L 9 U 1963/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 11 U 3875/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 U 1963/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 26. März 2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung von Gesundheitsstörungen als Folge eines Arbeitsunfalls sowie die Gewährung von Heilbehandlungen über den 01.04.2012 hinaus streitig.

Die 1954 geborene Klägerin stürzte am 20.02.2012 auf dem Weg zu ihrer bei der Beklagten versicherten Tätigkeit als Warensortiererin bei der Firma p. b. logistics GmbH bei Schnee und Glatteis auf den rechten Arm. Nach ihren Angaben war der Arm bei dem Sturz nach hinten gestreckt "mit den Fingern". Eine Möglichkeit zum Festhalten habe nicht bestanden. Sie ging nach dem Sturz zur Arbeit und stellte sich am 28.02.2012 bei dem Durchgangsarzt Dr. L. vor, wo sie angab, unter Schmerzen im Bereich des rechten Ellenbogens zu leiden. Dr. L. stellte eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung und eine Druckschmerzhaftigkeit vorwiegend im Bereich der Ellenbeuge fest. Das Bewegungsausmaß bei Streckung/Beugung betrug 0-10-90, Umwendebewegungen waren endgradig eingeschränkt. Eine Bandinstabilität war nicht nachweisbar. Die Röntgenuntersuchung zeigte keine frischen knöchernen Verletzungen und keine degenerativen Veränderungen. Als Diagnose wurde eine Ellenbogenprellung rechts gestellt.

Auf Veranlassung von Dr. L., der im Nachschaubericht vom 27.03.2012 den Verdacht auf eine Rotatorenmanschettenruptur rechts äußerte, wurde am 11.04.2012 ein MRT der rechten Schulter durch die radiologische Gemeinschaftspraxis K./Dr. K./Dr. E. durchgeführt. Im Ansatzbereich sowie im Bereich des myotendinösen Übergangs des Musculus supraspinatus wurden zum Teil deutliche Signalalterationen mit teils linienförmiger Konfiguration insbesondere bursaseitig im Rahmen einer Tendinose mit bursaseitigem Teileinriss festgestellt. Es wurden Zeichen einer begleitenden gering- bis mäßiggradigen Bursitis subacromialis/subdeltoidea mit T2-Signalanhebungen subacromial/subdeltoidal angegeben. Ferner wurde eine ACG-Hypertrophie mit osteophytären Randkantenausziehungen und konsekutiven Verschmälerungen des subacromialen Fettgewebssaumes erkannt. Als Hinweis auf eine Aktivierung fanden sich subchrondral winzige Geröllzysten mit diskreter begleitender ödematöser Markraumreaktion; im proximalen Humerus wurden mehrere winzige Geröllzysten nachgewiesen. Ansonsten wurde kernspintomographisch eine unauffällige Darstellung der übrigen miterfassten Strukturen des rechten Schultergelenkes erhoben. Die Darstellung der übrigen die Rotatorenmanschette bildenden Muskulatur war unauffällig. Die lange Bizepssehne war intakt mit regulärem Verlauf im Canalis bicipitis. Ein Anhalt für eine knöcherne Verletzung bestand nicht. Das Labrum glenoidale erschien allseits intakt.

Nach erfolgter Kernspintomographie gab Dr. L. in dem Zwischenbericht vom 13.04.2012 an, die Klägerin habe sich vorgestellt und berichtet, dass die Beschwerden im Bereich des Schultergelenkes noch fortbestünden. Die Beweglichkeit sei noch endgradig eingeschränkt. Es finde sich ein painful arc. Der Nackengriff sei eingeschränkt möglich. Retroversion und Innenrotation seien schmerzhaft eingeschränkt. Es sei ein Rezept zur Physiotherapie zur Stärkung der schultergelenksdepressorischen Muskulatur ausgestellt worden. Eine analgetische Therapie sei nicht mehr erforderlich. Die Klägerin verbleibe in berufsgenossenschaftlicher Behandlung und sei arbeitsfähig.

In einem weiteren Zwischenbericht vom 14.06.2012 führte Dr. L. aus, zwischenzeitlich sei durch den behandelnden Orthopäden Dr. E. in S. ein Operationstermin vereinbart worden. Klinisch habe sich eine konzentrisch schmerzhafte Bewegungseinschränkung der rechten Schulter gezeigt. Abduktion und Elevation seien maximal bis 90° möglich. Auch Innen- und Außenrotation seien deutlich eingeschränkt. Die Klägerin sei zu Prof. Dr. G. in der Uniklinik Ulm überwiesen worden, um abzuklären, ob ein Eingriff notwendig sei. Als Diagnose wurde die Distorsion der rechten Schulter mit Teilruptur der Supraspinatussehne gestellt.

Mit Bescheid vom 02.07.2012 lehnte die Beklagte die weitere Übernahme der Kosten für die medizinische Behandlung ab. Unfallbedingt anzuerkennen sei lediglich eine Zerrung der rechten Schulter, welche spätestens sechs Wochen nach dem Unfall folgenlos verheilt gewesen sein dürfte. Ein Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung über den 01.04.2012 hinaus bestehe daher nicht.

Prof. Dr. G. teilte in seinem Zwischenbericht vom 04.07.2012 die Diagnosen Schmerzen im Schultergelenk und traumatische Supraspinatussehnenruptur mit.

Mit Schreiben vom 16.07.2012 meldete die WMF Betriebskrankenkasse einen Erstattungsanspruch an und übersandte eine Übersicht über Arbeitsunfähigkeitsfälle seit 28.01.2007.

Den gegen den Bescheid vom 02.07.2012 am 12.07.2012 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29.11.2012 als unbegründet zurück. Das berufsgenossenschaftliche Heilverfahren sei zu Recht beendet worden, da ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den verbliebenen Beschwerden nicht mehr bestanden habe. Ausweislich der aktenkundigen Befunde hätten keine unfalltraumatisch bedingten Verletzungen, sondern lediglich degenerativ bedingte Veränderungen diagnostiziert werden können.

Hiergegen hat die Klägerin am 06.12.2012 Klage beim Sozialgericht Ulm (SG) erhoben.

Das SG hat Beweis erhoben durch Einholung von Gutachten bei dem Arzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. B. und dem Chefarzt der Abteilung für Orthopädie, Unfall- und Wiederherstellungschirurgie der Stiftungskliniken Weißenhorn, Prof. Dr. E ...

Dr. B. hat in seinem Gutachten vom 04.05.2013 mitgeteilt, bei der Klägerin bestehe eine schleimbeutelseitige Teilläsion im Bereich der Supraspinatussehne rechtes Schultergelenk, eine ausgeprägte und aktivierte Schultereckgelenkarthrose auch mit caudalen Osteophyten und Einengung des Subacromialraums, eine Prellung am rechten Ellenbogen sowie eine Distorsion des rechten Schultergelenks. Die schleimbeutelseitige Teilläsion der Supraspinatussehne sei nicht mit Wahrscheinlichkeit ursächlich auf den Arbeitsunfall vom 20.02.2012 zurückzuführen. Zusammenfassend sprächen der Unfallhergang, der verzögerte Beschwerdebeginn, die nicht komplette Läsion der Rotatorenmanschette und die fortgeschrittenen degenerativen Veränderungen für eine unfallunabhängige Verursachung. Es sei davon auszugehen, dass sich die Klägerin am 20.02.2012 lediglich eine Ellenbogenprellung und eine Schulterdistorsion zugezogen habe. Der Unfall sei bezüglich der persistierenden Beschwerden am rechten Schultergelenk zwar ein Auslöser, aber nicht die Ursache gewesen. Es wäre zu erwarten gewesen, dass es auch ohne das Ereignis vom 20.02.2012 zeitnah anlässlich einer zwar größeren, aber alltäglichen Belastung zu gleichartigen Beschwerden gekommen wäre, d. h. man müsse von einer sog. Gelegenheitsursache ausgehen. Ein unfallbedingter Dauerschaden im Bereich der rechten Schulter sei nicht eingetreten; die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) sei mit 0 zu bewerten. Behandlungsbedürftigkeit habe wegen der Schulterdistorsion längstens für sechs Wochen nach dem Unfallereignis bestanden.

Auf Antrag und Kostenrisiko der Klägerin hat das SG nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein Gutachten bei Prof. Dr. Eisele eingeholt. Nach einer ambulanten Untersuchung der Klägerin hat dieser in seinem Gutachten vom 04.09.2013 folgende Diagnosen mitgeteilt: Zustand nach Schultergelenksverletzung rechts am 20.02.2012, Zustand nach Ellbogenprellung rechts, fragliche Subluxation oder stattgehabte Luxation des rechten Schultergelenks bei angedeuteter Hill-Sachs-Delle, Veränderung des unteren Labrums im Sinne einer Kapselverdickung und kleine Lücke im Bereich des ventralen Labrum, SLAP-Läsion Grad I am Bicepsanker, Impingementsyndrom der rechten Schulter bei Variante des Acromions Typ Bigliani 3. Eine Verschlimmerung eines potentiell vorbestehenden Schadens, d. h. eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung im Bereich der rechten Schulter sei wahrscheinlich ursächlich auf den Arbeitsunfall vom 20.02.2012 zurückzuführen. Bei der Klägerin habe eine Acromionform zu einer Irritation der Rotatorenmanschette im lateralen Anteil geführt, was zu einer Teilläsion geführt habe, welche sich durch den Sturz klinisch verschlimmert habe. Insofern sei eine vorübergehende Verschlimmerung (für etwa ein Jahr) eines vorbestehenden Schadens (ohne MdE) zu berücksichtigen. Bezüglich der stattgehabten Schulterluxation handle es sich um eine Qualität, die ausschließlich durch ein Trauma verursacht werde und nicht durch eine degenerative Veränderung. Unter Berücksichtigung der Bewegungseinschränkung der rechten Schulter mit Abduktion passiv wie aktiv bis 80° und auf der Gegenseite passiv wie aktiv auf 90° bei festgehaltenem Schulterblatt sei es in der Folge des Unfalls zu einer Bewegungseinschränkung wohl durch Fibrose des rechten Schultergelenks gekommen. Muskulär sei die rechte Schulter bis auf eine Schwäche des Subscapularis und des Biceps gut kompensiert. Es verbleibe außerdem eine tiefer stehende rechte Schulter im Profil. Die Veränderung des ventralen Kapselapparates, der Schulter und der Schulterluxation könne man nicht mit der an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit als Ursache für die jetzigen Beschwerden definieren und kausal mit dem Unfall in Zusammenhang bringen. Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) könne nicht angenommen werden, da die Erklärung der Pathologie zwar plausibel sei, eine mehr als potentiell mögliche Kausalität sich aber aufgrund des MRT-Befunds von 2013 nicht ableiten lasse.

Mit Urteil vom 26.03.2014 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Anfechtungs- und Leistungsklage auf weitere Bewilligung von Heilbehandlungskosten sowie der zulässige Antrag auf Feststellung der Rotatorenmanschettenruptur (Teilruptur) und der Luxation als Folge des anerkannten Unfalls seien unbegründet. Zutreffend habe die Beklagte mit Bescheid vom 02.07.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.11.2012 lediglich eine Distorsion des rechten Schultergelenks als Folge des Arbeitsunfalls anerkannt und deswegen die Heilbehandlung nur bis zum 31.03.2012 bewilligt. Der Teilriss der Supraspinatussehne und eine etwaige Luxation seien nicht mit Wahrscheinlichkeit ursächlich auf den anerkannten Arbeitsunfall vom 20.02.2012 zurückzuführen. Das SG hat die Entscheidung im Wesentlichen auf das Gutachten von Dr. B. gestützt. Der Gutachter habe nach einer ambulanten Untersuchung und insbesondere nach Auswertung der bildgebenden Befunde überzeugend begründet, warum sich die Klägerin durch den anerkannten Arbeitsunfall lediglich eine Distorsion der rechten Schulter zugezogen habe. Er habe zutreffend berücksichtigt, dass das von der Klägerin geschilderte Unfallereignis vom Ablauf her nicht geeignet gewesen sei, einen Riss der Supraspinatussehne zu verursachen. In der herrschenden medizinischen Lehrmeinung seien als geeignete Verletzungsmechanismen für einen Riss der Supraspinatussehne Unfallhergänge zu fordern, bei welchen das Schultergelenk unmittelbar vor der Einwirkung muskulär fixiert gewesen sein müsse. Es müsse zudem plötzlich eine massive Bewegung hinzukommen, welche überfallartig eine Dehnungsbelastung der Supraspinatussehne bewirken könne (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage, Seite 412). Der Behandlungsbeginn erst eine Woche nach dem Unfallereignis, das Schadensbild sowie die vorbestehenden degenerativen Veränderungen sprächen nach den überzeugenden Ausführungen von Dr. Bülow gegen die Annahme einer Kausalität zwischen dem anerkannten Ereignis und dem Riss der Supraspinatussehne. Es sei somit in Übereinstimmung mit der Einschätzung des gerichtlichen Sachverständigen davon auszugehen, dass sich die Klägerin am 20.02.2012 lediglich eine Ellenbogenprellung und eine Schulterdistorsion zugezogen habe. Der Unfall sei bezüglich der persistierenden Beschwerden zwar ein Auslöser, aber nicht die Ursache gewesen. Dr. B. habe widerspruchsfrei und schlüssig den Kausalzusammenhang zwischen der eingeklagten Gesundheitsstörung und dem Arbeitsunfall verneint. Das auf Antrag und Kostenrisiko der Klägerin eingeholte Gutachten des Prof. Dr. E. habe jedenfalls gemessen am Prozessziel der Klägerin keine neuen Erkenntnisse erbracht. Der Gutachter habe im Ergebnis auch die erforderliche Kausalität bezüglich des Unfallereignisses und der Teilläsion der Supraspinatussehne verneint. Der seitens des Gutachters geäußerte Verdacht auf eine stattgehabte Luxation und seine Schlussfolgerung im Hinblick auf eine vorübergehende Verschlimmerung einer vorbestehenden Symptomatik werde nicht geteilt. Gemessen an den erläuterten Kausalitätskriterien sei die Auffassung des Gutachters insoweit nicht überzeugend begründet, vielmehr überwiegend spekulativ. Die Klägerin habe durch den Arbeitsunfall eine Distorsion der rechten Schulter erlitten, welche über den 01.04.2012 hinaus keinen Anspruch auf Heilbehandlung begründet habe. Die Behandlungsbedürftigkeit dieser Distorsion der Schulter sei spätestens nach sechs Wochen nicht mehr gegeben, so dass die Voraussetzungen für eine Heilbehandlung zu Lasten der Beklagten gemäß § 26 SGB VII nicht mehr vorgelegen hätten.

Gegen das am 17.04.2014 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 05.05.2014 Berufung eingelegt und zur Begründung vorgetragen, der Umstand, dass sie nach dem Unfall zunächst weitergearbeitet habe, spreche nicht dagegen, dass das Unfallereignis zu einer Ruptur der Rotatorenmanschette geführt habe. Vorliegend sei in den Befunden lediglich eine Teilruptur der Rotatorenmanschette festgestellt worden. Insofern wäre es nachvollziehbar, dass die Beschwerden der Klägerin nach dem Unfall nicht derart erheblich gewesen seien, dass sie ihrer Arbeit als Kommissioniererin nicht mehr hätte nachgehen können. Nicht nachvollziehbar sei auch, warum das SG das Gutachten von Prof. Dr. E. nicht berücksichtigt habe. Der Gutachter habe die Unklarheiten, die bis dato bezüglich der Befundungen und der tatsächlichen Beschwerden der Klägerin bestanden hätten, geklärt. Er komme zu dem Ergebnis, dass der eigentliche durch das Unfallereignis hervorgerufene Schaden eine Schulterluxation bzw. Subluxation mit Verdickung des zentralen Labrums, SLAP-I-Läsion sowie potentiell bestehender Hill-Sachs-Delle gewesen sei. Diese Schäden könnten ausschließlich durch ein Trauma und nicht durch eine degenerative Veränderung hervorgerufen werden. Für eine derartige Verletzung spreche auch die Bewegungseinschränkung der Schulter in der Abduktion und zwar aktiv wie passiv. Bei einem lediglich durch eine Gelegenheitsursache verschlimmerten Impingement-Syndrom wäre die passive Bewegung deutlich besser als die aktive möglich. Der passive Bewegungsumfang wäre also vollständig erhalten geblieben. Das sei aber nicht der Fall. Der Gutachter halte es daher für überwiegend wahrscheinlich, dass es keine Verschlimmerung eines vorbestehenden Schadens im Sinne eines Impingement-Syndroms bei vorbestehender Teil-Läsion der Rotatorenmanschette zu diskutieren gebe, sondern dass es sich um eine Bewegungseinschränkung handle, die ihre Ursache in dem Unfallereignis finde. Für diesen Befund spreche auch die bestehende Schwäche des Subscapularis und des Bizeps. Betätigt würden diese Diagnose auch durch die Befundung durch Dr. M., Sportklinik Stuttgart, dessen Befundbericht vom 03.04.2014 vorgelegt wird.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Ulm vom 26. März 2014 zu verurteilen, den Bescheid vom 2. Juli 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. November 2012 abzuändern und der Klägerin Heilbehandlungen über den 1. April 2012 hinaus wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 20. Februar 2012 zu bewilligen und festzustellen, dass eine Luxation und eine Rotatorenmanschettenruptur (Teilruptur) Folgen des Unfalls vom 20. Februar 2012 sind.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.

Die Berufung der Klägerin ist jedoch unbegründet. Das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da die Klägerin keinen Anspruch auf Feststellung der von ihr geltend gemachten gesundheitlichen Einschränkungen als Folgen des Arbeitsunfalls vom 20.02.2012 und die Übernahme von Heilbehandlungskosten über den 01.04.2012 hinaus hat.

Die hier vorliegende kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage ist zulässig. Mit der Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG begehrt die Klägerin die Aufhebung der die Gewährung von Leistungen (auch) pauschal ablehnenden Verwaltungsentscheidungen sowie die gerichtliche Feststellung fortbestehender Gesundheitsstörungen als Folge eines Arbeitsunfalls. Rechtsgrundlage für das Feststellungsbegehren ist § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG. Danach kann mit der Klage die Feststellung begehrt werden, ob eine Gesundheitsstörung Folge eines Arbeitsunfalls ist. Da die Beklagte jedwede Entschädigung über den 01.04.2012 hinaus ablehnt, weil keine Unfallfolgen verblieben seien, liegt ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung vor (vgl. zur Zulässigkeit der Feststellungsklage Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 15.09.2011 - B 2 U 22/10 - Urteil vom 02.12.2008 - B 2 U 15/07 - und Urteil vom 05.07.2011 - B 2 U 17/10 R - jeweils Juris).

Die von der Klägerin zur Feststellung begehrten Gesundheitsstörungen sind keine Unfallfolgen.

Nach § 8 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 102 SGB VII haben Versicherte gegen den zuständigen Unfallversicherungsträger Anspruch auf Feststellung einer Unfallfolge, wenn ein Gesundheitsschaden durch den Versicherungsfall rechtlich wesentlich verursacht wird (BSG, Urteil vom 05.07.2011 - B 2 U 17/10 R - Juris). Versicherungsfälle im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung sind nach § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Arbeitsunfälle sind nach § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Versicherte Tätigkeit ist nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit. Für einen Arbeitsunfall ist in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis – dem Unfallereignis – geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitsschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität); das Entstehen von Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitsschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (BSG, Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 29/07 R - Juris, m.w.N.).

Hier ist zwischen den Beteiligten - zu Recht - völlig unstreitig, dass die Klägerin am 20.02.2012 einen versicherten Wegeunfall (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII) erlitten hat. Sie befand sich zum Zeitpunkt des Sturzes auf dem unmittelbaren Weg von ihrer Wohnung zum Arbeitsplatz. Dementsprechend ging die Beklagte im angefochtenen Bescheid von einer Zerrung der rechten Schulter als Unfallfolge aus und erbrachte insoweit entsprechende Leistungen. Damit ist aber nicht zugleich die Annahme gerechtfertigt, dass der nach dem Wegeunfall festgestellte weitere Gesundheitsschaden, hier insbesondere die schleimbeuteilseitige Teilläsion im Bereich der Supraspinatussehne des rechten Schultergelenks sowie die - fragliche - Subluxation des rechten Schultergelenks, die die Klägerin als Unfallfolgen festgestellt haben will, ursächlich auf den Arbeitsunfall zurückzuführen ist.

Voraussetzung für die Anerkennung bzw. Feststellung einer Gesundheitsstörung als Folge eines Arbeitsunfalles ist u.a. ein wesentlicher ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und einem Gesundheitserstschaden (haftungsbegründende Kausalität) und dem Gesundheitserstschaden und der fortdauernden Gesundheitsstörung (sog. haftungsausfüllende Kausalität). Dabei müssen die anspruchsbegründenden Tatsachen, zu denen - neben der versicherten Tätigkeit und dem Unfallereignis - der Gesundheitserstschaden und die eingetretenen fortdauernden Gesundheitsstörungen gehören, mit einem der Gewissheit nahekommenden Grad der Wahrscheinlichkeit erwiesen sein, d. h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 30.04.1985 - 2 RU 43/84 -). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung eine hinreichende Wahrscheinlichkeit. Für die Bejahung eines ursächlichen Zusammenhanges zwischen Einwirkung und dem Gesundheitserstschaden sowie dem Gesundheitserstschaden und fortdauernden Gesundheitsstörungen gilt im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung die Kausalitätstheorie der "wesentlichen Bedingung". Dabei ist auf einer ersten Prüfungsstufe zu fragen, ob der Versicherungsfall eine naturwissenschaftlich-philosophische Bedingung für den Eintritt der Gesundheitsstörung ist, wobei insoweit jedes Ereignis Ursache eines Erfolges ist, das nach den einschlägigen Erfahrungssätzen nicht hinweg gedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele. Wenn festzustellen ist, dass der Versicherungsfall in diesem Sinne eine Bedingung für den Erfolg - hier die Rotatorenmanschettenläsion und die Subluxation - ist, ist auf der ersten Prüfungsstufe weiter zu fragen, ob es für den Eintritt des Erfolgs noch andere Ursachen i. S. der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie gibt; das können Bedingungen aus dem nicht versicherten Lebensbereich wie z. B. Vorerkrankungen, Anlagen, nicht versicherte Betätigungen oder Verhaltensweisen sein (BSG, Urteil vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R - Juris). Hinsichtlich des Überzeugungsmaßstabs genügt für die Feststellung des naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachenzusammenhangs der Beweisgrad der hinreichenden Wahrscheinlichkeit (st. Rspr BSG, vgl. Urteile vom 02.02.1978 - 8 RU 66/77 - und 30.04.1985 - 2 RU 43/84 - Juris). Dieser ist erfüllt, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht; allein die Möglichkeit eines Ursachenzusammenhangs genügt dagegen nicht (BSG, Urteile vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R - und vom 18.01.2011 - B 2 U 5/10 R - Juris). Erst wenn sowohl der Versicherungsfall als auch andere Umstände als Ursachen des Gesundheitsschadens feststehen, ist auf einer zweiten Prüfungsstufe rechtlich wertend zu entscheiden, welche der positiv festzustellenden adäquaten Ursachen für die Gesundheitsstörung die rechtlich "wesentliche" ist. Dasselbe gilt für die Frage, ob eine MdE vorliegt und diese im Wesentlichen durch Unfallfolgen verursacht wurde (BSG, Urteil vom 15.05.2012 - B 2 U 31/11 R - Juris). Die hier vorzunehmende Kausalitätsbeurteilung hat im Übrigen auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes über die Möglichkeit von Ursachenzusammenhängen zwischen bestimmten Ereignissen und der Entstehung bestimmter Krankheiten zu erfolgen. Dies schließt die Prüfung ein, ob ein Ereignis nach wissenschaftlichen Maßstäben überhaupt geeignet war, eine bestimmte körperliche Störung hervorzurufen (BSG, Urteil vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R - a.a.O.).

Unter Zugrundelegung dieser Voraussetzungen können die von der Klägerin geltend gemachten Gesundheitsstörungen nicht als Folge des Arbeitsunfalls anerkannt werden.

Hinsichtlich der Subluxation der Schulter fehlt es nach Überzeugung des Senats bereits am Nachweis des Gesundheitsschadens. Nicht zu überzeugen vermochte sich der Senat von der Einschätzung des Prof. Dr. E., wonach die schmerzhafte Bewegungseinschränkung der rechten Schulter auf den Wegeunfall zurückzuführen ist, weil es zu einer Schulterluxation bzw. Subluxation mit Verdickung des ventralen Labrums, SLAP-I-Läsion sowie potenziell bestehender Hill-Sachs-Delle gekommen sei. Hinsichtlich der durch Prof. Dr. E. mitgeteilten Luxation oder Subluxation fehlt es bereits an dem für das Vorliegen der Gesundheitsstörung erforderlichen Vollbeweis. In dem von Prof. Dr. E. sowie der Sportklinik Stuttgart GmbH (Bericht vom 04.04.2014) zitierten Bericht über das MRT der Schulter vom 23.07.2012 wird ausgeführt: "eine stattgehabte Luxation ist zu erwägen, geht aber aus dem Befund nicht zwingend hervor". Dementsprechend spricht auch Prof. Dr. E. allein von einer fraglichen Subluxation oder stattgehabten Subluxation. Der Nachweis der geltend gemachten Gesundheitsstörung Luxation wird daher durch die Klägerin schon nicht erbracht.

Die nachgewiesene schleimbeutelseitigen Teilläsion im Bereich der Supraspinatussehne des rechten Schultergelenks kann unter Zugrundelegung der genannten Voraussetzungen ebenfalls nicht als Folge des Arbeitsunfalls anerkannt werden. Schon auf der ersten Stufe des naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachenzusammenhangs hält es der Senat nicht für hinreichend wahrscheinlich, dass das Unfallereignis ursächlich im Sinne der Bedingungstheorie für den teilweisen Abriss der Supraspinatussehne gewesen ist. Vielmehr hält der Senat einen solchen Ursachenzusammenhang allenfalls für möglich. Dass nicht mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht, ergibt sich für den Senat insbesondere in Auswertung der Gutachten von Dr. B. und Prof. Dr. E ...

Es bestehen bereits Zweifel, ob der Unfallhergang einen geeigneten Verletzungsmechanismus darstellen kann. Ein geeigneter Verletzungsmechanismus setzt nach der unfallmedizinischen Fachliteratur (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl., 2010, S. 412 ff.) voraus, dass das Schultergelenk unmittelbar vor der Einwirkung muskulär fixiert war und plötzlich eine passive Bewegung hinzukommt, die überfallartig eine Dehnungsbelastung der Supraspinatussehne bewirken kann. Die erforderliche Zugbeanspruchung mit unnatürlicher Längendehnung der Sehne des Supraspinatus kann danach beispielsweise nicht angenommen werden bei einem Sturz auf den ausgestreckten Arm oder den angewinkelten Ellenbogen. Dies wird auch durch Dr. B. bestätigt, der ausführt, ein Sturz auf den nach vorne oder seitlich abgespreizten Arm sei generell nicht für die Verursachung eines Rotatorenmanschettenrisses geeignet. Geeignet wäre nach seiner Einschätzung aber ein Sturz auf den nach hinten abgespreizten Arm, da hierbei die Rotatorenmanschette vorgespannt ist und pathologisch noch weiter überdehnt wird. Im Ergebnis kann dahinstehen, ob die Klägerin tatsächlich, wie sie gegenüber der Beklagten angegeben hat, mit nach hinten ausgestrecktem Arm gestürzt ist oder nicht, da auch die weiteren zu berücksichtigenden Faktoren in ihrer Gesamtwürdigung nicht die beachtliche Wahrscheinlichkeit einer unfallbedingten Schädigung der Supraspinatussehne zu begründen vermögen.

Für eine naturwissenschaftliche Ursächlichkeit spricht zwar die von der Klägerin behauptete Beschwerdefreiheit vor dem Ereignis, die durch das seitens der Krankenkasse vorgelegte Vorbehandlungsverzeichnis bestätigt wird. Hieraus kann aber nicht ohne weiteres geschlossen werden, dass eine Schädigung der Rotatorenmanschette vorher nicht bestanden hat. Zuzugeben ist der Klägerin, dass ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Unfall und dem Beginn der Beschwerden besteht, was zunächst auf einen Ursache-Wirkungs-Zusammenhang hindeutet. Der ursächliche Zusammenhang kann jedoch nicht rein zeitlich begründet werden, sondern muss sachlich-inhaltlich nachvollziehbar sein. Dementsprechend kann im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung auch nicht im Sinne eines Anscheinbeweises aus dem Vorliegen einer bestimmten Einwirkung auf die berufliche Verursachung der Erkrankung geschlossen werden (BSG, Urteil vom 07.09.2004 - B 2 U 34/03 R - Juris). Dabei ist zu beachten, dass der Ursachenzusammenhang zwischen Unfallereignis und Unfallfolgen positiv festgestellt werden muss. So gibt es keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache und einem rein zeitlichen Zusammenhang die versicherte naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies bei komplexerem Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde (BSG, Urteil vom 09.05.2006, a.a.O.). Die Tatsache, dass die Klägerin vor dem Ereignis am 20.02.2012 keine Beschwerden im Bereich der rechten Schulter hatte, beweist nicht die Intaktheit der Rotatorenmanschette vor diesem Ereignis. Ein Defekt an der Rotatorenmanschette muss nicht mit Symptomen verbunden sein, vielmehr ist es nach Dr. B. nicht ungewöhnlich, sondern eher die Regel, dass derartige Beschwerden anlässlich von Bagatelltraumen erstmalig auftreten und sogar persistieren.

Gegen den ursächlichen Zusammenhang spricht nach den überzeugenden Ausführungen von Dr. B. das Verhalten der Klägerin nach dem Unfall. Zu den bedeutsamen Anknüpfungstatsachen für eine Verletzung der Rotatorenmanschette gehören als klinische Zeichen eines frischen Risses ein starker initialer abklingender Schmerz, die sofortige Arbeitsniederlegung und ein baldiger Arztbesuch (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., Seite 418). Diese Anknüpfungstatsachen sind vorliegend nicht gegeben; die Klägerin hat auch am Unfalltag die Arbeit aufgenommen, bis zum 28.02.2012 gearbeitet und erst an diesem Tag einen Arzt aufgesucht. Sie konnte folglich zunächst weiterarbeiten und hat sich erst am 28.02.2012, also mehr als eine Woche nach dem Unfall, in ärztliche Behandlung begeben. Bei einem traumatischen Rotatorenmanschettenriss wären nach Dr. B. sofort so akute Beschwerden aufgetreten und der Funktionsverlust so gravierend gewesen, dass jegliches Weiterarbeiten unmöglich gewesen wäre. Im ersten Durchgangsarztbericht von Dr. L. vom 28.02.2012 wurden dann Schulterbeschwerden nicht einmal aufgenommen, sondern allein Schmerzen im Bereich des Ellenbogens geäußert und als Diagnose eine Ellenbogenprellung rechts angegeben. Der Verdacht auf eine Rotatorenmanschettenruptur wird durch Dr. L. erstmals mehr als einen Monat nach dem Unfallereignis am 27.03.2012 geäußert. Darüber hinaus konnte das "Kardinalsymptom" (Dr. B.) eines traumatischen Rotatorenmanschettenabrisses, nämlich die Unfähigkeit, den Arm überhaupt zur Seite abheben zu können (sog. drop-arm-syndrom), zu keinem Zeitpunkt eruiert werden. Ferner spricht auch das kernspintomographisch dokumentierte Schadensbild gegen einen ursächlichen Zusammenhang, denn es zeigten sich degenerative Veränderungen der Supraspinatussehne mit einer nur schleimbeutelseitigen Teilruptur, im Falle eines traumatischen Risses wäre hingegen eine Rissbildung erfolgt, welche alle Schichten der Sehne erfasst hätte. Eine Einblutung oder vermehrte Flüssigkeitsansammlung im Rupturbereich war auch nicht erkennbar, was ebenfalls gegen eine traumatische Genese spricht.

Insgesamt hält es der Senat deswegen nicht für hinreichend wahrscheinlich, dass durch den Arbeitsunfall eine traumatische (Teil-)Ruptur der Supraspinatussehne eingetreten ist; dies ist allenfalls möglich.

Selbst wenn man den naturwissenschaftlichen Zusammenhang vorliegend bejaht, so war das Unfallereignis jedenfalls nicht wesentlich. Es kann mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen geben; nach der Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich aber nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (vgl. die zusammenfassende Darstellung der Kausalitätstheorie der wesentlichen Bedingung im Urteil des BSG vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R - a.a.O.). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs beziehungsweise Gesundheitsschadens abgeleitet werden. Wenn es mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen gibt, ist sozialrechtlich allein relevant, ob die Einwirkungen wesentlich waren. "Wesentlich" ist nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere/n Ursache/n keine überragende Bedeutung hat/haben. Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur diese Ursache/n "wesentlich" und damit Ursache/n im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jede/s andere alltäglich vorkommende Ereignis oder Einwirkung zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte (BSG, Urteil vom 09.05.2005, a.a.O., Urteil vom 12.04.2005 - B 2 U 27/04 R).

Im vorliegenden Fall steht zur Überzeugung des Senats fest, dass bei der Klägerin im Zeitpunkt des Unfallereignisses erhebliche Vorschädigungen bestanden, die durch das MRT vom 11.04.2012 auch dokumentiert wurden. Es zeigten sich im Bereich des großen Rollhügels sogenannte Signalzysten als untrügliches Zeichen für ein vorbestehendes Impingementsyndrom; derartige Veränderungen bilden sich nach den überzeugenden Ausführungen von Dr. Bülow innerhalb von Monaten und Jahren und nicht innerhalb von Tagen und Wochen. Schließlich zeigte sich bei dem MRT eine hypertrophe Schultergelenksarthrose mit Ostephyten, die den Subacromialraum einengen. Diese vorbestehende Pathologie bedingt nach Einschätzung von Dr. B. ebenfalls eine Enge unter dem Schulterdach mit vorzeitiger Degeneration der Rotatorenmanschette, was ebenfalls gegen eine traumatische Genese spricht. Hinsichtlich der Teilläsion der Rotatorenmanschette bestätigt auch Prof. Dr. E., dass durchaus davon auszugehen sei, dass diese Läsion nicht vordergründig durch den Sturz verursacht wurde, sondern sicherlich durch die schon länger bestehende Fehlform.

Nach alledem ist es für den Senat nachvollziehbar, wenn Dr. B. zum Ergebnis gelangt, dass selbst wenn durch das Ereignis am 20.02.2012 ein zuvor bestandener struktureller Schaden nun zu persistierenden Beschwerden, Schmerzen und Bewegungseinschränkungen geführt haben sollte, eine solche Schädigung auch ohne das Ereignis vom 20.02.2012 im Rahmen einer zwar größeren, aber alltäglichen Belastung zu gleichartigen Beschwerden gekommen wäre. Eine Behandlungsbedürftigkeit aufgrund der unfallbedingten Gesundheitsstörungen - Ellenbogenprellung und Zerrung der rechten Schulter - bestand spätestens nach sechs Wochen nicht mehr; auch insoweit folgt der Senat der Einschätzung von Dr. B ... Die Beklagte hat die Gewährung von Heilbehandlungen daher zurecht zu diesem Zeitpunkt beendet; die Voraussetzungen für eine Heilbehandlung zu Lasten der Beklagten gemäß § 26 SGB VII haben nicht mehr vorgelegen.

Da das Urteil des SG nicht zu beanstanden war, war die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass die Berufung der Klägerin keinen Erfolg hatte.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben.
Rechtskraft
Aus
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