Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 18 R 2095/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 901/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 20. Januar 2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung streitig.
Die am 05.10.1955 in Kroatien geborene Klägerin lebt seit August 1970 in der Bundesrepublik Deutschland. Sie hat keine Berufsausbildung abgeschlossen, von November 1995 bis April 1998 war sie als Kabelmontiererin und zuletzt bis März 1999 als Hochlagerarbeiterin beschäftigt.
Einen ersten Rentenantrag vom 02.10.2000 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 20.10.2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.08.2001 ab. Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Karlsruhe (SG) (S 6 RJ 3118/01) schlossen die Beteiligten einen Vergleich, in dem sich die Beklagte verpflichtete, der Klägerin ab dem 01.11.2001 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung auf Dauer sowie zeitlich befristet vom 01.05.2002 bis 30.04.2005 Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren. Diesen Vergleich führte die Beklagte mit Bescheid vom 29.04.2003 aus (vgl. Versicherungsverlauf)
Mit Bescheid vom 17.05.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.11.2005 lehnte die Beklagte den Weitergewährungsantrag der Klägerin ab. Mit Bescheid vom 24.02.2006 gewährte die Beklagte Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung vom 01.05.2005 bis 28.02.2006. Mit Bescheid vom 26.01.2006 entzog die Beklagte der Klägerin die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab dem 01.03.2006. Im anschließenden Klageverfahren vor dem SG (S 12 R 4756/05 schlossen die Beteiligten unter dem 19.12.2007 einen Vergleich dahingehend, dass die Beklagte der Klägerin Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung über den 28.02.2006 hinaus auf Dauer gewährt.
Am 03.02.2009 beantragte die Klägerin erneut die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung. Im Verwaltungsverfahren holte die Beklagte einen Befundbericht der behandelnden Fachärztin für Neurologie und Psychiaterie Prof. Dr. W. vom 10.03.2009 ein. Unter Vorlage von Arztbriefen seit 2007 gab Prof. Dr. W. die Diagnosen generalisierte Angststörung, somatoforme Schmerzstörung, Abhängigkeitssyndrom bei multiplem Substanzgebrauch und Konsum anderer psychotroper Substanzen und Restless-Legs-Syndrom an. In der sozialmedizinischen Stellungnahme vom 14.04.2009 ging Dr. G. von einer behandelbaren Störung aus, eine sozialmedizinische Leistungsminderung sei zwischenzeitlich nicht eingetreten.
Mit Bescheid vom 24.04.2009 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab; die Erwerbsfähigkeit sei noch in dem Maße vorhanden, dass eine Tätigkeit im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkt ausgeübt werden kann. Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung sei nicht gegeben. Es bestehe weiterhin ein Anspruch auf die bisher bezogene Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung.
Zur Begründung ihres hiergegen eingelegten Widerspruchs legte die Klägerin weitere nervenärztliche Befundberichte von Prof. Dr. W. vom 21.04. und 12.05.2009 vor. Laut weiterem Bericht vom 14.08.2009 erfolgte eine Einweisung in das Klinikum N. zum stationären Aufenthalt vom 14.08. bis 03.11.2009. Im Entlassungsbericht vom 14.12.2009 werden die Diagnosen rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig schwere Episode mit Suizidgedanken, generalisierte Angststörung, somatoforme Schmerzstörung, Abhängigkeit bei multiplem Substanzgebrauch, Restless-legs-Syndrom und Schlafwandeln. Die Klägerin sei stabilisiert aus der stationären Behandlung entlassen worden.
Nach erneuter nervenärztlicher Stellungnahme durch Dr. G. vom 23.02.2010, der angab, das Behandlungsziel der Stabilisierung sei durch die stationäre Behandlung erreicht worden und eine sozialmedizinische Leistungsminderung auszuschließen, wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 13.04.2010 zurück. Leichte Arbeiten seien mindestens sechs Stunden täglich zumutbar. Die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung werde aufgrund der Vergleiche vom 14.03.2003 und 19.12.2007 auf Dauer weitergeleistet.
Hiergegen hat die Klägerin am 17.05.2010 Klage beim SG erhoben und zur Begründung ausgeführt, aus einer Verbesserung des Gesundheitszustandes nach einer Extremsituation könne keinesfalls auf Erwerbsfähigkeit geschlossen werden.
Im Rahmen der Beweisaufnahme hat das SG die behandelnden Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen gehört und bei dem Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. N. ein Gutachten eingeholt. Der Allgemeinmediziner Dr. R. hat mit Auskunft vom 20.08.2010 auf die Dauerdiagnosen rezidivierende depressive Störung, Angststörung, Restless-legs-Syndrom und somatoforme Schmerzstörung hingewiesen. Während der letzten fünf Jahre habe die Befundsymptomatik gewechselt, insgesamt sei jedoch keine Besserung eingetreten. Die Einschränkung der beruflichen Leistungsfähigkeit habe in den letzten Jahren fortdauernd bestanden. Der Nervenarzt Dr. W. hat unter dem 08.09.2010 im Wesentlichen über die durch Prof. Dr. W. durchgeführte Behandlung berichtet. Hinsichtlich der beruflichen Leistungsfähigkeit könne er keine abschließende Stellungnahme abgeben. Der Allgemeinmediziner und Psychotherapeut Dr. Dr. Z. sieht laut seiner Auskunft vom 09.10.2010 die Behandlung geprägt vom chronisch-rezidivierenden Verlauf. Er habe die Klägerin nie gesund erlebt, bestenfalls zeitweilig subdepressiv. Es sei keinerlei Leistungsfähigkeit gegeben. Schließlich hat der Chirurg/Orthopäde Dr. J. in seiner Stellungnahme vom 19.01.2011 angegeben, bei den bereits bekannten Diagnosen sei diese lediglich für leichteste körperliche Tätigkeiten ohne Stressbelastung geeignet. Das Leistungsvermögen betrage in zeitlicher Hinsicht unter drei Stunden.
Dr. N. hat nach der Begutachtung der Klägerin am 23.02.2011 im Gutachten vom 27.06.2011 angegeben, bei den Hauptdiagnosen chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, leichtgradige depressive Episode im Rahmen einer rezidivierenden depressiven Störung und Angststörung mit phobischen Merkmalen bestünden im Wesentlichen Leistungseinschränkungen in qualitativer Hinsicht wegen der anhaltenden Schmerzsymptomatik und wegen der herabgesetzten psychomentalen Belastbarkeit. Schwere und mittelschwere körperliche Arbeiten mit Heben und Tragen von mehr als sieben kg, dauerndes Stehen und gleichförmige Körperhaltungen, häufiges Bücken und Treppensteigen, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, Arbeiten in Kälte, Nässe und im Freien sowie Arbeiten unter Stress und Zeitdruck und Arbeiten bei hohem Publikumsverkehr oder nervlichen Belastungen seien nicht zumutbar. Bei Berücksichtigung dieser qualitativen Einschränkungen bestünde keine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens. Maßgeblich für die Leistungseinschätzung sei der nicht so erhebliche Schweregrad der im Vordergrund stehenden chronischen Schmerzstörung und der phobischen Störung bzw. der leichtgradigen depressiven Störung. Die Klägerin sei durchaus in der Lage, ihren Alltagsanforderungen im häuslichen Bereich nachzukommen.
Dieser Einschätzung hat für die Beklagte Dr. H. in seiner sozialmedizinischen Stellungnahme vom 04.08.2011 ausdrücklich zugestimmt.
Auch nach Einwendungen der Klägerin gegen die Ergebnisse des Gutachtens von Dr. N. hat dieser in seiner ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom 25.10.2011 an seiner Einschätzung festgehalten.
Mit Schriftsatz vom 17.01.2012 hat die Klägerin über ihre Bevollmächtigte weitere ärztliche Unterlagen vorgelegt.
Mit Urteil vom 20.01.2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Bescheid vom 24.04.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.04.2010 sei rechtmäßig und verletze die Klägerin nicht in ihren Rechten. Diese habe keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung. Die Klägerin habe keine Berufsausbildung abgeschlossen und sei zuletzt als Lagerarbeiterin beschäftigt gewesen, so dass sie auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar sei. Derartige Tätigkeiten könne sie nach der Überzeugung des SG auch noch mindestens sechs Stunden je Arbeitstag verrichten. Der Schwerpunkt der gesundheitlichen Beeinträchtigungen liege auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet. Trotz dieser Gesundheitsstörungen sei die Klägerin nach der Einschätzung des Sachverständigen Dr. N. in seinem Gutachten vom 27.06.2011, der sich das SG anschließe, noch in der Lage, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Berücksichtigung - näher dargelegter - qualitativer Einschränkungen in einem zeitlichen Umfang von mindestens sechs Stunden arbeitstäglich ausüben. Auf orthopädischem Fachgebiet bestünden zwar Beeinträchtigungen im Bereich der Wirbelsäule sowie eine Schulter-Arm-Arthrose, aus der sich aber ein aufgehobenes Leistungsvermögen in zeitlicher Hinsicht nicht ergebe. Der Einschätzung des Dr. J. werde insoweit nicht gefolgt. Die Klägerin habe daher keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung. Dass ihr die als Dauerrente gewährte Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung entsprechend dem Vergleich im vorangegangenen Klageverfahren weitergewährt werde, liege nicht an einer tatsächlich vorliegenden Leistungseinschränkung in zeitlicher Hinsicht, sondern nach dem Akteninhalt vielmehr daran, dass der Beklagten seinerzeit ein Besserungsnachweis nicht gelungen sei.
Hiergegen hat die Klägerin am 29.02.2012 Berufung eingelegt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, auffällig sei, dass alle behandelnden Ärzte, die die Klägerin längerfristig behandelten, davon ausgehen, dass diese sowohl in qualitativer als auch in quantitativer Hinsicht deutliche Leistungseinschränkungen habe. Ferner ist ein vorläufiger Entlassbericht des Klinikverbunds S. vom 27.12.2012 über einen stationären Aufenthalt der Klägerin vom 17.12. bis 31.12.2012 sowie der Bericht der S. Kliniken R. vom 13.09.2013 über den stationären Aufenthalt vom 04.07. bis 15.08.2013, ein Attest des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. R. vom 05.02.2013 und ein Attest der Psychologischen Psychotherapeutin Dipl.-Psych. C. vom 11.12.2013 vorgelegt worden. Zuletzt ist eine handschriftliche Stellungnahme der Klägerin eingereicht worden, wegen deren Inhalts im Einzelnen auf Bl. 149/151 der Senatsakten Bezug genommen wird.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 20. Januar 2012 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 14. April 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. April 2010 zu verurteilen, der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung ab Antragstellung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat sozialmedizinische Stellungnahmen von Dr. D. vom 31.10.2013, vom 11.02.2014 und vom 23.05.2014 sowie von Dr. M. vom 06.11.2013 vorgelegt.
Im Rahmen der Beweisaufnahme hat der Senat auf Antrag und Kostenrisiko der Klägerin den Arzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie, Chefarzt der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik Krankenhäuser Landkreis F. gGmbH Dr. D. mit der Begutachtung der Klägerin beauftragt. Nach ambulanter Untersuchung der Klägerin am 11.01.2013 hat Dr. D. in seinem Gutachten vom 07.04.2013 angegeben, die Klägerin leide auf nervenärztlichem Gebiet unter einer komplexen multiformen neurotischen Entwicklung mit chronischer Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, Dysthymia, Angststörung mit phobischen Anteilen, einer Schlafstörung sowie einer Essstörung mit bulimischen Zügen bei einer Persönlichkeit mit histrionischen Zügen. Hinzu komme ein Restless-legs-Syndrom. Einfache Tätigkeiten, die der begrenzten Ausbildung der Klägerin entsprächen, könne sie in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Aus psychiatrischer Sicht bestünden keine Gründe, weshalb das Leistungsvermögen quantitativ auf sechs Stunden und weniger eingeschränkt sein sollte. Die Klägerin sei auch grundsätzlich noch in der Lage, sich auf die Anforderungen einzustellen, die mit der Aufnahme jeder neuen Tätigkeit verbunden seien. Trotz gewisser agoraphobischer Ängste könne die Klägerin öffentliche Verkehrsmittel benutzen, wenn dies notwendig sei.
An dieser Einschätzung hat Dr. D. in einer ergänzenden Stellungnahme vom 22.06.2013 (Bl. 116 bis 122 der Verwaltungsakte), die aufgrund von Einwänden der Klägerin eingeholt worden ist, festgehalten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten sowie der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.
Die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung hat.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier von der Klägerin beanspruchte Rente wegen voller Erwerbsminderung - § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) - dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht besteht, weil die Klägerin noch wenigstens sechs Stunden täglich leistungsfähig ist. Der Senat schließt sich dem nach eigener Prüfung und unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren sowie der im Berufungsverfahren vorgelegten ärztlichen Unterlagen uneingeschränkt an, sieht gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Ergänzend ist auszuführen, dass der Senat – ebenso wie das SG – nicht festzustellen vermag, dass das Leistungsvermögen der Klägerin auch für körperlich leichte Tätigkeiten auf unter sechs Stunden täglich herabgesunken ist. Zu dieser Überzeugung gelangt der Senat aufgrund der schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten von Dr. N. und Dr. D ...
Im Vordergrund der Gesundheitsstörungen der Klägerin stehen die Erkrankungen auf nervenärztlichem Fachgebiet. Die Klägerin leidet - bei einer Persönlichkeit mit histrionischen Zügen - unter einer komplexen, multiformen neurotischen Entwicklung mit chronischer Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, Dysthymia, einer Angststörung mit phobischen Anteilen, einer Schlafstörung sowie einer Essstörung mit bulimischen Zügen und einem Restless-legs-Syndrom. Trotz dieser Gesundheitsstörungen ist die Klägerin in der Lage, zumindest leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in einem zeitlichen Umfang von mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Dies ergibt sich aus den schlüssigen, differenzierten und übereinstimmenden Gutachten von Dr. N. und Dr. D ... Die zuletzt durch Dr. D. erhobenen Diagnosen lassen sich mit dem von ihm erhobenen Befund in Einklang bringen. Die Klägerin war bei der Untersuchung bewusstseinsklar und voll orientiert. Es gab weder Anhaltspunkte für eine relevante Beeinträchtigung der Auffassung noch für eine relevante Einschränkung der Gedächtnisfunktionen. So konnte die Klägerin die biographischen Meilensteine hinreichend genau reproduzieren. Etwas reduziert zeigte sich die konzentrative Belastbarkeit. Die Grundstimmung war leicht missempfindlich und geringfügig depressiv, die affektive Schwingungsfähigkeit erhalten. In der Untersuchungssituation zeigte die Klägerin sich - bei berichteten Ängsten schwankenden Grades - nicht ängstlich. Deutlich erhöht waren die emotionale Störbarkeit und Irritierbarkeit. Bei einer gewissen Dramatisierung in der Beschwerdeschilderung fand sich kein Hinweis für eine Simulation der Beschwerden. Der Gutachter weist nachvollziehbar darauf hin, dass die Klägerin keine massive Einschränkung hinsichtlich ihrer Lebens- und Haushaltsführung schildert. Die Klägerin beschreibt gegenüber Dr. D. einen strukturierten Tagesablauf; sie stehe oft schon gegen 5.00 Uhr auf, begebe sich dann ins Wohnzimmer und versuche, weiter zu schlafen. Zwischen 7.30 Uhr und 8.00 Uhr gehe sie ins Bad und verrichte die Morgentoilette. Anschließend frühstücke sie und erledige gemeinsam mit ihrem Mann die Hausarbeiten. Nach ihrer Schilderung schaut sie dabei im Wesentlichen zu und korrigiert ihren Mann. Allerdings gibt sie auch an, selbst zu bügeln, die Wäsche zu sortieren, ihr Frühstück zu richten und Staub zu saugen. Das Mittagessen kocht sie gemeinsam mit ihrem Mann. Nach ihren Angaben geht sie auch gelegentlich mit zum Einkaufen. Am Abend sieht die Klägerin fern, insbesondere Sendungen über Geschichte und Altertum im N-TV.
Zwar wird in dem Bericht der S.-Klinik eine mittelgradige depressive Episode und damit eine Verschlechterung angegeben. Insoweit führt aber Dr. D. überzeugend aus, dass eine zwischenzeitliche Verschlechterung einer depressiven Symptomatik im Rahmen einer rezidivierenden depressiven Störung vorkommen kann. Hieraus lässt sich aber keine zeitlich überdauernde quantitative Leistungsminderung ableiten. Dies wird auch durch den Entlassungsbericht der S.-Kliniken belegt. Die depressive Symptomatik hat sich im Laufe des Aufenthalts deutlich gebessert; die Patientin profitierte vom multi-modalen Therapiekonzept mit den verschiedenen Therapieangeboten und arbeitete motiviert mit. Dr. D. weist insoweit nachvollziehbar darauf hin, dass die Klägerin die stationäre psychosomatische Behandlung in der S.-Klinik erfolgreich auch zum mittelfristigen und langfristigen Erhalt des von Dr. D. festgestellten Leistungsvermögens von sechs Stunden und mehr nutzte, so dass dieses weiterhin Bestand hat. Eine Besserung der depressiven Symptomatik im Laufe der psychotherapeutischen Behandlung wird auch durch Dipl.-Psych. C. bestätigt. Soweit diese darauf hinweist, Dr. D. und Dr. M. hätten die weiteren Diagnosen (Angststörung, chronische Schmerzstörung, Restless-legs-Syndrom, Essstörung) nicht berücksichtigt, ist dies zwar zutreffend, führt aber zu keiner anderen Leistungsbeurteilung. Die genannten Diagnosen wurden sowohl von Dr. N. als auch von Dr. D. in den Gutachten genannt und bei der Leistungsbeurteilung berücksichtigt. Hinsichtlich der zuletzt vorgelegten handschriftlich verfassten persönlichen Stellungnahme über biographisch belastende Erlebnisse in der Kindheit und Jugend ist festzuhalten, dass diese die bei der Klägerin vorliegenden Gesundheitsstörungen erklären können. Auch die behandelnde Dipl.-Psych. C. hat in ihrer Stellungnahme vom 11.12.2013 betont, dass der psychische Gesundheitszustand der Klägerin auch im Zusammenhang mit ihrer Lebensgeschichte gesehen werden kann, da sie in ihrer Kindheit schweren Traumatisierungen in der Familie ausgesetzt war. Soweit Dipl.-Psych. C. in der zuletzt vorgelegten Stellungnahme vom 03.02.2015 ausführt, durch die neuen Informationen über die Lebensgeschichte rückt eine komplexe posttraumatische Belastungsstörung als weitere Diagnose die anderen Symptome in ein neues Licht und die Leistungsfähigkeit der Klägerin sei jetzt auf unter drei Stunden täglich einzuschätzen, vermag der Senat dieser Einschätzung nicht zu folgen. Maßgeblich für die Leistungseinschätzung sind die festzustellenden Leistungsbeeinträchtigungen, ohne dass es auf deren konkrete Ursachen ankäme. Die Befunde und Diagnosen sowie die hieraus resultierende Leistungsbeeinträchtigung haben die Gutachter umfassend gewürdigt. Dass möglicherweise eine komplexe posttraumatische Belastungsstörung als weitere Diagnose hinzukommt, ändert an der Leistungsbeurteilung, die auf dem erhobenen psychiatrischen Befund beruht, nichts.
Auch durch die im Berufungsverfahren vorgelegten ärztlichen Unterlagen hat sich keine wesentliche Änderung des Sachverhalts ergeben. Aus dem vorläufigen Entlassbericht des Klinikverbunds Südwest vom 27.12.2012 über den stationären Aufenthalt vom 17.12. bis zum 31.12.2012 ergibt sich, dass die Klägerin dort aufgrund einer akuten Hepatitis, am ehesten bei medikamentös-toxischer Schädigung behandelt wurde. Ein Hinweis auf eine akute Hepatitis A, B, C oder CMV-/EBV-Infektion fand sich nicht, die Transferrinsättigung sowie das Coeruloplasmin im Serum waren normwertig. Bei weiteren Kontrollen im Verlauf zeigte sich allmählich eine Besserung der Lebertransaminasen und der Chlorastaseparameter. Eine Einschränkung des Leistungsvermögens in rentenberechtigendem Ausmaß aufgrund der akuten Hepatitis ist daher, worauf auch Dr. D. hinweist, nicht gegeben. Bereits bei der Begutachtung durch Dr. D. (Blutentnahme am 11.01.2013) zeigte sich eine deutliche Besserung der Leberwerte. Die Werte GOT und GPT lagen fast wieder im Normbereich, der Gamma-GT-Wert war nur noch leicht erhöht. Bei der Blutentnahme durch die S. Klinik (05.08. und 14.08.2013) waren alle drei Leberwerte wieder im Normbereich. Dr. M. führt daher nachvollziehbar aus, dass aufgrund des erfreulichen Verlaufs nach medikamentös-toxischer Leberschädigung mit akuter Leberentzündung keine quantitative Leistungsminderung mehr abgeleitet werden kann. Dies gilt auch für die in einem internistischen Konsil der S. Kliniken am 08.08.2013 neu festgestellte Bluthochdruckerkrankung. Auch insoweit weist Dr. M. überzeugend darauf hin, dass unter der blutdrucksenkenden Medikation rasch eine Normalisierung erreicht werden kann, so dass eine quantitative Leistungsminderung auch aus der Bluthochdruckerkrankung nicht abgeleitet werden kann.
Bei einer Erwerbstätigkeit sind aufgrund des Schmerzsyndroms einseitige, gleichförmige Körperbewegungen nur beschränkt zumutbar. Wegen des Restless-legs-Syndroms sollten Nachtarbeiten vermieden werden. Akkordarbeiten und Arbeiten unter sonstigem hohen Zeitdruck sowie Tätigkeiten unter extremen Witterungen sollten vermieden werden. Hinsichtlich der sich aus den orthopädischen Erkrankungen ergebenden qualitativen Einschränkungen des Leistungsvermögens wird auf das Urteil des SG Bezug genommen. Die zu berücksichtigenden qualitativen Einschränkungen des Leistungsvermögens sind bereits durch das Erfordernis einer leichten Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erfasst und führen nicht zu einer schweren spezifischen Leistungseinschränkung oder einer Summierung ungewöhnlicher Leistungsein-schränkungen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG gehört zur Erwerbsfähigkeit auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle aufzusuchen (BSG, Urteile vom 09.08.2001, B 10 LW 18/00 R – SozR 3-5864 § 13 Nr. 2 m. w. N. sowie Urteil vom 28.08.2002, B 5 RJ 12/02 R, Juris). Denn eine Tätigkeit zum Zweck des Gelderwerbs ist in der Regel nur außerhalb der Wohnung möglich. Das Vorhandensein eines Minimums an Mobilität ist deshalb Teil des nach § 43 SGB VI versicherten Risikos (BSG, Urteile vom 17.12.1991, 13/5 RJ 73/90 - SozR 3-2200 § 1247 Nr. 10, Urteil vom 09.08.2001, B 10 LW 18/00 R - SozR 3-5864 § 13 Nr. 2 und vom 14.03.2002, B 13 RJ 25/01 R, Juris); das Defizit führt zur vollen Erwerbsminderung. Hat der Versicherte keinen Arbeitsplatz und wird ihm ein solcher auch nicht konkret angeboten, bemessen sich die Wegstrecken, deren Zurücklegung ihm - auch in Anbetracht der Zumutbarkeit eines Umzugs - möglich sein muss, nach einem generalisierenden Maßstab, der zugleich den Bedürfnissen einer Massenverwaltung Rechnung trägt. Dabei wird angenommen, dass ein Versicherter für den Weg zur Arbeitsstelle öffentliche Verkehrsmittel benutzen und von seiner Wohnung zum Verkehrsmittel und vom Verkehrsmittel zur Arbeitsstelle und zurück Fußwege zurücklegen muss. Erwerbsfähigkeit setzt danach grundsätzlich die Fähigkeit des Versicherten voraus, vier Mal am Tag Wegstrecken von mehr als 500 Meter mit zumutbarem Zeitaufwand zu Fuß bewältigen und zwei Mal täglich während der Hauptverkehrszeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren zu können. Bei der Beurteilung der Mobilität des Versicherten sind alle ihm tatsächlich zur Verfügung stehenden Hilfsmittel (z. B. Gehstützen) und Beförderungsmöglichkeiten zu berücksichtigen (BSG, Urteile vom 17.12.1991, 13/5 RJ 73/90 - SozR 3-2200 § 1247 Nr. 10, vom 19.11.1997, 5 RJ 16/97 - SozR 3-2600 § 44 Nr. 10 und vom 30.01.2002, B 5 RJ 36/01 R, Juris). Dazu gehört auch die zumutbare Benutzung eines vorhandenen, ggf. im Rahmen der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 16 SGB VI, § 33 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 8 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX)) subventionierten Kraftfahrzeugs (vgl. BSG, Urteile vom 19.11.1997, 5 RJ 16/97 - SozR 3-2600 § 44 Nr. 10, vom 30.01.2002, B 5 RJ 36/01 R und vom 14.03.2002, B 13 RJ 25/01 R, Juris). Wie Dr. D. zutreffend ausführt, gibt es aufgrund der bei der Klägerin nachgewiesenen Gesundheitsstörungen keinen Grund, weshalb sie eine Wegstrecke von mehr als 500 Metern zu Fuß nicht viermal täglich in 15 Minuten zurücklegen können sollte. Auch kann sie nach der Einschätzung von Dr. D., der der Senat folgt, trotz gewisser agoraphobischer Ängste öffentliche Verkehrsmittel benutzen, wenn dies notwendig ist. Dies deckt sich auch mit der Einschätzung von Dr. Niessner.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung streitig.
Die am 05.10.1955 in Kroatien geborene Klägerin lebt seit August 1970 in der Bundesrepublik Deutschland. Sie hat keine Berufsausbildung abgeschlossen, von November 1995 bis April 1998 war sie als Kabelmontiererin und zuletzt bis März 1999 als Hochlagerarbeiterin beschäftigt.
Einen ersten Rentenantrag vom 02.10.2000 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 20.10.2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.08.2001 ab. Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Karlsruhe (SG) (S 6 RJ 3118/01) schlossen die Beteiligten einen Vergleich, in dem sich die Beklagte verpflichtete, der Klägerin ab dem 01.11.2001 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung auf Dauer sowie zeitlich befristet vom 01.05.2002 bis 30.04.2005 Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren. Diesen Vergleich führte die Beklagte mit Bescheid vom 29.04.2003 aus (vgl. Versicherungsverlauf)
Mit Bescheid vom 17.05.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.11.2005 lehnte die Beklagte den Weitergewährungsantrag der Klägerin ab. Mit Bescheid vom 24.02.2006 gewährte die Beklagte Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung vom 01.05.2005 bis 28.02.2006. Mit Bescheid vom 26.01.2006 entzog die Beklagte der Klägerin die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab dem 01.03.2006. Im anschließenden Klageverfahren vor dem SG (S 12 R 4756/05 schlossen die Beteiligten unter dem 19.12.2007 einen Vergleich dahingehend, dass die Beklagte der Klägerin Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung über den 28.02.2006 hinaus auf Dauer gewährt.
Am 03.02.2009 beantragte die Klägerin erneut die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung. Im Verwaltungsverfahren holte die Beklagte einen Befundbericht der behandelnden Fachärztin für Neurologie und Psychiaterie Prof. Dr. W. vom 10.03.2009 ein. Unter Vorlage von Arztbriefen seit 2007 gab Prof. Dr. W. die Diagnosen generalisierte Angststörung, somatoforme Schmerzstörung, Abhängigkeitssyndrom bei multiplem Substanzgebrauch und Konsum anderer psychotroper Substanzen und Restless-Legs-Syndrom an. In der sozialmedizinischen Stellungnahme vom 14.04.2009 ging Dr. G. von einer behandelbaren Störung aus, eine sozialmedizinische Leistungsminderung sei zwischenzeitlich nicht eingetreten.
Mit Bescheid vom 24.04.2009 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab; die Erwerbsfähigkeit sei noch in dem Maße vorhanden, dass eine Tätigkeit im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkt ausgeübt werden kann. Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung sei nicht gegeben. Es bestehe weiterhin ein Anspruch auf die bisher bezogene Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung.
Zur Begründung ihres hiergegen eingelegten Widerspruchs legte die Klägerin weitere nervenärztliche Befundberichte von Prof. Dr. W. vom 21.04. und 12.05.2009 vor. Laut weiterem Bericht vom 14.08.2009 erfolgte eine Einweisung in das Klinikum N. zum stationären Aufenthalt vom 14.08. bis 03.11.2009. Im Entlassungsbericht vom 14.12.2009 werden die Diagnosen rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig schwere Episode mit Suizidgedanken, generalisierte Angststörung, somatoforme Schmerzstörung, Abhängigkeit bei multiplem Substanzgebrauch, Restless-legs-Syndrom und Schlafwandeln. Die Klägerin sei stabilisiert aus der stationären Behandlung entlassen worden.
Nach erneuter nervenärztlicher Stellungnahme durch Dr. G. vom 23.02.2010, der angab, das Behandlungsziel der Stabilisierung sei durch die stationäre Behandlung erreicht worden und eine sozialmedizinische Leistungsminderung auszuschließen, wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 13.04.2010 zurück. Leichte Arbeiten seien mindestens sechs Stunden täglich zumutbar. Die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung werde aufgrund der Vergleiche vom 14.03.2003 und 19.12.2007 auf Dauer weitergeleistet.
Hiergegen hat die Klägerin am 17.05.2010 Klage beim SG erhoben und zur Begründung ausgeführt, aus einer Verbesserung des Gesundheitszustandes nach einer Extremsituation könne keinesfalls auf Erwerbsfähigkeit geschlossen werden.
Im Rahmen der Beweisaufnahme hat das SG die behandelnden Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen gehört und bei dem Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. N. ein Gutachten eingeholt. Der Allgemeinmediziner Dr. R. hat mit Auskunft vom 20.08.2010 auf die Dauerdiagnosen rezidivierende depressive Störung, Angststörung, Restless-legs-Syndrom und somatoforme Schmerzstörung hingewiesen. Während der letzten fünf Jahre habe die Befundsymptomatik gewechselt, insgesamt sei jedoch keine Besserung eingetreten. Die Einschränkung der beruflichen Leistungsfähigkeit habe in den letzten Jahren fortdauernd bestanden. Der Nervenarzt Dr. W. hat unter dem 08.09.2010 im Wesentlichen über die durch Prof. Dr. W. durchgeführte Behandlung berichtet. Hinsichtlich der beruflichen Leistungsfähigkeit könne er keine abschließende Stellungnahme abgeben. Der Allgemeinmediziner und Psychotherapeut Dr. Dr. Z. sieht laut seiner Auskunft vom 09.10.2010 die Behandlung geprägt vom chronisch-rezidivierenden Verlauf. Er habe die Klägerin nie gesund erlebt, bestenfalls zeitweilig subdepressiv. Es sei keinerlei Leistungsfähigkeit gegeben. Schließlich hat der Chirurg/Orthopäde Dr. J. in seiner Stellungnahme vom 19.01.2011 angegeben, bei den bereits bekannten Diagnosen sei diese lediglich für leichteste körperliche Tätigkeiten ohne Stressbelastung geeignet. Das Leistungsvermögen betrage in zeitlicher Hinsicht unter drei Stunden.
Dr. N. hat nach der Begutachtung der Klägerin am 23.02.2011 im Gutachten vom 27.06.2011 angegeben, bei den Hauptdiagnosen chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, leichtgradige depressive Episode im Rahmen einer rezidivierenden depressiven Störung und Angststörung mit phobischen Merkmalen bestünden im Wesentlichen Leistungseinschränkungen in qualitativer Hinsicht wegen der anhaltenden Schmerzsymptomatik und wegen der herabgesetzten psychomentalen Belastbarkeit. Schwere und mittelschwere körperliche Arbeiten mit Heben und Tragen von mehr als sieben kg, dauerndes Stehen und gleichförmige Körperhaltungen, häufiges Bücken und Treppensteigen, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, Arbeiten in Kälte, Nässe und im Freien sowie Arbeiten unter Stress und Zeitdruck und Arbeiten bei hohem Publikumsverkehr oder nervlichen Belastungen seien nicht zumutbar. Bei Berücksichtigung dieser qualitativen Einschränkungen bestünde keine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens. Maßgeblich für die Leistungseinschätzung sei der nicht so erhebliche Schweregrad der im Vordergrund stehenden chronischen Schmerzstörung und der phobischen Störung bzw. der leichtgradigen depressiven Störung. Die Klägerin sei durchaus in der Lage, ihren Alltagsanforderungen im häuslichen Bereich nachzukommen.
Dieser Einschätzung hat für die Beklagte Dr. H. in seiner sozialmedizinischen Stellungnahme vom 04.08.2011 ausdrücklich zugestimmt.
Auch nach Einwendungen der Klägerin gegen die Ergebnisse des Gutachtens von Dr. N. hat dieser in seiner ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom 25.10.2011 an seiner Einschätzung festgehalten.
Mit Schriftsatz vom 17.01.2012 hat die Klägerin über ihre Bevollmächtigte weitere ärztliche Unterlagen vorgelegt.
Mit Urteil vom 20.01.2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Bescheid vom 24.04.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.04.2010 sei rechtmäßig und verletze die Klägerin nicht in ihren Rechten. Diese habe keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung. Die Klägerin habe keine Berufsausbildung abgeschlossen und sei zuletzt als Lagerarbeiterin beschäftigt gewesen, so dass sie auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar sei. Derartige Tätigkeiten könne sie nach der Überzeugung des SG auch noch mindestens sechs Stunden je Arbeitstag verrichten. Der Schwerpunkt der gesundheitlichen Beeinträchtigungen liege auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet. Trotz dieser Gesundheitsstörungen sei die Klägerin nach der Einschätzung des Sachverständigen Dr. N. in seinem Gutachten vom 27.06.2011, der sich das SG anschließe, noch in der Lage, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Berücksichtigung - näher dargelegter - qualitativer Einschränkungen in einem zeitlichen Umfang von mindestens sechs Stunden arbeitstäglich ausüben. Auf orthopädischem Fachgebiet bestünden zwar Beeinträchtigungen im Bereich der Wirbelsäule sowie eine Schulter-Arm-Arthrose, aus der sich aber ein aufgehobenes Leistungsvermögen in zeitlicher Hinsicht nicht ergebe. Der Einschätzung des Dr. J. werde insoweit nicht gefolgt. Die Klägerin habe daher keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung. Dass ihr die als Dauerrente gewährte Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung entsprechend dem Vergleich im vorangegangenen Klageverfahren weitergewährt werde, liege nicht an einer tatsächlich vorliegenden Leistungseinschränkung in zeitlicher Hinsicht, sondern nach dem Akteninhalt vielmehr daran, dass der Beklagten seinerzeit ein Besserungsnachweis nicht gelungen sei.
Hiergegen hat die Klägerin am 29.02.2012 Berufung eingelegt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, auffällig sei, dass alle behandelnden Ärzte, die die Klägerin längerfristig behandelten, davon ausgehen, dass diese sowohl in qualitativer als auch in quantitativer Hinsicht deutliche Leistungseinschränkungen habe. Ferner ist ein vorläufiger Entlassbericht des Klinikverbunds S. vom 27.12.2012 über einen stationären Aufenthalt der Klägerin vom 17.12. bis 31.12.2012 sowie der Bericht der S. Kliniken R. vom 13.09.2013 über den stationären Aufenthalt vom 04.07. bis 15.08.2013, ein Attest des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. R. vom 05.02.2013 und ein Attest der Psychologischen Psychotherapeutin Dipl.-Psych. C. vom 11.12.2013 vorgelegt worden. Zuletzt ist eine handschriftliche Stellungnahme der Klägerin eingereicht worden, wegen deren Inhalts im Einzelnen auf Bl. 149/151 der Senatsakten Bezug genommen wird.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 20. Januar 2012 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 14. April 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. April 2010 zu verurteilen, der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung ab Antragstellung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat sozialmedizinische Stellungnahmen von Dr. D. vom 31.10.2013, vom 11.02.2014 und vom 23.05.2014 sowie von Dr. M. vom 06.11.2013 vorgelegt.
Im Rahmen der Beweisaufnahme hat der Senat auf Antrag und Kostenrisiko der Klägerin den Arzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie, Chefarzt der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik Krankenhäuser Landkreis F. gGmbH Dr. D. mit der Begutachtung der Klägerin beauftragt. Nach ambulanter Untersuchung der Klägerin am 11.01.2013 hat Dr. D. in seinem Gutachten vom 07.04.2013 angegeben, die Klägerin leide auf nervenärztlichem Gebiet unter einer komplexen multiformen neurotischen Entwicklung mit chronischer Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, Dysthymia, Angststörung mit phobischen Anteilen, einer Schlafstörung sowie einer Essstörung mit bulimischen Zügen bei einer Persönlichkeit mit histrionischen Zügen. Hinzu komme ein Restless-legs-Syndrom. Einfache Tätigkeiten, die der begrenzten Ausbildung der Klägerin entsprächen, könne sie in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Aus psychiatrischer Sicht bestünden keine Gründe, weshalb das Leistungsvermögen quantitativ auf sechs Stunden und weniger eingeschränkt sein sollte. Die Klägerin sei auch grundsätzlich noch in der Lage, sich auf die Anforderungen einzustellen, die mit der Aufnahme jeder neuen Tätigkeit verbunden seien. Trotz gewisser agoraphobischer Ängste könne die Klägerin öffentliche Verkehrsmittel benutzen, wenn dies notwendig sei.
An dieser Einschätzung hat Dr. D. in einer ergänzenden Stellungnahme vom 22.06.2013 (Bl. 116 bis 122 der Verwaltungsakte), die aufgrund von Einwänden der Klägerin eingeholt worden ist, festgehalten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten sowie der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.
Die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung hat.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier von der Klägerin beanspruchte Rente wegen voller Erwerbsminderung - § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) - dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht besteht, weil die Klägerin noch wenigstens sechs Stunden täglich leistungsfähig ist. Der Senat schließt sich dem nach eigener Prüfung und unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren sowie der im Berufungsverfahren vorgelegten ärztlichen Unterlagen uneingeschränkt an, sieht gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Ergänzend ist auszuführen, dass der Senat – ebenso wie das SG – nicht festzustellen vermag, dass das Leistungsvermögen der Klägerin auch für körperlich leichte Tätigkeiten auf unter sechs Stunden täglich herabgesunken ist. Zu dieser Überzeugung gelangt der Senat aufgrund der schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten von Dr. N. und Dr. D ...
Im Vordergrund der Gesundheitsstörungen der Klägerin stehen die Erkrankungen auf nervenärztlichem Fachgebiet. Die Klägerin leidet - bei einer Persönlichkeit mit histrionischen Zügen - unter einer komplexen, multiformen neurotischen Entwicklung mit chronischer Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, Dysthymia, einer Angststörung mit phobischen Anteilen, einer Schlafstörung sowie einer Essstörung mit bulimischen Zügen und einem Restless-legs-Syndrom. Trotz dieser Gesundheitsstörungen ist die Klägerin in der Lage, zumindest leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in einem zeitlichen Umfang von mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Dies ergibt sich aus den schlüssigen, differenzierten und übereinstimmenden Gutachten von Dr. N. und Dr. D ... Die zuletzt durch Dr. D. erhobenen Diagnosen lassen sich mit dem von ihm erhobenen Befund in Einklang bringen. Die Klägerin war bei der Untersuchung bewusstseinsklar und voll orientiert. Es gab weder Anhaltspunkte für eine relevante Beeinträchtigung der Auffassung noch für eine relevante Einschränkung der Gedächtnisfunktionen. So konnte die Klägerin die biographischen Meilensteine hinreichend genau reproduzieren. Etwas reduziert zeigte sich die konzentrative Belastbarkeit. Die Grundstimmung war leicht missempfindlich und geringfügig depressiv, die affektive Schwingungsfähigkeit erhalten. In der Untersuchungssituation zeigte die Klägerin sich - bei berichteten Ängsten schwankenden Grades - nicht ängstlich. Deutlich erhöht waren die emotionale Störbarkeit und Irritierbarkeit. Bei einer gewissen Dramatisierung in der Beschwerdeschilderung fand sich kein Hinweis für eine Simulation der Beschwerden. Der Gutachter weist nachvollziehbar darauf hin, dass die Klägerin keine massive Einschränkung hinsichtlich ihrer Lebens- und Haushaltsführung schildert. Die Klägerin beschreibt gegenüber Dr. D. einen strukturierten Tagesablauf; sie stehe oft schon gegen 5.00 Uhr auf, begebe sich dann ins Wohnzimmer und versuche, weiter zu schlafen. Zwischen 7.30 Uhr und 8.00 Uhr gehe sie ins Bad und verrichte die Morgentoilette. Anschließend frühstücke sie und erledige gemeinsam mit ihrem Mann die Hausarbeiten. Nach ihrer Schilderung schaut sie dabei im Wesentlichen zu und korrigiert ihren Mann. Allerdings gibt sie auch an, selbst zu bügeln, die Wäsche zu sortieren, ihr Frühstück zu richten und Staub zu saugen. Das Mittagessen kocht sie gemeinsam mit ihrem Mann. Nach ihren Angaben geht sie auch gelegentlich mit zum Einkaufen. Am Abend sieht die Klägerin fern, insbesondere Sendungen über Geschichte und Altertum im N-TV.
Zwar wird in dem Bericht der S.-Klinik eine mittelgradige depressive Episode und damit eine Verschlechterung angegeben. Insoweit führt aber Dr. D. überzeugend aus, dass eine zwischenzeitliche Verschlechterung einer depressiven Symptomatik im Rahmen einer rezidivierenden depressiven Störung vorkommen kann. Hieraus lässt sich aber keine zeitlich überdauernde quantitative Leistungsminderung ableiten. Dies wird auch durch den Entlassungsbericht der S.-Kliniken belegt. Die depressive Symptomatik hat sich im Laufe des Aufenthalts deutlich gebessert; die Patientin profitierte vom multi-modalen Therapiekonzept mit den verschiedenen Therapieangeboten und arbeitete motiviert mit. Dr. D. weist insoweit nachvollziehbar darauf hin, dass die Klägerin die stationäre psychosomatische Behandlung in der S.-Klinik erfolgreich auch zum mittelfristigen und langfristigen Erhalt des von Dr. D. festgestellten Leistungsvermögens von sechs Stunden und mehr nutzte, so dass dieses weiterhin Bestand hat. Eine Besserung der depressiven Symptomatik im Laufe der psychotherapeutischen Behandlung wird auch durch Dipl.-Psych. C. bestätigt. Soweit diese darauf hinweist, Dr. D. und Dr. M. hätten die weiteren Diagnosen (Angststörung, chronische Schmerzstörung, Restless-legs-Syndrom, Essstörung) nicht berücksichtigt, ist dies zwar zutreffend, führt aber zu keiner anderen Leistungsbeurteilung. Die genannten Diagnosen wurden sowohl von Dr. N. als auch von Dr. D. in den Gutachten genannt und bei der Leistungsbeurteilung berücksichtigt. Hinsichtlich der zuletzt vorgelegten handschriftlich verfassten persönlichen Stellungnahme über biographisch belastende Erlebnisse in der Kindheit und Jugend ist festzuhalten, dass diese die bei der Klägerin vorliegenden Gesundheitsstörungen erklären können. Auch die behandelnde Dipl.-Psych. C. hat in ihrer Stellungnahme vom 11.12.2013 betont, dass der psychische Gesundheitszustand der Klägerin auch im Zusammenhang mit ihrer Lebensgeschichte gesehen werden kann, da sie in ihrer Kindheit schweren Traumatisierungen in der Familie ausgesetzt war. Soweit Dipl.-Psych. C. in der zuletzt vorgelegten Stellungnahme vom 03.02.2015 ausführt, durch die neuen Informationen über die Lebensgeschichte rückt eine komplexe posttraumatische Belastungsstörung als weitere Diagnose die anderen Symptome in ein neues Licht und die Leistungsfähigkeit der Klägerin sei jetzt auf unter drei Stunden täglich einzuschätzen, vermag der Senat dieser Einschätzung nicht zu folgen. Maßgeblich für die Leistungseinschätzung sind die festzustellenden Leistungsbeeinträchtigungen, ohne dass es auf deren konkrete Ursachen ankäme. Die Befunde und Diagnosen sowie die hieraus resultierende Leistungsbeeinträchtigung haben die Gutachter umfassend gewürdigt. Dass möglicherweise eine komplexe posttraumatische Belastungsstörung als weitere Diagnose hinzukommt, ändert an der Leistungsbeurteilung, die auf dem erhobenen psychiatrischen Befund beruht, nichts.
Auch durch die im Berufungsverfahren vorgelegten ärztlichen Unterlagen hat sich keine wesentliche Änderung des Sachverhalts ergeben. Aus dem vorläufigen Entlassbericht des Klinikverbunds Südwest vom 27.12.2012 über den stationären Aufenthalt vom 17.12. bis zum 31.12.2012 ergibt sich, dass die Klägerin dort aufgrund einer akuten Hepatitis, am ehesten bei medikamentös-toxischer Schädigung behandelt wurde. Ein Hinweis auf eine akute Hepatitis A, B, C oder CMV-/EBV-Infektion fand sich nicht, die Transferrinsättigung sowie das Coeruloplasmin im Serum waren normwertig. Bei weiteren Kontrollen im Verlauf zeigte sich allmählich eine Besserung der Lebertransaminasen und der Chlorastaseparameter. Eine Einschränkung des Leistungsvermögens in rentenberechtigendem Ausmaß aufgrund der akuten Hepatitis ist daher, worauf auch Dr. D. hinweist, nicht gegeben. Bereits bei der Begutachtung durch Dr. D. (Blutentnahme am 11.01.2013) zeigte sich eine deutliche Besserung der Leberwerte. Die Werte GOT und GPT lagen fast wieder im Normbereich, der Gamma-GT-Wert war nur noch leicht erhöht. Bei der Blutentnahme durch die S. Klinik (05.08. und 14.08.2013) waren alle drei Leberwerte wieder im Normbereich. Dr. M. führt daher nachvollziehbar aus, dass aufgrund des erfreulichen Verlaufs nach medikamentös-toxischer Leberschädigung mit akuter Leberentzündung keine quantitative Leistungsminderung mehr abgeleitet werden kann. Dies gilt auch für die in einem internistischen Konsil der S. Kliniken am 08.08.2013 neu festgestellte Bluthochdruckerkrankung. Auch insoweit weist Dr. M. überzeugend darauf hin, dass unter der blutdrucksenkenden Medikation rasch eine Normalisierung erreicht werden kann, so dass eine quantitative Leistungsminderung auch aus der Bluthochdruckerkrankung nicht abgeleitet werden kann.
Bei einer Erwerbstätigkeit sind aufgrund des Schmerzsyndroms einseitige, gleichförmige Körperbewegungen nur beschränkt zumutbar. Wegen des Restless-legs-Syndroms sollten Nachtarbeiten vermieden werden. Akkordarbeiten und Arbeiten unter sonstigem hohen Zeitdruck sowie Tätigkeiten unter extremen Witterungen sollten vermieden werden. Hinsichtlich der sich aus den orthopädischen Erkrankungen ergebenden qualitativen Einschränkungen des Leistungsvermögens wird auf das Urteil des SG Bezug genommen. Die zu berücksichtigenden qualitativen Einschränkungen des Leistungsvermögens sind bereits durch das Erfordernis einer leichten Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erfasst und führen nicht zu einer schweren spezifischen Leistungseinschränkung oder einer Summierung ungewöhnlicher Leistungsein-schränkungen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG gehört zur Erwerbsfähigkeit auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle aufzusuchen (BSG, Urteile vom 09.08.2001, B 10 LW 18/00 R – SozR 3-5864 § 13 Nr. 2 m. w. N. sowie Urteil vom 28.08.2002, B 5 RJ 12/02 R, Juris). Denn eine Tätigkeit zum Zweck des Gelderwerbs ist in der Regel nur außerhalb der Wohnung möglich. Das Vorhandensein eines Minimums an Mobilität ist deshalb Teil des nach § 43 SGB VI versicherten Risikos (BSG, Urteile vom 17.12.1991, 13/5 RJ 73/90 - SozR 3-2200 § 1247 Nr. 10, Urteil vom 09.08.2001, B 10 LW 18/00 R - SozR 3-5864 § 13 Nr. 2 und vom 14.03.2002, B 13 RJ 25/01 R, Juris); das Defizit führt zur vollen Erwerbsminderung. Hat der Versicherte keinen Arbeitsplatz und wird ihm ein solcher auch nicht konkret angeboten, bemessen sich die Wegstrecken, deren Zurücklegung ihm - auch in Anbetracht der Zumutbarkeit eines Umzugs - möglich sein muss, nach einem generalisierenden Maßstab, der zugleich den Bedürfnissen einer Massenverwaltung Rechnung trägt. Dabei wird angenommen, dass ein Versicherter für den Weg zur Arbeitsstelle öffentliche Verkehrsmittel benutzen und von seiner Wohnung zum Verkehrsmittel und vom Verkehrsmittel zur Arbeitsstelle und zurück Fußwege zurücklegen muss. Erwerbsfähigkeit setzt danach grundsätzlich die Fähigkeit des Versicherten voraus, vier Mal am Tag Wegstrecken von mehr als 500 Meter mit zumutbarem Zeitaufwand zu Fuß bewältigen und zwei Mal täglich während der Hauptverkehrszeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren zu können. Bei der Beurteilung der Mobilität des Versicherten sind alle ihm tatsächlich zur Verfügung stehenden Hilfsmittel (z. B. Gehstützen) und Beförderungsmöglichkeiten zu berücksichtigen (BSG, Urteile vom 17.12.1991, 13/5 RJ 73/90 - SozR 3-2200 § 1247 Nr. 10, vom 19.11.1997, 5 RJ 16/97 - SozR 3-2600 § 44 Nr. 10 und vom 30.01.2002, B 5 RJ 36/01 R, Juris). Dazu gehört auch die zumutbare Benutzung eines vorhandenen, ggf. im Rahmen der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 16 SGB VI, § 33 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 8 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX)) subventionierten Kraftfahrzeugs (vgl. BSG, Urteile vom 19.11.1997, 5 RJ 16/97 - SozR 3-2600 § 44 Nr. 10, vom 30.01.2002, B 5 RJ 36/01 R und vom 14.03.2002, B 13 RJ 25/01 R, Juris). Wie Dr. D. zutreffend ausführt, gibt es aufgrund der bei der Klägerin nachgewiesenen Gesundheitsstörungen keinen Grund, weshalb sie eine Wegstrecke von mehr als 500 Metern zu Fuß nicht viermal täglich in 15 Minuten zurücklegen können sollte. Auch kann sie nach der Einschätzung von Dr. D., der der Senat folgt, trotz gewisser agoraphobischer Ängste öffentliche Verkehrsmittel benutzen, wenn dies notwendig ist. Dies deckt sich auch mit der Einschätzung von Dr. Niessner.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben.
Rechtskraft
Aus
Login
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