L 9 R 4548/14 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 5 R 2974/14 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 4548/14 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Heilbronn vom 23. September 2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten ist die Förderung eines Bachelor-Studiums "Soziale Arbeit" im Rahmen der beruflichen Rehabilitation streitig.

Der 1973 geborene Antragsteller absolvierte nach dem Besuch der Realschule (1884 - 1990) eine Ausbildung zum Industriekaufmann (1990 - 1993), anschließend erwarb er die Fachhochschulreife (1993 - 1994). Hiernach machte er eine Ausbildung zum Maurer/Stahlbetonbauer (1994 - 1996), war in diesem Beruf zunächst als Geselle bzw. Vorarbeiter (1996 - 1998) und nach einer Weiterbildung zum Maurermeister (1998 - 1999) als solcher bzw. als Bauleiter (1999 - 2004), Leiter einer Bauabteilung (2004 - 2009) und zuletzt als selbständiger Bauunternehmer (2009 - 2011) tätig. Sein Unternehmen ist seit November 2011 insolvent.

Nach einem Suizidversuch wurde der Antragsteller vom 14. bis 18.10.2011 akut in das Zentrum für Psychiatrie Winnenden eingewiesen, im November 2011 hielt er sich für drei Wochen in der Klinik für psychosomatische Medizin und Fachpsychotherapie im Klinikum C.G. auf. Vom 13.03. bis 24.04.2012 befand sich der Antragsteller zur medizinischen Rehabilitation in der Klinik A. 2 in I.-N ... Nach einem Bandscheibenvorfall erfolgte am 21.12.2012 die Implantation einer Bandscheibenprothese C 5/6. Vom 04. bis 26.04.2013 war der Antragsteller zur medizinischen Rehabilitation im ZAR B. C ... Laut Entlassungsbericht vom 26.04.2013 wurden dort Restbeschwerden bei Z.n. Implantation e. Bandscheibenprothese C5/6 wegen NPP 12/2012, eine Gonarthrose links und eine Anpassungsstörung mit längerer depressiver Reaktion diagnostiziert. In seiner bisherigen beruflichen Tätigkeit sei der Antragsteller nur noch unter drei Stunden täglich leistungsfähig. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bestehe vollschichtige Leistungsfähigkeit unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen. Der Antragsteller wurde als weiterhin arbeitsunfähig entlassen.

Am 02.05.2013 beantragte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Auf Grund seiner schweren Depression könne er keine Mitarbeiterführung bzw. gehobene Anstellung, wegen seiner Bandscheibenprothese keine Rohbautätigkeiten mehr leisten. Er strebe eine Umschulung im sozialen Bereich an. Mit Bescheid vom 15.05.2013 bewilligte die Antragsgegnerin ihm Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben dem Grunde nach. Im Rahmen eines Beratungsgesprächs mit dem Reha-Fachdienst zu Art und Umfang der Leistungen sowie in einer nachfolgenden schriftlichen Stellungnahme stellte der Antragsteller klar, dass er sich ausschließlich Tätigkeiten im sozialen Bereich vorstellen könne, die ein Studium voraussetzten. Er begehre die Förderung eines Bachelor-Studiums "Soziale Arbeit". Er legte eine Stellungnahme der behandelnden Dipl.-Psych. W. vom 02.07.2013 mit vor, die angab, der Antragsteller sei seit August 2012 in ihrer Behandlung. Er sei mit einer schweren depressiven Störung und einer Alkoholproblematik zu ihr gekommen. Von der bestehenden Problematik sei nicht mehr viel übrig. Dem Antragsteller gehe es gut, solange er das tue, was ihm gut tue. Versuche, ihn in seinen bekannten Kontext im Herkunftsberuf zu integrieren, seien gescheitert. Die "Schande" der Insolvenz, Scham und Schulgefühl säßen sehr tief. Im Kontext mit Kindern und Jugendlichen gehe es ihm ausgesprochen positiv. Mit der Suche nach einem geeigneten Studium habe sich die Situation sehr zum Positiven stabilisiert. Rückwirkend gehe sie daher nicht mehr von einer depressiven Störung aus, sondern von einem Burnout. Ändere ein Mensch mit Burnout seinen Kontext, der zuvor krank gemacht habe, verschwänden die Symptome.

Mit Bescheid vom 17.10.2013 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag ab. Gemäß § 37 Abs. 2 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) solle eine Eingliederungsmaßnahme bei ganztägigem Unterricht nicht länger als zwei Jahre dauern. Arbeitsmarktliche oder gesundheitliche Gründe für eine Überschreitung dieser Regelförderungsdauer lägen nicht vor. Damit könne das 3 ½ Jahre dauernde Bachelor-Studium nicht gefördert werden.

Hiergegen legte die Bevollmächtigte des Antragstellers für diesen Widerspruch ein und machte geltend, die Regelförderungsdauer von zwei Jahren gelte für das angestrebte Studium nicht, da es sich hierbei nicht um eine Weiterbildung, sondern um eine Ausbildung handle. Hierzu bezog sie sich auf die Abgrenzung zwischen Ausbildung und Weiterbildung im Sinne des Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) und hierzu ergangene Entscheidungen. Eine solche Abgrenzung sei auch im Rahmen der hier anwendbaren Regelungen der §§ 16 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) i.V.m. 33 ff SGB IX vorzunehmen und komme zu der Einordnung des angestrebten Studiums als Ausbildung, für die keine Regelförderdauer normiert sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 10.03.2014 wies die Antragsgegnerin den Widerspruch zurück. Zum einen halte sie daran fest, dass eine Förderungsmöglichkeit bereits an der Überschreitung der Regelförderungsdauer aus § 37 Abs. 2 SGB IX scheitere. Zum anderen sei die begehrte Rehabilitationsleistung nach den vorliegenden Unterlagen für den Antragsteller nicht geeignet. Nach den Feststellungen ihres sozialmedizinischen Dienstes werde eine spätere Tätigkeit im pädagogischen, therapeutischen und sozialen Bereich mit gehobener Verantwortung für Personen und Stressbelastung mit Zeitdruck aufgrund der bestehenden psychischen Minderbelastbarkeit dauerhaft nicht möglich sein. Die beim Antragsteller vorliegenden gesundheitlichen Beschwerden könnten jederzeit durch bestimmte äußere und innere Belastungsfaktoren verstärkt werden, so dass es bei Tätigkeiten in dem von ihm gewünschten Bereich zu erneuten psychischen Dekompensationen kommen könnte.

Am 14.04.2014 erhob der Antragsteller Klage zum Sozialgericht Heilbronn (SG) mit dem Ziel, die Antragsgegnerin unter Aufhebung der ablehnenden Entscheidung zur erneuten Entscheidung über seinen Antrag auf Förderung eines Bachelor-Studiums "Soziale Arbeit" zu verpflichten (S 5 R 1339/14). Zur Begründung wiederholte und vertiefte die Bevollmächtigte ihre Argumentation zur Nichtanwendbarkeit des § 37 Abs. 2 SGB IX auf die vorliegend begehrte Förderung. Die Behauptung der Antragsgegnerin, der Antragsteller sei nicht ausreichend psychisch belastbar, basiere offensichtlich auf veralteten Unterlagen und lasse den positiven Verlauf der Erkrankungen des Antragstellers außer Acht. Dem trat die Antragsgegnerin jeweils entgegen.

Mit Bescheid vom 02.05.2014 bewilligte die Antragsgegnerin dem Antragsteller zur Abklärung der beruflichen Eignung ein Reha-Assessment im Berufsförderungswerk H., welches vom 30.06. bis 11.07.2014 stattfand. In seiner ärztlichen Stellungnahme hierüber vom 28.07.2014 gab der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Zimmer an, im Assessment habe der Antragsteller überall einen sehr positiven Eindruck hinterlassen. Aus seiner psychiatrischen Sicht gebe es keine Einwände gegen die angestrebten Gesundheits- und Sozialberufe. Die 2011/2012 durchgemachte Depression werte er als Lebenskrise (Anpassungsstörung) in gut nachvollziehbarem Zusammenhang mit damals erheblichen äußeren Belastungen. Eine übergreifende Depressionsanfälligkeit ergebe sich weder aus der Eigen- noch aus der Familienanamnese. Den Wunsch des Antragstellers, ein Bachelor-Studium der Sozialarbeit, Sozialpädagogik oder des Sozialrechts zu absolvieren, könne er uneingeschränkt befürworten. Natürlich seien formal-arbeitsmedizinisch auch zahlreiche Alternativen in sachorientierten Berufsfeldern möglich, zum Beispiel aus dem kaufmännisch-verwaltenden, datenverarbeitenden, zeichnerischen, feinhandwerklichen oder labortechnischen Bereich. Allerdings habe sich dafür keinerlei tragfähige Motivation ergeben. In seiner arbeitspsychologischen Beurteilung vom 22.07.2014 gelangte Dipl.-Psych. S. im Hinblick auf die vorliegenden Befunde aus den eignungsdiagnostischen Untersuchungen und Beratungsgesprächen zu dem Ergebnis, dass der Antragsteller aus psychologischer Sicht den theoretischen Anforderungen einer Ausbildung von Fachschulebene bis Fachhochschulebene gewachsen sei. Auch die Ergebnisse der Arbeitserprobung vom 24.07.2014 zeigten eine hohe Eigenmotivation und ein gutes Leistungsvermögen.

Am 27.08.2014 hat der Antragsteller beim SG einstweiligen Rechtschutz beantragt. Er begehre die Förderung des Bachelor-Studiums "Soziale Arbeit" an der Evangelischen Hochschule Ludwigsburg mit Beginn am 15.11.2014, hilfsweise mit Beginn am 01.03.2015, hilfsweise die Förderung eines solchen Studiums an der SRH Hochschule Heidelberg mit Beginn am 01.10.2014, hilfsweise mit Beginn am 01.10.2015, hilfsweise die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Neubescheidung seines Antrags. Eine Eilbedürftigkeit ergebe sich daraus, dass er derzeit nicht arbeitsfähig und zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt auf eine Ausbildung angewiesen sei. Hinzu komme, dass das neue Semester für den angestrebten Studiengang in Kürze beginne. Er habe sich bereits bei den beiden Hochschulen sowie darüber hinaus in Esslingen beworben. Er habe seine Unterlagen aber wieder abholen müssen, da eine Zusage der Antragsgegnerin vor Ende der Einschreibungsfrist nicht vorgelegen habe. Eine solche Zusage benötige er aber vor der Einschreibung, da er kein Arbeitslosengeld mehr erhalte. Die SRH Hochschule Heidelberg habe noch freie Plätze für das Studium ab 01.10.2014. Dort gebe es auch Rehabilitanden, deren Studium im Rahmen der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben von der Antragsgegnerin gefördert würde. Er sei auch bereit, einen ähnlichen Studiengang an einer anderen Einrichtung anzunehmen, die Antragsgegnerin verweigere aber Erörterungen zu einer Förderung im Berufsfeld Soziale Arbeit. Daher sei das Auswahlermessen der Antragsgegnerin auf Null reduziert. Die Ergebnisse des Reha-Assessments zeigten, dass er uneingeschränkt für das angestrebte Studium geeignet sei. Nachdem die Antragsgegnerin ihre Zweifel weiter aufrecht erhalte, sei in der Hauptsache zur Klärung seiner medizinischen Geeignetheit ein Sachverständigengutachten einzuholen, so dass aus zeitlicher Sicht eine Entscheidung in der Hauptsache nicht absehbar sei.

Die Antragsgegnerin ist dem Antrag entgegen getreten. Es fehle an dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis. Nur ausnahmsweise könne es erforderlich sein, der Entscheidung in der Hauptsache vorzugreifen. Aber auch in solchen Fällen könnten nur Maßnahmen angeordnet werden, die auch durch das Urteil getroffen werden könnten. Im Übrigen könne eine einstweilige Anordnung nur erlassen werden, wenn der Anspruch auf die begehrte Leistung bestehe. Dies sei nicht der Fall. Der Antragsteller werde weiterhin als nicht ausreichend belastbar für die angestrebte berufliche Tätigkeit im sozialen Bereich angesehen. Die Erprobung im Berufsförderungswerk H. habe auch eine Eignung für alternative Berufsziele des kaufmännisch-verwaltenden Sektors ergeben.

Mit Beschluss vom 23.09.2014 hat das SG den Antrag auf einstweiligen Rechtschutz abgelehnt. Der Antrag des Antragstellers sei auf den Erlass einer Regelungsanordnung gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gerichtet. Der hierfür erforderliche Anordnungsanspruch im Sinne eines materiellen Anspruchs sei aber nicht mit der für die begehrte Vorwegnahme der Hauptsache erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit glaubhaft gemacht. Der geltend gemachte Anspruch richte sich nach §§ 9 ff; 16 SGB VI i. V. m. §§ 33 bis 38 SGB IX. Hinsichtlich des hier streitigen "Wie" der Reha-Maßnahme habe der Versicherungsträger nach §§ 9 Abs. 2, 13 SGB VI Ermessen. Dem Gericht sei es verwehrt, an Stelle des vom Versicherungsträger auszuübenden Verwaltungsermessens sein eigenes Ermessen zu setzen. Eine Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Gewährung der vom Antragsteller begehrten Maßnahme käme nur in Betracht, wenn eine sog. Ermessensreduzierung auf Null vorläge, wenn das Ermessen nur in einem bestimmten Sinne ausgeübt werden könnte und jede andere Entscheidung fehlerhaft wäre. Eine solche Situation sei vorliegend nicht gegeben. Dabei sei zu berücksichtigen, dass der Träger der Rentenversicherung im Einzelfall unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung der Teilhabeleistungen sowie die Rehabilitationseinrichtung nach pflichtgemäßem Ermessen bestimme, § 13 Abs. 1 Satz 1 SGB VI. Außerdem würden gemäß § 16 SGB VI i.V.m. § 33 Abs. 4 Satz 1 SGB IX bei der Auswahl der Leistungen Eignung, Neigung, bisherige Tätigkeit sowie Lage und Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt angemessen berücksichtigt. Insoweit sei zunächst darauf hinzuweisen, dass außer dem von dem Antragsteller angestrebten Studium durchaus auch andere Tätigkeitsbereiche denkbar seien. Nach den Ausführungen des Berufsförderungswerks H. vom 28.07.2014, auf die sich der Antragsteller ja selbst maßgeblich beziehe, kämen auch kaufmännisch-verwaltende, datenverarbeitende, zeichnerische, feinhandwerkliche oder labortechnische Berufsfelder in Betracht. Außerdem sei zu beachten, dass die begehrte Leistung dem orthopädischen und vor allem dem psychiatrischen Gesundheitsbild des Antragstellers gerecht werden müsse. Insoweit teile das Gericht bei dem bisherigen Erkenntnisstand nach summarischer Prüfung die Bedenken der Antragsgegnerin hinsichtlich der Geeignetheit des begehrten Studiums. Das Gericht übersehe dabei nicht, dass das Berufsförderungswerk Heidelberg diesbezüglich keine Bedenken hege, jedoch seien dort offensichtlich nicht alle Fakten bekannt gewesen. Wie sich aus der Stellungnahme vom 28.07.2014 ergebe, sei bei dieser davon ausgegangen worden, dass eine "in 2011/12 durchgemachte Depression als Lebenskrise" vorgelegen habe. Hier sei aber nun zu beachten, dass auch noch im Rahmen der in Trägerschaft der Antragsgegnerin durchgeführten Rehabilitationsmaßnahme vom 04. bis 26.04.2013 eine Anpassungsstörung mit längerer depressiver Reaktion diagnostiziert worden sei. Auch in der Widerspruchsbegründung vom 18.12.2013 werde ausgeführt, " ist mein Mandant schwer krank und derzeit arbeitsunfähig. Mein Mandant leidet unter einer schweren depressiven Störung.". Schließlich habe der Antragsteller in den gerichtlichen Erklärungsvordrucken des Klageverfahrens unter dem 19.05.2014 angegeben, dass er "im Quartal 01/2014" wegen "Depressionen" in Behandlung gewesen sei. Demnach handle es sich bei der psychiatrischen Erkrankung offensichtlich nicht um eine vor Jahren durchgemachte Lebenskrise, sondern eine darüber hinaus anhaltende Erkrankung. Die von der Antragsgegnerin gehegten Bedenken dürften somit nicht zu beanstanden sein. Daher bedürfe es an dieser Stelle auch keiner Erörterung der zwischen den Beteiligten kontrovers diskutierten Frage, ob bzw. inwieweit § 37 Abs. 2 SGB IX der Förderung des begehrten Studiums durch die Antragsgegnerin entgegenstehe.

Auch ein Anordnungsgrund (Eilbedürftigkeit) sei nicht glaubhaft gemacht. In einer einstweiligen Anordnung dürfe nicht unter Ausnutzung der erleichterten Prüfung der Sach- und Rechtslage das Ergebnis eines eventuellen Hauptsacheverfahrens vorweggenommen werden. Eine Ausnahme von diesem Verbot sei nur dann geboten, wenn ein hoher Grad der Wahrscheinlichkeit für den Erfolg des Begehrens in einem Hauptsacheverfahren bestehe und sonst durch den Zeitablauf für den Antragsteller schwere und unzumutbare Nachteile drohten, die später nicht oder nur schwerlich wieder gut gemacht werden könnten. Der hohe Grad der Wahrscheinlichkeit für den Erfolg könne - wie dargelegt - nicht festgestellt werden. Auch sei nicht ersichtlich, dass dem Antragsteller beim Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre. Insbesondere sei darauf hinzuweisen, dass das Studium - wie sich auch an den gestellten (Hilfs-)anträgen zeige - in regelmäßigen Abständen begonnen werden könne, sollte die Hauptsache Erfolg haben. Schließlich bestünden im Hinblick auf den bisherigen Ablauf in zeitlicher Hinsicht erhebliche Zweifel an der vorgetragenen Dringlichkeit, nachdem der Widerspruch gegen den Bescheid vom 17.10.2013 erst am 18.12.2013 begründet, die Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 10.03.2014 erst am 14.04.2014 erhoben und der Antrag auf einstweiligen Rechtschutz erst am 17.08.2014 erhoben worden sei. Soweit der Antragsteller außerdem hilfsweise die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Neuverbescheidung beantragt habe, habe der Antrag ebenfalls keinen Erfolg. Zwar könne die einstweilige Anordnung auch auf die Verpflichtung zur Neuverbescheidung gerichtet sein, wenn ein berechtigtes Interesse daran bestehe, dass die Behörde möglichst frühzeitig eine (erneute) Ermessensentscheidung treffe, jedoch sei ein solches Interesse nicht ersichtlich.

Hiergegen richtet sich die am 28.10.2014 beim SG eingelegte Beschwerde des Antragstellers. Hinsichtlich der psychischen Leistungsfähigkeit/Belastbarkeit des Antragstellers gehe das SG davon aus, dass das Berufsförderungswerk Heidelberg im Rahmen des Reha-Assessments nicht alle Fakten aus der gesundheitlichen Vergangenheit des Antragstellers gekannt habe. Dies sei ein Irrtum. Hierzu legte die Bevollmächtigte eine persönliche Erklärung des Antragstellers vor. Auch interpretiere das SG die Angaben des Antragstellers im Erklärungsvordruck zur Hauptsache falsch. Er habe sich im Quartal 01/2014 nicht wegen Depressionen in Behandlung befunden, er habe sich lediglich einer neuen Hausärztin zur Übernahme der Akten vorgestellt. Die Depression sei erfolgreich behandelt und ausgeheilt. Die Ermessensausübung durch die Antragsgegnerin sei fehlerhaft auf falscher Tatsachengrundlage erfolgt, da die Einschätzung der psychischen Belastbarkeit falsch erfolgt sei. Außerdem sei zu beachten, dass die konkret beantragte Leistung im Bereich Soziale Arbeit nicht nur der Neigung des Antragstellers entspreche, sondern auch der Eignung insgesamt. Im Hinblick auf seine intellektuellen Fähigkeiten sei seine dauerhafte Wiedereingliederung durch ein Studium sicherzustellen. Ein höherqualifizierter Bildungsabschluss entspreche seinen Fähigkeiten. Die bisherige Tätigkeit könne im Rahmen der Abwägung nicht ausgeblendet werden. Hierzu sei auch festzuhalten, dass Tätigkeiten im sozialen Bereich auf dem Arbeitsmarkt aktuell und in Zukunft nachgefragt seien. Hinsichtlich der gebotenen Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit sei zu berücksichtigen, dass ein Studium an der Evangelischen Hochschule in L. wirtschaftlich vernünftiger wäre als ein solches an der SRH H., da er bei ersterem keine auswärtigen Übernachtungen benötigen würde und das Studium grundsätzlich gebührenfrei sei. Die erforderliche Eilbedürftigkeit sei sehr wohl gegeben. Sowohl auf die Vergrößerung der Lücke im Lebenslauf als auch die Auswirkung auf spätere Rentenansprüche sei bereits hingewiesen. Der drohende Nachteil sei der zeitliche Verzug, der nachträglich nicht mehr beseitigt werden könne. Auch ein Einkommen könne für die Vergangenheit nicht generiert werden. Die Ausnutzung der Rechtsmittelfristen könne nicht gegen den Antragsteller verwendet werden. Überdies bestehe ein berechtigtes Interesse an einer zeitnahen (erneuten) Ermessensentscheidung. Wenn die Antragsgegnerin verpflichtet würde, ihre Ermessenentscheidung neu zu treffen, ohne psychische Ausschlussgründe anzunehmen, würde die Entscheidung zugunsten der beantragten Maßnahme - Studium in Ludwigsburg - ausfallen.

Mit Schreiben vom 17.11.2014 stellt die Bevollmächtigte des Antragstellers klar, dass zwischenzeitlich keine Förderung eines Studiums in Ludwigsburg mit Beginn 15.11.2014 mehr begehrt werde.

Der Antragsteller beantragt hiernach noch,

die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form der Förderung des Bacherlor-Studiengangs "Soziale Arbeit" an der Evangelischen Hochschule Ludwigsburg zum Beginn des Sommersemesters (Start 1. März 2015), hilfsweise an der SRH Hochschule H. zum Beginn des Wintersemesters (Start 1. Oktober 2015) zu gewähren, hilfsweise im Wege der einstweiligen Anordnung den Bescheid der Antragsgegnerin vom 17. Oktober 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. März 2014 aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihm einen neuen Bescheid unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erteilen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie bezieht sich auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses sowie ihr schriftsätzliches Vorbringen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakten der Antragsgegnerin und der Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg.

Die Beschwerde des Antragstellers ist, soweit sie fortgeführt wird, zulässig, insbesondere gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG statthaft. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Das SG hat den Antrag zu Recht abgelehnt.

Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2). Vorliegend kommt, da die Voraussetzungen des § 86b Abs. 1 SGG ersichtlich nicht gegeben sind und es auch nicht um die Sicherung eines bereits bestehenden Rechtszustandes geht (§ 86b Abs. 2 Satz 1 SGG), nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht.

Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung (vgl. z.B. Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 01.08.2005 - L 7 AS 2875/05 ER-B - FEVS 57, 72 und vom 17.08.2005 - L 7 SO 2117/05 ER-B - FEVS 57, 164). Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO)); dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG) NJW 1997, 479; NJW 2003, 1236; NVwZ 2005, 927). Die Erfolgsaussichten der Hauptsache sind daher in Ansehung des sich aus Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes ergebenden Gebots der Sicherstellung einer menschenwürdigen Existenz sowie des grundrechtlich geschützten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz u.U. nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen; ist im Eilverfahren eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich, so ist bei besonders folgenschweren Beeinträchtigungen eine Güter- und Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Antragstellers vorzunehmen (vgl. etwa LSG Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 13.10.2005 - L 7 SO 3804/05 ER-B - und vom 06.09.2007 - L 7 AS 4008/07 ER-B - (beide Juris) jeweils unter Verweis auf die Rechtsprechung des BVerfG).

Vor diesem Hintergrund kann eine einstweilige Anordnung im konkreten Fall nicht erlassen werden.

1. Hinsichtlich des Hauptantrags ist ein Anordnungsanspruch des Antragstellers auf Förderung eines Bachelor-Studiums "Soziale Arbeit" an der Evangelischen Hochschule L. mit Beginn 01.03.2015 ist nicht glaubhaft gemacht.

Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VI erbringt die Rentenversicherung Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sowie ergänzende Leistungen, um den Auswirkungen einer Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung auf die Erwerbsfähigkeit der Versicherten entgegenzuwirken oder sie zu überwinden und dadurch Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit der Versicherten oder ihr vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben zu verhindern oder sie möglichst dauerhaft in das Erwerbsleben wiedereinzugliedern. Die Leistungen zur Teilhabe haben nach Satz 2 der Regelung Vorrang vor Rentenleistungen, die bei erfolgreichen Leistungen zur Teilhabe nicht oder voraussichtlich erst zu einem späteren Zeitpunkt zu erbringen sind. Gemäß § 9 Abs. 2 SGB VI können die Leistungen nach Absatz 1 erbracht werden, wenn die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen dafür erfüllt sind.

Die persönlichen Voraussetzungen (§ 10 Abs. 1 SGB VI) und die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (§ 11 Abs. 1 SGB VI) sind vorliegend nicht streitig. Die Antragsgegnerin hat deren Vorliegen und damit auch den Anspruch des Antragstellers auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben dem Grunde nach bereits mit Bescheid vom 05.05.2013 bestandskräftig festgestellt.

Gemäß § 13 Abs. 1 SGB VI bestimmt der Träger der Rentenversicherung im Einzelfall unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung dieser Leistungen sowie die Rehabilitationseinrichtung nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Leistungen können auf Antrag auch als Teil eines trägerübergreifenden persönlichen Budgets erbracht werden. Nach § 16 SGB VI erbringen die Träger der Rentenversicherung die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach den §§ 33 bis 38 SGB IX sowie im Eingangsverfahren und im Berufsbildungsbereich der Werkstätten für behinderte Menschen nach § 40 SGB IX. Gemäß § 33 SB IX werden zur Teilhabe am Arbeitsleben die erforderlichen Leistungen erbracht, um die Erwerbsfähigkeit behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zu erhalten, zu verbessern, herzustellen oder wiederherzustellen und ihre Teilhabe am Arbeitsleben möglichst auf Dauer zu sichern. Die Leistungen zur Teilhabe umfassen u.a. die berufliche Weiterbildung (§ 33 Abs. 3 Nr. 3 SGB IX) und die berufliche Ausbildung (§ 33 Abs. 3 Nr. 4 SGB IX). Bei der Auswahl der Leistungen sind nach § 33 Abs. 4 Satz 1 SGB IX Eignung, Neigung, bisherige Tätigkeit sowie Lage und Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt angemessen zu berücksichtigen. Nach § 37 Abs. 1 SGB IX werden Leistungen für die Zeit erbracht, die vorgeschrieben oder allgemein üblich ist, um das angestrebte Teilhabeziel zu erreichen; eine Förderung kann darüber hinaus erfolgen, wenn besondere Umstände dies rechtfertigen. Nach Abs. 2 sollen Leistungen zur beruflichen Weiterbildung in der Regel bei ganztägigem Unterricht nicht länger als zwei Jahre dauern, es sei denn, dass das Teilhabeziel nur über eine länger dauernde Leistung erreicht werden kann oder die Eingliederungsaussichten nur durch eine länger dauernde Leistung wesentlich verbessert werden.

Hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben ist der Antragsgegnerin mithin ein Ermessen eingeräumt. Macht der Antragsteller – wie hier – einen Anspruch geltend, über den die Behörde nach Ermessen zu entscheiden hat, so kann ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung in der Regel nur dann Erfolg haben, wenn ein Fall der sogenannten Ermessensreduzierung auf Null eingetreten ist, d.h. wenn das Ermessen nur in eine einzige Richtung ausgeübt werden kann, so dass jede andere Entscheidung fehlerhaft wäre (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 86b Rn. 30a).

Eine solche Ermessensreduzierung auf Null vermag der Senat nicht zu erkennen.

Zwar macht der Antragsteller geltend, seiner Neigung entspreche ausschließlich ein Bachelor-Studium Soziale Arbeit. Hieraus folgt aber noch nicht, dass nur die Entscheidung, ein solches Studium an der Evangelischen Hochschule L. mit Beginn 01.03.2015 zu fördern, rechtmäßig wäre. Vielmehr handelt es sich bei der Neigung des Versicherten nur um einen der im Rahmen der pflichtgemäßen Ermessensausübung zu berücksichtigenden Aspekte, wenn auch um einen gewichtigen. Die von der Antragsgegnerin zu treffende Ermessensentscheidung hat neben der Neigung des Antragstellers auch dessen Eignung, seine bisherigen Tätigkeit, die Lage und Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt zu berücksichtigen, außerdem hat sie die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit einzuhalten. Es ist vorliegend nicht ersichtlich, dass alle anderen Aspekte hinter der beschränkten Motivation des Antragstellers zurückzutreten hätten und damit der gesetzlich der Antragsgegnerin eingeräumte Ermessensspielraum von dieser tatsächlich nicht nach eigener Abwägung aller Aspekte ausgefüllt werden kann. Wie schon das SG zutreffend ausgeführt hat, gelangt der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Zimmer in seiner ärztlichen Stellungnahme vom 28.07.2014 anlässlich des durchgeführten Reha-Assessments zu dem Ergebnis, dass formal-arbeitsmedizinisch natürlich auch zahlreiche Alternativen in sachorientierten Berufsfeldern möglich seien, zum Beispiel aus dem kaufmännisch-verwaltenden, datenverarbeitenden, zeichnerischen, feinhandwerklichen oder labortechnischen Bereich. Angesichts der vom Antragsteller bereits absolvierten Ausbildung zum Industriekaufmann sieht auch der Senat insbesondere im kaufmännischen Bereich ein mögliches alternatives Beschäftigungsfeld zur dauerhaften Eingliederung ins Arbeitsleben. Der Antragsteller hat bislang nicht dargetan, was gegen eine Tätigkeit in diesem Bereich sprechen würde.

Auch kann sich der Senat nicht der Auffassung des Antragstellers anschließen, dass ausschließlich das angestrebte Studium bzw. eine berufliche Tätigkeit, die ein solches Studium voraussetzt, den intellektuellen Fähigkeiten des Antragstellers entsprechen würde, andernfalls die Gefahr einer krankmachenden Unterforderung bestehe. Nach den eigenen Angaben des Antragstellers in seinem Lebenslauf hat er bislang kein Fachhochschulstudium absolviert.

Überdies hält der Senat die bei der Antragsgegnerin bestehenden Zweifel an der Eignung des Antragstellers für das von ihm angestrebte Studium und die Geeignetheit einer späteren Tätigkeit in dem gewünschten Bereich zur dauerhaften Sicherung der Teilhabe am Arbeitsleben nach vorliegendem Kenntnisstand für nachvollziehbar. Auch wenn das Ergebnis des Reha-Assessments weder aus der Sicht des beurteilenden Arztes noch aus der Sicht des beurteilenden Arbeitspsychologen gegen die Aufnahme des angestrebten Studiums und der entsprechenden beruflichen Tätigkeit spricht, die behandelnde Psychologin des Antragstellers nachträglich ihre Diagnosestellung korrigiert und dem Antragsteller eine entsprechende Belastbarkeit bestätigt hat und der Antragsteller mitteilt, die psychische Erkrankung sei behandelt und ausgeheilt, bestehen die von der Antragsgegnerin und dem SG aufgezeigten Widersprüche. Insoweit nimmt der Senat auf die Ausführungen des SG Bezug. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass der Antragsteller auch zur Begründung seines Antrags auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben im April bzw. Mai 2013 ausgeführt hat, dass er an einer schweren Depression leide und durch diese Erkrankung an einer Mitarbeiterführung bzw. gehobenen Anstellung gehindert sei. Auf die Frage, welche gesundheitlichen Probleme "derzeit" im Vordergrund stünden, hat er "sowohl schwere Depression wie Bandscheibenprothese" angegeben. Dies steht in eindeutigem Widerspruch zu der Annahme, er habe lediglich 2011/2012 eine Depression durchgemacht.

Der Senat sieht vorliegend auch keinen Ausnahmefall, in dem die begehrte einstweilige Anordnung auch ohne Ermessensreduzierung auf Null erlassen werden könnte. Ein solcher Fall wird teilweise angenommen, wenn anders das Grundrecht des Antragstellers auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz) nicht zu wahren ist (vgl. Hessisches LSG, Beschluss vom 12.05.2005 – L 7 AL 38/05 ER - Juris); a. A. Keller a.a.O., § 86b Rn. 30a). Aber auch insoweit wird im Hinblick auf den in diesem Rahmen zu bewältigenden Konflikt zwischen dem Gebot effektiven Rechtsschutzes und dem Gewaltenteilungsgrundsatz – nach dem das Gericht nicht sein Ermessen an das der Behörde setzen darf – eine einstweilige Anordnung in diesen Fällen nur in Betracht gezogen, wenn es zum einen überwiegend wahrscheinlich ist, dass die Behörde ihr Ermessen unzutreffend ausgeübt hat und sie dieses bei erneuter Ausübung zu Gunsten des Antragstellers ausüben wird, und wenn zum anderen auf Seiten des Antragstellers eine besondere Dringlichkeit vorliegt (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 16.10.2006 - L 12 AL 202/06 ER - Juris). Aus den bereits oben dargestellten Gründen kann vorliegend nicht mit dem bei einer Vorwegnahme der Hauptsache erforderlichen hohen Grad an Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass die Antragsgegnerin ihr Ermessen unzutreffend ausgeübt hat und bei erneuter Ausübung zugunsten des Antragstellers ausüben wird.

Nachdem bereits aus diesen Gründen ein Anordnungsanspruch nicht besteht, kann, wie bereits vom SG ausgeführt, die zwischen den Beteiligten streitige Frage, ob § 37 Abs. 2 SGB IX der Förderung des angestrebten Studiums entgegensteht, im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes offen bleiben.

2. Hinsichtlich des ersten Hilfsantrags auf Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Förderung eines Bachelor-Studiums "Soziale Arbeit" an der SRH Hochschule Heidelberg mit Beginn 01.10.2015 ist eine besondere Eilbedürftigkeit nicht glaubhaft gemacht. Insoweit hat noch nicht einmal die Bewerbungsphase für den Studiengang begonnen. Anhaltspunkte dafür, dass sich das beim SG anhängige Klageverfahren in der Hauptsache noch "jahrelang hinziehen" werde, wie von der Bevollmächtigten des Antragstellers in dem an das SG gerichteten Schriftsatz vom 08.09.2014 befürchtet, sind nicht ersichtlich. Insoweit ist der für den Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderliche Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Überdies kann aus den bereits unter Ziffer 1 dargestellten Gründen auch ein Anordnungsanspruch nicht bejaht werden. Hinzu kommt, dass der Antragsteller insoweit selbst hat vortragen lassen, dass gegen die Förderung eines Studiums in Heidelberg auch der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit sprechen dürfte, weil dieser Studienort aufgrund seiner größeren Entfernung zum Wohnort des Antragstellers mit Mehrkosten gegenüber einem etwaigen Studium in Ludwigsburg verbunden wäre.

3. Hinsichtlich des weiteren Hilfsantrags auf Aufhebung des Bescheides vom 17.10.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.03.2014 und Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Neubescheidung seines Antrags ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung ebenfalls abzulehnen. Grundsätzlich ist ein Anspruch auf Neubescheidung nicht nach § 86 b Abs. 2 SGG sicherungsfähig, einer einstweiligen Regelung nicht zugänglich (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 07.09.2012 - L 20 AS 1861/12 B ER - Juris). Durch eine reine Neubescheidung könnten die vom Antragsteller durch eine weitere Verzögerung der Aufnahme des begehrten Studiums geltend gemachten Nachteile auch nicht verhindert werden, da das Ergebnis einer solchen Neubescheidung - wie bereits oben dargestellt - nicht einzig die vom Antragsteller begehrte Förderung des angestrebten Studiums beinhalten könnte.

Mithin ist die Beschwerde insgesamt zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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