Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 15 U 2645/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 1533/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 17.02.2014 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin Anspruch auf Feststellung ihrer Hepatitis-C-Erkrankung als Berufskrankheit (BK) hat.
Die 1951 geborene Klägerin pflegte ab 1985 ihre 1922 geborene und dialysepflichtige Mutter E. B., die am 07.10.1997 gestorben ist. Bis Dezember 1990 pflegte die Klägerin ihre Mutter in deren Haushalt. Ab Januar 1991 hatte sie ihre Mutter bei sich in der Wohnung aufgenommen und eigenen Angaben zufolge war die Pflege rund um die Uhr erforderlich (Erklärung der Klägerin vom 21.01.2010).
Im Februar 2009 wurde bei der Klägerin eine Hepatitis-C diagnostiziert (Arztbrief PD Dr. R. vom 11.05.2009), die die Klägerin auf ihre Pflegetätigkeit zurückführte und bei der Beklagten als BK anzeigte (BK-Anzeige vom 26.05.2009).
Die Beklagte trat in Ermittlungen ein. Sie holte u. a. vom behandelnden Arzt Dr. B. (Schreiben vom 21.05.2010) ärztliche Befundberichte ein. Im Arztbrief von Prof. Dr. T. vom 31.08.2009 wurde dargelegt, dass bei der Klägerin im Frühjahr 2009 als Zufallsbefund erhöhte Leberwerte und in der Folge eine Hepatitis-C-Virusinfektion diagnostiziert worden sei. Anamnestisch sei bei der Mutter der Klägerin im August 1991 ebenfalls eine chronische Hepatitis-C-Virusinfektion diagnostiziert worden, die im Mai 1996 PCR negativ gewesen sei. Die Klägerin habe keine Bluttransfusion erhalten, keine Drogen eingenommen, sie habe keine Tätowierungen und kein Piercing.
In einer zu den Akten gelangten medizinischen Dokumentation der Behandlung der Mutter ist unter dem Datum 21.05.1996 als Diagnose eine chronische Hepatitis C, zuletzt PCR negativ vermerkt (Blatt 27 der BG-Akte). Vom Dialysezentrum R. wurden der Beklagten die dort noch vorhandenen Unterlagen über die Mutter der Klägerin übersandt (Schreiben von Dr. P. vom 18.08.2010). Darunter befanden sich die Laborbefunde der Ärzte für Laboratoriumsmedizin Prof. Dr. S. und Kollegen vom 19.06.1991, 03.02.1992 und 11.03.1992 sowie der Bericht zur Infektionsseriologie vom 30.06.1997 mit handschriftlichen Vermerken zu Hepatitis C-Befunden vom 5/95, 7/95, 2/96, 01/07/96 und 20/01/1997.
In der beratungsärztlichen Stellungnahme von Dr. S. vom 11.01.2011 ging dieser von einer fraglichen Übertragung der Hepatitisinfektion bei bloßem Hautkontakt und niedrigtitrig nachweisbarer Hepatitis-C-Virus(HCV)-RNC bei der Mutter der Klägerin aus und empfahl die Einholung eines Gutachtens.
Die Beklagte holte von Prof. Dr. G. das Gutachten vom 22.04.2011 ein. Darin gelangte der Sachverständige zu der Beurteilung, dass die Klägerin bei ihrer pflegerischen Tätigkeit in ähnlich hohem Maße einem Infektionsrisiko ausgesetzt gewesen sei, wie Beschäftigte in Einrichtungen des Gesundheitsdienstes, der Wohlfahrtspflege oder eines Laboratoriums. Dies betreffe die Zeit von 1991 bis 1997. Da anamnestisch keine weiteren Risikofaktoren für eine Infektion mit dem Hepatitis-C Virus zu erfahren seien, denn Bluttransfusion, Drogenabusus, Piercing oder Tattoos, wechselnden Geschlechtspartner, Nadelstichverletzungen, Reihenimpfungen oder operative Eingriffe seien auszuschließen, sei der Erwerb der Erkrankung im Zusammenhang mit der Pflegetätigkeit zu sehen. Die Mutter der Klägerin sei seit 1980 Dialysepatientin gewesen und habe sich etwa im Jahr 1991 mit Hepatitis C infiziert. Die Dialyse sei über einen sogenannten Shunt durchgeführt worden, welcher nach Beendigung der Dialyse mit einem Verband versorgt worden sei. Der Verband sei von der Klägerin zu Hause gewechselt worden, ohne dass hierzu Handschuhe benutzt worden seien. Gleichzeitig habe sie durch ihre Reinigungstätigkeiten viele Wunden, Rhagaden und offene Stellen an den Fingern gehabt, sodass von einem deutlich erhöhten Infektionsrisiko ausgegangen werden könne.
Mit Bescheid vom 18.04.2012 lehnte die Beklagte die Anerkennung der Berufskrankheit nach Nr. 3101 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung – BKV – ab. Der genaue Zeitpunkt der Infektion habe sich nicht mehr feststellen lassen. Die Mutter der Klägerin habe sich vor August 1991 mit dem Virus höchstwahrscheinlich durch die Dialyse/Bluttransfusion infiziert, wobei eine Ansteckungsmöglichkeit nur bis 1991 denkbar sei. Blutkonserven seien ab 1991 auf Hepatitis-C getestet worden. Die gesetzliche Pflegeversicherung sei zum 01.04.1995 in Kraft getreten, ab diesem Zeitpunkt habe auch erst Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung für Pflegekräfte bestanden. Von August 1991 bis 31.03.1995 seien über 44 Monate gefährdende Tätigkeiten im nicht versicherten Bereich ausgeübt worden. Demgegenüber sei vom 01.04.1995 bis zum Tod der Mutter am 09.10.1997 lediglich für 31 Monate Pflege im versicherten Bereich geleistet worden. Die überwiegende Gefährdung habe daher im nicht versicherten Bereich bestanden.
Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein, denn gemäß § 214 Siebtes Buch des Sozialgesetzbuches (SGB VII) seien auch für zeitlich früher gelegene Versicherungsfälle Leistungen zu erbringen. Zum anderen sei bei der pauschalen Abwägung versicherter und vermeintlich unversicherter Zeiten die Inkubationszeit nicht berücksichtigt. Mit Widerspruchsbescheid vom 26.06.2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. § 214 SGB VII sei eine Überweisungsvorschrift, die Versicherungstatbestände der Reichsversicherungsordnung bei Einführung des SGB VII betreffe. Da die Pflegeversicherung erst am 01.04.1995 in Kraft getreten sei, sei die Unterteilung in versicherte und unversicherte Bereiche korrekt. Ein Infektionszeitpunkt sei nicht bekannt, in Betracht komme der Zeitraum von 1985 bis 1997, weshalb eine Inkubationszeit nicht bestimmt werden könne.
Die Klägerin erhob am 29.07.2013 Klage vor dem Sozialgericht Karlsruhe (SG). Nach Anhörung der Klägerin (richterliche Verfügung vom 03.01.2014) wies das SG mit Gerichtsbescheid vom 17.02.2014 die Klage ab.
Gegen den dem Klägerbevollmächtigten am 05.03.2014 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 03.04.2014 Berufung eingelegt. Sie macht zur Begründung geltend, es seien die Grundsätze der Beweislastumkehr für die entscheidungserhebliche Frage des Nachweises der Infektion im versicherten Zeitraum anzuwenden. Sie könne den Nachweis des Infektionszeitpunktes für die erst 2009 gestellte Diagnose der Hepatitis-Virus-C-Infektion auf medizinisch abgesicherter Basis nicht führen. Dies sei dem Infektionsverlauf mit einer Inkubationszeit und Latenzzeit einerseits ebenso geschuldet, wie der praktisch nicht durchführbaren und zumutbaren lückenlosen medizinischen Dokumentation. Die von der Rechtsprechung entwickelte Wahrscheinlichkeitstheorie mit einer rein statistischen Unterteilung in versicherte und nicht versicherte Zeiträume sei daher nicht sachgerecht. Diese Theorie berücksichtige in keiner Weise Infektionsrisiken und sich verändernde Abläufe in der Pflege. Gerade in der Zeit der hochinfektiösen Phase der gepflegten Patientin liege auch die Zeit der intensiveren Pflegemaßnahmen. Die unterschiedliche Gewichtung werde durch die rein statistisch zeitliche Verteilung in keiner Weise berücksichtigt. Aus der Tatsache, dass auch die Beklagte im Einzelfall selten oder gar nie in der Lage sein dürfte, den Nachweis der Infektion außerhalb des versicherten Zeitraums zu führen, sei unter dem Gesichtspunkt der Sozialverträglichkeit und Abwälzung des Individualrisikos auf die Versichertengemeinschaft zu akzeptieren.
Die Klägerin beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 17.02.2014 sowie den Bescheid der Beklagten vom 18.04.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.06.2013 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Hepatitis-C-Virus-Erkrankung als Berufskrankheit nach Nr. 3101 der Anlage 1 zur BKV festzustellen, hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, den Antrag auf Anerkennung der Berufskrankheit unter Berücksichtigung der Auffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verweist auf die Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid. Darin sei auch zutreffend berücksichtigt, dass sich entgegen der Auffassung der Klägerin das Infektionsrisiko qualitativ seit 1991 nicht verändert habe. Die versicherungsrechtliche Feststellung, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit die Infektion in dem längeren Zeitraum der unversicherten Tätigkeit erfolgt sei, sei rechtlich zutreffend. Eine Beweislastumkehr wegen Beweisschwierigkeiten oder eines Beweisnotstands sei vorliegend nicht gerechtfertigt. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sei die Frage des ursächlichen Zusammenhangs einer Einwirkung im Sinne der Berufskrankheit Nr. 3101 nach modifizierten Grundsätzen der Zusammenhangsbewertung zu würdigen, was das Sozialgericht berücksichtigt habe. Im Übrigen werde das in der gesetzlichen Unfallversicherung tragende Prinzip der Ablösung der Unternehmerhaftung durch die gesetzliche Unfallversicherung durch die von der Klägerin angenommene Beweislastumkehr gesprengt.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt (Bl. 22/23 LSG-Akte).
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die zum Gegenstand des Verfahrens gemachten beigezogenen Akten der Beklagten und des SG sowie auf die vor dem Senat angefallene Akte im Berufungsverfahren Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung hat entscheiden können (§ 124 Abs. 2 SGG), ist gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig.
Die Klage, die Beklagte zur Feststellung einer BK zu verurteilen, ist als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage statthaft. Mit der Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG begehrt die Klägerin die Aufhebung der die Anerkennung der streitigen BK ablehnenden Verwaltungsentscheidungen. Nach der Rechtsprechung des BSG kann der Versicherte an Stelle gerichtlicher Feststellung (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG, vgl. hierzu u.a. BSG, Urteil vom 07.09.2004, B 2 U 46/03 R in SozR 4 2700 § 2 Nr. 3) auch die Verurteilung der Beklagten zur Anerkennung eines Arbeitsunfalles als Element eines jeglichen Leistungsanspruchs im Wege der Verpflichtungsklage verlangen (BSG 05.07.2011, B 2 U 17/10 R in SozR 4 2700 § 11 Nr. 1 mit weiteren Ausführungen zur Anspruchsgrundlage; speziell zur Anerkennung eines Arbeitsunfalles und damit auf eine Berufskrankheit übertragbar BSG 15.05.2012, B 2 U 8/11 R in SozR 4 2700 § 2 Nr. 20). Gleiches gilt für die Verpflichtung zur Feststellung einer BK.
Allerdings hat das SG diese Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 18.04.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.06.2013 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte es abgelehnt hat, die Erkrankung als BK Nr. 3101 anzuerkennen. Die Voraussetzungen zur Feststellung einer Berufskrankheit liegen nicht vor. Dies hat das Sozialgericht im angefochtenen Gerichtsbescheid unter umfassender Darlegung der rechtlichen Grundlagen in zutreffender Anwendung dieser Grundlagen in rechtlich nicht zu beanstandender Weise ausgeführt. Der Senat kommt nach eigener Überprüfung zum selben Ergebnis und verweist insoweit auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid (§ 153 Abs. 3 SGG).
Ergänzend ist noch auszuführen, dass die Klägerin als Pflegeperson ihrer Mutter nach § 539 Abs. 1 Nr.19 RVO (in der bis 31.12.1996 geltenden Fassung, jetzt gleichlautend § 2 Abs. 1 Nr. 17 SGB VII) zu den in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherten Personen gehörte, soweit sie Pflegetätigkeiten nach § 14 SGB XI ausübte. Damit ist nicht jede Pflegetätigkeit versichert. Zu den versicherten Verrichtungen gehören grundsätzlich Tätigkeiten im Bereich der Körperpflege, der Ernährung, der Mobilität und der hauswirtschaftlichen Versorgung, nicht jedoch die sogenannte Behandlungspflege (es sei denn sie ist Bestandteil der genannten Katalog-Verrichtungen nach § 14 SGB XI), wozu grundsätzlich auch ein Verbandswechsel gehört. Der Senat geht jedoch davon aus, dass die Klägerin diese Tätigkeit häufig auch als unverzichtbaren Bestandteil der Körperpflege beim Waschen der Mutter vorgenommen hat. Der von Prof. Dr. G. angenommene Übertragungsweg der Hepatitis-C-Viren unterfällt deshalb den nach § 539 Abs. 1 Nr.19 RVO bzw. § 2 Abs. 1 Nr. 17 SGB VII erfassten versicherten Verrichtungen.
Das Berufungsvorbringen der Klägerin führt zu keiner anderen Beurteilung. Das SG hat im angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend dargelegt, dass den Beweisschwierigkeiten des speziellen Tatbestands der Berufskrankheit Nr. 3101 der Anlage 1 zur BKV nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 02.04.2009 – B 2 U 30/70 R –, juris) insoweit Rechnung getragen wird, indem zum Nachweis der "Einwirkung" einer versicherten Tätigkeit es ausreicht, einer der versicherten Tätigkeit innewohnenden Infektionsgefahr besonders ausgesetzt gewesen zu sein. Der Nachweis eines exakten Infektionszeitpunkts ist in der Regel in diesem Zusammenhang nicht gefordert.
Diese Grundsätze wurden vom Sozialgericht nicht verkannt. Vorliegend steht fest, dass die Klägerin einer solchen erhöhten Infektionsgefahr mit Beginn der Pflege der dialysepflichtigen Mutter ab 1985, jedenfalls aber mit Aufnahme der pflegebedürftigen Mutter in ihren Haushalt ab 1991 ausgesetzt war. Entgegen der Auffassung des Klägerbevollmächtigten ist eine zusätzlich erhöhte Ansteckungsgefahr durch Intensivierung der Pflegemaßnahmen jedenfalls für den Zeitraum ab 1991 nicht erkennbar. Der von Prof. Dr. G. diskutierte Übertragungsweg durch Verbandwechsel ohne Schutzhandschuhe hat sich auch nach dem Vortrag der Klägerin in diesem Zeitraum nicht geändert, andere zusätzliche Übertragungsvorgänge sind auch im Berufungsverfahren nicht vorgetragen worden. Auch dies hat das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend ausgeführt.
Der Nachweis einer Hepatitis-C-Infektion der Mutter der Klägerin wurde im Juni 1991 erbracht. Ausweislich des Arztbriefs von Prof. Dr. S. und Kollegen vom 19.06.1991 war zu diesem Zeitpunkt die Viruslast positiv und damit Ansteckungsgefahr gegeben. Den vorgelegten Laborbefunden der Praxis Prof. Dr. S. und Kollegen vom 06.02. und 11.03.1992 ist weiter eine positive Virenbelastung zu entnehmen, wie im Gutachten von Prof. Dr. G. dargelegt wird. Im Mai 1996 wurde ein Laborbefund mit negativer Virenbelastung erhoben (Befund von 21.05.1996, Blatt 27 der Verwaltungsakte), ausweislich der handschriftlich notierten Daten in dem vorgelegten Blatt "Infektionsserologie" vom 30.06.1997 war bereits im Mai und Juli 1995 ein negativer Befund erhoben worden. Lediglich im Februar 1996 war anscheinend kurzfristig wieder eine positive Virenlast aufgetreten, die im Mai und im Juli 1996 nicht mehr bestätigt werden konnte. Nach Prof. Dr. G. fand sich im Juni 1997 keine positive Virenlast, was den zitierten handschriftlichen Vermerken auch für Januar und Juli 1997 zu entnehmen ist. Damit ist außer einer kurzen Unterbrechung im Zeitraum um Februar 1996 bereits ab Mai 1995 eine erhöhte Infektionsgefahr durch die Pflege der Mutter bei der Klägerin nicht mit der erforderlichen, an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit anzunehmen.
Demnach ist in dem versicherten Zeitraum eine erhöhte Infektionsgefahr vom 01.04.1995 bis Mai 1995 und danach für einen nicht näher bestimmten Zeitraum um Februar 1996 bis Juli 1996 gegeben. Dem steht die unversicherte pflegerische Tätigkeit der Klägerin ab 1991 bis März 1995 gegenüber, in der von einer erhöhten Infektionsgefahr nach den vorliegenden Laborbefunden auszugehen sein dürfte. Bei der Klägerin wurde der Nachweis einer Hepatitis-C-Infektion erst im Jahr 2009 erbracht. Auch wenn die Infektionsquelle im Zusammenhang mit der Pflege der Mutter zu sehen ist, ist mit einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit nicht festzustellen, in welchem der rechtlich in versicherte und nicht versicherte zeitliche Abschnitte zu differenzierenden Zeiträume die Infektion erfolgt ist. Nach den Unterlagen kommt eine Infektion der Klägerin in beiden Zeiträumen zumindest mit gleicher Wahrscheinlichkeit in Betracht, wenngleich der versicherte Zeitraum eine vergleichsweise viel geringere Zeit der potentiellen Ansteckungsgefahr umfasst. Lässt sich eine Tatsache nicht nachweisen oder ein Kausalzusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast (Feststellungslast) zu Lasten dessen, der einen Anspruch aus der nicht erwiesenen Tatsache bzw. dem nicht wahrscheinlich gemachten Kausalzusammenhang für sich herleitet (BSGE 19,52, 53; 30,121, 123; 43, 110, 112). Vorliegend hat die Klägerin den Kausalzusammenhang zwischen ihrer versicherten Tätigkeit und der Hepatitis-Infektion im Sinne einer zumindest gegebenen überwiegenden Wahrscheinlichkeit zur Begründung ihres Anspruchs nachzuweisen, weshalb sie die Folgen der Nichterweislichkeit der Voraussetzungen ihres Anspruchs zu tragen hat.
Entgegen der Auffassung des Klägerbevollmächtigten ist über die eingangs erwähnte Beweiserleichterung hinaus der Klägerin keine weitere Beweiserleichterung oder gar wegen eines Beweisnotstands eine Beweislastumkehr einzuräumen. Den vom Klägerbevollmächtigten vorgetragenen Schwierigkeiten des Nachweises eines konkreten Infektionszeitpunktes und einer häufig fehlenden lückenlosen medizinischen Dokumentation über einen weit in die Vergangenheit zurückreichenden Zeitraum ist bereits mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zum Nachweis einer erhöhten Infektionsgefahr -anstatt eines konkreten Infektionsereignisses- hinreichend Rechnung getragen. Die vom Klägerbevollmächtigten vorgetragenen Umstände rechtfertigen eine Billigkeitsentscheidung zur Beweislastumkehr nicht. Vorliegend ist eine versicherte Ursache für die Erkrankung ebenso wahrscheinlich wie eine unversicherte Konkurrenzursache. Dies ist nicht in der Besonderheit der unter Nr. 3101 versicherten Infektionskrankheiten oder der pflegerischen Tätigkeit der Klägerin begründet, sondern eine durchaus häufige Beweiskonstellation auch in anderen Versicherungsfällen. Vorliegend hat die Klägerin keinen bestimmten Infektionszeitpunkt zu beweisen oder auszuschließen. Ihr obliegt nur der Nachweis im Sinne einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit, dass sie für einen bestimmten Zeitraum während ihrer versicherten Verrichtung einer erhöhten Ansteckungsgefahr ausgesetzt gewesen ist, die sich überwiegend wahrscheinlich in ihrer Erkrankung realisiert hat.
Die Berufung hat aus diesen Gründen auch mit dem Hilfsantrag keinen Erfolg, unabhängig davon, dass es sich bei der angefochtenen Verwaltungsentscheidung um einen gebundenen Verwaltungsakt handelt. Eine Ermessensentscheidung, die Raum für ein Bescheidungsurteil ließe, ist gesetzlich für die Feststellung einer BK nicht begründet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin Anspruch auf Feststellung ihrer Hepatitis-C-Erkrankung als Berufskrankheit (BK) hat.
Die 1951 geborene Klägerin pflegte ab 1985 ihre 1922 geborene und dialysepflichtige Mutter E. B., die am 07.10.1997 gestorben ist. Bis Dezember 1990 pflegte die Klägerin ihre Mutter in deren Haushalt. Ab Januar 1991 hatte sie ihre Mutter bei sich in der Wohnung aufgenommen und eigenen Angaben zufolge war die Pflege rund um die Uhr erforderlich (Erklärung der Klägerin vom 21.01.2010).
Im Februar 2009 wurde bei der Klägerin eine Hepatitis-C diagnostiziert (Arztbrief PD Dr. R. vom 11.05.2009), die die Klägerin auf ihre Pflegetätigkeit zurückführte und bei der Beklagten als BK anzeigte (BK-Anzeige vom 26.05.2009).
Die Beklagte trat in Ermittlungen ein. Sie holte u. a. vom behandelnden Arzt Dr. B. (Schreiben vom 21.05.2010) ärztliche Befundberichte ein. Im Arztbrief von Prof. Dr. T. vom 31.08.2009 wurde dargelegt, dass bei der Klägerin im Frühjahr 2009 als Zufallsbefund erhöhte Leberwerte und in der Folge eine Hepatitis-C-Virusinfektion diagnostiziert worden sei. Anamnestisch sei bei der Mutter der Klägerin im August 1991 ebenfalls eine chronische Hepatitis-C-Virusinfektion diagnostiziert worden, die im Mai 1996 PCR negativ gewesen sei. Die Klägerin habe keine Bluttransfusion erhalten, keine Drogen eingenommen, sie habe keine Tätowierungen und kein Piercing.
In einer zu den Akten gelangten medizinischen Dokumentation der Behandlung der Mutter ist unter dem Datum 21.05.1996 als Diagnose eine chronische Hepatitis C, zuletzt PCR negativ vermerkt (Blatt 27 der BG-Akte). Vom Dialysezentrum R. wurden der Beklagten die dort noch vorhandenen Unterlagen über die Mutter der Klägerin übersandt (Schreiben von Dr. P. vom 18.08.2010). Darunter befanden sich die Laborbefunde der Ärzte für Laboratoriumsmedizin Prof. Dr. S. und Kollegen vom 19.06.1991, 03.02.1992 und 11.03.1992 sowie der Bericht zur Infektionsseriologie vom 30.06.1997 mit handschriftlichen Vermerken zu Hepatitis C-Befunden vom 5/95, 7/95, 2/96, 01/07/96 und 20/01/1997.
In der beratungsärztlichen Stellungnahme von Dr. S. vom 11.01.2011 ging dieser von einer fraglichen Übertragung der Hepatitisinfektion bei bloßem Hautkontakt und niedrigtitrig nachweisbarer Hepatitis-C-Virus(HCV)-RNC bei der Mutter der Klägerin aus und empfahl die Einholung eines Gutachtens.
Die Beklagte holte von Prof. Dr. G. das Gutachten vom 22.04.2011 ein. Darin gelangte der Sachverständige zu der Beurteilung, dass die Klägerin bei ihrer pflegerischen Tätigkeit in ähnlich hohem Maße einem Infektionsrisiko ausgesetzt gewesen sei, wie Beschäftigte in Einrichtungen des Gesundheitsdienstes, der Wohlfahrtspflege oder eines Laboratoriums. Dies betreffe die Zeit von 1991 bis 1997. Da anamnestisch keine weiteren Risikofaktoren für eine Infektion mit dem Hepatitis-C Virus zu erfahren seien, denn Bluttransfusion, Drogenabusus, Piercing oder Tattoos, wechselnden Geschlechtspartner, Nadelstichverletzungen, Reihenimpfungen oder operative Eingriffe seien auszuschließen, sei der Erwerb der Erkrankung im Zusammenhang mit der Pflegetätigkeit zu sehen. Die Mutter der Klägerin sei seit 1980 Dialysepatientin gewesen und habe sich etwa im Jahr 1991 mit Hepatitis C infiziert. Die Dialyse sei über einen sogenannten Shunt durchgeführt worden, welcher nach Beendigung der Dialyse mit einem Verband versorgt worden sei. Der Verband sei von der Klägerin zu Hause gewechselt worden, ohne dass hierzu Handschuhe benutzt worden seien. Gleichzeitig habe sie durch ihre Reinigungstätigkeiten viele Wunden, Rhagaden und offene Stellen an den Fingern gehabt, sodass von einem deutlich erhöhten Infektionsrisiko ausgegangen werden könne.
Mit Bescheid vom 18.04.2012 lehnte die Beklagte die Anerkennung der Berufskrankheit nach Nr. 3101 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung – BKV – ab. Der genaue Zeitpunkt der Infektion habe sich nicht mehr feststellen lassen. Die Mutter der Klägerin habe sich vor August 1991 mit dem Virus höchstwahrscheinlich durch die Dialyse/Bluttransfusion infiziert, wobei eine Ansteckungsmöglichkeit nur bis 1991 denkbar sei. Blutkonserven seien ab 1991 auf Hepatitis-C getestet worden. Die gesetzliche Pflegeversicherung sei zum 01.04.1995 in Kraft getreten, ab diesem Zeitpunkt habe auch erst Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung für Pflegekräfte bestanden. Von August 1991 bis 31.03.1995 seien über 44 Monate gefährdende Tätigkeiten im nicht versicherten Bereich ausgeübt worden. Demgegenüber sei vom 01.04.1995 bis zum Tod der Mutter am 09.10.1997 lediglich für 31 Monate Pflege im versicherten Bereich geleistet worden. Die überwiegende Gefährdung habe daher im nicht versicherten Bereich bestanden.
Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein, denn gemäß § 214 Siebtes Buch des Sozialgesetzbuches (SGB VII) seien auch für zeitlich früher gelegene Versicherungsfälle Leistungen zu erbringen. Zum anderen sei bei der pauschalen Abwägung versicherter und vermeintlich unversicherter Zeiten die Inkubationszeit nicht berücksichtigt. Mit Widerspruchsbescheid vom 26.06.2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. § 214 SGB VII sei eine Überweisungsvorschrift, die Versicherungstatbestände der Reichsversicherungsordnung bei Einführung des SGB VII betreffe. Da die Pflegeversicherung erst am 01.04.1995 in Kraft getreten sei, sei die Unterteilung in versicherte und unversicherte Bereiche korrekt. Ein Infektionszeitpunkt sei nicht bekannt, in Betracht komme der Zeitraum von 1985 bis 1997, weshalb eine Inkubationszeit nicht bestimmt werden könne.
Die Klägerin erhob am 29.07.2013 Klage vor dem Sozialgericht Karlsruhe (SG). Nach Anhörung der Klägerin (richterliche Verfügung vom 03.01.2014) wies das SG mit Gerichtsbescheid vom 17.02.2014 die Klage ab.
Gegen den dem Klägerbevollmächtigten am 05.03.2014 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 03.04.2014 Berufung eingelegt. Sie macht zur Begründung geltend, es seien die Grundsätze der Beweislastumkehr für die entscheidungserhebliche Frage des Nachweises der Infektion im versicherten Zeitraum anzuwenden. Sie könne den Nachweis des Infektionszeitpunktes für die erst 2009 gestellte Diagnose der Hepatitis-Virus-C-Infektion auf medizinisch abgesicherter Basis nicht führen. Dies sei dem Infektionsverlauf mit einer Inkubationszeit und Latenzzeit einerseits ebenso geschuldet, wie der praktisch nicht durchführbaren und zumutbaren lückenlosen medizinischen Dokumentation. Die von der Rechtsprechung entwickelte Wahrscheinlichkeitstheorie mit einer rein statistischen Unterteilung in versicherte und nicht versicherte Zeiträume sei daher nicht sachgerecht. Diese Theorie berücksichtige in keiner Weise Infektionsrisiken und sich verändernde Abläufe in der Pflege. Gerade in der Zeit der hochinfektiösen Phase der gepflegten Patientin liege auch die Zeit der intensiveren Pflegemaßnahmen. Die unterschiedliche Gewichtung werde durch die rein statistisch zeitliche Verteilung in keiner Weise berücksichtigt. Aus der Tatsache, dass auch die Beklagte im Einzelfall selten oder gar nie in der Lage sein dürfte, den Nachweis der Infektion außerhalb des versicherten Zeitraums zu führen, sei unter dem Gesichtspunkt der Sozialverträglichkeit und Abwälzung des Individualrisikos auf die Versichertengemeinschaft zu akzeptieren.
Die Klägerin beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 17.02.2014 sowie den Bescheid der Beklagten vom 18.04.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.06.2013 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Hepatitis-C-Virus-Erkrankung als Berufskrankheit nach Nr. 3101 der Anlage 1 zur BKV festzustellen, hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, den Antrag auf Anerkennung der Berufskrankheit unter Berücksichtigung der Auffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verweist auf die Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid. Darin sei auch zutreffend berücksichtigt, dass sich entgegen der Auffassung der Klägerin das Infektionsrisiko qualitativ seit 1991 nicht verändert habe. Die versicherungsrechtliche Feststellung, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit die Infektion in dem längeren Zeitraum der unversicherten Tätigkeit erfolgt sei, sei rechtlich zutreffend. Eine Beweislastumkehr wegen Beweisschwierigkeiten oder eines Beweisnotstands sei vorliegend nicht gerechtfertigt. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sei die Frage des ursächlichen Zusammenhangs einer Einwirkung im Sinne der Berufskrankheit Nr. 3101 nach modifizierten Grundsätzen der Zusammenhangsbewertung zu würdigen, was das Sozialgericht berücksichtigt habe. Im Übrigen werde das in der gesetzlichen Unfallversicherung tragende Prinzip der Ablösung der Unternehmerhaftung durch die gesetzliche Unfallversicherung durch die von der Klägerin angenommene Beweislastumkehr gesprengt.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt (Bl. 22/23 LSG-Akte).
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die zum Gegenstand des Verfahrens gemachten beigezogenen Akten der Beklagten und des SG sowie auf die vor dem Senat angefallene Akte im Berufungsverfahren Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung hat entscheiden können (§ 124 Abs. 2 SGG), ist gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig.
Die Klage, die Beklagte zur Feststellung einer BK zu verurteilen, ist als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage statthaft. Mit der Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG begehrt die Klägerin die Aufhebung der die Anerkennung der streitigen BK ablehnenden Verwaltungsentscheidungen. Nach der Rechtsprechung des BSG kann der Versicherte an Stelle gerichtlicher Feststellung (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG, vgl. hierzu u.a. BSG, Urteil vom 07.09.2004, B 2 U 46/03 R in SozR 4 2700 § 2 Nr. 3) auch die Verurteilung der Beklagten zur Anerkennung eines Arbeitsunfalles als Element eines jeglichen Leistungsanspruchs im Wege der Verpflichtungsklage verlangen (BSG 05.07.2011, B 2 U 17/10 R in SozR 4 2700 § 11 Nr. 1 mit weiteren Ausführungen zur Anspruchsgrundlage; speziell zur Anerkennung eines Arbeitsunfalles und damit auf eine Berufskrankheit übertragbar BSG 15.05.2012, B 2 U 8/11 R in SozR 4 2700 § 2 Nr. 20). Gleiches gilt für die Verpflichtung zur Feststellung einer BK.
Allerdings hat das SG diese Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 18.04.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.06.2013 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte es abgelehnt hat, die Erkrankung als BK Nr. 3101 anzuerkennen. Die Voraussetzungen zur Feststellung einer Berufskrankheit liegen nicht vor. Dies hat das Sozialgericht im angefochtenen Gerichtsbescheid unter umfassender Darlegung der rechtlichen Grundlagen in zutreffender Anwendung dieser Grundlagen in rechtlich nicht zu beanstandender Weise ausgeführt. Der Senat kommt nach eigener Überprüfung zum selben Ergebnis und verweist insoweit auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid (§ 153 Abs. 3 SGG).
Ergänzend ist noch auszuführen, dass die Klägerin als Pflegeperson ihrer Mutter nach § 539 Abs. 1 Nr.19 RVO (in der bis 31.12.1996 geltenden Fassung, jetzt gleichlautend § 2 Abs. 1 Nr. 17 SGB VII) zu den in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherten Personen gehörte, soweit sie Pflegetätigkeiten nach § 14 SGB XI ausübte. Damit ist nicht jede Pflegetätigkeit versichert. Zu den versicherten Verrichtungen gehören grundsätzlich Tätigkeiten im Bereich der Körperpflege, der Ernährung, der Mobilität und der hauswirtschaftlichen Versorgung, nicht jedoch die sogenannte Behandlungspflege (es sei denn sie ist Bestandteil der genannten Katalog-Verrichtungen nach § 14 SGB XI), wozu grundsätzlich auch ein Verbandswechsel gehört. Der Senat geht jedoch davon aus, dass die Klägerin diese Tätigkeit häufig auch als unverzichtbaren Bestandteil der Körperpflege beim Waschen der Mutter vorgenommen hat. Der von Prof. Dr. G. angenommene Übertragungsweg der Hepatitis-C-Viren unterfällt deshalb den nach § 539 Abs. 1 Nr.19 RVO bzw. § 2 Abs. 1 Nr. 17 SGB VII erfassten versicherten Verrichtungen.
Das Berufungsvorbringen der Klägerin führt zu keiner anderen Beurteilung. Das SG hat im angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend dargelegt, dass den Beweisschwierigkeiten des speziellen Tatbestands der Berufskrankheit Nr. 3101 der Anlage 1 zur BKV nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 02.04.2009 – B 2 U 30/70 R –, juris) insoweit Rechnung getragen wird, indem zum Nachweis der "Einwirkung" einer versicherten Tätigkeit es ausreicht, einer der versicherten Tätigkeit innewohnenden Infektionsgefahr besonders ausgesetzt gewesen zu sein. Der Nachweis eines exakten Infektionszeitpunkts ist in der Regel in diesem Zusammenhang nicht gefordert.
Diese Grundsätze wurden vom Sozialgericht nicht verkannt. Vorliegend steht fest, dass die Klägerin einer solchen erhöhten Infektionsgefahr mit Beginn der Pflege der dialysepflichtigen Mutter ab 1985, jedenfalls aber mit Aufnahme der pflegebedürftigen Mutter in ihren Haushalt ab 1991 ausgesetzt war. Entgegen der Auffassung des Klägerbevollmächtigten ist eine zusätzlich erhöhte Ansteckungsgefahr durch Intensivierung der Pflegemaßnahmen jedenfalls für den Zeitraum ab 1991 nicht erkennbar. Der von Prof. Dr. G. diskutierte Übertragungsweg durch Verbandwechsel ohne Schutzhandschuhe hat sich auch nach dem Vortrag der Klägerin in diesem Zeitraum nicht geändert, andere zusätzliche Übertragungsvorgänge sind auch im Berufungsverfahren nicht vorgetragen worden. Auch dies hat das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend ausgeführt.
Der Nachweis einer Hepatitis-C-Infektion der Mutter der Klägerin wurde im Juni 1991 erbracht. Ausweislich des Arztbriefs von Prof. Dr. S. und Kollegen vom 19.06.1991 war zu diesem Zeitpunkt die Viruslast positiv und damit Ansteckungsgefahr gegeben. Den vorgelegten Laborbefunden der Praxis Prof. Dr. S. und Kollegen vom 06.02. und 11.03.1992 ist weiter eine positive Virenbelastung zu entnehmen, wie im Gutachten von Prof. Dr. G. dargelegt wird. Im Mai 1996 wurde ein Laborbefund mit negativer Virenbelastung erhoben (Befund von 21.05.1996, Blatt 27 der Verwaltungsakte), ausweislich der handschriftlich notierten Daten in dem vorgelegten Blatt "Infektionsserologie" vom 30.06.1997 war bereits im Mai und Juli 1995 ein negativer Befund erhoben worden. Lediglich im Februar 1996 war anscheinend kurzfristig wieder eine positive Virenlast aufgetreten, die im Mai und im Juli 1996 nicht mehr bestätigt werden konnte. Nach Prof. Dr. G. fand sich im Juni 1997 keine positive Virenlast, was den zitierten handschriftlichen Vermerken auch für Januar und Juli 1997 zu entnehmen ist. Damit ist außer einer kurzen Unterbrechung im Zeitraum um Februar 1996 bereits ab Mai 1995 eine erhöhte Infektionsgefahr durch die Pflege der Mutter bei der Klägerin nicht mit der erforderlichen, an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit anzunehmen.
Demnach ist in dem versicherten Zeitraum eine erhöhte Infektionsgefahr vom 01.04.1995 bis Mai 1995 und danach für einen nicht näher bestimmten Zeitraum um Februar 1996 bis Juli 1996 gegeben. Dem steht die unversicherte pflegerische Tätigkeit der Klägerin ab 1991 bis März 1995 gegenüber, in der von einer erhöhten Infektionsgefahr nach den vorliegenden Laborbefunden auszugehen sein dürfte. Bei der Klägerin wurde der Nachweis einer Hepatitis-C-Infektion erst im Jahr 2009 erbracht. Auch wenn die Infektionsquelle im Zusammenhang mit der Pflege der Mutter zu sehen ist, ist mit einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit nicht festzustellen, in welchem der rechtlich in versicherte und nicht versicherte zeitliche Abschnitte zu differenzierenden Zeiträume die Infektion erfolgt ist. Nach den Unterlagen kommt eine Infektion der Klägerin in beiden Zeiträumen zumindest mit gleicher Wahrscheinlichkeit in Betracht, wenngleich der versicherte Zeitraum eine vergleichsweise viel geringere Zeit der potentiellen Ansteckungsgefahr umfasst. Lässt sich eine Tatsache nicht nachweisen oder ein Kausalzusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast (Feststellungslast) zu Lasten dessen, der einen Anspruch aus der nicht erwiesenen Tatsache bzw. dem nicht wahrscheinlich gemachten Kausalzusammenhang für sich herleitet (BSGE 19,52, 53; 30,121, 123; 43, 110, 112). Vorliegend hat die Klägerin den Kausalzusammenhang zwischen ihrer versicherten Tätigkeit und der Hepatitis-Infektion im Sinne einer zumindest gegebenen überwiegenden Wahrscheinlichkeit zur Begründung ihres Anspruchs nachzuweisen, weshalb sie die Folgen der Nichterweislichkeit der Voraussetzungen ihres Anspruchs zu tragen hat.
Entgegen der Auffassung des Klägerbevollmächtigten ist über die eingangs erwähnte Beweiserleichterung hinaus der Klägerin keine weitere Beweiserleichterung oder gar wegen eines Beweisnotstands eine Beweislastumkehr einzuräumen. Den vom Klägerbevollmächtigten vorgetragenen Schwierigkeiten des Nachweises eines konkreten Infektionszeitpunktes und einer häufig fehlenden lückenlosen medizinischen Dokumentation über einen weit in die Vergangenheit zurückreichenden Zeitraum ist bereits mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zum Nachweis einer erhöhten Infektionsgefahr -anstatt eines konkreten Infektionsereignisses- hinreichend Rechnung getragen. Die vom Klägerbevollmächtigten vorgetragenen Umstände rechtfertigen eine Billigkeitsentscheidung zur Beweislastumkehr nicht. Vorliegend ist eine versicherte Ursache für die Erkrankung ebenso wahrscheinlich wie eine unversicherte Konkurrenzursache. Dies ist nicht in der Besonderheit der unter Nr. 3101 versicherten Infektionskrankheiten oder der pflegerischen Tätigkeit der Klägerin begründet, sondern eine durchaus häufige Beweiskonstellation auch in anderen Versicherungsfällen. Vorliegend hat die Klägerin keinen bestimmten Infektionszeitpunkt zu beweisen oder auszuschließen. Ihr obliegt nur der Nachweis im Sinne einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit, dass sie für einen bestimmten Zeitraum während ihrer versicherten Verrichtung einer erhöhten Ansteckungsgefahr ausgesetzt gewesen ist, die sich überwiegend wahrscheinlich in ihrer Erkrankung realisiert hat.
Die Berufung hat aus diesen Gründen auch mit dem Hilfsantrag keinen Erfolg, unabhängig davon, dass es sich bei der angefochtenen Verwaltungsentscheidung um einen gebundenen Verwaltungsakt handelt. Eine Ermessensentscheidung, die Raum für ein Bescheidungsurteil ließe, ist gesetzlich für die Feststellung einer BK nicht begründet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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