L 11 KR 4179/14 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 14 KR 3964/14 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 4179/14 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 18.09.2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die vollständige Übernahme der Kosten für Zahnersatz und Zahnkronen, für ein Langzeitprovisorium, Lymphozytentransformationstests (LTT) sowie angefallene und noch anfallende Fahrtkosten.

Die 1957 geborene Antragstellerin ist bei der Antragsgegnerin gesetzlich krankenversichert. Sie bezieht eine Rente wegen voller Erwerbsminderung.

Die von der Antragstellerin begehrte Kostenübernahme für die Durchführung von LTT lehnte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 11.09.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.12.2012 ab mit der Begründung, dass es sich um eine außervertragliche Leistung handele. Die dagegen zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhobene Klage ist unter dem Az S 14 KR 6413/12 noch anhängig. Die Antragstellerin macht geltend, dass die Durchführung eines LTT vor der Versorgung mit Zahnersatz erforderlich sei, um die Materialverträglichkeit zu prüfen. Der vorherige Zahnersatz habe aufgrund von Allergien und Unverträglichkeiten zu schwerwiegenden gesundheitlichen Folgen geführt. Mehrere Zähne hätten sich unter den Kronen aufgelöst, andere Zähne hätten wegen Vereiterungen entfernt werden müssen.

Im Januar 2013 beantragte die Antragstellerin bei der Antragsgegnerin die Übernahme von Kosten für implantologische Leistungen einschließlich der Suprakonstruktion im Bereich des Ober- und Unterkiefers (Heil- und Kostenplan vom 22.01.2013 Dr. Sp.). Mit Bescheid vom 11.04.2013 bewilligte die Antragsgegnerin hierfür einen doppelten Festzuschuss iHv 1.990,10 EUR. Mit Bescheiden vom 14.01.2013 und 21.01.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.11.2013 lehnte sie die Übernahme der darüber hinausgehenden Kosten ab. Eine Kostenübernahme für implantologische Leistungen komme nur in Betracht, wenn ein Ausnahmeindikation entsprechend der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) vorliege. Dies sei hier nicht der Fall. Die hiergegen von der Antragstellerin erhobene Klage ist beim SG unter dem Az S 5 KR 5856/13 anhängig.

Im Juni 2013 beantragte die Antragstellerin sodann die Kosten für die bereits erfolgte Versorgung des Unterkiefers (Zähne 46-48) mit einem Langzeitprovisorium. Mit Bescheid vom 28.06.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.10.2013 lehnte die Antragsgegnerin die Kostenübernahme ab, da eine gesonderte Kostenerstattung nicht vorgesehen sei, der Kassenanteil hierfür sei im Festzuschuss für den endgültigen Zahnersatz enthalten. Deswegen ist einen Klage vor dem SG unter dem Az S 11 KR 5229/13 anhängig.

Nachfolgend beantragte die Antragstellerin Fahrkosten im Zusammenhang mit ambulanten zahnärztlichen Behandlungen in der Zeit vom 28.08.2012 bis 22.10.2013. Die Antragsgegnerin lehnte die Übernahme der Fahrkosten mit Bescheid vom 13.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.04.2014 ab, die dagegen erhobene Klage wird unter dem Az S 5 KR 2303/14 beim SG geführt.

Ende Juni 2014 reichte die Antragstellerin bei der Antragsgegnerin den Heil- und Kostenplan (HKP) des behandelnden Zahnarztes Dr. S. vom 23.06.2014 für eine prothetische Zahnversorgung im Bereich des Oberkiefers ein. Darin wurden ein zahnärztliches Honorar GOZ in Höhe von 1.373,00 EUR, ein zahnärztliches Honorar BEMA in Höhe 156,22 EUR sowie Material und Laborkosten in Höhe von 3.199,00 EUR angegeben. Abzüglich eines Festzuschusses in Höhe von 868,96 EUR werde der Eigenanteil der Antragstellerin hiernach voraussichtlich 3.859,67 EUR betragen. Der HKP enthielt außerdem folgenden Passus: "Die Kosten für eine dem Befund entsprechende Regelversorgung liegen voraussichtlich in Höhe des doppelten Festzuschusses." Der doppelte Festzuschuss wurde dabei mit 1.737,92 EUR beziffert. Daneben legte die Antragstellerin einen "Kostenvoranschlag Privat Langzeitprovi OK" ebenfalls von Dr. S. vom 23.06.2014 über insgesamt 1.242,62 vor. Mit Bescheid vom 21.07.2014 lehnte die Antragsgegnerin eine Beteiligung an den Kosten für das Langzeitprovisorium ab und verwies auf das laufende Verfahren vor dem SG S 11 KR 5229/13. Mit weiterem Bescheid vom 21.07.2014 bewilligte sie unter Anwendung der Härtefallregelung den doppelten Festzuschuss iHv 1.737,92 EUR. Gegen beide Bescheide legte die Antragstellerin Widerspruch ein, über die – soweit ersichtlich – bislang nicht entschieden wurde.

Am 25.08.2014 hat die Antragstellerin beim SG den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Aufgrund der bei ihr vorliegenden Allergien sei die Implantierung eines üblichen Zahnersatzes nicht möglich. Der Zahnersatz müsse aus speziellen Stoffen hergestellt werden, zuvor müsse eine Ausleitung von Giftstoffen aus ihrem Körper erfolgen. Während dieser Zeit sei sie auf ein Langzeitprovisorium angewiesen. Die Verträglichkeit des Zahnersatzes müsse mittels LTT festgestellt werden. Die Mehrkosten könne sie nicht übernehmen, da sie über keine ausreichenden finanziellen Mittel verfüge. Aufgrund der multiplen Allergien liegen ein besonders schwerer Ausnahmefall iSd Behandlungsrichtlinie vor.

Die Antragsgegnerin ist dem Antrag entgegen getreten und verweist darauf, dass sie nach der maßgebenden Festzuschussregelung unter Berücksichtigung der Härtefallregelung bereits den doppelten Festzuschuss bewilligt habe. Eine weitergehende Kostenerstattung sei auch unter Berücksichtigung der bestehenden Allergien ausgeschlossen. Für ein Langzeitprovisorium seien keine gesonderten Zuschüsse vorgesehen, diese Kosten seien in den bewilligten Festzuschüssen für die Zahnersatzversorgung enthalten.

Mit Beschluss vom 18.09.2014 hat das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Die Antragstellerin habe weder Anspruch auf Übernahme der Kosten für LTT, des sich nach dem HKP vom 23.06.2014 ergebenden Eigenanteil, der Kosten für ein Langzeitprovisorium noch der Fahrkosten. Hinsichtlich des LTT bestünden bereits Zweifel am Anordnungsgrund, da der Test bereits durchgeführt worden sei. Jedenfalls sei ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Der LTT entspreche nicht dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse, wie sich aus dem Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Bayern ergibt, das im Verfahren S 14 KR 6413/12 übersandt worden sei. Hinsichtlich des HKP vom 23.06.2014 habe die Antragsgegnerin bereits den doppelten Festzuschuss nach § 55 Abs 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) geleistet, darüber hinaus gehende Ansprüche könnte die Antragstellerin nicht geltend machen. Dies gelte unabhängig davon, aus welchen medizinischen Gründen eine Versorgung mit Zahnersatz erforderlich sei, denn die §§ 55, 56 SGB V knüpften die Beschränkung der Kassenleistung auf Festzuschüsse an Befunde und nicht an die Ursache des Behandlungsbedarfs. Eine Kostentragung ergebe sich auch nicht aus dem Gesichtspunkt der Aufopferung. Danach könne eine Befreiung vom Eigenanteil geboten sein, wenn eine frühere Leistung der Krankenkasse den jetzigen Behandlungsbedarf veranlasst habe und sich als hoheitlicher Eingriff darstelle. Habe jedoch der Zahnarzt eine Behandlungsmethode gewählt, die sich im konkreten Fall als schädlich erweise, handele es sich nicht um einen der Risikosphäre der Krankenkasse zuzuordnenden Schaden. Entsprechende Anhaltspunkte lägen hier nicht vor. Eine Ausnahmeindikation für implantologische Leistungen iSv B.VII.2 Satz 4 der Behandlungsrichtlinie liege bei der Antragstellerin nicht vor. Die Kosten für das Langzeitprovisorium seien in den Festzuschüssen für die Zahnersatzversorgung enthalten (§ 56 Abs 2 Satz 9 SGB V). Nach den Ausführungen der Antragstellerin handele es sich bei dem Langzeitprovisorium um eine vorbereitende Maßnahme. Auch aus den in der Festzuschuss-Richtlinie aufgelisteten Regelversorgungen ergebe sich, dass provisorische Leistungen berücksichtigt seien. Es bestehe auch kein Anspruch auf Fahrkosten zur ambulanten ärztlichen Behandlung. Es gebe keine Anhaltspunkte für das Vorliegen der in § 8 Abs 3 Satz 1 Krankentransport-Richtlinie iVm § 60 Abs 1 Satz 3 SGB V genannten Voraussetzungen – Schwerbehindertenausweis mit Merkzeichen G, Bl oder H oder Einstufung in Pflegestufe 2 oder 3 – oder eine vergleichbare Einschränkung der Mobilität. Zudem fehle es bereits an der erforderlichen ärztlichen Verordnung der Fahrten.

Hiergegen richtet sich die am 06.10.2014 zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) erhobene Beschwerde. Bleibe es bei der Entscheidung des SG, könne die Antragstellerin keinen funktionsfähigen Zahnersatz erhalten. Sie dürfe wegen der bei ihr vorliegenden Allergieerkrankung nicht schlechter gestellt werden als ein gesunder Mensch. Das SG habe nicht berücksichtigt, dass bei der Antragstellerin ein extremer Ausnahmefall vorliege. Eine konventionelle prothetische Versorgung sei bei ihr nicht möglich. Die Antragstellerin sei arm. Werde nicht mehr als der doppelte Festzuschuss gewährt, könne die Antragstellerin keine Versorgung mit Zahnersatz erhalten. Dadurch werde ihr Grundrecht auf ein menschenwürdiges Leben verletzt.

Aus einer von der Antragstellerin vorgelegten Aufstellung der Behandlungsmaßnahmen ergibt sich, dass mehrere Allergietests (ua vier LTT) in der Zeit vom 12.09.2012 bis 18.03.2014 durchgeführt worden sind. Das Langzeitprovisorium für den Oberkiefer ist am 22.08.2014 eingesetzt worden, der endgültige Zahnersatz soll im Dezember 2014 eingegliedert werden. Daneben hat die Antragstellerin eine Aufstellung über Fahrkosten für die Zeit vom 28.08.2012 bis 11.12.2014 vorgelegt iHv insgesamt 1.011,60 EUR (Bl 64, 65 LSG-Akte).

Die Antragstellerin beantragt,

den Beschluss des Sozialgerichts Freiburg aufzuheben und die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, der Antragstellerin die vollumfängliche Übernahme der gemäß dem Heil- und Kostenplan vom 23.06.2014 entstehenden Kosten, der in diesem Zusammenhang angefallenen Kosten für ein Langzeitprovisorium, LTT und anfallende Fahrkosten zu gewähren.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die Verwaltungsakten der Antragsgegnerin Bezug genommen.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist statthaft und zulässig (§§ 172 Abs 1, 173 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG), in der Sache jedoch nicht begründet. Das SG hat den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zu Recht abgelehnt.

Nach § 86 Abs 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung).

Vorliegend richtet sich das Begehren der Antragstellerin auf den Erlass einer Regelungsanordnung. Dies verlangt grundsätzlich die Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs 2 Satz 4 SGG iVm § 920 Abs 2 der Zivilprozessordnung).

Dabei begegnet es grundsätzlich keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn sich die Gerichte bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren (vgl BVerfG [Kammer], 02.05.2005, 1 BvR 569/05, BVerfGK 5, 237, 242). Im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung ist ihnen allerdings in den Fällen, in denen es um existentiell bedeutsame Leistungen der Krankenversicherung für den Antragsteller geht, eine lediglich summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage verwehrt. Sie haben unter diesen Voraussetzungen die Sach- und Rechtslage abschließend zu prüfen (vgl BVerfG [Kammer], 29.07.2003, 2 BvR 311/03, BVerfGK 1, 292, 296; 22.11.2002, 1 BvR 1586/02, NJW 2003, S 1236 f). Ist dem Gericht in einem solchen Fall eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden (vgl BVerfG [Kammer], 02.05.2005, aaO, mwN); die grundrechtlichen Belange des Antragstellers sind umfassend in die Abwägung einzustellen. Die Gerichte müssen sich schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen (vgl BVerfG [Kammer], 22.11.2002, aaO, S 1237; 29.11.2007, 1 BvR 2496/07, NZS 2008, 365). Ob der hier streitgegenständliche Anspruch auf Zahnversorgung zu den existenziell bedeutsamen Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung gehört, ist fraglich, weil nicht jeder gesetzlich Krankenversicherte einen Anspruch auf vollständige Übernahme der Kosten für Zahnersatz hat. Geboten und ausreichend wäre damit eine lediglich summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage (st Rspr des Senats, vgl Beschlüsse vom 20.02.2012, L 11 KR 289/12 ER-B, juris). Die Frage kann hier jedoch offen bleiben, denn die Antragstellerin hat keinen Anspruch auf Übernahme der geltend gemachten Kosten.

Im einstweiligen Rechtschutzverfahren sollen überdies nur diejenigen Mittel zur Verfügung gestellt werden, die zur Behebung einer aktuellen, dh noch gegenwärtigen Notlage erforderlich sind. Nur ausnahmsweise, wenn die Nichtgewährung der Leistung in der Vergangenheit in die Gegenwart fortwirkt und infolgedessen eine aktuelle Notlage besteht, kann von diesem Grundsatz eine Ausnahme gemacht werden. Bei Geldleistungen, die ausschließlich für die Vergangenheit begehrt werden, fehlt deshalb idR der Anordnungsgrund (Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen 02.10.2013, L 19 AS 1521/13 B ER, L 19 AS 1522/13 B, juris; SächsLSG 31.01.2008, L 3 B 465/07 AS-ER, juris; st Rspr des Senats speziell für Krankengeld, vgl Beschluss vom 10.02.2014, L 11 KR 122/14 ER-B, mwN).

Ein Anordnungsgrund und damit Eilbedürftigkeit besteht damit von vornherein nicht hinsichtlich der streitigen Kosten für Allergietests, die von der Antragstellerin zuletzt mit 844,93 EUR beziffert worden sind. Sämtliche Tests sind im Zeitraum vom 12.09.2012 bis 18.03.2014 durchgeführt worden und damit abgeschlossen. Es ist kein Grund vorgetragen oder ersichtlich, warum der Antragstellerin nicht zugemutet werden können sollte, hinsichtlich der Frage der endgültigen Kostenbelastung den Abschluss des Hauptsacheverfahrens abzuwarten. Das gleiche gilt für die Kosten der in der Vergangenheit bereits durchgeführten Fahrten zu ambulanten Behandlungen sowie die Kosten für das bereits am 22.08.2014 eingesetzte Langzeitprovisorium für den Oberkiefer. Hinsichtlich dieser Streitgegenstände hat die Beschwerde schon wegen der fehlenden Eilbedürftigkeit keinen Erfolg.

Im Übrigen ist auch ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht.

Nach § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Dabei umfasst die Krankenbehandlung ua die zahnärztliche Behandlung und die Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen. Die zahnärztliche Behandlung beinhaltet nach § 28 Abs 2 SGB V die Tätigkeit des Zahnarztes, die zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Zahn- und Kieferkrankheiten nach den Regeln der zahnärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig ist; sie umfasst auch konservierend chirurgische Leistungen und Röntgenleistungen, die im Zusammenhang mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen erbracht werden. Für Zahnersatzleistungen enthalten die §§ 55, 56 SGB V spezielle Regelungen.

Gemäß § 55 Abs 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte nach den Vorgaben in § 55 Abs 1 Satz 2 bis 7 SGB V Anspruch auf befundbezogene Festzuschüsse bei einer medizinisch notwendigen Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen (zahnärztliche und zahntechnische Leistungen) in den Fällen, in denen eine zahnprothetische Versorgung notwendig ist und die geplante Versorgung einer Methode entspricht, die gemäß § 135 Abs 1 SGB V anerkannt ist. Die Festzuschüsse umfassen 50 vH der nach § 57 Abs 1 Satz 6 und Abs 2 Satz 6 und 7 SGB V festgesetzten Beträge für die jeweilige Regelversorgung (§ 55 Abs 1 Satz 1 und 2 SGB V). Nach 55 Abs 2 SGB V haben Versicherte bei der Versorgung mit Zahnersatz zusätzlich zu den Festzuschüssen nach § 55 Abs 1 Satz 2 SGB V Anspruch auf einen Betrag in jeweils gleicher Höhe, angepasst an die Höhe der für die Regelversorgungsleistungen tatsächlich angefallenen Kosten, höchstens jedoch in der Höhe der tatsächlich entstandenen Kosten, wenn sie ansonsten unzumutbar belastet würden; wenn Versicherte die unzumutbar belastet würden, nach § 55 Abs 4 oder 5 SGB V einen über die Regelversorgung hinausgehenden gleich- oder andersartigen Zahnersatz wählen, leisten die Krankenkassen nur den doppelten Festzuschuss (§ 55 Abs 2 Satz 1 SGB V). Mit dieser Regelung soll einerseits sichergestellt werden, dass für einkommensschwache Versicherte die Kosten der jeweiligen Regelversorgung von der Krankenkasse vollständig übernommen werden (vgl BT-Drucks 15/1525 S 92), und zwar auch, soweit sie höher sind als der doppelte Festzuschuss (KassKomm-Nolte § 55 SGB V RdNr 30; Altmiks in jurisPK-SGB V § 55 RdNr 91). Der Gesetzgeber hat aber andererseits in § 55 Abs 2 Satz 1 Halbsatz 2 SGB V gleichzeitig ausdrücklich festgestellt, dass die Krankenkassen auch bei einkommensschwachen Versicherten nur den doppelten Festzuschuss leisten, wenn diese ungeachtet ihrer wirtschaftlichen Lage nach § 55 Abs 4 oder 5 SGB V einen über die Regelversorgung hinausgehenden gleich- oder andersartigen Zahnersatz wählen (Senatsbeschluss vom 17.11.2014, L 11 KR 4040/14 ER-B).

Im vorliegenden Fall enthält der HKP, wie er von Dr. S. eingereicht wurde, eine über die Regelversorgung hinausgehende zahnärztliche Versorgung. Dies ergibt sich aus dem HKP selbst durch den Hinweis des Zahnarztes, wonach die Kosten für eine dem Befund entsprechende Regelversorgung voraussichtlich in Höhe des doppelten Festzuschuss liegen, während die angedachte Versorgung bei geschätzt 4.738,62 EUR liegt. Folglich ist gemäß § 55 Abs 2 Satz 1 Halbsatz 2 SGB V eine Beteiligung der Antragsgegnerin auf den doppelten Festzuschuss begrenzt. Da die Antragsgegnerin den doppelten Festzuschuss bereits bewilligt hat, besteht kein Anspruch auf Übernahme weiterer Kosten.

Bei der Versorgung mit Zahnersatz bleibt die Leistung der Krankenkasse auch dann auf einen Zuschuss beschränkt, wenn der Zahnersatz anderen als zahnmedizinischen Zwecken dient oder integrierender Bestandteil einer anderen Behandlung ist. Deshalb führt auch der Vortrag der Antragstellerin, wegen der bestehenden Allergien ergebe sich ein Anspruch, zu keiner anderen Beurteilung. Ob von einer medizinischen Gesamtbehandlung auszugehen ist, ist (unter weiteren Voraussetzungen) nur für den Anspruch auf implantologische Leistungen einschließlich der Suprakonstruktion im Rahmen zahnärztlicher Behandlung nach §§ 27, 28 Abs 2 SGB V von Bedeutung (vgl § 28 Abs 2 S 9 SGB V), hat aber keinen Einfluss auf die insoweit speziellen und abschließenden Regelungen des § 55 SGB V. Diese Vorschrift knüpft die Beschränkung der Leistung allein an den Gegenstand (Zahnersatz) und nicht an die Ursache des Behandlungsbedarfs (BSG 02.09.2014, B 1 KR 12/13 R, juris). Die Regelung des § 55 SGB V verstößt nicht gegen das verfassungsrechtliche Benachteiligungsverbot (BSG aaO).

Es besteht auch kein Anspruch auf Fahrkostenersatz. Nach § 60 Abs 1 Satz 1 SGB V übernimmt die Krankenkasse Kosten für Fahrten, wenn sie im Zusammenhang mit einer Leistung der Krankenkasse aus zwingenden medizinischen Gründen notwendig sind. Die Krankenkasse übernimmt Fahrkosten zu einer ambulanten Behandlung unter Abzug des sich nach § 61 Satz 1 SGB V ergebenden Betrages nur nach vorheriger Genehmigung in besonderen Ausnahmefällen, die der Gemeinsame Bundesausschuss in den Krankentransport-Richtlinien nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 12 SGB V festgelegt hat. Gemäß § 8 Abs 1 Krankentransport-RL können in besonderen Ausnahmefällen auch Fahrten zur ambulanten Behandlung bei zwingender medizinischer Notwendigkeit von der Krankenkasse übernommen werden. Dabei bedarf es einer vorherigen Genehmigung durch die Krankenkasse. Voraussetzung für eine Verordnung und Genehmigung ist gemäß § 8 Abs 2 Krankentransport-RL, dass der Patient mit einem durch die Grunderkrankung vorgegebenen Therapieschema behandelt wird, das eine hohe Behandlungsfrequenz aufweist, und dass diese Behandlung oder der zu dieser Behandlung führende Krankheitsverlauf den Patienten in einer Weise beeinträchtigt, dass eine Beförderung zur Vermeidung von Schaden an Leib und Leben unerlässlich ist. In Anlage 2 zu § 8 Krankentransport-RL sind Ausnahmen aufgeführt, die diese Voraussetzungen in der Regel erfüllen. Konkret sind Dialysebehandlung, onkologische Strahlentherapie und onkologische Chemotherapie genannt. Diese Liste ist nicht abschließend. Darüber hinaus kann gemäß § 8 Abs 3 Krankentransport-RL die Fahrt zur ambulanten Behandlung für Versicherte verordnet und genehmigt werden, die einen Schwerbehindertenausweis mit dem Merkzeichen aG, Bl oder H oder einen Einstufungsbescheid gemäß SGB XI in die Pflegestufe 2 oder 3 bei der Verordnung vorlegen oder - wenn Versicherte keinen solchen Nachweis besitzen - wenn sie von einer vergleichbaren Beeinträchtigung der Mobilität betroffen sind und einer ambulanten Behandlung über einen längeren Zeitraum bedürfen.

Ob hier eine hochfrequente Serienbehandlung iSv § 8 Abs 2 Satz 1 Krankentransport-RL vorliegt, kann offenbleiben. Denn es muss eine über die Behandlungsnotwendigkeit der Erkrankung hinausgehende Beeinträchtigung prägend sein, welche zum Einen ihrerseits aus der Krankheit oder der Behandlung resultiert und zum Anderen einem selbständigen Aufsuchen und Verlassen des Ortes der Behandlung entgegen steht. Es genügt nicht, dass der Versicherte auf die Behandlung, zu der die Fahrten erfolgen, aus medizinischen Gründen zwingend angewiesen ist. Hinzutreten muss eine spezifische krankheits- oder behandlungsbedingte Mobilitätseinschränkung, die ihrerseits Ausdruck des in der Gesetzlichen Krankenversicherung versicherten Risikos ist. Der geltend gemachte Anspruch der Antragstellerin scheitert schon daran, dass sie überhaupt nicht auf eine Beförderung angewiesen war, wie sie § 8 Abs 2 Krankentransport-RL voraussetzt. Die Antragstellerin ist selbst gefahren. Schon dieser Umstand widerlegt die Schwere der krankheits- bzw behandlungsbedingten Mobilitätseinschränkung, die den notwendigen Bezug zu dem in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherten Risiko herstellt. Für das Vorliegen der in § 8 Abs 3 Krankentransport-RL genannten Voraussetzungen bestehen ebenfalls keinerlei Anhaltspunkte, die Antragstellerin hat hierzu auch nichts vorgetragen.

Eine soziale Notlage allein rechtfertigt nicht die Übernahme der Fahrkosten durch die Krankenkasse. Denn hierbei handelt es sich mangels krankheits- bzw behandlungsspezifischen Bezugs nicht um ein Risiko, für das die Gesetzliche Krankenversicherung aufzukommen hat. Mit dem GKV-Modernisierungsgesetz hat der Gesetzgeber die Abgrenzung zwischen den Kosten der Mobilität als Ausdruck der allgemeinen Lebensführung einerseits und den besonderen Aufwendungen durch die Krankenbehandlung als Teil des in der Gesetzlichen Krankenversicherung versicherten Risikos andererseits neu geregelt. Die Übernahme von Fahrkosten allein auf Grund sozialer Bedürftigkeit ist dabei aus dem Kreis der Versicherungsleistungen ausgeschlossen worden. Die gesetzlich angeordnete Beschränkung von Fahrkosten ausschließlich auf die in § 60 SGB V geregelten Tatbestände verstößt nicht gegen Verfassungsrecht, weil die gesetzliche Krankenversicherung den Versicherten Leistungen nur nach Maßgabe eines allgemeinen Leistungskatalogs unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebotes zur Verfügung stellen muss (vgl BSG 26.09.2006, B 1 KR 20/05 R, SozR 4 - 2500 § 60 Nr 1).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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