Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 16 KR 5258/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 3608/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 23.04.2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten werden auch im Berufungsverfahren nicht erstattet.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens die Festsetzung niedrigerer Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung im Zeitraum vom 05.05.2007 bis 31.08.2009.
Der 1976 geborene Kläger war bei den Beklagten zunächst seit 1998 gesetzlich versichert. Am 05.05.2006 beantragte er die Aufnahme als freiwilliges Mitglied aufgrund selbständiger Tätigkeit als Eventmanager. In seinem Antrag gab er Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von 3.000 EUR an. Mit Bescheid vom 01.06.2006 setzte die Beklagte zu 1) die zu leistenden Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung auf dieser Grundlage vorläufig in Höhe von insgesamt 451,50 EUR fest. Die Beklagte wies darauf hin, dass nach Vorlage des aktuellen Einkommenssteuerbescheides eine endgültige Festsetzung erfolge. Mit Schreiben vom 01.06.2006, 10.07.2006 und 07.08.2006 wurde der Kläger zur Vorlage des letzten Einkommensteuerbescheides aufgefordert und darauf hingewiesen, dass anderenfalls die zu entrichtenden Beiträge ab Beginn der Mitgliedschaft aus der gesetzlich vorgesehenen Höchststufe (3.562,50 EUR) festzusetzen seien. Da der Kläger keinerlei Nachweise vorgelegt hatte, wurden seine Beiträge mit Bescheid vom 22.08.2006 auf der Grundlage der Beitragsbemessungsgrenze auf 536,16 EUR festgesetzt.
Ab dem 25.10.2006 ging der Kläger wieder einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nach. Sein Gewerbe stellte er ruhend. Die Beklagte zu 1) beendete daraufhin mit Bescheid vom 19.12.2006 die freiwillige Mitgliedschaft wegen Eintritts von Versicherungspflicht zum 25.10.2006.
Nach dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten zu 1) ab dem 05.05.2007 erneut den Beitritt zur freiwilligen Krankenversicherung. In dem am 28.07.2007 unterzeichneten Antragsformular gab er als Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit einen Betrag von 6.000 EUR an. Mit Bescheid vom 03.08.2007 setzte die Beklagte zu 1) daraufhin für die Zeit ab 05.05.2007 monatliche Beiträge zur Krankenversicherung in Höhe von 495,19 EUR sowie zur Pflegeversicherung in Höhe von 69,47 EUR fest. Der Bescheid, der zugleich im Namen der Beklagten zu 2) (Pflegekasse) erging, wurde bestandskräftig. Der Bescheid enthielt die Bitte, bei Änderung des der Beitragsberechnung zugrunde gelegten Einkommens die Beklagte entsprechend zu informieren. Zugleich wurde der Kläger gebeten, zur Vervollständigung der Unterlagen den Einkommenssteuerbescheid 2006 vorzulegen.
Ab Februar 2009 geriet der Kläger mit den Beitragszahlungen in Rückstand. Die Beklagte zu 1) forderte ihn wiederholt zum Ausgleich der Beitragsschuld auf (Schreiben vom 23.02.2009 und vom 26.03.2009). Mit Bescheid vom 21.04.2009 stellte sie das Ruhen der Leistungsansprüche aus der Krankenversicherung wegen Zahlungsverzugs fest.
Ab dem 01.09.2009 war der Kläger wieder aufgrund einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung bei den Beklagten pflichtversichert. Die Beklagte teilte ihm mit Schreiben vom 25.09.2009 mit, dass sein Leistungsanspruch aus der Krankenversicherung wegen Beitragsrückständen weiterhin ruhe und bot eine Ratenzahlung zum Ausgleich der Rückstände an.
Der Kläger wandte sich daraufhin mit E-mail vom 30.09.2009 an die Beklagte. Er benötige einen vollständigen Versicherungsschutz. Außerdem könne er die geforderten Beiträge so nicht akzeptieren. Im Jahr 2006 habe sein Einkommen laut Steuerbescheid 12.000 EUR betragen. Auch im Jahr 2007 werde er die Beitragsbemessungsgrenze nicht erreichen. Er habe Anfang 2006 mit dem Filialleiter der A. in V., Herrn G., ein ausführliches Gespräch zum Thema freiwillige gesetzliche Versicherung geführt. Dieser habe ihm empfohlen, in die Versicherung nach Möglichkeit lieber zu viel als zu wenig einzuzahlen, um Nachzahlungen zu vermeiden. Daran habe er sich gehalten, immer davon ausgehend, dass dies wie ein "Konto" funktioniere. Der Kläger legte den Steuerbescheid für das Jahr 2006 sowie eine Gewinnermittlung seines Steuerberaters für das Jahr 2007 vor.
Mit Bescheid vom 07.01.2010 setzte die Beklagte zu 1) die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für das Jahr 2006 neu fest, da der Kläger glaubhaft und nachvollziehbar angegeben habe, den Beitragsbescheid vom 22.08.2006 nicht erhalten zu haben, so dass von einer bisher nur vorläufigen Festsetzung der Beiträge auszugehen sei. Das aufgrund der Beitragsneufestsetzung errechnete Beitragsguthaben in Höhe von 2.379,76 EUR wurde dem Beitragskonto des Klägers gutgeschrieben. Eine Korrektur des Beitragsbescheids vom 03.08.2007 für den Zeitraum der freiwilligen Mitgliedschaft ab dem 05.05.2007 lehnte die Beklagte zu 1) hingegen ab. Sie führte hierzu aus, ab dem 05.05.2007 habe der Kläger erneut eine freiwillige Mitgliedschaft als hauptberuflich Selbstständiger abgeschlossen. Der monatliche Beitrag sei anhand der Angaben des Klägers zu seinen Einkünften festgesetzt worden. Der Beitragsbescheid könne rückwirkend nicht mehr korrigiert werden. Da für das Jahr 2007 bis zum Ende der freiwilligen Mitgliedschaft am 31.08.2009 kein Einkommensteuerbescheid von der Finanzverwaltung erstellt worden sei, könne die Beitragseinstufung bis einschließlich 31.08.2009 nicht reduziert werden. Für den verbliebenen Beitragssaldo in Höhe von 3.013,03 EUR bot sie dem Kläger erneut eine Ratenzahlungsvereinbarung an.
Der Kläger schloss am 14.01.2010 die Ratenzahlungsvereinbarung mit der Beklagten zu 1) unter Vorbehalt ab und zahlte die rückständigen Beiträge in der Folgezeit in Raten von 125 EUR vollständig nach.
Gegen die Ablehnung der Neuberechnung der Beiträge ab 05.05.2007 erhob der Kläger am 21.01.2010 Widerspruch. Er machte geltend, aufgrund eines offensichtlich missverständlichen Formulars habe er fälschlich 6.000 EUR monatliche Einkünfte angegeben, was dann zu der endgültigen Beitragsfestsetzung geführt habe. Seine Angabe könne nur einem Missverständnis entsprungen sein. Leider könne er sich nicht mehr erinnern, wie er das verstanden habe. Möglicherweise habe er die Zahlen auf ein Quartal bezogen, was realistischer gewesen wäre. Die Beklagte habe in rechtswidriger Weise ohne Hinterfragen nicht realistischer Zahlen einen finalen Bescheid erlassen. Für ihn sei nicht erkennbar gewesen, dass er zum 05.05.2007 eine neue Versicherung abgeschlossen habe. Er habe die gleiche Versicherungsnummer behalten und lediglich seinen Status von freiwillig über gesetzlich wieder zu freiwillig gewechselt. Deshalb müsse nach wie vor die Aussage von Herrn G. gelten, dass die Beitragszahlungen wie ein Konto funktionierten, in das lieber zu viel eingezahlt werden solle als zu wenig, um später aus dem Überhang Beiträge zu stemmen, wenn es mal nicht so laufe.
Der Kläger legte den Einkommensteuerbescheid vom 23.02.2010 für das Jahr 2007 vor, der Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 19.255 EUR sowie Einkünfte aus nicht selbstständiger Arbeit in Höhe von 12.730 EUR auswies.
Mit Widerspruchsbescheid vom 03.08.2010, der auch im Namen der Beklagten zu 2) erging, wies die Beklagte zu 1) den Widerspruch des Klägers zurück. Eine Änderung des Bescheides vom 03.08.2007 komme nicht in Betracht. Nach den Satzungsregelungen zur Beitragsbemessung seien die Beiträge des Klägers angesichts seiner hauptberuflichen Selbstständigkeit grundsätzlich von der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze zu erheben gewesen. Nur wenn bei der Anmeldung ein voraussichtliches Einkommen unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze angegeben worden wäre, wäre bis zur Vorlage des ersten Einkommensteuerbescheids ein vorläufiger Bescheid über die Beitragshöhe in Betracht gekommen. Da der Kläger seine monatlichen Einkünfte aber eindeutig mit 6.000 EUR - einem Betrag deutlich oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze - angegeben habe, habe kein Grund für eine vorläufige Beitragseinstufung bestanden. Für das vom Kläger nachträglich angenommene Missverständnis seien keine Anhaltspunkte zu erkennen. Der Anmeldevordruck habe unmissverständlich "Angaben zu den monatlichen Bruttogesamteinnahmen« erfragt. Diese habe der Kläger mit 6.000 EUR beziffert. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb diese Angabe zum damaligen Zeitpunkt erkennbar unrealistisch gewesen sein solle. Im übrigen habe der Kläger die auf der Basis der Beitragsbemessungsgrenze erhobenen Beiträge bis einschließlich Dezember 2008 auch kommentarlos gezahlt.
Am 25.08.2010 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Stuttgart. Er führte zur Begründung aus, die Beklagte sei auf den zentralen Vorwurf der offensichtlich sachlich nicht korrekten Beratung durch den Filialleiter der A. W.-V. nicht eingegangen. Der Widerspruchsbescheid beziehe sich nahezu ausschließlich auf Tatsachen, die aufgrund der falschen Beratung durch den Filialleiter entstanden seien. Er habe den Auskünften des Filialleiters ver¬traut. Vor dem Hintergrund der Angaben des Filialleiters sei der Bescheid rechtswidrig ohne Vorläufigkeit erlassen worden. Er habe aufgrund eines Missverständnisses - keinesfalls jedoch vorsätzlich - zu erwartende Einnahmen in Höhe von 6.000 EUR eingetragen. Dass es im Vorfeld der mutmaßlichen neuen Versicherung kein Beratungsgespräch gegeben habe, könne ihm nicht angelastet werden. Für ihn als juristischer Laie sei nicht ersichtlich gewesen, dass es sich um eine neue Versicherung gehandelt habe. Denn Krankenversichertenkarte und Versichertennummer seien dieselbe und der Status unverändert geblieben. Geändert habe sich lediglich die Art der Beitragszahlung. Deshalb gehe er von einer durchgehenden Versicherung seit dem Ende seines Studiums aus. Auf die weitreichenden Folgen der gesetzlichen Regelung sei er auch nicht hingewiesen worden.
Die Beklagte hat dem entgegnet, vor der im Juli 2007 beantragten freiwilligen Mitgliedschaft ab 05.05.2007 habe nach ihren Unterlagen kein Beratungsgespräch mit dem Kläger stattgefunden. Der Mitgliedschaftsantrag sei auf dem Postweg eingegangen und habe die eindeutige handschriftliche Angabe monatlicher Bruttoeinnahmen in Höhe von 6.000 EUR enthalten. Deshalb sei der bestandskräftige und endgültige Bescheid ergangen. Der Bezug auf ein angebliches Beratungsgespräch für die Mitgliedschaft ab Januar 2006 sei nicht zeit- und sachgerecht. Auch im Hinblick auf das vom Kläger beschriebene Kontenmodell sei nicht zu erkennen, dass es bei Gründung einer selbstständigen Existenz wirtschaftlich sinnvoll sei, höhere Beiträge als notwendig an die Krankenkasse zu leisten, um dann eine Rückzahlung zu erhalten.
Mit Urteil vom 23.04.2013 wies das Sozialgericht die Klage ab. Der Kläger habe keinen Anspruch auf eine rückwirkende Neuberechnung der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge anhand seines tatsächlich erzielten Einkommens. Einer Neufestsetzung der Beiträge stehe grundsätzlich die Bestandskraft des Beitragsbescheids vom 03.08.2007 und der nachfolgenden Anpassungsbescheide entgegen. Eine nachträgliche Abänderung der Beitragshöhe sei damit nur unter den Voraussetzungen der Vorschriften über die Rücknahme von Verwaltungsakten möglich, da mit den Beitragsbescheiden die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung jeweils abschließend festgesetzt worden seien. Als Rechtsgrundlage für die begehrte rückwirkende Beitragsreduzierung komme danach allein § 44 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) in Betracht. Nach dieser Vorschrift sei ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden sei, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergebe, dass bei Erlass des Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden sei, der sich als unrichtig erwiesen habe, und deshalb Beiträge zu Unrecht erhoben worden seien. Dies gelte nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruhe, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat (§ 44 Abs. 1 Satz 2 SGB X). Der Kläger könne eine rückwirkende Beitragseinstufung nach seinem tatsächlich erzielten Einkommen nicht verlangen. Die Voraussetzungen für eine nachträgliche Abänderung (teilweise Rücknahme) der bestandskräftigen Beitragsbescheide seien nicht erfüllt. Dahinstehen könne, ob eine Rücknahme der Bescheide bereits deshalb ausscheide, weil der Kläger im Antrag auf freiwillige Mitgliedschaft (möglicherweise) vorsätzlich unrichtige Angaben zu seinem beitragspflichtigen Einkommen gemacht habe. Denn eine nachträgliche Korrektur der Beitragsbescheide komme unabhängig davon nicht in Betracht, weil die Beklagte bei Erlass der Bescheide von einem zutreffenden Sachverhalt ausgegangen sei und das Recht richtig angewandt habe. Die vorgenommene Beitragsfestsetzung sei nicht zu beanstanden. Die Bescheide hätten den verfahrensrechtlichen Vorgaben entsprochen und seien von der Beklagten zu 1) als dem zuständigen Sozialversicherungsträger erlassen worden. § 46 Abs. 2 Satz 4 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) sehe vor, dass Kranken- und Pflegekassen die Höhe der Beiträge für solche Mitglieder, die ihre Beiträge selbst zu zahlen hätten, in einem gemeinsamen Beitragsbescheid festsetzen dürften. Aus dem Beitragsbescheid müsse nur hervorgehen, dass der Bescheid über den Beitrag zur Pflegeversicherung im Namen der Pflegekasse ergeht (§ 46 Abs. 2 Satz 5 SGB XI). Diesen Anforderungen genügten die Beitragsbescheide, weil sie jeweils ausdrücklich auch im Namen der Pflegekasse - der Beklagten zu 2) - erlassen worden seien. Eine gemeinsame Beitragsfestsetzung sei dabei zulässig gewesen, da der Kläger als freiwilliger Versicherter den Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag allein zu tragen (§ 250 Abs. 2 SGB V, § 59 Abs. 4 Satz 1 SGB XI) und deswegen auch selbst zu zahlen gehabt habe (§ 252 Abs. 1 Satz 1 SGB V, § 60 Abs. 1 Satz 1 SGB XI). Die Beitragsbescheide seien auch materiell rechtmäßig. Der Festsetzung der Beiträge für den streitbefangenen Zeitraum sei zu Recht die Beitragsbemessungsgrenze zu Grunde gelegt worden. Die Bemessung der Beiträge freiwilliger Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung richte sich nach § 240 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (- SGB V -), hinsichtlich der Pflegeversicherungsbeiträge in Verbindung mit § 57 Abs. 4 Satz 1 SGB XI. Bis zum 31.12.2008 sei danach die Beitragsbemessung durch die Satzung der Krankenkasse zu regeln gewesen (§ 240 Abs. 1 Satz 1 SGB V a.F.). Seit dem 01.01.2009 habe diese Aufgabe einheitlich dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen oblegen (§ 240 Abs. 1 Satz 1 SGV i.d.F. des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes vom 26.03.2007, BGBl I S. 378). Am Maßstab für die Beitragsbemessung habe sich hierdurch nichts geändert. Nach wie vor bestimme § 240 Abs. 1 Satz 2 SGB V, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtigen müsse. Dabei seien mindestens die Einnahmen des freiwilligen Mitglieds heranzuziehen, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtigen Beschäftigten der Beitragsbemessung zu Grunde zu legen wären (§ 240 Abs. 2 Satz 1 SGB V). Für freiwillige Mitglieder, die hauptberuflich selbstständig erwerbstätig seien, enthalte § 240 Abs. 4 SGB V Sonderregelungen zum beitragspflichtigen Einkommen. Danach würden für solche Versicherten als beitragspflichtige Einnahmen für den Kalendertag der dreißigste Teil der monatlichen Bei¬tragsbemessungsgrenze, bei Nachweis niedrigerer Einnahmen jedoch mindestens der vierzigste Teil der monatlichen Bezugsgröße gelten (§ 240 Abs. 4 Satz 2 SGB V). Die Beiträge freiwillig versicherter Selbstständiger seien danach grundsätzlich nicht nach dem tatsächlichen Einkommen, sondern anhand eines fiktives Einkommens zu bemessen. Bis zum Nachweis geringerer Einnahmen werde nämlich gesetzlich im Sinne einer Fiktion ("gilt") unterstellt, dass der hauptberuflich selbstständig Erwerbstätige monatliche Einkünfte zumindest in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze erziele (Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen vom 16.01.2007 - L 11 KR 43/05 - zit. nach Juris, Rz. 21). Entkräfte der Selbstständige diese Fiktion durch Vorlage eines entsprechenden Nachweises (insb. Einkommensteuerbescheids), werde die Änderung der Beitragsbemessung erst mit Wirkung ab dem folgenden Monat und damit nur für die Zukunft wirksam (§ 240 Abs. 4 Satz 3 SGB V a.F. bzw. § 240 Abs. 4 Satz 6 SGB V). Für die Vergangenheit seien Beitragskorrekturen hingegen grundsätzlich nicht vorzunehmen. Dies beruhe auf der Überlegung, dass die Krankenkassen ihre Beitragseinnahmen andernfalls nicht zuverlässig kalkulieren könnten (vgl. BT-Drs. 12/3937 S. 17; LSG Baden-Württemberg vom 23.02.2011 - L 5 KR 5324/09 - zit. nach www.Sozialgerichtsbarkeit.de, Umdr. S. 10). Eine rückwirkende Überprüfung von Beitragsfest¬setzungen anhand erst später vorgelegter Nachweise dürfe aus diesem Grund allenfalls dann er¬folgen, wenn die Krankenkasse vor Erlass der Beitragsbescheide ihrer Amtsermittlungspflicht (§ 20 Abs. 1 S. 1 SGB X) nicht nachgekommen sei und den Versicherten nicht nach seinen Ein¬nahmen zum Lebensunterhalt und den dazu vorliegenden Unterlagen gefragt habe (Bundessozialgericht vom 25.04.1991 - 12 RK 40/90 - zitiert nach Juris, Rz. 15). Gemessen hieran habe die Beklagte die während der streitigen Zeit vom 05.05.2007 bis 31.08.2009 geschuldeten Beiträge des Klägers rechtsfehlerfrei auf der Grundlage der Beitragsbe-messungsgrenze festgesetzt. Denn der Kläger habe niedrigere Einnahmen zunächst weder geltend gemacht noch nachgewiesen. Vielmehr habe er in dem Antrag auf freiwillige Mitgliedschaft vom 28.07.2007 monatliche Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit in Höhe von 6000,- EUR angegeben und die Richtigkeit dieser Angaben mit seiner Unterschrift bestätigt. Nachdem die mitgeteilten beitragspflichtigen Einnahmen damit erheblich über der Beitragsbemessungsgrenze gelegen haben (2007: 3.562,50 EUR/Monat; 2008: 3.600 EUR/Monat), seien die Beiträge entsprechend des gesetzlichen Regelfalls auf der Grundlage der Beitragsbemessungsgrenze zu erheben gewesen. Eines Einkommensnachweises habe es hierfür nicht bedurft. Denn dieser sei nach den gesetzlichen Bestimmungen nur erforderlich, wenn Einnahmen unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze für die Beitragsbemessung herangezogen werden sollten. Die im Jahr 2009 nachträglich vorgelegten Einkommensnachweise hätten demgegenüber Wir-kung nur für die Zukunft entfaltet. Ein Ausnahmefall, in dem die Beitragsfestsetzung anhand der später vorgelegten Unterlagen ausnahmsweise auch rückwirkend zu überprüfen sei, habe nicht vorgelegen. Denn die Beklagte habe den Kläger zu Beginn der freiwilligen Versicherung mit dem Antragsformular nach seinen monatlichen Bruttogesamteinnahmen befragt und um Vorlage entsprechender Unterlagen gebeten. Damit sei sie ihrer Verpflichtung, die maßgeblichen Umstände der Beitragsbemessung vor Erlass der Beitragsbescheide zu ermitteln, nachgekommen. Auf die Angaben des Klägers habe sie sich verlassen dürfen. Im Übrigen seien Fehler in der Berechnung der Beiträge weder ersichtlich noch geltend gemacht. Auch die abschließende - und nicht nur vorläufige - Beitragsfestsetzung für den streitbefangenen Zeitraum sei nicht zu beanstanden. Eine vorläufige Beitragsfestsetzung sei nur aus¬nahmsweise statthaft, wenn die selbstständige Tätigkeit neu aufgenommen werde und Nachweise für eine Prognose der zukünftigen Einnahmen noch nicht vorgelegt werden könnten. Der Kläger habe aber die selbstständige Tätigkeit im Streitzeitraum nicht begonnen, sondern diese vielmehr bereits seit dem Jahr 2005 ausgeübt und lediglich während des Beschäftigungsverhältnisses von Oktober 2006 bis Mai 2007 ruhend gestellt. Zudem sei seinen Angaben keine unsichere Einkommensprognose zu entnehmen gewesen. Der Kläger habe die prognostizierten monatlichen Einnahmen aus seiner selbstständigen Tätigkeit von 6.000 EUR im Antragsformular weder unter Vorbehalt gestellt noch sonst als unsicher gekennzeichnet. Soweit sich der Kläger darauf berufe, Anfang 2006, also erhebliche Zeit vor Beginn der streitgegenständlichen freiwilligen Versicherung, von einem Mitarbeiter der Beklagten die Auskunft erhalten zu haben, dass die Beitragserhebung wie ein Konto funktioniere, sei dies schon deshalb unerheblich, weil die Beitragsbescheide eine entsprechende Zusage oder Regelung nicht enthalten hätten. Auch lasse sich aus der (unterstellten) Auskunft keine Verpflichtung der Beklagten ableiten, nur eine vorläufige Beitragsfestsetzung vorzunehmen. Denn die von einer Behörde erteilte Zusage, einen bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen oder zu unterlassen, bedürfe zu ihrer Wirksamkeit der schriftlichen Form (§ 34 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - SGB X -). Etwas anderes folge auch nicht aus dem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch. Dabei könne dahinstehen, ob der Vortrag des Klägers zutreffe, er sei von Mitarbeitern der Beklagten über die Beitragserhebung unrichtig beraten worden. Denn selbst bei einem (unterstelltem) Fehlverhalten der Beklagten ließen sich die Beitragsfestsetzungen nicht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs abändern. Dieses richterrechtlich entwickelte Rechtsinstitut diene nämlich dazu, Fehler im Verwaltungsablauf mit den der Verwaltung möglichen Mitteln auszugleichen. Tat¬sächliche Umstände, die allein der Gestaltung durch den Betroffenen unterliegen würden, könnten dage¬gen nicht Gegenstand der begehrten Herstellung sein (BSG vom 31.01.2006 - B IIa AL 15/05 R-zit. nach Juris Rz. 19). Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch scheide danach schon deshalb aus, weil die Beklagte nicht in der Lage sei, durch ein zulässiges Verwaltungshandeln die Einkommensangaben des Klägers im Antragsformular durch andere Angaben oder den Nachweis niedrigerer Einnahmen zu ersetzen. Ohne den Nachweis oder zumindest die Geltendmachung niedrigerer Einkünfte seien die Beiträge jedoch - wie geschehen - auf der Grundlage der Beitragsbemessungsgrenze festzusetzen gewesen. Die vom Kläger begehrte Beitragsbemessung aus einem niedrigeren Einkommen hätte gegen die gesetzlichen Beitragsbestimmungen verstoßen. Zu solchen Ergebnissen, die mit Rechtslage nicht übereinstimmten, dürfe die Anwendung des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs nicht führen. Denn der Anspruch sei auf die Herstellung eines dem Gesetz und seinen Zielen entsprechenden Zustandes gerichtet (Bundessozialgericht vom 28.09.2010 - B 1 KR 31/09 R - zit. nach Juris, Rz. 25; Bundessozialgericht vom 08.03.1990 - 3 RK 9/89 - zit. nach Juris, Rz. 13).
Der Kläger hat gegen das ihm am 25.07.2013 zugestellte Urteil am 21.08.2013 Berufung eingelegt. Er macht sinngemäß eine Verletzung des rechtlichen Gehörs geltend, da er bei der Verhandlung vor dem Sozialgericht krankheitsbedingt nicht habe anwesend sein können. Das Sozialgericht habe es versäumt, den Filialleiter G. als Zeugen zu vernehmen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 23.04.2013 und den Bescheid der Beklagten zu 1) vom 07.01.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.08.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Beitragsbescheid vom 03.08.2007 sowie die nachfolgenden Anpassungsbescheide abzuändern und die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für die Zeit vom 05.05.2007 bis 31.08.2009 auf der Grundlage seiner durch den Einkommensteuerbescheid 2007 nachgewiesenen Einkünfte festzusetzen,
hilfsweise, den Zeugen G. zu der Beratung im April 2006 zu befragen.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie halten das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend.
Am 17.12.2014 hat die Berichterstatterin einen Erörterungstermin mit den Beteiligten durchgeführt. Die Beklagte hat darin bestätigt, dass alle rückständigen Beiträge gezahlt worden seien. Der Kläger hat nochmals dargelegt, dass er aufgrund der Fehlinformation durch Herrn G. davon ausgegangen sei, dass er eine Art Guthaben auf seinem Beitragskonto durch Einzahlung höherer Beiträge in wirtschaftlich guten Zeiten habe schaffen können. Erst im Februar 2009 sei ihm klar geworden, dass er falsch informiert gewesen sei. Es sei für ihn nicht einsehbar, warum für die Versicherungszeit im Jahr 2006 eine Rückerstattung möglich gewesen sei, für die Zeit ab dem 05.05.2007 hingegen nicht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die zur Sache gehörenden Verwaltungsakten der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch sonst zulässig. Sie ist aber nicht begründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Abänderung des bestandskräftigen Beitragsbescheides vom 03.08.2007 und rückwirkende Neufestsetzung der Beiträge zur Krankenversicherung und zur Pflegeversicherung für den streitgegenständlichen Zeitraum aufgrund seines tatsächlich erzielten Einkommens. Das Sozialgericht hat in dem angegriffenen Urteil zutreffend und unter umfassender Darlegung der für die Entscheidung maßgeblichen Rechtsnormen ausgeführt, aus welchen Gründen eine Neufestsetzung der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge für die zurückliegende Zeit vom 05.05.2007 bis zum 31.08.2009 nicht in Betracht kommt. Der Senat schließt sich den Ausführungen des Sozialgerichts an und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen in den Entscheidungsgründen des sozialgerichtlichen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).
Im Hinblick auf das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren ist ergänzend noch Folgendes auszuführen:
Der Kläger kann mit seiner Argumentation, er sei durch falsche Information eines Mitarbeiters der Beklagten zu der fehlerhaften Annahme gelangt, auf seinem Beitragskonto durch höhere Beiträge ein Guthaben für wirtschaftlich schlechtere Zeiten schaffen zu können, und habe deshalb im Antrag vom 28.07.2007 ein Einkommen von 6.000 EUR angegeben, auch im Berufungsverfahren nicht durchdringen. Dieser Vortrag kann auch im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruch nicht zu einer Verpflichtung der Beklagten auf rückwirkende Änderung der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge für den streitgegenständlichen Zeitraum auf der Grundlage niedrigerer Einkünfte führen. Tatbestandlich setzt der sozialrechtliche Herstellungsanspruch voraus, dass der Sozialleistungsträger auf Grund Gesetzes oder bestehenden Sozialrechtsverhältnisses eine dem Betroffenen gegenüber obliegende Pflicht, insbesondere zur Auskunft und Beratung (§§ 14, 15 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch), verletzt und dadurch dem Betroffenen einen rechtlichen Nachteil zufügt. Auf seiner Rechtsfolgenseite ist der Herstellungsanspruch auf Vornahme einer Amtshandlung zur Herbeiführung derjenigen Rechtsfolge gerichtet, die eingetreten wäre, wenn der Versicherungsträger die ihm gegenüber dem Versicherten obliegenden Pflichten rechtmäßig erfüllt hätte (BSG, Urteil vom 11.03.2004 - B 13 RJ 16/03 R m.w.N. zur Rechtsprechung des BSG, Juris RdNr. 24).
Selbst wenn der Kläger aufgrund einer fehlerhaften Auskunft des Filialleiters im Vorfeld der Begründung der freiwilligen Versicherung im April 2006 zu der rechtsirrigen Annahme gelangt war, auf dem Beitragskonto Guthaben anlegen zu können, die zu einem späteren Zeitpunkt aufgezehrt werden könnten, so hat er dennoch die Angabe von 6.000 EUR im Antrag vom 28.07.2007 selbst zu vertreten. Diese ist nicht ohne sein Verschulden erfolgt, so dass er sich nicht auf einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch berufen kann. Der Kläger hat in seiner Widerspruchsbegründung selbst ausgeführt, diese Angabe müsse auf einem Missverständnis beruht haben, das er sich selbst nicht mehr erklären könne. Möglicherweise habe er die Zahl auf ein Quartal bezogen. Diese Einlassung spricht dafür, dass die Angabe des Einkommensbetrages von 6.000 EUR nicht mehr auf der - behaupteten - Fehlinformation des Filialleiters G. beruhte, sondern der Kläger räumt hier ein eigenes Missverständnis ein. Eine erneute Beratung hatte vor der Begründung der erneuten freiwilligen Versicherung nicht mehr stattgefunden. Die Beratung durch den Filialleiter G. hatte im Frühjahr 2006 zu der Angabe monatlicher Bruttoeinnahmen in Höhe von 3.000 EUR geführt. Die Angabe von Einnahmen in Höhe von 6.000 EUR im Antrag vom 28.07.2007 stand weder in zeitlichem Zusammenhang mit der früheren Beratung noch beruhte sie kausal auf dieser. Dem Kläger war durch die wiederholten Aufforderungen der Beklagten im Jahr 2006 zur Vorlage eines Einkommensteuerbescheides und die darin enthaltenen Hinweise auf eine Beitragsfestsetzung aufgrund der Beitragsbemessungsgrenze bei Nichtvorlage des Einkommensteuerbescheides bekannt, dass im Rahmen einer freiwilligen Versicherung ohne Einkommensnachweis eine Festsetzung aufgrund der Beitragsbemessungsgrenze erfolgen würde. Wenn er bei der erneuten Begründung der freiwilligen Versicherung erheblich über seinen tatsächlichen Erwartungen liegende Einkünfte angibt, so hat er die daraus resultierenden Folgen zu tragen. Der Antragsvordruck war entgegen der Auffassung des Klägers nicht missverständlich, sondern es war ausdrücklich nach den monatlichen Bruttogesamteinnahmen gefragt und die Vorlage von Unterlagen hierzu verlangt worden. Der Kläger hat die Höhe der Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von 6.000 EUR aufgrund eigenen Entschlusses vorgenommen und muss sich deshalb an dieser Angabe, die er selbst zu vertreten hat, festhalten lassen (vgl. insoweit auch BSG, Urteil vom 11.03.2004, a.a.O.).
Einer Vernehmung des Filialleiters G. als Zeugen bedurfte es daher nicht. Dem in der mündlichen Verhandlung des Senats gestellten Hilfsantrag war nicht zu entsprechen.
Soweit der Kläger beanstandet, die Beklagte habe die erkennbar unrealistischen Einkommensangaben der Beitragsfestsetzung zugrunde gelegt, ohne hierzu nochmals nachzufragen, kann er auch damit nicht durchdringen. Die Beklagte war nicht verlasst, die vom Kläger in eigener Verantwortung getätigten Angaben auf ihre Plausibilität hin zu überprüfen, wofür sie im Übrigen ohnehin keinerlei Anhaltspunkte gehabt hätte.
Die Berufung des Klägers konnte deshalb keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten werden auch im Berufungsverfahren nicht erstattet.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens die Festsetzung niedrigerer Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung im Zeitraum vom 05.05.2007 bis 31.08.2009.
Der 1976 geborene Kläger war bei den Beklagten zunächst seit 1998 gesetzlich versichert. Am 05.05.2006 beantragte er die Aufnahme als freiwilliges Mitglied aufgrund selbständiger Tätigkeit als Eventmanager. In seinem Antrag gab er Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von 3.000 EUR an. Mit Bescheid vom 01.06.2006 setzte die Beklagte zu 1) die zu leistenden Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung auf dieser Grundlage vorläufig in Höhe von insgesamt 451,50 EUR fest. Die Beklagte wies darauf hin, dass nach Vorlage des aktuellen Einkommenssteuerbescheides eine endgültige Festsetzung erfolge. Mit Schreiben vom 01.06.2006, 10.07.2006 und 07.08.2006 wurde der Kläger zur Vorlage des letzten Einkommensteuerbescheides aufgefordert und darauf hingewiesen, dass anderenfalls die zu entrichtenden Beiträge ab Beginn der Mitgliedschaft aus der gesetzlich vorgesehenen Höchststufe (3.562,50 EUR) festzusetzen seien. Da der Kläger keinerlei Nachweise vorgelegt hatte, wurden seine Beiträge mit Bescheid vom 22.08.2006 auf der Grundlage der Beitragsbemessungsgrenze auf 536,16 EUR festgesetzt.
Ab dem 25.10.2006 ging der Kläger wieder einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nach. Sein Gewerbe stellte er ruhend. Die Beklagte zu 1) beendete daraufhin mit Bescheid vom 19.12.2006 die freiwillige Mitgliedschaft wegen Eintritts von Versicherungspflicht zum 25.10.2006.
Nach dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten zu 1) ab dem 05.05.2007 erneut den Beitritt zur freiwilligen Krankenversicherung. In dem am 28.07.2007 unterzeichneten Antragsformular gab er als Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit einen Betrag von 6.000 EUR an. Mit Bescheid vom 03.08.2007 setzte die Beklagte zu 1) daraufhin für die Zeit ab 05.05.2007 monatliche Beiträge zur Krankenversicherung in Höhe von 495,19 EUR sowie zur Pflegeversicherung in Höhe von 69,47 EUR fest. Der Bescheid, der zugleich im Namen der Beklagten zu 2) (Pflegekasse) erging, wurde bestandskräftig. Der Bescheid enthielt die Bitte, bei Änderung des der Beitragsberechnung zugrunde gelegten Einkommens die Beklagte entsprechend zu informieren. Zugleich wurde der Kläger gebeten, zur Vervollständigung der Unterlagen den Einkommenssteuerbescheid 2006 vorzulegen.
Ab Februar 2009 geriet der Kläger mit den Beitragszahlungen in Rückstand. Die Beklagte zu 1) forderte ihn wiederholt zum Ausgleich der Beitragsschuld auf (Schreiben vom 23.02.2009 und vom 26.03.2009). Mit Bescheid vom 21.04.2009 stellte sie das Ruhen der Leistungsansprüche aus der Krankenversicherung wegen Zahlungsverzugs fest.
Ab dem 01.09.2009 war der Kläger wieder aufgrund einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung bei den Beklagten pflichtversichert. Die Beklagte teilte ihm mit Schreiben vom 25.09.2009 mit, dass sein Leistungsanspruch aus der Krankenversicherung wegen Beitragsrückständen weiterhin ruhe und bot eine Ratenzahlung zum Ausgleich der Rückstände an.
Der Kläger wandte sich daraufhin mit E-mail vom 30.09.2009 an die Beklagte. Er benötige einen vollständigen Versicherungsschutz. Außerdem könne er die geforderten Beiträge so nicht akzeptieren. Im Jahr 2006 habe sein Einkommen laut Steuerbescheid 12.000 EUR betragen. Auch im Jahr 2007 werde er die Beitragsbemessungsgrenze nicht erreichen. Er habe Anfang 2006 mit dem Filialleiter der A. in V., Herrn G., ein ausführliches Gespräch zum Thema freiwillige gesetzliche Versicherung geführt. Dieser habe ihm empfohlen, in die Versicherung nach Möglichkeit lieber zu viel als zu wenig einzuzahlen, um Nachzahlungen zu vermeiden. Daran habe er sich gehalten, immer davon ausgehend, dass dies wie ein "Konto" funktioniere. Der Kläger legte den Steuerbescheid für das Jahr 2006 sowie eine Gewinnermittlung seines Steuerberaters für das Jahr 2007 vor.
Mit Bescheid vom 07.01.2010 setzte die Beklagte zu 1) die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für das Jahr 2006 neu fest, da der Kläger glaubhaft und nachvollziehbar angegeben habe, den Beitragsbescheid vom 22.08.2006 nicht erhalten zu haben, so dass von einer bisher nur vorläufigen Festsetzung der Beiträge auszugehen sei. Das aufgrund der Beitragsneufestsetzung errechnete Beitragsguthaben in Höhe von 2.379,76 EUR wurde dem Beitragskonto des Klägers gutgeschrieben. Eine Korrektur des Beitragsbescheids vom 03.08.2007 für den Zeitraum der freiwilligen Mitgliedschaft ab dem 05.05.2007 lehnte die Beklagte zu 1) hingegen ab. Sie führte hierzu aus, ab dem 05.05.2007 habe der Kläger erneut eine freiwillige Mitgliedschaft als hauptberuflich Selbstständiger abgeschlossen. Der monatliche Beitrag sei anhand der Angaben des Klägers zu seinen Einkünften festgesetzt worden. Der Beitragsbescheid könne rückwirkend nicht mehr korrigiert werden. Da für das Jahr 2007 bis zum Ende der freiwilligen Mitgliedschaft am 31.08.2009 kein Einkommensteuerbescheid von der Finanzverwaltung erstellt worden sei, könne die Beitragseinstufung bis einschließlich 31.08.2009 nicht reduziert werden. Für den verbliebenen Beitragssaldo in Höhe von 3.013,03 EUR bot sie dem Kläger erneut eine Ratenzahlungsvereinbarung an.
Der Kläger schloss am 14.01.2010 die Ratenzahlungsvereinbarung mit der Beklagten zu 1) unter Vorbehalt ab und zahlte die rückständigen Beiträge in der Folgezeit in Raten von 125 EUR vollständig nach.
Gegen die Ablehnung der Neuberechnung der Beiträge ab 05.05.2007 erhob der Kläger am 21.01.2010 Widerspruch. Er machte geltend, aufgrund eines offensichtlich missverständlichen Formulars habe er fälschlich 6.000 EUR monatliche Einkünfte angegeben, was dann zu der endgültigen Beitragsfestsetzung geführt habe. Seine Angabe könne nur einem Missverständnis entsprungen sein. Leider könne er sich nicht mehr erinnern, wie er das verstanden habe. Möglicherweise habe er die Zahlen auf ein Quartal bezogen, was realistischer gewesen wäre. Die Beklagte habe in rechtswidriger Weise ohne Hinterfragen nicht realistischer Zahlen einen finalen Bescheid erlassen. Für ihn sei nicht erkennbar gewesen, dass er zum 05.05.2007 eine neue Versicherung abgeschlossen habe. Er habe die gleiche Versicherungsnummer behalten und lediglich seinen Status von freiwillig über gesetzlich wieder zu freiwillig gewechselt. Deshalb müsse nach wie vor die Aussage von Herrn G. gelten, dass die Beitragszahlungen wie ein Konto funktionierten, in das lieber zu viel eingezahlt werden solle als zu wenig, um später aus dem Überhang Beiträge zu stemmen, wenn es mal nicht so laufe.
Der Kläger legte den Einkommensteuerbescheid vom 23.02.2010 für das Jahr 2007 vor, der Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 19.255 EUR sowie Einkünfte aus nicht selbstständiger Arbeit in Höhe von 12.730 EUR auswies.
Mit Widerspruchsbescheid vom 03.08.2010, der auch im Namen der Beklagten zu 2) erging, wies die Beklagte zu 1) den Widerspruch des Klägers zurück. Eine Änderung des Bescheides vom 03.08.2007 komme nicht in Betracht. Nach den Satzungsregelungen zur Beitragsbemessung seien die Beiträge des Klägers angesichts seiner hauptberuflichen Selbstständigkeit grundsätzlich von der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze zu erheben gewesen. Nur wenn bei der Anmeldung ein voraussichtliches Einkommen unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze angegeben worden wäre, wäre bis zur Vorlage des ersten Einkommensteuerbescheids ein vorläufiger Bescheid über die Beitragshöhe in Betracht gekommen. Da der Kläger seine monatlichen Einkünfte aber eindeutig mit 6.000 EUR - einem Betrag deutlich oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze - angegeben habe, habe kein Grund für eine vorläufige Beitragseinstufung bestanden. Für das vom Kläger nachträglich angenommene Missverständnis seien keine Anhaltspunkte zu erkennen. Der Anmeldevordruck habe unmissverständlich "Angaben zu den monatlichen Bruttogesamteinnahmen« erfragt. Diese habe der Kläger mit 6.000 EUR beziffert. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb diese Angabe zum damaligen Zeitpunkt erkennbar unrealistisch gewesen sein solle. Im übrigen habe der Kläger die auf der Basis der Beitragsbemessungsgrenze erhobenen Beiträge bis einschließlich Dezember 2008 auch kommentarlos gezahlt.
Am 25.08.2010 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Stuttgart. Er führte zur Begründung aus, die Beklagte sei auf den zentralen Vorwurf der offensichtlich sachlich nicht korrekten Beratung durch den Filialleiter der A. W.-V. nicht eingegangen. Der Widerspruchsbescheid beziehe sich nahezu ausschließlich auf Tatsachen, die aufgrund der falschen Beratung durch den Filialleiter entstanden seien. Er habe den Auskünften des Filialleiters ver¬traut. Vor dem Hintergrund der Angaben des Filialleiters sei der Bescheid rechtswidrig ohne Vorläufigkeit erlassen worden. Er habe aufgrund eines Missverständnisses - keinesfalls jedoch vorsätzlich - zu erwartende Einnahmen in Höhe von 6.000 EUR eingetragen. Dass es im Vorfeld der mutmaßlichen neuen Versicherung kein Beratungsgespräch gegeben habe, könne ihm nicht angelastet werden. Für ihn als juristischer Laie sei nicht ersichtlich gewesen, dass es sich um eine neue Versicherung gehandelt habe. Denn Krankenversichertenkarte und Versichertennummer seien dieselbe und der Status unverändert geblieben. Geändert habe sich lediglich die Art der Beitragszahlung. Deshalb gehe er von einer durchgehenden Versicherung seit dem Ende seines Studiums aus. Auf die weitreichenden Folgen der gesetzlichen Regelung sei er auch nicht hingewiesen worden.
Die Beklagte hat dem entgegnet, vor der im Juli 2007 beantragten freiwilligen Mitgliedschaft ab 05.05.2007 habe nach ihren Unterlagen kein Beratungsgespräch mit dem Kläger stattgefunden. Der Mitgliedschaftsantrag sei auf dem Postweg eingegangen und habe die eindeutige handschriftliche Angabe monatlicher Bruttoeinnahmen in Höhe von 6.000 EUR enthalten. Deshalb sei der bestandskräftige und endgültige Bescheid ergangen. Der Bezug auf ein angebliches Beratungsgespräch für die Mitgliedschaft ab Januar 2006 sei nicht zeit- und sachgerecht. Auch im Hinblick auf das vom Kläger beschriebene Kontenmodell sei nicht zu erkennen, dass es bei Gründung einer selbstständigen Existenz wirtschaftlich sinnvoll sei, höhere Beiträge als notwendig an die Krankenkasse zu leisten, um dann eine Rückzahlung zu erhalten.
Mit Urteil vom 23.04.2013 wies das Sozialgericht die Klage ab. Der Kläger habe keinen Anspruch auf eine rückwirkende Neuberechnung der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge anhand seines tatsächlich erzielten Einkommens. Einer Neufestsetzung der Beiträge stehe grundsätzlich die Bestandskraft des Beitragsbescheids vom 03.08.2007 und der nachfolgenden Anpassungsbescheide entgegen. Eine nachträgliche Abänderung der Beitragshöhe sei damit nur unter den Voraussetzungen der Vorschriften über die Rücknahme von Verwaltungsakten möglich, da mit den Beitragsbescheiden die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung jeweils abschließend festgesetzt worden seien. Als Rechtsgrundlage für die begehrte rückwirkende Beitragsreduzierung komme danach allein § 44 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) in Betracht. Nach dieser Vorschrift sei ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden sei, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergebe, dass bei Erlass des Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden sei, der sich als unrichtig erwiesen habe, und deshalb Beiträge zu Unrecht erhoben worden seien. Dies gelte nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruhe, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat (§ 44 Abs. 1 Satz 2 SGB X). Der Kläger könne eine rückwirkende Beitragseinstufung nach seinem tatsächlich erzielten Einkommen nicht verlangen. Die Voraussetzungen für eine nachträgliche Abänderung (teilweise Rücknahme) der bestandskräftigen Beitragsbescheide seien nicht erfüllt. Dahinstehen könne, ob eine Rücknahme der Bescheide bereits deshalb ausscheide, weil der Kläger im Antrag auf freiwillige Mitgliedschaft (möglicherweise) vorsätzlich unrichtige Angaben zu seinem beitragspflichtigen Einkommen gemacht habe. Denn eine nachträgliche Korrektur der Beitragsbescheide komme unabhängig davon nicht in Betracht, weil die Beklagte bei Erlass der Bescheide von einem zutreffenden Sachverhalt ausgegangen sei und das Recht richtig angewandt habe. Die vorgenommene Beitragsfestsetzung sei nicht zu beanstanden. Die Bescheide hätten den verfahrensrechtlichen Vorgaben entsprochen und seien von der Beklagten zu 1) als dem zuständigen Sozialversicherungsträger erlassen worden. § 46 Abs. 2 Satz 4 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) sehe vor, dass Kranken- und Pflegekassen die Höhe der Beiträge für solche Mitglieder, die ihre Beiträge selbst zu zahlen hätten, in einem gemeinsamen Beitragsbescheid festsetzen dürften. Aus dem Beitragsbescheid müsse nur hervorgehen, dass der Bescheid über den Beitrag zur Pflegeversicherung im Namen der Pflegekasse ergeht (§ 46 Abs. 2 Satz 5 SGB XI). Diesen Anforderungen genügten die Beitragsbescheide, weil sie jeweils ausdrücklich auch im Namen der Pflegekasse - der Beklagten zu 2) - erlassen worden seien. Eine gemeinsame Beitragsfestsetzung sei dabei zulässig gewesen, da der Kläger als freiwilliger Versicherter den Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag allein zu tragen (§ 250 Abs. 2 SGB V, § 59 Abs. 4 Satz 1 SGB XI) und deswegen auch selbst zu zahlen gehabt habe (§ 252 Abs. 1 Satz 1 SGB V, § 60 Abs. 1 Satz 1 SGB XI). Die Beitragsbescheide seien auch materiell rechtmäßig. Der Festsetzung der Beiträge für den streitbefangenen Zeitraum sei zu Recht die Beitragsbemessungsgrenze zu Grunde gelegt worden. Die Bemessung der Beiträge freiwilliger Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung richte sich nach § 240 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (- SGB V -), hinsichtlich der Pflegeversicherungsbeiträge in Verbindung mit § 57 Abs. 4 Satz 1 SGB XI. Bis zum 31.12.2008 sei danach die Beitragsbemessung durch die Satzung der Krankenkasse zu regeln gewesen (§ 240 Abs. 1 Satz 1 SGB V a.F.). Seit dem 01.01.2009 habe diese Aufgabe einheitlich dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen oblegen (§ 240 Abs. 1 Satz 1 SGV i.d.F. des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes vom 26.03.2007, BGBl I S. 378). Am Maßstab für die Beitragsbemessung habe sich hierdurch nichts geändert. Nach wie vor bestimme § 240 Abs. 1 Satz 2 SGB V, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtigen müsse. Dabei seien mindestens die Einnahmen des freiwilligen Mitglieds heranzuziehen, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtigen Beschäftigten der Beitragsbemessung zu Grunde zu legen wären (§ 240 Abs. 2 Satz 1 SGB V). Für freiwillige Mitglieder, die hauptberuflich selbstständig erwerbstätig seien, enthalte § 240 Abs. 4 SGB V Sonderregelungen zum beitragspflichtigen Einkommen. Danach würden für solche Versicherten als beitragspflichtige Einnahmen für den Kalendertag der dreißigste Teil der monatlichen Bei¬tragsbemessungsgrenze, bei Nachweis niedrigerer Einnahmen jedoch mindestens der vierzigste Teil der monatlichen Bezugsgröße gelten (§ 240 Abs. 4 Satz 2 SGB V). Die Beiträge freiwillig versicherter Selbstständiger seien danach grundsätzlich nicht nach dem tatsächlichen Einkommen, sondern anhand eines fiktives Einkommens zu bemessen. Bis zum Nachweis geringerer Einnahmen werde nämlich gesetzlich im Sinne einer Fiktion ("gilt") unterstellt, dass der hauptberuflich selbstständig Erwerbstätige monatliche Einkünfte zumindest in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze erziele (Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen vom 16.01.2007 - L 11 KR 43/05 - zit. nach Juris, Rz. 21). Entkräfte der Selbstständige diese Fiktion durch Vorlage eines entsprechenden Nachweises (insb. Einkommensteuerbescheids), werde die Änderung der Beitragsbemessung erst mit Wirkung ab dem folgenden Monat und damit nur für die Zukunft wirksam (§ 240 Abs. 4 Satz 3 SGB V a.F. bzw. § 240 Abs. 4 Satz 6 SGB V). Für die Vergangenheit seien Beitragskorrekturen hingegen grundsätzlich nicht vorzunehmen. Dies beruhe auf der Überlegung, dass die Krankenkassen ihre Beitragseinnahmen andernfalls nicht zuverlässig kalkulieren könnten (vgl. BT-Drs. 12/3937 S. 17; LSG Baden-Württemberg vom 23.02.2011 - L 5 KR 5324/09 - zit. nach www.Sozialgerichtsbarkeit.de, Umdr. S. 10). Eine rückwirkende Überprüfung von Beitragsfest¬setzungen anhand erst später vorgelegter Nachweise dürfe aus diesem Grund allenfalls dann er¬folgen, wenn die Krankenkasse vor Erlass der Beitragsbescheide ihrer Amtsermittlungspflicht (§ 20 Abs. 1 S. 1 SGB X) nicht nachgekommen sei und den Versicherten nicht nach seinen Ein¬nahmen zum Lebensunterhalt und den dazu vorliegenden Unterlagen gefragt habe (Bundessozialgericht vom 25.04.1991 - 12 RK 40/90 - zitiert nach Juris, Rz. 15). Gemessen hieran habe die Beklagte die während der streitigen Zeit vom 05.05.2007 bis 31.08.2009 geschuldeten Beiträge des Klägers rechtsfehlerfrei auf der Grundlage der Beitragsbe-messungsgrenze festgesetzt. Denn der Kläger habe niedrigere Einnahmen zunächst weder geltend gemacht noch nachgewiesen. Vielmehr habe er in dem Antrag auf freiwillige Mitgliedschaft vom 28.07.2007 monatliche Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit in Höhe von 6000,- EUR angegeben und die Richtigkeit dieser Angaben mit seiner Unterschrift bestätigt. Nachdem die mitgeteilten beitragspflichtigen Einnahmen damit erheblich über der Beitragsbemessungsgrenze gelegen haben (2007: 3.562,50 EUR/Monat; 2008: 3.600 EUR/Monat), seien die Beiträge entsprechend des gesetzlichen Regelfalls auf der Grundlage der Beitragsbemessungsgrenze zu erheben gewesen. Eines Einkommensnachweises habe es hierfür nicht bedurft. Denn dieser sei nach den gesetzlichen Bestimmungen nur erforderlich, wenn Einnahmen unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze für die Beitragsbemessung herangezogen werden sollten. Die im Jahr 2009 nachträglich vorgelegten Einkommensnachweise hätten demgegenüber Wir-kung nur für die Zukunft entfaltet. Ein Ausnahmefall, in dem die Beitragsfestsetzung anhand der später vorgelegten Unterlagen ausnahmsweise auch rückwirkend zu überprüfen sei, habe nicht vorgelegen. Denn die Beklagte habe den Kläger zu Beginn der freiwilligen Versicherung mit dem Antragsformular nach seinen monatlichen Bruttogesamteinnahmen befragt und um Vorlage entsprechender Unterlagen gebeten. Damit sei sie ihrer Verpflichtung, die maßgeblichen Umstände der Beitragsbemessung vor Erlass der Beitragsbescheide zu ermitteln, nachgekommen. Auf die Angaben des Klägers habe sie sich verlassen dürfen. Im Übrigen seien Fehler in der Berechnung der Beiträge weder ersichtlich noch geltend gemacht. Auch die abschließende - und nicht nur vorläufige - Beitragsfestsetzung für den streitbefangenen Zeitraum sei nicht zu beanstanden. Eine vorläufige Beitragsfestsetzung sei nur aus¬nahmsweise statthaft, wenn die selbstständige Tätigkeit neu aufgenommen werde und Nachweise für eine Prognose der zukünftigen Einnahmen noch nicht vorgelegt werden könnten. Der Kläger habe aber die selbstständige Tätigkeit im Streitzeitraum nicht begonnen, sondern diese vielmehr bereits seit dem Jahr 2005 ausgeübt und lediglich während des Beschäftigungsverhältnisses von Oktober 2006 bis Mai 2007 ruhend gestellt. Zudem sei seinen Angaben keine unsichere Einkommensprognose zu entnehmen gewesen. Der Kläger habe die prognostizierten monatlichen Einnahmen aus seiner selbstständigen Tätigkeit von 6.000 EUR im Antragsformular weder unter Vorbehalt gestellt noch sonst als unsicher gekennzeichnet. Soweit sich der Kläger darauf berufe, Anfang 2006, also erhebliche Zeit vor Beginn der streitgegenständlichen freiwilligen Versicherung, von einem Mitarbeiter der Beklagten die Auskunft erhalten zu haben, dass die Beitragserhebung wie ein Konto funktioniere, sei dies schon deshalb unerheblich, weil die Beitragsbescheide eine entsprechende Zusage oder Regelung nicht enthalten hätten. Auch lasse sich aus der (unterstellten) Auskunft keine Verpflichtung der Beklagten ableiten, nur eine vorläufige Beitragsfestsetzung vorzunehmen. Denn die von einer Behörde erteilte Zusage, einen bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen oder zu unterlassen, bedürfe zu ihrer Wirksamkeit der schriftlichen Form (§ 34 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - SGB X -). Etwas anderes folge auch nicht aus dem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch. Dabei könne dahinstehen, ob der Vortrag des Klägers zutreffe, er sei von Mitarbeitern der Beklagten über die Beitragserhebung unrichtig beraten worden. Denn selbst bei einem (unterstelltem) Fehlverhalten der Beklagten ließen sich die Beitragsfestsetzungen nicht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs abändern. Dieses richterrechtlich entwickelte Rechtsinstitut diene nämlich dazu, Fehler im Verwaltungsablauf mit den der Verwaltung möglichen Mitteln auszugleichen. Tat¬sächliche Umstände, die allein der Gestaltung durch den Betroffenen unterliegen würden, könnten dage¬gen nicht Gegenstand der begehrten Herstellung sein (BSG vom 31.01.2006 - B IIa AL 15/05 R-zit. nach Juris Rz. 19). Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch scheide danach schon deshalb aus, weil die Beklagte nicht in der Lage sei, durch ein zulässiges Verwaltungshandeln die Einkommensangaben des Klägers im Antragsformular durch andere Angaben oder den Nachweis niedrigerer Einnahmen zu ersetzen. Ohne den Nachweis oder zumindest die Geltendmachung niedrigerer Einkünfte seien die Beiträge jedoch - wie geschehen - auf der Grundlage der Beitragsbemessungsgrenze festzusetzen gewesen. Die vom Kläger begehrte Beitragsbemessung aus einem niedrigeren Einkommen hätte gegen die gesetzlichen Beitragsbestimmungen verstoßen. Zu solchen Ergebnissen, die mit Rechtslage nicht übereinstimmten, dürfe die Anwendung des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs nicht führen. Denn der Anspruch sei auf die Herstellung eines dem Gesetz und seinen Zielen entsprechenden Zustandes gerichtet (Bundessozialgericht vom 28.09.2010 - B 1 KR 31/09 R - zit. nach Juris, Rz. 25; Bundessozialgericht vom 08.03.1990 - 3 RK 9/89 - zit. nach Juris, Rz. 13).
Der Kläger hat gegen das ihm am 25.07.2013 zugestellte Urteil am 21.08.2013 Berufung eingelegt. Er macht sinngemäß eine Verletzung des rechtlichen Gehörs geltend, da er bei der Verhandlung vor dem Sozialgericht krankheitsbedingt nicht habe anwesend sein können. Das Sozialgericht habe es versäumt, den Filialleiter G. als Zeugen zu vernehmen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 23.04.2013 und den Bescheid der Beklagten zu 1) vom 07.01.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.08.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Beitragsbescheid vom 03.08.2007 sowie die nachfolgenden Anpassungsbescheide abzuändern und die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für die Zeit vom 05.05.2007 bis 31.08.2009 auf der Grundlage seiner durch den Einkommensteuerbescheid 2007 nachgewiesenen Einkünfte festzusetzen,
hilfsweise, den Zeugen G. zu der Beratung im April 2006 zu befragen.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie halten das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend.
Am 17.12.2014 hat die Berichterstatterin einen Erörterungstermin mit den Beteiligten durchgeführt. Die Beklagte hat darin bestätigt, dass alle rückständigen Beiträge gezahlt worden seien. Der Kläger hat nochmals dargelegt, dass er aufgrund der Fehlinformation durch Herrn G. davon ausgegangen sei, dass er eine Art Guthaben auf seinem Beitragskonto durch Einzahlung höherer Beiträge in wirtschaftlich guten Zeiten habe schaffen können. Erst im Februar 2009 sei ihm klar geworden, dass er falsch informiert gewesen sei. Es sei für ihn nicht einsehbar, warum für die Versicherungszeit im Jahr 2006 eine Rückerstattung möglich gewesen sei, für die Zeit ab dem 05.05.2007 hingegen nicht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die zur Sache gehörenden Verwaltungsakten der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch sonst zulässig. Sie ist aber nicht begründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Abänderung des bestandskräftigen Beitragsbescheides vom 03.08.2007 und rückwirkende Neufestsetzung der Beiträge zur Krankenversicherung und zur Pflegeversicherung für den streitgegenständlichen Zeitraum aufgrund seines tatsächlich erzielten Einkommens. Das Sozialgericht hat in dem angegriffenen Urteil zutreffend und unter umfassender Darlegung der für die Entscheidung maßgeblichen Rechtsnormen ausgeführt, aus welchen Gründen eine Neufestsetzung der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge für die zurückliegende Zeit vom 05.05.2007 bis zum 31.08.2009 nicht in Betracht kommt. Der Senat schließt sich den Ausführungen des Sozialgerichts an und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen in den Entscheidungsgründen des sozialgerichtlichen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).
Im Hinblick auf das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren ist ergänzend noch Folgendes auszuführen:
Der Kläger kann mit seiner Argumentation, er sei durch falsche Information eines Mitarbeiters der Beklagten zu der fehlerhaften Annahme gelangt, auf seinem Beitragskonto durch höhere Beiträge ein Guthaben für wirtschaftlich schlechtere Zeiten schaffen zu können, und habe deshalb im Antrag vom 28.07.2007 ein Einkommen von 6.000 EUR angegeben, auch im Berufungsverfahren nicht durchdringen. Dieser Vortrag kann auch im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruch nicht zu einer Verpflichtung der Beklagten auf rückwirkende Änderung der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge für den streitgegenständlichen Zeitraum auf der Grundlage niedrigerer Einkünfte führen. Tatbestandlich setzt der sozialrechtliche Herstellungsanspruch voraus, dass der Sozialleistungsträger auf Grund Gesetzes oder bestehenden Sozialrechtsverhältnisses eine dem Betroffenen gegenüber obliegende Pflicht, insbesondere zur Auskunft und Beratung (§§ 14, 15 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch), verletzt und dadurch dem Betroffenen einen rechtlichen Nachteil zufügt. Auf seiner Rechtsfolgenseite ist der Herstellungsanspruch auf Vornahme einer Amtshandlung zur Herbeiführung derjenigen Rechtsfolge gerichtet, die eingetreten wäre, wenn der Versicherungsträger die ihm gegenüber dem Versicherten obliegenden Pflichten rechtmäßig erfüllt hätte (BSG, Urteil vom 11.03.2004 - B 13 RJ 16/03 R m.w.N. zur Rechtsprechung des BSG, Juris RdNr. 24).
Selbst wenn der Kläger aufgrund einer fehlerhaften Auskunft des Filialleiters im Vorfeld der Begründung der freiwilligen Versicherung im April 2006 zu der rechtsirrigen Annahme gelangt war, auf dem Beitragskonto Guthaben anlegen zu können, die zu einem späteren Zeitpunkt aufgezehrt werden könnten, so hat er dennoch die Angabe von 6.000 EUR im Antrag vom 28.07.2007 selbst zu vertreten. Diese ist nicht ohne sein Verschulden erfolgt, so dass er sich nicht auf einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch berufen kann. Der Kläger hat in seiner Widerspruchsbegründung selbst ausgeführt, diese Angabe müsse auf einem Missverständnis beruht haben, das er sich selbst nicht mehr erklären könne. Möglicherweise habe er die Zahl auf ein Quartal bezogen. Diese Einlassung spricht dafür, dass die Angabe des Einkommensbetrages von 6.000 EUR nicht mehr auf der - behaupteten - Fehlinformation des Filialleiters G. beruhte, sondern der Kläger räumt hier ein eigenes Missverständnis ein. Eine erneute Beratung hatte vor der Begründung der erneuten freiwilligen Versicherung nicht mehr stattgefunden. Die Beratung durch den Filialleiter G. hatte im Frühjahr 2006 zu der Angabe monatlicher Bruttoeinnahmen in Höhe von 3.000 EUR geführt. Die Angabe von Einnahmen in Höhe von 6.000 EUR im Antrag vom 28.07.2007 stand weder in zeitlichem Zusammenhang mit der früheren Beratung noch beruhte sie kausal auf dieser. Dem Kläger war durch die wiederholten Aufforderungen der Beklagten im Jahr 2006 zur Vorlage eines Einkommensteuerbescheides und die darin enthaltenen Hinweise auf eine Beitragsfestsetzung aufgrund der Beitragsbemessungsgrenze bei Nichtvorlage des Einkommensteuerbescheides bekannt, dass im Rahmen einer freiwilligen Versicherung ohne Einkommensnachweis eine Festsetzung aufgrund der Beitragsbemessungsgrenze erfolgen würde. Wenn er bei der erneuten Begründung der freiwilligen Versicherung erheblich über seinen tatsächlichen Erwartungen liegende Einkünfte angibt, so hat er die daraus resultierenden Folgen zu tragen. Der Antragsvordruck war entgegen der Auffassung des Klägers nicht missverständlich, sondern es war ausdrücklich nach den monatlichen Bruttogesamteinnahmen gefragt und die Vorlage von Unterlagen hierzu verlangt worden. Der Kläger hat die Höhe der Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von 6.000 EUR aufgrund eigenen Entschlusses vorgenommen und muss sich deshalb an dieser Angabe, die er selbst zu vertreten hat, festhalten lassen (vgl. insoweit auch BSG, Urteil vom 11.03.2004, a.a.O.).
Einer Vernehmung des Filialleiters G. als Zeugen bedurfte es daher nicht. Dem in der mündlichen Verhandlung des Senats gestellten Hilfsantrag war nicht zu entsprechen.
Soweit der Kläger beanstandet, die Beklagte habe die erkennbar unrealistischen Einkommensangaben der Beitragsfestsetzung zugrunde gelegt, ohne hierzu nochmals nachzufragen, kann er auch damit nicht durchdringen. Die Beklagte war nicht verlasst, die vom Kläger in eigener Verantwortung getätigten Angaben auf ihre Plausibilität hin zu überprüfen, wofür sie im Übrigen ohnehin keinerlei Anhaltspunkte gehabt hätte.
Die Berufung des Klägers konnte deshalb keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
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