Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
3
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 17 SB 2413/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 SB 4805/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 12. September 2012 wird als unzulässig verworfen, soweit die Klägerin begehrt, den Beklagten zu verurteilen, festzustellen, dass in ihrer Person die gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs der erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr vorliegen.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Feststellung eines höheren Grades der Behinderung (GdB) ab dem 01.08.2010 sowie die Feststellung, dass in ihrer Person auch ab diesem Zeitpunkt die gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs der erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr ("G") vorliegen.
Die am 10.12.1953 geborene Klägerin beantragte am 03.09.2010 beim Landratsamt Rastatt - Sozialamt/Versorgungsamt - (LRA), ihre Funktionsbeeinträchtigungen als Behinderung und den GdB festzustellen. Sie führte hierzu Brüche des Schien- und Wadenbeins links (4/94 und 1/09) sowie eine operative Nachversorgung im März 2010 an.
Das LRA forderte bei dem behandelnden Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. A. sowie dem B. Klinikum, C.-D., Befundberichte an und führte diese einer versorgungsärztlichen Überprüfung zu. Dr. Zimansky-Conrad bewertete unter dem 10.12.2010 eine "Stabilisierte Pseudoarthrose des linken Unterschenkenkels" für die Zeit von Februar 2009 bis Juli 2010 mit einem Einzel-GdB von 50, sodann mit einem solchen von 30.
Gestützt hierauf stellte das LRA mit Bescheid vom 20.12.2010 den GdB der Klägerin seit dem 01.08.2010 mit 30 und für die Zeit vom 01.02.2009 - 31.07.2010 mit 50 fest. Ferner stellte es für die Zeit vom 01.02.2009 - 31.07.2010 fest, dass in der Person der Klägerin die gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs "G" vorliegen.
Mit ihrem hiergegen eingelegten Widerspruch, mit dem die Klägerin die Feststellung eines GdB von 50 und den Nachteilsausgleich "G" über den 31.07.2010 hinaus geltend machte, brachte sie vor, der Zustand des verunfallten Beins entspreche dem, der unmittelbar nach der Erstversorgung bestanden habe. Sie sei nicht in der Lage, eine Wegstrecke von 2 km in 20 min. zurückzulegen. Bei ihr bestünden als Folge der Fehlbelastung auch Folgebeschwerden am Skelettsystem, insb. Blockierungen des Ischiasnervs mit Schmerzausstrahlung in die linke Gesäßhälfte. Das LRA forderte daraufhin bei Dr. A. abermals einen Befundbericht an. Dr. A. gab hierzu unter dem 25.03.2011 an, bei der Klägerin sei seit Jahren eine Migräne mit einmal pro Woche auftretenden Anfällen, die mit einer ausgeprägten Geräusch- und Lichtempfindlichkeit einhergingen, bekannt. Auch habe sich eine reaktive, depressive Episode entwickelt. Die Klägerin müsse für längere Gehstrecken unverändert eine Gehhilfe bei sich führen. Dr. Günzel schätzte in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 14.04.2011 den Einzel-GdB für eine "Migräne, depressive Verstimmung, psychovegetative Störung" auf 10 ein und bewertete den GdB unter Beibehaltung der Einschätzung betreffend die Pseudoarthrose unverändert mit 30. Die Benutzung einer Gehhilfe sei medizinisch nicht begründet. Die zeitweise Verkrampfung der Beinmuskulatur könne den Nachteilsausgleich "G" nicht begründen. Die Migräne werde mit Ibuprofen behandelt und trete nur einmal wöchentlich auf. Die psychische Störung habe nur zu einer einmaligen Dekompensation geführt und werde nicht fachspezifisch behandelt.
Gestützt hierauf wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 10.05.2011 zurück. Die bestehenden Funktionsbeeinträchtigungen seien mit einem GdB von 30 ausreichend bewertet. Hiernach fehle auch die Grundvoraussetzung für die Zuerkennung des Nachteilsausgleichs "G", die Schwerbehinderteneigenschaft.
Hiergegen hat die Klägerin am 01.06.2011 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Zu deren Begründung hat sie vorgetragen, die bestehende Migräne müsse dauerhaft in mittlerer bis hoher Dosierung mit Schmerzmedikamenten behandelt werden. Angesichts der Häufigkeit der Anfälle sei hierfür eine Einzel-GdB von 30 anzusetzen. Auch die depressive Entwicklung sei dauerhaft, so dass ein Einzel-GdB von 20 angemessen sei. Unter Belastung habe sich überdies gezeigt, dass bezüglich des Bruchs des Unterschenkels keine Konsolidierung eingetreten sei, es träten belastungsabhängige Schmerzen auf, weswegen bei längeren Wegen weiterhin eine Gehstütze erforderlich sei. Zuletzt hat die Klägerin einen orthopädischen Befundbericht von Dr. E. vom 12.05.2012 vorgelegt, in dem von einer eingeschränkten Beweglichkeit im Knie- und im Sprunggelenk berichtet wird. Das Osteosynthesematerial sei, so Dr. E., im Knochen zu belassen.
Das SG hat die behandelnden Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen einvernommen. Dr. F., Arzt für Chirurgie, hat unter dem 28.07.2011 mitgeteilt, die Klägerin habe sich bei ihm einmalig wegen einer Metatarsalgie mit Vorfußschmerzen vorgestellt. Eine Vorstellung wegen des Z.n. Unterschenkelfraktur sei nicht erfolgt. Dr. E., Oberarzt am traumatologischen Zentrum des B. Klinikums, hat unter dem 12.08.2011 ausgeführt, obschon die Unterschenkelfraktur zwischenzeitlich knöchern durchbaut sei, bestünden weiterhin Schmerzen. Das Auftreten von Schmerzen im Bereich der Wirbelsäule und im linken Bein sei infolge der Fehlbelastung möglich. Dr. A. hat in seiner Stellungnahme vom 23.08.2011 ausgeführt, anlässlich der letzten Untersuchung der Klägerin am 09.08.2011 habe er unverändert eine Vorwölbung im Bereich der Osteosyntese-Platte des linken Unterschenkels befundet. Die Beweglichkeit des linken Knie- und Sprunggelenks sei frei, es bestehe jedoch ein belastungsabhängiger Schmerz, der bereits bei kurzen Gehstrecken ab 500 m eintrete. Die Migräne, die depressive Verstimmung und die psychovegetative Störung seien nur vorübergehende Erkrankungen. Zwar habe die Klägerin ab dem 01.08.2010 wieder eine berufliche Tätigkeit aufgenommen, dennoch sei der GdB nach seiner Einschätzung mit 50 zu bewerten.
Nachdem dem Beklagten die Aussagen der behandelnden Ärzte zugeleitet wurden, hat dieser unter dem 27.12.2011, gestützt auf eine versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. Köhler vom 21.12.2011, der für die Funktionsbeeinträchtigung "Migräne, depressive Verstimmung, psychovegetative Störung" nunmehr einen Einzel-GdB von 20 berücksichtigte, ein Vergleichsangebot des Inhalts abgegeben, den GdB der Klägerin ab dem 03.09.2010 mit 40 festzustellen. Die Klägerin ist dem Vorschlag nicht beigetreten.
Mit Urteil vom 12.09.2012 hat das SG den Beklagten verurteilt, den GdB der Klägerin ab dem 01.08.2010 mit 40 festzustellen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das SG ausgeführt, die bei der Klägerin im Vordergrund stehenden Schmerzen und Funktionsbeeinträchtigungen am linken Unterschenkel und Fuß seien mit einem Einzel-GdB von 30 zu bewerten. Nach den vorliegenden Unterlagen sei von einer Durchbauung der Fraktur auszugehen, die eine Vollbelastung erlaube. Die psychovegetativen Beschwerden der Klägerin erhöhten diesen GdB nicht, da die GdB-Werte die üblichen seelischen Begleiterscheinungen einschlössen und es nicht ersichtlich sei, dass die Störungen über einen längeren Zeitraum eine spezielle ärztliche Behandlung erforderlich gemacht hätten. Die bis zu einmal pro Woche auftretende Migräne sei mit einem GdB von 20 zu bewerten. In Zusammenschau der bestehenden Beeinträchtigungen sei ein GdB von 40 angemessen. Da bei der Klägerin keine Beeinträchtigungen der unteren Gliedmaßen und/oder der Lendenwirbelsäule, die für sich einen GdB von wenigstens 50 bedingten, vorlägen, bestehe kein Anspruch darauf, dass die gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs "G" festzustellen seien.
Mit Bescheid vom 05.11.2012 hat das LRA den GdB der Klägerin in Ausführung des Urteils ab dem 01.08.2010 mit 40 festgestellt.
Gegen das am 25.10.2012 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 19.11.2012 Berufung eingelegt und hierbei (zunächst ausschließlich) beantragt, den Beklagten zu verurteilen, ihren GdB mit 50 festzustellen. Zur Begründung bringt sie vor, die Knochenverhältnisse am Unterschenkel seien unverändert schlecht, weswegen das Osteosynthesematerial verbleiben müsse und die Belastbarkeit stark eingeschränkt sei. Hierfür sei ein GdB von 40 anzusetzen. Ein Einzel-GdB von 20 für die psychovegetative, depressive Erkrankung werde ihrem Leiden nicht gerecht. Auf Anfrage des Senats ist mit Schriftsatz vom 21.12.2012, eingegangen beim erkennenden Gericht am 27.12.2012 mitgeteilt worden, dass der ursprüngliche Berufungsantrag dahingehend zu ergänzen sei, dass auch begehrt werde, den Nachteilsausgleich "G" festzustellen. Die Klägerin hat einen orthopädischen Befundbericht von Dr. E. vom 03.05.2013 vorgelegt, in dem von einer eingeschränkten Beweglichkeit im Knie- und im Sprunggelenk berichtet wird. Aufgrund der mehrfachen Aufbohrungen des Knochens sei es, so Dr. E., auch in Ansehung der bestehenden Osteoporose nicht sinnvoll, den Nagel im Knochen zu entfernen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 12. September 2012 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheids vom 20. Dezember 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Mai 2011 zu verurteilen, bei ihr einen Grad der Behinderung von 50 ab dem 01. August 2010 festzustellen und festzustellen, dass bei ihr die gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs der erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr vorliegen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung seines Antrages verweist der Beklagte auf die Entscheidungsgründe des aus seiner Sicht zutreffenden Urteils des SG. Ergänzend trägt er vor, aus den vorliegenden medizinischen Unterlagen sei eine ausreichende Frakturdurchbauung sowie eine achsgerechte Schienbeinstellung ersichtlich.
Auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Senat Dr. G., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie - Psychotherapie, Facharzt für psychotherapeutische Medizin, zum gerichtlichen Sachverständigen ernannt und mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. In seinem neuropsychiatrischen Gutachten vom 16.09.2013 hat Dr. G. bei der Klägerin Spannungskopfschmerzen, psychovegetative Störungen und eine Anpassungsstörung diagnostiziert. Den GdB für die Erkrankungen auf seinem Fachgebiet hat er auf 20 und insg. auf 40 eingeschätzt. Der Gutachter hat u.a. ausgeführt, eine nervenfachärztliche Behandlung mit der evtl. Verordnung eines Antidepressivums finde nicht statt. Die Klägerin arbeite wöchentlich 27 Stunden und absolviere den Weg zur Arbeit mit ihrem Kraftfahrzeug. Dr. G. hat eine ganz diskret geminderte Schwingungsfähigkeit benannt und ausgeführt, eine manifeste depressive Symptomatik lasse sich derzeit nicht nachweisen. Die bestehende hedonistische Herabstimmung i.S. einer Anpassungsstörung sei als leicht zu graduieren.
Auf einen weiteren Antrag der Klägerin nach § 109 SGG hat der Senat Dr. I., Facharzt für Orthopädie/Unfallchirurgie, Facharzt für Physikalische/Rehabilitative Medizin und Chefarzt der Orthopädie der Klinik Dr. H., zum gerichtlichen Sachverständigen ernannt und mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. In seinem fachärztlich orthopädisch-unfallchirurgischem Gutachten vom 23.11.2013 hat Dr. I. bei der Klägerin eine manifeste Osteoporose, eine angegebene schmerzhafte Minderbelastbarkeit und Minderbeweglichkeit des linken Handgelenks bei Z.n. distaler Radiusfraktur bei vollständig knöchener Konsolidierung, eine leicht- bis mäßiggradige Handgelenksarthrose, eine angegebene schmerzhafte Minderbelastbarkeit des linken Kniegelenks mit radiologisch erkennbarer Chondrocalcinose und eine vollständig knöchern konsolidierte Unterschenkelfraktur links diagnostiziert. Für die Beeinträchtigung durch die Osteoporose hat Dr. I. einen Einzel-GdB von 30, für die des rechten Handgelenks einen solchen von 10, für die des linken Unterschenkels und des Kniegelenks einen solchen von 30 und für Beeinträchtigungen der Wirbelsäule einen Einzel-GdB von 10 angenommen. Insg. sei ein GdB von 50 anzunehmen. Dr. I. hat in seinem Gutachten ein sicheres, kleinschrittiges, links deutlich hinkendes Gangbild beschrieben. Der Faustschluss sei komplett möglich, eine Einschränkung der Fingerfeinmotorik bestehe nicht. Die Beweglichkeit der Kniegelenke sei nicht eingeschränkt, es habe sich kein Erguss gezeigt, der Kapselapparat sei stabil.
Nachdem dem Beklagten das Gutachten von Dr. I. übersandt wurde, hat dieser eine versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. J. vom 17.03.2014 vorgelegt, in der ausgeführt wird, dass sich anlässlich der abermaligen röntgenologischen Untersuchung eine vollständig knöchern konsolidierte Fraktur gezeigt habe, so dass ein Einzel-GdB von 30 nicht mehr gerechtfertigt sei. Die ausschließlich messtechnisch nachgewiesene Minderung des Knochenmineralsalzgehalts bedinge keinen GdB. Der vorgeschlagene GdB für die Wirbelsäule von 10 decke die Osteoporose vielmehr mit ab. Für die Beeinträchtigung des Handgelenks könne in Ansehung der freien Beweglichkeit kein GdB von 10 berücksichtigt werden. Insg. sei der GdB daher ab Mai 2012 richtigerweise nur noch mit 30 zu bewerten.
Dr. I. hat sodann unter dem 20.05.2014 ergänzend Stellung genommen und ausgeführt, unter osteologischen Gesichtspunkte sei für die GdB-Bewertung der Osteoporose entscheidend auf das Frakturrisiko abzustellen. Er habe sich bei seiner Beurteilung daher nicht auf die Heranziehung der versorgungsmedizinischen Grundsätze beschränkt, sondern das Frakturrisiko erhöhend berücksichtigt. Dem ist der Beklagte unter Vorlage einer versorgungsmedizinischen Stellungnahme von Dr. K. vom 06.10.2014 entgegen getreten.
Mit Verfügung vom 24.03.2014 hat der Senat die Klägerin unter Hinweis auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 03.03.2009 - B 4 AS 37/08 R - darauf hingewiesen, dass die Berufung im Hinblick auf den Nachteilsausgleich "G" bereits unzulässig sein dürfte.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten beider Rechtszüge sowie die beim Beklagten für die Klägerin geführte Schwerbehindertenakte, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 11.02.2015 geworden ist sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 11.02.2015 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung führt für die Klägerin nicht zum Erfolg.
Soweit die Klägerin die Feststellung eines GdB von 50 begehrt, ist die Berufung zulässig, insb. wurde sie form- und fristgerecht (vgl. § 151 Abs. 1 SGG) erhoben. Soweit die Klägerin hingegen die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs "G" begehrt, ist die Berufung unzulässig.
Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens vor dem SG war neben der Höhe des bei der Klägerin festzustellenden GdB auch die Frage, ob in ihrer Person die gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs "G" vorliegen. Dies hat das SG im angefochtenen Urteil verneint und die Klage (auch) insofern abgewiesen. Mit der am 16.11.2012 beim SG eingelegten Berufung hat die anwaltlich vertretene Klägerin ausschließlich die Feststellung eines GdB von 50 beantragt und damit ihr Rechtsmittel hinreichend deutlich und zulässigerweise - der Streitgegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens ist teilbar gewesen - auf die Frage der Höhe des GdB beschränkt. Da auch der Vortrag zur Begründung der Berufung im (weiteren) Schriftsatz vom 16.11.2012 nur Ausführungen zur GdB-Bewertung der Beeinträchtigungen beinhaltete und hierin (optisch hervorgehoben) ausgeführt wurde, es sei von der Schwerbehinderteneigenschaft auszugehen, bestanden zum Zeitpunkt der Berufungseinlegung keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Entscheidung zur Gänze angefochten werden sollte. Erst auf eine Anfrage des Senats wurde klägerseits mit Schriftsatz vom 21.12.2012, der am 27.12.2012 beim Landessozialgericht (LSG) eingegangen ist, mitgeteilt, dass der ursprüngliche Berufungsantrag dahingehend zu ergänzen sei, dass auch begehrt werde, den Nachteilsausgleich "G" festzustellen. Die Klägerin hat hiermit, gegenüber dem ursprünglichen Berufungsantrag, den Streitgegenstand des Berufungsverfahrens i.S.d. §§ 153 Abs. 1, 99 Abs. 1 SGG geändert und nicht lediglich den Klageantrag unschädlich nach §§ 153 Abs. 1, 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG erweitert bzw. ergänzt; die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen von Nachteilsausgleichen stellt einen von der Höhe des GdB unabhängigen Streitgegenstand dar (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Beschluss vom 12.12.1995 - 9 BVs 28/95 -; Urteil vom 10.12.1987 - 9a RVs 11/87 -; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14.09.2006 - L 11 SB 24/05-26 - jew. veröffentlicht in juris). Zwar hat der Beklagte der Klageänderung nicht widersprochen und es ist nicht davon auszugehen, dass eine Einbeziehung des Streitgegenstandes nicht sachdienlich ist, indes müssen auch für die geänderte Klage die Prozess- und Zulässigkeitsvoraussetzungen vorliegen (vgl. BSG, Urteil vom 03.03.2009 - B 4 AS 37/08 R - veröffentlicht in juris, dort Rn. 16 f). Maßgebend für die Beurteilung der Frist ist hierbei der Zeitpunkt der Klageänderung (BSG, a.a.O., Rn. 17; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl., 2014 § 99 Rn. 13a). Nach Ablauf der Rechtsmittelfrist kann das Rechtsmittel, das zunächst beschränkt war, nicht mehr auf weitere Teile erstreckt werden; ist der Bescheid zu diesem Zeitpunkt schon bestandkräftig, ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen (Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 19.04.2011 - L 9 U 2866/09 - veröffentlicht in juris, dort Rn. 25 ff). Das Urteil des SG wurde dem Bevollmächtigten der Klägerin am 25.10.2012 zugestellt. Die einmonatige Frist des § 151 Abs. 1 SGG endete unter Heranziehung von § 64 Abs. 3 SGG mit dem 26.11.2012. Da die Erweiterung des Streitgegenstandes indes erst am 27.12.2012 erfolgt ist, wurde das Urteil des SG, soweit hierin die gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs "G" gegenständlich waren, rechtskräftig. Der angefochtene Bescheid wurde insofern bestandskräftig (§ 77 SGG), so dass die Berufung insofern unzulässig ist.
Soweit die Klägerin die Feststellung eines GdB von 50 begehrt, ist die Berufung unbegründet. Das SG hat die Klage insofern in nicht zu beanstandender Weise abgewiesen, da die Klägerin jedenfalls keinen Anspruch darauf hat, dass die bei ihr vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen mit einem höheren GdB als 40 zu bewerten sind.
Nach § 69 Abs. 1 Satz 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) stellen die zur Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden auf Antrag des behinderten Menschen das Vorliegen einer Behinderung und den GdB fest, für den die im Rahmen des § 30 Abs. 1 BVG festgelegten Maßstäbe entsprechend gelten (§ 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX). Nach § 2 Abs. 1 SGB IX sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Aus dieser Definition folgt, dass für die Feststellung einer Behinderung sowie Einschätzung ihres Schweregrades nicht das Vorliegen eines regelwidrigen körperlichen, geistigen oder seelischen Zustandes entscheidend ist, sondern es vielmehr auf die Funktionsstörungen ankommt, die durch einen regelwidrigen Zustand verursacht werden. Gemäß § 69 Abs. 1 Satz 4 SGB IX werden die Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft als GdB nach Zehnergraden abgestuft festgestellt. Eine Feststellung ist hierbei nur dann zu treffen, wenn ein GdB von wenigstens 20 vorliegt (§ 69 Abs. 1 Satz 6 SGB IX).
Bei der konkreten Bewertung von Funktionsbeeinträchtigungen ist die ab dem 01.01.2009 an die Stelle der "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz" (AHP) getretene Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG; die jeweilige Seitenangabe bezieht sich auf das vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales herausgegebene Printexemplar) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung [VersMedV]) heranzuziehen. Damit hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales von der Ermächtigung, die ursprünglich in § 30 Abs. 17 des BVG, mit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes und anderer Vorschriften vom 20.06.2011 (BGBl. I 1114) seit dem 01.07.2011 in § 30 Abs. 16 BVG erteilt ist, zum Erlass einer Rechtsverordnung Gebrauch gemacht und die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG aufgestellt. Eine inhaltliche Änderung der bisher angewandten Grundsätze und Kriterien erfolgte - von wenigen Ausnahmen abgesehen - hierdurch nicht. Die VG haben vielmehr die AHP - jedenfalls soweit vorliegend relevant - übernommen und damit gewährleistet, dass gegenüber dem bisherigen Feststellungsverfahren keine Schlechterstellung möglich ist.
In Anlegung dieser Maßstäbe können die bei der Klägerin bestehenden Funktionsbeeinträchtigungen nicht mit einem höheren GdB als 40 bewertet werden.
Die bei der Klägerin bestehende Pseudoarthrose des linken Unterschenkels nach zweimaligem Bruch des Schien- und Wadenbeins ist mit einem Einzel-GdB von 20 zu berücksichtigen. Nach Nr. 18.14 (S. 117) der VG ist eine straffe Schienbeinpseudoarthrose mit einem Einzel-GdB von 20-30, eine schlaffe mit einem solchen von 40-50 zu bewerten. Ein Teilverlust bzw. eine Pseudoarthrose des Wadenbeins rechtfertigt einen Einzel-GdB von 0-10. Nach den von Dr. I. mitgeteilten röntgenologischen Befunden ist die zweimalige Fraktur des linken Unterschenkels vollständig knöchern konsolidiert. Da auch der Tibianagel ungelockert einliegt, ist vorliegend von einer straffen Pseudoschienbeinarthrose auszugehen, die eine Ausschöpfung des GdB-Rahmens nicht rechtfertigt. Auch unter Berücksichtigung der von Dr. I. angeführten Minderbelastbarkeit des linken Kniegelenks ist ein höherer GdB als 20 für die linke untere Extremität nicht gerechtfertigt, da die Beweglichkeit des linken Kniegelenks nach Dr. I. nur endgradig eingeschränkt ist, keine Schwellung und kein Erguss bestehen und auch der Bandapparat stabil ist, sodass jedenfalls kein höherer Einzel-GdB als 10 für die Funktionsbeeinträchtigung des Kniegelenks möglich ist (vgl. VG, a.a.O.).
Die bei der Klägerin bestehende Migräne kann auch unter Berücksichtigung der bestehenden psychovegetativen Beschwerden und der depressiven Verstimmung nicht mit einem höheren Einzel-GdB als 20 bewertet werden. Nach Nr. 2.3 (S. 35) der VG erfolgt die GdB-Bewertung einer echten Migräne anhand der Häufigkeit und Dauer der Anfälle und der Ausprägung der Begleiterscheinungen. Eine leichte Verlaufsform (Anfälle durchschnittlich einmal monatlich) ist mit einem Einzel-GdB von 0 - 10, eine mittelgradige Verlaufsform (häufigere Anfälle, jeweils ein oder mehrere Tage anhaltend) mit einem solchen von 20 - 40 und eine schwere Verlaufsform (lang andauernde Anfälle mit stark ausgeprägten Begleiterscheinungen, Anfallspausen von nur wenigen Tagen) mit einem solchen von 50 - 60 zu bewerten. Nach den Bekundungen des behandelnden Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. A. in seiner Befundbeschreibung vom 25.03.2011 treten bei der Klägerin Migräneanfälle einmal pro Woche auf, so dass von einer leichten Verlaufsform auszugehen ist. Eine weitergehende Berücksichtigung ist auch vor dem Hintergrund der Medikation mit Ibuprofen nicht möglich. Die von Dr. A. angeführte Geräusch- und Lichtempfindlichkeit sind typische Folgeerscheinungen einer Migräne und können daher gleichfalls nicht GdB-erhöhend berücksichtigt werden. Nur unter Berücksichtigung der bestehenden psychovegetativen Beschwerden und der depressiven Verstimmung ist für das Funktionssystem insg. ein Einzel-GdB von 20 gerechtfertigt. Nach Nr. 3.7 (S. 42) der VG sind leichtere psychovegetative oder psychische Störungen mit einem Einzel-GdB von 0 - 20, stärker behindernde Störungen mit einer wesentlichen Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z.B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Schmerzstörungen) mit einem solchen von 30 - 40, schwere Störungen (z.B. schwere Zwangskrankheiten) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsstörungen mit einem solchen von 50 - 70 und solche mit schweren sozialen Anpassungsstörungen mit einem Einzel-GdB von 80 - 100 zu bewerten. Zur Überzeugung des Senats liegt bei der Klägerin eine lediglich leichtgradige psychische Beeinträchtigung vor. Dr. G. hat in seinem Gutachten u.a. ausgeführt, dass eine nervenfachärztliche Behandlung nicht durchgeführt wird. Ferner hat er ausschließlich eine diskret geminderte Schwingungsfähigkeit, im Übrigen jedoch in keiner Dimension psychopathologische Befunde benannt und hierzu ausgeführt, eine manifeste depressive Symptomatik lasse sich derzeit nicht nachweisen. Die bestehende Herabstimmung hat er als leicht graduiert. Auch vor dem Hintergrund, dass die Klägerin in der Lage ist, wöchentlich 27 Stunden zu arbeiten und hierzu selbstständig ein Kraftfahrzeug zu benutzen, ist der Senat nicht davon überzeugt, dass bei der Klägerin eine wesentliche Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit besteht, die die Annahme einer stärker behindernden Störung rechtfertigen könnte. Die vorliegenden psychopathologischen Befunde rechtfertigen unter Berücksichtigung der bestehenden Migräne daher nur einen Einzel-GdB von 20.
Die bei der Klägerin bestehenden degenerativen Veränderungen der Lendenwirbelsäule können nicht mit einem höheren Einzel-GdB als 10 berücksichtigt werden. Die Bewertung von Funktionsbehinderungen der Wirbelsäule bestimmt sich nach Nr. 18.9 (S. 107) der VG in erster Linie aus dem Ausmaß der Bewegungseinschränkung, der Wirbelsäulenverformung und instabilität sowie aus der Anzahl der betroffenen Wirbelsäulenabschnitte. Wirbelsäulenschäden mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, selten und kurzdauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) bedingen danach einen GdB von 10. Bei mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) wird ein GdB von 20 erreicht. Bei Wirbelsäulenschäden mit schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) ist ein GdB von 30 gerechtfertigt. Liegen Wirbelsäulenschäden mit mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten vor, kann ein GdB von 30 - 40 festgestellt werden. Bei Wirbelsäulenschäden mit besonders schweren Auswirkungen (z.B. Versteifung großer Teile der Wirbelsäule; anhaltende Ruhigstellung durch Rumpforthese, die drei Wirbelsäulenabschnitte umfasst; schwere Skoliose - ab ca. 70 Grad nach Cobb -) wird ein GdB von 50 - 70 festgestellt. Bei schwerster Belastungsinsuffizienz bis zur Geh- und Stehunfähigkeit kann ein GdB von 80 - 100 gerechtfertigt sein. Nach den von Dr. I. erhobenen Beweglichkeits- bzw. Entfaltbarkeitsmaßen (Finger-Boden-Abstand: 0 cm, Zeichen nach Schober 10/15 cm, Rotation und Seitneige beidseitig jew. 30°) gehen die bei der Klägerin bestehenden degenerativen Veränderungen der einzig betroffenen Lendenwirbelsäule lediglich mit geringen funktionellen Auswirkungen einher, so dass in Anlegung der Vorgaben der VG die bestehenden Funktionsbeeinträchtigungen der Wirbelsäule mit einem Einzel-GdB von 10 zu berücksichtigen sind.
Die bei der Klägerin nach den Bekundungen von Dr. I. bestehende manifeste Osteoporose kann nicht, wie von diesem vorgeschlagen, mit einem Einzel-GdB von 30 berücksichtigt werden. Zwar stellt der Senat, insb. in Anbetracht der bereits erlittenen Knochenbrüche (Unterschenkel li. [1994 und 2009], Handgelenk [2000] und Handgelenk/Unterarnm li. [2013]), das Vorliegen einer Osteoporose nicht in Abrede, indes bestimmt Nr. 18.1 (S. 103) der VG, dass bei ausgeprägten osteopenischen Krankheiten (z.B. Osteoporose, Osteopenie bei hormoneller Störung, gastrointestinalen Resorptionsstörungen, Nierenschäden) der GdB vor allem von der Funktionsbeeinträchtigung und den Schmerzen abhängig ist und eine ausschließlich messtechnisch nachgewiesene Minderung des Knochenmineralgehalts die Annahme eines GdB hingegen nicht rechtfertigt. Da aus den Ausführungen von Dr. I. keine osteoporosebedingten Funktionsbeeinträchtigungen, bspw. infolge von Frakturen, Wirbelkörperbrüchen oder -kompressionen benannt sind (vgl. hierzu Prof. Dr. Franke, Osteoporose und Schmerz in OSTEOLOGIE, Bd. 10, 2001, veröffentlicht in www.Netzwerk-Osteoporose.de), ist eine (isolierte) Berücksichtigung der Osteoporose bei der GdB-Bewertung nicht möglich. Das von Dr. I. hierzu angeführte deutlich erhöhte "10-Jahres-Frakturrisiko" rechtfertigt eine höhere Bewertung nicht, da der GdB die tatsächlich bestehenden Funktionsbeeinträchtigungen wiederspiegelt, nicht jedoch (hypothetische, zukünftige) Gesundheitsrisiken. Die zuletzt in der mündlichen Verhandlung vom 11.02.2015 vorgetragene Angst, weitere Frakturen zu erleiden, wirkt sich auf die psychische Befindlichkeit der Klägerin aus und fließt in die Bewertung des Funktionssystems "Psyche" ein. Die körperlichen osteoporosebedingten Beeinträchtigungen manifestieren sich aktuell nach den vorliegenden Befunden im Bereich der Lendenwirbelsäule und sind dort berücksichtigt.
Die Funktionsbeeinträchtigungen der Handgelenke, nach Dr. I. handelt es sich um eine schmerzhafte Minderbelastbarkeit des linken und ein Arthrose des rechten Handgelenks, können jedenfalls nicht mit einem höheren Einzel-GdB als 10 berücksichtigt werden, da weder Dr. I. noch ein behandelnder Arzt Bewegungseinschränkungen stärkeren Grades (vgl. Nr. 18.13; S. 111 der VG) benannt haben. Dr. I. hat vielmehr ausgeführt, dass differenzierte Griffformen seitengleich mit ausreichender Kraftausprägung möglich seien.
In Zusammenschau der bei der Klägerin bestehenden Funktionsbeeinträchtigungen ist zur Überzeugung des Senats ein GdB von mehr als 40, wie klägerseits begehrt, nicht festzustellen. Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX ist, bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben der Gesellschaft, der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des GdB ungeeignet. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung. Auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen. Bei der Gesamtwürdigung der verschiedenen Funktionsbeeinträchtigungen sind unter Berücksichtigung aller sozialmedizinischen Erfahrungen Vergleiche mit Gesundheitsschäden anzustellen, zu denen in der Tabelle feste GdB-Werte angegeben sind (vgl. Ziff. 3 [S. 22 f] Teil A der Anlage zur VersMedV). In Zusammenschau der bei der Klägerin bestehenden funktionellen Einschränkungen, die durchgängig nur einen leichten Schweregrad aufweisen, ist die Behinderung der Klägerin mit der, die bei dem Verlust eines Armes im Unterarm oder dem Verlust eines Beines im Unterschenkel besteht, die jeweils einen GdB von 50 begründen, nicht vergleichbar. Die zweimal mit einem Einzel-GdB von 20 und ansonsten nur mit einem solchen von 10 zu bewertenden Beeinträchtigungen rechtfertigen jedenfalls keinen höheren GdB als 40. Bei der Klägerin ist die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch nicht festzustellen.
Der Senat weist vor diesem Hintergrund im Hinblick auf den geltend gemachten Nachteilsausgleich "G" darauf hin, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs "G" hat. Gemäß § 145 Abs. 1 Satz 1 SGB IX ist das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen "G" festzustellen, wenn ein schwerbehinderter Mensch infolge seiner Behinderung in seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt ist. Da die Klägerin jedoch mit einen GdB von 40 nicht schwerbehindert ist (vgl. § 2 Abs. 2 SGB IX), besteht der geltend gemacht Anspruch nicht; die insoweit ohnehin unzulässige Berufung wäre auch unbegründet.
Das angefochtene Urteil des SG vom 12.09.2012, mit dem der Beklagte verurteilt wurde, den GdB unter Aufhebung des Bescheides vom 08.10.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.06.2011 mit 40 festzustellen, ist nicht zu beanstanden. Die Berufung ist insofern zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Feststellung eines höheren Grades der Behinderung (GdB) ab dem 01.08.2010 sowie die Feststellung, dass in ihrer Person auch ab diesem Zeitpunkt die gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs der erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr ("G") vorliegen.
Die am 10.12.1953 geborene Klägerin beantragte am 03.09.2010 beim Landratsamt Rastatt - Sozialamt/Versorgungsamt - (LRA), ihre Funktionsbeeinträchtigungen als Behinderung und den GdB festzustellen. Sie führte hierzu Brüche des Schien- und Wadenbeins links (4/94 und 1/09) sowie eine operative Nachversorgung im März 2010 an.
Das LRA forderte bei dem behandelnden Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. A. sowie dem B. Klinikum, C.-D., Befundberichte an und führte diese einer versorgungsärztlichen Überprüfung zu. Dr. Zimansky-Conrad bewertete unter dem 10.12.2010 eine "Stabilisierte Pseudoarthrose des linken Unterschenkenkels" für die Zeit von Februar 2009 bis Juli 2010 mit einem Einzel-GdB von 50, sodann mit einem solchen von 30.
Gestützt hierauf stellte das LRA mit Bescheid vom 20.12.2010 den GdB der Klägerin seit dem 01.08.2010 mit 30 und für die Zeit vom 01.02.2009 - 31.07.2010 mit 50 fest. Ferner stellte es für die Zeit vom 01.02.2009 - 31.07.2010 fest, dass in der Person der Klägerin die gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs "G" vorliegen.
Mit ihrem hiergegen eingelegten Widerspruch, mit dem die Klägerin die Feststellung eines GdB von 50 und den Nachteilsausgleich "G" über den 31.07.2010 hinaus geltend machte, brachte sie vor, der Zustand des verunfallten Beins entspreche dem, der unmittelbar nach der Erstversorgung bestanden habe. Sie sei nicht in der Lage, eine Wegstrecke von 2 km in 20 min. zurückzulegen. Bei ihr bestünden als Folge der Fehlbelastung auch Folgebeschwerden am Skelettsystem, insb. Blockierungen des Ischiasnervs mit Schmerzausstrahlung in die linke Gesäßhälfte. Das LRA forderte daraufhin bei Dr. A. abermals einen Befundbericht an. Dr. A. gab hierzu unter dem 25.03.2011 an, bei der Klägerin sei seit Jahren eine Migräne mit einmal pro Woche auftretenden Anfällen, die mit einer ausgeprägten Geräusch- und Lichtempfindlichkeit einhergingen, bekannt. Auch habe sich eine reaktive, depressive Episode entwickelt. Die Klägerin müsse für längere Gehstrecken unverändert eine Gehhilfe bei sich führen. Dr. Günzel schätzte in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 14.04.2011 den Einzel-GdB für eine "Migräne, depressive Verstimmung, psychovegetative Störung" auf 10 ein und bewertete den GdB unter Beibehaltung der Einschätzung betreffend die Pseudoarthrose unverändert mit 30. Die Benutzung einer Gehhilfe sei medizinisch nicht begründet. Die zeitweise Verkrampfung der Beinmuskulatur könne den Nachteilsausgleich "G" nicht begründen. Die Migräne werde mit Ibuprofen behandelt und trete nur einmal wöchentlich auf. Die psychische Störung habe nur zu einer einmaligen Dekompensation geführt und werde nicht fachspezifisch behandelt.
Gestützt hierauf wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 10.05.2011 zurück. Die bestehenden Funktionsbeeinträchtigungen seien mit einem GdB von 30 ausreichend bewertet. Hiernach fehle auch die Grundvoraussetzung für die Zuerkennung des Nachteilsausgleichs "G", die Schwerbehinderteneigenschaft.
Hiergegen hat die Klägerin am 01.06.2011 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Zu deren Begründung hat sie vorgetragen, die bestehende Migräne müsse dauerhaft in mittlerer bis hoher Dosierung mit Schmerzmedikamenten behandelt werden. Angesichts der Häufigkeit der Anfälle sei hierfür eine Einzel-GdB von 30 anzusetzen. Auch die depressive Entwicklung sei dauerhaft, so dass ein Einzel-GdB von 20 angemessen sei. Unter Belastung habe sich überdies gezeigt, dass bezüglich des Bruchs des Unterschenkels keine Konsolidierung eingetreten sei, es träten belastungsabhängige Schmerzen auf, weswegen bei längeren Wegen weiterhin eine Gehstütze erforderlich sei. Zuletzt hat die Klägerin einen orthopädischen Befundbericht von Dr. E. vom 12.05.2012 vorgelegt, in dem von einer eingeschränkten Beweglichkeit im Knie- und im Sprunggelenk berichtet wird. Das Osteosynthesematerial sei, so Dr. E., im Knochen zu belassen.
Das SG hat die behandelnden Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen einvernommen. Dr. F., Arzt für Chirurgie, hat unter dem 28.07.2011 mitgeteilt, die Klägerin habe sich bei ihm einmalig wegen einer Metatarsalgie mit Vorfußschmerzen vorgestellt. Eine Vorstellung wegen des Z.n. Unterschenkelfraktur sei nicht erfolgt. Dr. E., Oberarzt am traumatologischen Zentrum des B. Klinikums, hat unter dem 12.08.2011 ausgeführt, obschon die Unterschenkelfraktur zwischenzeitlich knöchern durchbaut sei, bestünden weiterhin Schmerzen. Das Auftreten von Schmerzen im Bereich der Wirbelsäule und im linken Bein sei infolge der Fehlbelastung möglich. Dr. A. hat in seiner Stellungnahme vom 23.08.2011 ausgeführt, anlässlich der letzten Untersuchung der Klägerin am 09.08.2011 habe er unverändert eine Vorwölbung im Bereich der Osteosyntese-Platte des linken Unterschenkels befundet. Die Beweglichkeit des linken Knie- und Sprunggelenks sei frei, es bestehe jedoch ein belastungsabhängiger Schmerz, der bereits bei kurzen Gehstrecken ab 500 m eintrete. Die Migräne, die depressive Verstimmung und die psychovegetative Störung seien nur vorübergehende Erkrankungen. Zwar habe die Klägerin ab dem 01.08.2010 wieder eine berufliche Tätigkeit aufgenommen, dennoch sei der GdB nach seiner Einschätzung mit 50 zu bewerten.
Nachdem dem Beklagten die Aussagen der behandelnden Ärzte zugeleitet wurden, hat dieser unter dem 27.12.2011, gestützt auf eine versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. Köhler vom 21.12.2011, der für die Funktionsbeeinträchtigung "Migräne, depressive Verstimmung, psychovegetative Störung" nunmehr einen Einzel-GdB von 20 berücksichtigte, ein Vergleichsangebot des Inhalts abgegeben, den GdB der Klägerin ab dem 03.09.2010 mit 40 festzustellen. Die Klägerin ist dem Vorschlag nicht beigetreten.
Mit Urteil vom 12.09.2012 hat das SG den Beklagten verurteilt, den GdB der Klägerin ab dem 01.08.2010 mit 40 festzustellen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das SG ausgeführt, die bei der Klägerin im Vordergrund stehenden Schmerzen und Funktionsbeeinträchtigungen am linken Unterschenkel und Fuß seien mit einem Einzel-GdB von 30 zu bewerten. Nach den vorliegenden Unterlagen sei von einer Durchbauung der Fraktur auszugehen, die eine Vollbelastung erlaube. Die psychovegetativen Beschwerden der Klägerin erhöhten diesen GdB nicht, da die GdB-Werte die üblichen seelischen Begleiterscheinungen einschlössen und es nicht ersichtlich sei, dass die Störungen über einen längeren Zeitraum eine spezielle ärztliche Behandlung erforderlich gemacht hätten. Die bis zu einmal pro Woche auftretende Migräne sei mit einem GdB von 20 zu bewerten. In Zusammenschau der bestehenden Beeinträchtigungen sei ein GdB von 40 angemessen. Da bei der Klägerin keine Beeinträchtigungen der unteren Gliedmaßen und/oder der Lendenwirbelsäule, die für sich einen GdB von wenigstens 50 bedingten, vorlägen, bestehe kein Anspruch darauf, dass die gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs "G" festzustellen seien.
Mit Bescheid vom 05.11.2012 hat das LRA den GdB der Klägerin in Ausführung des Urteils ab dem 01.08.2010 mit 40 festgestellt.
Gegen das am 25.10.2012 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 19.11.2012 Berufung eingelegt und hierbei (zunächst ausschließlich) beantragt, den Beklagten zu verurteilen, ihren GdB mit 50 festzustellen. Zur Begründung bringt sie vor, die Knochenverhältnisse am Unterschenkel seien unverändert schlecht, weswegen das Osteosynthesematerial verbleiben müsse und die Belastbarkeit stark eingeschränkt sei. Hierfür sei ein GdB von 40 anzusetzen. Ein Einzel-GdB von 20 für die psychovegetative, depressive Erkrankung werde ihrem Leiden nicht gerecht. Auf Anfrage des Senats ist mit Schriftsatz vom 21.12.2012, eingegangen beim erkennenden Gericht am 27.12.2012 mitgeteilt worden, dass der ursprüngliche Berufungsantrag dahingehend zu ergänzen sei, dass auch begehrt werde, den Nachteilsausgleich "G" festzustellen. Die Klägerin hat einen orthopädischen Befundbericht von Dr. E. vom 03.05.2013 vorgelegt, in dem von einer eingeschränkten Beweglichkeit im Knie- und im Sprunggelenk berichtet wird. Aufgrund der mehrfachen Aufbohrungen des Knochens sei es, so Dr. E., auch in Ansehung der bestehenden Osteoporose nicht sinnvoll, den Nagel im Knochen zu entfernen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 12. September 2012 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheids vom 20. Dezember 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Mai 2011 zu verurteilen, bei ihr einen Grad der Behinderung von 50 ab dem 01. August 2010 festzustellen und festzustellen, dass bei ihr die gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs der erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr vorliegen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung seines Antrages verweist der Beklagte auf die Entscheidungsgründe des aus seiner Sicht zutreffenden Urteils des SG. Ergänzend trägt er vor, aus den vorliegenden medizinischen Unterlagen sei eine ausreichende Frakturdurchbauung sowie eine achsgerechte Schienbeinstellung ersichtlich.
Auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Senat Dr. G., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie - Psychotherapie, Facharzt für psychotherapeutische Medizin, zum gerichtlichen Sachverständigen ernannt und mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. In seinem neuropsychiatrischen Gutachten vom 16.09.2013 hat Dr. G. bei der Klägerin Spannungskopfschmerzen, psychovegetative Störungen und eine Anpassungsstörung diagnostiziert. Den GdB für die Erkrankungen auf seinem Fachgebiet hat er auf 20 und insg. auf 40 eingeschätzt. Der Gutachter hat u.a. ausgeführt, eine nervenfachärztliche Behandlung mit der evtl. Verordnung eines Antidepressivums finde nicht statt. Die Klägerin arbeite wöchentlich 27 Stunden und absolviere den Weg zur Arbeit mit ihrem Kraftfahrzeug. Dr. G. hat eine ganz diskret geminderte Schwingungsfähigkeit benannt und ausgeführt, eine manifeste depressive Symptomatik lasse sich derzeit nicht nachweisen. Die bestehende hedonistische Herabstimmung i.S. einer Anpassungsstörung sei als leicht zu graduieren.
Auf einen weiteren Antrag der Klägerin nach § 109 SGG hat der Senat Dr. I., Facharzt für Orthopädie/Unfallchirurgie, Facharzt für Physikalische/Rehabilitative Medizin und Chefarzt der Orthopädie der Klinik Dr. H., zum gerichtlichen Sachverständigen ernannt und mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. In seinem fachärztlich orthopädisch-unfallchirurgischem Gutachten vom 23.11.2013 hat Dr. I. bei der Klägerin eine manifeste Osteoporose, eine angegebene schmerzhafte Minderbelastbarkeit und Minderbeweglichkeit des linken Handgelenks bei Z.n. distaler Radiusfraktur bei vollständig knöchener Konsolidierung, eine leicht- bis mäßiggradige Handgelenksarthrose, eine angegebene schmerzhafte Minderbelastbarkeit des linken Kniegelenks mit radiologisch erkennbarer Chondrocalcinose und eine vollständig knöchern konsolidierte Unterschenkelfraktur links diagnostiziert. Für die Beeinträchtigung durch die Osteoporose hat Dr. I. einen Einzel-GdB von 30, für die des rechten Handgelenks einen solchen von 10, für die des linken Unterschenkels und des Kniegelenks einen solchen von 30 und für Beeinträchtigungen der Wirbelsäule einen Einzel-GdB von 10 angenommen. Insg. sei ein GdB von 50 anzunehmen. Dr. I. hat in seinem Gutachten ein sicheres, kleinschrittiges, links deutlich hinkendes Gangbild beschrieben. Der Faustschluss sei komplett möglich, eine Einschränkung der Fingerfeinmotorik bestehe nicht. Die Beweglichkeit der Kniegelenke sei nicht eingeschränkt, es habe sich kein Erguss gezeigt, der Kapselapparat sei stabil.
Nachdem dem Beklagten das Gutachten von Dr. I. übersandt wurde, hat dieser eine versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. J. vom 17.03.2014 vorgelegt, in der ausgeführt wird, dass sich anlässlich der abermaligen röntgenologischen Untersuchung eine vollständig knöchern konsolidierte Fraktur gezeigt habe, so dass ein Einzel-GdB von 30 nicht mehr gerechtfertigt sei. Die ausschließlich messtechnisch nachgewiesene Minderung des Knochenmineralsalzgehalts bedinge keinen GdB. Der vorgeschlagene GdB für die Wirbelsäule von 10 decke die Osteoporose vielmehr mit ab. Für die Beeinträchtigung des Handgelenks könne in Ansehung der freien Beweglichkeit kein GdB von 10 berücksichtigt werden. Insg. sei der GdB daher ab Mai 2012 richtigerweise nur noch mit 30 zu bewerten.
Dr. I. hat sodann unter dem 20.05.2014 ergänzend Stellung genommen und ausgeführt, unter osteologischen Gesichtspunkte sei für die GdB-Bewertung der Osteoporose entscheidend auf das Frakturrisiko abzustellen. Er habe sich bei seiner Beurteilung daher nicht auf die Heranziehung der versorgungsmedizinischen Grundsätze beschränkt, sondern das Frakturrisiko erhöhend berücksichtigt. Dem ist der Beklagte unter Vorlage einer versorgungsmedizinischen Stellungnahme von Dr. K. vom 06.10.2014 entgegen getreten.
Mit Verfügung vom 24.03.2014 hat der Senat die Klägerin unter Hinweis auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 03.03.2009 - B 4 AS 37/08 R - darauf hingewiesen, dass die Berufung im Hinblick auf den Nachteilsausgleich "G" bereits unzulässig sein dürfte.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten beider Rechtszüge sowie die beim Beklagten für die Klägerin geführte Schwerbehindertenakte, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 11.02.2015 geworden ist sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 11.02.2015 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung führt für die Klägerin nicht zum Erfolg.
Soweit die Klägerin die Feststellung eines GdB von 50 begehrt, ist die Berufung zulässig, insb. wurde sie form- und fristgerecht (vgl. § 151 Abs. 1 SGG) erhoben. Soweit die Klägerin hingegen die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs "G" begehrt, ist die Berufung unzulässig.
Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens vor dem SG war neben der Höhe des bei der Klägerin festzustellenden GdB auch die Frage, ob in ihrer Person die gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs "G" vorliegen. Dies hat das SG im angefochtenen Urteil verneint und die Klage (auch) insofern abgewiesen. Mit der am 16.11.2012 beim SG eingelegten Berufung hat die anwaltlich vertretene Klägerin ausschließlich die Feststellung eines GdB von 50 beantragt und damit ihr Rechtsmittel hinreichend deutlich und zulässigerweise - der Streitgegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens ist teilbar gewesen - auf die Frage der Höhe des GdB beschränkt. Da auch der Vortrag zur Begründung der Berufung im (weiteren) Schriftsatz vom 16.11.2012 nur Ausführungen zur GdB-Bewertung der Beeinträchtigungen beinhaltete und hierin (optisch hervorgehoben) ausgeführt wurde, es sei von der Schwerbehinderteneigenschaft auszugehen, bestanden zum Zeitpunkt der Berufungseinlegung keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Entscheidung zur Gänze angefochten werden sollte. Erst auf eine Anfrage des Senats wurde klägerseits mit Schriftsatz vom 21.12.2012, der am 27.12.2012 beim Landessozialgericht (LSG) eingegangen ist, mitgeteilt, dass der ursprüngliche Berufungsantrag dahingehend zu ergänzen sei, dass auch begehrt werde, den Nachteilsausgleich "G" festzustellen. Die Klägerin hat hiermit, gegenüber dem ursprünglichen Berufungsantrag, den Streitgegenstand des Berufungsverfahrens i.S.d. §§ 153 Abs. 1, 99 Abs. 1 SGG geändert und nicht lediglich den Klageantrag unschädlich nach §§ 153 Abs. 1, 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG erweitert bzw. ergänzt; die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen von Nachteilsausgleichen stellt einen von der Höhe des GdB unabhängigen Streitgegenstand dar (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Beschluss vom 12.12.1995 - 9 BVs 28/95 -; Urteil vom 10.12.1987 - 9a RVs 11/87 -; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14.09.2006 - L 11 SB 24/05-26 - jew. veröffentlicht in juris). Zwar hat der Beklagte der Klageänderung nicht widersprochen und es ist nicht davon auszugehen, dass eine Einbeziehung des Streitgegenstandes nicht sachdienlich ist, indes müssen auch für die geänderte Klage die Prozess- und Zulässigkeitsvoraussetzungen vorliegen (vgl. BSG, Urteil vom 03.03.2009 - B 4 AS 37/08 R - veröffentlicht in juris, dort Rn. 16 f). Maßgebend für die Beurteilung der Frist ist hierbei der Zeitpunkt der Klageänderung (BSG, a.a.O., Rn. 17; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl., 2014 § 99 Rn. 13a). Nach Ablauf der Rechtsmittelfrist kann das Rechtsmittel, das zunächst beschränkt war, nicht mehr auf weitere Teile erstreckt werden; ist der Bescheid zu diesem Zeitpunkt schon bestandkräftig, ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen (Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 19.04.2011 - L 9 U 2866/09 - veröffentlicht in juris, dort Rn. 25 ff). Das Urteil des SG wurde dem Bevollmächtigten der Klägerin am 25.10.2012 zugestellt. Die einmonatige Frist des § 151 Abs. 1 SGG endete unter Heranziehung von § 64 Abs. 3 SGG mit dem 26.11.2012. Da die Erweiterung des Streitgegenstandes indes erst am 27.12.2012 erfolgt ist, wurde das Urteil des SG, soweit hierin die gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs "G" gegenständlich waren, rechtskräftig. Der angefochtene Bescheid wurde insofern bestandskräftig (§ 77 SGG), so dass die Berufung insofern unzulässig ist.
Soweit die Klägerin die Feststellung eines GdB von 50 begehrt, ist die Berufung unbegründet. Das SG hat die Klage insofern in nicht zu beanstandender Weise abgewiesen, da die Klägerin jedenfalls keinen Anspruch darauf hat, dass die bei ihr vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen mit einem höheren GdB als 40 zu bewerten sind.
Nach § 69 Abs. 1 Satz 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) stellen die zur Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden auf Antrag des behinderten Menschen das Vorliegen einer Behinderung und den GdB fest, für den die im Rahmen des § 30 Abs. 1 BVG festgelegten Maßstäbe entsprechend gelten (§ 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX). Nach § 2 Abs. 1 SGB IX sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Aus dieser Definition folgt, dass für die Feststellung einer Behinderung sowie Einschätzung ihres Schweregrades nicht das Vorliegen eines regelwidrigen körperlichen, geistigen oder seelischen Zustandes entscheidend ist, sondern es vielmehr auf die Funktionsstörungen ankommt, die durch einen regelwidrigen Zustand verursacht werden. Gemäß § 69 Abs. 1 Satz 4 SGB IX werden die Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft als GdB nach Zehnergraden abgestuft festgestellt. Eine Feststellung ist hierbei nur dann zu treffen, wenn ein GdB von wenigstens 20 vorliegt (§ 69 Abs. 1 Satz 6 SGB IX).
Bei der konkreten Bewertung von Funktionsbeeinträchtigungen ist die ab dem 01.01.2009 an die Stelle der "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz" (AHP) getretene Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG; die jeweilige Seitenangabe bezieht sich auf das vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales herausgegebene Printexemplar) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung [VersMedV]) heranzuziehen. Damit hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales von der Ermächtigung, die ursprünglich in § 30 Abs. 17 des BVG, mit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes und anderer Vorschriften vom 20.06.2011 (BGBl. I 1114) seit dem 01.07.2011 in § 30 Abs. 16 BVG erteilt ist, zum Erlass einer Rechtsverordnung Gebrauch gemacht und die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG aufgestellt. Eine inhaltliche Änderung der bisher angewandten Grundsätze und Kriterien erfolgte - von wenigen Ausnahmen abgesehen - hierdurch nicht. Die VG haben vielmehr die AHP - jedenfalls soweit vorliegend relevant - übernommen und damit gewährleistet, dass gegenüber dem bisherigen Feststellungsverfahren keine Schlechterstellung möglich ist.
In Anlegung dieser Maßstäbe können die bei der Klägerin bestehenden Funktionsbeeinträchtigungen nicht mit einem höheren GdB als 40 bewertet werden.
Die bei der Klägerin bestehende Pseudoarthrose des linken Unterschenkels nach zweimaligem Bruch des Schien- und Wadenbeins ist mit einem Einzel-GdB von 20 zu berücksichtigen. Nach Nr. 18.14 (S. 117) der VG ist eine straffe Schienbeinpseudoarthrose mit einem Einzel-GdB von 20-30, eine schlaffe mit einem solchen von 40-50 zu bewerten. Ein Teilverlust bzw. eine Pseudoarthrose des Wadenbeins rechtfertigt einen Einzel-GdB von 0-10. Nach den von Dr. I. mitgeteilten röntgenologischen Befunden ist die zweimalige Fraktur des linken Unterschenkels vollständig knöchern konsolidiert. Da auch der Tibianagel ungelockert einliegt, ist vorliegend von einer straffen Pseudoschienbeinarthrose auszugehen, die eine Ausschöpfung des GdB-Rahmens nicht rechtfertigt. Auch unter Berücksichtigung der von Dr. I. angeführten Minderbelastbarkeit des linken Kniegelenks ist ein höherer GdB als 20 für die linke untere Extremität nicht gerechtfertigt, da die Beweglichkeit des linken Kniegelenks nach Dr. I. nur endgradig eingeschränkt ist, keine Schwellung und kein Erguss bestehen und auch der Bandapparat stabil ist, sodass jedenfalls kein höherer Einzel-GdB als 10 für die Funktionsbeeinträchtigung des Kniegelenks möglich ist (vgl. VG, a.a.O.).
Die bei der Klägerin bestehende Migräne kann auch unter Berücksichtigung der bestehenden psychovegetativen Beschwerden und der depressiven Verstimmung nicht mit einem höheren Einzel-GdB als 20 bewertet werden. Nach Nr. 2.3 (S. 35) der VG erfolgt die GdB-Bewertung einer echten Migräne anhand der Häufigkeit und Dauer der Anfälle und der Ausprägung der Begleiterscheinungen. Eine leichte Verlaufsform (Anfälle durchschnittlich einmal monatlich) ist mit einem Einzel-GdB von 0 - 10, eine mittelgradige Verlaufsform (häufigere Anfälle, jeweils ein oder mehrere Tage anhaltend) mit einem solchen von 20 - 40 und eine schwere Verlaufsform (lang andauernde Anfälle mit stark ausgeprägten Begleiterscheinungen, Anfallspausen von nur wenigen Tagen) mit einem solchen von 50 - 60 zu bewerten. Nach den Bekundungen des behandelnden Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. A. in seiner Befundbeschreibung vom 25.03.2011 treten bei der Klägerin Migräneanfälle einmal pro Woche auf, so dass von einer leichten Verlaufsform auszugehen ist. Eine weitergehende Berücksichtigung ist auch vor dem Hintergrund der Medikation mit Ibuprofen nicht möglich. Die von Dr. A. angeführte Geräusch- und Lichtempfindlichkeit sind typische Folgeerscheinungen einer Migräne und können daher gleichfalls nicht GdB-erhöhend berücksichtigt werden. Nur unter Berücksichtigung der bestehenden psychovegetativen Beschwerden und der depressiven Verstimmung ist für das Funktionssystem insg. ein Einzel-GdB von 20 gerechtfertigt. Nach Nr. 3.7 (S. 42) der VG sind leichtere psychovegetative oder psychische Störungen mit einem Einzel-GdB von 0 - 20, stärker behindernde Störungen mit einer wesentlichen Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z.B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Schmerzstörungen) mit einem solchen von 30 - 40, schwere Störungen (z.B. schwere Zwangskrankheiten) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsstörungen mit einem solchen von 50 - 70 und solche mit schweren sozialen Anpassungsstörungen mit einem Einzel-GdB von 80 - 100 zu bewerten. Zur Überzeugung des Senats liegt bei der Klägerin eine lediglich leichtgradige psychische Beeinträchtigung vor. Dr. G. hat in seinem Gutachten u.a. ausgeführt, dass eine nervenfachärztliche Behandlung nicht durchgeführt wird. Ferner hat er ausschließlich eine diskret geminderte Schwingungsfähigkeit, im Übrigen jedoch in keiner Dimension psychopathologische Befunde benannt und hierzu ausgeführt, eine manifeste depressive Symptomatik lasse sich derzeit nicht nachweisen. Die bestehende Herabstimmung hat er als leicht graduiert. Auch vor dem Hintergrund, dass die Klägerin in der Lage ist, wöchentlich 27 Stunden zu arbeiten und hierzu selbstständig ein Kraftfahrzeug zu benutzen, ist der Senat nicht davon überzeugt, dass bei der Klägerin eine wesentliche Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit besteht, die die Annahme einer stärker behindernden Störung rechtfertigen könnte. Die vorliegenden psychopathologischen Befunde rechtfertigen unter Berücksichtigung der bestehenden Migräne daher nur einen Einzel-GdB von 20.
Die bei der Klägerin bestehenden degenerativen Veränderungen der Lendenwirbelsäule können nicht mit einem höheren Einzel-GdB als 10 berücksichtigt werden. Die Bewertung von Funktionsbehinderungen der Wirbelsäule bestimmt sich nach Nr. 18.9 (S. 107) der VG in erster Linie aus dem Ausmaß der Bewegungseinschränkung, der Wirbelsäulenverformung und instabilität sowie aus der Anzahl der betroffenen Wirbelsäulenabschnitte. Wirbelsäulenschäden mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, selten und kurzdauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) bedingen danach einen GdB von 10. Bei mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) wird ein GdB von 20 erreicht. Bei Wirbelsäulenschäden mit schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) ist ein GdB von 30 gerechtfertigt. Liegen Wirbelsäulenschäden mit mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten vor, kann ein GdB von 30 - 40 festgestellt werden. Bei Wirbelsäulenschäden mit besonders schweren Auswirkungen (z.B. Versteifung großer Teile der Wirbelsäule; anhaltende Ruhigstellung durch Rumpforthese, die drei Wirbelsäulenabschnitte umfasst; schwere Skoliose - ab ca. 70 Grad nach Cobb -) wird ein GdB von 50 - 70 festgestellt. Bei schwerster Belastungsinsuffizienz bis zur Geh- und Stehunfähigkeit kann ein GdB von 80 - 100 gerechtfertigt sein. Nach den von Dr. I. erhobenen Beweglichkeits- bzw. Entfaltbarkeitsmaßen (Finger-Boden-Abstand: 0 cm, Zeichen nach Schober 10/15 cm, Rotation und Seitneige beidseitig jew. 30°) gehen die bei der Klägerin bestehenden degenerativen Veränderungen der einzig betroffenen Lendenwirbelsäule lediglich mit geringen funktionellen Auswirkungen einher, so dass in Anlegung der Vorgaben der VG die bestehenden Funktionsbeeinträchtigungen der Wirbelsäule mit einem Einzel-GdB von 10 zu berücksichtigen sind.
Die bei der Klägerin nach den Bekundungen von Dr. I. bestehende manifeste Osteoporose kann nicht, wie von diesem vorgeschlagen, mit einem Einzel-GdB von 30 berücksichtigt werden. Zwar stellt der Senat, insb. in Anbetracht der bereits erlittenen Knochenbrüche (Unterschenkel li. [1994 und 2009], Handgelenk [2000] und Handgelenk/Unterarnm li. [2013]), das Vorliegen einer Osteoporose nicht in Abrede, indes bestimmt Nr. 18.1 (S. 103) der VG, dass bei ausgeprägten osteopenischen Krankheiten (z.B. Osteoporose, Osteopenie bei hormoneller Störung, gastrointestinalen Resorptionsstörungen, Nierenschäden) der GdB vor allem von der Funktionsbeeinträchtigung und den Schmerzen abhängig ist und eine ausschließlich messtechnisch nachgewiesene Minderung des Knochenmineralgehalts die Annahme eines GdB hingegen nicht rechtfertigt. Da aus den Ausführungen von Dr. I. keine osteoporosebedingten Funktionsbeeinträchtigungen, bspw. infolge von Frakturen, Wirbelkörperbrüchen oder -kompressionen benannt sind (vgl. hierzu Prof. Dr. Franke, Osteoporose und Schmerz in OSTEOLOGIE, Bd. 10, 2001, veröffentlicht in www.Netzwerk-Osteoporose.de), ist eine (isolierte) Berücksichtigung der Osteoporose bei der GdB-Bewertung nicht möglich. Das von Dr. I. hierzu angeführte deutlich erhöhte "10-Jahres-Frakturrisiko" rechtfertigt eine höhere Bewertung nicht, da der GdB die tatsächlich bestehenden Funktionsbeeinträchtigungen wiederspiegelt, nicht jedoch (hypothetische, zukünftige) Gesundheitsrisiken. Die zuletzt in der mündlichen Verhandlung vom 11.02.2015 vorgetragene Angst, weitere Frakturen zu erleiden, wirkt sich auf die psychische Befindlichkeit der Klägerin aus und fließt in die Bewertung des Funktionssystems "Psyche" ein. Die körperlichen osteoporosebedingten Beeinträchtigungen manifestieren sich aktuell nach den vorliegenden Befunden im Bereich der Lendenwirbelsäule und sind dort berücksichtigt.
Die Funktionsbeeinträchtigungen der Handgelenke, nach Dr. I. handelt es sich um eine schmerzhafte Minderbelastbarkeit des linken und ein Arthrose des rechten Handgelenks, können jedenfalls nicht mit einem höheren Einzel-GdB als 10 berücksichtigt werden, da weder Dr. I. noch ein behandelnder Arzt Bewegungseinschränkungen stärkeren Grades (vgl. Nr. 18.13; S. 111 der VG) benannt haben. Dr. I. hat vielmehr ausgeführt, dass differenzierte Griffformen seitengleich mit ausreichender Kraftausprägung möglich seien.
In Zusammenschau der bei der Klägerin bestehenden Funktionsbeeinträchtigungen ist zur Überzeugung des Senats ein GdB von mehr als 40, wie klägerseits begehrt, nicht festzustellen. Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX ist, bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben der Gesellschaft, der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des GdB ungeeignet. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung. Auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen. Bei der Gesamtwürdigung der verschiedenen Funktionsbeeinträchtigungen sind unter Berücksichtigung aller sozialmedizinischen Erfahrungen Vergleiche mit Gesundheitsschäden anzustellen, zu denen in der Tabelle feste GdB-Werte angegeben sind (vgl. Ziff. 3 [S. 22 f] Teil A der Anlage zur VersMedV). In Zusammenschau der bei der Klägerin bestehenden funktionellen Einschränkungen, die durchgängig nur einen leichten Schweregrad aufweisen, ist die Behinderung der Klägerin mit der, die bei dem Verlust eines Armes im Unterarm oder dem Verlust eines Beines im Unterschenkel besteht, die jeweils einen GdB von 50 begründen, nicht vergleichbar. Die zweimal mit einem Einzel-GdB von 20 und ansonsten nur mit einem solchen von 10 zu bewertenden Beeinträchtigungen rechtfertigen jedenfalls keinen höheren GdB als 40. Bei der Klägerin ist die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch nicht festzustellen.
Der Senat weist vor diesem Hintergrund im Hinblick auf den geltend gemachten Nachteilsausgleich "G" darauf hin, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs "G" hat. Gemäß § 145 Abs. 1 Satz 1 SGB IX ist das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen "G" festzustellen, wenn ein schwerbehinderter Mensch infolge seiner Behinderung in seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt ist. Da die Klägerin jedoch mit einen GdB von 40 nicht schwerbehindert ist (vgl. § 2 Abs. 2 SGB IX), besteht der geltend gemacht Anspruch nicht; die insoweit ohnehin unzulässige Berufung wäre auch unbegründet.
Das angefochtene Urteil des SG vom 12.09.2012, mit dem der Beklagte verurteilt wurde, den GdB unter Aufhebung des Bescheides vom 08.10.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.06.2011 mit 40 festzustellen, ist nicht zu beanstanden. Die Berufung ist insofern zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
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