Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 11 U 3521/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 U 812/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 11. Dezember 2013 sowie der Bescheid vom 15. März 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Oktober 2012 aufgehoben. Es wird festgestellt, dass die Beklagte das Unfallereignis vom 23. September 2002 als Arbeitsunfall anerkannt hat.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen.
Tatbestand:
Im Streit steht, ob die Beklagte ein Unfallereignis als Arbeitsunfall anerkannt hat.
Der am 17.05.1956 geborene Kläger war zum Unfallzeitpunkt am 23.09.2002 zeitgleich in zwei Unternehmen beschäftigt, der Auto G. GmbH, einem bei der Beklagten versicherten Mitgliedsunternehmen, und der G. Automobile GmbH, die berufsgenossenschaftlich nicht gemeldet war.
Mit Schreiben vom 02.10.2002, eingegangen bei der S. M.-Berufsgenossenschaft (SMBG), einer Rechtsvorgängerin der Beklagten, am 07.10.2002, brachte der Kläger eine an die private Unfallversicherung G. Versicherungs-AG gerichtete, ihn selbst betreffende Unfallmeldung vom 27.09.2002 zur Kenntnis und wies darauf hin, dass er als Betriebsleiter die Unfallmeldung selbst erstellt und übermittelt habe, da der Prokurist S. nicht mehr für die G. Automobile GmbH tätig sei. Er bat um die Vergabe einer Schadens-Nr. für den Schaden vom 22.04.2002 und für den jetzigen Schaden vom 23.09.2002, damit eine weitere Bearbeitung durch seinen Zahnarzt erfolgen könne, sofern die SMBG eintrittspflichtig sei. Das beigefügte Schreiben an die private Unfallversicherung vom 27.09.2002 war mit Briefkopf der G. Automobile GmbH vom Kläger im Auftrag dieser Gesellschaft unterschrieben worden. Geschildert wird darin zur Unfallmeldung vom 23.09.2002 (Vers.Nr. U 33/4681150), dass beim Umschichten von Reifen im Reifenlager über Kopf ein Geländewagenreifen mit Felge gegen die Frontpartie seines Gesichts gerutscht sei und sich hierdurch die obere Zahnpartie sowie ein unterer Mittelzahn etwas gelockert habe. Nach Auskunft seines Zahnarztes solle er ca. 14 Tage warten, ob sich die Zähne wieder verfestigten. Sollte dies nicht der Fall sein, müssten weitere Schritte nach seinem Urlaub unternommen werden, da kein Zahnbruch vorliege. Bereits am 22.04.2002 habe er sich ungewollt mit einem Werkzeug zwei übereinander liegende Zähne auf der linken Gesichtshälfte gelockert, die er dann selbst entfernt habe.
Mit weiterem Schreiben des Klägers an die SMBG, nunmehr allerdings für die Auto G. GmbH, vom 03.11.2002, stellte dieser nochmals klar, dass sich beide Schäden am 22.04. und am 23.09.2002 während seiner Tätigkeit als Betriebsleiter für die G. Automobile GmbH ereignet hätten. Diese Firma, an der er zu 50 % beteiligt sei, habe am 24.10.2002 Insolvenz angemeldet.
Weder von Seiten des Klägers noch von Seiten der SMBG wurde das Verfahren in der Folgezeit weiter betrieben. Erst mit Schreiben vom 16.04.2004 teilte die SMBG Hauptverwaltung M. der SMBG Bezirksverwaltung S. mit, der Kläger gehöre als Geschäftsführer ohne Gesellschaftsanteile der Auto G. GmbH zum pflichtversicherten Personenkreis. Im Unternehmen G. Automobile GmbH, das von August 2000 bis 24.10.2002 existiert habe, sei der Kläger Gesellschafter mit einer Stammkapitalbeteiligung von 50 % gewesen. Er habe damit zum versicherungsfreien Personenkreis gehört. Eine freiwillige Unfallversicherung habe nicht bestanden.
Telefonisch teilte der Kläger der SMBG am 05.05.2004 mit, dass die Tätigkeit am 23.09.2002 der Auto G. GmbH gedient habe, er werde bezüglich der zahnärztlichen Versorgung einen Heil- und Kostenplan übersenden. Die SMBG informierte den Kläger darüber, dass nach Auskunft ihrer Hauptverwaltung für den Unfall vom 23.09.2002 (Auto G. GmbH) Versicherungsschutz bestehe, da er hier zum pflichtversicherten Personenkreis gehöre (handschriftliche Aktenvermerke vom 05.05.2004).
Sodann reichte der Kläger den Heil- und Kostenplan des Zahnarztes Dr. W. vom 10.05.2004 ein. Mit Schreiben vom 19.05.2004 teilte die SMBG Dr. W. zum Betreff "Unfall vom 23.09.2002" mit, dass sie die Kosten für die Behandlung der Folgen des Arbeitsunfalls bzw. der Berufskrankheit übernehmen würden. Zur Feststellung des Umfangs der Leistungspflicht werde um Beantwortung des Fragenkatalogs gebeten. Im Auskunftsbogen gab Dr. W. unter dem 01.06.2004 an, nach Schilderung des Klägers habe er am 23.09.2002 einen Stapel Autoreifen aufs Gesicht bekommen. Der Kläger habe sich erstmals am 22.03.2004 bei ihm vorgestellt. Wegen der Unfallfolgen seien am Ober- und Unterkiefer Interimsprothesen sowie am Oberkiefer ein Langzeitprovisorium mit Metallarmierung erforderlich. Ergänzend übersandte er am 08.07.2004 den Befund vom 22.03.2004 und teilte mit, nach Angaben des Klägers seien unfallbedingt die Zähne 42-32 gelockert, die Zähne 41 und 12 habe er selbst entfernt. Durch Fraktur am Zahn 11 habe die Brücke 11-22 entfernt werden müssen, "starke Lockerungsgrade".
Mit an den Kläger gerichteten Schreiben vom 22.07.2004 bat die SMBG unter dem Betreff "Ihr Unfall vom 23.09.2002" um Mitteilung, welche Zähne im Ober- und Unterkiefer bei dem Unfall am 23.09.2002 beschädigt worden seien. Die Zähne 12 und 42 habe er selbst nach dem 1. Unfall vom 22.04.2002 entfernt. Ob nun Zahn 11 sowie die Zähne 32 bis 42 durch den Unfall vom 22.04.2002 oder 23.09.2002 beschädigt worden seien, sei nicht geklärt. Hierauf machte der Kläger in seinem Schreiben vom 26.07.2004 weitere Angaben und fügte ein Schreiben an seine Krankenversicherung mit verschiedenen Anlagen, u. a. auch das Schreiben vom 03.11.2002 an die Hauptverwaltung der SMBG bei.
Mit Schreiben vom 09.08.2004 teilte die SMBG dem Kläger mit, dass das Schreiben vom 03.11.2002 bisher nicht vorgelegen habe. Aus diesem Schreiben an ihre Hauptverwaltung gehe eindeutig hervor, dass die Tätigkeit am 23.09.2002 der Firma G. Automobile GmbH gedient habe, für die kein Versicherungsschutz bestanden habe. Die eingereichten Unterlagen würden daher zurückgegeben.
Hierauf erwiderte der Kläger mit Schreiben vom 11.08.2004, dass sich der Schaden am 23.09.2002 zu einem Zeitpunkt ereignet habe, als der Geschäftsbetrieb der G. Automobile GmbH nicht mehr existent gewesen sei. Es seien ab 22.09.2002 keine an Fremdkunden abrechenbare Tätigkeiten für die G. Automobile GmbH mehr durchgeführt worden. Für die Auto G. GmbH würden bis heute von ihm abrechenbare Tätigkeiten für Kunden ausgeführt. Die Reifen, die zum Betriebsgeländewagen der Auto G. GmbH gehört hätten, seien von ihm am Unfalltag in den Räumlichkeiten der Auto G. GmbH, gemietet durch die G. Automobile GmbH, umgeschichtet worden. Die SMBG werde gebeten selbst zu beurteilen, wie und vor allem welcher Firma dieser Schaden zugeordnet werden könne.
Die SMBG bat sodann mit Schreiben vom 12.08.2004 um Schilderung, aus welchem Grund die Reifen umgeschichtet worden seien. Hierzu trug der Kläger mit Schreiben vom 16.08.2004 vor, die Umschichtung der Geländewagenreifen sei deshalb erfolgt, weil diese zusammen mit dem Geländewagen der Auto G. GmbH an einen Kunden hätten weiterverkauft werden sollen.
Mit an Dr. W. adressierten und dem Kläger zur Kenntnis übersandten Schreiben vom 17.08.2004 teilte die SMBG zum Betreff "Unfall vom 23.09.2002" mit, dass nach dem Ergebnis ihrer Ermittlungen die zahnprothetische Versorgung des Oberkiefers, wie in seinem Heil- und Kostenplan vom 07.07.2004 beschrieben, zu ihren Lasten gehe. Die Versorgung des Unterkiefers sei durch einen früheren Unfall notwendig geworden, für den bei ihnen kein Versicherungsschutz bestehe.
Der Kläger wandte hiergegen mit Schreiben vom 19.08.2004 ein, dass die Feststellung im Schreiben vom 17.08.2004, die Versorgung des Unterkiefers sei durch einen früheren Unfall notwendig geworden, für den kein Versicherungsschutz bestehe, nur teilweise richtig sei und verwies auf sein Schreiben vom 26.07.2004.
Mit Schreiben vom 21.09.2004 teilte die SMBG dem Kläger mit, es verbleibe nach Überprüfung der Angelegenheit bei der ihm mit Schreiben vom 17.08.2004 zur Kenntnis gegebenen Entscheidung. Falls er die Erteilung eines rechtsbehelfsfähigen Bescheides wünsche, möge er dies mitteilen.
Die für die Oberkieferbehandlung gestellten Rechnungen des Dr. W. vom 10. und 11.05.2004 wurden von der SMBG beglichen. Außerdem übernahm die Berufsgenossenschaft Metall BGM), eine weitere Rechtsvorgängerin der Beklagten, die Behandlungskosten aufgrund der Heil- und Kostenpläne des Zahnarztes L. vom 26.06. und 19.12.2007. Hierzu teilte sie dem Zahnarzt mit Schreiben vom 18.01.2008 zum Betreff "Unfall vom 23.09.2002" mit, dass sie die Kosten der prothetischen Behandlung übernehme, die Behandlung am Unterkiefer erfolge nicht zu ihren Lasten. Auch dieses Schreiben übersandte sie in Mehrfertigung an den Kläger.
Nachdem Dr. W. weitere Heil- und Kostenpläne vom 28.03.2011 an die Beklagte übersandt hatte, teilte diese ihm mit Schreiben vom 25.05.2011 mit, dass unfallbedingt allenfalls der Verlust der Zähne 11 und 12 im Oberkiefer anerkannt werden könne, wobei zu beachten sei, dass zum Unfallzeitpunkt Zahn 11 bereits mit einer Krone zur Brückenversorgung von 11 nach 22 versorgt gewesen sei. Da sie nur für den unfallbedingten erforderlichen Zahnersatz aufzukommen hätten und es praktisch wohl kaum umzusetzen sein dürfte, unfallbedingten und unfallunabhängigen Zahnersatz getrennt voneinander zu fertigen, werde zur Vereinfachung des Verfahrens vorgeschlagen, dass der Kläger den kompletten Zahnersatz über seine Krankenkasse beantrage und die Beklagte sowohl der Krankenkasse als auch dem Kläger 1/6 der Gesamtkosten erstatte. Sollte der Kläger mit dieser Vorgehensweise nicht einverstanden sein, werde schon jetzt darauf hingewiesen, dass sie zur Versorgung des unfallbedingten Zahnersatzes die Versorgung mit nur einem Implantat für erforderlich erachteten. Der Kläger erhalte vorab eine Kopie dieses Schreibens zur Kenntnis.
Der Kläger bestätigte mit Schreiben vom 15.06.2011 den Erhalt des an Dr. W. gerichteten Schreibens und widersprach dem Vorschlag der Beklagten einer Kostenerstattung in Höhe von 1/6 der Kosten. Vielmehr werde um Trennung der überwiegend unfallbedingten von den unfallunabhängigen Kosten gebeten.
Die Beklagte erwiderte hierauf mit Schreiben vom 30.06. und 28.07.2011, dass sie nach Erhalt aller Unterlagen eine fachärztliche Stellungnahme zur Klärung der Frage des unfallbedingten Anteils an der jetzt erforderlichen Zahnbehandlung einholen und den Kläger sodann per Bescheid informieren werde. Aktuell ginge sie davon aus, dass eine Beteiligung in der von ihm vorgeschlagenen Weise aufgrund der erheblichen Vorschäden wohl nicht in Frage komme.
Nach weiterem Schriftverkehr zwischen den Beteiligten, der im Wesentlichen die zahnärztliche Behandlung des Klägers vor dem Unfallereignis betraf, stellte die Beklagte mit Bescheid vom 15.03.2012 fest, dass das behauptete Ereignis vom 23.09.2002 nicht als Arbeitsunfall anerkannt werde und ein Anspruch auf Leistungen nicht bestehe. Ein Arbeitsunfall sei nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit erwiesen, denn es sei nicht erwiesen, ob und welchen Gesundheitsschaden er erlitten habe. Die Zahlung der Heilbehandlungskosten sei schlicht hoheitliches Verwaltungshandeln und stelle keinen Verwaltungsakt dar. Im Übrigen habe es sich bei der Kostenübernahme um die sog. Interimsversorgung gehandelt und nicht um die endgültige Versorgung.
Den hiergegen eingelegten, nicht begründeten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18.10.2012 zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 09.11.2012 Klage beim Sozialgericht Ulm (SG) erhoben und zur Begründung ausgeführt, durch das Unfallereignis vom 23.09.2002 hätten sich die obere Zahnpartie sowie ein unterer Mittelzahn gelockert. Er habe seinen damaligen Zahnarzt Dr. F. wegen der gelockerten Zähne telefonisch kontaktiert, der ihm geraten habe abzuwarten, ob sich die Zähne verfestigen würden. Tatsächlich habe eine hinreichende Verfestigung nur teilweise stattgefunden. Die Zähne 12 und 41 hätten sich weiter gelockert und seien vom Kläger im Jahr 2003 selbst entfernt worden, nachdem ein fester Halt nicht mehr gegeben gewesen sei. Die Beklagte habe bereits Kosten für das Langzeitprovisorium im Jahr 2004 sowie für dessen Reparatur im Jahr 2008 übernommen, sodass der Arbeitsunfall de facto bereits anerkannt sei.
Das SG hat Dr. F. als sachverständigen Zeugen schriftlich vernommen. Dieser hat angegeben, die letzte Behandlung des Klägers datiere vom 15.09.2000. Er könne sich vage an ein Telefonat mit dem Kläger erinnern, den Zeitpunkt aber nicht mehr nennen. Es könne sein, dass er ihm geraten habe abzuwarten, genau könne er sich aber nicht mehr erinnern.
Mit Urteil vom 11.12.2013 hat das SG die Klage abgewiesen, da nicht erwiesen sei, dass der Kläger bei einer versicherten Tätigkeit einen Gesundheitsschaden erlitten habe. Entscheidend sei, dass ein Zahnschaden erst im Jahr 2004 aktenkundig geworden sei. Hierdurch sei aber keinesfalls belegt bzw. nachgewiesen, dass sich der Kläger überhaupt durch das behauptete Ereignis irgendwelche Verletzungen zugezogen habe. Die Beklagte habe dem Kläger auch keine Zusicherung erteilt. Aus den Schreiben der Rechtsvorgängerin der Beklagten vom 19.05.2004 und 17.08.2004 an den behandelnden Zahnarzt Dr. W. könne der begehrte Verfügungssatz – die Anerkennung bzw. Feststellung eines Versicherungsfalles – nicht hergeleitet werden. Die Schreiben enthielten keine dementsprechenden Aussagen oder Hinweise, sodass auch durch Auslegung der begehrte Verfügungssatz nicht hergeleitet werden könne. Schließlich lasse sich die streitige Feststellung eines Versicherungsfalles auch nicht über das Institut des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches begründen. Denn es bestünden keine Anhaltspunkte dahingehend, dass die Beklagte oder deren Rechtsvorgängerin eine gesetzliche Pflicht zur Auskunft und Beratung verletzt hätten. Zwar sei dem Kläger insoweit zuzustimmen, als dass aus der Vorgehensweise der Rechtsvorgängerin im Zusammenhang mit den Kostenzusagen gegenüber Dr. W. im Jahr 2004 der Rechtsschein/Anschein gesetzt worden sei, die gesetzliche Unfallversicherung übernehme Kosten wegen eines erlittenen Arbeitsunfalls; hieraus könne der Kläger letztlich aber keine weitergehenden Ansprüche, insbesondere nicht den streitigen Feststellungsanspruch herleiten.
Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 17.01.2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am 14.02.2014 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Er hat zur Begründung nochmals darauf hingewiesen, dass aufgrund des Schreibens vom 19.05.2004, in dem die Kosten für die Behandlung der Folgen des Arbeitsunfalles übernommen worden seien, sowie der nachfolgenden Schreiben, insbesondere des bestandskräftigen Bescheides vom 17.08.2004. die Beklagte den Arbeitsunfall anerkannt habe. Auch aufgrund der Ablehnung der Kostenübernahme für den unteren Zahnbereich habe der Kläger davon ausgehen dürfen, dass zumindest die Verletzungen im oberen Kieferbereich als Arbeitsunfall anerkannt seien. Diese Ausführungen habe der Kläger als verbindlichen Bescheid angesehen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 11. Dezember 2013 sowie den Bescheid vom 15. März 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Oktober 2012 aufzuheben und festzustellen, dass die Beklagte das Ereignis vom 23. September 2002 als Arbeitsunfall anerkannt hat.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat unter Bezugnahme auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils ausgeführt, es liege keine Verletzung der gesetzlichen Pflicht zur Auskunft und Beratung und keine Zusicherung vor.
Der Berichterstatter hat mit den Beteiligten den Sach- und Streitstand am 02.10.2014 erörtert und hierbei u. a. auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zur Frage der regelnden Wirkung eines Bescheides und dessen Bindungswirkung hingewiesen. Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die vorgelegte Behördenakte sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG), ist gem. § 143 SGG statthaft sowie nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgemäß eingelegt und auch im Übrigen zulässig. Der Kläger begehrt die Aufhebung des ihn belastenden Bescheides der Beklagten vom 15.03.2012, jedoch bei sachdienlicher Auslegung seiner Schriftsätze (§ 123 SGG) nicht - wie erstinstanzlich angenommen - die Feststellung eines Arbeitsunfalls durch das Gericht, sondern die Feststellung, dass die Beklagte das Ereignis vom 23.09.2002 als Arbeitsunfall bereits anerkannt hat. Denn der Kläger hat mehrfach darauf hingewiesen, dass die Beklagte durch die teilweise Übernahme der Behandlungskosten de facto schon einen Versicherungsfall festgestellt hat. Da die Beklagte eine solche Feststellung bestreitet, besteht auch ein berechtigtes Interesse des Klägers gem. § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG daran, dass ein bereits bestehendes Rechtsverhältnis durch das Gericht festgestellt wird.
Die Berufung ist auch begründet. Die Beklagte hat jedenfalls mit Bescheid vom 21.09.2004 gegenüber dem Kläger das Ereignis vom 23.09.2002 als Arbeitsunfall anerkannt. Der dem widersprechende Bescheid vom 15.03.2012 war daher aufzuheben, da die Beklagte den bestandskräftigen Bescheid vom 21.09.2004 nicht zuvor nach § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zurück genommen hat.
Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (Satz 2 der Vorschrift).
Nach den vom Kläger zuletzt gemachten, teilweise in Widerspruch zu seinen ursprünglichen Darlegungen stehenden Angaben erlitt dieser in Ausübung einer bei der Beklagten versicherten Tätigkeit für die Auto G. GmbH am 23.09.2002 einen Gesundheitsschaden, als ein Autoreifen mit Felge beim Umschichten der Reifen gegen sein Gesicht rutschte und sich dabei die obere Zahnpartie sowie ein unterer Mittelzahn etwas lockerte. Es kann dahinstehen, ob er dabei materiell-rechtlich unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden hat. Denn insoweit hat die Beklagte durch Verwaltungsakt eine rechtsverbindliche positive Feststellung getroffen, die sie daran hinderte, den ablehnenden Bescheid vom 15.03.2012 i. d. F. des Widerspruchsbescheides vom 18.10.2012 zu erteilen (§ 39 Abs. 2 SGB X, § 77 SGG).
Dieser feststellende Verwaltungsakt ist in dem an den Kläger gerichteten Schreiben der Beklagten vom 21.09.2004 enthalten. Zu Recht hat das SG dieses Schreiben nicht als Zusicherung i. S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB X ausgelegt. Eine solche ist nur dann anzunehmen, wenn die zuständige Behörde einem Betroffenen zusagt, einen bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen oder zu unterlassen. Die Zusicherung hat die Aufgabe, als verbindliche Zusage über das zukünftige Verhalten der Verwaltungsbehörde bei Erlass eines Verwaltungsaktes dem Adressaten, der seinerseits erst noch die Voraussetzungen für den Erlass des ihn begünstigenden Verwaltungsaktes herbeiführen muss, die Gewissheit zu verschaffen, dass seine Aufwendungen auch zu dem von ihm beabsichtigten Erfolg führen (BSG SozR 5750 Art. 2 § 9a Nr. 13). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Insbesondere war ein weiteres Handeln des Klägers für den Erwerb eines Entschädigungsanspruchs nicht erforderlich, da die Beklagte die Übernahme der Kosten für die Heilbehandlung am Oberkiefer bereits erklärt hatte.
Bei dem Schreiben vom 21.09.2004 handelt es sich vielmehr sowohl nach seinem objektiven Erklärungsinhalt als auch den Umständen nach, unter denen diese Erklärung erging (vgl. BSG SozR 2200 § 886 Nr. 1), um eine selbständig abgrenzbare Feststellung mit der Rechtsqualität eines Verwaltungsaktes i. S. des § 31 Satz 1 SGB X. Danach ist Verwaltungsakt jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
Verwaltungsakte weisen in der Regel nicht wie Urteile eine strenge Trennung zwischen Tenor - hier Verfügungssatz - und Begründung auf. Die gesamte Begründung ist vielmehr daraufhin zu prüfen, inwieweit sie für einen Verwaltungsakt typische, der Bindung fähige Regelungen trifft (BSG SozR 1500 § 77 Nr. 18).
Mit ihrem an den Kläger adressierten Schreiben vom 21.09.2004 hat die Beklagte auf ihr Schreiben vom 17.08.2004 Bezug genommen und erklärt, es bleibe nach Überprüfung der Angelegenheit bei der getroffenen Entscheidung. Hiermit hat die Beklagte zum einen ihren Erklärungs- und Rechtsbindungswillen hinsichtlich der bewilligten Leistungen zum Ausdruck gebracht und klargestellt, dass insoweit bereits eine verbindliche Entscheidung getroffen worden ist. Lediglich hinsichtlich der Ablehnung der Versorgung des Unterkiefers wurde in Aussicht gestellt, auf Wunsch des Klägers einen rechtsbehelfsfähigen Bescheid zu erlassen. Hinsichtlich des Inhalts des begünstigenden Teils des Bescheides muss das Schreiben vom 21.09.2004 im Zusammenhang mit dem dem Kläger zur Kenntnis gebrachten Schreiben an Dr. W. vom 17.08.2004 ausgelegt werden, auf das die Beklagte in ihrem Schreiben vom 21.09.2004 ausdrücklich Bezug genommen und das sie damit zum Gegenstand des Schreibens vom 21.09.2004 gemacht hat. Darin hat die Beklagte anerkannt, dass im Hinblick auf den Unfall vom 23.09.2002 nach dem Ergebnis ihrer Ermittlungen die zahnprothetische Versorgung des Oberkiefers zu ihren Lasten gehe und deshalb genehmigt werde.
Maßstab der Auslegung eines Verwaltungsaktes ist der im Ausspruch geäußerte Erklärungswille und Erklärungswert, wie er sich einem verständigen Beteiligten, der die Zusammenhänge berücksichtigt, darstellt (vgl. BSG SozR 4100 § 71 Nr. 2; SozR 3-1300 § 32 Nr. 2; SozR 3-1300 § 34 Nr. 2 m. w. N.). Dass die Beklagte bzw. deren Rechtsvorgängerinnen das Vorliegen eines Arbeitsunfalls nicht wörtlich anerkannt haben, ist daher für die Ermittlung des Regelungsgehalts nicht ausschlaggebend. Die Einlassung der Beklagten in dem in Bezug genommenen Schreiben vom 17.08.2004, wonach die zahnprothetische Versorgung des Oberkiefers zu ihren Lasten gehe, lässt im Hinblick auf die gesamten Umstände aus der Sicht eines verständigen Empfängers dieser Erklärung nur die Deutung zu, dass nicht nur die Leistungen bewilligt werden, sondern auch als Voraussetzung hierfür ein Arbeitsunfall anerkannt wird.
Das BSG hat insbesondere in Streitverfahren aus der Kriegsopferversorgung mehrfach ausgesprochen, dass in Bescheiden über die Gewährung bzw. Ablehnung von Leistungen gleichzeitig eine Anerkennung bestimmter Gesundheitsstörungen als Schädigungsfolgen als feststellender, begünstigender Verwaltungsakt enthalten sein kann; insoweit liegt eine besondere Regelung im Sinne eines selbständigen Verfügungssatzes vor (BSGE 9, 80, 83; 12, 25, 26; BSG SozR Nr. 20 zu § 77 SGG). Für die Unfallversicherung hat das BSG ebenfalls festgestellt, dass das Vorliegen eines Arbeitsunfalls zusammen mit der Entscheidung über die Leistungsgewährung bzw. Leistungsablehnung festgestellt werden kann (BSG SozR 1500 § 77 Nr. 18). Selbst in der bloßen Ankündigung, eine ärztliche Behandlung wegen Unfallfolgen dem Verletzten durch einen von der Berufsgenossenschaft noch zu benennenden Arzt zuteil werden zu lassen, hat das BSG die Anerkennung eines Arbeitsunfalles gesehen (BSG SozR 1500 § 77 Nr. 18). Denn eine solche Heilbehandlung setzt das Vorliegen eines Arbeitsunfalls voraus (vgl. auch BSG, Urteil vom 27.01.1976 - 8 RU 138/75 – zit. n. juris). Der objektive Empfänger einer solchen Mitteilung der Berufsgenossenschaft muss dies auch deshalb als Anerkennung eines Arbeitsunfalles verstehen, weil der Unfallversicherungsträger nicht mit Leistungen eintreten darf, solange er die Leistungsvoraussetzungen (noch) nicht als gegeben ansieht, insbesondere also das Vorliegen des Versicherungsfalls und des Zusammenhangs mit Gesundheitsschäden nicht bejaht. Selbst Vorschüsse nach § 42 Erstes Buch Sozialgesetzbuch darf er bis dahin nicht zahlen, weil auch diese voraussetzen, dass die Entschädigungspflicht dem Grunde nach besteht (so auch Ricke in Kasseler Kommentar, § 26 SGB VII Rdnr. 9). Die schriftliche Erklärung der SMBG an den Kläger vom 21.09.2004, es bleibe bei der getroffenen Entscheidung, dass im Hinblick auf den Unfall vom 23.09.2002 (nur) die im Heil- und Kostenplan des Dr. W. vom 07.07.2002 beschriebene Versorgung des Oberkiefers zu ihren Lasten gehe, konnte der Kläger daher nur in dem Sinne verstehen, dass die Beklagte das Ereignis vom 23.09.2002 als Arbeitsunfall i. S. des § 8 Abs. 1 SGB VII anerkennt.
Dies wird vorliegend auch durch die weiteren Umstände bestätigt, die zur Auslegung des Erklärungsinhalts und des Regelungswillens der Beklagten mit zu berücksichtigen sind (vgl. allgemein zur Auslegung von Verwaltungsakten, Engelmann in von Wulffen, SGB X, 7. Auflage 2010, § 31 Rdnr. 25). So hat die Beklagte mit Schreiben vom 19.05.2004 Dr. W. mitgeteilt, dass sie die Kosten für die Behandlung der Folgen des Arbeitsunfalls übernehmen werde und bat zugleich um Auskunft zum Umfang der Unfallfolgen. Zwar hat sie sodann mit Schreiben vom 09.08.2004 an den Kläger zu verstehen gegeben, dass die unfallbringende Tätigkeit für die nicht versicherte G. Automobile GmbH erfolgt sei. Gerade die Tatsache, dass sie auf den hierauf erfolgten Einwand des Klägers und dessen weitere Darstellung des Sachverhaltes weitere Ermittlungen angestellt und mit ihrem Schreiben vom 17.08.2004 zum Ausdruck gebracht hat, doch von einer versicherten Tätigkeit des Klägers am 23.09.2002 auszugehen, muss aus Sicht eines außenstehenden Betrachters als Ausdruck einer geänderten Rechtsauffassung verstanden werden. Auch die internen Prüfungen der Heil- und Kostenpläne aus den Jahren 2007 und 2008 bestätigen, dass die Rechtsvorgänger der Beklagten das Ereignis vom 23.09.2002 als Versicherungsfall i. S. eines Arbeitsunfalls anerkannt haben. In beiden Entscheidungsvorschlägen wird anerkannt, dass der in Rechnung gestellte Zahnschaden unfallbedingt ist, mithin ein Arbeitsunfall mit Gesundheitsschaden besteht. Schließlich hat die Beklagte selbst mit an den Kläger zur Kenntnis übersandtem Schreiben vom 25.05.2011 an Dr. W. aufgrund des neuerlichen Heil- und Kostenplans eine Kostenerstattung in Höhe von 1/6 der Kosten angeboten und damit wiederum zum Ausdruck gebracht, dass die unfallversicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Heilbehandlung und damit auch ein Versicherungsfall i. S. eines Arbeitsunfalles vorliegen. Dies wird dadurch bekräftigt, dass sie im Falle der Ausschlagung des von ihr gemachten Angebotes bereits vorab darauf hingewiesen hat, zur Versorgung des unfallbedingten Zahnersatzes die Versorgung mit nur einem Implantat für erforderlich zu erachten. Mithin ging die Beklagte selbst zehn Monate vor Erlass des streitgegenständlichen Bescheides von einem unfallbedingten Schaden und somit vom Vorliegen eines Arbeitsunfalls aus.
Der Wirksamkeit des Verwaltungsaktes vom 21.09.2004 steht nicht entgegen, dass die Feststellung nicht gem. § 36a Abs. 1 Nr. 2 SGB IV i. V. m. § 21 Abs. 1 der Satzung der Beklagten durch deren Rentenausschuss, sondern durch einen Mitarbeiter im Auftrag des Geschäftsführers, der als vertretungsberechtigtes Organ die Eigenschaft einer Behörde hat (vgl. § 31 Abs. 3, § 36 Abs. 1 SGB IV), erfolgt ist. Denn ein Verwaltungsakt ist nicht allein deshalb unwirksam, weil er nicht von dem hierzu berufenen Rentenausschuss, sondern vom Geschäftsführer der Berufsgenossenschaft erlassen worden ist. Dabei handelt es sich zwar um einen Mangel, der zur Aufhebbarkeit des Verwaltungsaktes, nicht aber notwendig zu dessen Nichtigkeit führt. Diese Folge tritt vielmehr nur dann ein, wenn dieser schwerwiegende Mangel auch offensichtlich ist (§ 40 Abs. 1 SGB X) Offensichtlich in diesem Sinne ist ein schwerwiegender Mangel dann, wenn er einem aufmerksamen und verständigen Staatsbürger ohne weiteres, also ohne besondere Sachkenntnis und ohne Heranziehung irgendwelcher Aufklärungsmittel, erkennbar ist (BSGE 24, 162, 168; 58, 63, 65). Dies ist hier nicht der Fall. Auch ein aufmerksamer und verständiger Bürger konnte nicht ohne weiteres erkennen, dass der Geschäftsführer der Beklagten durch einen in seinem Auftrag handelnden rangniederen Mitarbeiter mit dem Verwaltungsakt vom 21.09.2004 seine Befugnisse erheblich überschritten hatte. Das Schreiben wurde von der Bezirksverwaltung Stuttgart der SMBG erlassen, in der auch der Rentenausschuss gebildet wird (§ 21 Abs. 1 Satz 1 der Satzung). Dass das Schreiben keine Zweifel an der Zuständigkeit begründen musste, gilt insbesondere auch im Hinblick darauf, dass erst durch Auslegung der einschlägigen Rechtsvorschriften zu ermitteln war, ob die darin getroffene Feststellung in einem förmlichen Verfahren durch den Rentenausschuss zu ergehen hatte. Denn bei wörtlicher Auslegung des § 21 Abs. 1 der Satzung ist der Rentenausschuss nur für Entscheidungen über die Gewährung von Renten zuständig, während die Feststellung eines Arbeitsunfalles nach dem Wortlaut der Bestimmung nicht zu den Aufgaben des Rentenausschusses zählt, sondern in die Zuständigkeit des Geschäftsführers der Beklagten fällt. Der Geschäftsführer hat zudem gerade gegenüber Außenstehenden eine umfassend erscheinende Vertretungsfunktion. Er führt hauptamtlich die laufenden Verwaltungsgeschäfte, soweit das Gesetz oder sonstiges für den Versicherungsträger maßgebendes Recht nichts Abweichendes bestimmen, und vertritt den Versicherungsträger insoweit gerichtlich und außergerichtlich (§ 36 Abs. 1 SGB IV). Die daneben bestehende Zuständigkeit der Rentenausschüsse nach § 36a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB IV tritt demgegenüber nach außen kaum in Erscheinung. Von einem offensichtlichen Fehler kann daher vorliegend nicht ausgegangen werden.
Der mithin fehlerhafte, aber rechtswirksam erlassene Verwaltungsakt vom 21.09.2004 ist mit seinem Zugang an den Kläger für die Beklagte bindend geworden (§ 77 SGG). Diese Bindungswirkung ist nicht nachträglich entfallen. In dem Bescheid vom 15.03.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.10.2012 ist kein aufhebender Verwaltungsakt i. S. von § 45 SGB X enthalten. Dies wird von Seiten der Beklagten auch nicht geltend gemacht und widerspräche ihrer Rechtsauffassung, wonach bislang das Unfallereignis vom 23.09.2002 nicht als Arbeitsunfall festgestellt ist.
Mit dem Zugang des Bescheides an den Kläger ist die Beklagte an die getroffenen Feststellungen sowie die Leistungsbewilligung nach § 77 SGG gebunden. Eine Bindung in diesem Sinne besteht jedoch nur in dem Umfang, in dem eine Anerkennung von der Beklagten ausgesprochen worden ist. Dabei ist zu beachten, dass die Anerkennung eines "Arbeitsunfalls" sowohl ein begrifflich notwendiges tatsächliches schädigendes Ereignis als auch dessen rechtliche Wertung als Arbeitsunfall i. S. § 8 SGB VII (haftungsbegründende Kausalität) umfasst. Hinsichtlich des tatsächlichen schädigenden Vorgangs ist für die Bindung der Beklagten die Fassung ihres Bescheides von wesentlicher Bedeutung. Ist der Verfügungssatz insoweit nicht eindeutig, so können und müssen gegebenenfalls die Begründung und die Unterlagen des Versicherungsträgers zur Auslegung herangezogen werden (vgl. BSG, Urteil vom 27.01.1976 - 8 RU 138/75 – zit. n. juris). Ergibt sich daraus nicht, in welchem Umfang und mit welchen Einzelheiten ein bestimmtes Ereignis anerkannt ist, so sind insoweit weitere Ermittlungen möglich und erforderlich, um festzustellen, welche Gesundheitsstörungen Folge des anerkannten Arbeitsunfalles sind (haftungsausfüllende Kausalität) und in welchem Grade die Erwerbsfähigkeit durch Unfallfolgen gemindert ist. In jedem Fall ist aber - solange die Bindung nicht beseitigt ist - davon auszugehen, dass ein schädigendes Ereignis tatsächlich stattgefunden hat.
Im vorliegenden Fall ist die Beklagte ohne weitere eigene Ermittlungen zum eigentlichen Unfallgeschehen ersichtlich den zuletzt vom Kläger gemachten Angaben gefolgt. Damit ist als Arbeitsunfall festgestellt, dass dem Kläger in Ausübung einer bei der Beklagten versicherten Tätigkeit am 23.09.2002 ein Geländeradautoreifen auf die Frontpartie des Gesichts gerutscht ist, wodurch es zur Lockerung von Zähnen im Oberkiefer und einem Mittelzahn im Unterkiefer gekommen ist (Gesundheitserstschaden). Ebenfalls anerkannt hat die Beklagte als Gesundheitsfolgeschäden diejenigen Gesundheitsschäden, die im Heil- und Kostenplan des Dr. W. vom 07.07.2004 beschrieben worden sind und den Oberkiefer betreffen. Denn hinsichtlich dieser Gesundheitsschäden hat die Beklagte ausdrücklich gegenüber dem Kläger mit Bescheid vom 21.09.2004 die Heilbehandlung bewilligt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen.
Tatbestand:
Im Streit steht, ob die Beklagte ein Unfallereignis als Arbeitsunfall anerkannt hat.
Der am 17.05.1956 geborene Kläger war zum Unfallzeitpunkt am 23.09.2002 zeitgleich in zwei Unternehmen beschäftigt, der Auto G. GmbH, einem bei der Beklagten versicherten Mitgliedsunternehmen, und der G. Automobile GmbH, die berufsgenossenschaftlich nicht gemeldet war.
Mit Schreiben vom 02.10.2002, eingegangen bei der S. M.-Berufsgenossenschaft (SMBG), einer Rechtsvorgängerin der Beklagten, am 07.10.2002, brachte der Kläger eine an die private Unfallversicherung G. Versicherungs-AG gerichtete, ihn selbst betreffende Unfallmeldung vom 27.09.2002 zur Kenntnis und wies darauf hin, dass er als Betriebsleiter die Unfallmeldung selbst erstellt und übermittelt habe, da der Prokurist S. nicht mehr für die G. Automobile GmbH tätig sei. Er bat um die Vergabe einer Schadens-Nr. für den Schaden vom 22.04.2002 und für den jetzigen Schaden vom 23.09.2002, damit eine weitere Bearbeitung durch seinen Zahnarzt erfolgen könne, sofern die SMBG eintrittspflichtig sei. Das beigefügte Schreiben an die private Unfallversicherung vom 27.09.2002 war mit Briefkopf der G. Automobile GmbH vom Kläger im Auftrag dieser Gesellschaft unterschrieben worden. Geschildert wird darin zur Unfallmeldung vom 23.09.2002 (Vers.Nr. U 33/4681150), dass beim Umschichten von Reifen im Reifenlager über Kopf ein Geländewagenreifen mit Felge gegen die Frontpartie seines Gesichts gerutscht sei und sich hierdurch die obere Zahnpartie sowie ein unterer Mittelzahn etwas gelockert habe. Nach Auskunft seines Zahnarztes solle er ca. 14 Tage warten, ob sich die Zähne wieder verfestigten. Sollte dies nicht der Fall sein, müssten weitere Schritte nach seinem Urlaub unternommen werden, da kein Zahnbruch vorliege. Bereits am 22.04.2002 habe er sich ungewollt mit einem Werkzeug zwei übereinander liegende Zähne auf der linken Gesichtshälfte gelockert, die er dann selbst entfernt habe.
Mit weiterem Schreiben des Klägers an die SMBG, nunmehr allerdings für die Auto G. GmbH, vom 03.11.2002, stellte dieser nochmals klar, dass sich beide Schäden am 22.04. und am 23.09.2002 während seiner Tätigkeit als Betriebsleiter für die G. Automobile GmbH ereignet hätten. Diese Firma, an der er zu 50 % beteiligt sei, habe am 24.10.2002 Insolvenz angemeldet.
Weder von Seiten des Klägers noch von Seiten der SMBG wurde das Verfahren in der Folgezeit weiter betrieben. Erst mit Schreiben vom 16.04.2004 teilte die SMBG Hauptverwaltung M. der SMBG Bezirksverwaltung S. mit, der Kläger gehöre als Geschäftsführer ohne Gesellschaftsanteile der Auto G. GmbH zum pflichtversicherten Personenkreis. Im Unternehmen G. Automobile GmbH, das von August 2000 bis 24.10.2002 existiert habe, sei der Kläger Gesellschafter mit einer Stammkapitalbeteiligung von 50 % gewesen. Er habe damit zum versicherungsfreien Personenkreis gehört. Eine freiwillige Unfallversicherung habe nicht bestanden.
Telefonisch teilte der Kläger der SMBG am 05.05.2004 mit, dass die Tätigkeit am 23.09.2002 der Auto G. GmbH gedient habe, er werde bezüglich der zahnärztlichen Versorgung einen Heil- und Kostenplan übersenden. Die SMBG informierte den Kläger darüber, dass nach Auskunft ihrer Hauptverwaltung für den Unfall vom 23.09.2002 (Auto G. GmbH) Versicherungsschutz bestehe, da er hier zum pflichtversicherten Personenkreis gehöre (handschriftliche Aktenvermerke vom 05.05.2004).
Sodann reichte der Kläger den Heil- und Kostenplan des Zahnarztes Dr. W. vom 10.05.2004 ein. Mit Schreiben vom 19.05.2004 teilte die SMBG Dr. W. zum Betreff "Unfall vom 23.09.2002" mit, dass sie die Kosten für die Behandlung der Folgen des Arbeitsunfalls bzw. der Berufskrankheit übernehmen würden. Zur Feststellung des Umfangs der Leistungspflicht werde um Beantwortung des Fragenkatalogs gebeten. Im Auskunftsbogen gab Dr. W. unter dem 01.06.2004 an, nach Schilderung des Klägers habe er am 23.09.2002 einen Stapel Autoreifen aufs Gesicht bekommen. Der Kläger habe sich erstmals am 22.03.2004 bei ihm vorgestellt. Wegen der Unfallfolgen seien am Ober- und Unterkiefer Interimsprothesen sowie am Oberkiefer ein Langzeitprovisorium mit Metallarmierung erforderlich. Ergänzend übersandte er am 08.07.2004 den Befund vom 22.03.2004 und teilte mit, nach Angaben des Klägers seien unfallbedingt die Zähne 42-32 gelockert, die Zähne 41 und 12 habe er selbst entfernt. Durch Fraktur am Zahn 11 habe die Brücke 11-22 entfernt werden müssen, "starke Lockerungsgrade".
Mit an den Kläger gerichteten Schreiben vom 22.07.2004 bat die SMBG unter dem Betreff "Ihr Unfall vom 23.09.2002" um Mitteilung, welche Zähne im Ober- und Unterkiefer bei dem Unfall am 23.09.2002 beschädigt worden seien. Die Zähne 12 und 42 habe er selbst nach dem 1. Unfall vom 22.04.2002 entfernt. Ob nun Zahn 11 sowie die Zähne 32 bis 42 durch den Unfall vom 22.04.2002 oder 23.09.2002 beschädigt worden seien, sei nicht geklärt. Hierauf machte der Kläger in seinem Schreiben vom 26.07.2004 weitere Angaben und fügte ein Schreiben an seine Krankenversicherung mit verschiedenen Anlagen, u. a. auch das Schreiben vom 03.11.2002 an die Hauptverwaltung der SMBG bei.
Mit Schreiben vom 09.08.2004 teilte die SMBG dem Kläger mit, dass das Schreiben vom 03.11.2002 bisher nicht vorgelegen habe. Aus diesem Schreiben an ihre Hauptverwaltung gehe eindeutig hervor, dass die Tätigkeit am 23.09.2002 der Firma G. Automobile GmbH gedient habe, für die kein Versicherungsschutz bestanden habe. Die eingereichten Unterlagen würden daher zurückgegeben.
Hierauf erwiderte der Kläger mit Schreiben vom 11.08.2004, dass sich der Schaden am 23.09.2002 zu einem Zeitpunkt ereignet habe, als der Geschäftsbetrieb der G. Automobile GmbH nicht mehr existent gewesen sei. Es seien ab 22.09.2002 keine an Fremdkunden abrechenbare Tätigkeiten für die G. Automobile GmbH mehr durchgeführt worden. Für die Auto G. GmbH würden bis heute von ihm abrechenbare Tätigkeiten für Kunden ausgeführt. Die Reifen, die zum Betriebsgeländewagen der Auto G. GmbH gehört hätten, seien von ihm am Unfalltag in den Räumlichkeiten der Auto G. GmbH, gemietet durch die G. Automobile GmbH, umgeschichtet worden. Die SMBG werde gebeten selbst zu beurteilen, wie und vor allem welcher Firma dieser Schaden zugeordnet werden könne.
Die SMBG bat sodann mit Schreiben vom 12.08.2004 um Schilderung, aus welchem Grund die Reifen umgeschichtet worden seien. Hierzu trug der Kläger mit Schreiben vom 16.08.2004 vor, die Umschichtung der Geländewagenreifen sei deshalb erfolgt, weil diese zusammen mit dem Geländewagen der Auto G. GmbH an einen Kunden hätten weiterverkauft werden sollen.
Mit an Dr. W. adressierten und dem Kläger zur Kenntnis übersandten Schreiben vom 17.08.2004 teilte die SMBG zum Betreff "Unfall vom 23.09.2002" mit, dass nach dem Ergebnis ihrer Ermittlungen die zahnprothetische Versorgung des Oberkiefers, wie in seinem Heil- und Kostenplan vom 07.07.2004 beschrieben, zu ihren Lasten gehe. Die Versorgung des Unterkiefers sei durch einen früheren Unfall notwendig geworden, für den bei ihnen kein Versicherungsschutz bestehe.
Der Kläger wandte hiergegen mit Schreiben vom 19.08.2004 ein, dass die Feststellung im Schreiben vom 17.08.2004, die Versorgung des Unterkiefers sei durch einen früheren Unfall notwendig geworden, für den kein Versicherungsschutz bestehe, nur teilweise richtig sei und verwies auf sein Schreiben vom 26.07.2004.
Mit Schreiben vom 21.09.2004 teilte die SMBG dem Kläger mit, es verbleibe nach Überprüfung der Angelegenheit bei der ihm mit Schreiben vom 17.08.2004 zur Kenntnis gegebenen Entscheidung. Falls er die Erteilung eines rechtsbehelfsfähigen Bescheides wünsche, möge er dies mitteilen.
Die für die Oberkieferbehandlung gestellten Rechnungen des Dr. W. vom 10. und 11.05.2004 wurden von der SMBG beglichen. Außerdem übernahm die Berufsgenossenschaft Metall BGM), eine weitere Rechtsvorgängerin der Beklagten, die Behandlungskosten aufgrund der Heil- und Kostenpläne des Zahnarztes L. vom 26.06. und 19.12.2007. Hierzu teilte sie dem Zahnarzt mit Schreiben vom 18.01.2008 zum Betreff "Unfall vom 23.09.2002" mit, dass sie die Kosten der prothetischen Behandlung übernehme, die Behandlung am Unterkiefer erfolge nicht zu ihren Lasten. Auch dieses Schreiben übersandte sie in Mehrfertigung an den Kläger.
Nachdem Dr. W. weitere Heil- und Kostenpläne vom 28.03.2011 an die Beklagte übersandt hatte, teilte diese ihm mit Schreiben vom 25.05.2011 mit, dass unfallbedingt allenfalls der Verlust der Zähne 11 und 12 im Oberkiefer anerkannt werden könne, wobei zu beachten sei, dass zum Unfallzeitpunkt Zahn 11 bereits mit einer Krone zur Brückenversorgung von 11 nach 22 versorgt gewesen sei. Da sie nur für den unfallbedingten erforderlichen Zahnersatz aufzukommen hätten und es praktisch wohl kaum umzusetzen sein dürfte, unfallbedingten und unfallunabhängigen Zahnersatz getrennt voneinander zu fertigen, werde zur Vereinfachung des Verfahrens vorgeschlagen, dass der Kläger den kompletten Zahnersatz über seine Krankenkasse beantrage und die Beklagte sowohl der Krankenkasse als auch dem Kläger 1/6 der Gesamtkosten erstatte. Sollte der Kläger mit dieser Vorgehensweise nicht einverstanden sein, werde schon jetzt darauf hingewiesen, dass sie zur Versorgung des unfallbedingten Zahnersatzes die Versorgung mit nur einem Implantat für erforderlich erachteten. Der Kläger erhalte vorab eine Kopie dieses Schreibens zur Kenntnis.
Der Kläger bestätigte mit Schreiben vom 15.06.2011 den Erhalt des an Dr. W. gerichteten Schreibens und widersprach dem Vorschlag der Beklagten einer Kostenerstattung in Höhe von 1/6 der Kosten. Vielmehr werde um Trennung der überwiegend unfallbedingten von den unfallunabhängigen Kosten gebeten.
Die Beklagte erwiderte hierauf mit Schreiben vom 30.06. und 28.07.2011, dass sie nach Erhalt aller Unterlagen eine fachärztliche Stellungnahme zur Klärung der Frage des unfallbedingten Anteils an der jetzt erforderlichen Zahnbehandlung einholen und den Kläger sodann per Bescheid informieren werde. Aktuell ginge sie davon aus, dass eine Beteiligung in der von ihm vorgeschlagenen Weise aufgrund der erheblichen Vorschäden wohl nicht in Frage komme.
Nach weiterem Schriftverkehr zwischen den Beteiligten, der im Wesentlichen die zahnärztliche Behandlung des Klägers vor dem Unfallereignis betraf, stellte die Beklagte mit Bescheid vom 15.03.2012 fest, dass das behauptete Ereignis vom 23.09.2002 nicht als Arbeitsunfall anerkannt werde und ein Anspruch auf Leistungen nicht bestehe. Ein Arbeitsunfall sei nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit erwiesen, denn es sei nicht erwiesen, ob und welchen Gesundheitsschaden er erlitten habe. Die Zahlung der Heilbehandlungskosten sei schlicht hoheitliches Verwaltungshandeln und stelle keinen Verwaltungsakt dar. Im Übrigen habe es sich bei der Kostenübernahme um die sog. Interimsversorgung gehandelt und nicht um die endgültige Versorgung.
Den hiergegen eingelegten, nicht begründeten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18.10.2012 zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 09.11.2012 Klage beim Sozialgericht Ulm (SG) erhoben und zur Begründung ausgeführt, durch das Unfallereignis vom 23.09.2002 hätten sich die obere Zahnpartie sowie ein unterer Mittelzahn gelockert. Er habe seinen damaligen Zahnarzt Dr. F. wegen der gelockerten Zähne telefonisch kontaktiert, der ihm geraten habe abzuwarten, ob sich die Zähne verfestigen würden. Tatsächlich habe eine hinreichende Verfestigung nur teilweise stattgefunden. Die Zähne 12 und 41 hätten sich weiter gelockert und seien vom Kläger im Jahr 2003 selbst entfernt worden, nachdem ein fester Halt nicht mehr gegeben gewesen sei. Die Beklagte habe bereits Kosten für das Langzeitprovisorium im Jahr 2004 sowie für dessen Reparatur im Jahr 2008 übernommen, sodass der Arbeitsunfall de facto bereits anerkannt sei.
Das SG hat Dr. F. als sachverständigen Zeugen schriftlich vernommen. Dieser hat angegeben, die letzte Behandlung des Klägers datiere vom 15.09.2000. Er könne sich vage an ein Telefonat mit dem Kläger erinnern, den Zeitpunkt aber nicht mehr nennen. Es könne sein, dass er ihm geraten habe abzuwarten, genau könne er sich aber nicht mehr erinnern.
Mit Urteil vom 11.12.2013 hat das SG die Klage abgewiesen, da nicht erwiesen sei, dass der Kläger bei einer versicherten Tätigkeit einen Gesundheitsschaden erlitten habe. Entscheidend sei, dass ein Zahnschaden erst im Jahr 2004 aktenkundig geworden sei. Hierdurch sei aber keinesfalls belegt bzw. nachgewiesen, dass sich der Kläger überhaupt durch das behauptete Ereignis irgendwelche Verletzungen zugezogen habe. Die Beklagte habe dem Kläger auch keine Zusicherung erteilt. Aus den Schreiben der Rechtsvorgängerin der Beklagten vom 19.05.2004 und 17.08.2004 an den behandelnden Zahnarzt Dr. W. könne der begehrte Verfügungssatz – die Anerkennung bzw. Feststellung eines Versicherungsfalles – nicht hergeleitet werden. Die Schreiben enthielten keine dementsprechenden Aussagen oder Hinweise, sodass auch durch Auslegung der begehrte Verfügungssatz nicht hergeleitet werden könne. Schließlich lasse sich die streitige Feststellung eines Versicherungsfalles auch nicht über das Institut des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches begründen. Denn es bestünden keine Anhaltspunkte dahingehend, dass die Beklagte oder deren Rechtsvorgängerin eine gesetzliche Pflicht zur Auskunft und Beratung verletzt hätten. Zwar sei dem Kläger insoweit zuzustimmen, als dass aus der Vorgehensweise der Rechtsvorgängerin im Zusammenhang mit den Kostenzusagen gegenüber Dr. W. im Jahr 2004 der Rechtsschein/Anschein gesetzt worden sei, die gesetzliche Unfallversicherung übernehme Kosten wegen eines erlittenen Arbeitsunfalls; hieraus könne der Kläger letztlich aber keine weitergehenden Ansprüche, insbesondere nicht den streitigen Feststellungsanspruch herleiten.
Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 17.01.2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am 14.02.2014 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Er hat zur Begründung nochmals darauf hingewiesen, dass aufgrund des Schreibens vom 19.05.2004, in dem die Kosten für die Behandlung der Folgen des Arbeitsunfalles übernommen worden seien, sowie der nachfolgenden Schreiben, insbesondere des bestandskräftigen Bescheides vom 17.08.2004. die Beklagte den Arbeitsunfall anerkannt habe. Auch aufgrund der Ablehnung der Kostenübernahme für den unteren Zahnbereich habe der Kläger davon ausgehen dürfen, dass zumindest die Verletzungen im oberen Kieferbereich als Arbeitsunfall anerkannt seien. Diese Ausführungen habe der Kläger als verbindlichen Bescheid angesehen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 11. Dezember 2013 sowie den Bescheid vom 15. März 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Oktober 2012 aufzuheben und festzustellen, dass die Beklagte das Ereignis vom 23. September 2002 als Arbeitsunfall anerkannt hat.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat unter Bezugnahme auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils ausgeführt, es liege keine Verletzung der gesetzlichen Pflicht zur Auskunft und Beratung und keine Zusicherung vor.
Der Berichterstatter hat mit den Beteiligten den Sach- und Streitstand am 02.10.2014 erörtert und hierbei u. a. auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zur Frage der regelnden Wirkung eines Bescheides und dessen Bindungswirkung hingewiesen. Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die vorgelegte Behördenakte sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG), ist gem. § 143 SGG statthaft sowie nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgemäß eingelegt und auch im Übrigen zulässig. Der Kläger begehrt die Aufhebung des ihn belastenden Bescheides der Beklagten vom 15.03.2012, jedoch bei sachdienlicher Auslegung seiner Schriftsätze (§ 123 SGG) nicht - wie erstinstanzlich angenommen - die Feststellung eines Arbeitsunfalls durch das Gericht, sondern die Feststellung, dass die Beklagte das Ereignis vom 23.09.2002 als Arbeitsunfall bereits anerkannt hat. Denn der Kläger hat mehrfach darauf hingewiesen, dass die Beklagte durch die teilweise Übernahme der Behandlungskosten de facto schon einen Versicherungsfall festgestellt hat. Da die Beklagte eine solche Feststellung bestreitet, besteht auch ein berechtigtes Interesse des Klägers gem. § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG daran, dass ein bereits bestehendes Rechtsverhältnis durch das Gericht festgestellt wird.
Die Berufung ist auch begründet. Die Beklagte hat jedenfalls mit Bescheid vom 21.09.2004 gegenüber dem Kläger das Ereignis vom 23.09.2002 als Arbeitsunfall anerkannt. Der dem widersprechende Bescheid vom 15.03.2012 war daher aufzuheben, da die Beklagte den bestandskräftigen Bescheid vom 21.09.2004 nicht zuvor nach § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zurück genommen hat.
Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (Satz 2 der Vorschrift).
Nach den vom Kläger zuletzt gemachten, teilweise in Widerspruch zu seinen ursprünglichen Darlegungen stehenden Angaben erlitt dieser in Ausübung einer bei der Beklagten versicherten Tätigkeit für die Auto G. GmbH am 23.09.2002 einen Gesundheitsschaden, als ein Autoreifen mit Felge beim Umschichten der Reifen gegen sein Gesicht rutschte und sich dabei die obere Zahnpartie sowie ein unterer Mittelzahn etwas lockerte. Es kann dahinstehen, ob er dabei materiell-rechtlich unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden hat. Denn insoweit hat die Beklagte durch Verwaltungsakt eine rechtsverbindliche positive Feststellung getroffen, die sie daran hinderte, den ablehnenden Bescheid vom 15.03.2012 i. d. F. des Widerspruchsbescheides vom 18.10.2012 zu erteilen (§ 39 Abs. 2 SGB X, § 77 SGG).
Dieser feststellende Verwaltungsakt ist in dem an den Kläger gerichteten Schreiben der Beklagten vom 21.09.2004 enthalten. Zu Recht hat das SG dieses Schreiben nicht als Zusicherung i. S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB X ausgelegt. Eine solche ist nur dann anzunehmen, wenn die zuständige Behörde einem Betroffenen zusagt, einen bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen oder zu unterlassen. Die Zusicherung hat die Aufgabe, als verbindliche Zusage über das zukünftige Verhalten der Verwaltungsbehörde bei Erlass eines Verwaltungsaktes dem Adressaten, der seinerseits erst noch die Voraussetzungen für den Erlass des ihn begünstigenden Verwaltungsaktes herbeiführen muss, die Gewissheit zu verschaffen, dass seine Aufwendungen auch zu dem von ihm beabsichtigten Erfolg führen (BSG SozR 5750 Art. 2 § 9a Nr. 13). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Insbesondere war ein weiteres Handeln des Klägers für den Erwerb eines Entschädigungsanspruchs nicht erforderlich, da die Beklagte die Übernahme der Kosten für die Heilbehandlung am Oberkiefer bereits erklärt hatte.
Bei dem Schreiben vom 21.09.2004 handelt es sich vielmehr sowohl nach seinem objektiven Erklärungsinhalt als auch den Umständen nach, unter denen diese Erklärung erging (vgl. BSG SozR 2200 § 886 Nr. 1), um eine selbständig abgrenzbare Feststellung mit der Rechtsqualität eines Verwaltungsaktes i. S. des § 31 Satz 1 SGB X. Danach ist Verwaltungsakt jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
Verwaltungsakte weisen in der Regel nicht wie Urteile eine strenge Trennung zwischen Tenor - hier Verfügungssatz - und Begründung auf. Die gesamte Begründung ist vielmehr daraufhin zu prüfen, inwieweit sie für einen Verwaltungsakt typische, der Bindung fähige Regelungen trifft (BSG SozR 1500 § 77 Nr. 18).
Mit ihrem an den Kläger adressierten Schreiben vom 21.09.2004 hat die Beklagte auf ihr Schreiben vom 17.08.2004 Bezug genommen und erklärt, es bleibe nach Überprüfung der Angelegenheit bei der getroffenen Entscheidung. Hiermit hat die Beklagte zum einen ihren Erklärungs- und Rechtsbindungswillen hinsichtlich der bewilligten Leistungen zum Ausdruck gebracht und klargestellt, dass insoweit bereits eine verbindliche Entscheidung getroffen worden ist. Lediglich hinsichtlich der Ablehnung der Versorgung des Unterkiefers wurde in Aussicht gestellt, auf Wunsch des Klägers einen rechtsbehelfsfähigen Bescheid zu erlassen. Hinsichtlich des Inhalts des begünstigenden Teils des Bescheides muss das Schreiben vom 21.09.2004 im Zusammenhang mit dem dem Kläger zur Kenntnis gebrachten Schreiben an Dr. W. vom 17.08.2004 ausgelegt werden, auf das die Beklagte in ihrem Schreiben vom 21.09.2004 ausdrücklich Bezug genommen und das sie damit zum Gegenstand des Schreibens vom 21.09.2004 gemacht hat. Darin hat die Beklagte anerkannt, dass im Hinblick auf den Unfall vom 23.09.2002 nach dem Ergebnis ihrer Ermittlungen die zahnprothetische Versorgung des Oberkiefers zu ihren Lasten gehe und deshalb genehmigt werde.
Maßstab der Auslegung eines Verwaltungsaktes ist der im Ausspruch geäußerte Erklärungswille und Erklärungswert, wie er sich einem verständigen Beteiligten, der die Zusammenhänge berücksichtigt, darstellt (vgl. BSG SozR 4100 § 71 Nr. 2; SozR 3-1300 § 32 Nr. 2; SozR 3-1300 § 34 Nr. 2 m. w. N.). Dass die Beklagte bzw. deren Rechtsvorgängerinnen das Vorliegen eines Arbeitsunfalls nicht wörtlich anerkannt haben, ist daher für die Ermittlung des Regelungsgehalts nicht ausschlaggebend. Die Einlassung der Beklagten in dem in Bezug genommenen Schreiben vom 17.08.2004, wonach die zahnprothetische Versorgung des Oberkiefers zu ihren Lasten gehe, lässt im Hinblick auf die gesamten Umstände aus der Sicht eines verständigen Empfängers dieser Erklärung nur die Deutung zu, dass nicht nur die Leistungen bewilligt werden, sondern auch als Voraussetzung hierfür ein Arbeitsunfall anerkannt wird.
Das BSG hat insbesondere in Streitverfahren aus der Kriegsopferversorgung mehrfach ausgesprochen, dass in Bescheiden über die Gewährung bzw. Ablehnung von Leistungen gleichzeitig eine Anerkennung bestimmter Gesundheitsstörungen als Schädigungsfolgen als feststellender, begünstigender Verwaltungsakt enthalten sein kann; insoweit liegt eine besondere Regelung im Sinne eines selbständigen Verfügungssatzes vor (BSGE 9, 80, 83; 12, 25, 26; BSG SozR Nr. 20 zu § 77 SGG). Für die Unfallversicherung hat das BSG ebenfalls festgestellt, dass das Vorliegen eines Arbeitsunfalls zusammen mit der Entscheidung über die Leistungsgewährung bzw. Leistungsablehnung festgestellt werden kann (BSG SozR 1500 § 77 Nr. 18). Selbst in der bloßen Ankündigung, eine ärztliche Behandlung wegen Unfallfolgen dem Verletzten durch einen von der Berufsgenossenschaft noch zu benennenden Arzt zuteil werden zu lassen, hat das BSG die Anerkennung eines Arbeitsunfalles gesehen (BSG SozR 1500 § 77 Nr. 18). Denn eine solche Heilbehandlung setzt das Vorliegen eines Arbeitsunfalls voraus (vgl. auch BSG, Urteil vom 27.01.1976 - 8 RU 138/75 – zit. n. juris). Der objektive Empfänger einer solchen Mitteilung der Berufsgenossenschaft muss dies auch deshalb als Anerkennung eines Arbeitsunfalles verstehen, weil der Unfallversicherungsträger nicht mit Leistungen eintreten darf, solange er die Leistungsvoraussetzungen (noch) nicht als gegeben ansieht, insbesondere also das Vorliegen des Versicherungsfalls und des Zusammenhangs mit Gesundheitsschäden nicht bejaht. Selbst Vorschüsse nach § 42 Erstes Buch Sozialgesetzbuch darf er bis dahin nicht zahlen, weil auch diese voraussetzen, dass die Entschädigungspflicht dem Grunde nach besteht (so auch Ricke in Kasseler Kommentar, § 26 SGB VII Rdnr. 9). Die schriftliche Erklärung der SMBG an den Kläger vom 21.09.2004, es bleibe bei der getroffenen Entscheidung, dass im Hinblick auf den Unfall vom 23.09.2002 (nur) die im Heil- und Kostenplan des Dr. W. vom 07.07.2002 beschriebene Versorgung des Oberkiefers zu ihren Lasten gehe, konnte der Kläger daher nur in dem Sinne verstehen, dass die Beklagte das Ereignis vom 23.09.2002 als Arbeitsunfall i. S. des § 8 Abs. 1 SGB VII anerkennt.
Dies wird vorliegend auch durch die weiteren Umstände bestätigt, die zur Auslegung des Erklärungsinhalts und des Regelungswillens der Beklagten mit zu berücksichtigen sind (vgl. allgemein zur Auslegung von Verwaltungsakten, Engelmann in von Wulffen, SGB X, 7. Auflage 2010, § 31 Rdnr. 25). So hat die Beklagte mit Schreiben vom 19.05.2004 Dr. W. mitgeteilt, dass sie die Kosten für die Behandlung der Folgen des Arbeitsunfalls übernehmen werde und bat zugleich um Auskunft zum Umfang der Unfallfolgen. Zwar hat sie sodann mit Schreiben vom 09.08.2004 an den Kläger zu verstehen gegeben, dass die unfallbringende Tätigkeit für die nicht versicherte G. Automobile GmbH erfolgt sei. Gerade die Tatsache, dass sie auf den hierauf erfolgten Einwand des Klägers und dessen weitere Darstellung des Sachverhaltes weitere Ermittlungen angestellt und mit ihrem Schreiben vom 17.08.2004 zum Ausdruck gebracht hat, doch von einer versicherten Tätigkeit des Klägers am 23.09.2002 auszugehen, muss aus Sicht eines außenstehenden Betrachters als Ausdruck einer geänderten Rechtsauffassung verstanden werden. Auch die internen Prüfungen der Heil- und Kostenpläne aus den Jahren 2007 und 2008 bestätigen, dass die Rechtsvorgänger der Beklagten das Ereignis vom 23.09.2002 als Versicherungsfall i. S. eines Arbeitsunfalls anerkannt haben. In beiden Entscheidungsvorschlägen wird anerkannt, dass der in Rechnung gestellte Zahnschaden unfallbedingt ist, mithin ein Arbeitsunfall mit Gesundheitsschaden besteht. Schließlich hat die Beklagte selbst mit an den Kläger zur Kenntnis übersandtem Schreiben vom 25.05.2011 an Dr. W. aufgrund des neuerlichen Heil- und Kostenplans eine Kostenerstattung in Höhe von 1/6 der Kosten angeboten und damit wiederum zum Ausdruck gebracht, dass die unfallversicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Heilbehandlung und damit auch ein Versicherungsfall i. S. eines Arbeitsunfalles vorliegen. Dies wird dadurch bekräftigt, dass sie im Falle der Ausschlagung des von ihr gemachten Angebotes bereits vorab darauf hingewiesen hat, zur Versorgung des unfallbedingten Zahnersatzes die Versorgung mit nur einem Implantat für erforderlich zu erachten. Mithin ging die Beklagte selbst zehn Monate vor Erlass des streitgegenständlichen Bescheides von einem unfallbedingten Schaden und somit vom Vorliegen eines Arbeitsunfalls aus.
Der Wirksamkeit des Verwaltungsaktes vom 21.09.2004 steht nicht entgegen, dass die Feststellung nicht gem. § 36a Abs. 1 Nr. 2 SGB IV i. V. m. § 21 Abs. 1 der Satzung der Beklagten durch deren Rentenausschuss, sondern durch einen Mitarbeiter im Auftrag des Geschäftsführers, der als vertretungsberechtigtes Organ die Eigenschaft einer Behörde hat (vgl. § 31 Abs. 3, § 36 Abs. 1 SGB IV), erfolgt ist. Denn ein Verwaltungsakt ist nicht allein deshalb unwirksam, weil er nicht von dem hierzu berufenen Rentenausschuss, sondern vom Geschäftsführer der Berufsgenossenschaft erlassen worden ist. Dabei handelt es sich zwar um einen Mangel, der zur Aufhebbarkeit des Verwaltungsaktes, nicht aber notwendig zu dessen Nichtigkeit führt. Diese Folge tritt vielmehr nur dann ein, wenn dieser schwerwiegende Mangel auch offensichtlich ist (§ 40 Abs. 1 SGB X) Offensichtlich in diesem Sinne ist ein schwerwiegender Mangel dann, wenn er einem aufmerksamen und verständigen Staatsbürger ohne weiteres, also ohne besondere Sachkenntnis und ohne Heranziehung irgendwelcher Aufklärungsmittel, erkennbar ist (BSGE 24, 162, 168; 58, 63, 65). Dies ist hier nicht der Fall. Auch ein aufmerksamer und verständiger Bürger konnte nicht ohne weiteres erkennen, dass der Geschäftsführer der Beklagten durch einen in seinem Auftrag handelnden rangniederen Mitarbeiter mit dem Verwaltungsakt vom 21.09.2004 seine Befugnisse erheblich überschritten hatte. Das Schreiben wurde von der Bezirksverwaltung Stuttgart der SMBG erlassen, in der auch der Rentenausschuss gebildet wird (§ 21 Abs. 1 Satz 1 der Satzung). Dass das Schreiben keine Zweifel an der Zuständigkeit begründen musste, gilt insbesondere auch im Hinblick darauf, dass erst durch Auslegung der einschlägigen Rechtsvorschriften zu ermitteln war, ob die darin getroffene Feststellung in einem förmlichen Verfahren durch den Rentenausschuss zu ergehen hatte. Denn bei wörtlicher Auslegung des § 21 Abs. 1 der Satzung ist der Rentenausschuss nur für Entscheidungen über die Gewährung von Renten zuständig, während die Feststellung eines Arbeitsunfalles nach dem Wortlaut der Bestimmung nicht zu den Aufgaben des Rentenausschusses zählt, sondern in die Zuständigkeit des Geschäftsführers der Beklagten fällt. Der Geschäftsführer hat zudem gerade gegenüber Außenstehenden eine umfassend erscheinende Vertretungsfunktion. Er führt hauptamtlich die laufenden Verwaltungsgeschäfte, soweit das Gesetz oder sonstiges für den Versicherungsträger maßgebendes Recht nichts Abweichendes bestimmen, und vertritt den Versicherungsträger insoweit gerichtlich und außergerichtlich (§ 36 Abs. 1 SGB IV). Die daneben bestehende Zuständigkeit der Rentenausschüsse nach § 36a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB IV tritt demgegenüber nach außen kaum in Erscheinung. Von einem offensichtlichen Fehler kann daher vorliegend nicht ausgegangen werden.
Der mithin fehlerhafte, aber rechtswirksam erlassene Verwaltungsakt vom 21.09.2004 ist mit seinem Zugang an den Kläger für die Beklagte bindend geworden (§ 77 SGG). Diese Bindungswirkung ist nicht nachträglich entfallen. In dem Bescheid vom 15.03.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.10.2012 ist kein aufhebender Verwaltungsakt i. S. von § 45 SGB X enthalten. Dies wird von Seiten der Beklagten auch nicht geltend gemacht und widerspräche ihrer Rechtsauffassung, wonach bislang das Unfallereignis vom 23.09.2002 nicht als Arbeitsunfall festgestellt ist.
Mit dem Zugang des Bescheides an den Kläger ist die Beklagte an die getroffenen Feststellungen sowie die Leistungsbewilligung nach § 77 SGG gebunden. Eine Bindung in diesem Sinne besteht jedoch nur in dem Umfang, in dem eine Anerkennung von der Beklagten ausgesprochen worden ist. Dabei ist zu beachten, dass die Anerkennung eines "Arbeitsunfalls" sowohl ein begrifflich notwendiges tatsächliches schädigendes Ereignis als auch dessen rechtliche Wertung als Arbeitsunfall i. S. § 8 SGB VII (haftungsbegründende Kausalität) umfasst. Hinsichtlich des tatsächlichen schädigenden Vorgangs ist für die Bindung der Beklagten die Fassung ihres Bescheides von wesentlicher Bedeutung. Ist der Verfügungssatz insoweit nicht eindeutig, so können und müssen gegebenenfalls die Begründung und die Unterlagen des Versicherungsträgers zur Auslegung herangezogen werden (vgl. BSG, Urteil vom 27.01.1976 - 8 RU 138/75 – zit. n. juris). Ergibt sich daraus nicht, in welchem Umfang und mit welchen Einzelheiten ein bestimmtes Ereignis anerkannt ist, so sind insoweit weitere Ermittlungen möglich und erforderlich, um festzustellen, welche Gesundheitsstörungen Folge des anerkannten Arbeitsunfalles sind (haftungsausfüllende Kausalität) und in welchem Grade die Erwerbsfähigkeit durch Unfallfolgen gemindert ist. In jedem Fall ist aber - solange die Bindung nicht beseitigt ist - davon auszugehen, dass ein schädigendes Ereignis tatsächlich stattgefunden hat.
Im vorliegenden Fall ist die Beklagte ohne weitere eigene Ermittlungen zum eigentlichen Unfallgeschehen ersichtlich den zuletzt vom Kläger gemachten Angaben gefolgt. Damit ist als Arbeitsunfall festgestellt, dass dem Kläger in Ausübung einer bei der Beklagten versicherten Tätigkeit am 23.09.2002 ein Geländeradautoreifen auf die Frontpartie des Gesichts gerutscht ist, wodurch es zur Lockerung von Zähnen im Oberkiefer und einem Mittelzahn im Unterkiefer gekommen ist (Gesundheitserstschaden). Ebenfalls anerkannt hat die Beklagte als Gesundheitsfolgeschäden diejenigen Gesundheitsschäden, die im Heil- und Kostenplan des Dr. W. vom 07.07.2004 beschrieben worden sind und den Oberkiefer betreffen. Denn hinsichtlich dieser Gesundheitsschäden hat die Beklagte ausdrücklich gegenüber dem Kläger mit Bescheid vom 21.09.2004 die Heilbehandlung bewilligt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
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