Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 12 R 2942/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 111/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 18. November 2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung über den 31. Dezember 2010 hinaus.
Der Kläger ist am 13. Februar 1961 geboren. Nach dem Schulbesuch begann er eine Dachdeckerlehre, die er jedoch nicht abschloss. Am 10. Dezember 1988 bestand er die Abschlussprüfung im Ausbildungsberuf Berufskraftfahrer/Güterverkehr. Er war als Möbel¬packer, Arbeiter in einem Sägewerk und zuletzt als Berufskraftfahrer versicherungspflichtig beschäftigt. Im Januar 2000 trat Arbeitsunfähigkeit wegen eines inoperablen gutartigen Hirntumors ein; es kam zu vereinzelten epileptischen Anfällen.
Der Kläger beantragte erstmals am 18. Dezember 2000 die Gewährung von Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden einheitlich Beklagte) lehnte den Antrag mit Bescheid vom 14. März 2001 und Widerspruchsbescheid vom 22. August 2001 ab. Die hiergegen beim Sozialgericht Mannheim (SG) erhobene Klage (S 11 RJ 2326/01) hatte teilweise Erfolg. Das SG verurteilte die Beklagte mit Urteil vom 13. November 2003 ausgehend von einem am 18. September 2001 eingetretenen Leistungsfall zur Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit vom 1. April 2002 bis zum 31. März 2005 und wies die Klage im Übrigen ab. Die hiergegen vom Kläger eingelegte Berufung wies das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg mit Urteil vom 3. Mai 2006 (L 3 R 5032/03) zurück. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers verwarf das Bundessozialgericht (BSG) mit Beschluss vom 21. August 2006 (B 5 R 276/06 B).
Mit Bescheid vom 23. Februar 2005 bewilligte die Beklagte dem Kläger die Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Grundlage eines Gutachtens des Nervenarztes Dr. B. vom 11. Februar 2005 aufgrund einer Untersuchung des Klägers weiter bis zum 31. März 2008.
Am 14. Januar 2008 beantragte der Kläger die Weitergewährung seiner Rente. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 6. Februar 2008 ab und wies den Widerspruch nach Einholung eines weiteren Gutachtens bei Dr. B. vom 18. Juni 2008 mit Widerspruchsbescheid vom 12. September 2008 zurück. Hiergegen erhob der Kläger am 26. September 2008 Klage beim SG (S 14 R 3190/08, ehemals S 4 R 3190/08). In der mündlichen Verhandlung vom 11. Februar 2010 schlossen die Beteiligten einen Vergleich. Danach bewilligt die Beklagte dem Kläger eine stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahme sowie eine Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 31. März 2008 hinaus, jedoch längstens bis zwei Monate nach Abschluss der stationären medizinischen Rehabilitationsmaßnahme. Die Beklagte verpflichtete sich zudem, unmittelbar nach Abschluss der stationären medizinischen Rehabilitations¬maßnahme von Amts wegen über die Weiterbewilligung der Rente wegen Erwerbsminderung zu entscheiden.
Der Kläger absolvierte die medizinische Rehabilitationsmaßnahme vom 30. September bis zum 28. Oktober 2010 in der R.-Klinik in B ... Dr. M. teilte im Entlassungsbericht vom 18. November 2010 als Diagnosen eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, eine Dysthymia, eine Beschwerdeakzentuierung im Rahmen des Rentenbegehrens, eine akute Otitis media (Mittelohrentzündung) links sowie eine Schwerhörigkeit beidseits mit. Der Kläger könne leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sechs Stunden und mehr täglich verrichten. Aufgrund der Neigung zur somatoformen Schmerzfehlverarbeitung seien dauerhaft körperliche schwere und mittelschwere Tätigkeiten, Tätigkeiten ständig im Stehen und Gehen, Tätigkeiten in häufigen Wirbelsäulenzwangshaltungen, mit häufigem Bücken, mit häufigem Überkopfarbeiten sowie Arbeiten in extremer Nässe, Kälte und Zugluft nicht mehr zumutbar. Aufgrund der Affektlabilität erschienen Tätigkeiten mit überdurchschnittlichen Anforderungen an das Umstellungs- und Anpassungsvermögen, Tätigkeiten mit regem Publikumsverkehr, Tätigkeiten unter hohem Zeitdruck, wie z.B. nicht leidensgerecht angepasste taktgebundene Tätigkeiten sowie Akkordarbeiten für den Kläger ungeeignet. Es bestehe Anfallsfreiheit seit über zwei Jahren; unter Berücksichtigung der verminderten psychischen Belastbarkeit und von drei Krampfanfällen erscheine dauerhaft eine Tätigkeit als Berufskraftfahrer ungeeignet. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sollten überprüft werden; aufgrund des Renten- und Versorgungsbegehrens sei die Motivation für solche beruflichen Wiedereingliederungs-maßnahmen nach Abschluss des Rentenverfahrens kritisch zu prüfen. Der Kläger trage Beschwerden mit einer deutlichen Tendenz zur Aggravation vor.
Mit Bescheid vom 25. Januar 2011 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die zeitlich befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung am 31. Dezember 2010 ende und über diesen Zeitpunkt hinaus nicht weitergewährt werde.
Am 4. Februar 2011 beantragte der Kläger die Weiterzahlung der Rentenleistung. Er könne das Verhalten der Beklagten nicht nachvollziehen, da er aus der Reha-Maßnahme als arbeitsunfähig entlassen worden sei. Mit Bescheid vom 9. März 2011 lehnte die Beklagte sinngemäß erneut die Weitergewährung der Rente wegen Erwerbsminderung über den 31. Dezember 2010 ab. Nach nochmaliger sozialmedizinischer Prüfung und Würdigung der vorgelegten Unterlagen sei sie zu dem Schluss gekommen, dass der Kläger über ein vollschichtiges Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verfüge.
Gegen beide Bescheide erhob der Kläger am 20. April 2011 Widerspruch. Der Widerspruchsausschuss der Beklagten wies die Widersprüche mit Widerspruchsbescheid vom 19. Juli 2011 zurück. Unter Berücksichtigung aller Gesundheitsstörungen und der sich daraus ergebenden funktionellen Einschränkungen bei der Ausübung von Erwerbstätigkeiten seien keine Auswirkungen ersichtlich, die das Leistungsvermögen des Klägers für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zeitlich einschränkten. Dem Kläger seien leichte bis mittelschwere Tätigkeiten, überwiegend im Stehen, im Gehen und im Sitzen, in Tagesschicht, ohne besonderen Zeitdruck, ohne besondere Anforderung an Konzentrationsvermögen/Reaktionsvermögen, ohne besondere Beanspruchung des Hörvermögens, ohne längere Wirbelsäulenzwangshaltungen, ohne häufiges Überkopfarbeiten, ohne häufiges Heben und Tragen von Lasten (ohne mechanische Hilfsmittel seien zehn Kilogramm zumutbar) und ohne besondere Belastung durch Kälte sechs Stunden und mehr täglich zumutbar. Der Kläger könne seit dem 1. Januar 2011 zumindest körperlich leichte Tätigkeiten wieder mindestens sechs Stunden täglich verrichten.
Hiergegen erhob der Kläger am 25. August 2011 Klage beim SG. Sein Gesundheitszustand habe sich seit seinem ersten Rentenantrag fortlaufend verschlechtert. Bei ihm bestünden folgende Krankheiten: Tinnitusleiden, Verschlechterung des Hörens, massive Essstörungen, Verschleiß des rechten und linken Knies (aufgrund dessen erhebliche Probleme beim Laufen), Halswirbelsäulen- und Lendenwirbelsäulenschmerzen, erhebliche Magenprobleme, Beengungsgefühl, Ein- und Durchschlafprobleme, dauerhafte Kopfschmerzen aufgrund seines Gehirntumors (medikamentös nicht linderbar), massive Kreislaufstörungen mit Ohnmachtsanfällen und Stürzen auf der Treppe sowie Vergesslichkeit. Bei ihm sei ein Grad der Behinderung von 80 seit dem Jahr 2005 unbefristet anerkannt. Im Hirnstammbereich liege ein inoperabler Tumor vor, der zu Krampfanfällen, ständigen Kopfschmerzen und Konzentrationsstörungen führe. Aufgrund des Tumors und der Folgeproblematiken sei eine chronische Anpassungsstörung aufgetreten, die in depressive Symptomatik und ständigem Angstgefühl ende. Auch diese Symptomatik habe sich bis heute nicht verbessert. Seit er die Rehabilitationsmaßnahme durchgeführt habe, habe er Schwierigkeiten mit den Ohren, da er trotz bekannter Problematik mit den Ohren dort veranlasst worden sei, schwimmen zu gehen. Er habe sich dabei in beiden Gehörgängen Keime zugezogen, welche zu blutigem und eitrigem Ausfluss führten. Dies führe dazu, dass er seine Hörgeräte nicht tragen könne und dass sich sein Hörvermögen massiv verschlechtert habe. Aktuell hinzugekommen seien noch Schulterschmerzen, Krämpfe in den Füßen, Taubheit und Kribbeln der Finger der linken Hand, Diabetes und dauerhaft hohe Cholesterinwerte. Das Sehen habe sich aufgrund des Tumors sehr verschlechtert.
Das SG befragte behandelnde Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen. Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. B. berichtete unter dem 19. Januar 2012, dass er den Kläger einmalig am 15. April 2011 untersucht habe. Zu zwei weiteren vereinbarten Terminen am 26. Mai und 22. Dezember 2011 sei der Kläger nicht erschienen. Er habe Depressivität, Konzentrationsstörungen, umständliches Denken sowie verminderten Antrieb festgestellt. Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. O. berichtete unter dem 24. April 2012 über zwei bis drei Kontakte mit dem Kläger pro Quartal. Bereits der Vorbehandler habe Schulterschmerzen beiderseits, Knieschmerzen beiderseits, Ein- und Durchschlafstörungen, Cephalgien, Hör- und Sehverschlechterungen festgestellt. Er selbst habe Diabetes mellitus und eine Fettstoffwechsel-störung festgestellt.
Das SG bestellte sodann auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. S. zum gerichtlichen Sachverständigen. Dieser erstattete unter dem 29. Januar 2013 ein nervenfachärztliches Gutachten. Er stellte folgende Diagnosen: chronifizierte depressive Entwicklung (Dysthymie) mit Somatisierungsstörung, anhaltende somatoforme Schmerzstörung, anhaltendes Kopfschmerzsyndrom unklarer Genese, Stützgerüstbeschwerden, Persönlichkeitsakzentuierung mit einer Tendenz zur verdeutlichten Symptomdarstellung, gutartiger Tumor im Bereich der Medulla oblongata ohne neurologisch feststellbare Ausfallerscheinungen sowie Oligoepilepsie mit letztem wahrscheinlichen Anfall im November 2012. Im Vordergrund der vom Kläger dargestellten Beschwerdesymptomatik stünden zum einen nahezu beständig vorhandene Kopfschmerzen, durch die sich der Kläger erheblich beeinträchtigt sehe, wie er während der gutachtlichen Untersuchungsexploration durchgehend demonstriert habe. Es bleibe allerdings unklar, ob diese sehr auffällige Beschwerdedarstellung auch im Alltag in dieser Form vorhanden sei. Zum anderen stünde im Vordergrund eine ausgeprägte Antriebsreduktion im Alltag, Lustlosigkeit, Motivationslosigkeit, einhergehend mit zunehmendem Rückzugsverhalten, mit sozial phobischen Verhaltenskom-ponenten, mit einem in subjektivem Erleben weitgehend aufgehobenen Durchhaltevermögen und mit im subjektiven Erleben bestehenden kognitiven Beeinträchtigungen (Konzentrations¬fähigkeit, Gedächtnis). Versuche man, den vom Kläger geschilderten alltäglichen Ablauf und das beschriebene Verhalten anhand des Mini-ICF-App, eines Ratinginstruments nach der internationalen Klassifikation zur Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit, in einer Skala zum Ausmaß der Aktivitäts- und Partizipationsstörungen umzusetzen, dann fänden sich in nahezu allen der zwölf Kategorien wenigstens mittelschwere bis zum Teil auch schwere Beeinträchtigungen mit Ausnahme der Selbstbehauptungsfähigkeit, der familiären bzw. intimen Beziehungen, der Selbstpflege und Verkehrsfähigkeit. Die weiteren Kriterien (Anpassung an Regeln und Routinen, Planung und Strukturierung von Aufgaben, Flexibilität und Umstellungsfähigkeit, Anwendung fachlicher Kompetenzen, Entscheidungs- und Urteilsfähigkeit, Durchhaltefähigkeit, Kontaktfähigkeit zu Dritten, Gruppenfähigkeit, Spontanaktivitäten) seien nach der Selbstdarstellung des Klägers erheblich beeinträchtigt. Bei der durchgeführten Untersuchung falle allerdings zunächst die ausgeprägte Verdeutlichungstendenz des Klägers auf. Eine schwere Depressivität mit einem dazugehörigen erheblichen Leidensdruck, mit vitalen depressiven Beeinträchtigungen wie Appetitlosigkeit, tiefer Niedergeschlagenheit bis hin zur Verzweiflung, mit Grübeleien, Selbstvorwürfen bis hin zu Suizidfantasien oder mit depressiver Denkhemmung ließen sich nicht erkennen. Im Vordergrund stehe eher eine Unzufriedenheit mit sich und der derzeitigen Lebenssituation. Berücksichtige man die Gesamterkrankungsgeschichte seit Entdeckung des aller Wahrscheinlichkeit nach gutartigen Hirnstammtumors mit den entsprechenden psychosozialen Folgen müsse einerseits festgestellt werden, dass der Kläger in diesen Jahren nach der Aktenlage keine Motivation, keine ernsthaften Bemühungen zur Wiedererlangung eines besseren psychophysischen Gesundheitszustandes oder gar seiner Leistungsfähigkeit habe erkennen lassen. Eine konsequente ambulante psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung sei nie langfristig durchgeführt worden. Die fehlende Motivation lasse sich zumindest teilweise durch die gewährte Erwerbsminderungsrente erklären. Der Kläger habe sich mit der von ihm dargestellten Beschwerdesymptomatik offensichtlich arrangiert, sein Leidensdruck könne nicht übermäßig hoch sein, anderenfalls hätte man erwarten müssen, dass er sich ausreichend intensiv um therapeutische Behandlung bemühen würde. Auch die Bearbeitung der dem Kläger zur Verfügung gestellten Fragebögen habe nach etwa einstündiger Exploration und anschließender Untersuchung für den Kläger keine unzumutbare Schwierigkeit dargestellt. Berücksichtige man das Querschnittsbild des Klägers zum Zeitpunkt der stationären medizinischen Rehabilitation und zum jetzigen Zeitpunkt alleine, so stehe ohne Zweifel das Rentenbegehren ganz im Vordergrund. Die geklagte depressive Symptomatik, die sich daraus ergebenden Verhaltensauffälligkeiten, die nach den von ihm erhobenen Untersuchungsbefunden keinen übermäßigen Leidensdruck erkennen ließen und auch keine Bereitschaft zu einer adäquaten Behandlung, seien nicht so ausgeprägt, dass dadurch – berücksichtige man das Querschnittsbild alleine – eine quantitative Leistungsminderung abgeleitet werden könne. Zu bewerten sei allerdings auch die gesamte Krankheitsgeschichte, vor allem auch mit den psychosozialen Folgen einer Gewährung einer vollen Erwerbsminderungsrente seit dem Jahr 2001. Vor diesem Hintergrund sei es kaum vorstellbar, dass der Kläger nach neun Jahren Erwerbsunfähigkeit auf einmal wieder vollschichtig leistungsfähig sein könnte. Es sollten intensive berufliche Wiedereingliederungsmaßnahmen angeboten werden, um den Kläger wieder an das Arbeitsleben heranzuführen. Inwieweit überhaupt wieder ein vollschichtiges Leistungsvermögen erreicht werden könne, sei derzeit nicht zu beurteilen. Der Kläger könne leichte, in Spitzen mittelschwere Arbeiten im Wechsel von Stehen, Sitzen und Gehen ohne Wirbelsäulenzwangshaltung, ohne Besteigen von Leitern und Gerüsten, also zu ebener Erde, nicht an offenen Maschinen oder Baugruben, nicht zu Wasser, nicht unter Zeitdruck, nicht in Nachtschicht, ohne nervliche Belastung, ohne Übernahme von Verantwortung für Menschen oder Maschinen, ohne besondere Anforderung an Konzentrationsvermögen, Aufmerksamkeit oder Reaktionsfähigkeit, ohne Publikumsverkehr, ohne besondere Anforderung an das Hörvermögen und ohne Lärmbelastung noch bis zu einer Höchstdauer von unter sechs Stunden arbeitstäglich verrichten. Ein Wiedereintritt ins Arbeitsleben könne nur schrittweise gelingen. Aus diesem Grunde könne er derzeit noch keine vollschichtige Belastbarkeit sehen.
Die Beklagte trat dem mit einer sozialmedizinischen Stellungnahme des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. N. vom 3. April 2013 entgegen. Aufgrund der vom Sachverständigen gestellten Diagnosen sei aus sozialmedizinischer Sicht der Einschätzung des quantitativen Leistungsvermögens nicht zu folgen, weil es sich bei dem Krankheitsbild einer Dysthymia um einen leichtgradigen Verstimmungszustand handle, der nicht wenigstens die Kriterien einer leichten depressiven Störung erfülle. Bei der Somatisierungsstörung und der anhaltenden somatoformen Schmerzstörung handele es sich um subjektive Beschwerdeangaben, bei denen Beschwerden, die an einen körperlichen Krankheitsprozess erinnerten, nicht oder nur zum Teil auf einen solchen zurückgeführt werden könnten. Sozialmedizinisch relevante Funktionseinschränkungen, die ein reduziertes quantitatives Leistungsvermögen bedingen würden, seien vom Sachverständigen nicht beschrieben worden. Der psychopathologische Untersuchungsbefund zeige, abgesehen von der Stimmungsproblematik, einen Normalbefund. Auch im Hinblick auf die körperliche Erkrankung des gutartigen Tumors werde eindeutig festgestellt, dass sich keine neurologischen Ausfallerscheinungen finden ließen, weshalb auch hierdurch keine Einschränkungen des quantitativen Leistungsvermögens zu folgern seien.
Das SG wies die Klage mit Urteil vom 18. November 2013 ab. Der Kläger sei nicht erwerbsgemindert. Dabei sei ausschließlich das seit dem 1. Januar 2001 geltende Recht anzuwenden, da die Beteiligten über die Weitergewährung einer nach diesem neuen Recht aufgrund eines Leistungsfalles vom 18. September 2001 bewilligten Rente stritten. Dem Kläger sei seit 1. Januar 2011 bei Beachtung verschiedener Einschränkungen eine Erwerbstätigkeit im Umfang von sechs Stunden und mehr täglich zumutbar. Der Kläger sei bei zumutbarer Willensanspannung durchaus in der Lage, seine gesundheitliche Beeinträchtigung soweit zu überwinden, dass er solche Tätigkeiten aufnehmen könne.
Gegen das dem Kläger am 9. Dezember 2013 zugestellte Urteil hat er am 9. Januar 2014 Berufung eingelegt. Der Kläger trägt ergänzend zu seinem bisherigen Vorbringen vor, dass er selbst gerne wieder arbeiten würde. Er habe nacheinander zwei Stellen angetreten, bei denen er nur leichte Hilfsarbeiten habe leisten sollen. Die Dauerhaftigkeit der Beschäftigung sei an der nicht gewährleisteten Regelmäßigkeit, mit der er zur Arbeit erschienen sei, gescheitert. Er sei teilweise aufgrund starker Schmerzen in der Nacht oder Schlafstörungen morgens unpünktlich oder gar nicht zur Arbeit erschienen. Meist sei er dann in den frühen Morgenstunden aus Erschöpfung eingeschlafen und es sei nicht möglich gewesen, ihn wieder zu wecken. Auch eine Mitarbeiterin der Beklagten habe im Januar 2011 festgestellt, dass die Möglichkeit einer beruflichen Maßnahme nicht bestehe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 18. November 2013 und die Bescheide der Beklagten vom 25. Januar 2011 und vom 9. März 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Juli 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm auch über den 31. Dezember 2010 hinaus Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verweist auf ihren bisherigen Vortrag und die Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil.
Der frühere Berichterstatter hat den Sachverhalt mit den Beteiligten am 16. Mai 2014 erörtert. Zu den Einzelheiten wird auf die Niederschrift Bezug genommen.
Der Senat hat Fachärztin für Innere Medizin Dr. V. und Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. L. schriftlich als sachverständige Zeugin befragt. Dr. V. hat unter dem 17. Juni 2014 die bekannten Diagnosen mitgeteilt und angegeben, sie behandele den Kläger seit dem 1. Januar 2014. Dr. L. teilte unter dem 22. November 2014 mit, den Kläger zwischen dem 14. März und 31. Oktober 2014 behandelt zu haben. Er habe einen psychosomatischen Symptomenkomplex/Somatisierungsstörung diagnostiziert. Der Kläger sei wach, bewusstseins-klar, allseits orientiert und klagsam gewesen. Er habe sich immer wieder schmerzverzerrt an den Kopf gefasst. Er sei formal-gedanklich geordnet, aber eingeengt auf die körperliche Symptoma-tik. Der Affekt sei dysphor, etwas eingeschränkt schwingungsfähig, die Psychomotorik regelgerecht, der Antrieb regelgerecht.
Der Senat hat Dr. B. von Amts wegen zum gerichtlichen Sachverständigen bestellt. Er hat unter dem 9. September 2014 aufgrund einer Untersuchung des Klägers vom 16. Juli 2014 sein neurologisch-psychiatrisches Gutachten erstattet. Bei der Exploration des Klägers sei ein ausgesprochen akzentuiertes Kommunikationsmuster und sein Verhalten im Vordergrund gestanden. Auf der einen Seite stünden langatmige, auch recht eloquente, in der Ausdrucksweise gelegentlich auch leicht akzentuierte Darlegungen. Auf der anderen Seite gebe der Kläger an, den Gutachter nicht ausreichend zu hören mit Hinweisen auf die Schwerhörigkeit, wobei die "Art der Darstellung" und auch die Inkonsistenz dieses reklamierten Aspektes nicht auf eine sozialmedizinisch weiterreichende Hörminderung schließen lassen könne. Der Kläger gebe etwa einerseits an, nicht denken und nicht auffassen zu können, um im nächsten Moment bei einem anderen Thema flott, hellwach, sich im Bilde und durchaus auch schlagfertig zu zeigen. Der Kläger habe die Exploration dann abgebrochen und sei nach Hause gefahren. Es habe keine klinisch-neurologische Untersuchung stattgefunden. Nach der Aktenlage ließen sich keine neurologisch-psychiatrisch begründeten Funktionsstörungen eingrenzen, die auf eine weiterreichende, etwa quantitative Leistungseinschränkung schließen lassen könnten. Von einem weiteren Gutachtentermin sei keine weitere Klärung der sozialmedizinisch relevanten Fragen zu erwarten.
Bereits vor Eingang des Sachverständigengutachtens hat der Kläger mitgeteilt, dass er die Befragung durch Dr. B. aufgrund seines Gesundheitszustandes kurzfristig habe unterbrechen müssen. Es sei nach dieser durch starke Übelkeit und Problemen, sich aufgrund dessen noch auf den Beinen halten zu können, nicht mehr möglich gewesen, den Termin fortzuführen. Er habe Dr. B. mitgeteilt, dass er gerne bereit sei, einen neuen Termin wahrzunehmen. Nach Vorlage des Gutachtens des Sachverständigen hat der Kläger die Auffassung vertreten, dass das Gutachten nicht verwertbar sei, da die Begutachtung nach kurzer Zeit aufgrund seiner gesundheitlichen Probleme habe abgebrochen werden müssen. Der Sachverständige habe ihn so erlebt, wie es im täglichen Leben bei ihm sei. Er habe erhebliche Probleme bei der Konzentration, verstehe vieles aufgrund erheblicher Hörschwierigkeiten nicht, könne sich nach einiger Zeit nicht mehr konzentrieren bzw. gerate ins Stottern. Auch der Abbruch aufgrund auftretender Übelkeit und Schmerzen stelle seinen Alltag dar. Es gebe derzeit kein Medikament und auch keinen Arzt, die ihm wirklich helfen könnten.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge, die Akten des LSG im Verfahren L 3 RJ 5032/03 sowie auf die Akten des SG in den Verfahren S 11 RJ 2326/01 und S 14 R 3190/08 sowie auf die beigezogenen Akten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Die nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte und gemäß § 143 SGG statthafte Berufung des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis beider Beteiligter durch Urteil ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 SGG entscheidet, ist auch im Übrigen zulässig. Die Berufung bedurfte nicht nach § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG der Zulassung. Denn der Kläger begehrt Leistungen für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
2. Die Berufung des Klägers ist aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Bescheide der Beklagten vom 25. Januar 2011 und vom 9. März 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Juli 2011 sind rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung über den 31. Dezember 2010 hinaus.
a) Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 1. Januar 2008 geändert durch Artikel 1 Nr. 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554), wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Die vorgenannten Rechtsvorschriften sind auf den Kläger anzuwenden, auch wenn dieser erstmals am 18. Dezember 2000 einen Antrag auf Gewährung von Rente wegen (damals) Berufsunfähigkeit bzw. Erwerbsunfähigkeit gestellt hatte. Die insoweit maßgebliche Übergangsregelung in § 302b Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGB VI bestimmt, dass, wenn am 31. Dezember 2000 Anspruch auf eine Rente wegen Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit bestand, der jeweilige Anspruch bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze weiterbesteht, solange die Voraussetzungen vorliegen, die für die Bewilligung der Leistung maßgebend waren. Diese Norm greift zu Gunsten des Klägers schon deswegen nicht ein, weil er am 31. Dezember 2000 keinen Anspruch auf eine Rente wegen Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit hatte. Das SG hat mit Urteil vom 13. November 2003 einen Leistungsfall erst am 18. September 2001 festgestellt.
Bei einem Antrag, eine befristet bewilligte Rente wegen Erwerbsminderung weiterzuzahlen, bedarf es keines Nachweises, dass eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen im Sinne von § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) gegenüber denen, die der Bewilligung zugrundelagen, eingetreten ist. Die Entscheidung, ob dem Versicherten nach Ablauf des Bewilligungszeitraums der Rente wegen Erwerbsminderung auf Zeit zusteht, ist nicht bloß die Verlängerung einer früher bereits dem Grunde nach anerkannten Sozialleistung, sondern stellt die eigenständige und vollinhaltlich erneute ("wiederholte") Bewilligung der beantragten Rente dar. Bei der Zuerkennung einer Rente auf Zeit richtet sich der Wille des Versicherungsträgers von vornherein nur auf die Gewährung von Rente für diese Zeit und es fehlt infolgedessen für die darüber hinausreichende Zeit an jeder für den Versicherten positiven Regelung durch den Versicherungsträger ([BSG, Urteil vom 26. Juni 1990 - 5 RJ 62/89 -, in juris).
b) Nach den dargelegten Maßstäben ist der Kläger jedenfalls seit dem 1. Januar 2011 weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Aufgrund der im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger zumindest noch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes wenigstens sechs Stunden täglich verrichten kann.
(1) Der Kläger leidet auf psychiatrischem Fachgebiet unter einer chronifizierten depressiven Entwicklung (Dysthymie) mit Somatisierungsstörung und Persönlichkeitsakzentuierung mit einer Tendenz zur verdeutlichten Symptomdarstellung. Dies entnimmt der Senat dem vom SG eingeholten Sachverständigengutachten des Dr. S ... Dazu steht nicht im Widerspruch dass der im Berufungsverfahren tätige Sachverständige Dr. B. auf seinem – nervenärztlichen –Fachgebiet keine Diagnosen mitgeteilt hat. Denn Dr. B. hat insoweit lediglich ausgeführt, dass sich keine neurologisch-psychiatrisch begründeten Funktionsstörungen eingrenzen ließen. Damit ist aber nicht die Frage nach Diagnosen angesprochen, sondern die nach hieraus ggf. folgenden funktionellen Einschränkungen.
Die jüngste neurologische Untersuchung, über die Dr. L. unter dem 22. November 2014 berichtete, ergab abgesehen von dem bekannten Tumor im Bereich der rechten dorsalen Medulla oblongata und einer – nach den eigenen Angaben des Klägers seit seiner Jugend bekannten – Raumforderung links bukkal keinen pathologischen Befund.
Die vom Kläger geklagten dauerhaften Kopfschmerzen lassen sich naturgemäß nicht objektivieren. Der Senat geht zu Gunsten des Klägers davon aus, dass er tatsächlich unter Kopfschmerzen leidet. Allerdings ist der Senat auch überzeugt, dass diese Kopfschmerzen weder dauerhaft sind noch von einem erheblichen Ausmaß sind. Hiergegen spricht bereits, dass der Kläger keine Schmerzmittel einnimmt, wie er zuletzt dem gerichtlichen Sachverständigen Dr. B. mitgeteilt hat.
Auf ohrenärztlichem Gebiet leidet der Kläger unter beidseitiger Schwerhörigkeit. Dies entnimmt der Senat dem Reha-Entlassungsbericht von Dr. M. vom 18. November 2010. Das vom Kläger behauptete Tinnitusleiden ist jedenfalls in den für den hier streitgegenständlichen Zeitraum relevanten, ab dem 1. Januar 2011 vorgelegten ärztlichen Äußerungen nicht festgestellt worden.
Relevante gesundheitliche Beeinträchtigungen auf orthopädischem Fachgebiet liegen bei dem Kläger nicht vor. Zwar hat der Kläger in seiner Berufungsbegründung Schmerzen in der Halswirbel- und der Lendenwirbelsäule sowie einen Verschleiß beider Knie geltend gemacht; entsprechende Befunde und Diagnosen sind aber weder im Reha-Entlassungsbericht von Dr. M. vom 18. November 2010 noch in den nachfolgend erstellten ärztlichen Äußerungen dokumentiert. In orthopädischer Behandlung befindet sich der Kläger zudem nicht.
(2) Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass die festgestellten Gesundheitsstörungen das berufliche Leistungsvermögen des Klägers zwar in qualitativer, aber nicht in quantitativer Hinsicht mindern.
Der beim Kläger im Jahr 2000 festgestellte Gehirntumor ist gutartig. Ein hierdurch ausgelöster epileptischer Anfall fand zuletzt im Jahr 2012 statt, wie der Kläger zuletzt gegenüber Dr. L. mitgeteilt hat. Funktionelle Einschränkungen folgen hieraus nicht.
Im Mittelpunkt der gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers stehen die Gesundheitseinschränkungen auf psychiatrischem Gebiet. Ausgehend von der Hauptdiagnose des Dr. S.– chronifizierte depressive Entwicklung (Dysthymie) mit Somatisierungsstörung und anhaltender somatoformer Schmerzstörung – lässt sich hieraus eine Einschränkung der beruflichen Leistungsfähigkeit des Klägers nicht folgern. Bei einer Dysthymia handelt es sich nach ihrer Definition (ICD-10 F34.1) um eine chronische, wenigstens mehrere Jahre andauernde depressive Verstimmung, die weder schwer noch hinsichtlich einzelner Episoden anhaltend genug ist, um die Kriterien einer schweren, mittelgradigen oder leichten rezidivierenden depressiven Störung zu erfüllen.
Den Ausführungen Dr. S. lässt sich zudem entnehmen, dass eine Diskrepanz zwischen den dargestellten Leiden und dem objektivierbaren Befund besteht. So berichtet Dr. S. von einer ausgeprägten Verdeutlichungstendenz des Klägers; auch Dr. M. weist im Reha-Entlassungsbericht vom 18. November 2010 darauf hin, dass der Kläger Beschwerden mit einer deutlichen Tendenz zur Aggravation vorträgt. Eine schwere Depressivität mit einem dazugehörigen erheblichen Leidensdruck konnte Dr. S. ausdrücklich nicht feststellen. Dem korrespondiert, dass eine konsequente psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung nie langfristig durchgeführt worden ist. Diesen Widerspruch betont auch Dr. S ... Die Befunde Dr. S. werden durch die Angaben des Dr. L. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage gegenüber dem Senat bestätigt. Er konnte rentenrechtlich wesentliche psychiatrische Befunde nicht mitteilen, sondern berichtet lediglich, dass der Kläger wach, bewusstseinsklar, allseits orientiert, klagsam, formal-gedanklich geordnet (wenn auch eingeengt auf die körperliche Symptomatik) und etwas eingeschränkt schwingungsfähig sei. Der Affekt ist danach dysphor, die Psychomotorik und der Antrieb regelgerecht.
Vor diesem Hintergrund teilt der Senat nicht die Einschätzung Dr. S., dass das berufliche Leistungsvermögen auf unter sechs Stunden gesunken sei. Wenn Dr. S. äußert, dass die Grenze bei "unter 6 Stunden" liege, ist bereits nicht plausibel dargelegt, woraus gerade diese zeitliche Grenze resultieren soll. Abgesehen davon stützt Dr. S. seine Leistungseinschätzung aber gerade nicht auf die aktuell bzw. mit Blick auf den Zeitraum seit dem 1. Januar 2011 zu erhebenden Befunde, sondern auf den Umstand, dass der Kläger fast neun Jahre eine Erwerbsminderungsrente bezogen hat und daher dem Berufsleben entwöhnt ist. Der Bezug einer Erwerbsminderungsrente selbst über einen so langen Zeitraum kann aber nicht aus sich allein heraus einen fortdauernden Leistungsanspruch generieren. Abgesehen davon, dass auch der vom Gesetzgeber vorgesehene Zeitraum von neun Jahren, ab dem vermutet wird, dass es unwahrscheinlich sei, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit nicht mehr behoben werden kann (§ 102 Abs. 2 Satz 5 Halbsatz 2 SGB VI), noch nicht verstrichen ist, ist der Senat davon überzeugt, dass es dem Kläger bei zumutbarer Willensanstrengung möglich ist, wieder sechsstündig arbeitstäglich erwerbstätig zu sein. Die vorliegenden qualitativen Einschränkungen, die Dr. S. benannt hat (nur in Spitzen mittelschwere Arbeiten im Wechsel von Stehen, Sitzen und Gehen ohne Wirbelsäulenzwangshaltung, ohne Besteigen von Leitern und Gerüsten, also zu ebener Erde, nicht an offenen Maschinen oder Baugruben, nicht zu Wasser, nicht unter Zeitdruck, nicht in Nachtschicht, ohne nervliche Belastung, ohne Übernahme von Verantwortung für Menschen oder Maschinen, ohne besondere Anforderung an Konzentrationsvermögen, Aufmerksamkeit oder Reaktionsfähigkeit, ohne Publikumsverkehr, ohne besondere Anforderung an das Hörvermögen und ohne Lärmbelastung) stehen einer leichten Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht entgegen.
Vor dem Hintergrund, dass der Kläger Schmerzmittel – etwa nach seinen Angaben gegenüber Dr. B. – nicht einnimmt, ist der Senat auch überzeugt, dass die von ihm geklagten Kopfschmerzen weder in ihrer Häufigkeit und Dauer noch in ihrer Intensität ein Ausmaß haben, das hierdurch eine leichte Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht oder nur mit zeitlichen Einschränkungen möglich wäre.
Auch die Schwerhörigkeit des Klägers reduziert sein berufliches Leistungsvermögen nicht in zeitlicher Hinsicht, zumal eine Hörgeräteversorgung erfolgt ist. Soweit der Kläger im Klageverfahren noch vorgetragen hatte, dass er die Hörgeräte nicht tragen könne, weil er seit der Reha-Maßnahme blutigen und eitrigen Ausfluss in den Ohren gehabt habe, war dies offenbar nur ein vorübergehendes Phänomen; der Kläger hat diese Darstellung im weiteren Verlauf und auch im Berufungsverfahren nicht wiederholt. Im Übrigen steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger in der Lage ist, sich zu verständigen. Dies gelang etwa sowohl bei der Exploration durch Dr. S. als auch – mit Einschränkungen – bei der Exploration durch Dr. B ... Dass es bei der Befragung durch Dr. B. dabei zu Phasen kam, in denen der Kläger vorgab, Dr. B. nicht zu verstehen, beruht zur Überzeugung des Senats, der sich insoweit auf die Einschätzung Dr. B. stützt, nicht auf mangelnder Leistungsfähigkeit der Ohren des Klägers. Dr. B. macht in seinen Ausführungen deutlich, dass das Verhalten und die Reaktionen des Klägers, abhängig von den gestellten Fragen diese entweder zu verstehen und sich dazu zu äußern oder sich "taub zu stellen", die Annahme begründen, dass die Verständigungsprobleme keine körperlichen Ursachen haben, sondern Ausdruck histrionischen Verhaltens sind. Zwar mag man diesem Persönlichkeitszug wiederum Krankheitswert zusprechen; eine zeitliche Limitierung des beruflichen Leistungsvermögens folgt hieraus aber auch nicht.
Soweit der Kläger auf Dreh- und Schwankschwindel verweist, behauptet er selbst nicht, dass es sich um Dauerzustände handele. Insofern ist der Senat der Überzeugung, dass diese Symptome zwar wiederholt auftreten und dann jeweils auch Arbeitsunfähigkeit begründen, aber nicht den für die Bejahung von Erwerbsminderung erforderlichen Dauercharakter haben. Gleiches gilt für die vom Kläger in der Berufungsbegründung behaupteten massiven Essstörungen und erheblichen Magenprobleme. Sein Hinweis auf ein Beengungsgefühl ist schon zu diffus, um dem rentenrechtliche Relevanz zuzubilligen.
Etwas anderes folgt auch nicht aus dem vom Kläger vorgelegten Vermerk einer Sachbearbeiterin der Beklagten aufgrund eines Beratungsgesprächs mit dem Kläger vom 24. Januar 2011. Zwar äußerte die Sachbearbeiterin darin, dass der Kläger ihr als derzeit nicht belastbar für ganztätige Reha-Maßnahmen erscheine und sie zum "heutigen Zeitpunkt" keine beruflichen Maßnahmen vorschlagen könne. Hierbei handelt es sich aber zum einen um keine ärztliche Einschätzung und zum anderen lediglich um einen punktuellen Eindruck, den die Sachbearbeiterin aufgrund der Angaben des Klägers an jenem Tag erhalten hat. Eine Beurteilung der Erwerbsfähigkeit bzw. deren Fehlen lässt sich hierauf nicht stützen.
(3) Entgegen der Auffassung des Klägers belegt auch die Anerkennung eines Grades der Behinderung von 80 nicht, dass er erwerbsgemindert wäre. Zwischen der Schwerbehinderung nach dem Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) und der Erwerbsminderung nach dem SGB VI besteht keine Wechselwirkung, da die gesetzlichen Voraussetzungen unterschiedlich sind (BSG, Beschluss vom 8. August 2001 – B 9 SB 5/01 B, in juris, Rn. 5; BSG, Beschluss vom 9. Dezember 1987 – 5b BJ 156/87, in juris, Rn. 3). Für die Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI sind die Erwerbsmöglichkeiten des Betroffenen maßgeblich, während § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX in der bis zum 14. Januar 2015 geltenden Fassung und § 159 Abs. 7 SGB IX in der seit dem 15. Januar 2015 geltenden Fassung (geändert durch Art. 1a des Gesetzes vom 7. Januar 2015, BGBl. II, S. 15) auf die abstrakten Maßstäbe des § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) verweist (BSG, Beschluss vom 8. August 2001 – B 9 SB 5/01 B –, in juris, Rn. 5; BSG, Beschluss vom 9. Dezember 1987 – 5b BJ 156/87 –, in juris, Rn. 3).
(4) Weitere Ermittlungen waren nicht zu veranlassen. Der Sachverhalt ist aufgeklärt. Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger die Exploration durch Dr. B. abgebrochen hat. Die für die Beurteilung der beruflichen Leistungsfähigkeit relevanten Tatsachen sind bereits durch den vom SG bestellten Sachverständigen Dr. S. sowie die im Klage- und Berufungsverfahren gehörten sachverständigen Zeugen festgestellt worden. Weder das Vorbringen des Klägers noch die Äußerungen der vom Senat gehörten Dr. V. und Dr. L. geben Anlass, ein weiteres Sachverständigengutachten einzuholen. Dr. V. hat im Wesentlichen lediglich die bereits bekannten Diagnosen mitgeteilt; Dr. L. hat ebenfalls keine Befunde mitgeteilt, denen sich eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Klägers – insbesondere gegenüber dem Zeitpunkt der Begutachtung durch Dr. S. – entnehmen ließe und die durch ein Sachverständigengutachten weiter aufgeklärt werden müssten. Auch Dr. B. selbst hat die Einschätzung geäußert, dass ein weiterer Gutachtentermin kaum zur weiteren Aufklärung beitragen würde.
(5) Ob dem Kläger ein Arbeitsplatz vermittelt werden kann oder nicht, ist für den geltend gemachten Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung nicht erheblich. Die jeweilige Arbeitsmarktlage ist nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI). Maßgebend ist, ob der Kläger mit dem ihm verbliebenen Restleistungsvermögen – wenn auch mit qualitativen Einschränkungen – in der Lage ist, zumindest körperlich leichte Tätigkeiten arbeitstäglich für mindestens sechs Stunden zu verrichten, er also in diesem zeitlichen Umfang unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts erwerbstätig sein kann, wovon im Regelfall ausgegangen werden kann (vgl. z. B. BSG, Urteil vom 19. Oktober 2011 – B 13 R 78/09 R – in juris, Rn. 31). Dies bejaht der Senat wie zuvor dargelegt.
(6) Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung liegen nicht vor. In einem solchen Fall kann der Arbeitsmarkt selbst bei einem noch vorhandenen sechsstündigen Leistungsvermögen ausnahmsweise als verschlossen gelten (siehe – auch zum Folgenden – etwa Urteil des Senats vom 21. November 2014 – L 4 R 4797/13 – nicht veröffentlicht). Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass eine Verweisung auf noch vorhandenes Restleistungsvermögen nur dann möglich ist, wenn nicht nur die theoretische Möglichkeit besteht, einen entsprechenden Arbeitsplatz zu erhalten.
Dies ist hier nicht der Fall. Bei dem Kläger liegen zwar – wie dargelegt – einige qualitative Leistungseinschränkungen vor, diese sind jedoch nicht als ungewöhnlich zu bezeichnen. Darin ist weder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen zu sehen. Eine schwere spezifische Leistungsbehinderung liegt nur vor, wenn bereits eine erhebliche (krankheitsbedingte) Behinderung ein weites Feld von Verweisungsmöglichkeiten versperrt. Hierzu können – unter besonderer Berücksichtigung der jeweiligen Einzelfallumstände – beispielsweise Einäugigkeit, Einarmigkeit und Einschränkungen der Arm- und Handbeweglichkeit sowie besondere Schwierigkeiten hinsichtlich der Gewöhnung und Anpassung an einen neuen Arbeitsplatz zählen (vgl. BSG, Urteil vom 9. Mai 2012 – B 5 R 68/11 R –, in juris, Rn. 28 m.w.N.). Keine dieser Fallkonstellationen ist bei dem Kläger vorhanden.
(7) Auch die Wegefähigkeit des Klägers war und ist gegeben. Neben der zeitlich ausreichenden Einsetzbarkeit eines Versicherten am Arbeitsplatz gehört zur Erwerbsfähigkeit auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle in zumutbarer Zeit aufsuchen zu können. Das BSG hat dieses Vermögen nur dann für gegeben erachtet, wenn es dem Versicherten möglich ist, Entfernungen von über 500 Metern zu Fuß zurückzulegen, weil davon auszugehen ist, dass derartige Wegstrecken üblicherweise erforderlich sind, um Arbeitsstellen oder Haltestellen eines öffentlichen Verkehrsmittels zu erreichen (zum Ganzen z.B. BSG, Urteil vom 17. Dezember 1991 – 13/5 RJ 73/90 – in juris, Rn. 16 ff.; Urteil vom 12. Dezember 2011 – B 13 R 21/10 R – in juris, Rn. 21 f.; Urteil vom 12. Dezember 2011 – B 13 R 79/11 R – in juris, Rn. 19 f.). Der Kläger ist in der Lage, eine Gehstrecke von 500 Metern viermal in weniger als 20 Minuten täglich zurückzulegen und öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Der Gutachter und der Sachverständige haben keine Befunde erhoben, die für eine unter den genannten Maßstäben eingeschränkte Gehfähigkeit des Klägers sprechen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG.
4. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung über den 31. Dezember 2010 hinaus.
Der Kläger ist am 13. Februar 1961 geboren. Nach dem Schulbesuch begann er eine Dachdeckerlehre, die er jedoch nicht abschloss. Am 10. Dezember 1988 bestand er die Abschlussprüfung im Ausbildungsberuf Berufskraftfahrer/Güterverkehr. Er war als Möbel¬packer, Arbeiter in einem Sägewerk und zuletzt als Berufskraftfahrer versicherungspflichtig beschäftigt. Im Januar 2000 trat Arbeitsunfähigkeit wegen eines inoperablen gutartigen Hirntumors ein; es kam zu vereinzelten epileptischen Anfällen.
Der Kläger beantragte erstmals am 18. Dezember 2000 die Gewährung von Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden einheitlich Beklagte) lehnte den Antrag mit Bescheid vom 14. März 2001 und Widerspruchsbescheid vom 22. August 2001 ab. Die hiergegen beim Sozialgericht Mannheim (SG) erhobene Klage (S 11 RJ 2326/01) hatte teilweise Erfolg. Das SG verurteilte die Beklagte mit Urteil vom 13. November 2003 ausgehend von einem am 18. September 2001 eingetretenen Leistungsfall zur Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit vom 1. April 2002 bis zum 31. März 2005 und wies die Klage im Übrigen ab. Die hiergegen vom Kläger eingelegte Berufung wies das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg mit Urteil vom 3. Mai 2006 (L 3 R 5032/03) zurück. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers verwarf das Bundessozialgericht (BSG) mit Beschluss vom 21. August 2006 (B 5 R 276/06 B).
Mit Bescheid vom 23. Februar 2005 bewilligte die Beklagte dem Kläger die Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Grundlage eines Gutachtens des Nervenarztes Dr. B. vom 11. Februar 2005 aufgrund einer Untersuchung des Klägers weiter bis zum 31. März 2008.
Am 14. Januar 2008 beantragte der Kläger die Weitergewährung seiner Rente. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 6. Februar 2008 ab und wies den Widerspruch nach Einholung eines weiteren Gutachtens bei Dr. B. vom 18. Juni 2008 mit Widerspruchsbescheid vom 12. September 2008 zurück. Hiergegen erhob der Kläger am 26. September 2008 Klage beim SG (S 14 R 3190/08, ehemals S 4 R 3190/08). In der mündlichen Verhandlung vom 11. Februar 2010 schlossen die Beteiligten einen Vergleich. Danach bewilligt die Beklagte dem Kläger eine stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahme sowie eine Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 31. März 2008 hinaus, jedoch längstens bis zwei Monate nach Abschluss der stationären medizinischen Rehabilitationsmaßnahme. Die Beklagte verpflichtete sich zudem, unmittelbar nach Abschluss der stationären medizinischen Rehabilitations¬maßnahme von Amts wegen über die Weiterbewilligung der Rente wegen Erwerbsminderung zu entscheiden.
Der Kläger absolvierte die medizinische Rehabilitationsmaßnahme vom 30. September bis zum 28. Oktober 2010 in der R.-Klinik in B ... Dr. M. teilte im Entlassungsbericht vom 18. November 2010 als Diagnosen eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, eine Dysthymia, eine Beschwerdeakzentuierung im Rahmen des Rentenbegehrens, eine akute Otitis media (Mittelohrentzündung) links sowie eine Schwerhörigkeit beidseits mit. Der Kläger könne leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sechs Stunden und mehr täglich verrichten. Aufgrund der Neigung zur somatoformen Schmerzfehlverarbeitung seien dauerhaft körperliche schwere und mittelschwere Tätigkeiten, Tätigkeiten ständig im Stehen und Gehen, Tätigkeiten in häufigen Wirbelsäulenzwangshaltungen, mit häufigem Bücken, mit häufigem Überkopfarbeiten sowie Arbeiten in extremer Nässe, Kälte und Zugluft nicht mehr zumutbar. Aufgrund der Affektlabilität erschienen Tätigkeiten mit überdurchschnittlichen Anforderungen an das Umstellungs- und Anpassungsvermögen, Tätigkeiten mit regem Publikumsverkehr, Tätigkeiten unter hohem Zeitdruck, wie z.B. nicht leidensgerecht angepasste taktgebundene Tätigkeiten sowie Akkordarbeiten für den Kläger ungeeignet. Es bestehe Anfallsfreiheit seit über zwei Jahren; unter Berücksichtigung der verminderten psychischen Belastbarkeit und von drei Krampfanfällen erscheine dauerhaft eine Tätigkeit als Berufskraftfahrer ungeeignet. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sollten überprüft werden; aufgrund des Renten- und Versorgungsbegehrens sei die Motivation für solche beruflichen Wiedereingliederungs-maßnahmen nach Abschluss des Rentenverfahrens kritisch zu prüfen. Der Kläger trage Beschwerden mit einer deutlichen Tendenz zur Aggravation vor.
Mit Bescheid vom 25. Januar 2011 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die zeitlich befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung am 31. Dezember 2010 ende und über diesen Zeitpunkt hinaus nicht weitergewährt werde.
Am 4. Februar 2011 beantragte der Kläger die Weiterzahlung der Rentenleistung. Er könne das Verhalten der Beklagten nicht nachvollziehen, da er aus der Reha-Maßnahme als arbeitsunfähig entlassen worden sei. Mit Bescheid vom 9. März 2011 lehnte die Beklagte sinngemäß erneut die Weitergewährung der Rente wegen Erwerbsminderung über den 31. Dezember 2010 ab. Nach nochmaliger sozialmedizinischer Prüfung und Würdigung der vorgelegten Unterlagen sei sie zu dem Schluss gekommen, dass der Kläger über ein vollschichtiges Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verfüge.
Gegen beide Bescheide erhob der Kläger am 20. April 2011 Widerspruch. Der Widerspruchsausschuss der Beklagten wies die Widersprüche mit Widerspruchsbescheid vom 19. Juli 2011 zurück. Unter Berücksichtigung aller Gesundheitsstörungen und der sich daraus ergebenden funktionellen Einschränkungen bei der Ausübung von Erwerbstätigkeiten seien keine Auswirkungen ersichtlich, die das Leistungsvermögen des Klägers für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zeitlich einschränkten. Dem Kläger seien leichte bis mittelschwere Tätigkeiten, überwiegend im Stehen, im Gehen und im Sitzen, in Tagesschicht, ohne besonderen Zeitdruck, ohne besondere Anforderung an Konzentrationsvermögen/Reaktionsvermögen, ohne besondere Beanspruchung des Hörvermögens, ohne längere Wirbelsäulenzwangshaltungen, ohne häufiges Überkopfarbeiten, ohne häufiges Heben und Tragen von Lasten (ohne mechanische Hilfsmittel seien zehn Kilogramm zumutbar) und ohne besondere Belastung durch Kälte sechs Stunden und mehr täglich zumutbar. Der Kläger könne seit dem 1. Januar 2011 zumindest körperlich leichte Tätigkeiten wieder mindestens sechs Stunden täglich verrichten.
Hiergegen erhob der Kläger am 25. August 2011 Klage beim SG. Sein Gesundheitszustand habe sich seit seinem ersten Rentenantrag fortlaufend verschlechtert. Bei ihm bestünden folgende Krankheiten: Tinnitusleiden, Verschlechterung des Hörens, massive Essstörungen, Verschleiß des rechten und linken Knies (aufgrund dessen erhebliche Probleme beim Laufen), Halswirbelsäulen- und Lendenwirbelsäulenschmerzen, erhebliche Magenprobleme, Beengungsgefühl, Ein- und Durchschlafprobleme, dauerhafte Kopfschmerzen aufgrund seines Gehirntumors (medikamentös nicht linderbar), massive Kreislaufstörungen mit Ohnmachtsanfällen und Stürzen auf der Treppe sowie Vergesslichkeit. Bei ihm sei ein Grad der Behinderung von 80 seit dem Jahr 2005 unbefristet anerkannt. Im Hirnstammbereich liege ein inoperabler Tumor vor, der zu Krampfanfällen, ständigen Kopfschmerzen und Konzentrationsstörungen führe. Aufgrund des Tumors und der Folgeproblematiken sei eine chronische Anpassungsstörung aufgetreten, die in depressive Symptomatik und ständigem Angstgefühl ende. Auch diese Symptomatik habe sich bis heute nicht verbessert. Seit er die Rehabilitationsmaßnahme durchgeführt habe, habe er Schwierigkeiten mit den Ohren, da er trotz bekannter Problematik mit den Ohren dort veranlasst worden sei, schwimmen zu gehen. Er habe sich dabei in beiden Gehörgängen Keime zugezogen, welche zu blutigem und eitrigem Ausfluss führten. Dies führe dazu, dass er seine Hörgeräte nicht tragen könne und dass sich sein Hörvermögen massiv verschlechtert habe. Aktuell hinzugekommen seien noch Schulterschmerzen, Krämpfe in den Füßen, Taubheit und Kribbeln der Finger der linken Hand, Diabetes und dauerhaft hohe Cholesterinwerte. Das Sehen habe sich aufgrund des Tumors sehr verschlechtert.
Das SG befragte behandelnde Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen. Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. B. berichtete unter dem 19. Januar 2012, dass er den Kläger einmalig am 15. April 2011 untersucht habe. Zu zwei weiteren vereinbarten Terminen am 26. Mai und 22. Dezember 2011 sei der Kläger nicht erschienen. Er habe Depressivität, Konzentrationsstörungen, umständliches Denken sowie verminderten Antrieb festgestellt. Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. O. berichtete unter dem 24. April 2012 über zwei bis drei Kontakte mit dem Kläger pro Quartal. Bereits der Vorbehandler habe Schulterschmerzen beiderseits, Knieschmerzen beiderseits, Ein- und Durchschlafstörungen, Cephalgien, Hör- und Sehverschlechterungen festgestellt. Er selbst habe Diabetes mellitus und eine Fettstoffwechsel-störung festgestellt.
Das SG bestellte sodann auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. S. zum gerichtlichen Sachverständigen. Dieser erstattete unter dem 29. Januar 2013 ein nervenfachärztliches Gutachten. Er stellte folgende Diagnosen: chronifizierte depressive Entwicklung (Dysthymie) mit Somatisierungsstörung, anhaltende somatoforme Schmerzstörung, anhaltendes Kopfschmerzsyndrom unklarer Genese, Stützgerüstbeschwerden, Persönlichkeitsakzentuierung mit einer Tendenz zur verdeutlichten Symptomdarstellung, gutartiger Tumor im Bereich der Medulla oblongata ohne neurologisch feststellbare Ausfallerscheinungen sowie Oligoepilepsie mit letztem wahrscheinlichen Anfall im November 2012. Im Vordergrund der vom Kläger dargestellten Beschwerdesymptomatik stünden zum einen nahezu beständig vorhandene Kopfschmerzen, durch die sich der Kläger erheblich beeinträchtigt sehe, wie er während der gutachtlichen Untersuchungsexploration durchgehend demonstriert habe. Es bleibe allerdings unklar, ob diese sehr auffällige Beschwerdedarstellung auch im Alltag in dieser Form vorhanden sei. Zum anderen stünde im Vordergrund eine ausgeprägte Antriebsreduktion im Alltag, Lustlosigkeit, Motivationslosigkeit, einhergehend mit zunehmendem Rückzugsverhalten, mit sozial phobischen Verhaltenskom-ponenten, mit einem in subjektivem Erleben weitgehend aufgehobenen Durchhaltevermögen und mit im subjektiven Erleben bestehenden kognitiven Beeinträchtigungen (Konzentrations¬fähigkeit, Gedächtnis). Versuche man, den vom Kläger geschilderten alltäglichen Ablauf und das beschriebene Verhalten anhand des Mini-ICF-App, eines Ratinginstruments nach der internationalen Klassifikation zur Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit, in einer Skala zum Ausmaß der Aktivitäts- und Partizipationsstörungen umzusetzen, dann fänden sich in nahezu allen der zwölf Kategorien wenigstens mittelschwere bis zum Teil auch schwere Beeinträchtigungen mit Ausnahme der Selbstbehauptungsfähigkeit, der familiären bzw. intimen Beziehungen, der Selbstpflege und Verkehrsfähigkeit. Die weiteren Kriterien (Anpassung an Regeln und Routinen, Planung und Strukturierung von Aufgaben, Flexibilität und Umstellungsfähigkeit, Anwendung fachlicher Kompetenzen, Entscheidungs- und Urteilsfähigkeit, Durchhaltefähigkeit, Kontaktfähigkeit zu Dritten, Gruppenfähigkeit, Spontanaktivitäten) seien nach der Selbstdarstellung des Klägers erheblich beeinträchtigt. Bei der durchgeführten Untersuchung falle allerdings zunächst die ausgeprägte Verdeutlichungstendenz des Klägers auf. Eine schwere Depressivität mit einem dazugehörigen erheblichen Leidensdruck, mit vitalen depressiven Beeinträchtigungen wie Appetitlosigkeit, tiefer Niedergeschlagenheit bis hin zur Verzweiflung, mit Grübeleien, Selbstvorwürfen bis hin zu Suizidfantasien oder mit depressiver Denkhemmung ließen sich nicht erkennen. Im Vordergrund stehe eher eine Unzufriedenheit mit sich und der derzeitigen Lebenssituation. Berücksichtige man die Gesamterkrankungsgeschichte seit Entdeckung des aller Wahrscheinlichkeit nach gutartigen Hirnstammtumors mit den entsprechenden psychosozialen Folgen müsse einerseits festgestellt werden, dass der Kläger in diesen Jahren nach der Aktenlage keine Motivation, keine ernsthaften Bemühungen zur Wiedererlangung eines besseren psychophysischen Gesundheitszustandes oder gar seiner Leistungsfähigkeit habe erkennen lassen. Eine konsequente ambulante psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung sei nie langfristig durchgeführt worden. Die fehlende Motivation lasse sich zumindest teilweise durch die gewährte Erwerbsminderungsrente erklären. Der Kläger habe sich mit der von ihm dargestellten Beschwerdesymptomatik offensichtlich arrangiert, sein Leidensdruck könne nicht übermäßig hoch sein, anderenfalls hätte man erwarten müssen, dass er sich ausreichend intensiv um therapeutische Behandlung bemühen würde. Auch die Bearbeitung der dem Kläger zur Verfügung gestellten Fragebögen habe nach etwa einstündiger Exploration und anschließender Untersuchung für den Kläger keine unzumutbare Schwierigkeit dargestellt. Berücksichtige man das Querschnittsbild des Klägers zum Zeitpunkt der stationären medizinischen Rehabilitation und zum jetzigen Zeitpunkt alleine, so stehe ohne Zweifel das Rentenbegehren ganz im Vordergrund. Die geklagte depressive Symptomatik, die sich daraus ergebenden Verhaltensauffälligkeiten, die nach den von ihm erhobenen Untersuchungsbefunden keinen übermäßigen Leidensdruck erkennen ließen und auch keine Bereitschaft zu einer adäquaten Behandlung, seien nicht so ausgeprägt, dass dadurch – berücksichtige man das Querschnittsbild alleine – eine quantitative Leistungsminderung abgeleitet werden könne. Zu bewerten sei allerdings auch die gesamte Krankheitsgeschichte, vor allem auch mit den psychosozialen Folgen einer Gewährung einer vollen Erwerbsminderungsrente seit dem Jahr 2001. Vor diesem Hintergrund sei es kaum vorstellbar, dass der Kläger nach neun Jahren Erwerbsunfähigkeit auf einmal wieder vollschichtig leistungsfähig sein könnte. Es sollten intensive berufliche Wiedereingliederungsmaßnahmen angeboten werden, um den Kläger wieder an das Arbeitsleben heranzuführen. Inwieweit überhaupt wieder ein vollschichtiges Leistungsvermögen erreicht werden könne, sei derzeit nicht zu beurteilen. Der Kläger könne leichte, in Spitzen mittelschwere Arbeiten im Wechsel von Stehen, Sitzen und Gehen ohne Wirbelsäulenzwangshaltung, ohne Besteigen von Leitern und Gerüsten, also zu ebener Erde, nicht an offenen Maschinen oder Baugruben, nicht zu Wasser, nicht unter Zeitdruck, nicht in Nachtschicht, ohne nervliche Belastung, ohne Übernahme von Verantwortung für Menschen oder Maschinen, ohne besondere Anforderung an Konzentrationsvermögen, Aufmerksamkeit oder Reaktionsfähigkeit, ohne Publikumsverkehr, ohne besondere Anforderung an das Hörvermögen und ohne Lärmbelastung noch bis zu einer Höchstdauer von unter sechs Stunden arbeitstäglich verrichten. Ein Wiedereintritt ins Arbeitsleben könne nur schrittweise gelingen. Aus diesem Grunde könne er derzeit noch keine vollschichtige Belastbarkeit sehen.
Die Beklagte trat dem mit einer sozialmedizinischen Stellungnahme des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. N. vom 3. April 2013 entgegen. Aufgrund der vom Sachverständigen gestellten Diagnosen sei aus sozialmedizinischer Sicht der Einschätzung des quantitativen Leistungsvermögens nicht zu folgen, weil es sich bei dem Krankheitsbild einer Dysthymia um einen leichtgradigen Verstimmungszustand handle, der nicht wenigstens die Kriterien einer leichten depressiven Störung erfülle. Bei der Somatisierungsstörung und der anhaltenden somatoformen Schmerzstörung handele es sich um subjektive Beschwerdeangaben, bei denen Beschwerden, die an einen körperlichen Krankheitsprozess erinnerten, nicht oder nur zum Teil auf einen solchen zurückgeführt werden könnten. Sozialmedizinisch relevante Funktionseinschränkungen, die ein reduziertes quantitatives Leistungsvermögen bedingen würden, seien vom Sachverständigen nicht beschrieben worden. Der psychopathologische Untersuchungsbefund zeige, abgesehen von der Stimmungsproblematik, einen Normalbefund. Auch im Hinblick auf die körperliche Erkrankung des gutartigen Tumors werde eindeutig festgestellt, dass sich keine neurologischen Ausfallerscheinungen finden ließen, weshalb auch hierdurch keine Einschränkungen des quantitativen Leistungsvermögens zu folgern seien.
Das SG wies die Klage mit Urteil vom 18. November 2013 ab. Der Kläger sei nicht erwerbsgemindert. Dabei sei ausschließlich das seit dem 1. Januar 2001 geltende Recht anzuwenden, da die Beteiligten über die Weitergewährung einer nach diesem neuen Recht aufgrund eines Leistungsfalles vom 18. September 2001 bewilligten Rente stritten. Dem Kläger sei seit 1. Januar 2011 bei Beachtung verschiedener Einschränkungen eine Erwerbstätigkeit im Umfang von sechs Stunden und mehr täglich zumutbar. Der Kläger sei bei zumutbarer Willensanspannung durchaus in der Lage, seine gesundheitliche Beeinträchtigung soweit zu überwinden, dass er solche Tätigkeiten aufnehmen könne.
Gegen das dem Kläger am 9. Dezember 2013 zugestellte Urteil hat er am 9. Januar 2014 Berufung eingelegt. Der Kläger trägt ergänzend zu seinem bisherigen Vorbringen vor, dass er selbst gerne wieder arbeiten würde. Er habe nacheinander zwei Stellen angetreten, bei denen er nur leichte Hilfsarbeiten habe leisten sollen. Die Dauerhaftigkeit der Beschäftigung sei an der nicht gewährleisteten Regelmäßigkeit, mit der er zur Arbeit erschienen sei, gescheitert. Er sei teilweise aufgrund starker Schmerzen in der Nacht oder Schlafstörungen morgens unpünktlich oder gar nicht zur Arbeit erschienen. Meist sei er dann in den frühen Morgenstunden aus Erschöpfung eingeschlafen und es sei nicht möglich gewesen, ihn wieder zu wecken. Auch eine Mitarbeiterin der Beklagten habe im Januar 2011 festgestellt, dass die Möglichkeit einer beruflichen Maßnahme nicht bestehe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 18. November 2013 und die Bescheide der Beklagten vom 25. Januar 2011 und vom 9. März 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Juli 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm auch über den 31. Dezember 2010 hinaus Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verweist auf ihren bisherigen Vortrag und die Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil.
Der frühere Berichterstatter hat den Sachverhalt mit den Beteiligten am 16. Mai 2014 erörtert. Zu den Einzelheiten wird auf die Niederschrift Bezug genommen.
Der Senat hat Fachärztin für Innere Medizin Dr. V. und Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. L. schriftlich als sachverständige Zeugin befragt. Dr. V. hat unter dem 17. Juni 2014 die bekannten Diagnosen mitgeteilt und angegeben, sie behandele den Kläger seit dem 1. Januar 2014. Dr. L. teilte unter dem 22. November 2014 mit, den Kläger zwischen dem 14. März und 31. Oktober 2014 behandelt zu haben. Er habe einen psychosomatischen Symptomenkomplex/Somatisierungsstörung diagnostiziert. Der Kläger sei wach, bewusstseins-klar, allseits orientiert und klagsam gewesen. Er habe sich immer wieder schmerzverzerrt an den Kopf gefasst. Er sei formal-gedanklich geordnet, aber eingeengt auf die körperliche Symptoma-tik. Der Affekt sei dysphor, etwas eingeschränkt schwingungsfähig, die Psychomotorik regelgerecht, der Antrieb regelgerecht.
Der Senat hat Dr. B. von Amts wegen zum gerichtlichen Sachverständigen bestellt. Er hat unter dem 9. September 2014 aufgrund einer Untersuchung des Klägers vom 16. Juli 2014 sein neurologisch-psychiatrisches Gutachten erstattet. Bei der Exploration des Klägers sei ein ausgesprochen akzentuiertes Kommunikationsmuster und sein Verhalten im Vordergrund gestanden. Auf der einen Seite stünden langatmige, auch recht eloquente, in der Ausdrucksweise gelegentlich auch leicht akzentuierte Darlegungen. Auf der anderen Seite gebe der Kläger an, den Gutachter nicht ausreichend zu hören mit Hinweisen auf die Schwerhörigkeit, wobei die "Art der Darstellung" und auch die Inkonsistenz dieses reklamierten Aspektes nicht auf eine sozialmedizinisch weiterreichende Hörminderung schließen lassen könne. Der Kläger gebe etwa einerseits an, nicht denken und nicht auffassen zu können, um im nächsten Moment bei einem anderen Thema flott, hellwach, sich im Bilde und durchaus auch schlagfertig zu zeigen. Der Kläger habe die Exploration dann abgebrochen und sei nach Hause gefahren. Es habe keine klinisch-neurologische Untersuchung stattgefunden. Nach der Aktenlage ließen sich keine neurologisch-psychiatrisch begründeten Funktionsstörungen eingrenzen, die auf eine weiterreichende, etwa quantitative Leistungseinschränkung schließen lassen könnten. Von einem weiteren Gutachtentermin sei keine weitere Klärung der sozialmedizinisch relevanten Fragen zu erwarten.
Bereits vor Eingang des Sachverständigengutachtens hat der Kläger mitgeteilt, dass er die Befragung durch Dr. B. aufgrund seines Gesundheitszustandes kurzfristig habe unterbrechen müssen. Es sei nach dieser durch starke Übelkeit und Problemen, sich aufgrund dessen noch auf den Beinen halten zu können, nicht mehr möglich gewesen, den Termin fortzuführen. Er habe Dr. B. mitgeteilt, dass er gerne bereit sei, einen neuen Termin wahrzunehmen. Nach Vorlage des Gutachtens des Sachverständigen hat der Kläger die Auffassung vertreten, dass das Gutachten nicht verwertbar sei, da die Begutachtung nach kurzer Zeit aufgrund seiner gesundheitlichen Probleme habe abgebrochen werden müssen. Der Sachverständige habe ihn so erlebt, wie es im täglichen Leben bei ihm sei. Er habe erhebliche Probleme bei der Konzentration, verstehe vieles aufgrund erheblicher Hörschwierigkeiten nicht, könne sich nach einiger Zeit nicht mehr konzentrieren bzw. gerate ins Stottern. Auch der Abbruch aufgrund auftretender Übelkeit und Schmerzen stelle seinen Alltag dar. Es gebe derzeit kein Medikament und auch keinen Arzt, die ihm wirklich helfen könnten.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge, die Akten des LSG im Verfahren L 3 RJ 5032/03 sowie auf die Akten des SG in den Verfahren S 11 RJ 2326/01 und S 14 R 3190/08 sowie auf die beigezogenen Akten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Die nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte und gemäß § 143 SGG statthafte Berufung des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis beider Beteiligter durch Urteil ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 SGG entscheidet, ist auch im Übrigen zulässig. Die Berufung bedurfte nicht nach § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG der Zulassung. Denn der Kläger begehrt Leistungen für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
2. Die Berufung des Klägers ist aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Bescheide der Beklagten vom 25. Januar 2011 und vom 9. März 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Juli 2011 sind rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung über den 31. Dezember 2010 hinaus.
a) Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 1. Januar 2008 geändert durch Artikel 1 Nr. 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554), wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Die vorgenannten Rechtsvorschriften sind auf den Kläger anzuwenden, auch wenn dieser erstmals am 18. Dezember 2000 einen Antrag auf Gewährung von Rente wegen (damals) Berufsunfähigkeit bzw. Erwerbsunfähigkeit gestellt hatte. Die insoweit maßgebliche Übergangsregelung in § 302b Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGB VI bestimmt, dass, wenn am 31. Dezember 2000 Anspruch auf eine Rente wegen Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit bestand, der jeweilige Anspruch bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze weiterbesteht, solange die Voraussetzungen vorliegen, die für die Bewilligung der Leistung maßgebend waren. Diese Norm greift zu Gunsten des Klägers schon deswegen nicht ein, weil er am 31. Dezember 2000 keinen Anspruch auf eine Rente wegen Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit hatte. Das SG hat mit Urteil vom 13. November 2003 einen Leistungsfall erst am 18. September 2001 festgestellt.
Bei einem Antrag, eine befristet bewilligte Rente wegen Erwerbsminderung weiterzuzahlen, bedarf es keines Nachweises, dass eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen im Sinne von § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) gegenüber denen, die der Bewilligung zugrundelagen, eingetreten ist. Die Entscheidung, ob dem Versicherten nach Ablauf des Bewilligungszeitraums der Rente wegen Erwerbsminderung auf Zeit zusteht, ist nicht bloß die Verlängerung einer früher bereits dem Grunde nach anerkannten Sozialleistung, sondern stellt die eigenständige und vollinhaltlich erneute ("wiederholte") Bewilligung der beantragten Rente dar. Bei der Zuerkennung einer Rente auf Zeit richtet sich der Wille des Versicherungsträgers von vornherein nur auf die Gewährung von Rente für diese Zeit und es fehlt infolgedessen für die darüber hinausreichende Zeit an jeder für den Versicherten positiven Regelung durch den Versicherungsträger ([BSG, Urteil vom 26. Juni 1990 - 5 RJ 62/89 -, in juris).
b) Nach den dargelegten Maßstäben ist der Kläger jedenfalls seit dem 1. Januar 2011 weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Aufgrund der im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger zumindest noch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes wenigstens sechs Stunden täglich verrichten kann.
(1) Der Kläger leidet auf psychiatrischem Fachgebiet unter einer chronifizierten depressiven Entwicklung (Dysthymie) mit Somatisierungsstörung und Persönlichkeitsakzentuierung mit einer Tendenz zur verdeutlichten Symptomdarstellung. Dies entnimmt der Senat dem vom SG eingeholten Sachverständigengutachten des Dr. S ... Dazu steht nicht im Widerspruch dass der im Berufungsverfahren tätige Sachverständige Dr. B. auf seinem – nervenärztlichen –Fachgebiet keine Diagnosen mitgeteilt hat. Denn Dr. B. hat insoweit lediglich ausgeführt, dass sich keine neurologisch-psychiatrisch begründeten Funktionsstörungen eingrenzen ließen. Damit ist aber nicht die Frage nach Diagnosen angesprochen, sondern die nach hieraus ggf. folgenden funktionellen Einschränkungen.
Die jüngste neurologische Untersuchung, über die Dr. L. unter dem 22. November 2014 berichtete, ergab abgesehen von dem bekannten Tumor im Bereich der rechten dorsalen Medulla oblongata und einer – nach den eigenen Angaben des Klägers seit seiner Jugend bekannten – Raumforderung links bukkal keinen pathologischen Befund.
Die vom Kläger geklagten dauerhaften Kopfschmerzen lassen sich naturgemäß nicht objektivieren. Der Senat geht zu Gunsten des Klägers davon aus, dass er tatsächlich unter Kopfschmerzen leidet. Allerdings ist der Senat auch überzeugt, dass diese Kopfschmerzen weder dauerhaft sind noch von einem erheblichen Ausmaß sind. Hiergegen spricht bereits, dass der Kläger keine Schmerzmittel einnimmt, wie er zuletzt dem gerichtlichen Sachverständigen Dr. B. mitgeteilt hat.
Auf ohrenärztlichem Gebiet leidet der Kläger unter beidseitiger Schwerhörigkeit. Dies entnimmt der Senat dem Reha-Entlassungsbericht von Dr. M. vom 18. November 2010. Das vom Kläger behauptete Tinnitusleiden ist jedenfalls in den für den hier streitgegenständlichen Zeitraum relevanten, ab dem 1. Januar 2011 vorgelegten ärztlichen Äußerungen nicht festgestellt worden.
Relevante gesundheitliche Beeinträchtigungen auf orthopädischem Fachgebiet liegen bei dem Kläger nicht vor. Zwar hat der Kläger in seiner Berufungsbegründung Schmerzen in der Halswirbel- und der Lendenwirbelsäule sowie einen Verschleiß beider Knie geltend gemacht; entsprechende Befunde und Diagnosen sind aber weder im Reha-Entlassungsbericht von Dr. M. vom 18. November 2010 noch in den nachfolgend erstellten ärztlichen Äußerungen dokumentiert. In orthopädischer Behandlung befindet sich der Kläger zudem nicht.
(2) Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass die festgestellten Gesundheitsstörungen das berufliche Leistungsvermögen des Klägers zwar in qualitativer, aber nicht in quantitativer Hinsicht mindern.
Der beim Kläger im Jahr 2000 festgestellte Gehirntumor ist gutartig. Ein hierdurch ausgelöster epileptischer Anfall fand zuletzt im Jahr 2012 statt, wie der Kläger zuletzt gegenüber Dr. L. mitgeteilt hat. Funktionelle Einschränkungen folgen hieraus nicht.
Im Mittelpunkt der gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers stehen die Gesundheitseinschränkungen auf psychiatrischem Gebiet. Ausgehend von der Hauptdiagnose des Dr. S.– chronifizierte depressive Entwicklung (Dysthymie) mit Somatisierungsstörung und anhaltender somatoformer Schmerzstörung – lässt sich hieraus eine Einschränkung der beruflichen Leistungsfähigkeit des Klägers nicht folgern. Bei einer Dysthymia handelt es sich nach ihrer Definition (ICD-10 F34.1) um eine chronische, wenigstens mehrere Jahre andauernde depressive Verstimmung, die weder schwer noch hinsichtlich einzelner Episoden anhaltend genug ist, um die Kriterien einer schweren, mittelgradigen oder leichten rezidivierenden depressiven Störung zu erfüllen.
Den Ausführungen Dr. S. lässt sich zudem entnehmen, dass eine Diskrepanz zwischen den dargestellten Leiden und dem objektivierbaren Befund besteht. So berichtet Dr. S. von einer ausgeprägten Verdeutlichungstendenz des Klägers; auch Dr. M. weist im Reha-Entlassungsbericht vom 18. November 2010 darauf hin, dass der Kläger Beschwerden mit einer deutlichen Tendenz zur Aggravation vorträgt. Eine schwere Depressivität mit einem dazugehörigen erheblichen Leidensdruck konnte Dr. S. ausdrücklich nicht feststellen. Dem korrespondiert, dass eine konsequente psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung nie langfristig durchgeführt worden ist. Diesen Widerspruch betont auch Dr. S ... Die Befunde Dr. S. werden durch die Angaben des Dr. L. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage gegenüber dem Senat bestätigt. Er konnte rentenrechtlich wesentliche psychiatrische Befunde nicht mitteilen, sondern berichtet lediglich, dass der Kläger wach, bewusstseinsklar, allseits orientiert, klagsam, formal-gedanklich geordnet (wenn auch eingeengt auf die körperliche Symptomatik) und etwas eingeschränkt schwingungsfähig sei. Der Affekt ist danach dysphor, die Psychomotorik und der Antrieb regelgerecht.
Vor diesem Hintergrund teilt der Senat nicht die Einschätzung Dr. S., dass das berufliche Leistungsvermögen auf unter sechs Stunden gesunken sei. Wenn Dr. S. äußert, dass die Grenze bei "unter 6 Stunden" liege, ist bereits nicht plausibel dargelegt, woraus gerade diese zeitliche Grenze resultieren soll. Abgesehen davon stützt Dr. S. seine Leistungseinschätzung aber gerade nicht auf die aktuell bzw. mit Blick auf den Zeitraum seit dem 1. Januar 2011 zu erhebenden Befunde, sondern auf den Umstand, dass der Kläger fast neun Jahre eine Erwerbsminderungsrente bezogen hat und daher dem Berufsleben entwöhnt ist. Der Bezug einer Erwerbsminderungsrente selbst über einen so langen Zeitraum kann aber nicht aus sich allein heraus einen fortdauernden Leistungsanspruch generieren. Abgesehen davon, dass auch der vom Gesetzgeber vorgesehene Zeitraum von neun Jahren, ab dem vermutet wird, dass es unwahrscheinlich sei, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit nicht mehr behoben werden kann (§ 102 Abs. 2 Satz 5 Halbsatz 2 SGB VI), noch nicht verstrichen ist, ist der Senat davon überzeugt, dass es dem Kläger bei zumutbarer Willensanstrengung möglich ist, wieder sechsstündig arbeitstäglich erwerbstätig zu sein. Die vorliegenden qualitativen Einschränkungen, die Dr. S. benannt hat (nur in Spitzen mittelschwere Arbeiten im Wechsel von Stehen, Sitzen und Gehen ohne Wirbelsäulenzwangshaltung, ohne Besteigen von Leitern und Gerüsten, also zu ebener Erde, nicht an offenen Maschinen oder Baugruben, nicht zu Wasser, nicht unter Zeitdruck, nicht in Nachtschicht, ohne nervliche Belastung, ohne Übernahme von Verantwortung für Menschen oder Maschinen, ohne besondere Anforderung an Konzentrationsvermögen, Aufmerksamkeit oder Reaktionsfähigkeit, ohne Publikumsverkehr, ohne besondere Anforderung an das Hörvermögen und ohne Lärmbelastung) stehen einer leichten Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht entgegen.
Vor dem Hintergrund, dass der Kläger Schmerzmittel – etwa nach seinen Angaben gegenüber Dr. B. – nicht einnimmt, ist der Senat auch überzeugt, dass die von ihm geklagten Kopfschmerzen weder in ihrer Häufigkeit und Dauer noch in ihrer Intensität ein Ausmaß haben, das hierdurch eine leichte Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht oder nur mit zeitlichen Einschränkungen möglich wäre.
Auch die Schwerhörigkeit des Klägers reduziert sein berufliches Leistungsvermögen nicht in zeitlicher Hinsicht, zumal eine Hörgeräteversorgung erfolgt ist. Soweit der Kläger im Klageverfahren noch vorgetragen hatte, dass er die Hörgeräte nicht tragen könne, weil er seit der Reha-Maßnahme blutigen und eitrigen Ausfluss in den Ohren gehabt habe, war dies offenbar nur ein vorübergehendes Phänomen; der Kläger hat diese Darstellung im weiteren Verlauf und auch im Berufungsverfahren nicht wiederholt. Im Übrigen steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger in der Lage ist, sich zu verständigen. Dies gelang etwa sowohl bei der Exploration durch Dr. S. als auch – mit Einschränkungen – bei der Exploration durch Dr. B ... Dass es bei der Befragung durch Dr. B. dabei zu Phasen kam, in denen der Kläger vorgab, Dr. B. nicht zu verstehen, beruht zur Überzeugung des Senats, der sich insoweit auf die Einschätzung Dr. B. stützt, nicht auf mangelnder Leistungsfähigkeit der Ohren des Klägers. Dr. B. macht in seinen Ausführungen deutlich, dass das Verhalten und die Reaktionen des Klägers, abhängig von den gestellten Fragen diese entweder zu verstehen und sich dazu zu äußern oder sich "taub zu stellen", die Annahme begründen, dass die Verständigungsprobleme keine körperlichen Ursachen haben, sondern Ausdruck histrionischen Verhaltens sind. Zwar mag man diesem Persönlichkeitszug wiederum Krankheitswert zusprechen; eine zeitliche Limitierung des beruflichen Leistungsvermögens folgt hieraus aber auch nicht.
Soweit der Kläger auf Dreh- und Schwankschwindel verweist, behauptet er selbst nicht, dass es sich um Dauerzustände handele. Insofern ist der Senat der Überzeugung, dass diese Symptome zwar wiederholt auftreten und dann jeweils auch Arbeitsunfähigkeit begründen, aber nicht den für die Bejahung von Erwerbsminderung erforderlichen Dauercharakter haben. Gleiches gilt für die vom Kläger in der Berufungsbegründung behaupteten massiven Essstörungen und erheblichen Magenprobleme. Sein Hinweis auf ein Beengungsgefühl ist schon zu diffus, um dem rentenrechtliche Relevanz zuzubilligen.
Etwas anderes folgt auch nicht aus dem vom Kläger vorgelegten Vermerk einer Sachbearbeiterin der Beklagten aufgrund eines Beratungsgesprächs mit dem Kläger vom 24. Januar 2011. Zwar äußerte die Sachbearbeiterin darin, dass der Kläger ihr als derzeit nicht belastbar für ganztätige Reha-Maßnahmen erscheine und sie zum "heutigen Zeitpunkt" keine beruflichen Maßnahmen vorschlagen könne. Hierbei handelt es sich aber zum einen um keine ärztliche Einschätzung und zum anderen lediglich um einen punktuellen Eindruck, den die Sachbearbeiterin aufgrund der Angaben des Klägers an jenem Tag erhalten hat. Eine Beurteilung der Erwerbsfähigkeit bzw. deren Fehlen lässt sich hierauf nicht stützen.
(3) Entgegen der Auffassung des Klägers belegt auch die Anerkennung eines Grades der Behinderung von 80 nicht, dass er erwerbsgemindert wäre. Zwischen der Schwerbehinderung nach dem Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) und der Erwerbsminderung nach dem SGB VI besteht keine Wechselwirkung, da die gesetzlichen Voraussetzungen unterschiedlich sind (BSG, Beschluss vom 8. August 2001 – B 9 SB 5/01 B, in juris, Rn. 5; BSG, Beschluss vom 9. Dezember 1987 – 5b BJ 156/87, in juris, Rn. 3). Für die Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI sind die Erwerbsmöglichkeiten des Betroffenen maßgeblich, während § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX in der bis zum 14. Januar 2015 geltenden Fassung und § 159 Abs. 7 SGB IX in der seit dem 15. Januar 2015 geltenden Fassung (geändert durch Art. 1a des Gesetzes vom 7. Januar 2015, BGBl. II, S. 15) auf die abstrakten Maßstäbe des § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) verweist (BSG, Beschluss vom 8. August 2001 – B 9 SB 5/01 B –, in juris, Rn. 5; BSG, Beschluss vom 9. Dezember 1987 – 5b BJ 156/87 –, in juris, Rn. 3).
(4) Weitere Ermittlungen waren nicht zu veranlassen. Der Sachverhalt ist aufgeklärt. Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger die Exploration durch Dr. B. abgebrochen hat. Die für die Beurteilung der beruflichen Leistungsfähigkeit relevanten Tatsachen sind bereits durch den vom SG bestellten Sachverständigen Dr. S. sowie die im Klage- und Berufungsverfahren gehörten sachverständigen Zeugen festgestellt worden. Weder das Vorbringen des Klägers noch die Äußerungen der vom Senat gehörten Dr. V. und Dr. L. geben Anlass, ein weiteres Sachverständigengutachten einzuholen. Dr. V. hat im Wesentlichen lediglich die bereits bekannten Diagnosen mitgeteilt; Dr. L. hat ebenfalls keine Befunde mitgeteilt, denen sich eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Klägers – insbesondere gegenüber dem Zeitpunkt der Begutachtung durch Dr. S. – entnehmen ließe und die durch ein Sachverständigengutachten weiter aufgeklärt werden müssten. Auch Dr. B. selbst hat die Einschätzung geäußert, dass ein weiterer Gutachtentermin kaum zur weiteren Aufklärung beitragen würde.
(5) Ob dem Kläger ein Arbeitsplatz vermittelt werden kann oder nicht, ist für den geltend gemachten Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung nicht erheblich. Die jeweilige Arbeitsmarktlage ist nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI). Maßgebend ist, ob der Kläger mit dem ihm verbliebenen Restleistungsvermögen – wenn auch mit qualitativen Einschränkungen – in der Lage ist, zumindest körperlich leichte Tätigkeiten arbeitstäglich für mindestens sechs Stunden zu verrichten, er also in diesem zeitlichen Umfang unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts erwerbstätig sein kann, wovon im Regelfall ausgegangen werden kann (vgl. z. B. BSG, Urteil vom 19. Oktober 2011 – B 13 R 78/09 R – in juris, Rn. 31). Dies bejaht der Senat wie zuvor dargelegt.
(6) Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung liegen nicht vor. In einem solchen Fall kann der Arbeitsmarkt selbst bei einem noch vorhandenen sechsstündigen Leistungsvermögen ausnahmsweise als verschlossen gelten (siehe – auch zum Folgenden – etwa Urteil des Senats vom 21. November 2014 – L 4 R 4797/13 – nicht veröffentlicht). Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass eine Verweisung auf noch vorhandenes Restleistungsvermögen nur dann möglich ist, wenn nicht nur die theoretische Möglichkeit besteht, einen entsprechenden Arbeitsplatz zu erhalten.
Dies ist hier nicht der Fall. Bei dem Kläger liegen zwar – wie dargelegt – einige qualitative Leistungseinschränkungen vor, diese sind jedoch nicht als ungewöhnlich zu bezeichnen. Darin ist weder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen zu sehen. Eine schwere spezifische Leistungsbehinderung liegt nur vor, wenn bereits eine erhebliche (krankheitsbedingte) Behinderung ein weites Feld von Verweisungsmöglichkeiten versperrt. Hierzu können – unter besonderer Berücksichtigung der jeweiligen Einzelfallumstände – beispielsweise Einäugigkeit, Einarmigkeit und Einschränkungen der Arm- und Handbeweglichkeit sowie besondere Schwierigkeiten hinsichtlich der Gewöhnung und Anpassung an einen neuen Arbeitsplatz zählen (vgl. BSG, Urteil vom 9. Mai 2012 – B 5 R 68/11 R –, in juris, Rn. 28 m.w.N.). Keine dieser Fallkonstellationen ist bei dem Kläger vorhanden.
(7) Auch die Wegefähigkeit des Klägers war und ist gegeben. Neben der zeitlich ausreichenden Einsetzbarkeit eines Versicherten am Arbeitsplatz gehört zur Erwerbsfähigkeit auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle in zumutbarer Zeit aufsuchen zu können. Das BSG hat dieses Vermögen nur dann für gegeben erachtet, wenn es dem Versicherten möglich ist, Entfernungen von über 500 Metern zu Fuß zurückzulegen, weil davon auszugehen ist, dass derartige Wegstrecken üblicherweise erforderlich sind, um Arbeitsstellen oder Haltestellen eines öffentlichen Verkehrsmittels zu erreichen (zum Ganzen z.B. BSG, Urteil vom 17. Dezember 1991 – 13/5 RJ 73/90 – in juris, Rn. 16 ff.; Urteil vom 12. Dezember 2011 – B 13 R 21/10 R – in juris, Rn. 21 f.; Urteil vom 12. Dezember 2011 – B 13 R 79/11 R – in juris, Rn. 19 f.). Der Kläger ist in der Lage, eine Gehstrecke von 500 Metern viermal in weniger als 20 Minuten täglich zurückzulegen und öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Der Gutachter und der Sachverständige haben keine Befunde erhoben, die für eine unter den genannten Maßstäben eingeschränkte Gehfähigkeit des Klägers sprechen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG.
4. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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