fünf Tage dauernden Bewusstlosigkeit wurde in einem EEG am 28.02.1975 noch ein langsamer Alpha-Rhythmus mit Übergang in eine leichte Allgemeinveränderung mit Rechtsbetonung über den hinteren Regionen festgestellt. Spätere Kontroll-Untersuchungen ergaben kontinuierliche Besserungen der EEG, auch zeigte sich eine kontinuierliche Abnahme der Krampfwellen und -spitzen (Blatt 29 der Beklagtenakte).
Die Beklagte anerkannte mit Bescheid vom 25.05.1976 das Vorliegen eines Arbeitsunfalles, stellte als dessen Unfallfolge Beschwerden nach Kopfverletzung, "chirurgischerseits haben sich die Unfallfolgen nahezu restlos zurückgebildet" fest und gewährte dem Kläger eine vorläufige Verletztenrente nach einer MdE von 100 v.H. bzw. später 50 v.H. (Blatt 33/34 der Beklagtenakte). In einem Gutachten vom 30.08.1976 stellte der behandelnde Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. P. (Blatt 38/47 der Beklagtenakte) fest, dass keine Anfälle mehr aufgetreten seien und bewertete die MdE mit 30. Seit 01.11.1976 gewährte die Beklagte Dauerrente nach einer MdE von 30 (Bescheid vom 24.09.1976, Blatt 48 der Beklagtenakte).
Nachdem Dr. P. mit Gutachten vom 13.04.1981 (Blatt 74/80 der Beklagtenakte) die MdE auf 10 v.H. einschätzte und nach Anhörung des Klägers (Blatt 81 der Beklagtenakte) entzog die Beklagte dem Kläger die Rente zum 30.06.1981 (Blatt 82 der Beklagtenakte).
In der Folge sollte Dr. P. den Kläger für die Beklagte erneut begutachten. Er teilte jedoch mit Schreiben vom 21.04.1982 (Blatt 83/84 der Beklagtenakte) u.a. mit, dass der Kläger nicht bereit sei, sich untersuchen zu lassen. Die Mutter habe mitgeteilt, dass keine Anfälle aufgetreten seien, obwohl keine antikonvulsive Behandlung erfolge. Über Kopfschmerzen oder irgendwelche Beschwerden würde nicht geklagt. Der Kläger habe keine Motivation einen Beruf zu erlernen, er habe nur Interesse an Autos und daran, möglichst ohne Mühe viel Geld zu verdienen. Sein Verhalten mache den Eltern Sorgen, er trinke übermäßig viel Bier, habe schlechten Umgang und keine richtigen Freunde. Dr. P. sah in dieser Problematik nicht die Auswirkungen des Unfalles, sondern eine Reifungs- und Sozialisationsproblematik. Er empfahl auf weitere Untersuchungen zu verzichten.
Am 27.01.1993 erlitt der Kläger einen weiteren Arbeitsunfall mit Verletzung der linken Schulter, wegen dessen Folgen er seit 15.05.1993 von der Berufsgenossenschaft für den Einzelhandel eine Rente nach einer MdE um 20 v. H. bezieht (Bescheid vom 08.01.1997).
Im Februar 2007 erhielt die Beklagte durch ein Schreiben des behandelnden Neurologen Dr. S. Kenntnis von einer möglichen Verschlimmerung der Unfallfolgen insbesondere in Form bereits seit etwa 1990 aufgetretener komplex-fokaler epileptischer Anfälle (Blatt 85 der Beklagtenakte). Dazu hat der Kläger auf Befragung durch die Beklagte mitgeteilt (Blatt 89/90 der Beklagtenakte), einen genauen Zeitpunkt der Verschlimmerung der Unfallfolgen könne er nicht benennen. Kleinere epileptische Anfälle, Bewusstseinsstörungen, Erinnerungs- und Konzentrationsschwierigkeiten habe er seit dem Unfall. Seit fünf bis sechs Jahren wölbe sich die Schädeldecke an der operierten Stelle im Laufe des Tagen nach innen, es entstehe ein Druck auf das Gehirn. Wenn dieser Druck tagsüber auftrete, falle es ihm schwer etwas zu machen, bei abendlichen Beschwerden ginge er einfach ins Bett. Seit drei Jahren habe er verstärkt alle paar Wochen auftretende Bewusstseinsstörungen, die bis zu drei bis vier Tage andauern könnten, weshalb er versuche, den ganzen Tag zu Hause zu bleiben und dem Gespräch mit anderen Leuten und Tätigkeiten auszuweichen. In Asien habe er im Dezember 2006 im Schlaf einen epileptischen Anfall gehabt.
Von der Beklagten aufgefordert legte der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. S. Berichte vor. Aus seinem Bericht vom 08.01.1993 (Blatt 92 der Beklagtenakte) ergibt sich, dass der Kläger seit ca. 2 ½ Jahren psychomotorische Anfälle berichtet. Im Bericht vom 15.01.1993 (Blatt 93 der Beklagtenakte) führte Dr. S. aus, Ursache der komplexfokalen Anfälle sei eine Narbe, wobei eine temporale Generierung im Hinblick auf die Arrestreaktion mit Bewusstseinseindämmung zu vermuten sei. Der Kläger sei von dem Erfordernis einer antikonvulsiven Therapie überzeugt worden. In seinem Bericht vom 21.04.2006 (Blatt 94 der Beklagtenakte) führte Dr. S. aus, der neurologische Befund einschließlich EEG sei unverändert seit der letzten Untersuchung im Jahr 2001, es bestehe als Folge der Contusio cerebri mit operativem Epiduralhämatom eine diskrete Herdstörung, teilweise mit epilepsiespezifischen Potentialen über der Narbe rechts, wobei sich nach Angaben des Klägers keine Anfälle mehr ereignet hätten. Am 30.01.2007 (Blatt 95 der Beklagtenakte) berichtete Dr. S. über einen vom Kläger angegebenen Anfall mit Bewusstlosigkeit am 06.12.2006 während eines Thailand-Aufenthalts; vor einem Jahr habe er einen Anfall mit Verwirrungszuständen in Sri Lanka und dazwischen zwei kleinere Anfälle mit mnestischen Störungen erlitten. Die Hausärztin Z. gab (Blatt 103/106 der Beklagtenakte) unter Vorlage von Berichten an, der Kläger habe ihr seit 1998 von gelegentlichen Absenzen, früheren Anfällen und Konzentrationsstörungen berichtet, habe jedoch keine neurologische Abklärung gewollt.
Die Beklagte zog auch die Akten der BG für den Einzelhandel (Blatt 127/176a der Beklagtenakte) bei und nahm medizinische Unterlagen zur Akte.
Im Auftrag der Beklagten erstattete die Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. am 15.12.2007 (Blatt 182/187 der Beklagtenakte; zum neurologischen Zusatzgutachten vom 30.07.2008 vgl. Blatt 203/211 der Beklagtenakte) ein nervenärztliches Gutachten, in dem sie angab, dass gegenüber den Befunden aus dem Jahr 1981 eine deutliche Verschlechterung eingetreten sei. 1981 sei der Kläger anfallsfrei gewesen. 2007 sei der Kläger nicht in der Lage einer länger andauernden beruflichen Tätigkeit nachzugehen. Sie schätzte die MdE auf 50 v.H.
In seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 03.11.2008 (Blatt 212/221 der Beklagtenakte) empfahl der Arzt für Neurologie/Psychiatrie und Rehabilitationswesen Dr. O. dem Gutachten zu folgen; es handele sich um ein leichtes bis mittelschweres hirnorganisches Psychosyndrom mit kognitiver Leistungsminderung. Die Bemessung der MdE mit 50 v.H. sei korrekt.
Mit bindend gewordenem Bescheid vom 08.04.2009 (Blatt 244/250 der Beklagtenakte) gewährte die Beklagte dem Kläger eine Rente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE um 10 v.H. für die Zeit vom 01.01.2003 bis 05.12.2006 und nach einer MdE um 50 v.H. für die Zeit vom 06.12.2006 an bis auf weiteres. Unter Ausübung von Ermessen werde die Einrede der Verjährung erhoben für die vor dem 01.01.2003 entstandenen Ansprüche. Im Übrigen wurde unter Festsetzung des Jahresarbeitsverdienstes die Rente berechnet.
Auf Veranlassung der Beklagten legte Dr. S. seinen Bericht vom 23.04.2009 (Blatt 265 der Beklagtenakte) vor. Unter Einnahme von Lamitrigin 100 mg hätten sich keine mit Bewusstseinsstörungen einhergehenden Anfälle mehr ereignet; statt dessen habe der Kläger ab und zu ein gänsehautähnliches Kribbeln vom Rücken in den Nacken aufsteigend bemerkt.
Mit Bescheid vom 09.06.2009 (Blatt 268 /270 der Beklagtenakte) rechnete die Beklagte den sich aus dem Bescheid vom 08.04.2009 ergebenden Nachzahlungsbetrag unter Berücksichtigung des von der ARGE Freiburg im Zeitraum 01.01.2005 bis 31.05.2009 für geleistete SGB II-Leistungen (11.534,76 EUR) geltend gemachten Erstattungsanspruchs (Blatt 266 der Beklagtenakte) ab und zahlte dem Kläger für den Zeitraum bis zum 30.04.2009 noch 1.598,58 EUR zuzüglich 101,21 EUR Zinsen aus.
Dr. S. legte Berichte vom 29.09.2010 und 15.04.2010 (Blatt 273, 274 der Beklagtenakte) vor, in denen er angibt, der Kläger habe von kleineren Anfällen drei- bis viermal wöchentlich berichtet, worüber ihm die Erinnerung fehle. Er bemerke zwar ein Kribbeln im Kopf, sei dann benommen und habe anschließend Schwierigkeiten einfache Handlungen auszuführen. Das im April 2008 eindosierte Lamotrigin habe der Kläger nach Anfallfreiheit wieder abgesetzt, ohne dass sich Anfälle ereignet hätten. Ein bestehendes Fahrverbot könne erst nach einer Anfallfreiheit von einem Jahr aufgehoben werden.
Mit Schreiben vom 05.04.2011 (Blatt 280/283 = 284/286 der Beklagtenakte) beantragte der Kläger die "Verschlimmerung der Unfallfolgen" und die Überprüfung der in der Vergangenheit bekanntgegebenen Bescheide gemäß § 44 SGB X. Der Aufforderung, den ausgefüllten Fragebogen "Rückfrage Verschlimmerung" (Blatt 289 der Beklagtenakte) an die Beklagten zurückzusenden, kam der Kläger trotz mehrfacher Erinnerung nicht nach.
Mit Schreiben vom 14.10.2011 (Blatt 314 der Beklagtenakte) machte der Kläger u.a. geltend, der Unfall sei lebensbedrohlich gewesen und habe seinem Leben eine ganz andere Richtung gegeben. Anpassungsschwierigkeiten seien häufig Folge davon, von den mnestischen und kognitiven Beeinträchtigungen ganz abgesehen. Daher sei nachvollziehbar, dass nach Abbruch der ersten Ausbildung keine andere Ausbildung habe begonnen werden können. Außerdem sei der Jahresarbeitsverdienst (JAV) dahingehend festzulegen, dass von einer Ausbildung im mittleren Niveau auszugehen sei. Man merke ihm nämlich noch an, dass er in seinem Leben etwas ganz anderes hätte erreichen können. Zumindest hätte die JAV in der Höhe festgesetzt werden müssen, die einem regulären Entgelt in solchen Tätigkeiten entspreche, die er letztlich ausgeübt habe. Die Bemessung nach einem Lehrlingsentgelt sei unangemessen. Auch dürfe bezweifelt werden, dass es nicht möglich sei, die Rente bereits zu einem früheren Zeitpunkt zu zahlen. Dass in den 1990ern nichts an die Beklagte herangetragen worden sei, könne mit der Wesensveränderung und damit mit dem Unfall und der scheinbar schlechten Erfahrung mit Dr. P. zusammenhängen. Auch die Berücksichtigung des Erstattungsanspruchs der ARGE ab dem 01.01.2005 sei unzutreffend. §§ 111 und 113 SGB X seien erst zu einem späteren Zeitpunkt geändert worden, die Erstattungsansprüche für die Jahre 2005 bis 2007 seien bereits untergegangen gewesen. Darüber hinaus handele es sich bei der Rente um eine Entschädigungsleistung, die nicht angerechnet werden dürfe.
Der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. von K. erstellte im Auftrag der Beklagten ein Gutachten über den Kläger. In seinem Gutachten vom 13.11.2011 (Blatt 323/330 der Beklagtenakte) beschrieb er ein Schädel-Hirn-Trauma vom 06.02.1975 mit epiduralem Hämatom parietal rechts, Contusio cerebri, posttraumatischer Epilepsie und organischem Psychosyndrom. Die von der Trepanation stammenden Narben am Schädel versursachten Beschwerden, die der Kläger periodisch schildere (das Einziehen des Schädeldaches dort). Wahrscheinlich sei auch die posttraumatische Epilepsie als Folge dieses epiduralen Hämatoms und der darunter liegenden Hirnsubstanzschädigung zu sehen. Es träten eher selten zerebrale Anfälle auf. Das organische Psychosyndrom wirke sich im Alltag deutlich aus. Es habe zu einer sozialen Isolierung geführt. Eine mäßige Wesensänderung sei festzustellen, sonst würde der Kläger z.B. regelmäßig Antiepileptika einnehmen. Auch gewisse Werkzeugstörungen wie Probleme mit dem Schreiben, mit der Feinmotorik der rechten Hand und dem Sprechen seien als Folge der Hirnschädigung plausibel. Gegenüber dem Befund aus dem Gutachten vom 15.12.2007 sei keine wesentliche Änderung festzustellen. Neu seien allenfalls die Klagen über Gedächtnis- und Schreibstörungen. Sie allein bedingten aber keine wesentliche Änderung. Den Grad der MdE schätze er auf unverändert 50. Wünschenswert sei eine Dokumentation der zerebralen Anfälle. Solange dies nicht geschehe, könne man auch keine Änderung der Anfallshäufigkeit und der etwaigen Wirkung eines Antiepileptikums beurteilen.
Die Beklagte legte mit Bescheid vom 21.12.2011 (Blatt 335/336 der Beklagtenakte) ihre Auffassung dar, wonach weitere Leistungen bzw. eine Änderung nicht in Betracht komme. Für eine etwaige Überprüfung nach § 44 SGB X wurde um neue Tatsachen und Beweismittel gebeten. Eine Zahlung der Rente vor dem 01.01.2005 könne wegen Verjährung und wegen einer nicht vorhandenen MdE von mehr als 10 v.H. nicht erfolgen. § 90 SGB VII bzw. § 573 RVOI kämen grds. nach dem voraussichtlichen Ausbildungsende in Betracht; ein Abbruch der Berufsausbildung sei nicht aufgrund der Unfallfolgen eingetreten. Im Übrigen sei der Erstattungsanspruch fristgerecht angemeldet und infolgedessen auch beglichen worden.
Der Kläger erhob nunmehr am 05.01.2012 Widerspruch (Blatt 328/341 der Beklagtenakte) gegen die Entscheidung, eine Rente vor dem 01.01.2005 zu zahlen, gegen die Höhe der MdE, die Anwendung des § 90 SGB VII bzw. § 573 RVO und die Berücksichtigung des Erstattungsanspruchs.
Mit Bescheid vom 21.03.2012 (Blatt 347/348 der Beklagtenakte) lehnte die Beklagte die Erhöhung der Rente wegen einer Verschlimmerung ab. Auf Grundlage des Gutachtens von Dr. K. sei eine Verschlimmerung nicht festzustellen. Hiergegen erhob der Klägers am 11.04.2012 (Blatt 361 der Beklagtenakte) Widerspruch. Die aufgetretene Schlafwandelei, die Gedächtnis- und Schreibstörungen stellten eine wesentliche Änderung dar, die eine MdE-Veränderung von mindestens 10 v.H. begründeten (Blatt 362/363 der Beklagtenakte) und führte des Weiteren aus: "Es sei zunehmend zu verzeichnen, dass scheinbar die Gutachter Angst haben vor irgendetwas in diesem Land, denn es traut sich keiner mehr gegen eine Behörde zu begutachten, bzw. überhaupt eine ordnungsgemäße Leistungseinschätzung abzugeben."
Mit Widerspruchsbescheiden vom 21.05.2012 (Blatt 368/371, 372/375, 376/378 der Beklagtenakte) wies die Beklagte die Widersprüche gegen den Bescheid vom 21.12.2012 zurück.
Erhobene Untätigkeitsklagen (SG Freiburg - S 9 U 1858/12, S 9 U 1794/12) nahm der Kläger wieder zurück (Blatt 380, 386 der Beklagtenakte).
Gegen den Bescheid vom 21.12.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 21.05.2012 hat der Kläger beim Sozialgericht (SG) Freiburg hinsichtlich der Erstattung von Alg II am 24.05.2012 Klage erhoben (Az.: S 9 U 2574/12), hinsichtlich der Anwendung des § 90 SGB VII bzw. § 573 RVO am 24.05.2012 (Az.: S 2602/12) und hinsichtlich der Höhe der MdE und der Zahlung einer Rente vor dem 09.06.2009 am 30.05.2012 (Az.: S 9 U 2678/12).
Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 21.03.2012 mit Widerspruchsbescheid vom 25.7.2012 (Blatt 46/47der Senatakte) zurück.
Am 27.07.2012 hat der Kläger beim SG Klage gegen den Bescheid vom 21.03.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.07.2012 erhoben (Az.: S 9 U 3738/12). Offensichtlich habe sich das Klima in diesem Lande, was die medizinische Einschätzungen und den Mut zu entsprechenden Einschätzungen angehe, so verschoben, dass zum Teil die Realität nicht mehr übereinstimme mit dem, was festgestellt werde. Er begehre eine Verletztenrente von wenigstens 60 v.H. Es sei unverständlich, dass der Gutachter Dr. K. die Klagen über Gedächtnis- und Schreibstörungen nicht als wesentliche Verschlimmerung der Unfallfolgen ansehe.
Das SG hat Beweis erhoben durch schriftliche Befragung des den Kläger behandelnden Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. S. als sachverständigen Zeugen. Dieser hat in seiner Auskunft vom 27.10.2012 (Blatt 24 der SG-Akte) mitgeteilt, er habe den Kläger zuletzt am 13.04.2010 gesehen. Bei der Vorstellung am 14.10.2001 hätten Kopfschmerzen und ein Kribbeln in den Händen im Vordergrund gestanden, nach eigenen Angaben des Klägers habe er keine Anfälle gehabt. Bei der Vorstellung am 20.04.2006 hab der Kläger über Schmerzen im Bereich des Trepanationsdefektes rechts geklagt. Nach seinen Angaben sei er anfallsfrei ohne medikamentöse Behandlung. Bei der Vorstellung am 29.01.2007 hätten unverändert Schmerzen im Bereich des Trepanationsdefektes rechts bestanden, der Kläger habe über einen Anfall während des Aufenthaltes in Sri Lanka berichtet. Anlass der Vorstellung am 14.04.2008 sei ein sekundär generalisierter Grand-Mal-Anfall gewesen. Der Kläger habe zusätzlich über eine Ungeschicklichkeit der rechten Hand, die sich neurologisch nicht einordnen ließ, berichtet. Bei der Vorstellung am 22.04.2009 sei der Kläger unter der Behandlung mit Lamotrigin 100 mg anfallsfrei gewesen. Bei der Vorstellung am 28.09.2009 habe der Kläger von sich aus das Lamotrigin abgesetzt gehabt, ohne dass sich nach seinen Angaben Anfälle ereignet hätten. Bei der letzten Vorstellung am 13.04.2010 habe der Kläger über noch 3 bis 4 pro Woche auftretende kleinere Anfälle mit Erinnerungslücke trotz der Behandlung mit Lamotrigin 2 x 50 mg berichtet, weshalb empfohlen worden sei, die Dosis zu erhöhen. Bei der psychologischen Testuntersuchung in der U. F. im Juni 2008 seien deutliche Defizite im Bereich von Konzentration und Aufmerksamkeit beschrieben worden, ferner Defizite in der basalen Aufmerksamkeitsfunktionen und auch im Arbeitsgedächtnis. Aufgrund dieser Befunde sei bei einer Begutachtung 2008 eine MdE auf 50 % eingestuft worden. Seine Einschätzung der MdE weiche nicht von dem Gutachten von Dr. K. vom 13.11.2011 ab, er schätze diese unverändert auf 50 v.H., wobei der Kläger seit 2008 über eine motorische Störung der rechten Hand berichtet, die bisher noch nicht eindeutig einzuordnen sei, berichte.
Das SG hat mit Gerichtsbescheid vom 22.02.2013 die Klage abgewiesen. Die Klage sei nicht begründet. Im Vergleich zu dem für den Bescheid vom 08.04.2009 maßgeblichen Unfallfolgezustand sei keine wesentliche, d.h. die MdE um mindestens 10 v.H. erhöhende, Verschlimmerung eingetreten. Das Gutachten von Dr. K. führe aus, dass der Befund dem der maßgeblichen Vorbegutachtung entspreche, "allenfalls" seien die klägerischen Angaben über Gedächtnis- und Schreibstörungen als neu anzusehen. Diese bedingten jedoch keine wesentliche Änderung. Nachvollziehbar sei zwar, dass der Kläger verstärkte Beeinträchtigungen dieser beiden Fähigkeiten im umgangssprachlichen Sinne als wesentlich empfinde. Hieraus folge jedoch nicht zwingend, dass es sich auch um eine wesentliche Verschlimmerung im Rechtssinne handele. Dagegen spreche neben der fachärztlichen Kompetenz des Gutachters, die zu erschüttern die subjektive Einschätzung des Klägers und seines Bevollmächtigten allein nicht geeignet sei, entscheidend die Beurteilung des behandelnden Neurologen Dr. S. Dieser schließe sich Dr. K. ausdrücklich an, als die MdE unverändert bei 50 v.H. liege. Dabei gebe Dr. S. zu bedenken, dass die motorische Störung der rechten Hand, welche zu den Schwierigkeiten beim Schreiben beitrage, noch nicht eindeutig zuzuordnen sei. Mithin könne diese streng genommen bei der Schätzung der unfallbedingten MdE bereits von Rechts wegen nicht berücksichtigt werden. Die Einschätzung von Dr. S. habe besondere Beweiskraft, weil der Kläger diesen Arzt im maßgeblichen Zeitraum seit der Vorbegutachtung am 14.06.2007 bis einschließlich 2010 regelmäßig zumindest einmal jährlich konsultiert habe. Es sei daher davon auszugehen, dass Dr. S. eine wesentliche Verschlimmerung der Unfallfolgen im Behandlungsverlauf nicht verborgen geblieben wäre.
Gegen den seinem Bevollmächtigten am 23.02.2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 08.03.2013 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg Berufung eingelegt. Die Entscheidung des SG sei nicht überzeugend. Es seien Zweifel am Gutachten von Dr. K. wegen einiger erheblicher Unschlüssigkeiten erhoben worden. Es könne nicht mehr nachvollzogen werden, dass Gedächtnis, Schreibstörungen und weitere Beeinträchtigungen, insbesondere auch Konzentrationsstörungen und Schlafstörungen, nicht eine wesentliche Änderung im Umfang von 10% darstellten. Dass Dr. S. zu bedenken gegeben habe, es sei nicht ganz klar zuordnungsfähig, woher die motorische Störung der rechten Hand komme, greife das Gericht auf, sehe sich dann aber nicht gedrängt, ein Gutachten von Amts wegen über diese Rechtsfrage einzuholen. Es sei zwingend ein Gutachten von Amts wegen einzuholen.
Der Kläger beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 22.02.2013 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 21.03.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.07.2012 zu verurteilen, die ihm wegen der Folgen des Arbeitsunfalles vom 06.02.1975 gewährte Rente auf 60% v.H. zu erhöhen und auszuzahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte ist der Berufung entgegengetreten und hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Mit Schreiben vom 08.04.2013 (Blatt 14/15 der Senatsakte) hat der Kläger beantragt, bei Dr. K., Kreiskrankenhaus E., E., Facharzt für Neurologie, ein Gutachten nach § 109 SGG einzuholen. Er hat den angeforderten Kostenvorschuss von 1.200,00 EUR eingezahlt und sich verpflichtet, übersteigende Kosten zu tragen (Blatt 1 der Kostenakte des Senats); zuvor war dem Kläger mit Schreiben vom 03.07.2013 (Blatt 24 der Senatsakte) mitgeteilt worden, nach Erfüllung der Auflagen aus der Verfügung vom 17.06.2013 werde die beantragte Beweisanordnung ergehen.
Der Kläger wurde daraufhin mit Ladung vom 31.10.2013 zu einem Erörterungstermin am 27.11.2013 geladen (Blatt 28 der Senatsakte), worauf er mitteilte, wegen seines Aufenthalts in Sri Lanka bzw. Thailand nicht zum Termin erscheinen zu können. Außerdem bat er um Mitteilung, was erörtert werden solle (Blatt 29/31 der Senatsakte). Daraufhin hat der Berichterstatter mit Schreiben vom 25.11.2013 (zugestellt am 26.11.2013, Blatt 36/36b der Senatsakte) mitgeteilt, dass insbesondere die angegebene Verschlimmerung erörtert werden sollte und unter Fristsetzung nach § 106a Abs. 3 SGG gebeten, bis 31.12.2013 mitzuteilen, bei welchen Ärzten sich der Kläger aktuell in Behandlung befinde.
Auf die Ladung zur mündlichen Verhandlung vom 22.08.2014 hat der Kläger wegen Urlaubs des Bevollmächtigten Terminsverlegung beantragt (Blatt 40 der Senatsakte), weshalb der Termin auf 24.10.2014 verlegt wurde.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Blatt 45 und 52 der Senatsakte).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte und gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung hat entscheiden können (§ 124 Abs. 2 SGG), ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 21.03.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.07.2012, mit dem die Beklagte eine Erhöhung der rentenberechtigenden MdE (bisher 50) abgelehnt hat. Diese Entscheidung der Beklagten ist ebenso wie der angefochtene Gerichtsbescheid des SG rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten; er hat keinen Anspruch auf Zahlung einer Unfallrente nach einer höheren MdE als 50. Denn nach Überzeugung des Senats ist in den tatsächlichen Voraussetzungen wie sie bei Erlass des Bescheids vom 08.04.2009, mit dem die Beklagte ab 06.12.2006 eine Unfallrente nach einer MdE um 50 v.H. zuerkannt hatte, eine wesentliche Änderung i.S.d. § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X nicht eingetreten.
Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Gemäß § 73 Abs. 3 SGB VII ist eine Änderung der MdE nur wesentlich, wenn sie mehr als 5 v.H. beträgt und bei Renten auf unbestimmte Zeit länger als 3 Monate andauert. Nach näheren Maßgaben des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden.
Gemäß § 56 Abs. 3 Satz 2 SGB VII wird bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit eine Teilrente geleistet; sie wird in der Höhe des Vomhundertsatzes der Vollrente festgesetzt, der dem Grad der MdE entspricht. Gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII richtet sich die MdE nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens. Bei der Bemessung der MdE werden Nachteile berücksichtigt, die die Versicherten dadurch erleiden, dass sie bestimmte von ihnen erworbene besondere berufliche Kenntnisse und Erfahrungen infolge des Versicherungsfalls nicht mehr oder nur noch in vermindertem Umfang nutzen können, soweit solche Nachteile nicht durch sonstige Fähigkeiten, deren Nutzung ihnen zugemutet werden kann, ausgeglichen werden (§ 56 Abs. 2 Satz 3 SGB VII).
Nach der medizinisch-wissenschaftlichen Literatur (vgl. z.B. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage, Seite 193 ff.) umfasst der Erfahrungswert für die posttraumatische Epilepsie einen MdE-Rahmen 20 bis 100 v.H. Zu berücksichtigen ist dabei die individuelle Lage, insbesondere die Art, Dauer und Häufigkeit der Anfälle (schwere generalisierte Anfälle, fokal motorische Anfälle oder epileptische Äquivalente), das Verhalten nach den Anfällen und der Zustand während der anfallfreien Periode (begleitende psychische Veränderungen). Der Zeitpunkt des Anfalls (Nacht- oder Tageszeit) und die private Lebensführung sind bedeutend, ebenso der Erfolg der medikamentösen Therapie (a.a.O.). Auch sind psychopathologische Phänomene nicht nur Ausdruck der epileptischen Funktionsstörung sondern hängen vom sozialen Umfeld ab (a.a.O.).
Der Kläger hat bereits 2007 gegenüber der Beklagten geltend gemacht, dass sich die operierte Stelle der Schädeldecke im Laufe des Tages nach innen wölbe, was Druck auf das Gehirn bedinge und Beschwerden verursache. An dieser Situation hat sich bis zuletzt nichts geändert, weshalb eine wesentliche Änderung der Verhältnisse im Vergleich zu der am 08.04.2009 bestehenden Situation nicht angenommen werden kann.
Hinsichtlich der Konzentrationsstörungen hatte Dr. Z. (Blatt 102 der Beklagtenakte) bereits am 04.04.2007 hierüber berichtet. Diese wurden durch das Gutachten von Dr. H. vom 15.12.2007 (Blatt 185 der Beklagtenakte) nicht nur bestätigt, sondern in der Untersuchungssituation beobachtet. Der neuropsychologische Testbefund (Blatt 204/211 der Beklagtenakte) vom 18. und 25.06.2008 berichtet deutliche Defizite im Bereich der Konzentration und Aufmerksamkeit, im Bereich der basalen Aufmerksamkeitsfunktionen (generelle Wachheit, Verarbeitungsgeschwindigkeit) sowie des Arbeitsgedächtnisses. Die Prüfung der Gedächtnisleistung weist Leistungen im unteren bis mittleren Durchschnittsbereich auf; Defizite hier wurden auf die Aufmerksamkeitsschwierigkeiten zurückgeführt. So ging auch der Beratungsarzt Obhof in seiner Stellungnahme vom 03.11.2008 (Blatt 212/221 der Beklagtenakte) von einer kognitiven Leistungsminderung aus. Soweit Dr. K. daher annimmt (Blatt 329 der Beklagtenakte = Seite 7 des Gutachtens), Klagen über Gedächtnis- und Schreibstörungen seien neu, so kann ihm der Senat hierin nicht folgen. Wurden mithin schon 2007/2008 Konzentrationsstörungen beschrieben, bestanden diese damit bereits zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids vom 08.04.2009, weshalb der Senat eine wesentliche Änderung nicht annehmen kann. Dass sich die Störungen der Konzentration und des Gedächtnisses seither verschlimmert hätten, konnte der Senat angesichts der Auskunft von Dr. S. gegenüber dem SG nicht feststellen, der ebenfalls keine Veränderung insoweit mitgeteilt hatte.
Soweit der Kläger eine Verschlimmerung darauf stützt, dass nunmehr Schreib- und Sprachstörungen aufträten, so folgt ihm der Senat darin nicht. Zwar ist dem Kläger zuzugeben, dass es sich bei diesen Störungen keinesfalls um Bagatellbeeinträchtigungen handelt. Doch musste der Senat feststellen, dass diese Störungen bereits zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids vom 08.04.2009 vorgelegen hatten und eine wesentliche Änderung seither nicht erfahren haben. So hat der Kläger gegenüber Dr. K. im September 2011 ausgeführt, bereits seit 2008/2009 falle es ihm zunehmend schwer zu schreiben und zu sprechen. Manchmal sei er beim Leisten der Unterschrift blockiert, sodass er gar nicht schreiben könne, manchmal könne er Worte nicht artikulieren (Blatt 325 der Beklagtenakte). Auch soweit die rechte Hand des Klägers verkrampft, er Ungeschicklichkeiten darstellt und er daher nicht mehr zu schreiben in der Lage ist, wurde dieser Zustand bereits am 15.04.2008 von Dr. S. (Blatt 194 der Beklagtenakte) als seit einem Jahr bestehend beschrieben; soweit der Zustand aber schon gar nicht auf die Folgen des Unfalles vom 06.02.1975 zurückzuführen ist, ist er aber auch bei der MdE-Bemessung nicht zu berücksichtigen. Dass der Zustand seither schlimmer geworden wäre, hat Dr. S. auch gegenüber dem SG nicht angegeben. Damit konnte der Senat feststellen, dass der vom Kläger als Ergebnis einer Verschlimmerung beschriebene Zustand so bereits im Jahr 2008/2009 vorgelegen hatte; eine wesentliche Änderung gegenüber den Verhältnissen, die bei Erlass des Bescheids vorgelegen hatten, ist damit nicht festzustellen.
Auch hinsichtlich der mit den Unfallfolgen einhergegangenen Persönlichkeitsveränderung samt psychischen Störungen konnte der Senat im Verhältnis zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids vom 08.04.2009 keine wesentliche Verschlimmerung feststellen.
Lediglich soweit der Kläger nunmehr geltend macht, es träten Anfälle drei bis viermal wöchentlich auf, ist eine Änderung in den Verhältnissen eingetreten. So hatte Dr. S. für die Zeit bis 2010 eine weitgehende Anfallfreiheit beschrieben, erstmals im Bericht vom 15.04.2010 (Blatt 274 der Beklagtenakte) hat er drei bis vier kleinere Anfälle pro Woche beschrieben. Da Dr. S. auch zuletzt drei bis vier kleinere Anfälle pro Woche beschrieben hat, handelt es sich um eine dauerhafte Änderung der Verhältnisse, die erst nach dem Zeitpunkt des Bescheiderlasses - vorliegend also am 08.04.2009 - eingetreten war. Zwar hat der Kläger am 07.03.2007 darüber berichtet, seit drei Jahren Bewusstseinsstörungen zu haben, die alle paar Wochen aufträten und drei bis vier Tage andauerten (Blatt 90 der Beklagtenakte), doch wird damit nicht eine Anfallshäufigkeit von drei bis viermal pro Woche beschrieben. Dazu passend hatte Dr. H. in ihrem Gutachten vom 15.12.2007 (Blatt 183 der Beklagtenakte) von vier bis sechs Anfällen im Monat gesprochen. Damit ist insoweit eine tatsächliche Änderung in der Befundlage, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung am 08.04.2009 vorgelegen hatte, eingetreten.
Jedoch ist der Senat unter Berücksichtigung der rechtlichen Maßstäbe der MdE-Bewertung, wie sie die Rechtsprechung anhand des Gesetzes erarbeitet hat und anhand der in der medizinischen Literatur dargestellten Erfahrungssätze zu der Überzeugung gekommen, dass diese tatsächliche Änderung nicht wesentlich ist, weil die MdE weiterhin mit 50 v.H. zutreffend bemessen ist. So ist in der medizinisch-wissenschaftlichen Literatur (Schönberger et al. Seite 195) bei isolierten zerebralen Anfällen nach Schädel-Hirn-Trauma in mittlerer Häufigkeit (große Anfälle mit Pausen von Wochen; kleine Anfälle mit Pausen von Tagen) ein MdE-Rahmen von 50 bis 60 angenommen. Da beim Kläger aber große Anfälle sehr selten vorkommen - Dr. S. hat über Jahre hinweg nur wenige solcher Anfälle angeben können -, kleinere Anfälle, die der Kläger im Wesentlichen ohne ärztliche Behandlung und medikamentöse Therapie - so nimmt er die ihm verordneten Medikamente nicht regelmäßig ein - erträgt und angesichts der Schwere der sonstigen Störungen in Folge des Arbeitsunfalles (Konzentrationsstörungen, vorübergehende Schreib- und Sprechstörungen, wiederkehrende Druckschmerzen an der Trepanationsstelle) hält der Senat eine MdE-Bewertung am unteren Rand des Rahmens - mithin eine MdE-Bewertung von 50 v.H. - für zutreffend.
Damit liegt eine rechtlich bedeutsame, mithin wesentliche Änderung in den Verhältnissen i.S.d. § 48 Abs. 1 SGB X, die zu einer höheren Rente führen würde nicht vor.
Der Senat war nicht verpflichtet, weitere Ermittlungen von Amts anzustellen. Auf die unter Fristsetzung nach § 106a Abs. 3 SGG erfolgte Anfrage nach den aktuell behandelnden Ärzten - mit dem Ziel, diese von Amts wegen zu befragen - hat sich der Kläger nicht geäußert, weshalb eine weitere Beweisaufnahme durch Befragung der behandelnden Ärzte nicht in Betracht zu ziehen war; eine Befragung aller aus der Verwaltungsakte ersichtlichen Ärzte stellt eine Ermittlung ins Blaue hinein dar. Wegen des teilweise schon Jahre zurückliegenden Behandlungszeitpunktes, in der vom SG eingeholten Aussage von Dr. S. vom 27.10.2012 datiert der neueste Befund vom 13.04.2010, war eine aktuelle Behandlung des Klägers mit etwaigen neuen Befunden - ggfs. über geänderte Anfallfrequenz oder Anfallart - aber entscheidungsrelevant. Da der Kläger keine Angaben zu neueren Behandlungen gemacht hat, sich aus der Aussage von Dr. S. bereits eine mehr als zweijährige Behandlungslücke ergibt, ist der Senat von einer fortbestehenden Befundlage ausgegangen. Angesichts der widerspruchsfreien und schlüssigen Gutachten von Dr. K. und Dr. H. und unter Berücksichtigung der vorliegenden ärztlichen Auskünfte von Dr. S. sowie der ärztlichen Unterlagen aus dem Verwaltungsverfahren, die einen recht genauen medizinischen Überblick über die Entwicklung der gesundheitlichen Situation des Klägers im streitigen Zeitraum geben, musste der Senat sich nicht gedrängt sehen, ein Gutachten von Amts wegen einzuholen. Insbesondere ist der Senat bei seiner Entscheidung von den eigenen Angaben des Klägers nicht abgewichen. Die Gutachten und ärztlichen Unterlagen gehen von zutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen aus, enthalten keine unlösbaren inhaltlichen Widersprüche und geben keinen Anlass, an der Sachkunde oder Unparteilichkeit der Gutachter zu zweifeln.
Der Senat musste aber auch nicht nach § 109 SGG ein Gutachten bei Dr. Kohler einholen. Zwar hat der Kläger diesen Arzt hinreichend bestimmt benannt, einen Kostenvorschuss einbezahlt und auch eine Kostenverpflichtungserklärung vorgelegt. Doch hat der Kläger an der die Begutachtung vorbereitenden Aufklärung nicht mitgewirkt, eine Terminierung und gutachterliche Untersuchung durch lange Abwesenheitszeiten hinausgeschoben und einer – zweimaligen – Terminierung zur mündlichen Verhandlung nicht wegen der bereits angekündigten Beweisanordnung nach § 109 SGG widersprochen. Der Senat konnte deshalb davon ausgehen, dass der Kläger an einer Begutachtung nach § 109 SGG kein Interesse mehr hat. Das wird dadurch bestätigt, dass sich der rechtskundig vertretene Kläger im Berufungsverfahren trotz des schriftsätzlich gestellten Beweisantrags vorbehaltlos mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt hat. Er muss sich nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. BSG 01.09.1999 - B 9 V 42/99 B = SozR 3-1500 § 124 Nr. 3; BSG 21.06.2001 - B 7 AL 18/01 B - juris) so behandeln lassen, als hätte sich der Beweisantrag erledigt, weshalb ihm dann auch nicht mehr nachzugehen ist.
Dass entgegen dem Schreiben des Vorsitzenden vom 03.07.2013 das Gutachten nicht in Auftrag gegeben wurde, verletzt weder das Recht auf ein faires Verfahren noch ist dies für den Kläger überraschend. Denn zunächst war durch die Terminierung zum Erörterungstermin im November 2013, spätestens mit dem Hinweisschreiben des Berichterstatters vom 25.11.2013 auch für den Kläger und seinen Bevollmächtigten ersichtlich, dass an dem Schreiben vom 03.07.2013 nicht festgehalten wird. An der zunächst von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme hat der Kläger bewusst und gewollt nicht mitgewirkt. Verschließt sich der Kläger jedoch der Beweisaufnahme von Amts wegen, so kann er auch nicht mehr eine Beweisaufnahme nach § 109 SGG durchsetzen.
Damit ist im Verhältnis zu dem bis dahin maßgeblichen Bescheid vom 08.04.2009 eine wesentliche Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X nicht eingetreten, sodass ein Anspruch auf höhere Unfallrente nicht besteht. Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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