L 13 R 134/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 22 R 3015/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 134/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 28. Oktober 2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Umstritten ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.

Der 1950 geborene Kläger, der im Dezember 1993 aus K. nach Deutschland zugezogen ist, war hier in der Zeit vom 7. Januar 1998 bis 19. April 2005 - unterbrochen durch Zeiten mit Bezug von Sozialleistungen - versicherungspflichtig beschäftigt, wobei er ungelernte Tätigkeiten verrichtet hat. Danach bezog er Sozialleistungen bzw. Leistungen wegen Arbeitslosigkeit, ab 1. Dezember 2007 Arbeitslosengeld II. Vom 17. August bis 3. September 2010 übte er noch eine geringfügige versicherungsfreie Beschäftigung aus. Wegen der Einzelheiten der versicherungsrechtlichen Zeiten wird auf den Versicherungsverlauf vom 25. April 2012 in den Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.

Ein erster Rentenantrag des Klägers, der im Jahr 2001 und im März 2011 einen Herzinfarkt erlitten hat und bei dem seit 13. Januar 2001 ein Grad der Behinderung von 90 festgestellt ist, vom 5. Dezember 2008 blieb nach Einholung eines Gutachtens des Internisten und Sozialmediziners Dr. S. vom 19. Mai 2009 (Leistungsvermögen sechs Stunden arbeitstäglich und mehr) erfolglos (Bescheid vom 17. Juni 2009).

Den Rentenantrag des Klägers vom 4. November 2011 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 15. März 2012 und Widerspruchsbescheid vom 26. April 2012 ab, da der Kläger ihm mögliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden arbeitstäglich verrichten könne.

Grundlage dieser Entscheidung war ein Heilverfahren-Entlassungsbericht (HV-EB) des SRH Gesundheitszentrums B. W. über eine stationäre Behandlung vom 6. Mai bis 2. Juni 2011 (Diagnosen [D]: Koronare Drei-Gefäßerkrankung mit Hauptstammstenose, Nicht-ST-Hebungsinfarkt am 11. März 2011, Reanimation bei Kammerflimmern am 11. April 2011, Herzstillstand mit erfolgreicher Kardiopulmonaler Reanimation am 15. März 2011, 3fach ACB-Operation am 16. März 2011; Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes seien bei Beachtung qualitativer Einschränkungen sechs Stunden und mehr möglich). Weiter Grundlagen waren Gutachten des Facharztes für Allgemeinmedizin G. vom 28. Dezember 2011 (D: Koronare Drei-Gefäßerkrankung mit Hauptstammstenose, Z.n. ST-Hebungsinfarkt am 11. März 2001 und Z.n. 3fach ACB-Operation am 16. März 2011, Z.n. 2-maliger kardiopulmonaler Reanimation, Diabetes Mellitus Typ II, nun insulinpflichtig mit multiplen Komplikationen, arterielle Hypertonie, Schwerhörigkeit beidseits, Depression, Z.n. Cholecystektomie, Z.n. Analprolaps, Hypercholesterinämie sowie Niereninsuffizienz im Stadium im kompensierten Retention; leichte körperliche Tätigkeiten - ohne häufiges Bücken, erhöhte Anforderungen an die Aufmerksamkeit und Konzentration sowie an das Gehör und ohne Schichtdienst - seien aus allgemeinmedizinischer Sicht sechs Stunden und mehr möglich) sowie der Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. L. vom 21. Februar 2011 (D: koronare Drei-Gefäßerkrankung, Diabetes Mellitus Typ II, insulinpflichtig, arterielle Hypertonie, Anpassungsstörung mit depressiven und ängstlichen Anteilen nach Herzinfarkt; aus nervenärztlicher Sicht sei der Kläger in der Lage, zumindest eine leichte Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes vorwiegend sitzend - ohne ausgeprägte Konzentrations- und Aufmerksamkeitsleistungen - sechs Stunden und mehr arbeitstäglich zu verrichten).

Wegen der die Gewährung von Rente versagenden Entscheidung hat der Kläger am 24. Mai 2012 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben und geltend gemacht, er könne nicht sechs Stunden täglich arbeiten.

Das SG hat behandelnde Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Über die von ihnen erhobenen Befunde und ihrer Einschätzung des Leistungsvermögens haben der Internist und Nephrologe Dr. T. am 20. November 2012 (die Erkrankungen auf seinem Fachgebiet, chronische Niereninsuffizienz und Bluthochdruck, sprächen nicht gegen eine vollschichtige Berufstätigkeit), der Internist und Kardiologe Dr. M. am 28. November 2012 (eine leichte körperliche Berufstätigkeit im Umfang von sechs oder drei Stunden täglich sei von kardialer Seite aktuell möglich), der Arzt für Neurologie, Psychiatrie, Psychotherapie Dr. H. am 12. Dezember 2012 (mittelgradige depressive Episode und komplexe Anpassungsstörung, auf Grund des psychischen Befundes liege die berufliche Belastbarkeit unter drei Stunden) und der Internist und Diabetologe Dr. L. am 10. Dezember 2012 (insulinpflichtiger Diabetes Mellitus mit weit fortgeschrittenem vor allem sich als Gefäßerkrankung manifestierendem Spätsyndrom, auch leichte Tätigkeiten "nicht empfehlenswert") berichtet.

Die Beklagte hat eine Stellungnahme der Internistin und Sozialmedizinerin Dr. Sch. vom 9. Januar 2013 vorgelegt, die aus internistischer Sicht weiterhin leichte Tätigkeiten für möglich erachtet hat, aber eine Verschlechterung der psychischen Erkrankung bzw. depressiven Störung für möglich gehalten hat.

Das SG hat sodann ein Sachverständigengutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. P. vom 28. Mai 2013 eingeholt. Dieser hat die anamnestischen Angaben des Klägers u.a. zum Tagesablauf und zu den Beschwerden referiert. Dr. P. hat die Diagnosen anhaltende mittelgradige Depression, ängstlich-vermeidende Anpassungsstörung bei erheblicher Krankheitsverarbeitungsstörungen mit deutlicher Regression sowie Polyneuropatie bei insulinpflichtigem Diabetes Mellitus gestellt. Fachfremd ist er von einem insulinpflichtigem Diabetes Mellitus und "fraglichen" Hypoglykämien, einer diabetischen Niereninsuffizienz, einem erheblichen Kardio-vaskulären Risikoprofil bei Z.n. 3fachem Herzinfarkt und Bypass-Operation ausgegangen. Der Kläger sei im Rahmen der komplexen gesundheitlichen Situation, allein schon aus nervenärztlicher Sicht, nicht in der Lage, einer Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes nachzukommen. Er könne in Begleitung täglich viermal eine Wegstrecke von mehr als 500 Meter innerhalb von jeweils 20 Minuten zurücklegen und zweimal öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten benutzen.

Die Beklagte hat hierauf an ihrer Beurteilung des Leistungsvermögens festgehalten und eine Stellungnahme der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie, Sozialmedizin Dr. J. vom 25. Juni 2013 vorgelegt, die ausgeführt hat, der beschriebene psychische Befund sei identisch mit den im Verwaltungsgutachten vom 21. Februar 2012. Die Begründung der Einschätzung des Leistungsvermögens mit dem multifaktoriellen Geschehen und den fehlenden Möglichkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bei einem Lebensalter von 63 Jahren sei im Vergleich zum Vorgutachten nicht schlüssig. Die Leistungsbeurteilung des Dr. P. sei nicht nachvollziehbar, der Kläger könne aus ihrer Sicht leichte Tätigkeiten überwiegend im Sitzen, unter Tagschichtbedingungen - ohne taktgebundenen Zeitdruck, erhöhte Anforderungen an die Aufmerksamkeit, Steuerung und Überwachung komplexer Arbeitsvorgänge sowie ohne Publikumsverkehr - mindestens sechs Stunden und mehr verrichten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Gutachten verwiesen.

Sodann hat das SG ein weiteres Sachverständigengutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. B. vom 14. Oktober 2013 eingeholt. Dieser hat die anamnestischen Angaben des Klägers u.a. zum Tagesablauf und zu den Beschwerden referiert. Der Sachverständige ist im Wesentlichen zum Ergebnis gelangt, neben den bekannten organ-kardiologischen Gesundheitsstörungen, einem Diabetes Mellitus mit rein sensibler Polyneuropathie der unteren Extremitäten ohne motorische Ausfälle und eigenständiges Schmerzsymptomatik, einem Z. n. Star-OP beidseits bestünden. Eine phobische Überlagerung bzw. Krankheitsverarbeitung der somatischen Anamnese ohne eigenständige relevante depressive Einengung bei wenngleich dysthymer Entwicklung und ohne eigenständige Antriebsstörung, die bislang nicht verhaltenstherapeutisch behandelt werde und hinsichtlich der Therapiemöglichkeiten bestünden sowie eine funktionelle Schlafstörung. Aus neurologisch-psychiatrischer Sicht bestünden qualitative Einschränkungen, der Kläger könne aber körperlich leichte Tätigkeiten zu ebener Erde - ohne weit überdurchschnittliche Anforderungen an den festen Stand, Tätigkeiten unmittelbar an gefährdenden Maschinen, besonderen Zeitdruck, ständige nervöse Anspannung sowie ohne Nacht- oder Wechselschicht - vollschichtig verrichten. Diese Einschätzung ergebe sich auch in der Zusammenschau mit den internistisch begründeten Beeinträchtigungen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Gutachten verwiesen.

Der Kläger hat eingewandt, die Untersuchung sei zum großen Teil ohne Dolmetscherin erfolgt, weswegen nicht gewährleistet sei, dass die Fragen immer richtig verstanden worden seien. Im Übrigen weise das Gutachten Widersprüchlichkeiten insofern auf, als eine dystyme Entwicklung zwar festgestellt werde, die sie aber in ihrer typischen Symptomatik als chronisch verlaufend und im Zusammenhang mit den physischen Beschwerden nicht ausreichend gewürdigt werde. Der Gutachter habe sich als Facharzt für Neurologie und Psychiatrie zudem eine Beurteilung der internistischen Beschwerden "herausgenommen" und diese als irrelevant abgetan, obwohl ein Z.n. mehreren Herzinfarkten sowie mehreren Bandscheibenvorfällen schon für sich genommen jedenfalls keine vollschichtige Leistungspflicht mehr begründen könne, was sich auch einen medizinischen Laien erschließe. Auf Grund der Kompetenzüberschreitungen sowie der offensichtlichen unzureichenden Würdigung der psychischen Problematik und der Verweigerung der Dienste der Dolmetscherin sei die gutachtliche Einschätzung des Klägers zu dessen Lasten nicht korrekt erfolgt. Vielmehr sei auf Grund der massiven Gesundheitsschäden eine Leistungseinschränkung bezüglich der Schwere der Tätigkeiten als auch bezüglich der Arbeitszeit in jedem Fall gegeben.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 28. Oktober 2014 abgewiesen. Die - näher dargelegten - Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung seien nicht erfüllt. Der Kläger könne leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Dies stehe für die Kammer nach dem Ergebnis der medizinischen Ermittlungen, insbesondere auf Grund des Sachverständigengutachtens des Dr. B. fest. Es bestünden vordergründig Gesundheitsstörungen auf internistisch-kardiologischen, internistisch-diabetelogischem, internistisch-nephrologischem und nervenärztlichem Fachgebiet. Die internistischen Leiden bedingten keine quantitative Leistungsminderung bezogen auf leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, was sich aus der Einschätzung auch der behandelnden Ärzte Dr. T. und Dr. M. ergebe. Die Einschätzung des Diabetologen und Internisten Dr. L. rechtfertige keine andere Beurteilung. In Hinblick der Erkrankungen auf nervenärztlichem Fachgebiet sei Dr. B. überzeugend zum Ergebnis gelangt, dass eine quantitative Leistungsminderung nicht bestehe. Er habe nachvollziehbar und schlüssig, auch unter Berücksichtigung der Erkrankungen des Klägers auf internistisch-kardiologischem, internistisch-diabetologischem und internistisch-nephrologischem Fachgebiet dargelegt, dass bei leichten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zu ebener Erde und vorwiegend im Sitzen und den weiteren dargelegten qualitativen Einschränkungen ein mindestens sechsstündiges Leistungsvermögen bestehe. Soweit Dr. P. und der sachverständige Zeuge Dr. H. von einem unter dreistündigen Leistungsvermögen ausgegangen seien, könne dem nicht gefolgt werden. Dr. P. habe zum einen seine Einschätzung u.a. auch mit dem fehlenden Möglichkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bei einem Lebensalter von 63 Jahren begründet. Zum anderen sei die psychische Problematik, wie sich auch aus den Gutachten von Dr. L. und Dr. B. ergebe, bei dem Kläger, der sich diesbezüglich nur sehr weitmaschig und auch unzureichend in fachärztlicher Behandlung befinde, nicht der Art ausgeprägt, dass von einer überdauernden Minderung des quantitativen Leistungsvermögens ausgegangen werden könne. Eine rentenberechtigende Erwerbsminderung liege nicht vor, insbesondere bestehe auch keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen und keine schwere spezifische Leistungsbeeinträchtigung, weswegen auch keine Verpflichtung bestehe, ausnahmsweise eine Verweisungstätigkeit zu benennen. Im Übrigen bestehe auch kein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, da der bisherige Beruf des Klägers eine ungelernte Tätigkeit darstellt und er auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil verwiesen.

Gegen das am 15. Dezember 2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am 12. Januar 2015 Berufung eingelegt. Die Auswirkungen seiner multiplen Erkrankungen seien nicht hinreichend gewürdigt. Sein Diabetes Mellitus Typ II sei nach wie vor problematisch. Unkontrollierbare Unterzuckerungen mit Schwindel und Ohnmacht seien die Folge. Bei einem Z. n. mehreren Herzinfarkten und Reanimationen sowie einer arteriellen Hypotonie sei er inzwischen außer Stande, auch nur die Treppen zu seiner Wohnung zu gehen, weshalb ein Umzug in eine Wohnung in Erdgeschoss vom Jobcenter genehmigt worden sei. Da er jederzeit von einer Unterzuckerung überrascht werden könne, sei ihm ein auch nur kurzzeitiger Aufenthalt auf einer Arbeitsstelle nicht zumutbar. Die Herzerkrankung trage im Übrigen zum negativen Leistungsvermögen bei. Hinzukomme die behandlungsbedürftige und auch in ihren Auswirkungen schwerwiegende psychische Beeinträchtigung. Für sich betrachtet möge, so auch nach Auskunft der behandelnden Ärzte, jede Erkrankung auf den jeweiligen Fachgebiet für sich, nicht zu einer Erwerbsminderung führe, in der Komplexität des Zusammenspiels verstärkten sich die Erkrankungen jedoch gegenseitig, weswegen auch leichte Tätigkeiten keine drei Stunden mehr möglich seien.

Der Kläger beantragt, zum Teil sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 28. Oktober 2014 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 15. März 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. April 2012 zu verurteilen, ihm Rente wegen Erwerbsminderung ab Antragstellung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Berufungsbegründung enthalte keine neuen Gesichtspunkte.

Die Beteiligten sind auf die Möglichkeit einer Entscheidung durch Beschluss mit Gelegenheit zur Äußerung hingewiesen worden.

Die Bevollmächtigte des Klägers hat mitgeteilt, es bestünden "gegen die Begutachtung und die Schlussfolgerungen im angegriffenen Urteil nach wie vor Bedenken".

Wegen des weiteren Vorbringens und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.

II.

Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung des Klägers gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, nachdem die Beteiligten Gelegenheit hatten, sich hierzu zu äußern.

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg, denn er hat keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung.

Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die vom Kläger beanspruchte Rente wegen voller (und auch teilweiser) Erwerbsminderung - §§ 43, 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) - dargelegt und zutreffend ausgeführt, dass der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung hat, weil er in der Lage ist, zumindest leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, die ihm auch zumutbar sind, wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten und auch keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen und keine schwere spezifische Leistungsbeeinträchtigung vorliegen, die ausnahmsweise die Benennung einer Verweisungstätigkeit erforderlich machen würde. Der Senat schließt sich dem nach eigener Überprüfung und unter Berücksichtigung des gesamten Vorbringens des Klägers, auch im Berufungsverfahren, uneingeschränkt an und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung gemäß § 153 Abs. 2 SGG zurück.

Ergänzend ist festzustellen, dass weitergehende qualitative Einschränkungen, als sie das SG in Würdigung aller ärztlichen Äußerungen und Gutachten für feststellbar erachtet hat, nicht nachgewiesen sind und eine quantitative Leistungsminderung bezüglich leichter Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mit den genannten qualitativen Einschränkungen nicht festgestellt werden kann.

Für das internistische Sachgebiet, insbesondere den kardiologischen, den diabetologischen und den nephrologischen Bereich ergibt sich dies aus dem in Wege des Urkundenbeweises verwertbaren Gutachten des Facharztes für Allgemeinmedizin G. sowie die dessen Einschätzung bestätigenden Aussagen der behandelnden Ärzte Dr. T. und Dr. M ... Soweit hiervon abweichend Dr. L. eine quantitative Einschränkung des Leistungsvermögens angenommen hat, fehlt es hierfür an einer schlüssigen und nachvollziehbaren Begründung, wie das SG, auf dessen Ausführungen insofern verwiesen wird, bereits dargelegt hat.

Auch hinsichtlich der Erkrankungen auf psychiatrischem Gebiet vermag es der Senat nicht als nachgewiesen anzusehen, dass beim Kläger wesentliche qualitative Leistungseinschränkungen, die leichten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes entgegenstehen, oder gar eine quantitative Leistungseinschränkung auf weniger als sechs Stunden arbeitstäglich bestehn. Weder die Aussage des Dr. H., noch das Gutachten Dr. P. ist geeignet, eine entsprechende weitergehende Einschränkung des Leistungsvermögens zu beweisen. Insofern ergibt sich bereits aus der von der Beklagten vorgelegten Stellungnahme von Dr. J., die als qualifizierter Beteiligtenvortrag verwertbar ist, dass diese Einschätzungen, insbesondere im Hinblick auf die seit der Begutachtung durch Dr. L. im Wesentlichen unveränderte Befundlage, das eine Einschränkung auf weniger als sechs Stunden arbeitstäglich nicht bewiesen ist. Hinzukommt, dass der Sachverständige Dr. B. schlüssig und überzeugend sowie begründet dargelegt hat, dass auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet eine quantitative Leistungseinschränkung auf weniger als sechs Stunden arbeitstäglich für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zu ebener Erde - ohne weit überdurchschnittliche Anforderungen an den festen Stand, Tätigkeiten unmittelbar an gefährdenden Maschinen, besonderen Zeitdruck, ständige nervöse Anspannung sowie ohne Nacht- oder Wechselschicht - nicht vorliegt. Die hiergegen vorgebrachten Einwände in erster Instanz greifen nicht durch. Ob ein Sachverständiger für einzelne Untersuchungsabschnitte das direkte Gespräch mit dem zu Begutachtenden sucht oder einen Dolmetscher hinzuzieht, ist seine Entscheidung. Aus dem Gutachten ist auch nachvollziehbar zu entnehmen, dass der Kläger durchaus in der Lage war, sich zu verständigen, insbesondere ergibt sich dies auch aus den wiedergegebenen spontanen Äußerungen. Im Übrigen hat sich Dr. B. auch nicht "angemaßt", eine eigene internistische Leistungsbeurteilung vorzunehmen, vielmehr hat er die vorliegenden und nachvollziehbaren Einschätzungen bei der Gesamtschau zugrunde gelegt und mit berücksichtigt.

Dass seine Einschätzung zutreffend und nachvollziehbar ist, ergibt sich auch aus den Angaben des Klägers selbst und den von den Sachverständigen erhobenen Befunden. Bei Dr. P. hat der Kläger angegeben, er stehe um 6:30 Uhr auf, richte sich dann, er mache sich Blutzuckerspritzen und frühstücke anschließend. Meistens sei er allein zu Hause, wenn die Ehefrau zur Arbeit gehe. Dieser helfe er, so gut er könne. Er koche und sei je nach Wetter auch auf dem Balkon. Ab und zu lese er eine Zeitung und schaue fernsehen. Wenn die Ehefrau von der Arbeit komme, gehe er mit ihr zur Tochter zu Besuch. Eine Pkw fahre er nicht mehr, nur ab und zu, wenn die Ehefrau dabei sitze. Abends sei man meist zu Hause. Am Wochenende kaufe man zusammen ein und mache Besuche bei den Kindern oder empfange diese zu Besuch. Bei Dr. B. hat der Kläger angegeben, er fahre noch gelegentlich, z.B. zur Apotheke, zum Arzt oder für kleinere Einkäufe selbst mit dem Pkw, nicht jedoch "in die Stadt". Gefragt nach Urlaub hat er angegeben, man sei das letzte Mal Ende Mai 2012 für 16 oder 17 Tage im K. in Urlaub gewesen. Mit seiner Frau sitze er zusammen, trinke Kaffee und unterhalte sich, man gehe zusammen spazieren und einkaufen, auch mal gemeinsam essen, und besuche natürlich auch Freunde oder Bekannte, wobei er gute Freunde habe, die auch aus dem K. stammten. Seine Töchter lebten noch bei ihnen und es gebe keine Probleme der Familie. Man nehme gemeinsam die Mahlzeiten ein und gehe gelegentlich auch zu viert spazieren oder zum Essen. Auf Grund seiner Schwerbehinderung könne er kostenfrei mit dem Bus fahren, also nach Leonberg und bis nach Stuttgart. Abends sehe er sich grundsätzlich um 19:00 Uhr im ZDF und um 20:00 Uhr in der ARD die Nachrichten an. Ansonsten sehe er albanische Sender, auch immer mit Nachrichten sowie dort auch Dokumentarfilmen oder Spielfilmen. Hobbys habe er auch sonst nie gehabt. Er habe in der Regel keine Langeweile und wenn doch gehe er ein bisschen alleine spazieren oder fahre mal alleine mit dem Bus in die Stadt, ins Kaufzentrum in Leonberg oder in Roth. Wenn er Kollegen treffe, gehe man auch mal zusammen ins Cafe. All dies zeigt, dass der Kläger noch Ressourcen hat und nicht inaktiv ist.

Hierfür spricht auch der erhobene psychische Befund. Bei der Untersuchung durch Dr. P. war der Kläger wach, klar orientiert in allen Qualitäten, durchgängig depressiv herabgestimmt, in der Schwingungsfähigkeit eingeschränkt, doch haben sich keine schwerwiegenderen depressiven Hinweise gefunden. Insgesamt hat der Kläger etwas resignativ passiv und antriebslos gewirkt. Dr. P. hat "glaubhafte nachvollziehbare" Krankheitsverarbeitungsstörungen gesehen und dadurch ein ängstlich vermeidendes Verhalten. Auffassung, Einstellung und Umstellung waren etwas verlangsamt, in den Enggraden auch etwas ungenau. Es haben sich jedoch keine erheblichen Beeinträchtigungen im Rahmen der Fragestellung einschließlich einfach strukturierter Tätigkeiten gefunden. Den Antrieb hat Dr. P. als deutlich reduziert angesehen. Bei der Untersuchung bei Dr. B. war der Kläger hinsichtlich des psychischen Befundes bewusstseinsklar und sicher in allen Qualitäten orientiert. Im Denken war er formal geordnet. Auffassung, Konzentration, Merkfähigkeit, Gedächtnis und Aufmerksamkeit waren auch in der mehrstündigen gutachterlichen Untersuchungsprozedur bis zuletzt ungestört. Der Kläger konnte auch präzise länger zurückliegendes aus dem Gespräch noch wieder selber aufgreifen und war durchaus flexibel im Gedankengang. Hinweise auf eine richtungsweisende hirnorganische Leistungsstörung haben sich nicht gefunden. Es hat sich auch keinerlei richtungseisenden Erschöpfung oder Ermüdung ergeben sowie für intellektuelle Defizite. Soweit aus dem Querschnitt heraus zu beurteilen war der Kläger - so Dr. B. - eher etwas affektverhalten, eher etwas introvertiert anmutend, gleichwohl sofort im Kontakt, bald - und immer häufiger in Nebenthemen - durchaus auch humorentwickelnd mit schmunzelnden oder sogar lachenden Anmerkungen. Die inhaltliche Auslenkbarkeit war gut erhalten. Eine überdauernde, sozialmedizinisch richtungsweisende depressive Einengung hat sich nicht gezeigt.

Soweit der Kläger in der Berufungsbegründung gelten macht, die Einstellung des Diabetes Mellitus Typ II sei "nach wie vor" problematisch und es könne zu unkontrollierbaren Unterzuckerungen mit Schwindel und Ohnmacht kommen, stellt er Möglichkeiten in den Raum, ohne auch nur ansatzweise darzutun, dass und wann gegebenenfalls entsprechenden Situationen in der Vergangenheit eingetreten sein sollten. Dass insofern eine relevante Verschlechterung eingetreten ist, wird auch nicht substantiiert und nachvollziehbar dargetan, wenn der Zustand - wie angegeben - "nach wie vor" problematisch ist. Schließlich führt auch der Hinweis, dass ein Z.n: mehreren Herzinfarkten und Reanimationen besteht, nicht weiter. Dies ist schon bei Stellung des Rentenantrags bekannt gewesen und von den Gutachtern und Sachverständigen berücksichtigt worden. Soweit der Kläger angibt, er leide unter den Auswirkungen von schwerwiegenden psychischen Beeinträchtigungen, die behandlungsbedürftig seien, wurde dies bereits von Dr. B. berücksichtigt und gewürdigt. Dass inzwischen eine intensivierte Behandlung erfolgt, die der Sachverständige Dr. B. zur Verbesserung des Zustandes, der aus seiner Sicht gleich wohl noch zu keiner quantitativen Leistungsminderung führte, inzwischen erfolgt, ist weder konkret dargetan, noch wird behauptet, dass inzwischen weitergehende Behandlungen, auch stationärer Art, erforderlich geworden sind.

Wenn der Kläger einräumt, dass auch nach Auskunft der behandelnden Ärzte jede Erkrankung auf dem jeweiligen Fachgebiet für sich genommen nicht zu einer Erwerbsminderung führt, er gleichwohl aber geltend macht, die "Komplexität des Zusammenspiels" führe zur Verstärkung der Erkrankungen, begründet dies keine weitergehende Leistungseinschränkung, insbesondere ist damit der Nachweis nicht geführt, dass eine weitergehende quantitative oder qualitative Einschränkung besteht. Auch wenn der Kläger oder seine Bevollmächtigte "Bedenken" gegen die Begutachtung und die Schlussfolgerungen im angefochten Urteil haben, führt dies weder zur Notwendigkeit weiterer Ermittlungen, noch dazu, dass der Nachweis einer Erwerbsminderung im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung als erbracht angesehen werden könnte.

Da der Kläger somit keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung hat, weist der Senat die Berufung zurück.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass der Kläger mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 197a SGG Rdnr. 3; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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