Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 25 R 4742/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 916/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 19. Januar 2012 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten beider Rechtszüge zu tragen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert für beide Rechtszüge wird endgültig auf EUR 3.164,86 festgesetzt.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen einschließlich der Umlagen nach dem Aufwendungsausgleichgesetz (AAG), im Folgenden einheitlich Gesamtsozialversicherungsbeiträge, in Höhe von EUR 3.164,86.
Bei der Klägerin handelt es sich um ein Einzelhandelsunternehmen, das einen Telefon- und Onlinevertrieb von Schlafdiagnosegeräten und Zubehör mit Sitz in W. betreibt. Inhaber ist R. B ...
In der Zeit vom 1. Dezember 2006 bis 31. Mai 2007 war die Beigeladene zu 1), die ein Schreibbüro in Existenzgründung betrieb, für die Klägerin tätig. Die Beigeladene zu 1) betrieb im Internet über die Plattform "Xing" Werbung. Danach umfasste ihr Angebot das Schreiben von Dokumenten, insbesondere im Anwaltsschriftverkehr, Telefonzentrale durch Anrufweiterschaltung für die Urlaubszeit, Postversand und Aufbau verschiedener Vertriebsstrukturen von Telefonmarketing bis zum Direktvertrieb. Arbeitnehmer beschäftigte die Beigeladene zu 1) in der Zeit vom 1. Dezember 2006 bis 31. Mai 2007 nicht.
Grundlage der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) bei der Klägerin war eine schriftliche (undatierte) "Vereinbarung" zwischen ihr und dem Inhaber der Klägerin folgenden Inhalts:
"Frau [Beigeladene zu 1] wird von Herr [Inhaber der Klägerin] beschäftigt und die Leistungen auf Stundenbasis von EUR 17,95 zzgl. der gesetzlichen MwSt verrechnet. Die Rechnung wird von Frau [Beigeladene zu 1] jeweils zum letzten eines jeden Monats geschrieben und ist innerhalb von 1 Woche zu begleichen.
Kündigung:
Es besteht eine 4wöchige Kündigungsfrist für beide Seiten.
Frau [Beigeladene zu 1] wird für ca. 20 Std/Woche beschäftigt. Die Stunden können bei erhöhtem Arbeitsaufwand variieren, mindestens werden aber 50 Std/Monat geleistet und auch zum o.g. Stundensatz abgegolten."
Die Klägerin kündigte. Die Beigeladene zu 1) erhielt eine Abfindung.
Die Beklagte führte bei der Klägerin am 14. April 2009 eine Betriebsprüfung betreffend den Zeitraum vom 1. Januar 2005 bis 31. Dezember 2008 durch. Mit Bescheid vom 15. April 2009 forderte die Beklagte von der Klägerin für den Prüfzeitraum Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Höhe von EUR 3.965,36 einschließlich Säumniszuschlägen in Höhe von EUR 800,50 für die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) bei der Klägerin vom 1. Dezember 2006 bis 31. Mai 2007. Zur Begründung führte die Beklagte aus, die Beigeladene zu 1) habe die von ihr im streitigen Zeitraum verrichtete Tätigkeit als Bürofachkraft in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis ausgeübt. Die Beurteilung der Frage, ob eine abhängige Beschäftigung vorliege, richte sich in erster Linie nach dem Recht der Sozialversicherung und erst nachrangig nach dem Parteiwillen. Maßgebend seien die tatsächlichen Verhältnisse, hinter denen die vertragliche Ausgestaltung bei deren Abweichen zurücktrete. Dabei sei eine Gesamtwürdigung anhand der Merkmale Weisungsgebundenheit, Eingliederung in den Betrieb oder Unternehmerrisiko vorzunehmen. Der Beigeladenen zu 1) sei eindeutig vorgegeben worden, welche Aufgaben sie zu leisten habe. Dies seien Terminvereinbarung, Rechnungswesen, Warenausgang, Telefonate, Ablage und Buchhaltung gewesen. Im Hinblick auf den vereinbarten Stundensatz sei die Beigeladene zu 1) auch nicht in der Lage gewesen, eigene Mitarbeiter zu beschäftigen. Sie sei daher zur persönlichen Leistungserbringung gezwungen gewesen. Sie habe letztlich einem umfassenden Weisungsrecht unterlegen. Von einer Eingliederung in den Betrieb der Klägerin sei auszugehen, da die Beigeladene zu 1) ihre Tätigkeit als Bürofachkraft unter Anweisungen des "Geschäftsführers" und unter Benutzung der dort vorhandenen Arbeitsgeräte verrichtet habe. Auch habe die Beigeladene zu 1) kein Unternehmerrisiko getragen. Es hätten sich keinerlei Anhaltspunkte für ein unternehmerisches Auftreten am Markt erkennen lassen. Die Beigeladene zu 1) habe weder eine eigene Betriebsorganisation noch eine eigene Betriebsstätte besessen. Auch seien von ihr weder Betriebskapital noch Arbeitsmittel eingesetzt worden. Eigene Mitarbeiter habe sie ebenfalls nicht beschäftigt. Die Entlohnung durch die Klägerin sei nicht nach Erfolg, sondern nach festem Stundenlohn erfolgt. Gegenüber Kunden sei sie zudem nicht unter ihrem eigenen Betriebsnahmen, sondern als Mitarbeiter der Firma des Auftraggebers aufgetreten. Zwar habe die Beigeladene zu 1) ein eigenes Gewerbe angemeldet. Dies habe sich jedoch lediglich als Rechtsfolge einer selbstständigen Tätigkeit dargestellt und sage über den Status einer Beschäftigung nichts aus. Die bloße Anmeldung des Gewerbes sei für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung daher unerheblich. Zudem würden für Säumniszuschläge ab Fälligkeit bis zum 31. März 2009 berechnet, da die Versicherungsfreiheit nicht habe nachgewiesen werden können. Im Übrigen habe die Klägerin vor der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) eine Bürofachkraft beschäftigt, die der Sozialversicherungspflicht unterlegen habe.
Die Klägerin erhob mit Schreiben vom 27. April 2009 Widerspruch. Weder die Einstufung der Klägerin als abhängig Beschäftigte noch die Festsetzung von Säumniszuschlägen sei nachvollziehbar. Die Beigeladene zu 1) sei im Internet als Unternehmerin aufgetreten und für verschiedene Auftraggeber tätig gewesen. Eine Eingliederung in ihren (der Klägerin) Betrieb habe nicht stattgefunden. Die Beigeladene zu 1) werde auch als Unternehmerin beim Finanzamt geführt. Auch das Argument der Beklagten, die Beigeladene zu 1) verfüge über keine eigenen Arbeitsmittel, sondern setze lediglich die eigene Arbeitskraft ein, könne keine Arbeitnehmereigenschaft begründen. Die Beigeladene zu 1) habe auch ihr eigenes Schreibmaterial eingesetzt. Sie habe häufig von ihrem eigenen Betriebssitz aus gearbeitet und hierfür ihr Telefon und ihren eigenen PC genutzt. Lediglich vor Ort habe sie ihr (der Klägerin) Telefon verwendet. Für die Beigeladene zu 1) sei eine Rufumleitung eingerichtet worden, so dass sie von zu Hause aus habe arbeiten können. Dies habe ihr (der Klägerin) eine Extraabrechnung für Auslandstelefonate und Kosten für die Handybenutzung erspart. Die Telefonakquise habe die Beigeladene zu 1) fast ausschließlich von ihrem eigenen Büro aus durchgeführt. Auch habe die Beigeladene zu 1) keine festen Arbeitszeiten gehabt. Telefonate seien allerdings zu 95% im Rahmen der allgemeinen Geschäftszeiten möglich gewesen. Die Beigeladene zu 1) sei zudem nicht verpflichtet gewesen, ihre Arbeiten persönlich zu erbringen. Schließlich habe die Beigeladene zu 1) keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und keinen Urlaubsanspruch gehabt. Sie habe zudem eigenes Kapital für Fortbildung und Beschaffung von Arbeitsmitteln einsetzen müssen. Im Übrigen sei die Anhörung am 14. April 2009 mit ihrem (der Klägerin) Inhaber nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden. Bereits einen Tag später sei der Bescheid ergangen, mit dem eine Beitragsnachforderung erhoben worden sei.
Dem gleichzeitig mit Widerspruch gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Beitragsbescheids aus der Betriebsprüfung vom 15. April 2009 gab die Beklagte mit Bescheid vom 30. Juni 2009 statt.
Auf Aufforderung der Beklagten gab die Beigeladene zu 1) im Rahmen eines ihr vorab übersendeten Fragebogens, der ausgefüllt am 29. Januar 2010 bei der Beklagten einging, an, sie habe für die Klägerin die Buchhaltung erledigt, Rechnungen geschrieben und Telefondienste übernommen. Vor dieser Tätigkeit sei sie für die Klägerin nicht als Arbeitnehmerin tätig gewesen. Sie habe ein Gewerbe angemeldet; Gewerbesteuern zahle sie allerdings wegen Unterschreitung der maßgeblichen Einkommensgrenze nicht. Ihre Firma betreibe sie in der Rechtsform einer Einzelfirma. Seit April 2005 unterhalte sie eigene Geschäftsräume. Da das Büro der Klägerin habe besetzt sein müssen, habe sie die Arbeitszeit nicht frei gestalten können. Wegen "Telefon und Post" sei kurzfristig eine regelmäßige Arbeitszeit vereinbart worden, die einzuhalten gewesen sei. Sie habe sich auf ca. 20 Stunden pro Woche belaufen. Die Tätigkeiten habe sie in den Räumen der Klägerin auszuführen gehabt. Hinsichtlich der Ausführung der Arbeit seien Weisungen erteilt worden. Eigene Werbung sei ihr erlaubt gewesen. Ihre Arbeiten seien teilweise kontrolliert worden, da es sich um medizinische Rechnungen gehandelt habe. Eine Eingliederung in den betrieblichen Ablauf habe nicht stattgefunden. Allerdings sei dies für den Telefon-, Rechnungs- und Postdienst erforderlich gewesen. Es habe eine Verpflichtung bestanden, die Arbeiten persönlich auszuführen. Die Einstellung von Vertretungs- bzw. Hilfskräften sei von der Zustimmung der Klägerin abhängig gewesen. Ihr sei eine EDV-Anlage und das Telefon zur Verfügung gestellt worden, die der Klägerin eine Kontrollmöglichkeit eingeräumt hätten. An eigenen Arbeitsmitteln habe sie einen eigenen PC für Internetrecherchen sowie ein Telefon eingesetzt, wenn sie von ihrem eigenen Büro aus Termine vereinbart habe. Zu einem späteren Zeitpunkt der Beschäftigung sei ihr eine Einwahlmöglichkeit übers Internet eingerichtet worden, da sie häufig auch Auslandstelefonate geführt habe. Die Übernahme bestimmter Aufträge habe sie ablehnen können. Ihr unternehmerisches Risiko habe darin bestanden, dass sie auf Stundenbasis abgerechnet habe. Dies ergebe sich aus dem zwischen ihr und der Klägerin geschlossenen Vertrag. Sie habe mehrere Auftraggeber gehabt und einen eigenen Kundenstamm besessen. Auch habe sie ihre Preise selbst gestalten können. Weitere Tätigkeiten bei anderen Auftraggebern seien ihr erlaubt gewesen. Lohnsteuer sei für sie nicht entrichtet worden. Sie sei verpflichtet gewesen, Umsatzsteuer zu entrichten und sei zur Einkommensteuer veranlagt worden. Für Zeiten der Arbeitsunfähigkeit habe kein Anspruch auf Vergütung bestanden. Auch habe sie keinen Anspruch auf bezahlten Urlaub gehabt. Im Rahmen einer ergänzenden telefonischen Befragung der Beigeladenen zu 1) gab diese gegenüber der Beklagten an, ihre Betriebsräume hätten in einem Arbeitszimmer zu Hause bestanden. Dort habe sie über einen PC, einen Drucker und ein Telefon verfügt. Spezielle Buchhaltungs- oder Lohnabrechnungs-Software habe sie nicht, lediglich die üblichen Office-Anwendungen wie Word, Excel usw. Während der Tätigkeit für die Klägerin habe sie drei bis vier andere Auftraggeber gehabt, für die sie vor allem Telefondienstleistungen erbracht habe. Für diese Auftraggeber sei sie ausschließlich von zu Hause aus tätig geworden. Sie sei für die Klägerin überwiegend in den Räumen der Klägerin tätig gewesen. Im Arbeitszimmer von zu Hause aus habe sie vor allem Arbeiten verrichtet, die per Telefon zu erledigen gewesen seien, wie beispielsweise Termine für den Inhaber der Klägerin zu vereinbaren oder Bestellungen entgegenzunehmen. Den überwiegenden Teil der Arbeiten habe sie jedoch nur in den Räumen der Klägerin verrichten können, da sie auf dortige Unterlagen und Einrichtungen habe zurückgreifen müssen. Dies habe insbesondere Buchungsarbeiten oder das Schreiben von Rechnungen betroffen.
Mit Änderungsbescheid vom 12. Mai 2010 reduzierte die Beklagte die sich aus der Prüfung ergebende Nachforderung auf insgesamt EUR 3.164,86 mit der Begründung, dass die Säumniszuschläge zu Unrecht erhoben worden seien. Demgegenüber hielt sie an der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) für die Klägerin fest.
Mit Widerspruchsbescheid vom 1. Juli 2010 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch der Klägerin im Übrigen zurück. Zur Begründung führte er aus, von einer völligen Weisungsfreiheit könne nicht ausgegangen werden. Art und Inhalt der von der Beigeladenen zu 1) zu leistenden Arbeiten seien ihr vorgegeben worden. Es habe sich nicht um ein konkretes, abgrenzbares Projekt gehandelt, sondern der Beigeladenen zu 1) sei ein bestimmtes Tätigkeitsfeld zugewiesen worden. Es habe sich somit um Vorgaben gehandelt, wie sie typisch für einen Arbeitnehmer seien. Die anfallenden Arbeiten habe die Beigeladene zu 1) größtenteils ohne konkrete Einzelanweisungen verrichtet. Rücksprachen bzw. Abstimmungen zu bestimmten Sachverhalten seien immer notwendig gewesen. Auch seien die Arbeiten zumindest teilweise kontrolliert worden. Soweit die Beigeladene zu 1) Arbeiten eigenständig, das heißt frei von Einzelanweisungen, verrichtet habe, sei dies allein kein Indiz für eine selbstständige Tätigkeit. In fachlicher Hinsicht hätten der Beigeladenen zu 1) keine Freiheiten zugestanden, welche über die einer abhängig Beschäftigten in gleicher Position hinausgegangen seien. Auch von einer örtlichen Weisungsfreiheit könne nicht ausgegangen werden, da die Beigeladene zu 1) die Arbeiten zumindest teilweise in den Räumen der Klägerin habe ausüben müssen. Auch in zeitlicher Hinsicht sei die Beigeladene zu 1) nur bedingt weisungsfrei gewesen. Dies gelte insbesondere im Hinblick auf den von ihr durchzuführenden Telefondienst. Im Übrigen sei auch der zeitliche Gesamtumfang der zu leistenden Arbeit vertraglich festgelegt gewesen, denn es sei eine durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit sowie eine monatliche Mindestarbeitszeit, wie dies arbeitnehmertypisch sei, vereinbart worden. Auch sei die Beigeladene zu 1) in den Betrieb der Klägerin integriert gewesen. Insbesondere sei sie von anderen ausschließlich als Mitarbeiterin der Klägerin wahrgenommen worden. Im Hinblick auf die tatsächliche Ausgestaltung der Tätigkeit sei auch davon auszugehen, dass die Beigeladene zu 1) die Arbeiten habe persönlich verrichten müssen. Ein unternehmerisches Risiko habe die Beigeladene zu 1) zudem ebenfalls nicht getragen, da sie nur vorhandene und auch der Privatnutzung zugängliche Mittel verwendet habe. Das Arbeitszimmer habe sich in ihrer Privatwohnung befunden. Der Erfolg des Einsatzes der persönlichen und sachlichen Mittel sei nicht ungewiss gewesen, weil die Klägerin die Beigeladene zu 1) nach Stunden bezahlt habe. Auch wenn Steuerberater gelegentlich Arbeitsmittel ihres Auftraggebers mitnutzten und in dessen Räumen vorübergehend tätig seien, sei eine Vergleichbarkeit zur Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) nicht gegeben. Bei Steuerberatern lägen in solchen Fällen genau definierte Arbeitsaufträge im Rahmen eines Werkvertrages vor. Eine derartige Eingrenzung auf ein oder mehrere konkrete Projekte oder konkrete Aufträge sei im Fall der Beigeladenen zu 1) nicht gegeben gewesen. Gegen das Vorhandensein unternehmerischer Chancen spreche, dass die Beigeladene beim vorliegenden Sachverhalt Mehreinnahmen nur durch höheren Arbeitsumfang habe erzielen können. Eine Möglichkeit zur Erhöhung des Gewinns durch Einsatz zusätzlicher Sachmittel oder den Einsatz eigener Mitarbeiter sei nicht erkennbar. Auch sei die Gewerbeanmeldung kein Kriterium für eine Selbstständigkeit. Dies gelte auch für die Nichtgewährung von Lohnfortzahlung im Krankheits- oder Urlaubsfall. Derartige Ansprüche hätten abhängig Beschäftigte kraft Gesetzes. Sie seien Rechtsfolge und nicht Voraussetzung einer abhängigen Beschäftigung. Soweit die Beigeladene zu 1) Fortbildungskosten selbst getragen haben sollte, ließen sich diese im Regelfall nicht als Indiz für eine selbstständige Tätigkeit werten. Auch die Tätigkeit für andere Auftraggeber habe keine unmittelbare Auswirkung auf die Beurteilung der für die Klägerin ausgeübten Tätigkeit.
Die Klägerin erhob am 3. August 2010 Klage vor dem Sozialgericht Stuttgart (SG). Unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vortrags führte sie aus, die Beigeladene zu 1) habe in eigenem Namen und auf eigene Rechnung Leistungen erbracht und eine eigenständige Entscheidung über Einkaufs- und Verkaufspreise, Einstellung von Personal, Einsatz von Kapital und Maschinen getroffen. Die Vereinbarung einer monatlichen Mindestabnahme von 50 Stunden sowie die Höhe der Stundenvergütung beruhe auf der Forderung der Beigeladenen zu 1), die sich zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses in der Existenzgründung befunden habe. Auch habe keine Weisungsbefugnis ihrerseits (der Klägerin) bestanden. Eine solche ergebe sich weder aus dem schriftlichen Vertrag noch aus dem tatsächlichen Handeln der Beteiligten. Lediglich seien Abstimmungen zwischen ihr und der Beigeladenen zu 1) zur Erfüllung der sich aus dem Vertrag ergebenden Verpflichtungen erforderlich gewesen; Einzelanweisungen seien nicht erteilt worden. Auch sei die Beigeladene zu 1) frei in der Wahl ihres Arbeitsortes gewesen. Deren Anwesenheit in ihren Büroräumen habe nicht auf ihrer Weisung beruht, sondern sei durch Rückfragen und Abstimmungen mit ihrem Inhaber erforderlich geworden. Auch habe eine zeitliche Weisungsgebundenheit nicht bestanden. Es seien weder bestimmte Wochentage noch feste tägliche Arbeitszeiten vereinbart gewesen. Ferner habe es an einer betrieblichen Integration der Beigeladenen zu 1) in ihren Betrieb gefehlt. Eine solche könne auch nicht aus dem Telefondienst abgeleitet werden. In dessen Rahmen habe die Beigeladene zu 1) durch ihre (der Klägerin) Kunden als deren Mitarbeiterin wahrgenommen werden können. Aber auch andere Unternehmen würden ihre Hotline aus dem Betrieb ausgliedern, um sie durch Subunternehmer im Namen des Auftraggebers zu festen Zeiten betreiben zu lassen. Der Telefondienst in ihrem Betrieb habe nur einen kleinen Teil der Aufgaben der Beigeladenen zu 1) bei ihr umfasst, weswegen die betriebliche Integration hierdurch nicht begründet worden sei. Auch ergebe sich eine Verpflichtung zur persönlichen Arbeitsleistung weder aus dem schriftlichen Arbeitsvertrag noch aus den tatsächlichen Verhältnissen; die Beigeladene zu 1) habe in der Gründungsphase ihres Unternehmens nur kein Geld für Mitarbeiter gehabt. Das Unternehmerrisiko der Beigeladenen zu 1) habe im Vorhalten eines Arbeitszimmers, eines PC, eines Druckers und eines Telefons bestanden. Als wirtschaftlich denkender Unternehmer greife man zunächst auf bereits vorhandene Betriebsmittel zurück. Im Übrigen habe auf Seiten der Beigeladenen zu 1) ein Kalkulationsrisiko auf Grund des angebotenen Stundenlohns bestanden. Unternehmenschancen seien insofern gegeben gewesen, als die Beigeladene zu 1) eigene Mitarbeiter habe einstellen können, wodurch eine Gewinnsteigerung möglich gewesen wäre.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Unter Verweisung auf die Ausführung in den angefochtenen Bescheiden führte sie ergänzend aus, aus der Klagebegründung ergebe sich, dass die Beigeladene zu 1) faktisch inhaltliche bzw. fachliche Weisungen erhalten habe. In zeitlicher und örtlicher Hinsicht hätten teilweise zwingende Vorgaben bestanden, wann und wo die Arbeiten zu verrichten gewesen seien. Klassisch arbeitnehmertypisch sei die Vereinbarung über den Mindestarbeitsumfang und den Anspruch, auf jeden Fall diese Mindestarbeitszeit vergütet zu bekommen. Für die Integration in den Betrieb spreche teilweise die Nutzung der Arbeitsmittel der Klägerin durch die Beigeladene zu 1) sowie die Tatsache, dass Letztere die Leistungen ausschließlich selbst erbracht habe.
Die mit Beschluss des SG vom 25. Mai 2011 Beigeladenen zu 2) und 3) schlossen sich den Ausführungen der Beklagten an. Die mit Beschluss des SG vom 9. Mai 2011 Beigeladene zu 1). Die mit Beschluss vom 25. Mai 2011 Beigeladene zu 4) äußerte sich nicht.
Mit Urteil vom 19. Januar 2012 hob das SG die Bescheide der Beklagten vom 15. April 2009 und 12. Mai 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Juli 2010 auf. Die Bescheide seien rechtswidrig, da ein Anspruch auf Nachentrichtung von (Gesamt )Sozial-versicherungsbeiträgen für die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) bei der Klägerin im streitigen Zeitraum nicht bestanden habe. Die Beigeladene zu 1) habe ihre Tätigkeit für die Klägerin nicht im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt. Die Beigeladene zu 1) habe keinem umfassenden Weisungsrecht hinsichtlich Zeit, Ort, Dauer und Inhalt der Ausführungen ihrer Tätigkeit unterlegen. Sie habe im Wesentlichen vielmehr ihre Arbeitszeit selbst gestalten können, denn sie habe die Schreibarbeiten mit nach Hause nehmen und von dort aus Aufgaben zu Zeiten erledigen können, die sie selbst bestimmt habe. Außerdem habe die Beigeladene zu 1) auch Aufträge ablehnen können. Hieran ändere auch nichts der von ihr absolvierte Telefondienst im Rahmen der üblichen Geschäftszeiten der Klägerin, denn die Beachtung der Geschäftszeiten im Rahmen des Telefondienstes sei durch die Natur der Tätigkeit und nicht durch Weisung des Arbeitgebers vorgegeben. Auch die Vereinbarung einer durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit und einer monatlichen Mindestarbeitszeit stelle kein umfassendes arbeitgeberrechtliches Weisungsrecht hinsichtlich der Arbeitszeit dar. Ferner habe die Beigeladene zu 1) in örtlicher Hinsicht nicht einem umfassenden Weisungsrecht der Klägerin unterlegen, da sie ihre Tätigkeit nach eigener Wahl zu Hause oder im Büro der Klägerin habe erledigen können. Dass die Beigeladene zu 1) ihre Aufgaben teilweise tatsächlich im Betrieb der Klägerin erledigt habe, beruhe nicht auf einer konkreten Einzelweisung der Klägerin, sondern vielmehr auf der Notwendigkeit, bestimmte Unterlagen zu verwenden, die gegebenenfalls aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht nach Hause hätten mitgenommen werden können oder auf Grund der zu benutzenden Buchungssoftware. Ebenso habe die durch Rücksprachen oder Abstimmungen erforderliche Anwesenheit kein Weisungsrecht in örtlicher Hinsicht beinhaltet. Dies gelte auch für den Inhalt der von der Klägerin zu verrichtenden Tätigkeit. Eine Eingliederung in den fremden Betrieb der Klägerin habe nicht stattgefunden, denn die Beigeladene zu 1) habe weder dort ihr eigenes Büro gehabt noch seien Anhaltspunkte für ein arbeitsteiliges Zusammenarbeiten vorgetragen worden oder ersichtlich. Zwar habe die Beigeladene zu 1) teilweise einen Schreibtisch bei der Klägerin benutzen können, jedoch habe sie hierzu nicht immer die Möglichkeit gehabt, sondern habe sich an den Schreibtisch nur setzen können, wenn dieser gerade frei gewesen sei. Im Hinblick auf die nur sechs bis acht Wochen andauernde Verpflichtung der Beigeladenen zu 1) (bis zur Einrichtung der Rufumleitung), den Telefondienst aus den Büroräumen der Klägerin zu verrichten, könne nicht auf eine Prägung im Hinblick auf eine abhängige Beschäftigung geschlossen werden. Dass die Beigeladene zu 1) die Buchungssoftware und die Software zur Erstellung von Lohnabrechnungen bei der Klägerin verwendete, stelle zwar eine Nutzung von durch die Klägerin bereit gestellten Arbeitsmitteln dar, die auch bei Arbeitnehmern typischerweise vorkomme. Andererseits seien die Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, denn die Beigeladene zu 1) habe sich in der Gründungsphase ihrer Selbstständigkeit befunden und in dieser Zeit nur für die Klägerin Buchhaltungsarbeiten vorgenommen. Auch habe die Beigeladene zu 1) in gewissem Umfang unternehmerische Risiken zu tragen gehabt. Dies gelte für Telefonkosten im Fall der Arbeit vom eigenen Büro aus, was wiederum Auswirkungen auf das Kalkulationsrisiko hinsichtlich ihres Stundenlohnes gehabt habe. Auch die Bezahlung nach Stunden und die Vereinbarung einer Mindestabnahme seien übliche Kriterien für eine selbstständige Tätigkeit. Schließlich habe die Beigeladene zu 1) Aufträge ablehnen können, um für weitere Auftraggeber tätig zu werden. Sie habe zudem zeitgleich - etwa während der Rufumleitung und des Telefondienstes - zu Hause für weitere Auftraggeber tätig werden können. Dieser Umstand sei untypisch für ein Arbeitnehmerverhältnis, bei dem regelmäßig die volle Arbeitskraft während der Arbeitszeit geschuldet sei. Auch sei sie nicht zur persönlichen Arbeitsleistung verpflichtet gewesen.
Gegen das ihr am 2. Februar 2012 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 1. März 2012 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt sie unter Vertiefung ihres bisherigen Vortrags vor, Art und Inhalt der von der Beigeladenen zu 1) zu erbringenden Arbeiten seien vorgegeben gewesen. Die Vorgabe eines allgemeinen Tätigkeitsfeldes (hier einer kaufmännischen Fach-/Bürokraft) seien typisch für eine Arbeitnehmertätigkeit und stünden im Gegensatz zu einem konkret abgrenzbaren Auftrag an einen Selbstständigen. Die von der Beigeladenen zu 1) zu verrichtenden Arbeiten konkretisierten sich durch den Kundenkontakt und deren jeweilige Anliegen. Die Beigeladene zu 1) habe dabei insbesondere deswegen funktionsgerecht dienend am Arbeitsprozess der Klägerin teilgenommen, da konkrete Verhandlungs- und Entscheidungsspielräume im Rahmen der Kundenwünsche nur der Klägerin selbst zugestanden hätten. Insoweit hätten immer wieder Rücksprachen und Abstimmungen zu bestimmten Sachverhalten stattfinden müssen. Auch seien Kontrollen durchgeführt worden. Dies gelte sowohl für die medizinischen Rechnungen als auch für die Möglichkeit der Kontrolle durch Aktivierung und Deaktivierung der Rufumleitung. Zudem habe der Inhaber der Klägerin von einer Einarbeitungszeit gesprochen. In fachlicher Hinsicht hätten der Beigeladenen zu 1) keine Freiheiten zugestanden, die über die einer abhängig Beschäftigten in gleicher Position hinausgegangen seien. Im Übrigen habe die Beigeladene zu 1) die gleiche Tätigkeit ausgeübt wie eine zuvor bei der Klägerin abhängig beschäftigte Bürofachkraft. Im Gegensatz zur Annahme des SG handele es sich bei Xing nicht primär um eine Werbeplattform im Internet, sondern um ein Web-basiertes soziales Netzwerk, das vorrangig der Verwaltung von geschäftlichen Kontakten diene. Im Fragebogen vom August 2009 habe die Beigeladene zu 1) zudem erklärt, dass sie für die bei der Klägerin ausgeübte Tätigkeit keine berufliche Werbung betrieben habe. Infolge der Mindeststundenregelung habe die Beigeladene zu 1) über ein festes Einkommen in Höhe von EUR 897,50 netto pro Monat verfügen können. Weitere Mitarbeiter seien zudem nicht von der Beigeladenen zu 1) beschäftigt worden. Im Übrigen sei von der Möglichkeit Hilfskräfte einzusetzen, nie Gebrauch gemacht worden. Auch die sich aus dem Fragebogen ergebene Verpflichtung der Beigeladenen zu 1), der Klägerin unverzüglich mitzuteilen, wenn die Tätigkeit insbesondere krankheitsbedingt nicht zeitgerecht erfüllt werden konnte, spreche dafür, dass von einer persönlichen Leistungserbringung ausgegangen worden sei. Insoweit könne davon ausgegangen werden, dass nicht ein bestimmter Erfolg, sondern vielmehr eine Arbeitsleistung in einem zumindest teilweise zeitlich vorgegebenen Umfang geschuldet gewesen sei. Entsprechend des Aktenvermerks (des Betriebsprüfers) vom 10. Juni 2009 sei der Beigeladenen zu 1) im Hinblick auf die Ausübung eines vertraglich vereinbarten Kündigungsrechts seitens der Klägerin eine Abfindung gezahlt worden, die im Rahmen eines Auftraggeber-/Auftragnehmerverhältnisses untypisch sei. Auf Grund der Angaben der Beigeladenen zu 1) sei davon auszugehen, dass die Tätigkeiten für die Klägerin überwiegend in deren Räumlichkeiten durchgeführt worden seien, da sie auf die dortigen Unterlagen und Einrichtungen (hierunter falle auch die dafür notwendige Buchungssoftware und die Software zur Einstellung von Lohnabrechnungen) habe zurückgreifen müssen. Auch hätten datenschutzrechtliche Gründe die Erledigung der Arbeiten in den Räumlichkeiten der Klägerin erforderlich gemacht. Insoweit liege auch eine Eingliederung in den Betrieb der Klägerin vor. Ferner habe die Nutzung der durch die Klägerin vorgehaltenen Einrichtung (Schreibtisch, PC, Telefon) einer zeitlichen Absprache bedurft, da der Arbeitsplatz mit anderen Mitarbeitern der Klägerin habe geteilt werden müssen. Im Hinblick auf die Telefontätigkeit sei die Beigeladene zu 1) sowohl an die Geschäftszeiten der Klägerin gebunden gewesen als auch an die Außentermine, die durch den Inhaber der Klägerin wahrgenommen worden seien, da hierdurch die Übernahme des Telefonservices bedingt und zeitlich gestaltet worden sei. Ein Unternehmerrisiko habe nicht bestanden. Die Beigeladene zu 1) habe lediglich ihre Arbeitskraft zur Verfügung gestellt und im Hinblick auf einen festgelegten Stundensatz und eine Mindeststundenzahl ein regelmäßig gleichmäßiges Arbeitsentgelt erhalten. Insoweit sei sie nicht für den Erfolg ihrer Arbeit bezahlt worden. Die Vergütung sei weder erfolgs- noch leistungsbezogen gewesen. Auch die Betriebsräume der Beigeladenen zu 1), die aus einem häuslichen Arbeitszimmer, einem PC, einem Drucker und einem Telefon bestanden hätten, führten nicht zu einem Unternehmerrisiko. Eine spezielle Buchhaltungs- oder Lohnabrechnungssoftware sei nicht vorgehalten worden. Dies gelte auch für die kostenfreie Anmeldung bei Xing. Eine Gewinnerhöhung durch unternehmerisches Geschick wie beispielsweise den Einsatz von Hilfsmitteln oder einer besonders effektiven Arbeitsmethode sei der Beigeladenen zu 1) auf Grund des fest vereinbarten Stundensatzes nicht möglich gewesen. Der Umstand, dass die Beigeladene zu 1) im Falle krankheits- oder urlaubsbedingter Verhinderungen keine Vergütung erhalten habe, sei lediglich eine zwangsläufige Folge der zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) vereinbarten freiberuflichen Tätigkeit. Im Übrigen sei auch die flexible Arbeitszeitgestaltung im Rahmen von Arbeitsverhältnissen nicht ungewöhnlich. Letztlich sei die Beigeladene zu 1) gegenüber den Kunden der Klägerin auch nicht als Selbstständige aufgetreten und habe sich nach außen nicht abgegrenzt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 19. Januar 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Anweisungen würden auch im Rahmen selbstständiger Tätigkeiten erteilt und machten diese noch lange nicht zu einer abhängigen Beschäftigung. Eine Eingliederung in den Betrieb der Klägerin habe nicht stattgefunden. Hinsichtlich der Schreibarbeiten habe die Beigeladene zu 1) ihre Arbeitszeit selbst bestimmen können. Soweit sich die Beklagte auf die Rufumleitung beziehe, handelt es sich lediglich um einen für sie möglichen Weg, die abgerechneten Stunden der Beigeladenen zu 1) zu überprüfen. Auch übersehe die Beklagte, dass die Beigeladene zu 1) konkrete Dienstleistungen erbracht habe, die wenig bis keine Verhandlungs- und Entscheidungsspielräume erfordert hätten. Auch die Tätigkeit für weitere Auftraggeber spreche gegen eine Arbeitnehmertätigkeit. Ferner sei es der ausdrückliche Wille der Beteiligten gewesen, eine selbstständige Tätigkeit zu vereinbaren. Die Beigeladene zu 1) habe zudem ihre Dienstleistungen auf der Werbeplattform Xing lediglich als Freiberuflerin angeboten. Somit sei die Beigeladene zu 1) bereits zu Beginn ihrer selbstständigen Tätigkeit werbend tätig geworden, was gegen eine Arbeitnehmereigenschaft spreche.
Die Beigeladenen haben im Berufungsverfahren keine Anträge gestellt und keine Stellungnahme abgegeben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die gemäß §§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig und insbesondere statthaft im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG. Der Beschwerdewert von EUR 750,00 (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr.1 SGG) ist überschritten, denn die Klage betrifft eine Beitragsnachforderung i.H.v. EUR 3.164,86.
II.
Die Berufung der Beklagten ist auch begründet. Das SG hat der Anfechtungsklage zu Unrecht stattgegeben. Der Bescheid der Beklagten vom 15. April 2009 in der Fassung des Teilabhilfebescheids vom 12. Mai 2010, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. Juli 2010 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Beigeladene zu 1) hat ihre Tätigkeit für die Klägerin im Zeitraum vom 1. Dezember 2006 bis 31. Mai 2007 im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung ausgeübt, weshalb sie der Versicherungspflicht in der Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung unterlegen hat. Die Beklagte hat gegenüber der Klägerin daher zu Recht eine Beitragsnachforderung in Höhe von EUR 3.164,86 erhoben.
Die Beklagte ist nach § 28p Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. November 2009 (BGBl. I, S. 3710) für die Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen zuständig. Danach prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen alle vier Jahre (Satz 1). Die Prüfung umfasst auch die Lohnunterlagen der Beschäftigten, für die Beiträge nicht gezahlt wurden (Satz 4). Gemäß § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern.
Diese Befugnis der Beklagten schließt die Rechtsmacht ein, einen Verwaltungsakt mit Drittwirkung zu erlassen und damit rechtsgestaltend im Sinne von § 12 Abs. 2 Satz 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) in die Rechtssphäre des Arbeitnehmers (hier der Beigeladenen zu 1)) als Drittbetroffener einzugreifen. Die Beklagte kann somit entweder den an den Arbeitgeber gerichteten Bescheid gegenüber dem Drittbetroffenen mit dem Hinweis, dass dieser berechtigt sei, Rechtsbehelfe einzulegen, bekanntgeben. Sie kann aber ebenso unter Bezugnahme auf die Betriebsprüfung einen zwar formell, aber nicht materiell eigenständigen Bescheid gegenüber dem Drittbetroffenen erlassen (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 17. Dezember 2014 - B 12 KR 13/13 R -; Terminbericht Nr. 60/14; Volltext des Urteils noch nicht veröffentlicht; Landessozialgericht [LSG] Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12. August 2002 - L 1 KR 66/02 -, in juris; Kasseler Kommentar-Wehrhahn, Stand 1. Dezember 2012, § 28p SGB IV RdNr. 6b, jeweils m.w.N.; andere Ansicht: Jochim in: jurisPK-SGB IV, 2. Aufl. 2011, § 28p SGB IV, RdNr. 139, der lediglich die Bekanntgabe des an den Arbeitgeber gerichteten Bescheids für zulässig hält).
Für die Zahlung von Beiträgen von Versicherungspflichtigen aus Arbeitsentgelt zur gesetzlichen Krankenversicherung, gesetzlichen Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung und sozialen Pflegeversicherung gelten nach § 253 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), § 174 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) sowie § 60 Abs. 1 Satz 2 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) die Vorschriften über den Gesamtsozialversicherungsbeitrag (§§ 28d bis 28n und 28r SGB IV). Diese Vorschriften gelten nach § 1 Abs. 1 Satz 2 SGB IV, § 348 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) auch für die Arbeitslosenversicherung bzw. Arbeitsförderung. Nach § 28e Abs. 1 Satz 1 SGB IV hat den Gesamtsozialversicherungsbeitrag der Arbeitgeber zu zahlen. Als Gesamtsozialversicherungsbeitrag werden nach § 28d Satz 1 SGB IV die Beiträge in der Kranken- oder Rentenversicherung für einen kraft Gesetzes versicherten Beschäftigten oder Hausgewerbetreibenden sowie der Beitrag des Arbeitnehmers und der Teil des Beitrags des Arbeitgebers zur Bundesagentur für Arbeit, der sich nach der Grundlage für die Bemessung des Beitrags des Arbeitnehmers richtet, gezahlt. Dies gilt auch für den Beitrag zur Pflegeversicherung für einen in der Krankenversicherung kraft Gesetzes versicherten Beschäftigten (§ 28d Satz 2 SGB IV). Die Mittel zur Durchführung des Ausgleichs der Arbeitgeberaufwendungen im Rahmen der Lohnfortzahlung werden nach dem seit 1. Januar 2006 gültigen § 7 Abs. 1 AAG durch eine Umlage von den am Ausgleich beteiligten Arbeitgebern aufgebracht. Versicherungspflichtig sind in der Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, in der Rentenversicherung nach § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI, in der Arbeitslosenversicherung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III und in der Pflegeversicherung nach § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB XI gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Personen. Beschäftigung ist nach § 7 Abs. 1 SGB IV die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft sowie die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zum Ganzen z.B.: BSG, Urteile vom 29. August 2012 - B 12 KR 14/10 R und 25/10 R -, 30. April 2013 - B 12 KR 19/11 R - sowie 30. Oktober 2013 - B 12 KR 17/11 R - jeweils m.w.N., alle in juris; zur Verfassungsmäßigkeit der anhand dieser Kriterien häufig schwierigen Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit: Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Kammerbeschluss vom 20. Mai 1996 - 1 BvR 21/96 -, in juris). Maßgebend ist das Gesamtbild der Arbeitsleistung (zum Ganzen z.B.: BSG, Urteile vom 24. Januar 2007 - B 12 KR 31/06 R -, 29. August 2012 - B 12 KR 25/10 R - und 30. Oktober 2013 - B 12 KR 17/11 R -, jeweils m.w.N., alle in juris).
Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine abhängige Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG, Urteil vom 8. August 1990 - 11 RAr 77/89 -; Urteil vom 8. Dezember 1994 - 11 RAr 49/94 -, beide in juris). In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von den Vereinbarungen abweichen (BSG, Urteil vom 1. Dezember 1977 - 12/3/12 RK 39/74 -; BSG, Urteil vom 4. Juni 1998 - B 12 KR 5/97 R - ; BSG, Urteil vom 10. August 2000 - B 12 KR 21/98 R , jeweils m.w.N., alle in juris). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (vgl. hierzu insgesamt BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 - B 12 KR 31/06 R -, in juris).
Vor diesem Hintergrund bestimmen sich vorliegend die rechtlich relevanten Beziehungen nach dem (undatierten) Vertrag zwischen dem Inhaber der Klägerin und der Beigeladenen zu 1). Legt man diesen zu Grunde und betrachtet man die tatsächliche Ausgestaltung der von der Beigeladenen zu 1) bei der Klägerin ausgeübten Tätigkeit, überwiegen zwischen dem 1. Dezember 2006 und 31. Mai 2007 die Merkmale, die für eine abhängige Beschäftigung der Beigeladenen zu 1) sprechen.
Die Aufgaben der Beigeladenen zu 1) für die Klägerin umfassten die Bereiche des Rechnungswesens, die Warenausgabe, den Telefonservice, die Telefonakquise und Terminvereinbarungen, die Ablage, die Buchhaltung inklusive Belegaufbereitung sowie Schreibarbeiten (Rechnungserstellung). Hierbei handelte es sich um ein von der Beigeladenen zu 1) zu bearbeitendes Tätigkeitsfeld, das für eine Arbeitnehmertätigkeit typisch ist und im Gegensatz zu einem von einem Selbstständigen zu erfüllenden konkret abzugrenzenden Auftrag steht. Daran ändert auch nichts der Vortrag der Klägerin, ihr Inhaber habe der Beigeladenen zu 1) jeweils Stapel mit zu erledigenden Aufgaben gerichtet, die sie sich habe aussuchen können und in deren Reihenfolge der Bearbeitung sie frei gewesen sei. Die Beigeladene zu 1) nahm insoweit lediglich funktionsgerecht dienend am Arbeitsprozess teil. Entsprechend der Angaben der Beigeladenen zu 1) waren immer wieder Rücksprachen und Abstimmungen notwendig. Inhaltliche Kontrollen fanden insoweit insbesondere in Bezug auf medizinische Rechnungen statt. Dies ergibt sich aus den Ausführungen der Beigeladenen zu 1) im Fragebogen vom August 2009. Maßgeblich sind hierbei auch die Angaben des Inhabers der Klägerin, der im Rahmen der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung vor dem SG am 19. Januar 2012 dargelegt hatte, anhand der Aktivierung und Deaktivierung der Rufumleitung das zeitliche Engagement der Beigeladenen zu 1) kontrollieren zu können.
Die Beigeladene zu 1) war in den Betrieb der Klägerin eingegliedert. Sie verrichtete vergleichbare Tätigkeiten wie eine zuvor bei der Klägerin abhängig beschäftigte Bürokraft. Sie ging diesen Tätigkeiten nach eigenem Bekunden zum Teil in ihrem als Büroraum eingerichteten Arbeitszimmer von zu Hause aus und zum Teil in den Geschäftsräumen der Klägerin nach. Dort wurde ihr ein Arbeitsplatz mit einem PC zur Verfügung gestellt, den sie sich mit anderen Mitarbeitern teilte und hierzu Absprachen hinsichtlich der Möglichkeit der Nutzung treffen musste. Nur dort konnte sie den Teil der Arbeiten ausführen, der die Nutzung des Buchhaltungsprogrammes und der Software für die Erstellung der Lohnabrechnungen erfordert. Gleiches gilt für die zu ihrer Tätigkeit gehörende Verpflichtung, die Ablage zu machen. Auch datenschutzrechtliche Gründe erforderten nach den Angaben des Inhabers der Klägerin die Anwesenheit der Beigeladenen zu 1) in den Räumlichkeiten der Klägerin. Soweit die Beigeladene zu 1) nach Einrichtung einer Rufumleitung Arbeiten, die per Telefon zu erledigen waren (z.B. Terminvereinbarungen oder die Entgegennahme von Bestellungen) von ihrem Arbeitszimmer zu Hause verrichtete, spricht dies nicht gegen ihre Eingliederung in den Betrieb der Klägerin. Zeitlich war die Beigeladene zu 1) damit sowohl an die Geschäftszeiten der Klägerin gebunden als auch an die vom Inhaber der Klägerin wahrgenommenen Außentermine, die dieser wiederum selbst vereinbarte. Denn eine der Kernaufgaben der Beigeladenen zu 1) bestand gerade darin, eine Besetzung des Büros zu gewährleisten, wenn der Inhaber der Klägerin verhindert war.
Da die Beigeladene zu 1) somit regelmäßig einen Teil ihrer Arbeitszeit im Betrieb der Klägerin verrichtete, war sie nicht vollständig weisungsfrei im Hinblick auf ihre Arbeitszeit. Dass sie regelmäßig Teile ihrer Tätigkeit für die Klägerin außerhalb des Betriebes verrichten konnte, steht der Annahme einer abhängigen Beschäftigung nicht entgegen. Telearbeit und Heimarbeit zu frei gewählten Zeiten ist in abhängigen Beschäftigungsverhältnissen gerade bei Bürotätigkeiten nicht unüblich.
Fehlende inhaltliche Einzelweisungen führen zu keinem anderen Ergebnis. Vielmehr ist die innerhalb eines vorgegebenen Rahmens frei gestaltete Arbeitsleistung bei Tätigkeiten der vorliegenden Art üblich, ohne Anhaltspunkt für eine Selbstständigkeit zu sein. Von daher tritt in der Gesamtwürdigung für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung der Beigeladenen zu 1) die Eingebundenheit in den Betrieb der Klägerin und ihre "dienende Teilhabe" am Arbeitsprozess in den Vordergrund. Die zu verrichtende Tätigkeit ergab sich aus der Natur der Sache, der Gestaltungsspielraum aus der Art der von der Beigeladenen zu 1) ausgeübten Tätigkeit. Letztlich trat die Beigeladene zu 1) auch gegenüber den Kunden der Klägerin nicht als Selbstständige auf und grenzte sich nach Außen nicht vom Betrieb der Klägerin ab.
Entgegen der Annahme der Klägerin trug die Beigeladene zu 1) kein nennenswertes unternehmerisches Risiko, was nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats ein besonders gewichtiges Entscheidungskriterium darstellt (vgl. dazu z.B. Urteile des Senats vom 2. September 2011 - L 4 R 1036/10 -, vom 30. März 2012 - L 4 R 2043/10 - und vom 22. März 2013 - L 4 KR 3725/11 -, alle in juris, sowie vom 6. Dezember 2012 - L 4 R 314/12 -, nicht veröffentlicht). Maßgebliches Kriterium für ein solches Risiko eines Selbstständigen ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der tatsächlichen und sächlichen Mittel also ungewiss ist (vgl. BSG, Urteil vom 25. April 2012 - B 12 KR 24/10 R -, in juris). Dies war hier nicht der Fall. Die Beigeladene zu 1) hatte allenfalls Betriebsausgaben in Form anfänglicher Telefonkosten (bis zur Einrichtung der Rufumleitung durch die Klägerin). An Betriebsmitteln hatte sie nur einen PC, einen Drucker und ein Telefon. Sie hatte auch keine laufenden Personalausgaben für Angestellte. Sie erhielt im streitigen Zeitraum aufgrund der vertraglich vereinbarten Mindestarbeitszeit von 50 Stunden pro Monat ein monatliches Mindesteinkommen, ohne die Möglichkeit, diese Einkünfte durch unternehmerisches Geschick zu steigern, aber auch ohne nennenswertes Risiko, diese Einkünfte im nächsten Monat nicht zu erzielen. Die Vergütung war weder erfolgs- noch leistungsbezogen. Zudem stellte auch die kostenlose Anmeldung bei XING kein Unternehmerrisiko dar. Der Beigeladenen zu 1) war es lediglich durch die Erhöhung ihrer Stundenzahl möglich, höhere Einnahmen zu erzielen. Gewinnerhöhung durch unternehmerisches Geschick war ihr demgegenüber aufgrund des fest vereinbarten Stundensatzes verwehrt.
Auch die theoretische Möglichkeit des zeitweiligen Delegierens der Tätigkeit an eigene Beschäftigte oder beauftragte Selbstständige ist kein Indiz für eine selbstständige Tätigkeit. Zwar kann grundsätzlich die Frage, ob eine höchstpersönliche Leistung geschuldet ist oder die Erbringung der Leistung delegiert werden darf, ein Merkmal für die Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit sein. Dennoch ist es nur eines unter vielen, die in die Gesamtbewertung einzustellen sind. Dabei ist zu berücksichtigen, in welchem Umfang Dritte eingeschaltet werden. Die vertragliche Einräumung einer Delegationsbefugnis allein ist kein entscheidendes Kriterium für eine selbstständige Tätigkeit, weil sie nichts darüber aussagt, inwieweit von ihr Gebrauch gemacht wird, realistischerweise überhaupt Gebrauch gemacht werden könnte und sie damit die Tätigkeit tatsächlich prägt (BSG, Urteil vom 11. März 2009 - B 12 KR 21/07 R -, in juris). Es kann hier dahinstehen, ob die ständige Beschäftigung eigener Beschäftigter zur Annahme der Selbstständigkeit führen würde. Die Klägerin hat nämlich sämtliche Tätigkeiten persönlich ausgeführt. Nicht maßgeblich ist insoweit auch die Tatsache, dass die Klägerin von ihrem häuslichen Arbeitsplatz für andere Auftraggeber tätig gewesen ist. Denn eine Tätigkeit oder Beschäftigung für andere Auftraggeber hatte weder die Klägerin noch die Beigeladene zu 1) ausgeschlossen. Welcher Tätigkeit oder Beschäftigung die Beigeladene zu 1) neben derjenigen für die Klägerin nachgegangen ist, spielt für die Frage der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung der Tätigkeit für die Klägerin keine Rolle.
Unüblich für ein Auftraggeber-/Auftragnehmerverhältnis ist zudem das Zahlen einer Abfindung als Folge einer arbeitgeberseitigen Kündigung und der darauffolgenden Drohung der Beigeladenen zu 1) mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen. Dies ist ein Indiz für eine - zumindest von der Beigeladenen zu 1) auch gewollte - abhängige Beschäftigung.
Schließlich kann auch das Fehlen eines vertraglichen Urlaubsanspruchs oder eines vertraglichen Anspruchs auf Entgeltfortzahlung nicht als Indiz für ein Unternehmerrisiko gewertet werden. Denn solche Vertragsgestaltungen sind als typisch anzusehen, wenn beide Seiten eine selbstständige freie Mitarbeit wollten. Letztlich ist dies ebenso wie die Gewerbeanmeldung und die Veranlagung zur Einkommenssteuer mit Einkünften aus Gewerbebetrieb, die ebenfalls auf der Tatsache beruhen, dass eine selbstständige Tätigkeit gewollt war, nicht entscheidend. Vielmehr ist das Gesamtbild der Arbeitsleistung nach den tatsächlichen Verhältnissen und nicht die von den Beteiligten gewählte vertragliche Beziehung maßgebend. Solche Vereinbarungen sind im Übrigen eher typisch bei Scheinselbstständigkeit, die die Arbeitnehmerrechte wie die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder Ansprüche nach dem Bundesurlaubsgesetz und nicht zuletzt die Beitragszahlung zur Sozialversicherung umgehen soll. Dem Arbeitnehmer werden dadurch sämtliche Schutzmöglichkeiten genommen, ohne dass dies im Ergebnis durch unternehmerische Rechte oder gar Gewinne kompensiert wird (vgl. z.B. Urteile des erkennenden Senats vom 12. Dezember 2008 - L 4 R 3542/05 - und vom 2. September 2011 - L 4 R 1036/10 , beide in juris).
Nicht in die Gesamtabwägung einzustellen ist das fehlende wirtschaftliche Interesse der Beigeladenen zu 1) an der Sozialversicherung. Die Ersparnis der Beiträge zur Sozialversicherung steht nämlich gerade nicht zur Disposition der Beteiligten.
Im Hinblick auf die für das Vorliegen einer abhängigen und damit sozialversicherungsrechtlichen Tätigkeit sprechenden Indizien, tritt die in eigener Sache erfolgende Werbung der Beigeladenen zu 1) in den Hintergrund.
Die Beigeladene zu 1) ist nicht versicherungsfrei in den Zweigen der Sozialversicherung. Denn sie erhielt für ihre Tätigkeit bei der Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum vom 1. Dezember 2006 bis 31. Mai 2007 jeweils ein Arbeitsentgelt von über der Grenze der Entgeltgeringfügigkeit von EUR 400,00 (§ 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV in der im streitigen Zeitraum geltenden Fassung des Art. 2 Nr. 3 Buchst. a) aa) Zweites Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2002, BGBl. I, S. 4621). Denn es wurde ein Mindestlohn von EUR 17,95 pro Stunde zuzüglich Mehrwertsteuer unter Zugrundelegung von mindestens 50 Stunden pro Monat, mithin EUR 897,50, vereinbart. Auch die Grenze der Zeitgeringfügigkeit (§ 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV in der im streitigen Zeitraum geltenden Fassung des Art. 1 Nr. 2 Buchst. a Gesetz zur Neuregelung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse vom 24. März 1999, BGBl. I, S. 388) ist überschritten, da die Beschäftigung auf mehr als zwei Monate vorgesehen war.
Die Höhe des nachgeforderten Gesamtsozialversicherungsbeiträge berechnete die Beklagte zutreffend. Der Senat verweist insoweit auf die im Bescheid vom 15. April 2009 beigefügte Anlage. Einwände hiergegen hat die Klägerin insoweit nicht erhoben.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten (§ 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 162 Abs. 3 VwGO), nachdem keiner der Beigeladenen erfolgreich Anträge gestellt und allein oder zusammen mit anderen Beteiligten gesiegt oder das Verfahren wesentlich gefördert hat (vgl. Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 197 a RdNr. 28 f.).
IV.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
V.
Die endgültige Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 2 sowie 47 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Die Klägerin wendet sich gegen eine Forderung in Höhe von EUR 3.164,86. Die Höhe der Forderung bestimmt den Streitwert.
Die Klägerin hat die Kosten beider Rechtszüge zu tragen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert für beide Rechtszüge wird endgültig auf EUR 3.164,86 festgesetzt.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen einschließlich der Umlagen nach dem Aufwendungsausgleichgesetz (AAG), im Folgenden einheitlich Gesamtsozialversicherungsbeiträge, in Höhe von EUR 3.164,86.
Bei der Klägerin handelt es sich um ein Einzelhandelsunternehmen, das einen Telefon- und Onlinevertrieb von Schlafdiagnosegeräten und Zubehör mit Sitz in W. betreibt. Inhaber ist R. B ...
In der Zeit vom 1. Dezember 2006 bis 31. Mai 2007 war die Beigeladene zu 1), die ein Schreibbüro in Existenzgründung betrieb, für die Klägerin tätig. Die Beigeladene zu 1) betrieb im Internet über die Plattform "Xing" Werbung. Danach umfasste ihr Angebot das Schreiben von Dokumenten, insbesondere im Anwaltsschriftverkehr, Telefonzentrale durch Anrufweiterschaltung für die Urlaubszeit, Postversand und Aufbau verschiedener Vertriebsstrukturen von Telefonmarketing bis zum Direktvertrieb. Arbeitnehmer beschäftigte die Beigeladene zu 1) in der Zeit vom 1. Dezember 2006 bis 31. Mai 2007 nicht.
Grundlage der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) bei der Klägerin war eine schriftliche (undatierte) "Vereinbarung" zwischen ihr und dem Inhaber der Klägerin folgenden Inhalts:
"Frau [Beigeladene zu 1] wird von Herr [Inhaber der Klägerin] beschäftigt und die Leistungen auf Stundenbasis von EUR 17,95 zzgl. der gesetzlichen MwSt verrechnet. Die Rechnung wird von Frau [Beigeladene zu 1] jeweils zum letzten eines jeden Monats geschrieben und ist innerhalb von 1 Woche zu begleichen.
Kündigung:
Es besteht eine 4wöchige Kündigungsfrist für beide Seiten.
Frau [Beigeladene zu 1] wird für ca. 20 Std/Woche beschäftigt. Die Stunden können bei erhöhtem Arbeitsaufwand variieren, mindestens werden aber 50 Std/Monat geleistet und auch zum o.g. Stundensatz abgegolten."
Die Klägerin kündigte. Die Beigeladene zu 1) erhielt eine Abfindung.
Die Beklagte führte bei der Klägerin am 14. April 2009 eine Betriebsprüfung betreffend den Zeitraum vom 1. Januar 2005 bis 31. Dezember 2008 durch. Mit Bescheid vom 15. April 2009 forderte die Beklagte von der Klägerin für den Prüfzeitraum Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Höhe von EUR 3.965,36 einschließlich Säumniszuschlägen in Höhe von EUR 800,50 für die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) bei der Klägerin vom 1. Dezember 2006 bis 31. Mai 2007. Zur Begründung führte die Beklagte aus, die Beigeladene zu 1) habe die von ihr im streitigen Zeitraum verrichtete Tätigkeit als Bürofachkraft in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis ausgeübt. Die Beurteilung der Frage, ob eine abhängige Beschäftigung vorliege, richte sich in erster Linie nach dem Recht der Sozialversicherung und erst nachrangig nach dem Parteiwillen. Maßgebend seien die tatsächlichen Verhältnisse, hinter denen die vertragliche Ausgestaltung bei deren Abweichen zurücktrete. Dabei sei eine Gesamtwürdigung anhand der Merkmale Weisungsgebundenheit, Eingliederung in den Betrieb oder Unternehmerrisiko vorzunehmen. Der Beigeladenen zu 1) sei eindeutig vorgegeben worden, welche Aufgaben sie zu leisten habe. Dies seien Terminvereinbarung, Rechnungswesen, Warenausgang, Telefonate, Ablage und Buchhaltung gewesen. Im Hinblick auf den vereinbarten Stundensatz sei die Beigeladene zu 1) auch nicht in der Lage gewesen, eigene Mitarbeiter zu beschäftigen. Sie sei daher zur persönlichen Leistungserbringung gezwungen gewesen. Sie habe letztlich einem umfassenden Weisungsrecht unterlegen. Von einer Eingliederung in den Betrieb der Klägerin sei auszugehen, da die Beigeladene zu 1) ihre Tätigkeit als Bürofachkraft unter Anweisungen des "Geschäftsführers" und unter Benutzung der dort vorhandenen Arbeitsgeräte verrichtet habe. Auch habe die Beigeladene zu 1) kein Unternehmerrisiko getragen. Es hätten sich keinerlei Anhaltspunkte für ein unternehmerisches Auftreten am Markt erkennen lassen. Die Beigeladene zu 1) habe weder eine eigene Betriebsorganisation noch eine eigene Betriebsstätte besessen. Auch seien von ihr weder Betriebskapital noch Arbeitsmittel eingesetzt worden. Eigene Mitarbeiter habe sie ebenfalls nicht beschäftigt. Die Entlohnung durch die Klägerin sei nicht nach Erfolg, sondern nach festem Stundenlohn erfolgt. Gegenüber Kunden sei sie zudem nicht unter ihrem eigenen Betriebsnahmen, sondern als Mitarbeiter der Firma des Auftraggebers aufgetreten. Zwar habe die Beigeladene zu 1) ein eigenes Gewerbe angemeldet. Dies habe sich jedoch lediglich als Rechtsfolge einer selbstständigen Tätigkeit dargestellt und sage über den Status einer Beschäftigung nichts aus. Die bloße Anmeldung des Gewerbes sei für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung daher unerheblich. Zudem würden für Säumniszuschläge ab Fälligkeit bis zum 31. März 2009 berechnet, da die Versicherungsfreiheit nicht habe nachgewiesen werden können. Im Übrigen habe die Klägerin vor der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) eine Bürofachkraft beschäftigt, die der Sozialversicherungspflicht unterlegen habe.
Die Klägerin erhob mit Schreiben vom 27. April 2009 Widerspruch. Weder die Einstufung der Klägerin als abhängig Beschäftigte noch die Festsetzung von Säumniszuschlägen sei nachvollziehbar. Die Beigeladene zu 1) sei im Internet als Unternehmerin aufgetreten und für verschiedene Auftraggeber tätig gewesen. Eine Eingliederung in ihren (der Klägerin) Betrieb habe nicht stattgefunden. Die Beigeladene zu 1) werde auch als Unternehmerin beim Finanzamt geführt. Auch das Argument der Beklagten, die Beigeladene zu 1) verfüge über keine eigenen Arbeitsmittel, sondern setze lediglich die eigene Arbeitskraft ein, könne keine Arbeitnehmereigenschaft begründen. Die Beigeladene zu 1) habe auch ihr eigenes Schreibmaterial eingesetzt. Sie habe häufig von ihrem eigenen Betriebssitz aus gearbeitet und hierfür ihr Telefon und ihren eigenen PC genutzt. Lediglich vor Ort habe sie ihr (der Klägerin) Telefon verwendet. Für die Beigeladene zu 1) sei eine Rufumleitung eingerichtet worden, so dass sie von zu Hause aus habe arbeiten können. Dies habe ihr (der Klägerin) eine Extraabrechnung für Auslandstelefonate und Kosten für die Handybenutzung erspart. Die Telefonakquise habe die Beigeladene zu 1) fast ausschließlich von ihrem eigenen Büro aus durchgeführt. Auch habe die Beigeladene zu 1) keine festen Arbeitszeiten gehabt. Telefonate seien allerdings zu 95% im Rahmen der allgemeinen Geschäftszeiten möglich gewesen. Die Beigeladene zu 1) sei zudem nicht verpflichtet gewesen, ihre Arbeiten persönlich zu erbringen. Schließlich habe die Beigeladene zu 1) keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und keinen Urlaubsanspruch gehabt. Sie habe zudem eigenes Kapital für Fortbildung und Beschaffung von Arbeitsmitteln einsetzen müssen. Im Übrigen sei die Anhörung am 14. April 2009 mit ihrem (der Klägerin) Inhaber nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden. Bereits einen Tag später sei der Bescheid ergangen, mit dem eine Beitragsnachforderung erhoben worden sei.
Dem gleichzeitig mit Widerspruch gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Beitragsbescheids aus der Betriebsprüfung vom 15. April 2009 gab die Beklagte mit Bescheid vom 30. Juni 2009 statt.
Auf Aufforderung der Beklagten gab die Beigeladene zu 1) im Rahmen eines ihr vorab übersendeten Fragebogens, der ausgefüllt am 29. Januar 2010 bei der Beklagten einging, an, sie habe für die Klägerin die Buchhaltung erledigt, Rechnungen geschrieben und Telefondienste übernommen. Vor dieser Tätigkeit sei sie für die Klägerin nicht als Arbeitnehmerin tätig gewesen. Sie habe ein Gewerbe angemeldet; Gewerbesteuern zahle sie allerdings wegen Unterschreitung der maßgeblichen Einkommensgrenze nicht. Ihre Firma betreibe sie in der Rechtsform einer Einzelfirma. Seit April 2005 unterhalte sie eigene Geschäftsräume. Da das Büro der Klägerin habe besetzt sein müssen, habe sie die Arbeitszeit nicht frei gestalten können. Wegen "Telefon und Post" sei kurzfristig eine regelmäßige Arbeitszeit vereinbart worden, die einzuhalten gewesen sei. Sie habe sich auf ca. 20 Stunden pro Woche belaufen. Die Tätigkeiten habe sie in den Räumen der Klägerin auszuführen gehabt. Hinsichtlich der Ausführung der Arbeit seien Weisungen erteilt worden. Eigene Werbung sei ihr erlaubt gewesen. Ihre Arbeiten seien teilweise kontrolliert worden, da es sich um medizinische Rechnungen gehandelt habe. Eine Eingliederung in den betrieblichen Ablauf habe nicht stattgefunden. Allerdings sei dies für den Telefon-, Rechnungs- und Postdienst erforderlich gewesen. Es habe eine Verpflichtung bestanden, die Arbeiten persönlich auszuführen. Die Einstellung von Vertretungs- bzw. Hilfskräften sei von der Zustimmung der Klägerin abhängig gewesen. Ihr sei eine EDV-Anlage und das Telefon zur Verfügung gestellt worden, die der Klägerin eine Kontrollmöglichkeit eingeräumt hätten. An eigenen Arbeitsmitteln habe sie einen eigenen PC für Internetrecherchen sowie ein Telefon eingesetzt, wenn sie von ihrem eigenen Büro aus Termine vereinbart habe. Zu einem späteren Zeitpunkt der Beschäftigung sei ihr eine Einwahlmöglichkeit übers Internet eingerichtet worden, da sie häufig auch Auslandstelefonate geführt habe. Die Übernahme bestimmter Aufträge habe sie ablehnen können. Ihr unternehmerisches Risiko habe darin bestanden, dass sie auf Stundenbasis abgerechnet habe. Dies ergebe sich aus dem zwischen ihr und der Klägerin geschlossenen Vertrag. Sie habe mehrere Auftraggeber gehabt und einen eigenen Kundenstamm besessen. Auch habe sie ihre Preise selbst gestalten können. Weitere Tätigkeiten bei anderen Auftraggebern seien ihr erlaubt gewesen. Lohnsteuer sei für sie nicht entrichtet worden. Sie sei verpflichtet gewesen, Umsatzsteuer zu entrichten und sei zur Einkommensteuer veranlagt worden. Für Zeiten der Arbeitsunfähigkeit habe kein Anspruch auf Vergütung bestanden. Auch habe sie keinen Anspruch auf bezahlten Urlaub gehabt. Im Rahmen einer ergänzenden telefonischen Befragung der Beigeladenen zu 1) gab diese gegenüber der Beklagten an, ihre Betriebsräume hätten in einem Arbeitszimmer zu Hause bestanden. Dort habe sie über einen PC, einen Drucker und ein Telefon verfügt. Spezielle Buchhaltungs- oder Lohnabrechnungs-Software habe sie nicht, lediglich die üblichen Office-Anwendungen wie Word, Excel usw. Während der Tätigkeit für die Klägerin habe sie drei bis vier andere Auftraggeber gehabt, für die sie vor allem Telefondienstleistungen erbracht habe. Für diese Auftraggeber sei sie ausschließlich von zu Hause aus tätig geworden. Sie sei für die Klägerin überwiegend in den Räumen der Klägerin tätig gewesen. Im Arbeitszimmer von zu Hause aus habe sie vor allem Arbeiten verrichtet, die per Telefon zu erledigen gewesen seien, wie beispielsweise Termine für den Inhaber der Klägerin zu vereinbaren oder Bestellungen entgegenzunehmen. Den überwiegenden Teil der Arbeiten habe sie jedoch nur in den Räumen der Klägerin verrichten können, da sie auf dortige Unterlagen und Einrichtungen habe zurückgreifen müssen. Dies habe insbesondere Buchungsarbeiten oder das Schreiben von Rechnungen betroffen.
Mit Änderungsbescheid vom 12. Mai 2010 reduzierte die Beklagte die sich aus der Prüfung ergebende Nachforderung auf insgesamt EUR 3.164,86 mit der Begründung, dass die Säumniszuschläge zu Unrecht erhoben worden seien. Demgegenüber hielt sie an der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) für die Klägerin fest.
Mit Widerspruchsbescheid vom 1. Juli 2010 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch der Klägerin im Übrigen zurück. Zur Begründung führte er aus, von einer völligen Weisungsfreiheit könne nicht ausgegangen werden. Art und Inhalt der von der Beigeladenen zu 1) zu leistenden Arbeiten seien ihr vorgegeben worden. Es habe sich nicht um ein konkretes, abgrenzbares Projekt gehandelt, sondern der Beigeladenen zu 1) sei ein bestimmtes Tätigkeitsfeld zugewiesen worden. Es habe sich somit um Vorgaben gehandelt, wie sie typisch für einen Arbeitnehmer seien. Die anfallenden Arbeiten habe die Beigeladene zu 1) größtenteils ohne konkrete Einzelanweisungen verrichtet. Rücksprachen bzw. Abstimmungen zu bestimmten Sachverhalten seien immer notwendig gewesen. Auch seien die Arbeiten zumindest teilweise kontrolliert worden. Soweit die Beigeladene zu 1) Arbeiten eigenständig, das heißt frei von Einzelanweisungen, verrichtet habe, sei dies allein kein Indiz für eine selbstständige Tätigkeit. In fachlicher Hinsicht hätten der Beigeladenen zu 1) keine Freiheiten zugestanden, welche über die einer abhängig Beschäftigten in gleicher Position hinausgegangen seien. Auch von einer örtlichen Weisungsfreiheit könne nicht ausgegangen werden, da die Beigeladene zu 1) die Arbeiten zumindest teilweise in den Räumen der Klägerin habe ausüben müssen. Auch in zeitlicher Hinsicht sei die Beigeladene zu 1) nur bedingt weisungsfrei gewesen. Dies gelte insbesondere im Hinblick auf den von ihr durchzuführenden Telefondienst. Im Übrigen sei auch der zeitliche Gesamtumfang der zu leistenden Arbeit vertraglich festgelegt gewesen, denn es sei eine durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit sowie eine monatliche Mindestarbeitszeit, wie dies arbeitnehmertypisch sei, vereinbart worden. Auch sei die Beigeladene zu 1) in den Betrieb der Klägerin integriert gewesen. Insbesondere sei sie von anderen ausschließlich als Mitarbeiterin der Klägerin wahrgenommen worden. Im Hinblick auf die tatsächliche Ausgestaltung der Tätigkeit sei auch davon auszugehen, dass die Beigeladene zu 1) die Arbeiten habe persönlich verrichten müssen. Ein unternehmerisches Risiko habe die Beigeladene zu 1) zudem ebenfalls nicht getragen, da sie nur vorhandene und auch der Privatnutzung zugängliche Mittel verwendet habe. Das Arbeitszimmer habe sich in ihrer Privatwohnung befunden. Der Erfolg des Einsatzes der persönlichen und sachlichen Mittel sei nicht ungewiss gewesen, weil die Klägerin die Beigeladene zu 1) nach Stunden bezahlt habe. Auch wenn Steuerberater gelegentlich Arbeitsmittel ihres Auftraggebers mitnutzten und in dessen Räumen vorübergehend tätig seien, sei eine Vergleichbarkeit zur Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) nicht gegeben. Bei Steuerberatern lägen in solchen Fällen genau definierte Arbeitsaufträge im Rahmen eines Werkvertrages vor. Eine derartige Eingrenzung auf ein oder mehrere konkrete Projekte oder konkrete Aufträge sei im Fall der Beigeladenen zu 1) nicht gegeben gewesen. Gegen das Vorhandensein unternehmerischer Chancen spreche, dass die Beigeladene beim vorliegenden Sachverhalt Mehreinnahmen nur durch höheren Arbeitsumfang habe erzielen können. Eine Möglichkeit zur Erhöhung des Gewinns durch Einsatz zusätzlicher Sachmittel oder den Einsatz eigener Mitarbeiter sei nicht erkennbar. Auch sei die Gewerbeanmeldung kein Kriterium für eine Selbstständigkeit. Dies gelte auch für die Nichtgewährung von Lohnfortzahlung im Krankheits- oder Urlaubsfall. Derartige Ansprüche hätten abhängig Beschäftigte kraft Gesetzes. Sie seien Rechtsfolge und nicht Voraussetzung einer abhängigen Beschäftigung. Soweit die Beigeladene zu 1) Fortbildungskosten selbst getragen haben sollte, ließen sich diese im Regelfall nicht als Indiz für eine selbstständige Tätigkeit werten. Auch die Tätigkeit für andere Auftraggeber habe keine unmittelbare Auswirkung auf die Beurteilung der für die Klägerin ausgeübten Tätigkeit.
Die Klägerin erhob am 3. August 2010 Klage vor dem Sozialgericht Stuttgart (SG). Unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vortrags führte sie aus, die Beigeladene zu 1) habe in eigenem Namen und auf eigene Rechnung Leistungen erbracht und eine eigenständige Entscheidung über Einkaufs- und Verkaufspreise, Einstellung von Personal, Einsatz von Kapital und Maschinen getroffen. Die Vereinbarung einer monatlichen Mindestabnahme von 50 Stunden sowie die Höhe der Stundenvergütung beruhe auf der Forderung der Beigeladenen zu 1), die sich zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses in der Existenzgründung befunden habe. Auch habe keine Weisungsbefugnis ihrerseits (der Klägerin) bestanden. Eine solche ergebe sich weder aus dem schriftlichen Vertrag noch aus dem tatsächlichen Handeln der Beteiligten. Lediglich seien Abstimmungen zwischen ihr und der Beigeladenen zu 1) zur Erfüllung der sich aus dem Vertrag ergebenden Verpflichtungen erforderlich gewesen; Einzelanweisungen seien nicht erteilt worden. Auch sei die Beigeladene zu 1) frei in der Wahl ihres Arbeitsortes gewesen. Deren Anwesenheit in ihren Büroräumen habe nicht auf ihrer Weisung beruht, sondern sei durch Rückfragen und Abstimmungen mit ihrem Inhaber erforderlich geworden. Auch habe eine zeitliche Weisungsgebundenheit nicht bestanden. Es seien weder bestimmte Wochentage noch feste tägliche Arbeitszeiten vereinbart gewesen. Ferner habe es an einer betrieblichen Integration der Beigeladenen zu 1) in ihren Betrieb gefehlt. Eine solche könne auch nicht aus dem Telefondienst abgeleitet werden. In dessen Rahmen habe die Beigeladene zu 1) durch ihre (der Klägerin) Kunden als deren Mitarbeiterin wahrgenommen werden können. Aber auch andere Unternehmen würden ihre Hotline aus dem Betrieb ausgliedern, um sie durch Subunternehmer im Namen des Auftraggebers zu festen Zeiten betreiben zu lassen. Der Telefondienst in ihrem Betrieb habe nur einen kleinen Teil der Aufgaben der Beigeladenen zu 1) bei ihr umfasst, weswegen die betriebliche Integration hierdurch nicht begründet worden sei. Auch ergebe sich eine Verpflichtung zur persönlichen Arbeitsleistung weder aus dem schriftlichen Arbeitsvertrag noch aus den tatsächlichen Verhältnissen; die Beigeladene zu 1) habe in der Gründungsphase ihres Unternehmens nur kein Geld für Mitarbeiter gehabt. Das Unternehmerrisiko der Beigeladenen zu 1) habe im Vorhalten eines Arbeitszimmers, eines PC, eines Druckers und eines Telefons bestanden. Als wirtschaftlich denkender Unternehmer greife man zunächst auf bereits vorhandene Betriebsmittel zurück. Im Übrigen habe auf Seiten der Beigeladenen zu 1) ein Kalkulationsrisiko auf Grund des angebotenen Stundenlohns bestanden. Unternehmenschancen seien insofern gegeben gewesen, als die Beigeladene zu 1) eigene Mitarbeiter habe einstellen können, wodurch eine Gewinnsteigerung möglich gewesen wäre.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Unter Verweisung auf die Ausführung in den angefochtenen Bescheiden führte sie ergänzend aus, aus der Klagebegründung ergebe sich, dass die Beigeladene zu 1) faktisch inhaltliche bzw. fachliche Weisungen erhalten habe. In zeitlicher und örtlicher Hinsicht hätten teilweise zwingende Vorgaben bestanden, wann und wo die Arbeiten zu verrichten gewesen seien. Klassisch arbeitnehmertypisch sei die Vereinbarung über den Mindestarbeitsumfang und den Anspruch, auf jeden Fall diese Mindestarbeitszeit vergütet zu bekommen. Für die Integration in den Betrieb spreche teilweise die Nutzung der Arbeitsmittel der Klägerin durch die Beigeladene zu 1) sowie die Tatsache, dass Letztere die Leistungen ausschließlich selbst erbracht habe.
Die mit Beschluss des SG vom 25. Mai 2011 Beigeladenen zu 2) und 3) schlossen sich den Ausführungen der Beklagten an. Die mit Beschluss des SG vom 9. Mai 2011 Beigeladene zu 1). Die mit Beschluss vom 25. Mai 2011 Beigeladene zu 4) äußerte sich nicht.
Mit Urteil vom 19. Januar 2012 hob das SG die Bescheide der Beklagten vom 15. April 2009 und 12. Mai 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Juli 2010 auf. Die Bescheide seien rechtswidrig, da ein Anspruch auf Nachentrichtung von (Gesamt )Sozial-versicherungsbeiträgen für die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) bei der Klägerin im streitigen Zeitraum nicht bestanden habe. Die Beigeladene zu 1) habe ihre Tätigkeit für die Klägerin nicht im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt. Die Beigeladene zu 1) habe keinem umfassenden Weisungsrecht hinsichtlich Zeit, Ort, Dauer und Inhalt der Ausführungen ihrer Tätigkeit unterlegen. Sie habe im Wesentlichen vielmehr ihre Arbeitszeit selbst gestalten können, denn sie habe die Schreibarbeiten mit nach Hause nehmen und von dort aus Aufgaben zu Zeiten erledigen können, die sie selbst bestimmt habe. Außerdem habe die Beigeladene zu 1) auch Aufträge ablehnen können. Hieran ändere auch nichts der von ihr absolvierte Telefondienst im Rahmen der üblichen Geschäftszeiten der Klägerin, denn die Beachtung der Geschäftszeiten im Rahmen des Telefondienstes sei durch die Natur der Tätigkeit und nicht durch Weisung des Arbeitgebers vorgegeben. Auch die Vereinbarung einer durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit und einer monatlichen Mindestarbeitszeit stelle kein umfassendes arbeitgeberrechtliches Weisungsrecht hinsichtlich der Arbeitszeit dar. Ferner habe die Beigeladene zu 1) in örtlicher Hinsicht nicht einem umfassenden Weisungsrecht der Klägerin unterlegen, da sie ihre Tätigkeit nach eigener Wahl zu Hause oder im Büro der Klägerin habe erledigen können. Dass die Beigeladene zu 1) ihre Aufgaben teilweise tatsächlich im Betrieb der Klägerin erledigt habe, beruhe nicht auf einer konkreten Einzelweisung der Klägerin, sondern vielmehr auf der Notwendigkeit, bestimmte Unterlagen zu verwenden, die gegebenenfalls aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht nach Hause hätten mitgenommen werden können oder auf Grund der zu benutzenden Buchungssoftware. Ebenso habe die durch Rücksprachen oder Abstimmungen erforderliche Anwesenheit kein Weisungsrecht in örtlicher Hinsicht beinhaltet. Dies gelte auch für den Inhalt der von der Klägerin zu verrichtenden Tätigkeit. Eine Eingliederung in den fremden Betrieb der Klägerin habe nicht stattgefunden, denn die Beigeladene zu 1) habe weder dort ihr eigenes Büro gehabt noch seien Anhaltspunkte für ein arbeitsteiliges Zusammenarbeiten vorgetragen worden oder ersichtlich. Zwar habe die Beigeladene zu 1) teilweise einen Schreibtisch bei der Klägerin benutzen können, jedoch habe sie hierzu nicht immer die Möglichkeit gehabt, sondern habe sich an den Schreibtisch nur setzen können, wenn dieser gerade frei gewesen sei. Im Hinblick auf die nur sechs bis acht Wochen andauernde Verpflichtung der Beigeladenen zu 1) (bis zur Einrichtung der Rufumleitung), den Telefondienst aus den Büroräumen der Klägerin zu verrichten, könne nicht auf eine Prägung im Hinblick auf eine abhängige Beschäftigung geschlossen werden. Dass die Beigeladene zu 1) die Buchungssoftware und die Software zur Erstellung von Lohnabrechnungen bei der Klägerin verwendete, stelle zwar eine Nutzung von durch die Klägerin bereit gestellten Arbeitsmitteln dar, die auch bei Arbeitnehmern typischerweise vorkomme. Andererseits seien die Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, denn die Beigeladene zu 1) habe sich in der Gründungsphase ihrer Selbstständigkeit befunden und in dieser Zeit nur für die Klägerin Buchhaltungsarbeiten vorgenommen. Auch habe die Beigeladene zu 1) in gewissem Umfang unternehmerische Risiken zu tragen gehabt. Dies gelte für Telefonkosten im Fall der Arbeit vom eigenen Büro aus, was wiederum Auswirkungen auf das Kalkulationsrisiko hinsichtlich ihres Stundenlohnes gehabt habe. Auch die Bezahlung nach Stunden und die Vereinbarung einer Mindestabnahme seien übliche Kriterien für eine selbstständige Tätigkeit. Schließlich habe die Beigeladene zu 1) Aufträge ablehnen können, um für weitere Auftraggeber tätig zu werden. Sie habe zudem zeitgleich - etwa während der Rufumleitung und des Telefondienstes - zu Hause für weitere Auftraggeber tätig werden können. Dieser Umstand sei untypisch für ein Arbeitnehmerverhältnis, bei dem regelmäßig die volle Arbeitskraft während der Arbeitszeit geschuldet sei. Auch sei sie nicht zur persönlichen Arbeitsleistung verpflichtet gewesen.
Gegen das ihr am 2. Februar 2012 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 1. März 2012 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt sie unter Vertiefung ihres bisherigen Vortrags vor, Art und Inhalt der von der Beigeladenen zu 1) zu erbringenden Arbeiten seien vorgegeben gewesen. Die Vorgabe eines allgemeinen Tätigkeitsfeldes (hier einer kaufmännischen Fach-/Bürokraft) seien typisch für eine Arbeitnehmertätigkeit und stünden im Gegensatz zu einem konkret abgrenzbaren Auftrag an einen Selbstständigen. Die von der Beigeladenen zu 1) zu verrichtenden Arbeiten konkretisierten sich durch den Kundenkontakt und deren jeweilige Anliegen. Die Beigeladene zu 1) habe dabei insbesondere deswegen funktionsgerecht dienend am Arbeitsprozess der Klägerin teilgenommen, da konkrete Verhandlungs- und Entscheidungsspielräume im Rahmen der Kundenwünsche nur der Klägerin selbst zugestanden hätten. Insoweit hätten immer wieder Rücksprachen und Abstimmungen zu bestimmten Sachverhalten stattfinden müssen. Auch seien Kontrollen durchgeführt worden. Dies gelte sowohl für die medizinischen Rechnungen als auch für die Möglichkeit der Kontrolle durch Aktivierung und Deaktivierung der Rufumleitung. Zudem habe der Inhaber der Klägerin von einer Einarbeitungszeit gesprochen. In fachlicher Hinsicht hätten der Beigeladenen zu 1) keine Freiheiten zugestanden, die über die einer abhängig Beschäftigten in gleicher Position hinausgegangen seien. Im Übrigen habe die Beigeladene zu 1) die gleiche Tätigkeit ausgeübt wie eine zuvor bei der Klägerin abhängig beschäftigte Bürofachkraft. Im Gegensatz zur Annahme des SG handele es sich bei Xing nicht primär um eine Werbeplattform im Internet, sondern um ein Web-basiertes soziales Netzwerk, das vorrangig der Verwaltung von geschäftlichen Kontakten diene. Im Fragebogen vom August 2009 habe die Beigeladene zu 1) zudem erklärt, dass sie für die bei der Klägerin ausgeübte Tätigkeit keine berufliche Werbung betrieben habe. Infolge der Mindeststundenregelung habe die Beigeladene zu 1) über ein festes Einkommen in Höhe von EUR 897,50 netto pro Monat verfügen können. Weitere Mitarbeiter seien zudem nicht von der Beigeladenen zu 1) beschäftigt worden. Im Übrigen sei von der Möglichkeit Hilfskräfte einzusetzen, nie Gebrauch gemacht worden. Auch die sich aus dem Fragebogen ergebene Verpflichtung der Beigeladenen zu 1), der Klägerin unverzüglich mitzuteilen, wenn die Tätigkeit insbesondere krankheitsbedingt nicht zeitgerecht erfüllt werden konnte, spreche dafür, dass von einer persönlichen Leistungserbringung ausgegangen worden sei. Insoweit könne davon ausgegangen werden, dass nicht ein bestimmter Erfolg, sondern vielmehr eine Arbeitsleistung in einem zumindest teilweise zeitlich vorgegebenen Umfang geschuldet gewesen sei. Entsprechend des Aktenvermerks (des Betriebsprüfers) vom 10. Juni 2009 sei der Beigeladenen zu 1) im Hinblick auf die Ausübung eines vertraglich vereinbarten Kündigungsrechts seitens der Klägerin eine Abfindung gezahlt worden, die im Rahmen eines Auftraggeber-/Auftragnehmerverhältnisses untypisch sei. Auf Grund der Angaben der Beigeladenen zu 1) sei davon auszugehen, dass die Tätigkeiten für die Klägerin überwiegend in deren Räumlichkeiten durchgeführt worden seien, da sie auf die dortigen Unterlagen und Einrichtungen (hierunter falle auch die dafür notwendige Buchungssoftware und die Software zur Einstellung von Lohnabrechnungen) habe zurückgreifen müssen. Auch hätten datenschutzrechtliche Gründe die Erledigung der Arbeiten in den Räumlichkeiten der Klägerin erforderlich gemacht. Insoweit liege auch eine Eingliederung in den Betrieb der Klägerin vor. Ferner habe die Nutzung der durch die Klägerin vorgehaltenen Einrichtung (Schreibtisch, PC, Telefon) einer zeitlichen Absprache bedurft, da der Arbeitsplatz mit anderen Mitarbeitern der Klägerin habe geteilt werden müssen. Im Hinblick auf die Telefontätigkeit sei die Beigeladene zu 1) sowohl an die Geschäftszeiten der Klägerin gebunden gewesen als auch an die Außentermine, die durch den Inhaber der Klägerin wahrgenommen worden seien, da hierdurch die Übernahme des Telefonservices bedingt und zeitlich gestaltet worden sei. Ein Unternehmerrisiko habe nicht bestanden. Die Beigeladene zu 1) habe lediglich ihre Arbeitskraft zur Verfügung gestellt und im Hinblick auf einen festgelegten Stundensatz und eine Mindeststundenzahl ein regelmäßig gleichmäßiges Arbeitsentgelt erhalten. Insoweit sei sie nicht für den Erfolg ihrer Arbeit bezahlt worden. Die Vergütung sei weder erfolgs- noch leistungsbezogen gewesen. Auch die Betriebsräume der Beigeladenen zu 1), die aus einem häuslichen Arbeitszimmer, einem PC, einem Drucker und einem Telefon bestanden hätten, führten nicht zu einem Unternehmerrisiko. Eine spezielle Buchhaltungs- oder Lohnabrechnungssoftware sei nicht vorgehalten worden. Dies gelte auch für die kostenfreie Anmeldung bei Xing. Eine Gewinnerhöhung durch unternehmerisches Geschick wie beispielsweise den Einsatz von Hilfsmitteln oder einer besonders effektiven Arbeitsmethode sei der Beigeladenen zu 1) auf Grund des fest vereinbarten Stundensatzes nicht möglich gewesen. Der Umstand, dass die Beigeladene zu 1) im Falle krankheits- oder urlaubsbedingter Verhinderungen keine Vergütung erhalten habe, sei lediglich eine zwangsläufige Folge der zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) vereinbarten freiberuflichen Tätigkeit. Im Übrigen sei auch die flexible Arbeitszeitgestaltung im Rahmen von Arbeitsverhältnissen nicht ungewöhnlich. Letztlich sei die Beigeladene zu 1) gegenüber den Kunden der Klägerin auch nicht als Selbstständige aufgetreten und habe sich nach außen nicht abgegrenzt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 19. Januar 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Anweisungen würden auch im Rahmen selbstständiger Tätigkeiten erteilt und machten diese noch lange nicht zu einer abhängigen Beschäftigung. Eine Eingliederung in den Betrieb der Klägerin habe nicht stattgefunden. Hinsichtlich der Schreibarbeiten habe die Beigeladene zu 1) ihre Arbeitszeit selbst bestimmen können. Soweit sich die Beklagte auf die Rufumleitung beziehe, handelt es sich lediglich um einen für sie möglichen Weg, die abgerechneten Stunden der Beigeladenen zu 1) zu überprüfen. Auch übersehe die Beklagte, dass die Beigeladene zu 1) konkrete Dienstleistungen erbracht habe, die wenig bis keine Verhandlungs- und Entscheidungsspielräume erfordert hätten. Auch die Tätigkeit für weitere Auftraggeber spreche gegen eine Arbeitnehmertätigkeit. Ferner sei es der ausdrückliche Wille der Beteiligten gewesen, eine selbstständige Tätigkeit zu vereinbaren. Die Beigeladene zu 1) habe zudem ihre Dienstleistungen auf der Werbeplattform Xing lediglich als Freiberuflerin angeboten. Somit sei die Beigeladene zu 1) bereits zu Beginn ihrer selbstständigen Tätigkeit werbend tätig geworden, was gegen eine Arbeitnehmereigenschaft spreche.
Die Beigeladenen haben im Berufungsverfahren keine Anträge gestellt und keine Stellungnahme abgegeben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die gemäß §§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig und insbesondere statthaft im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG. Der Beschwerdewert von EUR 750,00 (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr.1 SGG) ist überschritten, denn die Klage betrifft eine Beitragsnachforderung i.H.v. EUR 3.164,86.
II.
Die Berufung der Beklagten ist auch begründet. Das SG hat der Anfechtungsklage zu Unrecht stattgegeben. Der Bescheid der Beklagten vom 15. April 2009 in der Fassung des Teilabhilfebescheids vom 12. Mai 2010, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. Juli 2010 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Beigeladene zu 1) hat ihre Tätigkeit für die Klägerin im Zeitraum vom 1. Dezember 2006 bis 31. Mai 2007 im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung ausgeübt, weshalb sie der Versicherungspflicht in der Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung unterlegen hat. Die Beklagte hat gegenüber der Klägerin daher zu Recht eine Beitragsnachforderung in Höhe von EUR 3.164,86 erhoben.
Die Beklagte ist nach § 28p Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. November 2009 (BGBl. I, S. 3710) für die Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen zuständig. Danach prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen alle vier Jahre (Satz 1). Die Prüfung umfasst auch die Lohnunterlagen der Beschäftigten, für die Beiträge nicht gezahlt wurden (Satz 4). Gemäß § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern.
Diese Befugnis der Beklagten schließt die Rechtsmacht ein, einen Verwaltungsakt mit Drittwirkung zu erlassen und damit rechtsgestaltend im Sinne von § 12 Abs. 2 Satz 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) in die Rechtssphäre des Arbeitnehmers (hier der Beigeladenen zu 1)) als Drittbetroffener einzugreifen. Die Beklagte kann somit entweder den an den Arbeitgeber gerichteten Bescheid gegenüber dem Drittbetroffenen mit dem Hinweis, dass dieser berechtigt sei, Rechtsbehelfe einzulegen, bekanntgeben. Sie kann aber ebenso unter Bezugnahme auf die Betriebsprüfung einen zwar formell, aber nicht materiell eigenständigen Bescheid gegenüber dem Drittbetroffenen erlassen (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 17. Dezember 2014 - B 12 KR 13/13 R -; Terminbericht Nr. 60/14; Volltext des Urteils noch nicht veröffentlicht; Landessozialgericht [LSG] Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12. August 2002 - L 1 KR 66/02 -, in juris; Kasseler Kommentar-Wehrhahn, Stand 1. Dezember 2012, § 28p SGB IV RdNr. 6b, jeweils m.w.N.; andere Ansicht: Jochim in: jurisPK-SGB IV, 2. Aufl. 2011, § 28p SGB IV, RdNr. 139, der lediglich die Bekanntgabe des an den Arbeitgeber gerichteten Bescheids für zulässig hält).
Für die Zahlung von Beiträgen von Versicherungspflichtigen aus Arbeitsentgelt zur gesetzlichen Krankenversicherung, gesetzlichen Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung und sozialen Pflegeversicherung gelten nach § 253 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), § 174 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) sowie § 60 Abs. 1 Satz 2 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) die Vorschriften über den Gesamtsozialversicherungsbeitrag (§§ 28d bis 28n und 28r SGB IV). Diese Vorschriften gelten nach § 1 Abs. 1 Satz 2 SGB IV, § 348 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) auch für die Arbeitslosenversicherung bzw. Arbeitsförderung. Nach § 28e Abs. 1 Satz 1 SGB IV hat den Gesamtsozialversicherungsbeitrag der Arbeitgeber zu zahlen. Als Gesamtsozialversicherungsbeitrag werden nach § 28d Satz 1 SGB IV die Beiträge in der Kranken- oder Rentenversicherung für einen kraft Gesetzes versicherten Beschäftigten oder Hausgewerbetreibenden sowie der Beitrag des Arbeitnehmers und der Teil des Beitrags des Arbeitgebers zur Bundesagentur für Arbeit, der sich nach der Grundlage für die Bemessung des Beitrags des Arbeitnehmers richtet, gezahlt. Dies gilt auch für den Beitrag zur Pflegeversicherung für einen in der Krankenversicherung kraft Gesetzes versicherten Beschäftigten (§ 28d Satz 2 SGB IV). Die Mittel zur Durchführung des Ausgleichs der Arbeitgeberaufwendungen im Rahmen der Lohnfortzahlung werden nach dem seit 1. Januar 2006 gültigen § 7 Abs. 1 AAG durch eine Umlage von den am Ausgleich beteiligten Arbeitgebern aufgebracht. Versicherungspflichtig sind in der Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, in der Rentenversicherung nach § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI, in der Arbeitslosenversicherung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III und in der Pflegeversicherung nach § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB XI gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Personen. Beschäftigung ist nach § 7 Abs. 1 SGB IV die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft sowie die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zum Ganzen z.B.: BSG, Urteile vom 29. August 2012 - B 12 KR 14/10 R und 25/10 R -, 30. April 2013 - B 12 KR 19/11 R - sowie 30. Oktober 2013 - B 12 KR 17/11 R - jeweils m.w.N., alle in juris; zur Verfassungsmäßigkeit der anhand dieser Kriterien häufig schwierigen Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit: Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Kammerbeschluss vom 20. Mai 1996 - 1 BvR 21/96 -, in juris). Maßgebend ist das Gesamtbild der Arbeitsleistung (zum Ganzen z.B.: BSG, Urteile vom 24. Januar 2007 - B 12 KR 31/06 R -, 29. August 2012 - B 12 KR 25/10 R - und 30. Oktober 2013 - B 12 KR 17/11 R -, jeweils m.w.N., alle in juris).
Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine abhängige Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG, Urteil vom 8. August 1990 - 11 RAr 77/89 -; Urteil vom 8. Dezember 1994 - 11 RAr 49/94 -, beide in juris). In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von den Vereinbarungen abweichen (BSG, Urteil vom 1. Dezember 1977 - 12/3/12 RK 39/74 -; BSG, Urteil vom 4. Juni 1998 - B 12 KR 5/97 R - ; BSG, Urteil vom 10. August 2000 - B 12 KR 21/98 R , jeweils m.w.N., alle in juris). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (vgl. hierzu insgesamt BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 - B 12 KR 31/06 R -, in juris).
Vor diesem Hintergrund bestimmen sich vorliegend die rechtlich relevanten Beziehungen nach dem (undatierten) Vertrag zwischen dem Inhaber der Klägerin und der Beigeladenen zu 1). Legt man diesen zu Grunde und betrachtet man die tatsächliche Ausgestaltung der von der Beigeladenen zu 1) bei der Klägerin ausgeübten Tätigkeit, überwiegen zwischen dem 1. Dezember 2006 und 31. Mai 2007 die Merkmale, die für eine abhängige Beschäftigung der Beigeladenen zu 1) sprechen.
Die Aufgaben der Beigeladenen zu 1) für die Klägerin umfassten die Bereiche des Rechnungswesens, die Warenausgabe, den Telefonservice, die Telefonakquise und Terminvereinbarungen, die Ablage, die Buchhaltung inklusive Belegaufbereitung sowie Schreibarbeiten (Rechnungserstellung). Hierbei handelte es sich um ein von der Beigeladenen zu 1) zu bearbeitendes Tätigkeitsfeld, das für eine Arbeitnehmertätigkeit typisch ist und im Gegensatz zu einem von einem Selbstständigen zu erfüllenden konkret abzugrenzenden Auftrag steht. Daran ändert auch nichts der Vortrag der Klägerin, ihr Inhaber habe der Beigeladenen zu 1) jeweils Stapel mit zu erledigenden Aufgaben gerichtet, die sie sich habe aussuchen können und in deren Reihenfolge der Bearbeitung sie frei gewesen sei. Die Beigeladene zu 1) nahm insoweit lediglich funktionsgerecht dienend am Arbeitsprozess teil. Entsprechend der Angaben der Beigeladenen zu 1) waren immer wieder Rücksprachen und Abstimmungen notwendig. Inhaltliche Kontrollen fanden insoweit insbesondere in Bezug auf medizinische Rechnungen statt. Dies ergibt sich aus den Ausführungen der Beigeladenen zu 1) im Fragebogen vom August 2009. Maßgeblich sind hierbei auch die Angaben des Inhabers der Klägerin, der im Rahmen der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung vor dem SG am 19. Januar 2012 dargelegt hatte, anhand der Aktivierung und Deaktivierung der Rufumleitung das zeitliche Engagement der Beigeladenen zu 1) kontrollieren zu können.
Die Beigeladene zu 1) war in den Betrieb der Klägerin eingegliedert. Sie verrichtete vergleichbare Tätigkeiten wie eine zuvor bei der Klägerin abhängig beschäftigte Bürokraft. Sie ging diesen Tätigkeiten nach eigenem Bekunden zum Teil in ihrem als Büroraum eingerichteten Arbeitszimmer von zu Hause aus und zum Teil in den Geschäftsräumen der Klägerin nach. Dort wurde ihr ein Arbeitsplatz mit einem PC zur Verfügung gestellt, den sie sich mit anderen Mitarbeitern teilte und hierzu Absprachen hinsichtlich der Möglichkeit der Nutzung treffen musste. Nur dort konnte sie den Teil der Arbeiten ausführen, der die Nutzung des Buchhaltungsprogrammes und der Software für die Erstellung der Lohnabrechnungen erfordert. Gleiches gilt für die zu ihrer Tätigkeit gehörende Verpflichtung, die Ablage zu machen. Auch datenschutzrechtliche Gründe erforderten nach den Angaben des Inhabers der Klägerin die Anwesenheit der Beigeladenen zu 1) in den Räumlichkeiten der Klägerin. Soweit die Beigeladene zu 1) nach Einrichtung einer Rufumleitung Arbeiten, die per Telefon zu erledigen waren (z.B. Terminvereinbarungen oder die Entgegennahme von Bestellungen) von ihrem Arbeitszimmer zu Hause verrichtete, spricht dies nicht gegen ihre Eingliederung in den Betrieb der Klägerin. Zeitlich war die Beigeladene zu 1) damit sowohl an die Geschäftszeiten der Klägerin gebunden als auch an die vom Inhaber der Klägerin wahrgenommenen Außentermine, die dieser wiederum selbst vereinbarte. Denn eine der Kernaufgaben der Beigeladenen zu 1) bestand gerade darin, eine Besetzung des Büros zu gewährleisten, wenn der Inhaber der Klägerin verhindert war.
Da die Beigeladene zu 1) somit regelmäßig einen Teil ihrer Arbeitszeit im Betrieb der Klägerin verrichtete, war sie nicht vollständig weisungsfrei im Hinblick auf ihre Arbeitszeit. Dass sie regelmäßig Teile ihrer Tätigkeit für die Klägerin außerhalb des Betriebes verrichten konnte, steht der Annahme einer abhängigen Beschäftigung nicht entgegen. Telearbeit und Heimarbeit zu frei gewählten Zeiten ist in abhängigen Beschäftigungsverhältnissen gerade bei Bürotätigkeiten nicht unüblich.
Fehlende inhaltliche Einzelweisungen führen zu keinem anderen Ergebnis. Vielmehr ist die innerhalb eines vorgegebenen Rahmens frei gestaltete Arbeitsleistung bei Tätigkeiten der vorliegenden Art üblich, ohne Anhaltspunkt für eine Selbstständigkeit zu sein. Von daher tritt in der Gesamtwürdigung für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung der Beigeladenen zu 1) die Eingebundenheit in den Betrieb der Klägerin und ihre "dienende Teilhabe" am Arbeitsprozess in den Vordergrund. Die zu verrichtende Tätigkeit ergab sich aus der Natur der Sache, der Gestaltungsspielraum aus der Art der von der Beigeladenen zu 1) ausgeübten Tätigkeit. Letztlich trat die Beigeladene zu 1) auch gegenüber den Kunden der Klägerin nicht als Selbstständige auf und grenzte sich nach Außen nicht vom Betrieb der Klägerin ab.
Entgegen der Annahme der Klägerin trug die Beigeladene zu 1) kein nennenswertes unternehmerisches Risiko, was nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats ein besonders gewichtiges Entscheidungskriterium darstellt (vgl. dazu z.B. Urteile des Senats vom 2. September 2011 - L 4 R 1036/10 -, vom 30. März 2012 - L 4 R 2043/10 - und vom 22. März 2013 - L 4 KR 3725/11 -, alle in juris, sowie vom 6. Dezember 2012 - L 4 R 314/12 -, nicht veröffentlicht). Maßgebliches Kriterium für ein solches Risiko eines Selbstständigen ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der tatsächlichen und sächlichen Mittel also ungewiss ist (vgl. BSG, Urteil vom 25. April 2012 - B 12 KR 24/10 R -, in juris). Dies war hier nicht der Fall. Die Beigeladene zu 1) hatte allenfalls Betriebsausgaben in Form anfänglicher Telefonkosten (bis zur Einrichtung der Rufumleitung durch die Klägerin). An Betriebsmitteln hatte sie nur einen PC, einen Drucker und ein Telefon. Sie hatte auch keine laufenden Personalausgaben für Angestellte. Sie erhielt im streitigen Zeitraum aufgrund der vertraglich vereinbarten Mindestarbeitszeit von 50 Stunden pro Monat ein monatliches Mindesteinkommen, ohne die Möglichkeit, diese Einkünfte durch unternehmerisches Geschick zu steigern, aber auch ohne nennenswertes Risiko, diese Einkünfte im nächsten Monat nicht zu erzielen. Die Vergütung war weder erfolgs- noch leistungsbezogen. Zudem stellte auch die kostenlose Anmeldung bei XING kein Unternehmerrisiko dar. Der Beigeladenen zu 1) war es lediglich durch die Erhöhung ihrer Stundenzahl möglich, höhere Einnahmen zu erzielen. Gewinnerhöhung durch unternehmerisches Geschick war ihr demgegenüber aufgrund des fest vereinbarten Stundensatzes verwehrt.
Auch die theoretische Möglichkeit des zeitweiligen Delegierens der Tätigkeit an eigene Beschäftigte oder beauftragte Selbstständige ist kein Indiz für eine selbstständige Tätigkeit. Zwar kann grundsätzlich die Frage, ob eine höchstpersönliche Leistung geschuldet ist oder die Erbringung der Leistung delegiert werden darf, ein Merkmal für die Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit sein. Dennoch ist es nur eines unter vielen, die in die Gesamtbewertung einzustellen sind. Dabei ist zu berücksichtigen, in welchem Umfang Dritte eingeschaltet werden. Die vertragliche Einräumung einer Delegationsbefugnis allein ist kein entscheidendes Kriterium für eine selbstständige Tätigkeit, weil sie nichts darüber aussagt, inwieweit von ihr Gebrauch gemacht wird, realistischerweise überhaupt Gebrauch gemacht werden könnte und sie damit die Tätigkeit tatsächlich prägt (BSG, Urteil vom 11. März 2009 - B 12 KR 21/07 R -, in juris). Es kann hier dahinstehen, ob die ständige Beschäftigung eigener Beschäftigter zur Annahme der Selbstständigkeit führen würde. Die Klägerin hat nämlich sämtliche Tätigkeiten persönlich ausgeführt. Nicht maßgeblich ist insoweit auch die Tatsache, dass die Klägerin von ihrem häuslichen Arbeitsplatz für andere Auftraggeber tätig gewesen ist. Denn eine Tätigkeit oder Beschäftigung für andere Auftraggeber hatte weder die Klägerin noch die Beigeladene zu 1) ausgeschlossen. Welcher Tätigkeit oder Beschäftigung die Beigeladene zu 1) neben derjenigen für die Klägerin nachgegangen ist, spielt für die Frage der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung der Tätigkeit für die Klägerin keine Rolle.
Unüblich für ein Auftraggeber-/Auftragnehmerverhältnis ist zudem das Zahlen einer Abfindung als Folge einer arbeitgeberseitigen Kündigung und der darauffolgenden Drohung der Beigeladenen zu 1) mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen. Dies ist ein Indiz für eine - zumindest von der Beigeladenen zu 1) auch gewollte - abhängige Beschäftigung.
Schließlich kann auch das Fehlen eines vertraglichen Urlaubsanspruchs oder eines vertraglichen Anspruchs auf Entgeltfortzahlung nicht als Indiz für ein Unternehmerrisiko gewertet werden. Denn solche Vertragsgestaltungen sind als typisch anzusehen, wenn beide Seiten eine selbstständige freie Mitarbeit wollten. Letztlich ist dies ebenso wie die Gewerbeanmeldung und die Veranlagung zur Einkommenssteuer mit Einkünften aus Gewerbebetrieb, die ebenfalls auf der Tatsache beruhen, dass eine selbstständige Tätigkeit gewollt war, nicht entscheidend. Vielmehr ist das Gesamtbild der Arbeitsleistung nach den tatsächlichen Verhältnissen und nicht die von den Beteiligten gewählte vertragliche Beziehung maßgebend. Solche Vereinbarungen sind im Übrigen eher typisch bei Scheinselbstständigkeit, die die Arbeitnehmerrechte wie die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder Ansprüche nach dem Bundesurlaubsgesetz und nicht zuletzt die Beitragszahlung zur Sozialversicherung umgehen soll. Dem Arbeitnehmer werden dadurch sämtliche Schutzmöglichkeiten genommen, ohne dass dies im Ergebnis durch unternehmerische Rechte oder gar Gewinne kompensiert wird (vgl. z.B. Urteile des erkennenden Senats vom 12. Dezember 2008 - L 4 R 3542/05 - und vom 2. September 2011 - L 4 R 1036/10 , beide in juris).
Nicht in die Gesamtabwägung einzustellen ist das fehlende wirtschaftliche Interesse der Beigeladenen zu 1) an der Sozialversicherung. Die Ersparnis der Beiträge zur Sozialversicherung steht nämlich gerade nicht zur Disposition der Beteiligten.
Im Hinblick auf die für das Vorliegen einer abhängigen und damit sozialversicherungsrechtlichen Tätigkeit sprechenden Indizien, tritt die in eigener Sache erfolgende Werbung der Beigeladenen zu 1) in den Hintergrund.
Die Beigeladene zu 1) ist nicht versicherungsfrei in den Zweigen der Sozialversicherung. Denn sie erhielt für ihre Tätigkeit bei der Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum vom 1. Dezember 2006 bis 31. Mai 2007 jeweils ein Arbeitsentgelt von über der Grenze der Entgeltgeringfügigkeit von EUR 400,00 (§ 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV in der im streitigen Zeitraum geltenden Fassung des Art. 2 Nr. 3 Buchst. a) aa) Zweites Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2002, BGBl. I, S. 4621). Denn es wurde ein Mindestlohn von EUR 17,95 pro Stunde zuzüglich Mehrwertsteuer unter Zugrundelegung von mindestens 50 Stunden pro Monat, mithin EUR 897,50, vereinbart. Auch die Grenze der Zeitgeringfügigkeit (§ 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV in der im streitigen Zeitraum geltenden Fassung des Art. 1 Nr. 2 Buchst. a Gesetz zur Neuregelung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse vom 24. März 1999, BGBl. I, S. 388) ist überschritten, da die Beschäftigung auf mehr als zwei Monate vorgesehen war.
Die Höhe des nachgeforderten Gesamtsozialversicherungsbeiträge berechnete die Beklagte zutreffend. Der Senat verweist insoweit auf die im Bescheid vom 15. April 2009 beigefügte Anlage. Einwände hiergegen hat die Klägerin insoweit nicht erhoben.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten (§ 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 162 Abs. 3 VwGO), nachdem keiner der Beigeladenen erfolgreich Anträge gestellt und allein oder zusammen mit anderen Beteiligten gesiegt oder das Verfahren wesentlich gefördert hat (vgl. Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 197 a RdNr. 28 f.).
IV.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
V.
Die endgültige Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 2 sowie 47 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Die Klägerin wendet sich gegen eine Forderung in Höhe von EUR 3.164,86. Die Höhe der Forderung bestimmt den Streitwert.
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