L 8 U 2526/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 10 U 2723/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 2526/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 28.04.2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger wegen eines Arbeitsunfalles am 14.12.2012 Anspruch auf Leistungen wegen Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit hat, vorrangig streiten die Beteiligten darüber, ob ein Bandscheibenvorfall im Halswirbelkörpersegment C6/C7 Unfallfolge ist.

Der 1972 geborene Kläger war bei der Firma V. Internationale Möbelspedition beschäftigt. Mitte Dezember 2012 trug er zusammen mit einem Kollegen einen Schrank auf einer Treppe nach oben. Dabei drohte der Schrank abzurutschen und der am unteren Ende der Treppe stehende Kläger konnte dies nur unter Anspannung sämtlicher Kräfte verhindern. Im Februar 2013 wurde ein Bandscheibenprolaps bei C6/C7 links diagnostiziert, den der Kläger auf diesen Vorfall zurückführt.

Bei der Beklagten ging der Durchgangsarztbericht (DAB) von Dr. St. vom 11.03.2013 (Diagnose: Prolaps C6/C7 links) ein, bei dem sich der Kläger an diesem Tag vorgestellt hatte. Danach habe der Kläger seit einem Unfall im Dezember, das genaue Datum sei ihm nicht erinnerlich, "immer wieder rezidivierende Schmerzen" im HWS-Bereich mit Ausstrahlung in den linken Arm. Er habe mit einem Kollegen einen ca. 120 kg schweren Schreibtisch auf einer Schräge zu einem Container getragen, habe keine Kraft mehr gehabt, sei zusammengesackt und habe noch versucht, den Schreibtisch zu heben. Hierbei habe er plötzlich einschießende Schmerzen im HWS-Bereich verspürt und habe danach unter Schmerzen weitergearbeitet. Datiert wurde der Unfall auf 14.12.2012. Dr. St. bejahte die Frage, ob Hergang und Befund gegen die Annahme eines Arbeitsunfalls sprächen.

Mit Bescheid vom 21.03.2013 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen über den 14.12.2012 ab, denn der Unfall habe keine Arbeits- und Behandlungsbedürftigkeit verursacht. Der geschilderte Unfallhergang könne höchstens zu einer Zerrung im Bereich der HWS geführt haben. Einen unfallbedingten Bandscheibenvorfall zu verursachen sei er nicht geeignet.

Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein und führte zur Begründung aus (Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 28.05.2013), er habe Mitte Dezember – insoweit könne das Datum 14.12.2012 im DAB zutreffen oder es könne sich um einen Tag früher oder später gehandelt haben – einen Schrank auf einer engen Treppe auf dem Firmengelände der Firma B.-I. hoch getragen. Der Arbeitskollege habe den Schrank oben, er den Schrank unten gehalten. Plötzlich habe der Kollege mit dem Weitertransport gestockt und er habe mit extremer Anspannung sämtlicher Kräfte das Abrutschen des Schranks zu verhindern versucht. Hierbei verspürte er eigenen Angaben zufolge, wie sich förmlich ein Knochen hinter den Ohren bis in die Schädeldecke verschoben habe und ein elektrisierendes Gefühl aufgetreten sei. Ein eigentlicher heftiger Schmerz sei nicht zu verspüren gewesen. Einen Moment lang sei er in seiner Sinneswahrnehmung gestört gewesen und habe Angstzustände gehabt. Kurz danach sei die Symptomatik wieder verschwunden. Dem Ereignis habe er zunächst keine große Bedeutung beigemessen und habe weitergearbeitet. Der im DAB vom 11.03.2013 angegebene Unfallhergang sei nicht ganz korrekt. Es habe sich nicht um einen Schreibtisch gehandelt. Es seien auch nicht plötzlich Schmerzen in die HWS eingeschossen. Auch habe er nicht unter Schmerzen weitergearbeitet. Erst während der Weihnachtsferien sei es zu in den linken Arm einschießenden Schmerzen gekommen und zu einem späteren Zeitpunkt sei dies in ein Taubheitsgefühl übergegangen. Wegen seiner schlechten Deutschkenntnisse sei er nicht zu einem Arzt gegangen. Er habe nach den Feiertagen mit der Arbeit begonnen und sich erst am 10.01.2013 in ärztliche Behandlung begeben, wobei ihm zunächst ein Schmerzmittel verordnet worden sei. Erst Ende Januar seien von Dr. B. und Dr. Kö. Röntgenaufnahmen veranlasst worden, worauf er in der Folge zur Fachärztin für Neurologie Dr. J. überwiesen worden sei.

In der Unfallanzeige des Arbeitgebers vom 10.04.2013 wurde u.a. angegeben, beim Schleppen eines Schrankes im Dezember 2012 sei der Schrank sehr schnell in Richtung des Klägers geschoben worden, es habe einen kräftigen Krach in der Halswirbelsäule mit stromartigen Schmerzen bis in den Hinterkopf gegeben, der Kläger sei dabei in die Knie gegangen. Der Kläger habe weitergearbeitet. Die Arbeit sei am 31.01.2013 eingestellt worden. In dem von der Beklagten beigezogenen Entlassungsbericht des Universitätsklinikums U. – Chirurgisches Zentrum – vom 15.04.2013 über die stationäre Behandlung des Klägers vom 10.04.2013 bis 15.04.2013 mit Operation am 12.04.2013 ist als Diagnose ein Bandscheibenvorfall HWK 5/6 (gemeint C6/C7, so der Operationsbericht) links angegeben. Beigefügt war der Operationsbericht vom 12.04.2013. Außerdem wurde beigezogen der Befund der radiologischen Gemeinschaftspraxis PD Dr. Ha. und Kollegen über die Magnetresonanztomographie (MRT) vom 02.02.2013. In ihrer Beurteilung des Tomographiebefundes beschreibt PD Dr. Ha. einen medialen Bandscheibenvorfall im Halswirbelkörpersegment C3/C4, jeweils mediolateral rechtsbetonte Protrusionen in C4/C5 und C5/C6, ein mediolateral linksbetonter Bandscheibenvorfall mit links intraforaminalen Anteilen in C6/C7 bei mäßiger Neuroforamenstenosierung links. Im Arztbrief von Dr. J. vom 14.02.2013 wird unter Bezugnahme auf die Kernspintomographie ausgeführt, der Bandscheibenvorfall C6/C7 erkläre die Symptomatik des Klägers, entstanden sei er vermutlich bei einem Verhebetrauma im Dezember.

Nach interner beratungsärztlicher Äußerung vom 26.06.2013 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19.07.2013 den Widerspruch zurück.

Der Kläger erhob am 22.08.2013 vor dem Sozialgericht Ulm (SG) Klage mit dem Begehren, ihm aufgrund des Unfalls vom 14.12.2012 (fiktiv) Leistungen wegen Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit zu gewähren.

Das SG holte das unfallchirurgisch-orthopädische Gutachten von Dr. E. vom 16.12.2013 ein. Der Sachverständige führte aus, die Gesundheitsstörung des Klägers in Bezug auf den diagnostizierten linksseitigen Bandscheibenvorfall C6/C7 habe keinen Bezug zu dem von ihm selbst aufgebrachten Kraftereignis des von ihm geschilderten starken Gegendrückens und Haltens eines zum Abstürzen drohenden schweren Büroholzschrankes. Der linksseitige Bandscheibenvorfall C6/C7 sei bereits im Lauf des täglichen Lebens eingetreten. Nach dem kernspintomographischen Befund habe er bereits bestanden. Es entspreche allgemeiner übereinstimmender wissenschaftlicher Erkenntnis, dass ein isolierter Bandscheibenvorfall ohne umgebende Begleitverletzung im Rahmen eines Unfallereignisses oder durch eine vom Kläger selbst aufgebrachte Kraftentfaltung nicht verursacht werden könne. Bei dem Ereignis sei es nicht zu einer akuten Schmerzsituation gekommen, welche dem Kläger die Weiterarbeit verwehrt habe. Ein solches Beschwerdebild sei erst nach einer Zeitspanne von etwa 2 Wochen aufgetreten. Eine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit habe nicht bestanden.

Mit Urteil vom 28.04.2014 wies das SG die Klage ab.

Gegen das dem Klägerbevollmächtigten mit Empfangsbekenntnis am 09.05.2014 zugestellte Urteil hat er am 28.05.2014 Berufung beim SG eingelegt und zur Begründung ausgeführt, in einem vergleichbaren Verfahren vor dem Landessozialgericht (L 10 U 3840/10) sei das Urteil durch das Bundessozialgericht aufgehoben und an das Landessozialgericht zurückverwiesen worden (Urteil des BSG vom 24.12.2012 – B 2 U 9/11 R -), um abzuklären, ob isolierte Bandscheibenvorfälle ohne Begleitverletzung mit einer traumatischen Ursache vereinbar sein sollen und dies dem aktuellen medizinischen Kenntnisstand entspreche. Der These des Sachverständigen Dr. E. sei zu widersprechen. Auch eine zeitliche Verzögerung zwischen Unfallereignis und latenten Erstbeschwerden ändere nichts daran, dass von einer Kausalität zwischen Unfallereignis und streitgegenständlichen Beschwerden auszugehen sei.

Der Kläger beantragt – sachdienlich gefasst –, das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 28.04.2014 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 21.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.07.2013 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, Verletztengeld und Heilbehandlung aufgrund einer Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit auch über den 14.12.2012 hinaus aufgrund des Unfalls vom 14.12.2012 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie bezieht sich auf das Gutachten von Dr. E. vom 16.12.2013, das keine Fehler in der Befunderhebung und Befundwürdigung erkennen lasse. Ein Ruhen des Berufungsverfahrens bis zur Entscheidung des Landessozialgerichts in dem vom BSG zurückverwiesenen Verfahren werde nicht beantragt und nicht für erforderlich erachtet.

Der Kläger hat zuletzt beantragt (Schriftsatz vom 19.09.2014), nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein Gutachten von Dr. H. einzuholen. Mit richterlicher Verfügung vom 22.09.2014 ist dem Kläger unter Fristsetzung die Auflage erteilt worden, einen Kostenvorschuss einzuzahlen und eine Kostenverpflichtungserklärung vorzulegen. Der Kläger hat hierauf mitgeteilt, er habe den Geldbetrag für den Kostenvorschuss zur Anschaffung eines Ersatzfahrzeuges, um seinen Arbeitsplatz zu erreichen, anderweitig verwenden müssen. Er rechne damit, im Laufe des Monats Februar 2015 im Rahmen des Lohnsteuerjahresausgleichs in der Lage zu sein, den Vorschuss zu leisten und bitte um eine entsprechende Fristverlängerung bis Ende Februar/Anfang März 2014 (Schriftsatz vom 21.11.2014).

Mit richterlicher Verfügung vom 25.11.2014 ist die Fristverlängerung abgelehnt worden. Mit richterlichem Hinweis vom 08.08.2014, wiederholt in der Verfügung vom 25.11.2014, sind die Beteiligten über die Möglichkeit einer Entscheidung durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 SGG mit Gelegenheit zur Stellungnahme unterrichtet worden.

Der Senat hat die Verwaltungsakte der Beklagten und die Akte des SG beigezogen und zum Verfahrensgegenstand gemacht. Auf diese Unterlagen und die vor dem Senat angefallene Akte im Berufungsverfahren wird wegen weiterer Einzelheiten verwiesen.

II. Gemäß § 153 Abs. 4 SGG kann der Senat - nach vorheriger Anhörung der Beteiligten - die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter des Senats einstimmig zum Ergebnis gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Die Beteiligten sind mit richterlichen Verfügungen vom 08.08.2014 und wiederholend in der Verfügung vom 25.11.2014 auf die in Betracht kommende Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG sowie deren Voraussetzungen hingewiesen worden und haben Gelegenheit erhalten, zur Sache und zum beabsichtigen Verfahren Stellung zu nehmen.

Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid der Beklagten vom 21.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.07.2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Dem Kläger steht kein Anspruch auf die begehrten Leistungen zu. Das angefochtene Urteil des SG ist nicht zu beanstanden.

Mit dem angefochtenen Bescheid ist aus objektiver Sicht des Empfängerhorizonts sinngemäß unter Bezugnahme auf eine fehlende unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit die Gewährung von Verletztengeld und Heilbehandlung infolge des geltend gemachten Ereignisses um den 14.12.2012 abgelehnt worden, weshalb das SG zutreffend von der Zulässigkeit einer insoweit verfolgten Leistungsklage ausgegangen ist. Der Senat hat das Vorbringen des Klägers ohne ausdrückliche Antragstellung im Berufungsverfahren entsprechend ausgelegt und den Antrag sachdienlich gefasst.

Das Sozialgericht hat im angefochtenen Urteil die Rechtsgrundlagen von Arbeitsunfall, Verletztengeld und Heilbehandlung nach dem Unfallversicherungsrecht und die Rechtsanwendungsgrundsätze, insbesondere zur Kausalitätsbeurteilung des unfallbedingten wesentlichen Zusammenhangs einer Gesundheitsstörung, umfassend und zutreffend dargelegt (Seite 6-9 des Urteils), weshalb der Senat auf diese rechtlichen Ausführungen verweist (§ 153 Abs. 2 SGG).

Zur Überzeugung des Senats ist eine hinreichende Wahrscheinlichkeit eines solchen Zusammenhangs der allein in Betracht kommenden Gesundheitsstörung in Form des Bandscheibenvorfalls bei C6/C7 nicht nachgewiesen.

Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der je nach Fallgestaltung aus einem oder mehreren Schritten bestehende Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Für die Feststellung des Ursachenzusammenhangs - der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität - genügt hinreichende Wahrscheinlichkeit (st. Rspr. BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a. F. RVO; BSGE 32, 203, 209 = SozR Nr. 15 zu § 1263 a. F. RVO; BSGE 45, 285, 287 = SozR 2200 § 548 Nr. 38, BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr. 1). Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSG, Urteil vom 09.05.2006 a.a.O. m.w.H.). Dagegen müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß i. S. des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden (BSG SozR 3-5670 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2 m. w. N.).

Nach diesen Grundsätzen ist zur Überzeugung des Senats ein wesentlicher Zusammenhang zwischen dem nachgewiesenen Bandscheibenvorfall bei C6/C7 des Klägers und dem geltend gemachten Ereignis im Dezember 2012 nicht belegt.

Der Senat geht ebenso wie das SG von einem Arbeitsunfall des Klägers im Dezember 2012 unter den in seiner Widerspruchsbegründung geschilderten Umständen aus, obwohl der Kläger den Unfallhergang unterschiedlich mit abweichenden Versionen geschildert hat, ohne überzeugende Erklärung für die Unstimmigkeiten des Vorbringens, denn mit sprachlichen Missverständnissen sind die unterschiedlichen, aber detaillierten Schilderungen nicht zu erklären; so wurde einmal ein Schreibtisch auf einer Rampe zum Container transportiert, zuletzt handelt es sich um einen Transport eines Schrankes auf einer Treppe, einmal handelte es sich um plötzlich in die HWS einschießende Schmerzen und er war zusammengesackt (DAB vom 11.03.2013) bzw. sei in die Knie gegangen (Unfallanzeige vom 10.04.2013), nach seiner Widerspruchsbegründung dagegen habe er keinen Schmerz verspürt, lediglich sei ein kurzfristig elektrisierendes Gefühl aufgetreten und er sei kurz in seiner Sinneswahrnehmung gestört gewesen und habe Angstzustände gehabt, er habe diesem Vorgang aber keine Bedeutung beigemessen. Von einem Zusammensacken ist keine Rede mehr gewesen, erst wieder bei der Unfallschilderung anlässlich der Untersuchung durch Dr. E. wird angegeben, er habe etwas in die Hocke gehen müssen, was mit einem unwillentlichen Zusammensacken oder in die Knie gehen nicht zu vereinbaren ist. Zweifel am Unfallereignis mögen aber dahinstehen, da die Beklagte im angefochtenen Bescheid von einem Unfallereignis in dem angegebenen Zeitrahmen mit der Folge einer nicht behandlungsbedürftigen und keine Arbeitsunfähigkeit begründenden HWS-Zerrung ausging und insoweit den Arbeitsunfall festgestellt hat.

Dagegen ist nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. E. eine Kausalität zwischen dem Bandscheibenvorfall bei C6/C7 und dem vom Kläger geschilderten Vorgang, wie er sich aus seiner Widerspruchsbegründung und seinen Angaben gegenüber Dr. E. ergibt, medizinisch nicht zu belegen.

Aus dem Gutachten von Dr. E. ergeben sich bereits Zweifel, ob die (Unfall-)Einwirkung, die sich aus der vom Willen des Klägers getragenen Muskelanspannung der Arme über die Schultermuskulatur zur Nackenmuskulatur ergibt, generell geeignet ist, einen Bandscheibenvorfall in der HWS zu verursachen. Vorliegend kommt dazu, dass nach Ausführungen von Dr. E. ein eigentlicher Schmerz der Nackenregion mit gleichzeitigem elektrisierendem und ausstrahlendem Schmerz in den linken Arm während dieses Vorfalls nicht aufgetreten ist. Eine für einen akuten Bandscheibenvorfall sprechende Symptomatik ist insbesondere der Unfallschilderung in der Widerspruchsbegründung des Klägers nicht zu entnehmen. Auch danach traten keine plötzlich in den Nacken einschießende Schmerzen auf, geschweige denn Ausstrahlungsschmerzen in den Arm. Die kurzfristige Störung der Sinneswahrnehmung lässt eher an eine kurzfristige Blutdruckschwankung denken, was aber mangels zuverlässiger ärztlicher Bewertung dahinstehen kann. Daher ist eine Kausalität der geltend gemachten Unfalleinwirkung für den erst über 2 Wochen später diagnostizierten Bandscheibenvorfall bereits im Sinne der conditio sine qua non nicht hinreichend wahrscheinlich, d.h. dass bereits auf der ersten Stufe der Kausalitätsprüfung die naturwissenschaftlich-philosophische Kausalität nicht hinreichend wahrscheinlich ist.

Außerdem bestehen Zweifel an der Ursächlichkeit der Unfalleinwirkung für den Bandscheibenvorfall, da der Kläger auch an den anderen Wirbelkörpersegmenten der HWS Bandscheibenveränderungen hat, wie sich aus der MRT-Aufnahme vom 02.02.2013 ergibt. Bandscheibenvorwölbungen (Protrusionen) finden sich nach PD Dr. Ha. in C4/C5 und C5/C6, ein weiterer Bandscheibenvorfall (Prolaps) in C3/C4 neben dem streitgegenständlichen Vorfall in C6/C7. Die Beurteilung von Dr. E. , dass der Bandscheibenvorfall bei C6/C7 unfallvorbestehend war, ist daher für den Senat auch überzeugend.

Soweit Dr. E. auch auf die medizinische Erfahrungstatsache abstellt, dass ein isolierter Bandscheibenvorfall ohne umgebende Begleitverletzungen, die sich vorliegend aus dem MRT auch nicht ergeben, im Rahmen eines Unfallereignisses nicht verursacht werden könne, bezieht er sich hierbei ausdrücklich auf eine allgemeine übereinstimmende wissenschaftliche Erkenntnis unter Hinweis auf alle Werke der unfallmedizinischen Literatur. Er zitiert hierbei stellvertretend die neueste Auflage von Schiltenwolf, Hollo, Begutachtung der Haltungs- und Bewegungsorgane, 6. Aufl., 2013, was das SG im angefochtenen Urteil sowie die Beklagte zutreffend mit dem Hinweis auf Schönberger/Mertens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl., Seite 435ff. bestätigen. Die Bezugnahme des Klägerbevollmächtigten auf die Entscheidung des BSG im Urteil vom 24.12.2012 - B 2 U 9/11 R - zwingt weder den Ausgang etwaiger Ermittlungen in der zurückverwiesenen Sache abzuwarten noch zur eigenen ergänzenden Ermittlung.

Zum einen kommt es aus Sicht des Senats auf diesen Umstand nicht an angesichts der vorgenannten Anknüpfungstatsachen, aus denen sich nicht mit der hinreichenden Wahrscheinlichkeit ein Gesundheitserstschaden an der HWS ergibt. Zum anderen hat der Senat keine Zweifel an der vom Sachverständigen überzeugend belegten herrschenden wissenschaftlichen Erfahrungstatsache. Dieser gutachterlichen Einschätzung eines Arztes des einschlägigen Fachgebiets hat der Klägerbevollmächtigte nicht substantiiert, gegebenenfalls unter Hinweis auf etwaige anderslautende Studien oder Meinungen, widersprochen. Die Zurückweisung des vergleichbaren Rechtsstreits an das Landessozialgericht erfolgte vom erkennenden Senat des Bundessozialgerichts gerade deshalb, weil das Landessozialgericht im dortigen Ausgangsurteil für seine Zweifel an der Gültigkeit des vom dortigen Sachverständigen referierten Erfahrungssatzes seinerseits keine sachkundige Äußerung eines Arztes oder Literaturmeinung angeführt hatte.

Die geltend gemachte Unfalleinwirkung hat auch zu keiner sonstigen Gesundheitsstörung geführt, die Arbeitsunfähigkeit oder Behandlungsbedürftigkeit verursacht hätte. Der Kläger hat am Unfalltag weitergearbeitet und nach Auskunft des Arbeitgebers die Arbeit erst am 31.01.2013 eingestellt. Die zu diesem Zeitpunkt allein behandlungsbedürftigen Beschwerden wegen des Bandscheibenvorfalls bei C6/C7 sind nach Dr. E. aus den genannten Gründen nicht dem Unfallereignis zuzurechnen.

Zu weiteren Ermittlungen sah sich der Senat im Hinblick auf das überzeugende Gutachten von Dr. E. nicht von Amts wegen und auch nicht im Rahmen der vom Kläger beantragten Beweisaufnahme nach § 109 SGG veranlasst. Dem Kläger war auf telefonische Erläuterung seines Bevollmächtigten bereits eine wohlwollend großzügige Frist zur Einzahlung eines Kostenvorschusses gesetzt worden. Innerhalb dieser Frist hat der Kläger die richterlichen Auflagen nicht erfüllt, weshalb der Senat ohne die beantragte Gutachterbestellung nach § 109 SGG in der Sache entscheiden konnte. Die beantragte Verlängerung der bereits wohlwollend bemessenen Einzahlungsfrist war unter Würdigung des Interesses der Beklagten an einer sachgerecht wahrgenommenen Prozessförderung durch das Gericht nicht vertretbar. Zudem kam die Fristverlängerung auch deshalb nicht in Betracht, da nach dem Vorbringen des Klägers (Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 21.11.2014) die von ihm angenommene Zahlungsfähigkeit durch einen eventuellen Lohnsteuerjahresausgleich weder dem Grunde nach noch zum angenommenen Zeitpunkt sicher ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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