L 5 KR 2498/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 9 KR 3235/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 2498/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Rente des spanischen Rentenversicherungsträgers INSS ist eine
vergleichbare Rente aus dem Ausland im Sinne von § 228 Abs. 1 Satz 2 SGB V.
§ 228 Abs. 1 Satz 2 SGB V steht in Übereinstimmung mit Art. 30 VO (EG) 883/2004 und verstößt weder gegen das europarechtliche Grundrecht der Freizügigkeit noch gegen das Diskriminierungsverbot.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 06.06.2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die Erhebung von Beiträgen zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung auf seine spanische Rente.

Der 1932 geborene Kläger ist bei der Beklagten im Rahmen der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) gesetzlich kranken- und pflegeversichert. Er hat deshalb uneingeschränkten Anspruch auf Leistungen der Krankenbehandlung nach deutschem Recht (§§ 27 ff SGB V). Die Kosten von Heilbehandlungen und aller damit zusammenhängenden bzw. ergänzenden Leistungen trägt allein die Beklagte.

Nachdem der Beklagten im Mai 2011 bekannt geworden war, dass der Kläger zusätzlich zu der deutschen Rente auch eine Rente des spanischen Sozialversicherungsträgers bezieht, forderte sie den Kläger zur Vorlage des Rentenbescheides auf. Der Kläger legte der Beklagten daraufhin am 12.10.2011 eine Rentenmitteilung des spanischen Rentenversicherungsträgers INSS über den Bezug der spanischen Rente für das Jahr 2011 vor, aus dem sich eine monatliche Rentenhöhe von 384,50 EUR ergab. Die Beklagte setzte sodann mit Bescheid vom 14.12.2011 rückwirkend ab dem 01.07.2011 einen hierauf zu entrichtenden Krankenversicherungsbeitrag (8,2 %) von monatlich 31,53 EUR und einen Pflegeversicherungsbeitrag (1,95 %) von monatlich 7,50 EUR fest. Der Bescheid enthielt keine Rechtsmittelbelehrung.

Am 14.05.2012 erhob der Kläger mit Schreiben seiner Bevollmächtigten dagegen Widerspruch und machte geltend, dass Beiträge zur spanischen Krankenversicherung im Rahmen des spanischen Rentensystems nicht zu entrichten seien, weil diese während der Beschäftigungszeit in Spanien durch Lohnabzug und Steuergelder vorfinanziert worden seien. Er sei ein Doppelrentner, dessen spanische Krankenversicherung nach europarechtlichen Vorschriften ruhe, solange er in einem anderen Mitgliedstaat wohne und dort eine Rente beziehe. Vor diesem Hintergrund sei die aus Spanien bezogene Rente keine vergleichbare Rente im Sinne des § 228 SGB V. Mit weiterem Schreiben vom 06.07.2012 ließ der Kläger einen Verstoß gegen den Grundsatz der Freizügigkeit rügen, weil er nach dem angefochtenen Bescheid Beiträge zu einem weiteren System der sozialen Sicherheit leisten müsse, ohne dass diese Vorschriften ihm einen entsprechenden sozialen Schutz böten.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 25.09.2012 zurück. Nach § 228 SGB V würden auch vergleichbare Renten aus dem Ausland der Beitragspflicht unterliegen. Die entsprechenden Beiträge habe der Kläger alleine zu tragen (§ 249a SGB V).

Dagegen wandte sich der Kläger am 08.10.2012 mit seiner Klage zum Sozialgericht Mannheim. Er ließ vortragen, § 228 SGB V sei mit den maßgeblichen europarechtlichen Vorschriften nicht vereinbar. Denn Art. 33 Abs. 1 VO (EG) 1408/71 sehe vor, dass der Rentenversicherungsträger Beiträge zur Krankenversicherung nur von der von ihm geschuldeten Rente einbehalten dürfe. Ähnlich verhalte es sich mit Art. 30 Abs. 1 VO (EG) 883/2004. Danach könne der Rentenversicherungsträger, der Beiträge zur Krankenversicherung einzubehalten habe, diese nur nach den für ihn geltenden Rechtsvorschriften berechnen. Somit sehe das Europarecht vor, dass von Doppelrentnern nur von der Rente des Wohnmitgliedstaates Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zu verlangen und zu erheben seien. In Spanien gelte zudem die Besonderheit, dass für Rentner die Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung während der Beschäftigungszeit vorfinanziert worden seien. Daher erscheine es ungerecht, wenn er in Deutschland für diese spanische Rente zusätzlich Beiträge an die deutsche Kranken- und Pflegeversicherung bezahlen müsse, zumal er Leistungen nur von der deutschen Versicherung erhalten könne. Im Übrigen zahle der spanische Staat hierfür eine Pauschale. Wenn nach § 249a SGB V dem spanischen Rentenversicherungsträger eine Zahlung des Anteils der Beiträge an die Deutsche Kranken- und Pflegeversicherung nicht auferlegt werden könne, wäre es ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung und des Freizügigkeitsprinzips, wenn man auf der anderen Seite den entsprechenden Rentnern eine solche Verpflichtung auferlegen würde. Auf Hinweis des Gerichts vom 12.11.2012 machte der Kläger unter Vorlage einer Prozessvollmacht darauf aufmerksam, dass er sich aufgrund des deutsch-spanischen Sozialversicherungsabkommens vom 04.12.1973 prozessual durch das spanische Generalkonsulat vertreten lassen könne. Im Übrigen müsse nochmals betont werden, dass Rentner in Spanien während des Rentenbezuges keine Beiträge zu entrichten hätten, denn die Beiträge zur späteren Krankenversicherung der Rentner würden in Spanien schon während der Erwerbsphase erhoben. Vor diesem Hintergrund halte er eine Vorlage zur Vorabentscheidung beim Europäischen Gerichtshof für unumgänglich.

Mit Urteil vom 06.06.2013 wies das Sozialgericht die Klage ab. Die der Beitragspflicht unterliegenden Einnahmen bestimmten sich nach § 237 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V). Danach würden (1.) der Zahlbetrag der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung, (2.) der Zahlbetrag der einer Rente vergleichbaren Einnahmen und (3.) Arbeitseinkommen der Beitragspflicht unterliegen, wobei § 237 Satz 2 SGB V zusätzlich noch auf § 228 SGB V verweise. Diese Vorschrift stelle in Satz 2 ausdrücklich klar, dass hiervon auch (vergleichbare) Renten aus dem Ausland erfasst würden. Nichts anderes gelte nach § 57 Abs. 1 Satz 1 SGB XI auch für die Beiträge zur gesetzlichen Pflegeversicherung. Daher sei es nicht zu beanstanden, dass die Beklagte auch die spanische Rente des Klägers der Beitragspflicht unterwerfe. Dies entspreche dem Wortlaut der gesetzlichen Vorschriften und sei ersichtlich von der Zielsetzung getragen, bei der Beitragsbemessung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Versicherten zu berücksichtigen. Ein europarechtswidriger Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung bzw. der Freizügigkeit sei darin nicht zu sehen. Die vom Kläger zitierte VO (EWG) 1408/71 (Art. 33) sei nicht mehr in Kraft. An ihre Stelle sei Art. 30 der VO (EG) 883/2004 getreten. Dieser laute:

"Der Träger eines Mitgliedstaats, der nach den für ihn geltenden Rechtsvorschriften Beiträge zur Deckung der Leistungen bei Krankheit ... einzubehalten hat, kann diese Beiträge, die nach den für ihn geltenden Rechtsvorschriften berechnet werden, nur verlangen und erheben, soweit die Kosten für die Leistungen ... von einem Träger in diesem Mitgliedstaat zu übernehmen sind."

Aus dieser Vorschrift könne nicht abgeleitet werden, dass der angefochtene Bescheid rechtswidrig sei. Aus der zitierten Vorschrift folge vielmehr aus europarechtlicher Sicht für Doppelrentner, dass sich die Berechnung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung nach dem Recht desjenigen Staates richte, der die entsprechenden Leistungen zu übernehmen bzw. zu erbringen habe. Dies sei hier ersichtlich Deutschland, denn der Kläger habe als Rentner im Bundesgebiet seinen gewöhnlichen Aufenthalt und trage zudem selbst vor, dass seine Ansprüche gegenüber der spanischen Kranken- und Pflegeversicherung ruhen würden. Wenn der Kläger aus der zitierten Vorschrift ableiten wolle, dass nur die deutsche Rente beitragspflichtig sei, werde dies vom Wortlaut des Art. 30 Abs. 1 VO (EG) 883/2004 nicht gedeckt. Denn diese Vorschrift bestimme als Kollisionsregelung lediglich, welches nationale Recht für die Beitragsberechnung bzw. Beitragserhebung heranzuziehen sei; sie enthalte jedoch keine materielle Aussage des Inhalts, dass nur die aus dem Wohnsitzmitgliedstaat bezogene Rente mit Beiträgen belastet werden dürfe. Diese Frage sei anhand der für den Wohnsitzmitgliedstaat geltenden Rechtsvorschriften zu beantworten. Europarechtlich sei anerkannt, dass Art. 30 Abs. 1 VO (EG) 883/2004 - sofern das maßgebliche Recht des Wohnsitzmitgliedstaates dies vorsehe - auch die Einbeziehung der aus dem Ausland bezogenen Rente in die Beitragsbemessung erlaube (juris-PK, Art. 30 VO [EG] Rdnr. 57). Etwas anderes könne nach Auffassung des EuGH nur dann gelten, wenn die Leistungen zur Kranken- und Pflegeversicherung nicht von dem Versicherungsträger des Wohnsitzmitgliedstaates, sondern von dem ausländischen Versicherungsträger zu erbringen seien (EuGH, Urteil vom 10.05.2001 - C 389/99). Denn dann würde die Beitragserhebung nicht zu einem zusätzlichen sozialen Schutz führen. Diesen Gesichtspunkt betone der EuGH in seinem Urteil vom 15.02.1996 (C 53/95). Er greife ihn in seinem Urteil vom 19.03.2002 (C 393/99 und C 394/99) erneut auf und stelle ausdrücklich klar, dass die Beantwortung der Frage, ob ein solcher sozialer Schutz durch die in Streit stehende Beitragserhebung gewährt werde, dem nationalen Gericht obliege. Da sowohl die Kranken-, als auch die Pflegeversicherung eine reine Risikoversicherung darstellten, müsse das vom EuGH in der zitierten Entscheidung vom 10.05.2001 formulierte Erfordernis eines zusätzlichen Versicherungsschutzes relativiert werden: Es sei nicht erforderlich, dass durch die ausländischen Beiträge ein Versicherungsschutz gewählt oder begründet werde, der über die diejenigen Leistungen, die auf den inländischen Beiträgen beruhten, hinausginge. Eine solche beitragsbezogene Aufspaltung der Leistungen sei der Kranken- und Pflegeversicherung nämlich vollkommen fremd. Vielmehr würden Leistungen hier bei Vorliegen einer Krankheit oder bei Eintritt von Pflegebedürftigkeit in dem gebotenen Umfang unabhängig von der Höhe der zuvor eingezahlten Beiträge erbracht. Folgerichtig habe der EuGH bereits in seinem Urteil vom 18.07.2006 (C 50/05) klargestellt, dass im Rahmen der Kranken- und Pflegeversicherung von dem Wohnmitgliedstaat Beiträge auch auf die ausländische Rente solange erhoben werden dürften, wie die Versicherungsbeiträge den Betrag der Rentenbezüge aus dem Wohnmitgliedstaat nicht überstiegen. Auch der Umstand, dass die Kranken- und Pflegeversicherung der Rentner in Spanien bereits durch die Beitragserhebung während der "Erwerbsphase" (vor-) finanziert werde, stehe dem angefochtenen Bescheid nicht entgegen. Denn aus den europarechtlichen Kollisionsvorschriften ergebe sich, dass allein die deutschen Rechtsvorschriften maßgeblich seien. Hiernach besteht eine - dem spanischen Recht entsprechende - Beitragsfreiheit während der Zeit des Rentenbezugs gerade nicht. Vielmehr gehe das deutsche Recht davon aus, dass wegen des Risikocharakters der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung auch eine Beitragserhebung von Rentnern geboten sei, zumal die Aufwendungen der Kranken- und Pflegeversicherung mit zunehmendem Lebensalter der Versicherten im allgemeinen stark anwachsen würden und es sonst zu einer Überforderung der jüngeren Generationen kommen würde (vgl. hierzu LSG Berlin Brandenburg, Beschluss vom 22.03.2011 - L 1 KR 353/09 und BVerfG, Beschluss vom 15.03.2000 - 1 BvL 16/96 u.a.). Ein Verstoß gegen den Grundsatz der Freizügigkeit bzw. der Gleichbehandlung liege daher nicht vor. Denn die genannten Grundsätze verpflichteten den deutschen Staat bzw. die deutsche Kranken-und Pflegeversicherung nicht, den Kläger so zu behandeln, als ob er in Spanien leben würde; vielmehr könne er - entsprechend seinem tatsächlichen Wohnsitz - lediglich beanspruchen, gegenüber anderen ebenfalls in Deutschland ansässigen Rentnern nicht benachteiligt zu werden. Die Einbeziehung von ausländischen Renten in die Beitragserhebung zur Kranken- und Pflegeversicherung gelte jedoch in Deutschland für alle ausländischen Rentner unter den dargestellten Grenzen gleichermaßen. Ernsthafte Anhaltspunkte für eine Europarechtswidrigkeit dieses Rechtsregimes bestünden nicht. Daher sehe sich das Sozialgericht nicht veranlasst, ein Vorabentscheidungsverfahren beim Europäischen Gerichtshof einzuleiten.

Gegen das Urteil des Sozialgerichts vom 06.06.2013 hat der Kläger am 17.06.2013 Berufung einlegen lassen. Zur Begründung wird erneut geltend gemacht, die Krankenversicherungs- und Pflegeversicherungsbeiträge dürften nur von der in dem jeweiligen Mitgliedstaat gewährten Rente erhoben werden. Dies ergebe sich sowohl aus dem Wortlaut des Art. 33 der VO (EG) 1408/71 und der Nachfolgeregelung des Art. 30 Abs. 1 der VO (EG) 883/2000 als auch aus dem Urteil des EuGH vom 10.05.2001 (C - 389/99) (Rundgren). Darin habe der EuGH entschieden, dass Art. 33 Abs. 1 der VO (EG) 1408/71 in dem von ihm genannten Fall dem betreffenden Träger eines Mitgliedstaats lediglich erlaube, zur Deckung u.a. der Leistungen bei Krankheit Beiträge von der von ihm geschuldeten, d.h. tatsächlich von ihm zu zahlenden Rente einzubehalten. In Spanien lebende Bezieher eine spanischen Rente seien beitragsfrei in der spanischen Kranken- und Pflegeversicherung versichert, da sie diesen Versicherungsschutz bereits in ihrem Erwerbsleben vorfinanziert hätten. Da für die spanische Rente in Spanien kein Abzug von Krankenversicherungsbeiträgen erfolge, sei sie keine vergleichbare Rente im Sinne von § 228 Abs. 1 Satz 2 SGB V. Zudem bestehe eine Ungleichbehandlung, da nicht alle in Deutschland lebenden Bezieher einer spanischen Rente bzw. Doppelrentner dort auch kranken- und pflegeversichert seien. Diejenigen in Deutschland lebenden, aber in Spanien krankenversicherten Rentner bekämen Sachleistungen der deutschen Kranken- und Pflegeversicherung durch das Formular E 121. Von diesen Rentnern würden gemäß Art. 30 Absatz 2 der VO (EG) 808/2004 (gemeint wohl 883/2004, Anm. d. Senats) keine Beiträge eingefordert, weil der spanische Staat eine Pauschale bezahle. Gemäß § 249a SGB V könne ausländischen Rentenversicherungsträgern eine Zahlung des Anteils der Beiträge an die deutsche Kranken- und Pflegeversicherung nicht aufgelegt werden. Aus demselben Grund könne auch den Rentnern diese Verpflichtung nicht aufgelegt werden. Auch aus dem EuGH-Urteil vom 18.07.2006 im Rechtsstreit N. C 50/05 folge, dass aus den von anderen EG-Ländern gezahlten Renten keine Beiträge zur Krankenversicherung des Aufenthaltslandes entrichtet würden, wenn in dem betreffenden Mitgliedstaat bereits auf die dort gezahlte Rente Beiträge geleistet worden seien, so wie die Beklagte auf der Grundlage des erwähnten Urteils nicht von einem Träger eines anderen Mitgliedsstaates gezahlte Renten in die Berechnung der Krankenversicherungsbeiträge einbeziehen dürfe. Es liege ein Verstoß gegen den Grundsatz der Freizügigkeit vor, weil der Kläger nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedsstaates Beiträge zu einem weiteren System der sozialen Sicherheit leisten müsse, ohne dass diese Vorschriften ihm einen entsprechenden sozialen Schutz bieten würden (Urteil vom 15.02.1996 in der Rechtssache C 53/95 K. und vom 19.03.2002 in der Rechtssache C 393/99 und 394/99 (H. u.a.)). Die Änderung des § 228 SGB V bewirke eine Diskriminierung der spanischen in Deutschland lebenden Doppelrentner, wenn sie in Deutschland für diese spanische Rente zusätzliche Beiträge an die deutsche Kranken- und Pflegeversicherung der Rentner zahlen müssten, während die spanischen in Deutschland lebenden Rentner ohne deutsche Rente keinen solchen Beitrag zu zahlen brauchten. Im ersten und zweiten Satz der Einführung zur EG-VO Nr. 883/2004 habe das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union deutlich erklärt, dass die Vorschriften zur Koordinierung der nationalen Systeme der sozialen Sicherheit Teil des freien Personenverkehrs seien und zur Verbesserung des Lebensstandards und der Arbeitsbedingungen beitragen sollten. Außerdem sehe der Vertrag keine anderen Befugnisse als diejenigen des Artikels 308 (gemeint wohl Art. 30) für die Annahme geeigneter Maßnahmen im Bereich der sozialen Sicherheit für andere Personen vor. In diesem Artikel sei jedoch die Gesetzgebung der verschiedenen Mitgliedstaaten nicht erwähnt. Die aufgrund des Inkrafttretens der §§ 228 und 249 SGB V neu entstandenen rechtlichen Fragen seien dem EuGH zur Vorabentscheidung vorzulegen, da die rechtliche Auslegung der Beklagten wegen der Unvergleichbarkeit der Renten rechtswidrig sei, eine verschleierte Diskriminierung darstelle und die Freizügigkeit von Doppelrentnern hindere.

Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 06.06.2013 und den Bescheid der Beklagten vom 14.12.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.9.2012 aufzuheben,

festzustellen, dass keine Beiträge zur deutschen Krankenversicherung aus der spanischen Rente der Berufungsklägerin zu entrichten sind,

die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger die der Beklagten wegen seiner spanischen Rente gezahlten Beiträge zurückzuerstatten,

dem EuGH folgende EG-rechtliche Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen,

darf ein Mitgliedsstaat Krankenversicherungsbeiträge von der Rente aus einem anderen EG-Mitgliedsstaat abziehen?, wenn ja, verstößt dieser Abzug nach §§ 228 und 249a SGB V gegen das Prinzip der Freizügigkeit und somit gegen EG-Recht, wenn die Krankenversicherung des für die Zahlung dieser Rente zuständigen Mitgliedstaates wegen ihrer eigener Besonderheit beitragsfrei ist?

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angegriffene Urteil des Sozialgerichts für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und zulässig, aber nicht begründet. Der vom Kläger angefochtene Beitragsbescheid der Beklagten in der Gestalt des Widerspruchsbescheids ist rechtmäßig; der Kläger hat Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und Pflegeversicherung der Rentner aus dem Zahlbetrag seiner spanischen Rente zu entrichten. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

I.

Die Beitragspflicht für den Zahlbetrag der spanischen Rente ergibt sich aus §§ 237 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2, 228 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V).

Nach § 237 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V werden bei versicherungspflichtigen Rentnern der Beitragsbemessung in der gesetzlichen Krankenversicherung der Zahlbetrag der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung sowie der Zahlbetrag der der Rente vergleichbaren Einnahmen zu Grunde gelegt. Nach § 237 Abs. 2 SGB V gelten u.a. § 228 SGB V (Renten als beitragspflichtige Einnahmen) und § 229 SGB V (Versorgungsbezüge als beitragspflichtige Einnahmen) entsprechend. Die Regelung in § 229 Abs. 1 SGB V enthält als Definition des Begriffs "der Rente vergleichbare Einnahmen (Versorgungsbezüge)" den Hinweis darauf, dass diese Vorschrift auch gilt, wenn Leistungen dieser Art aus dem Ausland bezogen werden (Satz 2 dieser Norm). Eine entsprechende Regelung in § 228 Abs. 1 SGB V zu den Rentenbezügen aus dem Ausland gab es bis 30.06.2011 nicht.

Nach dem bis 30.06.2011 geltenden Recht unterlagen aus dem Ausland gezahlte Leistungen nur dann der Beitragspflicht zur gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung, wenn sie ein Versorgungsbezug im Sinne von § 229 Satz 1 Nr. 5 SGB V waren. Dazu gehörten Leistungen aus ausländischen öffentlich-rechtlichen Rentensystemen nicht (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 10.06.1988 - 12 RK 39/87 - zum inhaltsgleichen früheren § 180 Abs. 8 Reichsversicherungsordnung [RVO]). Mit der Einfügung des § 228 Satz 2 SGB V, der § 228 Abs. 1 Satz 1 SGB V auch für den Bezug vergleichbarer Renten aus dem Ausland zur Anwendung bringt, hat der Gesetzgeber die bis dahin bestehende Differenzierung bei der Beitragspflicht inländischer und ausländischer Rentenbezieher beseitigt. Dies sah der Gesetzgeber aus Gründen der Gleichbehandlung und der Beitragsgerechtigkeit als erforderlich an (Bundestags-Drucksache 17/4978 S. 20 und Bundesrats-Drucksache 846/10 S. 30). Aus der Gesetzesbegründung (Bundestagsdrucksache 17/4978 S. 20) ergibt sich auch, dass Anlass, aber nicht alleiniger Grund für die Gesetzesänderung Art. 5 VO (EG) 883/2004 war. Dort ist klar beschrieben, dass § 228 Abs. 1 Satz 2 SGB V unabhängig davon zu gelten hat, ob die Rente aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Drittstaat bezogen wird. Diese Begründung zeigt, dass nicht alleine Europarecht umgesetzt wurde, sondern generell ausländische Rentenzahlungen, unabhängig vom Herkunftsstaat, im Beitragsrecht den deutschen Renten gleichgestellt werden sollten. Aufgrund der Verweisung in § 57 Abs. 1 Satz 1 SGB XI gilt die Beitragspflicht in gleicher Weise auch für die Pflegeversicherung (vgl. auch LSG für das Saarland, Urteil vom 16.07.2014 - L 2 KR 14/14 - betreffend eine Rente aus den USA, und LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 20.09.2013 - L 4 KR 1984/13 - betreffend Leistungen der schweizerischen Pensionskassen, jeweils in Juris).

Damit unterfällt auch die spanische Rente des Klägers der Beitragspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung. Die Beklagte hat die Beiträge auch zutreffend gemäß §§ 249a Satz 2, 252 Abs. 1 SGB V beim Kläger selbst erhoben. Nach § 249a SGB V trägt der Rentner die aus ausländischen Renten zu zahlenden Beiträge allein. Nach § 252 Abs. 1 Satz 1 SGB V sind die Beiträge von demjenigen zu zahlen, der sie zu tragen hat, soweit gesetzlich nichts Abweichendes bestimmt ist. Nach § 255 SGB V sind lediglich die auf die in Deutschland bezogene Rente entfallenden Beiträge von den Trägern der Rentenversicherung bei der Zahlung der Rente einzubehalten, nicht aber die Beiträge, die auf die spanische Rente zu entrichten sind. Auch eine Verpflichtung des spanischen Rentenversicherungsträgers kommt insoweit nicht in Betracht, da hierfür eine gesetzliche Regelung entsprechend § 255 SGB V fehlt (vgl. Klein, in Hauck/Noftz, EU-Sozialrecht, Art. 30 Rn. 9).

II.

Entgegen der vom Kläger vertretenen Auffassung verstößt die Heranziehung der spanischen Rente zur Beitragsbemessung für die Kranken- und Pflegeversicherung im Rahmen der gesetzlichen KVdR auch nicht gegen europarechtliche Regelungen.

1. Art. 30 Abs. 1 der VO (EG) 883/2004 verbietet es gerade nicht, Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung auch von Renten anderer Mitgliedstaaten als dem Wohnsitzstaat zu erheben. § 228 Abs. 1 Satz 2 verstößt deshalb nicht gegen diese Regelung. Art. 30 der VO (EG) 883/2004 ersetzt die Vorgängernorm des Art. 33 Abs. 1 VO (EWG) 1408/71, geht aber in seinem Regelungsgehalt über diese hinaus.

Art. 33 Abs. 1 VO (EWG) 1408/71 lautet:

Der Träger eines Mitgliedstaats, der eine Rente schuldet, darf, wenn die für ihn geltenden Rechtsvorschriften vorsehen, dass von dem Rentner zur Deckung der Leistungen bei Krankheit und Mutterschaft Beiträge einbehalten werden, diese Beiträge von der ihm geschuldeten Rente in der nach den betreffenden Rechtsvorschriften berechneten Höhe einbehalten, soweit die Kosten der Leistungen aufgrund der Artikel 27, 28, 28a, 29, 31 und 32 zulasten eines Trägers des genannten Mitgliedstaats gehen.

Art. 30 Abs. 1 VO (EG) 883/2004 lautet:

Der Träger eines Mitgliedstaats, der nach den für ihn geltenden Rechtsvorschriften Beiträge zur Deckung der Leistungen bei Krankheit sowie der Leistungen bei Mutterschaft und der gleichgestellten Leistungen bei Vaterschaft einzubehalten hat, kann diese Beiträge, die nach den für ihn geltenden Rechtsvorschriften berechnet werden, nur verlangen und erheben, soweit die Kosten für die Leistungen nach den Artikeln 23 bis 26 von einem Träger in diesem Mitgliedstaat zu übernehmen sind.

Während es nach der Vorgängernorm lediglich möglich war, "Beiträge von der ( ) geschuldeten Rente ( ) ein(zu)behalten", sieht die nunmehr maßgebliche Regelung in Art. 30 Abs. 1 VO (EG) 883/2004 vor, dass entsprechende Beiträge "verlangt" und "erhoben" werden können, ohne die Beschränkung auf die "geschuldete Rente" zu enthalten. Damit unterliegen nunmehr auch gesetzliche Renten anderer Mitgliedstaaten ausdrücklich der Beitragspflicht nach Maßgabe der Vorschriften des Staates des kostenpflichtigen Trägers (vgl. Schreiber, in Schreiber/Wunder/Dern, VO (EG) Nr. 883/2004, Kommentar, Art. 30 RdNr. 2). Die Berechtigung zur Beitragserhebung auch auf ausländische Renten durch den Staat des kostenpflichtigen Trägers hatte der EuGH bereits im Urteil vom 18.07.2006 (C-50/05 N., in Juris) sogar unter Geltung der Vorgängerregelung in Art. 33 Abs. 1 VO (EWG) 1408/71 grundsätzlich anerkannt und hierzu ausgeführt:

"In einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens, in dem ein Träger des Wohnmitgliedstaates eine Rente gewährt und ein Träger dieses Staates für die Deckung der Krankenversicherungskosten sorgt, ist dieser Staat somit durch keine Bestimmung der Verordnung Nr. 1408/71 daran gehindert, die Höhe der Sozialversicherungsbeiträge eines dort Ansässigen anhand des Gesamtbetrags seiner Einkünfte zu berechnen, gleichviel ob sie von Renten aus dem Wohnmitgliedstaat stammen oder von Renten aus anderen Mitgliedstaaten."

Der Kläger kann sich daher hinsichtlich der grundsätzlichen Heranziehung seiner spanischen Rente zur Beitragsentrichtung für die gesetzliche KVdR nicht auf die Entscheidung des EuGH im Fall N. berufen.

2. Der Beklagten ist es auch nicht durch europarechtliche Regelungen verwehrt, die Rentenbeiträge beim Kläger zu erheben. Wie bereits dargestellt, erfolgt die Beitragserhebung durch an den Kläger gerichteten Bescheid auf der Grundlage der gesetzlichen Regelungen in §§ 249a, 252 SGB V und damit nach den im Wohnmitgliedstaat des Klägers geltenden Rechtsvorschriften. Hierzu ist die Beklagte nach Art. 30 Abs. 1 VO (EG) 883/2004 berechtigt. Diese Rechtsvorschriften muss der Kläger gegen sich gelten lassen, ohne dass es darauf ankommt, dass eine gesetzliche Verpflichtung des spanischen Rentenversicherungsträgers entsprechend § 252 SGB V zum Einbehalt von Beiträgen weder nach deutschem nationalen Recht noch nach spanischem Recht - entsprechend der dort bestehenden Beitragsfreiheit - besteht.

Der Kläger kann auch nicht mit seiner Auffassung durchdringen, dass eine Beitragserhebung nur durch Einbehalt von der Rente der DRV, nicht aber durch gegen ihn selbst gerichteten Beitragsbescheid, zulässig ist. Soweit der EuGH in dem Urteil N. (a.a.O.) festgestellt hatte, dass wegen der Begrenzung der Beitragshöhe auf den Betrag der vom Träger des Wohnmitgliedstaates gewährten Rente ein Abzug nur von der vom Wohnstaat gewährten Rente zulässig sei, beruht diese Einschränkung auf dem engeren Wortlaut der Regelung des Art. 33 Abs. 1 VO (EG) 1408/71. Wie dargestellt hat aber Art. 30 Abs. 1 VO (EG) 883/2004 gerade insoweit eine Ausweitung dahingehend erfahren, dass Beiträge generell "verlangt" und "erhoben" werden können, ohne dass dies - ausschließlich - aus dem Betrag der Rente des Wohnmitgliedstaates zu erfolgen hat (vgl. hierzu auch: Klein in Hauck/Noftz, EU-Sozialrecht, Kommentar, Art 30 - VO 883/04 RdNr. 9).

3. Die Beitragserhebung durch den streitgegenständlichen Bescheid der Beklagten verstößt auch weder gegen den europarechtlichen Grundsatz der Freizügigkeit noch gegen das Diskriminierungsverbot.

a.) Der Kläger macht einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot insbesondere mit der Argumentation geltend, dass er in Spanien als Rentner kostenfrei in der Krankenversicherung versichert wäre und diese Beitragsfreiheit bereits durch entsprechende Zahlungen während seines Erwerbslebens vorfinanziert habe. Der Kläger unterliegt indes aufgrund seines Wohnsitzes in Deutschland und des Bezugs einer Rente der DRV der gesetzlichen Versicherungspflicht in der KVdR, während sein Krankenversicherungsschutz - wie er selbst vorträgt - in Spanien ruht. Nach der Kollisionsregelung des Art. 23 VO (EG) 883/2004 unterliegt er damit allein der Krankenversicherungspflicht in Deutschland. Das für ihn als Doppelrentner auf seinen Sachleistungsanspruch anwendbare Recht bestimmt sich nach dieser Kollisionsregelung, die als zuständigen Träger des Sachleistungsanspruchs allein den Träger der gesetzlichen KVdR als den Träger des Wohnsitzstaates bestimmt (Schreiber, a.a.O. Art. 23 Rdnr. 1, 3).

Wenn der Kläger vorträgt, dass nicht alle Bezieher einer spanischen Rente in Deutschland der Krankenversicherung der Rentner unterfallen, so mag das zutreffen, etwa wenn eine Rentenberechtigung gegenüber dem deutschen Rentenversicherungsträger nicht besteht. Dieser Fall ist dann aber nicht vergleichbar mit dem Fall des Klägers. Er hat nur Anspruch auf Gleichbehandlung mit anderen pflichtversicherten Rentnern in der deutschen KVdR, die ebenfalls eine ausländische Rente beziehen. Diese Gleichbehandlung ist aber durch § 228 Abs. 1 Satz 2 SGB V gewährleistet, der - wie schon ausgeführt - nicht nur ausländische Renten aus EU-Mitgliedstaaten, sondern auch solche aus Drittstaaten der Beitragspflicht unterwirft (vgl. auch das Urteil des erkennenden Senats vom 10.12.2014 im Verfahren L 5 KR 1927/12 zur Beitragserhebung aus einer türkischen Rente). Zwar trifft es zu, dass diejenigen Rentner, die ungeachtet ihres Wohnortes in Deutschland weiterhin in Spanien krankenversichert sind, in Deutschland Sachleistungen durch das Formular E 121 erhalten und hierfür ein zwischenstaatlicher Ausgleich durch Zahlung von Pauschalen seitens des spanischen Staates erfolgt. Dabei handelt es sich aber nicht um einen vergleichbaren Fall mit dem des Klägers, der aufgrund des in Deutschland bestehenden Rentenanspruchs hier der KVdR unterliegt. Die Kostentragung für seinen Krankenversicherungsschutz erfolgt durch die Beklagte als dem zuständigen kostenpflichtigen Träger der KVdR. Sie ist daher berechtigt, zur Deckung ihrer Leistungen Beiträge zu erheben. Anders als im vom EuGH entschiedenen Fall R. (Urteil vom 10.05.2001 C-389/99, in Juris RdNr. 52f) handelt es sich nicht um Beiträge für Leistungen, die zu Lasten eines Trägers eines anderen Mitgliedstaates gehen. Nur solche Beiträge hat der EuGH im genannten Urteil für unzulässig gehalten.

b.) Die Beitragserhebung auf die spanische Rente verstößt auch nicht gegen den Grundsatz der Freizügigkeit (Art. 39 EG). Wenn der Kläger wiederum darauf abstellt, dass seine spanische Rente deshalb nicht zur Beitragsbemessung in der deutschen KVdR herangezogen werden dürfe, weil für ihn die Krankenversicherung in Spanien beitragsfrei und der Krankenversicherungsschutz dort schon über Anteile seines früheren Erwerbseinkommens vorfinanziert wäre, so dass es sich nicht um eine vergleichbare Rente i.S.v. § 228 Abs. 1 Satz 2 SGB V handele, kann er damit einen Verstoß gegen den Grundsatz der Freizügigkeit nicht begründen. Zwar hat der EuGH in dem Urteil N. (a.a.O. Juris-RdNr. 33 ff.) eine Beschränkung der Freizügigkeit dann angenommen, wenn die gesetzliche Regelung des Wohnstaates nicht die Krankenversicherungsbeiträge berücksichtige, die der Rentner bereits in den Jahren seiner Tätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat als dem Wohnstaat entrichtet habe. Der EuGH bezieht sich insoweit auf ein Urteil vom 15.06.2000 (C-302/98 S., in Juris), in dem er die Heranziehung einer französischen Zusatzrente zur Beitragsbemessung für die an die deutsche KVdR zu entrichtenden Beiträge mit ihrem Bruttobetrag deshalb beanstandet hat, weil damit auch ein Anteil der französischen Zusatzrente der Beitragsbemessung unterzogen worden war, der in Frankreich als Krankenversicherungsbeitrag bereits einbehalten worden war. In dieser zweifachen Beitragserhebung sah der EuGH ein Hemmnis für die Freizügigkeit, weil sie vor allem diejenigen Arbeitnehmer treffen könne, die Tätigkeiten in mehreren Mitgliedstaaten ausgeübt hätten.

Die Fallkonstellation im vorliegenden Rechtsstreit stellt sich aber anders dar, als in dem vom EuGH entschiedenen Fall S. Der Kläger muss vom Zahlbetrag seiner spanischen Rente gerade keine Krankenversicherungsbeiträge in Spanien abführen.

Allerdings hat der EuGH im Urteil N. seine Rechtsprechung über die Entscheidung im Fall S. hinaus erweitert und ein Hemmnis für die Freizügigkeit auch in den Fällen angenommen, in denen durch Rechtsvorschriften des Wohnstaates bei der Beitragsbemessung auch die Renten berücksichtigt werden, für die die betreffenden Rentner bereits in anderen Mitgliedstaaten Beiträge gezahlt haben, gleichviel ob sie von den Betroffenen selbst auf ihre Erwerbseinkünfte entrichtet oder ob sie unmittelbar von diesen Einkünften einbehalten wurden (Urteil vom 18.07.2006, a.a.O. Juris RdNr. 35). Der EuGH hat insoweit aber auch verlangt, dass von den Betroffenen nachgewiesen wird, dass solche früheren Beiträge tatsächlich gezahlt worden sind (a.a.O. Juris RdNr. 36). Aus letzterem ergibt sich, dass sich die Rechtsprechung des EuGH zur Berücksichtigung von Rentenanteilen bei der Beitragsmessung aus dem Fall N. nicht auf den hier zu entscheidenden Fall übertragen lässt. Denn nach dem Vortrag des Klägers ist der Anspruch auf beitragsfreie Krankenversicherung in Spanien nicht durch individuelle Beitragszahlungen während seines Erwerbslebens finanziert worden, sondern es handelt sich bei dem dortigen Krankenversicherungsschutz der Rentner um einen steuerfinanzierten Gesundheitsdienst (so auch die Angaben in der MISSOC-Datenbank der Europäischen Kommission, http://www.missoc.org). In einem solchen nicht beitragsfinanzierten Sozialversicherungssystem lassen sich frühere Beitragsanteile aus dem Erwerbseinkommen aber gerade nicht nachweisen. Eine individuelle Doppelverbeitragung, die der EuGH für unzulässig gehalten hat, kann damit schon vom Grundsatz her nicht vorliegen.

Der streitgegenständliche Beitragsbescheid der Beklagten ist damit auch unter europarechtlichen Gesichtspunkten nicht zu beanstanden. Einer Vorlage an den EuGH bedurfte es deshalb nach keinem der vom Kläger geltend gemachten Kriterien.

Die Berufung des Klägers konnte deshalb keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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