L 9 R 4695/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 10 R 2796/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 4695/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 12. September 2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger ein Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung über den 30.11.2008 hinaus zusteht.

Der 1960 geborene Kläger verfügt über keine abgeschlossene Berufsausbildung und war in der Zeit von 1978 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Wirkung zum 01.07.2000 als Versand- und Produktionsarbeiter beschäftigt gewesen. Im Anschluss daran bezog er Arbeitslosengeld und Krankengeld.

In Ausführung des Urteils des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (LSG) vom 01.10.2008 (L 13 R 4162/05) gewährte die Beklagte mit Bescheid vom 11.11.2008 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit - ausgehend von einem Leistungsfall am 06.05.1999 - ab dem 01.12.1999 bis 30.11.2008. Grundlage der Entscheidung des 13. Senats war im Wesentlichen das Gutachten des von ihm beauftragten Internisten Dr. M. vom 14.08.2007. Im Vordergrund der das Leistungsvermögen einschränkenden Erkrankungen sah dieser eine entzündliche Wirbelsäulenerkrankung im Sinne einer sogenannten undifferenzierten Spondyloarthritis sowie eine chronische Schmerzerkrankung, die einer klassischen, somatisch betonten Form einer Fibromyalgie entspreche und als sekundäre Form einzuschätzen sei. In der Summe insbesondere unter Mitberücksichtigung der psychischen Belastung (unter Bezugnahme auf das neurologisch-psychiatrische Gutachten von Priv.-Doz. Dr. W., welches das Sozialgericht Mannheim [SG] im Verfahren S 10 R 856/04 erhoben hatte) wirkten sich diese Erkrankungen auf das berufliche Restleistungsvermögen dergestalt aus, dass dem Kläger selbst die Verrichtung leichter körperliche Arbeiten, welche vorwiegend im Sitzen verrichtet werden können, nicht in einem vollschichtigen Umfang möglich sei. Der Kläger könne zwar noch mindestens halbschichtig arbeiten, einen Umfang von wenigstens sechs Stunden erreiche das Leistungsvermögen hingegen nicht mehr.

Auf den am 27.10.2008 gestellten Antrag des Klägers, ihm die Rente weiterzuzahlen, zog die Beklagte medizinische Befundberichte bei und veranlasste die erneute Begutachtung des Klägers. Der Internist und Rheumatologe Dr. L. stellte in seinem Gutachten vom 05.01.2009 unter Berücksichtigung eines psychiatrischen Zusatzgutachtens von MUDr. H. vom 29.12.2008 (Diagnosen: Somatisierungsstörung/somatoforme Schmerzstörung ohne umschriebene depressive Symptomatik vermutlich auf dem Boden einer asthenischen, einfach strukturierten Primärpersönlichkeit und Ausschluss eines relevanten depressiven Syndroms mit aus psychiatrischer Sicht mehr als sechsstündiger Leistungsfähigkeit für leidensgerechte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes) chronische Nacken-/Rückenschmerzen mit insgesamt leichten Funktionseinschränkungen ohne Anhalt für eine Nervenwurzelschädigung bei Verschleißerscheinungen vorwiegend der Halswirbelsäule, keinen Anhalt für eine entzündliche Wirbelsäulenerkrankung und eine mittelgradige Hüftgelenksarthrose beidseits, ohne Beschwerden und ohne Funktionseinschränkungen, fest. Aus rheumatologischer Sicht ergebe sich weder aufgrund der Beschwerdeschilderung noch aufgrund der apparativen Diagnostik ein Anhalt für das Vorliegen einer entzündlichen Wirbelsäulenerkrankung. Die Röntgenbilder der gesamten Wirbelsäule seien aufgrund des über die Jahre nun dokumentierten Verlaufes als nicht entzündungsbedingt zu interpretieren. Die im rheumatologischen Gutachten von Dr. M. als "recht eindeutig" angenommene entzündliche Wirbelsäulenerkrankung sei nach Komplettierung der Diagnostik nicht haltbar. In den Vordergrund rücke somit die psychiatrisch als Somatisierungsstörung/somatoforme Schmerzstörung klassifizierte Diagnose. Vor diesem Hintergrund seien dem Kläger noch körperlich leichte Tätigkeiten in ständigem Stehen, Gehen und Sitzen in Tages- sowie Früh- und Spätschicht sechs Stunden und mehr arbeitstäglich zumutbar. Nicht mehr leidensgerecht seien die den Rücken, die Halswirbelsäule oder die Hüftgelenke stark belastenden Tätigkeiten. Gleiches gelte für Nachtschicht, besonderer Zeitdruck oder überdurchschnittliche Anforderungen an das Reaktionsvermögen. Betriebsunübliche Pausen seien jedoch nicht erforderlich, die Wegefähigkeit nicht eingeschränkt.

Die Beklagte lehnte hierauf mit Bescheid vom 19.01.2009 den Antrag auf Weiterzahlung der Rente ab. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 23.07.2009 zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 25.08.2009 Klage zum SG Mannheim erhoben. Das SG hat den behandelnden Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. M. als sachverständigen Zeugen gehört und neurologisch-psychiatrische Gutachten von Amts wegen bzw. nach § 109 Sozialgerichtgesetz (SGG) eingeholt.

Dr. M. hat unter dem 14.12.2009 mitgeteilt, dass sich die gesundheitliche Gesamtsituation des Klägers seit April 2006 keineswegs nennenswert verbessert habe und dass er eine körperlich leichte Berufstätigkeit von acht Stunden am Tag wegen der ihm bekannten Erkrankungen weiterhin für ausgeschlossen halte. Auch bezüglich der auslösenden Leiden habe sich seine Beurteilung nicht geändert.

Der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. R. hat in seinem Gutachten vom 21.10.2010 eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung leichten Ausprägungsgrades und eine Dysthymia festgestellt. Unter Darlegung qualitativer Einschränkungen hat Dr. R. leichte körperliche Arbeiten mindestens sechs Stunden täglich für zumutbar gehalten. Auch eine Tätigkeit mit einer Arbeitszeit von acht Stunden und mehr komme in Frage. Er hat ausgeführt, dass der jetzt festgestellte Gesundheitszustand schon seit dem Jahre 1999 bestehe und sich um das Jahr 2005 herum verschlechtert habe. Anschließend sei es jedoch wieder zu einer Besserung der Beschwerden bzw. der Befunde gekommen. Bei der jetzigen Untersuchung hätten sich im Gegensatz zu den Feststellungen von Dr. M. keine Befunde feststellen lassen, die die Annahme einer reduzierten quantitativen Leistungsfähigkeit rechtfertigen könnten.

Der auf Antrag und Kostenrisiko des Kläger gehörte Dr. N. hat in seinem Gutachten vom 29.04.2011 eine chronische Schmerzerkrankung im Stadium III nach Gerbershagen auf dem Boden eines chronischen Spannungskopfschmerzes, eines überwiegend degenerativ bedingten pseudo-radikulären Wurzelreizsyndroms C6/7 beidseits, eines überwiegend degenerativen Wurzelreizsyndroms L4/5 links größer rechts sowie ein algogenes Psychosyndrom mit ausgeprägter depressiver Komponente, eine vertebragen bedingte Vertrebralisstörung und eine Hypertonie festgestellt. Der Kläger sei auf Dauer auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nur noch unter drei Stunden täglich belastbar. Die kontinuierliche Behandlungsliste seit 2006 weise auf die zunehmende Chronifizierung des Krankheitsbildes hin. Die Einschätzung von Dr. M. und des schon 2005 gehörten Dr. W., der schon damals ein vorhandenes algogenes Psychosyndrom beschrieben habe, erklärten das Ergebnis der jetzigen Begutachtung.

Die Beklagte hat die sozialmedizinische Stellungnahme von Dr. L. vom 15.06.2011 vorgelegt. Er hat unter anderem die Auffassung vertreten, dass sich in diesem Gutachten kein einziger Befund finden lasse, auf Grund dessen eine Einschränkung des Durchhaltevermögens zu objektivieren gewesen wäre. Die Leistungsbeurteilung im Gutachten von Dr. N. sei schlechter nachvollziehbar als die der Vorgutachter. Hauptkritikpunkt sei die unzureichende Beschwerdeanamnese und fehlende Objektivierung der Einschränkungen des Durchhaltevermögens. Aus seiner sozialmedizinischen Sicht überwiegen die Argumente für ein bezüglich geeigneter leichter Tätigkeiten weiterhin über sechsstündiges Leistungsvermögen ohne Notwendigkeit zusätzlicher Arbeitspausen.

Mit Urteil vom 12.09.2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Unter Darlegung der maßgeblichen Rechtsgrundlagen hat das SG zur Begründung ausgeführt, dass die Erkrankungen des Klägers nicht derart aufgeprägt seien, dass eine rentenrechtliche relevante Einschränkung der arbeitstäglichen Leistungsfähigkeit zu bejahen wäre. Den Ergebnissen der schlüssig und nachvollziehbar begründeten sowie in sich stimmigen Leistungsbeurteilungen der Gutachter MUDr. H., Dr. L. und Dr. R. schließe sich das Gericht aufgrund eigener Urteilbildung und nach gründlichem Studium der Akten an. Das Gutachten von Dr. N. sei hingegen einer Plausibilitätsprüfung nicht zugänglich, die Leistungsbeurteilung aus mehreren Gründen nicht nachvollziehbar. So habe Dr. N. die Wegefähigkeit verneint, obwohl der Kläger mehrfach angegeben habe, regelmäßig längere Spaziergänge zu unternehmen. Die Dauer der Gehstrecke habe der Kläger dabei zwischen einem und sechs Kilometern angegeben. Die gemachten Angaben des Klägers ließen keine Rückschlüsse auf eine fehlende Wegefähigkeit zu. Darüber hinaus habe Dr. N. offensichtlich die Angaben des Klägers ohne Nachfrage übernommen und zur Grundlage seiner Leistungsbeurteilung gemacht. Dr. R. habe einen durchaus strukturierten Tagesablauf des Klägers herausarbeiten können, der, berücksichtige man, dass eine Rente nur dann zu gewähren sei, wenn selbst leichte und nervlich wenig belastende Tätigkeiten nicht mehr ausgeführt werden könnten, keine wesentlichen Einschränkungen offenbare. Demnach helfe der Kläger nach seinen eigenen Angaben im Haushalt, dies in nicht unerheblichem Ausmaß sogar ohne die Hilfe von Familienangehörigen, auch sei er in der Lage, über eine Sitzplatzdauerkarte außerhäuslichen sportlichen Ereignissen beizuwohnen. Schließlich habe Dr. R. die von ihm gestellte Diagnose einer leichtgradig ausgeprägten anhaltenden somatoformen Schmerzstörung damit begründet, dass sich nach Aktenlage und der durchgeführten Anamnese ein nur geringgradig gestörter psychischer Befund gezeigt habe. Dies habe er nachvollziehbar an dem weitgehend geordneten Tagesablauf des Klägers festgemacht und überzeugend dargelegt, dass die vom Kläger eingenommene Medikation wegen der guten Verträglichkeit und dem Fehlen von Nebenwirkungen (Tagesmündigkeit oder Beeinträchtigungen der kognitiven Funktionen) dem nicht entgegenstehe. Diese Auffassung werde durch das Gutachten von MUDr. H. gestützt, die keine Anzeichen für Müdigkeit, Angespanntheit oder konzentrative Erschöpfung gefunden und demzufolge ebenfalls auf einen unauffälligen psychischen Befund hingewiesen habe. Schließlich erweise sich die Leistungsbeurteilung durch Dr. R. insbesondere auch in Abgrenzung zu Dr. M., der sich als Gutachter im gerichtlichen Verfahren vor dem LSG noch für ein drei- bis unter sechsstündiges Leistungsvermögen des Klägers ausgesprochen habe, als in sich stimmig und überzeugend. So habe er darauf hingewiesen, dass Dr. M. eine neurologisch-psychiatrische Symptomatik als ausschlaggebend für eine reduzierte quantitative Leistungsfähigkeit des Klägers angesehen habe, entsprechende psychische Symptome aber mittlerweile nicht mehr vorlägen.

Gegen das ihm ab 07.10.2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 28.10.2011 Berufung eingelegt und zur Begründung auf die Ausführungen von Dr. N. verwiesen, die er für zutreffend und richtig hält. Er hat Einwendungen gegen die Beurteilung von Dr. R. erhoben und die Auffassung vertreten, dass das Gutachten im Gegensatz zum Gutachten des Dr. N. nicht geeignet sei, die Überzeugung des Sozialgerichts zu tragen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 12. September 2011 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 19. Januar 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Juli 2009 zu verurteilen, ihm Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Dauer ab dem 1. Dezember 2008 zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hat zur Begründung die sozialmedizinische Stellungnahme von Dr. L. vom 23.04.2012 vorgelegt. Hauptkritik am Gutachten Dr. N. bleibe die unzureichende Präzisierung und Objektivierung bzw. eine Plausibilitätsprüfung der Beschwerdeangaben auf denen die angenommene Leistungsminderung wesentlich beruhe. Er verweist zudem nochmals auf die Darstellung der erhaltenen Wegefähigkeit in der Urteilsbegründung.

Mit den Beteiligten wurde der Sach- und Streitstand am 18.12.2012 erörtert.

Mit gerichtlicher Verfügung vom 13.02.2013 wurden die Beteiligten darauf hingewiesen, dass das Gericht beabsichtigt, die Berufung ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.

II.

Der Senat weist die Berufung des Klägers durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 SGG zurück, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Einwände gegen diese Verfahrensweise sind nicht erhoben worden.

Die gemäß §§ 143, 144, 151 SGG statthafte und auch sonst zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.

Streitgegenständlich ist vorliegend, ob der Kläger einen Anspruch auf Weitergewährung der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (auf Zeit) nach § 44 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch in der bis zum 31.12.2000 geltenden Fassung (SGB VI a. F.) hat. Allein insoweit hat der Kläger den Bescheid der Beklagten vom 21.07.2009 und den Widerspruchsbescheid vom 23.07.2009 ausweislich der Widerspruchsbegründung und seines in der mündlichen Verhandlung vor dem SG gestellten Antrags angefochten. Maßgeblich ist damit für die vorliegende Entscheidung, ob Anfang Dezember 2008 ein vollschichtiges Leistungsvermögen vorlag, denn nur bei nahtloser, über den Wegfallmonat November 2008 hinaus bestehender Leistungsminderung auf weniger als acht Stunden täglich kommt die Weitergewährung der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nach § 302b Abs. 1 SGB VI in Betracht.

Das SG hat im angefochtenen Urteil die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (§ 44 SGB VI a.F.) bzw. Berufsunfähigkeit nach (§ 43 SGB VI a.F.) zutreffend dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit oder Berufsunfähigkeit nicht besteht, weil der Kläger noch vollschichtig leistungsfähig ist und keinen Berufsschutz genießt. Der Senat schließt sich dem nach eigener Prüfung und unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren auch inhaltlich uneingeschränkt an, sieht deswegen gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Urteils zurück.

Ergänzend zum Vortrag im Berufungsverfahren ist darauf hinzuweisen, dass der Senat bezogen auf den hier zu prüfenden Zeitpunkt einer Fortzahlung der Rente, also bezogen auf den Dezember 2008, keinen Grund sieht, die Gutachten von Dr. L. und MUDr. H. in Zweifel zu ziehen. Ein untervollschichtiges Leistungsvermögen zu diesem Zeitpunkt sieht der Senat als nicht nachgewiesen an. Die Gutachten belegen vielmehr eine deutliche Besserung, die es nicht rechtfertigt, weiterhin von einem untervollschichtigen Leistungsvermögen auszugehen. Berücksichtigt man, dass Dr. M., dessen Gutachten maßgebliche Grundlage der Rentengewährung gewesen ist, ausgeführt hat, dass die somatischen Befunde mit Blick auf die entzündliche Wirbelsäulenerkrankung mit Achillessehnenbefall und Arthrosesymptomatik sowie die sekundäre Schmerzerkrankung (unter Mitberücksichtigung von Bluthochdruck und Suchtproblematik) die Annahme einer körperlichen Leistungsfähigkeit von weniger als sechs Stunden noch nicht begründet haben, sondern dies erst unter Mitberücksichtigung der neurologisch-psychiatrischen Diagnosen (Priv.-Doz. Dr. W.: algogenes Psychosyndrom) angenommen werden könne, ist eine gleichermaßen eingeschränkte Leistungsfähigkeit für Dezember 2008 nicht zu begründen. Denn die Rentengewährung rechtfertigte nach der Entscheidung des 13. Senats nur eine integrierende Betrachtung der vorliegenden Befunde.

Diese Befunde haben sich - wie die Gutachten belegen - gebessert. So hat Dr. L. für den Senat überzeugend dargelegt, dass die noch von Dr. M. beschriebene entzündliche Wirbelsäulenerkrankung nach Auswertung der Röntgenbilder im zeitlichen Verlauf und unter Berücksichtigung der fehlenden nächtlichen Schmerzzunahme und des fehlenden Nachweises des Erbfaktors HLA B 27 (hier negativ) nicht (mehr) angenommen werden kann. Dies haben weder Dr. R. noch Dr. N. in Zweifel gezogen. Ferner hat die ausführliche Befunderhebung von MUDr. H. auf psychiatrischem Fachgebiet keinen oder einen nur gering von der altersentsprechenden Norm abweichenden Befund ergeben. Dementsprechend war eine depressiver Erkrankung nicht feststellbar und MUDr. H. von einer Somatisierungsstörung/somatoforme Schmerzstörung in einer leicht ausgeprägten Form ausgegangen, die eine zeitliche Limitierung der Leistungsfähigkeit nicht zu begründen vermag. Diese Befunde und Diagnosen wurden von Dr. R. weitgehend bestätigt. Den von MUDr. H. beschriebenen leichtgradigen und nur geringgradig von der Norm abweichenden Befund beschrieb er mit einer Dysthymia, ohne dass sich hierdurch bezogen auf die zeitliche Leistungsfähigkeit eine Minderung belegen ließe. Ausgehend von den im Gutachten von Dr. L. vom 05.01.2009 weiterhin beschriebenen und bekannten chronischen Nacken-/Rückenschmerzen mit insgesamt leichten Funktionseinschränkungen ohne Anhalt für eine Nervenwurzelschädigung bei Verschleißerscheinungen vorwiegend der Halswirbelsäule und der mittelgradigen Hüftgelenksarthrose sind hierdurch zwar die bekannten qualitativen Einschränkungen zu berücksichtigen, eine sich auch zeitlich auswirkende Leistungsminderung lässt sich aber auch in der Gesamtschau der Einschränkungen nicht belegen.

Unabhängig davon, dass das Gutachten von Dr. N. rund 2 ½ Jahre nach Ende der befristet gewährten Rente erstellt wurde, vermag das Gutachten auch den Senat nicht zu überzeugen. Ergänzend zu den vom SG bereits herausgearbeiteten Einwendungen, die der Senat in vollem Umfang teilt, ist darauf hinzuweisen, dass wesentliche Angaben zur Begründung der von ihm angenommenen Leistungsfähigkeit von weniger als drei Stunden nicht durch Befunde und deren Erhebung im Gutachten belegt sind. Insbesondere vermag der Senat nicht nachzuvollziehen, dass ein von ihm beschriebenes algogenes Psychosyndrom tatsächlich (noch) besteht und zudem einen Ausprägungsgrad erreicht haben soll, welcher eine vollschichtige leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tatsächlich ausschließen könnte. Dabei kann er insbesondere nicht belegen, dass dieses in einem entsprechenden Ausprägungsgrad auch bei der Begutachtung durch MUDr. H. und - später - bei der Begutachtung von Dr. R. tatsächlich vorgelegen hat. Insbesondere fehlt aber eine plausible Darlegung, aufgrund welcher Umstände dem Kläger selbst leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Berücksichtigung der von Dr. R. zuletzt genannten qualitativen Einschränkungen unmöglich sein sollen. Hinzu kommt, dass Dr. N. erstmals und abweichend von allen Vorgutachten zu einem aufgehobenen Leistungsvermögen kommt, ohne die damit zwangsläufig einhergehende Verschlimmerung und deren Auswirkungen auf die berufliche Leistungsfähigkeit konkret zu benennen und zu belegen. Die von ihm herangezogene Auswertung des Pain-Detected-Systems, welches zur einheitlichen Dokumentation und Verlaufskontrolle bei chronischen Schmerzpatienten in Gesamtdeutschland zugelassen sei, wie er ausführt, bestätigt zwar die weder von den gehörten Sachverständigen noch von der Beklagten bestrittene Schmerzerkrankung, trifft aber nicht per se eine Aussage darüber, ob und in welchem Umfang noch leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verlangt werden können. Insoweit erbringt das Gutachten nicht den Nachweis einer untervollschichtigen Leistungsfähigkeit.

Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger, der wie oben bereits festgestellt noch in der Lage ist, leichte körperliche Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen vollschichtig bzw. sechs Stunden und mehr auszuüben, damit auch weder voll noch teilweise erwerbsgemindert gem. § 43 SGB VI n.F. ist.

Es war im Übrigen im Hinblick auf dieses Leistungsvermögen zu der Frage, inwieweit welche konkrete Tätigkeit dem Kläger noch leidensgerecht und zumutbar ist, keine Prüfung durchzuführen, da die jeweilige Arbeitsmarktlage bei einer vollschichtigen Leistungsfähigkeit nicht zu berücksichtigen ist (§ 44 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB VI a.F. bzw. § 43 Abs. 3 letzter Halbsatz SGB VI n.F.). Auch Anhaltspunkte dafür, dass hier in der Person des Klägers eine Summierung ungewöhnlicher Leistungsbeeinträchtigungen oder eine spezifische Leistungsbeeinträchtigung gegeben wäre, bestehen nicht und schließlich ist hier auch nicht von einem verschlossenen Arbeitsmarkt im Sinne der Rechtsprechung des BSG und der dort aufgestellten Kriterien auszugehen (siehe BSGE 56, 64 = SozR 2200 § 1246 Nr. 110; siehe insbesondere auch hierzu den bestätigenden Beschluss des Großen Senats vom 19.12.1996 in BSGE 80, 24 = SozR 3-2600 § 44 Nr. 8; und auch BSG im Urteil vom 05.10.2005 - B 5 RJ 6/05 R - in SozR 4-2600 § 43 Nr. 5).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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