L 1 U 4426/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 7 U 3383/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 4426/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 15.09.2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob weitere Gesundheitsstörungen als Folgen des von der Beklagten anerkannten Arbeitsunfalls vom 17.12.2009 festzustellen sind und ob dem Kläger eine Verletztenrente zu gewähren ist.

Der 1966 geborene Kläger erlitt am 17.12.2009 im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit als Kundendienstmonteur einen Arbeitsunfall, als er in der Schreinerei G. in B. einen Holzscheit in einer Kreissäge entfernen wollte. Dabei wurde der 4. und 5. Finger der rechten Hand jeweils im Mittelgliedbasisbereich amputiert. Im Bereich der Basis des 3. Fingers rechts kam es zu einer Weichteilwunde. Durchgangsarzt Dr. R. gab in seinem Durchgangsarztbericht vom 17.12.2009 als Erstdiagnose an: Traumatische Amputation der Finger 4 und 5 rechts, tiefe Defektwunde an Mittelglied 3. Finger rechts mit Durchtrennung Profundussehne. Nach den eigenen Angaben des Klägers wurde sein rechter Arm durch die Wucht des Sägeblatts nach hinten (unten) geschleudert. Noch am gleichen Tag erfolgte in der Klinik T. eine Retransplantation des 3. Fingers. Der 4. und 5. Finger waren nicht mehr replantierbar. In Höhe des Endgelenkes kam es jeweils zu einer Stumpfbildung. Im Anschluss daran wurde der Arm und das Handgelenk zeitweise fixiert bzw. ruhiggestellt.

Im Zwischenbericht von Prof. Dr. S. vom 13.01.2010 wurde eine subtotale Amputation des 3. Fingers rechts, eine Amputation des 4. Fingers in Höhe des Mittelgelenks und eine Amputation des 5. Fingers in Höhe des Endgelenks diagnostiziert. Über Schulterbeschwerden berichtete der Kläger nicht. Auch bei seinen Vorstellungen am 26.02. und 11.03.2010 in der -Klinik T. gab der Kläger keine Schulterbeschwerden an.

Vom 30.03.2010 bis 06.05.2010 befand sich der Kläger in der Klinik T. zur komplexen stationären Rehabilitation. Im Zwischenbericht vom 21.04.2010 gab Dr. J. an, die Bewegungsgrade hätten sich unter der intensiven physio- und ergotherapeutischen Beübung schrittweise verbessert. Die Kraft sei aber weiterhin noch nicht so stark, dass er seine bisherige Tätigkeit im Außendienst wieder aufnehmen könne. Über Schulterbeschwerden wurde nicht berichtet und zwar auch nicht im Entlassungsbericht des Prof. Dr. S. vom 11.05.2010. Ab dem 17.05.2010 nahm der Kläger an einer Arbeits- und Belastungserprobung teil.

Mit Schreiben vom 17.10.2010 teilte die Beklagte dem Kläger mit, er erhalte einen Rentenvorschuss in Höhe von 2.000,- EUR. Über die ihm zustehenden Leistungen erhalte er abschließend einen Bescheid. Die Beklagte holte sodann das erste Rentengutachten des Dr. S. vom 17.10.2010 ein. Die Höhe der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) schätzte Dr. S. mit 30 v. H. ein. Über Schulterbeschwerden berichtete der Kläger nicht. Ein entsprechender Befund wurde im Gutachten nicht erhoben.

Mit Bescheid vom 18.11.2010 gewährte die Beklagte dem Kläger ab dem 21.06.2010 eine Rente als vorläufige Entschädigung nach einer MdE von 30 v. H ... Als Folgen des Arbeitsunfalls wurden anerkannt: "Nach Kreissägeverletzung an der rechten Hand: Replantation des Mittelfingers. Verlust des Zeigefingers in Höhe des Grundgliedes. Verlust des kleinen Fingers in Höhe des Mittelglieds. Bewegungseinschränkung des Mittelfingers. Unvollständiger Faustschluss. Kraftminderung der Hand." Grundlage hierfür bildete das Gutachten des Dr. S. vom 17.10.2010.

Am 28.01.2011 stellte sich der Kläger bei Dr. S. erneut vor und klagte unter anderem über Beschwerden in der rechten Schulter. Nach einer Vorstellung bei Prof. Dr. S. gab dieser im Zwischenbericht vom 01.03.2011 als Nebendiagnose einen Verdacht auf unfallunabhängiges Schulter-Arm-Syndrom an. In seinem weiteren Bericht vom 23.03.2011 teilte er mit, im Bereich der rechten Schulter liege eine deutliche Impingementsymptomatik vor. Auch die Rotatorenmanschettentests seien deutlich positiv ausgefallen. Die Röntgenkontrolle des rechten Schultergelenks habe eine regelrechte Artikulation ohne knöcherne Traumafolgen bei Beginn der AC-Gelenksarthrose gezeigt. Eine MRT-Untersuchung vom 28.03.2011 zeigte eine ansatznahe Komplettruptur der Supraspinatussehne rechts. Dr. B. vertrat in seinem Bericht vom 05.04.2011 die Auffassung, für die Supraspinatussehnenläsion liege eine unfallunabhängige Ursache nahe. Es werde daher eine Zusammenhangsbegutachtung angeregt. Die Beklagte holte daraufhin das zweite Rentengutachten des Dr. S. vom 09.10.2011 ein, der die Auffassung vertrat, die MdE betrage weiterhin 30 v. H ... Hinsichtlich der Schmerzen im rechten Schultergelenk sei eine Zusatzbegutachtung notwendig. Die Beklagte holte sodann das Gutachten zur Zusammenhangsfrage des Chirurgen Dr. K. vom 22.02.2012 ein. Danach sei der Bewegungsumfang des rechten Schultergelenks deutlich eingeschränkt. Die Abduktion könne aktiv bis 90 Grad durchgeführt werden, passiv könnten 110 Grad erreicht werden. Ein schmerzhafter Bogen bestehe bereits ab 60 Grad. Wegen eines sonographisch beidseitigen Defekts der Rotatorenmanschetten sei eine weitere Kernspinuntersuchung veranlasst worden. Diese habe auch auf der linken Seite eine ausgedehnte Komplettruptur der Supraspinatussehne gezeigt. Zwar liege prinzipiell ein geeigneter Unfallmechanismus vor, um eine Rotatorenmanschettenschaden hervorzurufen. Allerdings überwögen die Contra-Kriterien. So liege bereits kein Arztbesuch bzw. eine ärztliche Dokumentation der Schulterbeschwerden innerhalb einer Woche nach dem Unfallereignis als Hauptkriterium vor. Außerdem finde sich radiologisch keine eindeutige Progredienz der Sekundärveränderungen. Gegen die unfallbedingte Kausalität spreche auch die Ruptur der Supraspinatussehne der Gegenseite. Auch sei das rechte Schultergelenk im ersten Rentengutachten vom 17.10.2012 unauffällig und frei beweglich dokumentiert worden.

Gestützt auf die Gutachten des Dr. S. vom 09.10.2011 und des Dr. K. vom 22.02.2012 gewährte die Beklagte mit Bescheid vom 22.03.2012 dem Kläger eine Rente auf unbestimmte Zeit in bisheriger Höhe (MdE 30 v. H.) weiter. Die Verletzung der Rotatorenmanschette rechts, der Abriss der Supraspinatussehne und die Bewegungseinschränkung im Schultergelenk lägen unabhängig vom Arbeitsunfall vor. Seinen Widerspruch, mit dem er geltend machte, die Schulterschmerzen seien bereits im Rahmen der Wiedereingliederung verstärkt aufgetreten, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15.11.2012 zurück. Ein Zusammenhang der Schulterbeschwerden mit dem Unfall könne nicht hinreichend wahrscheinlich gemacht werden. Erst im Januar 2011, also mehr als zwei Jahre nach dem Unfall, seien Schulterbeschwerden rechts dokumentiert worden. Eine schwere Schulterverletzung verursache jedoch sofortige Behandlungsbedürftigkeit, sodass ein Unfallzusammenhang bereits wegen des zeitlichen Ablaufs der Beschwerden ausgeschlossen werden könne.

Hiergegen hat der Kläger am 05.12.2012 Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben und im Wesentlichen vorgetragen, seit dem Unfalltag sei der Bereich des rechten Armes bis über die Schulter hinweg völlig betäubt und er spüre nur dumpfe und diffuse Schmerzen im gesamten Armbereich. Bereits während seines Reha-Aufenthaltes habe er den Ärzten mitgeteilt, dass ihn seine rechte Schulter schmerze und die Bewegungsfähigkeit stark eingeschränkt sei. Daraufhin habe man ihm mitgeteilt, es handle sich um die Muskulatur, die sich nun erst wieder aufbauen müsse. Auch beim ersten Gutachten habe er angegeben, dass er Schmerzen in der rechten Schulter verspüre und die Bewegungsfähigkeit eingeschränkt sei. Auch dort seien seine Äußerungen ignoriert worden. Der Gutachter habe lediglich die rechte Hand untersucht und kontrolliert. Bei der Kreissägeverletzung sei es zu einem ruckartigen Zug am Arm gekommen, sodass hier ein Zusammenhang bestehe.

Zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts hat das SG zunächst bildgebende Befunde beigezogen und sodann das Gutachten des Chirurgen Prof. Dr. Z. vom 27.06.2013 eingeholt. Dieser hat bezüglich der Beweglichkeit der Schultergelenke folgenden Befund erhoben: Aktive Außen-/Innenrotation beidseits 40-0-70 Grad, Seitwärts-/Einwärtsführen rechts 90-0-20 Grad/links 70-0-20 Grad, Vorhebung/Rückhebung rechts 90-0-20 Grad/links 170-0-20 Grad; Außen-/Innenrotation beidseits (passiv) 40-0-70 Grad, Seitwärts-/Einwärtsführen (passiv) rechts 110-0-20 Grad, links 170-0-20 Grad und Vorhebung/Rückhebung (passiv) rechts 120-0-30 Grad, links 170-0-30 Grad. Zwar sei der Unfall geeignet gewesen, eine traumatisch bedingte Rotatorenmanschettenruptur zu verursachen. Gegen eine unfallbedingte Sehnenruptur sprächen allerdings der Primärbefund, der Verlauf nach dem Unfallereignis (über ein Jahr lang sei in zahlreichen Befundberichten kein schmerzhafter Befund der rechten Schulter dokumentiert worden) und die Magnetresonanztomographie. Dagegen spreche auch die nachgewiesene unfallunabhängige Rotatorenmanschettenruptur der Gegenseite, da bekanntlich häufig degenerative Rotatorenmanschettenrupturen beidseits aufträten. Da eine traumatisch-bedingte Rotatorenmanschettenruptur ein massives Trauma darstelle, erscheine es eher unwahrscheinlich, dass zu keinem Zeitpunkt diese Beschwerden dokumentiert worden seien.

Der Kläger hat hierauf zwei schriftliche Äußerungen von Patientinnen vorgelegt, die nach seinen Angaben zur gleichen Zeit in der Reha-Einrichtung gewesen seien und darin bestätigten, dass er bereits damals über starke Schmerzen im Schultergelenk geklagt habe.

Mit Urteil vom 15.09.2014 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Riss der Supraspinatussehne im rechten Schultergelenk, der zwischenzeitlich operativ versorgt worden sei, sei keine Folge des Arbeitsunfalls vom 17.12.2009, sodass die Verletztenrente der Höhe nach mit einer MdE von 30 v. H. richtig festgesetzt worden sei. Es sei unstreitig, dass der Kläger am 17.12.2009 einen Arbeitsunfall erlitten habe. Neben den anerkannten Verletzungsfolgen an der rechten Hand bestünden aber keine weiteren Unfallfolgen. Insbesondere sei der strittige Riss an der Supraspinatussehne an der rechten Schulter nicht mit der für den rechtlichen Zusammenhang notwendigen Wahrscheinlichkeit zu bejahen. Zwar sei ein Kausalzusammenhang möglich. Dieser sei aber nicht wahrscheinlich, da nach Abwägung aller Umstände wesentliche Argumente gegen den Zusammenhang sprächen. Dies ergebe sich aus einer Gesamtschau der medizinischen Unterlagen, insbesondere folge dies aber aus dem Gutachten des Prof. Dr. Z. vom 27.06.2013. Danach stehe zwar zunächst fest, dass der Unfallhergang prinzipiell geeignet gewesen sei, die Supraspinatussehne zu schädigen. Gegen eine unfallbedingte Sehnenruptur sprächen aber der Primärbefund, der Verlauf nach dem Unfallereignis, das Ergebnis der beiden Magnetresonanztomographien und der nachgewiesene Riss der Supraspinatussehne auf der Gegenseite. Dies seien gravierende Gesichtspunkte, die gegen eine traumatische Verursachung des Supraspinatussehnenrisses und für eine anlagebedingte, zunächst symptomlos gebliebene Körperveränderung sprächen. Selbst wenn - wie vom Kläger vorgetragen - die Ärzte seine Beschwerden zunächst ignoriert hätten, lasse sich daraus die Wahrscheinlichkeit eines Ursachenzusammenhangs nicht ableiten. Denn es verblieben eine Vielzahl von Zweifeln an der traumatischen Schädigung. Dabei sei insbesondere die Tatsache erheblich, dass der Kläger auch unter einem Riss des Supraspinatussehne an der linken Seite leide. Dies lasse die Annahme zu, dass auch auf der rechten Seite eine entsprechende Vorschädigung (symptomlos) bestanden habe, die letztlich durch das Unfallereignis nur aktiviert worden sei. Die von der Beklagten festgestellte Höhe der Verletztenrente mit einer MdE von 30 v. H. sei damit richtig festgestellt worden. Denn die Festsetzung beruhe auf den schlüssigen Gutachten des Dr. S. vom 17.10.2010 und 09.10.2011, wobei die Erfahrungssätze über die Auswirkungen von Handverletzungen, insbesondere Amputationen, berücksichtigt worden seien.

Gegen das am 07.10.2014 dem Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellte Urteil des SG richtet sich die am 22.10.2014 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) erhobene Berufung des Klägers, mit der er geltend macht, er halte weiterhin an seiner Auffassung fest, dass der Riss an der Supraspinatussehne an der rechten Schulter auf dem Arbeitsunfall vom 17.12.2009 beruhe. Der Unfallhergang sei geeignet gewesen, eine Rotatorenmanschettenruptur zu verursachen. Dies habe der Gutachter festgestellt. Zuvor habe er nicht an Schulterbeschwerden gelitten. Nach diesem Zeitpunkt sei es zu keinem weiteren Unfall gekommen, der eine Schulterverletzung bedingt hätte. Als einzige Ursache komme daher der Arbeitsunfall in Betracht. Es sei zu berücksichtigen, dass die gesamte rechte Seite schwer traumatisiert worden sei und nach dem Unfall der gesamte rechte Arm- und Schulterbereich ruhig gestellt worden sei. Außerdem habe er in erheblichen Maßen Schmerzmedikamente eingenommen. Die behandelnden Ärzte und die vorherigen Gutachter hätten seine geäußerten Schmerzen in der rechten Schulter ignoriert. Die während der Magnetresonanztomographien festgestellten Schultergelenksarthrosen seien nicht als degenerativer Vorschaden zu bewerten, sondern vielmehr als Folge des Arbeitsunfalls und der Rotatorenmanschettenruptur. Auch sein Alter spreche nicht für eine degenerativ bedingte Rotatorenmanschettenruptur.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 15.09.2014 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 22.03.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.11.2012 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, den operativ versorgten Riss an der Supraspinatussehne der rechten Schulter und die damit einhergehenden Bewegungseinschränkungen als Folge des Arbeitsunfalls vom 17.12.2009 anzuerkennen und ihm Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 40 v. H. ab dem 21.06.2010 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Der Senat hat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass er beabsichtige, die Berufung ohne mündliche Verhandlung gem. § 153 Abs. 4 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zurückzuweisen. Die Beteiligten erhielten Gelegenheit zur Stellungnahme. Der Kläger hat daraufhin die Berufung begründet und angegeben, der Senat möge durch Beschluss entscheiden. Die Beklagte hat sich ebenfalls mit einer Entscheidung durch Beschluss einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe:

Da der Senat die Berufung des Klägers einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung für nicht erforderlich hält, entscheidet er gem. § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss. Der Rechtsstreit weist nach Einschätzung des Senats keine besonderen Schwierigkeiten in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht auf, die mit den Beteiligten in einer mündlicher Verhandlung erörtert werden müssten. Zu der beabsichtigten Verfahrensweise hat der Senat die Beteiligten angehört. Die schriftsätzliche Äußerung des Klägers in seinem Schreiben vom 27.02.2015 hat der Senat nicht dazu bewogen, von der angekündigten Verfahrensweise Abstand zu nehmen.

Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 22.03.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.11.2012 (§ 95 SGG) ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte ist weder verpflichtet, aufgrund des Arbeitsunfalls vom 17.12.2009 den operativ versorgten Riss an der Supraspinatussehne der rechten Schulter und die damit einhergehenden Bewegungseinschränkungen als Folge des Arbeitsunfalls anzuerkennen, noch hat der Kläger Anspruch auf eine höhere Verletztenrente.

Die vom Kläger erhobene Anfechtungs- und Verpflichtungsklage auf Feststellung von weiteren Unfallfolgen ist gem. § 54 Abs. 1 SGG statthaft. Denn der Verletzte kann sein Anspruch auf Feststellung, dass eine Gesundheitsstörung Folge eines Arbeitsunfalls ist, nicht nur mit einer kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG geltend machen. Er kann vielmehr wählen, ob er stattdessen sein Begehren mit einer Kombination aus einer Anfechtungsklage gegen den das Nichtbestehen des von ihm erhobenen Anspruchs feststellenden Verwaltungsakts und einer Verpflichtungsklage verfolgen will (BSG, Urteil vom 05.07.2011 - B 2 U 17/10 R = BSGE 108, 274 = SozR 4-2700 § 11 Rn. 12 ff.). Beide Rechtsschutzformen sind grundsätzlich gleich rechtsschutzintensiv (BSG, Urteil vom 15.05.2012 - B 2 U 31/11 R = NZS 2012, 909). Für das Begehren auf Gewährung einer höheren Verletztenrente kann die Anfechtungsklage gem. § 54 Abs. 4 SGG zulässig mit der unechten Leistungsklage kombiniert werden.

Die Beklagte ist nicht verpflichtet, den operativ versorgten Riss an der Supraspinatussehne der rechten Schulter und die damit einhergehenden Bewegungseinschränkungen als Unfallfolge anzuerkennen. Denn die genannten Gesundheitsstörungen sind keine Unfallfolgen des anerkannten Arbeitsunfalls vom 17.12.2009.

Anspruchsgrundlage für das Begehren des Klägers auf Anerkennung von Unfallfolgen ist § 102 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII). Danach haben die Versicherten gegen den zuständigen Unfallversicherungsträger einen Anspruch auf Feststellung einer Unfallfolge (oder eines Versicherungsfalls), wenn ein Gesundheitsschaden durch den Gesundheitserstschaden eines Versicherungsfalls oder infolge der Erfüllung eines Tatbestands des § 11 SGB VII rechtlich wesentlich verursacht wird. § 102 SGB VII ist damit nicht nur eine Ermächtigungsgrundlage zum Erlass des feststellenden Verwaltungsaktes für den Unfallversicherungsträger, sondern zugleich auch Anspruchsgrundlage für den Versicherten (ausführlich hierzu BSG, Urteil vom 05.07.2011 - B 2 U 17/10 R -, a.a.O., Rn. 15 ff). Der Tatbestand des § 102 SGB VII setzt voraus, dass der Versicherte einen Versicherungsfall und, soweit die Feststellung von Unfallfolgen begehrt wird, weitere Gesundheitsschäden erlitten hat, die im Wesentlichen durch den Gesundheitserstschaden verursacht oder einen (u.U. nur behaupteten) Versicherungsfall aufgrund besonderer Zurechnungsnormen zuzurechnen sind.

Versicherungsfälle sind nach § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII ). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls i.S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis – dem Unfallereignis - geführt hat und das Unfallereignis einen Gesundheits(-erst-)schaden oder den Tod des Versicherten verursacht (haftungsbegründende Kausalität) hat. Das Entstehen von längerandauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheits(-erst-)schadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (ständige Rechtsprechung, vgl. stellvertretend BSG, Urteile vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R, B 2 U 40/05 R, B 2 U 26/04 R -).

Bei dem Unfall des Klägers am 17.12.2009 handelt es sich um ein Arbeitsunfall in diesem Sinne, denn es kam in Ausübung seiner versicherten Tätigkeit zu einer Kreissägeverletzung an der rechten Hand. Dies ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig. Die Beklagte hat dieses Ereignis mit Bescheid vom 22.03.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.11.2012 selbst als Arbeitsunfall bezeichnet.

Der Senat vermag indessen nicht festzustellen, dass der nach dem genannten Arbeitsunfall vom 17.12.2009 vom Kläger geltend gemachte Riss an der Supraspinatussehne der rechten Schulter und die damit einhergehenden Bewegungseinschränkungen als Unfallfolge ursächlich auf den Arbeitsunfall zurückzuführen sind.

Eine Gesundheitsstörung ist Unfallfolge (im engeren Sinne) eines Versicherungsfalls im Sinne des § 8 SGB VII, wenn sich spezifisch durch den Gesundheitserstschaden des - hier anerkannten - Arbeitsunfalls wesentlich verursacht worden ist. Der Anspruch setzt grundsätzlich das "objektive", d.h. aus der nachträglichen Sicht eines optimalen Beobachters gegebene Vorliegen einer Gesundheitsstörung voraus, die spezifisch durch den Gesundheitserstschaden des Arbeitsunfalls wesentlich verursacht worden ist. Da der Gesundheitserstschaden (Gesundheitsbeeinträchtigung, Tod oder Krankheit) eine den Versicherungsfall selbst begründende Tatbestandsvoraussetzung und damit keine Folge des Arbeitsunfalls ist, muss er grundsätzlich bei der Feststellung des Versicherungsfalls benannt werden.

Ob ein Gesundheitsschaden dem Gesundheitserstschaden des Arbeitsunfalls als Unfallfolge im engeren Sinne zuzurechnen ist (sog. haftungsausfüllende Kausalität), beurteilt sich nach der Zurechnungslehre der Theorie der wesentlichen Bedingung (st. Rspr., vgl. stellvertretend BSG, Urteil vom 05.07.2011 - B 2 U 17/10 R = BSGE 108, 274 = SozR 4-2700 § 11 Nr. 1 Rn. 28 ff. m.w.N.).

Die Zurechnung erfolgt danach in zwei Schritten: Erstens ist die Verursachung der weiteren Schädigung durch den Gesundheitserstschaden im naturwissenschaftlich-naturphilosophischen Sinne festzustellen. Ob die Ursache-Wirkung-Beziehung besteht, beurteilt sich nach der Bedingungstheorie. Nach ihr ist eine Bedingung dann notwendige Ursache einer Wirkung, wenn sie aus dem konkret vorliegenden Geschehensablauf nach dem jeweiligen Stand der einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse (Erfahrungssätze) nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine-qua-non). Auf dieser ersten Stufe sind alle derartigen notwendigen Bedingungen grundsätzlich rechtlich gleichwertig (äquivalent). Alle festgestellten anderen Bedingungen (und kein Ereignis ist monokausal), die in diesem Sinn nicht notwendig sind, dürfen hingegen bei der nachfolgenden Zurechnungsprüfung nicht berücksichtigt werden.

Ist der Gesundheitserstschaden in diesem Sinne eine notwendige Bedingung des weiteren Gesundheitsschadens, wird dieser ihm aber nur dann zugerechnet, wenn er ihn wesentlich (ausreichend: mit-) verursacht hat. "Wesentlich" (zurechnungsbegründend) ist der Gesundheitserstschaden für den weiteren Gesundheitsschaden nach der in der Rechtsprechung des BSG gebräuchlichen Formel, wenn er eine besondere Beziehung zum Eintritt dieses Schadens hatte (vgl. nur BSG, Urteil vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 17 Rn. 15 ff. m.w.N.). Ob eine konkurrierende (Mit-)Ursache auch wesentlich war, ist unerheblich. Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte. Bei der Abwägung kann der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen (vgl. zum Vorstehenden insgesamt BSG, a.a.O.).

Die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung und die als Unfallfolge geltend gemachte - konkrete und klar definierte (BSG, Urteil vom 09.05.2006, a.a.O) - Gesundheitsstörung müssen i.S. eines Vollbeweises erwiesen sein, d.h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u.a. BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84, SozR 2200 § 555a Nr. 1). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (BSG, Urteil vom 09.05.2006, a.a.O. auch zum Nachfolgenden). Diese liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden. Es genügt nicht, wenn der Ursachenzusammenhang nicht auszuschließen oder nur möglich ist. Dabei ist zu beachten, dass der Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Denn es gibt im Bereich des Arbeitsunfalls keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache die versicherte naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies bei komplexem Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde. Es reicht daher zur Begründung des ursächlichen Zusammenhangs nicht aus, gegen diesen Zusammenhang sprechende Umstände auszuschließen.

Nach diesen Grundsätzen liegt zur Überzeugung des Senats eine unfallbedingte Kausalität für die vom Kläger geltend gemachten weiteren Gesundheitsstörungen nicht vor. Das SG hat mit schlüssiger und überzeugender Begründung unter Berufung auf die Ausführungen des Prof. Dr. Z. dargelegt, dass zwar der Unfallmechanismus an sich geeignet ist, einen Riss der Rotatorenmanschette herbeizuführen, die weiteren Umstände (fehlender Primärbefund, Verlauf nach dem Unfallereignis, Ergebnis der beiden Magnetresonanztomographien und der nachgewiesene Riss der Supraspinatussehne auf der Gegenseite) gegen einen Unfallzusammenhang sprechen. Der Senat hält diese Ausführungen für zutreffend und für überzeugend, sodass zur Vermeidung von Wiederholungen nach § 153 Abs. 2 SGG ausdrücklich auf die Entscheidungsgründe im Urteil des SG Bezug genommen und von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen wird.

Denn auch im Berufungsverfahren hat der Kläger keine weiteren Aspekte vorgetragen, sondern nur sein bisheriges Vorbringen wiederholt. Soweit er nochmals betont, dass seine behandelnden Ärzte und die gehörten Gutachter seine Schmerzen im Bereich der rechten Schulter ignoriert hätten, weist der Senat darauf hin, dass das SG auch hierauf eingegangen ist und überzeugend dargestellt hat, dass auch bei Wahrunterstellung des Vortrags des Klägers eine Vielzahl von Zweifeln an der traumatischen Schädigung der rechten Supraspinatussehne bestehen. Auch der Senat ist davon überzeugt, dass die unfallunabhängige Rotatorenmanschettenruptur im Bereich des linken Schultergelenks dafür spricht, dass die Rotatorenmanschetten degenerativ verändert waren. Prof. Dr. Z. hat in seinem Gutachten ausdrücklich darauf hingewiesen, dass degenerative Rotatorenmanschettenrupturen - wie vorliegend - häufig beidseits auftreten. In diesem Zusammenhang ist zudem zu beachten, dass bereits Dr. K. in seinem Gutachten vom 22.02.2012, welches im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden konnte, die Auffassung vertrat, dass der Rotatorenmanschettenschaden auch im Bereich der linken Schulter für eine degenerative Genese der Supraspinatussehne und damit gegen einen Kausalzusammenhang spricht. Vor diesem Hintergrund ist mit Prof. Dr. Z. davon auszugehen, dass der Arbeitsunfall vom 17.12.2009 - neben der schweren Verletzung an der rechten Hand - lediglich zu einer schweren Schulterprellung/-Distorsion geführt hat, die jedoch innerhalb von sechs bis acht Wochen folgenlos ausgeheilt ist.

Der Kläger hat mithin auch keinen Anspruch auf Gewährung einer höheren Verletztenrente. Die von der Beklagten zutreffend anerkannten Unfallfolgen bedingen lediglich eine MdE von 30 v. H ... Auch insoweit nimmt der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des SG Bezug.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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