L 8 U 3217/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 3 U 156/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 3217/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 02.07.2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger ein Anspruch auf die Gewährung einer höheren Verletztenrente aufgrund des Arbeitsunfalles vom 03.11.2010 (MdE mindestens 40 statt 25) gegen den Beklagten zusteht.

Der 1956 geborene Kläger ist bei der Firma ML Bauunternehmung M. L. , S., als Bauarbeiter beschäftigt.

Am 03.11.2010 gegen 15.30 Uhr stürzte er auf einer Baustelle bei Montagearbeiten an einem Schild von einer Leiter ab (ca. 1 m Höhe) und verletzte sich hierbei am linken Oberarm an einem Zaun (zur Unfallanzeige vom 10.11.2010 vgl. Blatt 9 der Beklagtenakte). Dabei spießte er sich mit einem stumpfen Dorn des Zaunes in den linken Arm, wobei er sich eine ca. 1,5 cm große Weichteilwunde am medialen Oberarm links zuzog (zum Durchgangsarztbericht vom 03.11.3010 vgl. Blatt 1/2 der Beklagtenakte). Die Wunde wurde im Klinikum L. am 03.11.2010 operativ versorgt (Operationsbericht vom 03.11.2010, Blatt 21 der Beklagtenakte). In dem neurologischen Befundbericht vom 08.11.2010 diagnostizierte Prof. Dr. Scha. , Ärztlicher Direktor der Klinik für Neurologie am Klinikum L. , eine traumatische Teildurchtrennung des Nervus musculocutaneus links nach Pfählungsverletzung mit Sensibilitätsstörungen im Versorgungsbereich des Nervus cutaneus antebrachii lateralis und Abschwächung der Bizeps- und Brachioradialisreflexe sowie fragliche Parese der Oberarmbeuger sowie eine Sensibilitätsstörung des linken Armes ab der Schulter mit elektrisierenden Schmerzen, z.B. bei Nervenreizung im Rahmen der ödematösen Schwellung des Gewebes, jedoch keinen Anhalt für die Durchtrennung weiterer Nerven (neurologischer Befundbericht, Blatt 12/13 der Beklagtenakte).

Die Beklagte führte zugunsten des Klägers Rehabilitationsmaßnahmen vom 28.02.2012 bis 30.03.2012 (zum Rehabericht vgl. Blatt 199/207 und 243/251 der Beklagtenakte) durch mit anschließender Belastungserprobung beim Beschäftigungsbetrieb bis 31.05.2012. Aus einem Bericht des Berufshelfers vom 04.06.2012 (Blatt 252 der Beklagtenakte) ergibt sich, dass der Kläger wieder 4 Stunden täglich arbeite, wobei am Ende Schmerzen aufträten. Verletztengeld wurde bis 31.05.2012 bezahlt.

Im Auftrag der Beklagten erstattete Dr. Bl. , Oberarzt der Neurologischen Klinik am Klinikum L. , am 13.08.2012 ein Gutachten über den Kläger (Blatt 286/295 der Beklagtenakte), in dem er eine Plegie der Armbeuge links nach Perforationsverletzung linker medialer Oberarm mit Teilabriss des Nervus musculocutaneus vom 03.11.2010 bei Revision und Neurolyse am 21.10.2011, Neurolyse und Darstellung des Nervus musculocutaneus links sowie Transplantation derselben mit drei Suralistransplantaten links mit distaler direkter Neurotisation des Musculus biceps brachii vom 30.06.2011 darstellte. Die klinische Untersuchung habe einen fehlenden Bizepssehnenreflex links, eine Atrophie des Musculus bizeps links, eine Plegie des Musculus bizeps links sowie eine schmerzhaft einschränkte Streckung des Oberarmes links sowie Sensibilitätsstörungen am radialen Unterarm und Handgelenk sowie am Oberarm über dem Musculus bizeps sowie nach Suralisentnahme an der lateralen linken Fußkante. Außerdem habe sich ein Hinweis auf eine axonale Schädigung des Musculus bizeps links ergeben. Die MdE betrage geschätzt 25 %.

Darüber hinaus hat Prof. Dr. A. , Ärztlicher Direktor der Klinik für Unfall-, Wiederherstellungschirurgie und Orthopädie am Klinikum L. , im Auftrag der Beklagten ein Gutachten erstellt. In seinem Gutachten vom 28.08.2012 (Blatt 299/310 der Beklagtenakte) hat er eine funktionelle erhebliche Einschränkung der Einsatzfähigkeit des linken Armes bei leichter Schwäche der Vorwärtsdrehung der Schulter, eine Beugeschwäche des Ellbogens, eine Supinationsschwäche des Unterarms, eine Minderung der Oberflächensensibilität radial beugeseitig am linken Unterarm, eine Minderung der Oberflächensensibilität an der fibularen Fußkante links sowie glaubhafte Schmerzen mit Belastungsinsuffizienz der linken Schulter und des linken Ellenbogens als Unfallfolgen dargestellt. Die MdE schätzte er auf 25 v.H.

Nach Einholung einer beratungsärztlichen Stellungnahme bei Dr. Kn. (dazu vgl. Blatt 311 der Beklagtenakte) gewährte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 25.10.2012 (Blatt 314/321 der Beklagtenakte) aufgrund des Arbeitsunfalles vom 03.11.2010 ab 01.06.2012 eine Rente als vorläufige Entschädigung nach einer MdE um 25 v.H. bis auf weiteres.

Den Widerspruch des Klägers vom 22.11.2012 (Blatt 331/332 der Beklagtenakte), den dieser damit begründet hatte, seiner Berufstätigkeit nicht mehr nachgehen zu können, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14.12.2012 (Blatt 334/337 der Beklagtenakte) zurück.

Der Kläger hat am 10.01.2013 beim Sozialgericht (SG) Heilbronn Klage erhoben. Er leide weiterhin unter erheblichen Einschränkungen. Die MdE sei mit 40 anzusetzen.

Im Auftrag der Beklagten hat Dr. Bl. , Oberarzt der Neurologischen Klinik am Klinikum L. , zur Entscheidung über eine Rente auf unbestimmte Zeit den Kläger begutachtet. In seinem Gutachten vom 21.06.20013 (Blatt 22/29 der SG-Akte) hat dieser die MdE auf 25 v.H. geschätzt.

Des Weiteren hat Prof. Dr. Ha. , Chefarzt der Orthopädischen Klinik M. , im Auftrag der Beklagten den Kläger begutachtet. In seinem Gutachten vom 03.07.2013 (Blatt 32/39 der SG-Akte) hat dieser als Unfallfolgen eine funktionelle Einschränkung des linken Armes mit erheblicher Beugeschwäche des Ellenbogengelenks und Supinationsschwäche des Unterarmes bei komplettem Ausfall des Musculus biceps femoris, ein Ausfall der Oberflächensensibilität im Versorgungsbereich des Nervus cutaneus antebrachii lateralis am radialseitigen Unterarm, eine funktionelle Einschränkung des linken Schultergelenks mit glaubhafter Schmerzhaftigkeit bei Belastung sowie eine reduzierte Oberflächensensibilität an der fibularen Fußkante links dargestellt. Die MdE betrage 25 v.H.

Hiergegen hat der Kläger (Blatt 47/48 der SG-Akte) vortragen lassen, es sei nicht nachvollziehbar, wie man zu einer MdE von 25 gelange. Ferner hätten sich Depressionen eingestellt.

In einer ergänzenden Stellungnahme vom 15.01.2014 (Blatt 50/51 der SG-Akte) hat Prof. Dr. Ha. ausgeführt, er habe die Gesamt-MdE unter Berücksichtigung des neurologischen Fachgutachtens und seines handchirurgischen Fachgutachtens auf 25 v.H. eingeschätzt.

Mit Bescheid vom 08.10.2013 hat die Beklagte dem Kläger eine Rente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE um 25 v.H bewilligt (Blatt 44/45 der SG-Akte).

Der Kläger hat nunmehr (Blatt 54/55 der SG-Akte) u.a. vortragen lassen, bei der MdE-Bewertung handele es sich um Erfahrungswerte, die als Durchschnittswerte unter- aber auch überschritten werden könnten. Auch liege eine besondere berufliche Betroffenheit vor.

Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 02.07.2014 abgewiesen. Die Beklagte sei nicht verpflichtet, dem Kläger die vom 01.06.2012 bis 31.10.2013 als vorläufige Entschädigung und ab 01.11.2013 auf unbestimmte Zeit jeweils nach einer MdE um 25 v.H. gewährte Verletztenrente nach einer MdE um 40 v.H. zu gewähren. Auch die Kammer sei zu der Auffassung gelangt, dass die beim Kläger bestehenden Unfallfolgen mit einer MdE um 25 v.H. ausreichend bemessen seien. Hinsichtlich der Gesamt-MdE habe Prof. Dr. Ha. überzeugend ausgeführt, dass eine komplette Läsion des Nervus musculocutaneus eine MdE um 25 v.H. zur Folge habe. Nachdem beim Kläger lediglich eine partielle Lähmung des Nervus musculocutaneus vorliege sei die vorliegende Gesamt-MdE großzügig bemessen. Dabei seien die Schulterbeschwerden links berücksichtigt. Der Kläger könne sich auch nicht darauf berufen, seine Tätigkeit als Maurer und Pflasterer nicht mehr uneingeschränkt ausüben zu können. Die Schadensbemessung als Bewertung der MdE sei an abstrakte Grundsätze gebunden. So komme es für die Höhe der Verletztenrente gerade nicht darauf an, ob der letzte Beruf vor dem Unfall noch ausgeübt werden könne. Eine Ausnahme sei nur in den Fällen eines besonderen beruflichen Betroffenseins anerkannt, die beim Kläger aber nicht vorliege, weil er einen Großteil der Tätigkeit des Maurers noch immer verrichten könne.

Gegen den seinem Bevollmächtigten am 04.07.2014 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 24.07.2014 beim SG (Eingang beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg am 31.07.2014) Berufung eingelegt. Beim Arbeitsunfall habe er sich eine Durchspießungsverletzung im Bereich des linken Oberarmes zugezogen in deren Folge ein Teilabriss des Nervus musculocutaneus diagnostiziert worden sei. Die operativen Eingriffe seien erfolglos geblieben, er leide noch an einer Lähmung im Bereich des Oberarms. Dies könne auch ein Laie deutlich ersehen, da die Bemuskelung in den Oberarmen links und rechts deutliche Unterschiede aufweise. Er verfüge nur über eine eingeschränkte Muskelkraft im linken Arm. Wolle er größere Lasten anheben, komme es zu Schmerzen und zu einem Stromgefühl im Unterarm. Es sei ein Endzustand erreicht, eine Verbesserung erfolge nicht mehr. Auch klage er über eine schmerzhaft eingeschränkte Streckung des linken Oberarmes, außerdem erhebliche Sensibilitätsstörungen am radialen Unterarm und Handgelenk. Während der Neurologe Prof. Dr. Scha. die MdE auf 25 geschätzt habe, habe er den Wunsch, "dass die MdE auf 40 herabgesetzt" werde. Er sei wegen der Folgen des Arbeitsunfalls daran gehindert, seinem ursprünglichen Beruf nachzugehen. Er sei beruflich dadurch besonders betroffen. Er könne heute nur noch 4 Stunden pro Tag bei seinem Arbeitgeber leichte Arbeiten durchführen. Dort, einer Firma mit sechs Mitarbeitern, gebe es aber für ihn keinen Arbeitsplatz, den er vollschichtig ausfüllen könne. Er sei auch psychisch von dem Arbeitsunfall betroffen. Er habe immer gerne gearbeitet und sei sein Leben lang besonders fleißig gewesen. Er fühle sich nutzlos und müsse nicht nur die Schmerzen und die Einschränkungen beklagen, sondern auch einen erheblichen finanziellen Nachteil. Er fühle sich dadurch posttraumatisch massiv belastet.

Der Kläger beantragt sinngemäß, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 02.07.2014 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 25.10.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.12.2012 sowie des Bescheids vom 08.10.2013 zu verurteilen, ihm wegen des Arbeitsunfalls vom 03.11.2010 für die Zeit vom 01.06.2012 bis zum 31.10.2013 eine Rente als vorläufige Entschädigung und ab 01.11.2013 die Rente auf unbestimmte Zeit, jeweils nach einer MdE von 40%, zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte ist der Berufung entgegengetreten und hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Beim Kläger bestehe keine besondere berufliche Betroffenheit. Der Kläger könne ausweislich des Abschlussberichtes der berufsspezifischen Rehabilitation vom 31.05.2012 einen Großteil der Tätigkeiten eines Maurers nach wie vor ausüben. Darüber hinaus seien die Gutachter Dr. Bl. , Prof. Dr. A. und Prof. Dr. Ha. zu der Auffassung gelangt, die verbliebenen Unfallfolgen seien mit 25 v.H. angemessen bewertet. Zu Recht habe Prof. Dr. Ha. darauf hingewiesen, dass eine komplette Läsion des Nervus musculocutaneus eine MdE nach 25 v.H. bedinge, beim Kläger jedoch lediglich eine Teillähmung dieses Nervs vorliege. Nur wegen der Berücksichtigung der geltend gemachten Beschwerden werde vorliegend eine MdE von 25 v.H. angenommen.

Der Senat hat mit Schreiben vom 23.12.2014 darauf hingewiesen, dass weitere Ermittlungen von Amts wegen nicht beabsichtigt seien (Blatt 23 der Senatsakte). Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Blatt 24, 27 der Senatsakte).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte sowie die beigezogenen Akten des SG und des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG den Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt hatten und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich erscheint.

Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu recht angewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente auf Grundlage einer höheren MdE als 25.

Streitgegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist der Bescheid der Beklagten vom 25.10.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.12.2012 sowie der Bescheid vom 08.10.2013, der die zuvor als vorläufige Entschädigung gewährte Rente durch eine Rente auf unbestimmte Zeit ersetzt und damit den Bescheid vom 25.10.2012 geändert hat, weshalb er gemäß § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden ist. Dem Kläger steht die zunächst als vorläufige Entschädigung bzw. als Rente auf unbestimmte Zeit gewährte Sozialleistung auf Grundlage einer MdE von 25 v.H. zu.

Das SG hat zutreffend und vollständig die rechtlichen und tatsächlichen Grundlagen dieser Rentengewährung nach § 56 SGB VII dargestellt. Der Senat konnte sich auch auf Grundlage seiner eigenen Prüfung vom Vorliegen eines Arbeitsunfalles i.S.d. § 8 Abs. 1 SGB VII, dem Eintritt eines Gesundheitsschadens sowie dem Vorliegen der haftungsbegründenden und haftungsausfüllenden Kausalität überzeugen. Auch konnte sich der Senat davon überzeugen, dass die Erwerbsfähigkeit des Klägers infolge des Arbeitsunfalles vom 03.11.2010 über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 vom Hundert gemindert war, weshalb er gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Anspruch auf eine Rente hat.

Gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII richtet sich die MdE nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens. Damit kommt es – anders als der Kläger meint – nicht darauf an, ob er seinen Beruf nicht mehr ausüben kann (Scholz in: jurisPK-SGB VII, 2. Aufl. 2014, § 56 SGB VII, Rn. 18). Vielmehr wird die MdE gemäß dem Prinzip der abstrakten Schadensbemessung nach denjenigen Minderungen/Einschränkungen bemessen, denen der Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in Folge der Gesundheitsschäden als festgestellten Unfallfolgen ausgesetzt ist. Der Verlust oder die Einschränkung der Nutzungsmöglichkeit besonderer beruflicher Kenntnisse und Fähigkeiten des Versicherten sind damit – außerhalb der Sonderregelung des Absatzes 2 Satz 3 – grundsätzlich nicht zu berücksichtigen (Scholz in: jurisPK-SGB VII, 2. Aufl. 2014, § 56 SGB VII, Rn. 18). Daher konnte der Senat auch nicht wegen einer individuellen Betroffenheit des Klägers, wie dieser hat vortragen lassen, von den Erfahrungswerten der MdE-Bewertung abweichen. Vielmehr sind Ausgangspunkt für die Feststellung der MdE die unfallbedingten Funktionseinschränkungen.

Die Bemessung der MdE ist auf dieser Basis vom Gericht als Tatsachenfeststellung gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung zu treffen. Dies gilt für die Feststellung der Beeinträchtigung des Leistungsvermögens des Versicherten ebenso wie für die auf der Grundlage medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher oder seelischer Beeinträchtigungen zu treffende Feststellung der ihm verbliebenen Erwerbsmöglichkeiten (BSG SozR 4-2700 § 56 Nr. 2; BSG SozR 3-2200 § 581 Nr. 8, S 36 m.w.N.). Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher oder seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE geschätzt werden (BSG SozR 3-2200 § 581 Nr. 8). Es handelt sich - anders als der Kläger hat vortragen lassen - daher auch nicht um Durchschnittswerte. Die zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind deshalb bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der tägliche Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel (BSG 22.06.2004 - B 2 U 14/03 R - SozR 4-2700 § 56 Nr. 1 = juris; Senatsurteil 25.10.2013 – L 8 U 2828/12 – RdNr. 25 = juris RdNr. 25).

Auch wenn die MdE-Erfahrungswerte nicht schematisch anzuwenden sind, sondern unter Beachtung der Besonderheiten des Einzelfalls, lässt sich vorliegend kein Anhaltspunkt erkennen, weshalb der Senat von diesen Erfahrungssätzen abweichen soll. Abweichungen von den zulässigerweise pauschalisierten Bewertungskriterien sind rechtlich nämlich nur dann geboten, wenn die zu bewertende funktionelle Beeinträchtigung des verletzten Organs von dem in der versicherungsrechtlichen und unfallmedizinischen Literatur vorgegebenen, einschlägigen Bewertungsansatz nicht oder nicht vollständig erfasst wird (Senatsurteil 25.10.2013 – L 8 U 2828/12 – RdNr. 31 = juris RdNr. 31). Derartiges liegt aber beim Kläger nicht vor.

Vielmehr ist zu berücksichtigen, dass der Kläger gerade auch nicht das Vollbild der in den MdE-Erfahrungssätzen vorausgesetzten Funktionsbehinderung aufweist. Denn, worauf bereits die Gutachter als auch das SG hingewiesen haben, erst die vollständige Lähmung bzw. der vollständige Ausfall des Nervus musculocutaneus wird mit einer MdE von 25 v.H. bewertet (Schönberger/Mertins/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage, Seite 229); Mehrhoff/Ekkernkamp/Wich (in: Unfallbegutachtung, 13. Aufl., S. 172) nehmen bei einem vollständigen Ausfall des Nervus musculocutaneus dagegen lediglich eine MdE von 20 an. Teillähmungen (Paresen) sind geringer zu bewerten (Schönberger et al. a.a.O; ebenso Mehrhoff et. al. a.a.O.). Beim Kläger liegt jedoch nur eine solche Teillähmung vor. Insgesamt lässt sich vorliegend die MdE-Bemessung der Beklagten mit 25 v.H. lediglich im Hinblick auf die weiteren Beeinträchtigungen rechtfertigen.

Insoweit konnte sich der Senat gerade im Hinblick auf die Ausführungen der Gutachter und nach eigener Prüfung nicht davon überzeugen, dass der Kläger weitergehenden Einschränkungen ausgesetzt wäre und die MdE daher mit mehr als 25 v.H. anzunehmen ist. Der Senat weist daher die Berufung aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG). Lediglich ergänzend sei im Hinblick auf die Ausführungen zur Begründung der Berufung auf folgendes hingewiesen:

Soweit der Kläger geltend macht, weitere Unfallfolge sei eine Depression bzw. eine posttraumatische Belastungsstörung, so hat er diese Behauptung ohne nähere Angaben zur Darlegung ins Blaue hinein getätigt. Daher war der Senat auch nicht veranlasst, in eine weitere Sachverhaltsaufklärung einzutreten. Der Kläger hat zu seinen psychischen Problemen lediglich ausgeführt, vom Arbeitsunfall betroffen zu sein, sich nunmehr nutzlos zu fühlen und neben Schmerzen finanzielle Nachteile in Kauf nehmen zu müssen. Dadurch fühle er sich posttraumatisch massiv belastet. Aus diesen Angaben konnte ein hinreichender Anhaltspunkt für eine posttraumatische Belastung aber nicht abgeleitet werden, zumal es vorliegend an einer für eine PTBS erforderlichen Situation außergewöhnlicher Bedrohung bzw. katastrophenartigen Ausmaßes, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würden, fehlt (vgl. LSG Baden-Württemberg vom 25.09.2014 – L 6 U 4602/12 – juris). Auch einen sonstigen Anhalt für weitergehende MdE-relevante psychische Beschwerden konnte der Senat den vorliegenden ärztlichen Unterlagen und den Angaben des Klägers nicht entnehmen. Die immer wieder genannten Schlafstörungen konnte der Senat angesichts der Ausführungen des Rehaberichts vom 31.05.2012 (dort Blatt 248 der Beklagtenakte), dass sich der Kläger stimmungsmäßig stabilisieren konnte und gelöst, fröhlich und entspannt entlassen werden konnte, nicht als MdE-erhöhend ansehen.

Die vom Kläger geklagten sowie die von den Ärzten Prof. Dr. A. , Dr. Bl. und Prof. Dr. Ha. festgestellten Unfallfolgen samt deren Beeinträchtigungen im Erwerbsleben hat der Senat bei der MdE-Bemessung berücksichtigt. Der Kläger leidet in Folge des Unfalles vom 03.11.2010 – insoweit weichen seine Angaben nicht wesentlich von den Feststellungen der Gutachter ab – an Gefühlsstörungen, eingeschränkter Muskelkraft bei Ausfall des Musculus bizeps femoris und Schmerzen, sowohl im linken Arm als auch in der Schulter und – wegen der Transplantationsoperation – an der Fußkante. Die Einschränkung der Schulterbeweglichkeit des Klägers links (Hebung seitwärts und vorwärts: nach Professor Dr. A.: 110° bzw. 120°, nach Professor Dr. Ha. 120° bzw. 100°) ergibt nach den MdE-Bewertungsgrundsätzen der unfallmedizinischen Literatur eine (Teil-)MdE um 10 v.H. (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., Seite 523) und die eingeschränkte Ellenbogengelenkbeweglichkeit links (Streckung/Beugung nach Professor Dr. A.: 0/0/95°, nach Professor Dr. Ha.: 0/0/110°) ist dem mit einer MdE um 10 v.H. eingestuften Verletzungsmuster der unfallmedizinischen Literatur (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., Seite 530) zuzuordnen. Die geklagten Gefühlsstörungen am linken Unterarm und der linken Hand sowie auch an der lateralen Fußkante links sind funktionell von geringer Bedeutung. Schmerzen sind in den pauschalisierten MdE-Bewertungsansätzen der Literatur eingebunden, darüber hinausgehende besondere Schmerzen werden in den Gutachten nicht beschrieben. Das Ausmaß der Bewegungseinschränkung einschließlich der ärztlich erhobenen Kraftminderung des linken Arms rechtfertigt zusammen mit der Läsion des Nervus musculocutaneus bei integrierender Betrachtung eine unfallbedingte MdE um 25 v.H.

Auch unter Berücksichtigung dieser Unfallfolgen ist der Kläger noch in der Lage, Tätigkeiten wie Heben und Tragen von Lasten bis 25 kg überwiegend, Arbeiten über Kopf (ohne Gewichte überwiegend, dagegen Benutzung eines Akkuschraubers überkopf funktionell für einen begrenzten Zeitraum möglich), Verputzen einer Wand überwiegend, Pflastersteine legen überwiegend, Schubkarrenschieben überwiegend, Maurerarbeiten mit Steinen bis 15 kg überwiegend sowie Arbeiten auf Leitern, im Hocken oder Knien ständig, auszuüben (dazu vgl. den Rehabericht vom 31.05.2012, dort Blatt 251 der Beklagtenakte). Zwar ist die Kraft des linken Arms deutlich eingeschränkt, wie Dr. Bl. und Prof. Dr. Ha. feststellen konnten, doch steht dies der gerade beschriebenen wechselnden Tätigkeit auf dem Arbeitsmarkt nicht entgegen. Mit dem verbleibenden Restleistungsvermögen ist aber das Feld der für den Kläger in Betracht kommenden Erwerbstätigkeiten nicht so wesentlich eingeschränkt, als dass dies eine MdE von mehr als 25 v.H. rechtfertigen könnte. Der Senat schließt sich damit den überzeugenden Ausführungen der Gutachter und des SG an.

Soweit der Kläger eine besondere berufliche Betroffenheit als Grund für eine höhere Bemessung der MdE anführt, nimmt er auf § 56 Abs. 2 Satz 3 SGB VII Bezug. Danach werden bei der Bemessung der MdE Nachteile berücksichtigt, die die Versicherten dadurch erleiden, dass sie bestimmte von ihnen erworbene besondere berufliche Kenntnisse und Erfahrungen infolge des Versicherungsfalls nicht mehr oder nur noch in vermindertem Umfang nutzen können, soweit solche Nachteile nicht durch sonstige Fähigkeiten, deren Nutzung ihnen zugemutet werden kann, ausgeglichen werden. Nicht erfasst wird demgegenüber ein berufliches, länger erprobtes Fachwissen, da dies in der Regel in jedem Beruf vorliegt, der für eine gewisse Dauer ausgeübt wurde (BSG 19.09.1974 - 8 RU 94/73 - SozR 2200 § 581 Nr. 2 = juris). Als besondere Nachteile i.S.d. § 56 Abs 2 Satz 3 SGB VII kommen dabei nur Umstände in Betracht, die nicht schon von der nach § 56 Abs 2 Satz 1 SGB VII bemessenen MdE im allgemeinen Erwerbsleben und vom Jahresarbeitsverdienst (JAV) erfasst sind (Scholz in jurisPK-SGB VII, 2. Aufl. 2014, § 56 SGB VII RdNr. 78). Eine besondere berufliche Betroffenheit setzt daher voraus, dass eine wirtschaftlich messbare Beeinträchtigung der Nutzung erworbener besonderer Kenntnisse und Erfahrungen vorliegt, die eine durch die bisher verrichtete Tätigkeit erworbene besonders günstige Stellung im allgemeinen Erwerbsleben mindert (BSG 30.06.2009 - B 2 U 3/08 R - Breith 2010, 31 = juris). Vorliegend macht der Kläger aber lediglich den Verlust von Fähigkeiten gelten, die ihm keine besonders günstige Stellung im Erwerbsleben verschafft haben sondern lediglich solche, die mit der allgemeinen Ausbildung und der Berufserfahrung in einem allgemeinen Lehrberuf bzw. einer Anlerntätigkeit verbunden werden und erworben wurden. Der Verlust bzw. die Einschränkung dieser allgemeinen Fähigkeiten wird aber gerade durch die Bemessung der MdE und des JAV ausgeglichen, sodass eine zusätzliche Erhöhung der MdE nicht gerechtfertigt ist.

Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt. Der Senat hält deshalb weitere Ermittlungen, nicht mehr für erforderlich. Die vorliegenden ärztlichen Unterlagen und die von der Beklagten eingeholten Gutachten haben dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO). Denn der medizinische festgestellte Sachverhalt bietet die Basis für die alleine vom Senat vorzunehmende rechtliche Bewertung der MdE unter Einschluss der Bewertung der sich zwischen den einzelnen Erkrankungen und Funktionsbehinderungen ergebenden Überschneidungen und Wechselwirkungen.

Mit der vom Senat festgestellten MdE von 25 erweisen sich die angefochtenen Entscheidungen der Beklagten und des SG als zutreffend; die Berufung war zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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