L 11 KR 2755/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 14 KR 2319/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 2755/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 21.05.2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Kostenerstattung für eine Heilpraktikerbehandlung in Höhe von insgesamt 9.021,39 Euro.

Die am 04.07.1971 geborene Klägerin ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Sie leidet an einer Laktose- sowie Fruktoseintoleranz. Bereits im Oktober 2011 fragte die Klägerin telefonisch bei der Beklagten hinsichtlich einer Kostenübernahme für eine Heilpraktikerbehandlung an. Eine Kostenübernahme wurde telefonisch abgelehnt. Die Klägerin begab sich im Oktober 2011 in die Behandlung der Heilpraktikerin H ... Für die Behandlung mit "Cellsymbiosistherapie nach Dr. med. H. K." entstanden ihr Kosten in Höhe von 3187,19 Euro. Des Weiteren entstanden der Klägerin Kosten für die Erhebung von Laborwerten in Höhe von 319,43 Euro, für Medikamente in Höhe von 741,28 Euro sowie für Tisso Naturprodukte in Höhe von 3035,39 Euro.

Mit Schreiben vom 30.12.2012 (Bl 23 Verwaltungsakte) beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Kostenübernahme für die Behandlung bei der Heilpraktikerin H ... Sie legte hierzu ein ärztliches Attest der Fachärztin für Allgemeinmedizin M.-S. vom 14.05.2012 vor. Zur Begründung führte sie an, sie habe mehrere Jahre verschiedene Ärzte aufgesucht. Gesundheitlich sei es ihr immer schlechter gegangen. Schließlich habe sie sich über alternative Heilmethoden erkundigt. Die Heilpraktikerin habe durch einen Bluttest herausgefunden, dass sie zu einer kleinen Prozentzahl an Patienten gehöre, die trotz Glutenintoleranz gesunde Darmzotten aufweise. Bereits im Dezember 2011 sei durch eine gezielte Ernährungsumstellung eine Verbesserung ihres Gesundheitszustandes aufgetreten. Diese Heilbehandlung, die noch nicht abgeschlossen sei, aber nachweisbar wirke, habe sie finanziell enorm in Schwierigkeiten gebracht. Seit sie bei der Heilpraktikerin in Behandlung sei, habe sie kaum noch Krankheitsausfälle, sei wieder voll berufsfähig und ihr Gesundheitszustand habe sich merklich verbessert.

Die Beklagte lehnte den Antrag auf Kostenübernahme mit Bescheid vom 16.01.2013 ab. Versicherte hätten Anspruch auf ärztliche Behandlung, diese dürfe jedoch nur von zugelassenen Ärzten erbracht werden. Jede Behandlungstätigkeit eines Dritten, die nicht durch einen anerkannten Arzt geleitet oder überwacht werde - so zB die Behandlung durch einen Heilpraktiker - sei davon nicht eingeschlossen. Das Bundessozialgericht (BSG) habe die Übernahme der Behandlungskosten durch einen Heilpraktiker selbst dann verneint, wenn ein zugelassener Arzt den Patienten an den Heilpraktiker überwiesen habe. Eine Kostenübernahme für die Behandlung sowie die Kosten der verordneten Arzneimittel könne deshalb nicht erfolgen. Bei den Mediservinfusionen und Tisso Naturprodukten handle es sich um eine sog individuelle Gesundheitsleistung (IGEL). Mit dem IGEL-Katalog werde eine Klarstellung angestrebt, welche Leistungen nicht von den Krankenkassen finanziert werden könnten. Damit seien Mediservinfusionen und Tisso Naturprodukte nicht Bestandteil des Leistungskataloges der gesetzlichen Krankenversicherung.

Hiergegen erhob die Klägerin am 29.01.2013 Widerspruch. Sie sei fünf Jahre lang von verschiedenen zugelassenen Ärzten behandelt worden und habe unzählige Untersuchungen und zwei Krankenhausaufenthalte hinter sich. Keine dieser Anordnungen habe jedoch Aufschluss über die Ursache ihrer gesundheitlichen Beschwerden gegeben. Erst die Behandlung durch die Heilpraktikerin sowie die hierzu verordneten Medikamente zeigten einen Behandlungserfolg. Die Klägerin legte ein Schreiben der Heilpraktikerin H. vom 27.03.2013 über den Therapieablauf vor (Bl 35 Verwaltungsakte). Es seien diagnostisch Parameter der "Cellsymbiosistherapie nach Dr. med. H. K." erhoben worden und neben homöopathischen und naturheilkundlichen Verfahren Maßnahmen der Cellsymbiosistherapie durchgeführt worden.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 05.06.2013 (Bl 48 Verwaltungsakte) als unbegründet zurück. Heilpraktiker arbeiteten eigenverantwortlich und selbständig. Sie seien nicht im Rahmen einer ärztlichen Betreuung tätig. Damit sei ihre Tätigkeit nicht Teil der Krankenbehandlung im dargestellten Sinne. Ein Anspruch auf Kostenübernahme für die Inanspruchnahme des Heilpraktikers bestehe folglich nicht. Insoweit scheide auch eine Kostenübernahme der im Zusammenhang mit der Behandlung durch einen Heilpraktiker stehenden Nebenleistungen aus. Diese folgten als Nebenleistung zur Hauptleistung rechtlich dem Schicksal der Hauptleistung. Der Hinweis auf eine erfolgreiche Behandlung könne deshalb ebenfalls zu keiner anderen Entscheidung führen. Eine Heilpraktikerbehandlung löse keine Leistungsansprüche gegenüber der Kasse aus. Nach der ständigen Rechtsprechung der Sozialgerichte dürften dem Versicherten auch ersparte Aufwendungen der Kasse nicht erstattet werden.

Hiergegen hat die Klägerin 03.07.2013 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Zur Begründung hat sie vorgebracht, im Rahmen des Sicherstellungsauftrages sei die Beklagte verpflichtet, auch die streitgegenständliche Versorgung durch einen Heilpraktiker zu übernehmen, da diese geeignet sei, eine Verschlimmerung des Gesundheitszustandes zu verhüten und ihre Krankheitsbeschwerden zu lindern. Darüber hinaus sei die Durchführung der beantragten Leistungen auch wirtschaftlich, da vergleichbare Leistungen durch Vertragsärzte der Beklagten wesentlich höhere Kosten verursacht hätten. Es sei zwar zutreffend, dass grundsätzlich ein Anspruch auf Kostenübernahme bei einer Heilpraktikerbehandlung nicht bestehe, dieses Prinzip sei jedoch aufgrund der höchstrichterlichen Rechtsprechung bei einem Systemversagen zu durchbrechen. Ein solches liege hier vor. Sie habe über viele Jahre aufgrund ihrer schweren Beeinträchtigungen Leistungen der Kassenärztin in Anspruch genommen. Eine wesentliche Verbesserung ihres Gesundheitszustandes habe nicht erreicht werden können. Auch eine Ernährungsberatung und eine Umstellung der Ernährungsgewohnheiten hätten keine wesentliche Änderung herbeigebracht. Es habe eine erhebliche Gesundheitsstörung vorgelegen, die sie ganz entscheidend in ihrer Lebensfreude und auch in ihrer Arbeitsfähigkeit beeinträchtigt habe. Erst durch die im Labor Dr. K. vorgenommene aufwendige Abklärung der Nahrungsmittelunverträglichkeiten habe die spezifische Unverträglichkeit nachgewiesen werden können. Nach der streitgegenständlichen Behandlung durch die Heilpraktikerin hätten keinerlei AU-Zeiten mehr vorgelegen. Im Gegensatz hierzu sei es im Jahr 2011 zu 50 AU-Tagen gekommen. Im Jahr 2013 habe sie sowohl die Medikation als auch die Behandlungsfrequenz bei der Heilpraktikerin erheblich reduzieren können.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat auf die Begründungen der angefochtenen Bescheide Bezug genommen.

Mit Urteil vom 21.05.2014 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 16.01.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.06.2013 sei rechtmäßig und verletzte die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie habe keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten der Behandlung durch die Heilpraktikerin einschließlich der zugehörigen Nebenleistungen. Als Anspruchsgrundlage für die Kostenerstattung der Heilpraktikerbehandlung komme nur § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V in Betracht. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift würden aber nicht vorliegen. Der Anspruch nach § 13 Abs 3 Satz 3 Satz 1 SGB V reiche nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch des Versicherten gegen seine Krankenkasse. Vorliegend gehöre die selbstbeschaffte Leistung nicht zu den Leistungen, welche die Beklagte nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V zu erbringen habe. Ärztliche Behandlungen dürften nur von Ärzten erbracht werden; die Heilpraktiker H. sei keine Ärztin. Der Fall der Klägerin rechtfertige nicht, vom Arztvorbehalt abzuweichen. Nach der Rechtsprechung des BSG sei eine Kostenerstattung an einen krankenversicherungsrechtlich nicht zugelassenen Leistungserbringer ausgeschlossen.

Gegen das ihren Prozessbevollmächtigten am 30.05.2014 gegen Empfangsbekenntnis zugestellte Urteil des SG hat die Klägerin am 30.06.2014 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt.

Sie beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 21.05.2014 und den Bescheid der Beklagten vom 16.01.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.06.2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten der Behandlung durch die Heilpraktikerin H. einschließlich der zugehörigen Nebenleistungen in Höhe von 9.021,39 zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie nimmt auf die Begründungen der angefochtenen Bescheide und auf die Ausführungen des SG Bezug.

Mit Schreiben des Berichterstatters vom 04.02.2015 sind die Beteiligten darauf hingewiesen worden, dass beabsichtigt ist, die Berufung ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss nach § 153 Abs 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zurückzuweisen, da der Senat die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Den Beteiligten ist Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 06.03.2015 gegeben worden. Die Klägerin, die die Berufung nicht begründet und auch das Hinweisschreiben des Senats vom 18.11.2014 nicht beantwortet hat, hat sich nicht geäußert. Die Beklagte hat ihr Einverständnis mitgeteilt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Senats sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.

II.

Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 16.01.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.06.2013 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen und dies mit zutreffenden Erwägungen eingehend begründet.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Kostenerstattung der Behandlung durch die Heilpraktikerin H. einschließlich der zugehörigen Nebenleistungen in Höhe von 9.021,39.

Der Senat weist die Berufung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung und ohne Beteiligung ehrenamtlicher Richter gemäß § 153 Abs 4 SGG zurück, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind zu dieser Verfahrensweise gehört worden.

Wie das SG zutreffend ausgeführt hat, kommt vorliegend nur ein Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 Satz 1 Fall 1 und 2 SGB V in Betracht. Nach dieser Vorschrift haben Versicherte Anspruch auf Erstattung von Kosten für eine notwendige, selbstbeschaffte Leistung, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte (Fall 1) oder sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dem Versicherten dadurch für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind (Fall 2). Ein Anspruch nach § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V setzt in beiden Regelungsalternativen einen entsprechenden Primärleistungsanspruch voraus, also einen Sach- oder Dienstleistungsanspruch des Versicherten gegen seine Krankenkasse und geht in der Sache nicht weiter als ein solcher Anspruch.; er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (vgl BSG 24.09.1996, 1 RK 33/95, BSGE 79, 125 = SozR 3-2500 § 13 Nr 11; BSG 07.11.2006, B 1 KR 24/06 R, BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 13 Nr 12; BSG 14.12.2006, B 1 KR 8/06 R, BSGE 98, 26 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12). Der Anspruch ist demgemäß nur gegeben, wenn die Krankenkasse die Erfüllung eines Naturalleistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt und der Versicherte sich die Leistung selbst beschafft hat, wenn weiterhin ein Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Selbstbeschaffung besteht, die selbst beschaffte Leistung notwendig ist und die Selbstbeschaffung eine rechtlich wirksame Kostenbelastung des Versicherten ausgelöst hat (BSG 17.12.2009, B 3 KR 20/08 R, Breithaupt 2010, 914 mwN).

Die Klägerin ist vorliegend nicht berechtigt gewesen, zu Lasten der GKV nicht zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Leistungserbringer in Anspruch zu nehmen.

Nach § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Nach § 13 Abs 1 SGB V darf die Krankenkasse anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs 2 SGB V) Kosten nur erstatten, soweit es das SGB V oder das Neunte Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) - im vorliegenden Fall nicht einschlägig, weil keine Leistungen zur Teilhabe streitig sind - vorsieht. Die Krankenbehandlung umfasst unter anderem die ärztliche Behandlung sowie die Versorgung mit Arzneimitteln (§ 27 Abs 1 Satz 2 Nrn 1 und 3 SGB V) durch zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigte Behandler (§ 76 Abs 1 Satz 1 SGB V).

Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (§ 12 Abs 1 SGB V). Außerdem müssen Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen (§ 2 Abs 1 Satz 3 SGB V). Zu beachten sind schließlich auch die Regelungen des Leistungserbringerrechts (Viertes Kapitel des SGB V, §§ 69 bis 140h SGB V), insbesondere auch die Regelungen über die Qualitätssicherung, für den ambulanten Bereich insoweit das in § 135 Abs 1 Satz 1 SGB V festgelegte Verbot mit Erlaubnisvorbehalt (vgl. dazu BSG 04.04.2006, B 1 KR 12/05 R, SozR 4 2500 § 27 Nr 8; 07.11.2006, B 1 KR 24/06 R, SozR 4-2500 § 27 Nr. 12). Danach dürfen neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkasse nur erbracht werden und gehören auch dann nur zu den Versicherten von der Krankenkasse geschuldeten Leistungen (st. Rspr., BSG 04.04.2006, B 1 KR 12/05 R, SozR 4-2500 § 27 Nr 8), wenn der GBA in Richtlinien nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 5 SGB V Empfehlungen ua über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit abgegeben hat. An die Entscheidungen des GBA sind Krankenkassen und Gerichte gebunden (BSG 04.04.2006, B 1 KR 12/05 R, SozR 4-2500 § 27 Nr. 8). Ohne befürwortende Entscheidung des GBA kommt eine Leistungspflicht der Krankenkassen nicht in Betracht (BSG 27.03.2007, B 1 KR 30/06, SGb 2007, 287). Die Behandlung der Versicherten bei Frau H. nach der "Cellsymbiosistherapie nach Dr. med. H. K." erfolgte ambulant. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, diese Therapie als ambulante Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung zu gewähren. Es fehlt an der nach § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V erforderlichen befürwortenden Entscheidung des GBA, ohne die neue Behandlungsmethoden von den gesetzlichen Krankenkassen nicht gewährt werden können.

Die verabreichten Mediservinfusionen und Tisso Naturprodukte sind nicht Bestandteil des Leistungskataloges der gesetzlichen Krankenversicherung, wie die Beklagte im Widerspruchsbescheid zutreffend ausgeführt hat. Die Krankenkassen dürfen ihren Versicherten überdies eine neuartige Therapie mit Arzneimitteln, die vom Gemeinsamen Bundesausschuss bisher nicht empfohlen sind, grundsätzlich nicht gewähren, weil sie an das Verbot des § 135 Abs 1 S 1 SGB V und die das Verbot konkretisierenden Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses gebunden sind (vgl BSG 27.03.2007, B 1 KR 30/06, SGb 2007, 287; 23.07.1998, B 1 KR 19/96 R, BSGE 82, 233, SozR 3-2500 § 31 Nr 5).

Ärztliche Behandlungen dürfen außerdem nur von Ärzten erbracht werden (§ 15 Abs 1 SGB V - sog Arztvorbehalt). Die Heilpraktiker H. ist keine Ärztin.

Nach der Rechtsprechung des BSG ist eine Kostenerstattung an einen krankenversicherungsrechtlich nicht zugelassenen Leistungserbringer grundsätzlich ausgeschlossen (BSG 15.04.1997, 1 RK 4/96, BSGE 80, 181, SozR 3-2500 § 13 Nr 14; 02.11.2007, B 1 KR 14/07 R, BSGE 99, 180, SozR 4-2500 § 13 Nr 15). Nichtärztliche Behandler haben auch im Rahmen des Kostenerstattungsanspruchs keinen Anspruch auf eigenverantwortliche Behandlung von Versicherten (Hauck in: Peters, Handbuch der Krankenversicherung, § 13 SGB V, Rn 179, 181). Die von der Klägerin begehrte Behandlung weist auch keinen Bezug zur Regelung des § 15 Abs. 1 Satz 2 SGB V auf. Danach dürfen Hilfeleistungen anderer Personen (als Ärzte) nur erbracht werden, wenn sie vom Arzt (oder Zahnarzt) angeordnet und verantwortet werden. Gemeint sind Hilfeleistungen anderer Personen, die dem Arzt zugerechnet werden und die er deshalb aufgrund seines Fachwissens verantwortet, dh überwacht und leitet (BSG 10.05.1995, 1 RK 20/94, SozR 3-2500 § 28 Nr 1). Derjenige, der die Hilfeleistung erbringt, steht in einem Unterordnungsverhältnis zu dem Arzt. Dieser Bezug zu einem Arzt fehlt bei einem Heilpraktiker. Er erbringt eine selbstständig und eigenverantwortliche Leistung (vgl Wagner in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, § 15 SGB V Rn 5). Der Unterschied im Fachwissen und in der Verantwortung bei Erbringung der Leistung rechtfertigt auch eine unterschiedliche krankenversicherungsrechtliche Behandlung, weswegen kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG vorliegt. Auch das BVerfG hat das im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung mit dem Arztvorbehalt verfolgte gesetzgeberische Ziel als einen wichtigen Gemeinschaftsbelang anerkannt. Der Arztvorbehalt soll dafür sorgen, dass eine auf öffentliche Kosten durchgeführte Behandlung durch die Art der angewandten Methoden und die Qualifikation der behandelnden Personen objektiv Erfolg verspricht (BVerfG 10.05.1988, 1 BvR 111/77, BVerfGE 78, 155, NJW 1988, 2292). Ein Verfassungsverstoß liegt daher nicht vor (zum Arztvorbehalt bereits Senatsurteil vom 27.01.2009, L 11 KR 3126/08, juris. Die Nichtzulassungsbeschwerde gegen dieses Urteil wurde vom BSG mit Beschluss vom 28.05.2009, B 1 KR 16/09 B, zurückgewiesen, die hiergegen erhobene Verfassungsbeschwerde vom BVerfG im Beschluss vom 23.08.2011, 1 BvR 2359/09, nicht zur Entscheidung angenommen). Es ist anerkannt, dass auch aus den Grundrechten regelmäßig kein verfassungsrechtlicher Anspruch gegen die Krankenkassen auf Bereitstellung bestimmter und insbesondere spezieller Gesundheitsleistungen besteht. Die gesetzlichen Krankenkassen sind nicht von Verfassungs wegen gehalten, alles zu leisten, was an Mitteln zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit verfügbar ist. Zwar hat sich die Gestaltung des Leistungsrechts der gesetzlichen Krankenversicherung an der objektiv-rechtlichen Pflicht des Staates zu orientieren, sich schützend und fördernd vor die Rechtsgüter des Art 2 Abs 2 Satz 1 Grundgesetz (GG) zu stellen. Entsprechende Leistungspflichten werden aber nur in Fällen der Behandlung einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung angenommen, sofern eine dem allgemein anerkannten medizinischen Standard entsprechende Behandlungsmethode nicht existiert (vgl BVerfG 06.12.2005, 1 BvR 347/98, SozR 4-2500 § 27 Nr 5). Ein solcher Fall liegt hier bei der Klägerin, die an Laktose- und Fruktoseintoleranz leidet, nicht vor. Bei einer für die Klägerin lebensbedrohlichen Situation stünden jedenfalls ambulante und stationäre Behandlungsmöglichkeiten durch zugelassen Vertragsärzte bzw Krankenhäuser zur Verfügung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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