L 8 SB 3580/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 1 SB 1508/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 3580/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 04.07.2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger gegen den Beklagten ein Anspruch auf höhere (Neu-)Feststellung des Grades der Behinderung (GdB; mehr als der bisher zuerkannten 20) zusteht.

Dem 1980 geborenen, erwerbslosen, zuletzt in Untersuchungshaft befindlichen Kläger war auf seinen Antrag vom 31.11.2011 (Blatt 1/4 der Beklagtenakte) wegen einer Stoffwechselstörung (zur versorgungsmedizinischen Stellungnahme von Dr. St. vom 17.02.2011 vgl. Blatt 9/10 der Beklagtenakte, zum Bericht Dres. W., H. , R. vom 04.11.2009 vgl. Blatt 6/7 der Beklagtenakte) mit Bescheid des Landratsamt des R.-N.-K. (LRA) vom 22.03.2011 (Blatt 11/12 der Beklagtenakte) ein GdB von 20 zuerkannt worden.

Mit Fax vom 04.11.2012 (Blatt 13 der Beklagtenakte) beantragte der Kläger beim LRA die höhere (Neu-)Feststellung des GdB. Anlass sei eine eingetretene massive Gesundheitsstörung.

In der Akte befindet sich eine Mitteilung des LRA vom 10.04.2013 (Blatt 15 der Beklagtenakte) über die Ablehnung der Gewährung einer Beschädigtenversorgung nach dem Opferentschädigungsgesetz mit Bescheid vom 10.04.2013 (zum Gerichtsverfahren vgl. die beigezogene Akte S 7 VG 2145/13).

Auf Aufforderung und Erinnerung zur Vorlage des ihm übersandten Antragsformblattes (Blatt 14, 16, 18 der Beklagtenakte) hin bat der Kläger zunächst (Blatt 17 der Beklagtenakte) am 29.04.2013 um Geduld wegen der "Bewusstlosigkeitsproblematik" und legte am 02.10.2013 dann das ausgefüllte Formblatt vor. Darin (Blatt 19/22 der Beklagtenakte) machte er auch die Feststellung der gesundheitlichen Merkmale für die Inanspruchnahme der Nachteilsausgleiche "G" und "B" geltend und gab eine Behinderung durch Bewusstseinstrübungen/Bewusstlosigkeit wegen Schadstoffen am Arbeitsplatz und Lähmungserscheinungen an. Der Kläger erklärte (Blatt 23 der Beklagtenakte), es bestehe u.a. eine Suppression des Stoffwechsels mit schwefelhaltiger Aminosäure sowie eine Bewusstseinstrübung/Bewusstlosigkeit in großem Umfang ("teils mehrere Tage") und Lähmungserscheinungen, deren Schwere von Bewegungshemmung des ganzen Körpers bis zu Muskelschwäche schwanke. Er unterziehe sich täglich einer speziellen Blutwäsche. Es sei im vergangenen Jahr zu einer Krise mit Legionaires‘ disease gekommen, mit anhaltend starker Verschlimmerung insbesondere der neurologischen Symptomatik. Es lägen keine Facharztbriefe vor (Mitteilung vom 21.11.2013, Blatt 25 der Beklagtenakte; zu Laborberichten vgl. Blatt 26/27 der Beklagtenakte).

Dr. St. hielt in ihrer versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 18.12.2013 (Blatt 28/29 der Beklagtenakte) den GdB mit 20 für ausreichend bemessen. Dieser Einschätzung folgend lehnte das LRA mit Bescheid vom 19.12.2013 (Blatt 30/31 der Beklagtenakte) die höhere (Neu-) Feststellung des GdB ab.

Mit seinem Widerspruch vom 13.01.2014 (Blatt 32 der Beklagtenakte) machte der Kläger geltend, es gebe außer ihm selbst keine weiteren medizinisch verantwortlichen Personen, weshalb keine Verpflichtung seinerseits bestehe, auf seine Kosten Untersuchungen und Gutachten anfertigen zu lassen. Weiterhin werde ein weiterer Änderungsantrag gestellt, da er sich nahezu täglich einer Blutwäsche unterziehen müsse. Medizinisch verantwortlich sei auch hier er selbst

Auf der Grundlage einer versorgungsmedizinischen Stellungnahme von Dr. St. vom 21.01.2014 (Blatt 33/34 der Beklagtenakte) wies der Beklagte den Widerspruch durch das Regierungspräsidium St. - Landesversorgungsamt - zurück (Widerspruchsbescheid vom 04.03.2014, am 04.03.2014 zur Post gegeben, Blatt 36/37 der Beklagtenakte).

Der Kläger hat mit Fax vom 18.05.2014 beim Sozialgericht Mannheim (SG) mit dem Ziel eines GdB von mindestens 50 und der Zuerkennung der gesundheitlichen Merkmale für die Inanspruchnahme der Nachteilsausgleiche "G" und "B" Klage erhoben. Nach seiner Auffassung könne der Sachverhalt nur durch eine Fremdperson im Rahmen einer Begutachtung unter Aufnahme in eine Klinik näher untersucht werden. Die Klage werde erst jetzt erhoben, da er unter umfänglicher Bewusstlosigkeit leide und Hilfen bei der Besorgung der aufwändigen behördlichen Angelegenheiten nicht bereitgestellt seien.

Auf den Hinweis des SG vom 04.06.2014 (Blatt 7 der SG-Akte), dem Kläger am 11.06.2014 zugestellt (Blatt 7b der SG-Akte), die Klage dürfte unzulässig sein, hat sich der Kläger mit Schreiben vom 30.06.2014 (Blatt 8 der SG-Akte) geäußert. Darüber hinaus (Blatt 9/10 der SG-Akte) hat er u.a. mitgeteilt, bei "Dr. S. B., Endokrinologie und Stoffwechselmedizin," in Behandlung zu sein, so z.B. vom 11.11.2013 bis 18.06.2014 durch "Insulin zu den Mahlzeiten wegen Endokrinopathie (Bewusstlosigkeit, Dermatopathie) Dauerzustand, Therapieaufnahme aufgrund neuer Studien/Zulassungen" und seit März 2014 wegen "permanenter Heilversuche mit physikalischen Methoden wegen Bewusstlosigkeit". Außerdem teilte er unter Vorlage eines in wesentlichen Teilen geschwärzten Befundberichts des Internisten, Endokrionologen, Diabetologen Dr. E. vom 29.12.2009 (Blatt 13 der SG-Akte) mit (Blatt 11/12 der SG-Akte), eine wesentliche Besserung derartiger Erkrankungen sei in der Literatur nicht beschrieben.

Das SG hat mit Gerichtsbescheid vom 04.07.2014 die Klage abgewiesen. Aufgrund des Absendevermerks stehe fest, dass der Widerspruchsbescheid vom 04.03.2014 am selben Tag zur Post gegeben worden sei. Dieser gelte damit am 07.03.2014 als bekanntgegeben, die Klagefrist habe vom 08.03. bis Montag, 07.04.2014, gelaufen. Klage vom 18.05.2014 sei somit verfristet, zumal keine Anhaltspunkte dafür bestünden, dass der Widerspruchsbescheid tatsächlich erst nach dem 07.03.2014 zugegangen sei. Ebenso sei nicht erkennbar, dass Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden müsse. Dass es zu Bewusstseinseintrübungen von längerer Dauer komme, sei nicht dokumentiert und letztlich auch nicht objektivierbar, nachdem der Kläger in keiner ärztlichen Behandlung stehe und sich ausschließlich selbst therapiere.

Gegen den ihm am 10.07.2014 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am Montag, 11.08.2014, beim SG (Eingang beim Landessozialgericht (LSG)Baden-Württemberg am 21.08.2014) mit dem Ziel der Zuerkennung eines GdB von 90 sowie der gesundheitlichen Voraussetzungen für eine Zuerkennung der Merkzeichen "G" und "B" Berufung eingelegt. Bei ihm habe bereits 2010 eine schwerwiegende als "Hypersomnie" titulierte Bewusstlosigkeit bestanden, welche als extreme Schläfrigkeit sowie Schlafphasen von bis zu 22 Stunden charakterisiert worden sei, sowie eine allgemeine Schwäche und Erschöpfung. Er habe durch Schadstoffexposition am Arbeitsplatz ein Krankheitsbild mit Zustand nach Legionnaires disease erlitten, wodurch die die Hypersomnie supprimierende Therapie nun nicht mehr durchführbar sei, er unternehme Heilversuche um seine Situation zu bessern. Der Sachverhalt hätte weiterer Aufklärung bedurft. Er sei daher in seinem Recht auf rechtliches Gehör verletzt und diskriminiert. Tatsächlich sei der Widerspruchsbescheid ihm erst nach dem 23.04.2014 zugegangen. Er habe daher am 18.05.2014 fristgerecht Klage erhoben. Denn er habe er sich im März 2014 permanent einem Heilversuch mit physikalischen Methoden wegen Bewusstlosigkeit unterzogen. Dieser Heilversuch habe auch nicht zu Hause stattgefunden. Deshalb habe er sich am 06.03.2014 auf den Weg zu einer Krankenstation gemacht, wo er wegen seiner Wegschwierigkeiten erst am 07.03.2014 angekommen sei. Bis zum 06.03.2014 sei der Bescheid noch nicht eingegangen gewesen. Von der Krankenstation habe er sich Ende März auf direktem Weg zur Nachbeobachtung und wegen Blutwäscheangelegenheiten mindestens bis zum 23.04.2014 an einen anderen Ort begeben. Seine zwischenzeitlich eingegangene Post habe er erst danach in Empfang genommen, was er an Eides statt versichere. Er hege insoweit die Auffassung, dass von ihm wegen der umfänglichen Bewusstlosigkeit in Gesamtschau aller lebensnotwendigen und behördlich auferlegten Verpflichtungen die Einhaltung einer Monatsfrist nicht erwartet werden könne, ihm seien vielmehr mindestens sechs Monate einzuräumen. Ihm seien zumindest adäquate Hilfen zwecks Einhaltung der Frist bereitzustellen seien. Innerhalb weniger Stunden pro Tag und bei Verlangsamung könne ein normaler Lebensinhalt eben nicht erledigt werden.

Der Kläger beantragt sinngemäß, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 04.07.2014 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids des Landratsamts des R.-N.-K. vom 19.12.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.03.2014 zu verurteilen, bei ihm seit 04.11.2012 einen GdB von 90 sowie die gesundheitlichen Voraussetzungen für eine Zuerkennung der Merkzeichen "G" und "B" festzustellen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte ist der Berufung entgegengetreten und hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Das SG habe die Klage zutreffend als verfristet abgewiesen.

Mit einer Erklärung vom 10.08.2014 (Blatt 14 der Senatsakte) hat der Kläger "an Eides statt" versichert, den ungeöffneten Umschlag mit dem Bescheid mit Datum 04.03.2014 erst nach dem 23.04.2014 erhalten zu haben. Der Aufforderung, den Briefumschlag des Widerspruchsbescheids zur Ermittlung des Poststempels vorzulegen (Blatt 17 der Senatsakte), ist der Kläger nicht nachgekommen.

Der Sachverhalt ist am 27.11.2014 in einem nichtöffentlichen Termin mit den Beteiligten erörtert worden (zum Inhalt und Ergebnis vgl. die Niederschrift auf Blatt 19/21 der Senatsakte). Dem Kläger war Gelegenheit gegeben worden, sich zu Wiedereinsetzungsgründen äußern.

Der Beklagte hat sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Blatt 27 der Senatsakte), der Kläger hat sich nach dem Erörterungstermin nicht mehr geäußert.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte sowie die beigezogenen Akten des SG und des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat hat trotz Ausbleibens des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung in der Sache entscheiden können, denn in der dem Kläger ordnungsgemäß zugegangenen Ladung zum Termin war auf diese Möglichkeit hingewiesen worden (§ 110 Abs. 1 Satz 2 SGG).

Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig aber unbegründet. Das SG hat die Klage wegen Versäumung der einmonatigen Klagefrist zu recht als unzulässig abgewiesen, mithin verworfen.

Streitgegenstand ist der Bescheid des LRA vom 19.12.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Beklagten vom 04.03.2014, den der Kläger mit seiner am 18.05.2014 beim SG erhobenen Klage mit dem Ziel der Aufhebung dieses Bescheids in der Gestalt des Widerspruchsbescheids und der Verurteilung des Beklagten zur Feststellung eines höheren GdB und der gesundheitlichen Merkmale für die Inanspruchnahme der Nachteilsausgleiche "G" und "B" angegriffen hat. Diese kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage setzt nach § 78 Abs. 1 und 2 SGG die Durchführung eines Vorverfahrens (Widerspruchsverfahrens) voraus, das der Kläger durch Einlegung des Widerspruchs vom 13.01.2014 eingeleitet hatte und das der Beklagte mit Erlass des Widerspruchsbescheids vom 04.03.2014 beendet hatte.

Dabei kann vorliegend offen bleiben, ob das LRA und ihm folgend der Beklagte den Antrag des Klägers vom 04.11.2012 (höherer GdB), den er mit Fax vom 02.10.2013 erweitert hatte (auch Merkzeichen "G" und "B"), in vollem Umfang beschieden hatte. Denn jedenfalls ist der Bescheid des LRA vom 19.12.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Beklagten vom 04.03.2014 mit dem darin getroffenen Inhalt Gegenstand des Klageverfahrens geworden. Soweit das LRA und der Beklagte zu Teilen des Antrags des Klägers noch keine Regelung getroffen haben sollten, wäre die Klage schon deswegen unzulässig.

Im Übrigen ist die Klage aber wegen Versäumung der Klagefrist unzulässig. Denn richtet sich eine Klage gegen einen Verwaltungsakt, so ist diese gemäß § 87 Abs. 1 Satz 1 SGG binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts zu erheben. Hat ein Vorverfahren (Widerspruchsverfahren) stattgefunden, so beginnt die Frist mit der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids. Das Gesetz sieht für den vorliegenden Fall mithin eine starre Frist von einem Monat ab Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids vor. Damit kann der Kläger mit seinem Ansinnen, ihm wegen der behaupteten Bewusstlosigkeits-/Lähmungszustände und der angegebenen Schlaferkrankung eine längere Klagefrist einzuräumen, nicht durchdringen.

Maßgeblich ist vorliegend auf den Widerspruchsbescheid vom 04.03.2014 abzustellen, der eine zutreffende Rechtsbehelfsbelehrung enthalten hatte. Dieser war dem Kläger im Inland mit einfachem Brief durch die Post übermittelt worden. Ausweislich des Vermerks auf dem in der Akte befindlichen Widerspruchsbescheids (Blatt 36/37 der Beklagtenakte) war dieser noch am 04.03.2014 zur Post gegeben worden. Er gilt damit als am 07.03.2014 bekannt gegeben, die Klagefrist lief daher vom 08.03.2014 bis zum Montag, 07.04.2014. Innerhalb dieser Frist hat der Kläger eine Klage nicht erhoben. Von einer Fristversäumnis ging der Kläger in seiner Klageschrift vom 18.05.2014 ersichtlich noch selbst aus, wenn er geltend macht, die Klage habe "erst jetzt erhoben werden können, da der Unterzeichner unter umfänglicher Bewusstlosigkeit leidet."

Davon, dass der Widerspruchsbescheid dem Kläger i.S.d. § 37 Abs. 2 Satz 3 SGB X später als am 07.03.2014 zugegangen ist, konnte sich der Senat nicht überzeugen. Denn zunächst konnte der Senat Verzögerungen im regelmäßigen Postlauf weder innerhalb der Behörde der Beklagten noch bei der Deutschen Post feststellen, so hat der Poststreik im Jahr 2014 - wie gerichtsbekannt - erst im April 2014 begonnen. Auch hat der Kläger trotz der Bitte des Senats, den Briefumschlag des Widerspruchsbescheids, aus dem ggf. solche Verzögerungen ersichtlich sein könnten, nicht vorgelegt. Aber auch aus seinem erstmaligen Vorbringen im Berufungsverfahren, er habe sich vom 06.03.2014 "mindestens bis 23.04.2014" (vgl. Blatt 3 der Senatsakte) in einem außerhäusigen Heilversuch bzw. einem anderen Ort aufgehalten und erst nach seiner Rückkehr die in der Zwischenzeit eingegangene Post in Empfang nehmen können, folgt nichts anderes. Denn - die Wahrheit des Vortrages unterstellt - könnte der Kläger damit nicht darlegen, dass bis zum Ende der Frist des § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB X (07.03.2014) der Widerspruchsbescheid ihn auf dem Postwege nicht erreicht habe - er könnte das wegen der behaupteten Abwesenheit ab dem 06.03.2014 schlichtweg gar nicht wissen. Im Übrigen verkennt der Kläger die rechtlichen Voraussetzungen des Zugangs. Der Widerspruchsbescheid ist auch bei Abwesenheit des Klägers i.S.d. § 37 Abs. 1 Satz 1 SGB X ihm bekannt gegeben worden. Bekanntgabe setzt nämlich nicht voraus, dass der Kläger den Bescheid tatsächlich in Händen hält, sondern fordert lediglich den Eingang im Machtbereich des Klägers (Briefkasten) und die Möglichkeit der Kenntnisnahme (dazu vgl. § 130 Abs. 1 BGB; vgl. Engelmann in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Auflage, § 37 RdNr. 4), wobei eine Abwesenheit die Möglichkeit der Kenntnisnahme nicht ausschließt. Nach Überzeugung des Senats war der Widerspruchsbescheid bis einschließlich 07.03.2014 in diesem Sinne zugegangen. Dafür dass der Kläger geschäftsunfähig oder in seiner Geschäftsfähigkeit beschränkt gewesen wäre (dazu vgl. § 131 BGB), liegen - wie das SG zutreffend ausgeführt hat - keine Anhaltspunkte vor. Auch die vom Kläger angegebenen tagelangen Bewusstlosigkeitsphasen bzw. seine Schlafphasen konnte der Senat nicht objektivieren, nachdem der Kläger angegeben hatte, nicht in ärztlicher sondern bei sich selbst in Behandlung zu sein.

Damit hat sich der Senat davon überzeugt, dass der Widerspruchsbescheid gemäß § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB X als am 07.03.2014 dem Kläger bekannt gegeben gilt. Die am 18.05.2014 erhobene Klage ist verfristet.

Eine Wiedereinsetzung in die abgelaufene Klagefrist kommt vorliegend nicht in Betracht. Zwar ist gemäß § 67 Abs. 1 SGG einer Person, die ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten, auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sollen glaubhaft gemacht werden (§ 67 Abs. 2 Satz 2 SGG). Insoweit konnte der Senat eine unverschuldete Fristversäumung nicht als glaubhaft gemacht ansehen. Denn eine Tatsache ist dann als glaubhaft gemacht anzusehen, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist (vgl. § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB X).

Soweit der Kläger angibt, wegen der Bewusstlosigkeits-/Lähmungszustände und einer Schlaferkrankung nicht die Möglichkeit gehabt zu haben, rechtzeitig Klage zu erheben, so kann der Senat ihm nicht folgen. Denn diese Bewusstlosigkeits-/Lähmungszustände und die Schlaferkrankung sind ärztlich nicht belegbar. Behandelnde Ärzte hat der Kläger nicht benannt; vielmehr hat er immer nur auf unbenannte Behandlungen und Behandlungen durch sich selbst verwiesen. Dies genügt aber nicht um den Verhinderungsgrund wegen Bewusstlosigkeits-/Lähmungszustände bzw. einer Schlaferkrankung als glaubhaft gemacht anzusehen. Eine von Amts wegen durchzuführende Begutachtung ist aber im Rahmen der Glaubhaftmachung nicht erforderlich. Soweit in diesem Zusammenhang aus dem in wesentlichen Teilen vom Kläger geschwärzt vorgelegten Bericht von Dr. E. vom 29.12.2010 (Blatt 13 der SG-Akte) eine extreme Schläfrigkeit mit Schlafphasen von bis zu 22 Stunden und eine allgemeine Schwäche und Erschöpfung beschrieben sind, ist darauf hinzuweisen, dass Dr. E. eine phasenweise bessere Symptomatik beschrieben hat. Da aber im maßgeblichen Zeitraum keine tatsächliche allgemein- oder fachärztliche Behandlung vorgetragen und glaubhaft gemacht werden konnte, konnte der Senat auch nicht annehmen, dass es sich um eine Phase mit schlechteren Symptomen gehandelt hatte. Im Übrigen wäre - wie das SG zutreffend ausgeführt hat - auch in den verbleibenden wachen Stunden eine Klageerhebung möglich gewesen, zumal der Kläger angeblich eigenverantwortlich täglich auch eine Blutwäsche durchgeführt haben will, was gegen erhebliche Bewusstlosigkeits-/Lähmungszustände bzw. eine erhebliche Schlaferkrankung spricht. Damit kommt es auch nicht darauf an, ob dem Kläger die von ihm reklamierten Hilfen bei Behördenangelegenheiten zugestanden hätte.

Soweit der Kläger angibt, wegen einer zum Zwecke eines länger andauernden Heilversuchs und anschließender Nachbeobachtung und Blutwäsche erfolgten Abwesenheit ab dem 06.03.2014 den Widerspruchsbescheid vom 04.03.2014 erst nach dem 23.04.2014 (dazu vgl. seine eidesstattliche Versicherung vom 10.08.2014, Blatt 5 der Senatsakte) erhalten zu haben, begründet dies ebenfalls nicht einen Wiedereinsetzungsgrund i.S.d. § 67 SGG. Denn bei einer nicht nur vorübergehenden Abwesenheit hat der Betroffene Vorkehrungen zu treffen, dass ihn eingehende Sendungen erreichen (dazu vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage, § 67 RdNr. 7 ff.). Vorliegend dauerte die angebliche Abwesenheit des Kläger länger als sechs Wochen, sodass der Kläger gehalten gewesen wäre, seine postalische Erreichbarkeit sicher zu stellen, z.B. durch einen Bevollmächtigten oder einen Nachsendeantrag. Da er dies aber nicht getan hat, hat er verschuldet gehandelt, was eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ausschließt.

Die Klagefrist war zur Zeit der Erhebung der Klage beim SG am 18.05.2014 daher versäumt, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war dem Kläger nicht zu gewähren. Damit war die Klage verfristet und als unzulässig zu verwerfen. Das SG durfte daher über die unzulässige Klage auch in der Sache nicht entscheiden. Daher liegt die vom Kläger insoweit geltend gemachte Verletzung seines rechtlichen Gehörs oder eine Diskriminierung nicht vor. Die Berufung war zurückzuweisen.

Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, dass eine zulässige Berufung hätte Erfolg haben können. Die behauptete Verschlechterung der Erkrankung ist durch ärztliche Befunde nicht belegt. Eine Ermittlung zur aktuellen Befundlage wäre mangels Angaben zu ärztlichen Behandlern und mangels Erklärung zur Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht dem Senat nicht möglich, weshalb prozessual auch keine Lage hätte eintreten können, wonach der Senat sich zur gutachtlichen Aufklärung hätte gedrängt sehen müssen. Ein Anspruch auf einen höheren GdB wäre nicht nachzuweisen. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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