L 4 R 3727/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 11 R 1590/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 3727/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 23. Juli 2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung ab 1. Juni 2009.

Die Klägerin ist am 12. Juli 1954 in Italien geboren. Nach ihrem Zuzug in die Bundesrepublik Deutschland war sie von 1976 bis Anfang des Jahres 2007 mit Unterbrechung durch Arbeitsunfähigkeit und Arbeitslosigkeit als Arbeiterin und zuletzt als Reinigungsfrau versicherungspflichtig beschäftigt. Seitdem ist sie arbeitsunfähig bzw. arbeitslos. Bei der Klägerin war seit dem Jahr 2008 ein Grad der Behinderung von 50 und ist seit dem 28. Oktober 2013 ein Grad der Behinderung von 60 anerkannt.

Vom 13. November 2008 bis zum 4. Dezember 2008 befand sich die Klägerin zur medizinischen Rehabilitation in der Reha Klinik O ... Im Entlassungsbericht vom 2. Januar 2009 nennt Prof. Dr. R. als Diagnosen: Zustand nach Hepatitis C (Genotyp 3a, Erstdiagnose 2002, mehrfach Interferontherapie), Leberzirrhose Child A und Ösophagusvarizen II. Grades (aktuell: hepatische Enzephalopathie I. Grades), Adipositas I. Grades (BMI: 33 kg/m²), arterielle Hypertonie sowie rezidivierendes Lendenwirbelsäulensyndrom. Die Klägerin könne als Reinigungsfrau und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte Arbeiten ohne Heben und Tragen schwerer Lasten sechs Stunden und mehr täglich verrichten.

Am 30. Juni 2009 beantragte die Klägerin die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Zur Begründung verwies sie auf eine chronische Hepatitis C, einen Bandscheibenvorfall, einen hohen Blutdruck sowie eine Thrombose.

Im Auftrag der Beklagten erstellte die Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. P. aufgrund einer Untersuchung der Klägerin vom 28. September 2009 ein ärztliches Gutachten vom selben Tag. Sie diagnostizierte eine Hepatitis C (Genotyp 3a, Erstdiagnose 2002, Interferon-Therapie Januar 2007 bis März 2008, Virusfreiheit im Juni 2008), eine Leberzirrhose Child A und Ösophagus-Varizen I. Grades (derzeit mit leichten Leberleistungsstörungen), ein rezidivierendes Lendenwirbelsäulensyndrom bei degenerativen Veränderungen und statischer Fehlstellung rechts mit derzeit leichter Funktionseinschränkung, eine Adipositas I. Grades sowie eine medikamentös behandelte arterielle Hypertonie. Es bestehe ein Leistungsvermögen für sechs Stunden und mehr für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne längere Wirbelsäulenzwangshaltung und ohne Tätigkeit mit erhöhter Unfallgefahr. Tätigkeiten mit leberschädigenden Stoffen sowie Heben und Tragen von schweren Lasten sollten ausgeschlossen werden.

Die Beklagte lehnte daraufhin den Antrag der Klägerin auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung mit Bescheid vom 8. Oktober 2009 ab, weil weder eine teilweise noch eine volle Erwerbsminderung und auch keine Berufsunfähigkeit vorliege. Mit dem vorhandenen Leistungsvermögen könnten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Tätigkeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich ausgeübt werden.

Hiergegen erhob die Klägerin am 9. November 2009 Widerspruch. Sie verwies auf starken Schwindel in den letzten drei Wochen. Außerdem leide sie an starken Gliederschmerzen, ständigen grippalen Infekten sowie Schmerzen an der Lendenwirbelsäule. Aufgrund ihrer Thrombose könne sie nicht auf Dauer stehen und sitzen. Aufgrund der Atemwegsinfektion (Krampfadern in der Lunge und in der Speiseröhre) leide sie unter Atemschwierigkeiten.

Nach Einholung eines Befundberichts von Ärztin für Allgemeinmedizin K. vom 8. Oktober 2010 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 1. April 2011 zurück. Die Klägerin könne noch mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein. Sie müsse sich auf sämtliche ungelernte Tätigkeiten verweisen lassen.

Hiergegen richtete sich die am 27. April 2011 beim Sozialgericht Heilbronn (SG) erhobene Klage. Die Klägerin trug vor, in Italien eine Berufsausbildung zur Bürokauffrau erfolgreich abgeschlossen zu haben. Seit dem Jahr 2006 sei sie zunehmend nicht mehr in der Lage, ihren Haushalt selbst zu führen. Sie könne nur noch ganz leichte Haushaltsarbeiten durchführen. Sie ermüde sehr schnell. Bereits nach ganz leichten Haushaltsarbeiten wie Geschirrspülen müsse sie sich nach einigen Minuten hinsetzen und ausruhen. Interferon-Behandlungen in den Jahren 2005 und 2007 hätten sie sehr stark belastet. Nach einem sehr starken Gewichtsverlust sei dann eine sehr starke Gewichtszunahme eingetreten. Im Jahr 2003 habe sie einen Bandscheibenvorfall erlitten. Seit diesem Zeitpunkt leide sie unter starken Schmerzen von der Lendenwirbelsäule bis zum Schulterbereich. Diese Erkrankungen hätten dazu geführt, dass sie immer häufiger arbeitsunfähig geworden sei. Seit dem Jahre 2007 habe sie nicht mehr arbeiten können. Die im Jahr 2008 durchgeführte Rehabilitationsmaßnahme habe zu keiner nennenswerten Besserung geführt. Seit dem Jahr 2009 sei sie erwerbsunfähig. Sie leide unter andauernden starken Schmerzen. Diese Schmerzen könnten wegen ihrer Lebererkrankung nur eingeschränkt medikamentös behandelt werden. Die laufenden Schmerzen und die aus ihrer Sicht gegebene Aussichtslosigkeit ihrer Situation hätten dazu geführt, dass sie unter Angstgefühlen und Hoffnungslosigkeit leide und sehr oft weinen müsse. Die psychische Belastung reduziere ihre Leistungsfähigkeit zusätzlich. Sie leide auch unter starkem Schwindel. Folge eines solchen Schwindelanfalles sei ein Unfall vom 2. Januar 2010, weshalb sie stationär habe behandelt werden müssen. Wegen der in der Speiseröhre vorhandenen Ösophagusvarizen leide sie unter laufenden starken Schluckstörungen. Wegen der im rechten Bein vorhandenen Thrombose könne sie nur kurzzeitig stehen oder kurzzeitig gehen. Wegen der Wirbelsäulenbeschwerden könne sie ihre Arme nicht über Schulterhöhe heben. Schließlich verwies sie auf die wiederholte Entfernung von Gebärmuttermyomen.

Am 5. Oktober 2012 wurde der Klägerin die Galle operativ entfernt. Am 3. April 2013 wurde eine Kataraktoperation am rechten Auge der Klägerin durchgeführt. Es zeigte sich ein regelrechter postoperativer Augenbefund (Arztbriefe von Augenarzt Dr. N. vom 4. April 2013 und vom 25. April 2013).

Die Beklagte trat der Klage unter Verweis auf den Widerspruchsbescheid und eine sozialmedizinische Stellungnahme von Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. L. vom 3. April 2013 entgegen.

Das SG befragte Ärztin K. in einem Beweistermin vom 10. Januar 2012 als sachverständige Zeugin. Die Zeugin erklärte, die Klägerin seit vielen Jahren kontinuierlich zu behandeln. Sie ermüde aufgrund ihrer Hepatitis recht schnell und leide immer wieder an Atemnot. Aufgrund der bestehenden Polyneuropathie habe sie Schmerzen an Händen und Füßen. Sie habe zudem aufgrund ihrer Skoliose einen "krummen Rücken" und sei "dick".

Im Auftrag des SG erstellte sodann Orthopäde Dr. K. ein Gutachten vom 24. Februar 2012 aufgrund einer Untersuchung der Klägerin vom 13. Dezember 2011. Er stellte folgende Diagnosen auf orthopädischem Fachgebiet: Lokale muskuläre Hartspannbildung mit endgradiger Bewegungseinschränkung im Bereich der Halswirbelsäule und Nachweis von Verschleißerscheinungen der unteren Etage der Halswirbelsäule (teilweise altersüberschreitend, ohne Nachweis einer den einzelnen Nerven zuordenbaren Ausstrahlung oder Minderempfind-lichkeit im Bereich beider oberer Extremitäten), angegebene Belastungsschmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule ohne passende neurologische Ausstrahlung in den Bereich der unteren Extremitäten (bei altem Bandscheibenvorfall L 4/5 und alterskorrekter Entfaltung der Lendenwirbelsäule, alterskorrektem radiologischen Befund und vermehrter Hohlkreuzbildung), muskuläre Überlastung im Bereich der Rückenstrecker bei Rundrückenbildung ohne isolierte lokale Schmerzen im Bereich der Brustwirbelsäule, Beinlängendifferenz rechts minus 15 Millimeter (ein Ausgleichsversuch sei wegen vermehrten Beschwerden gescheitert), nicht zuordenbar angegebene Sensibilitätsminderung im Bereich der oberen Extremitäten (bei der Begutachtung ohne motorische Ausfälle, ohne auffällig isolierte Kraftminderung und ohne auffällige muskuläre Umfangsminderung), endgradige Bewegungsschmerzen im Bereich des Hüftgelenks rechts bei alterskorrektem radiologischem Hüftgelenksbefund, Ausschluss einer deutlichen Schonmuskelminderung im Bereich der unteren Extremitäten im Seitenvergleich sowie deutliches Übergewicht. Es zeige sich im Bereich der Halswirbelsäule eine vor allem in der Rückneigung des Kopfes etwas eingeschränkte Beweglichkeit. Geklagt würden Beschwerden im Bereich der Muskelkette der Nackenstrecker. Der radiologische Befund zeige Verschleißerscheinungen im unteren Anteil der Halswirbelsäule, teilweise altersüberschreitend. Passende neurologische Ausstrahlungen in den Bereich der oberen Extremitäten bestünden nicht. Die dort angegebenen Minderempfindlichkeiten passten in keine neurologisch zuordenbare Region. Auch zeige sich, dass im Bereich beider oberer Extremitäten keine auffällige Umfangsveränderung im Bereich der Muskulatur bestehe, was als Schonungsfolge sonst zu erwarten wäre. Im Bereich der Brustwirbelsäule würden bei vermehrtem Rundrücken vor allem Schmerzen im Bereich der Rückenstreckerkette angegeben. Diese seien als sogenannte muskuläre Überlastung zu werten. Im Bereich der Lendenwirbelsäule zeige sich eine unterschiedliche Entfaltung der Lendenwirbelsäule bei Überprüfung durch identische Untersuchungsvorgänge, einmal im Stehen bei der Vorneigung, einmal beim Aufsitzen im Langsitz. Letzterer zeige einen sehr guten Entfaltungswert. Der radiologische Befund sei altersgerecht. Zuordenbare Nervenveränderungen aus der Lendenwirbelsäule, die in die unteren Extremitäten reichten, bestünden nicht. Die ursprünglich in den Unterlagen noch befindliche Diagnose eines Bandscheibenvorfalls L 4/5 zeige bei der Untersuchung keine neurologisch passende ausstrahlende Veränderung im Bereich der unteren Extremitäten. Das rechte Hüftgelenk werde als endgradig schmerzhaft geschildert. Es zeige sich hier bei der Überprüfung eine geringfügige Einschränkung der Beweglichkeit im Seitenvergleich. Der radiologische Befund sei symmetrisch und zeige keine auffällige Arthrose-Entwicklung. Bei Überprüfung der Fibromyalgie-Triggerpunkte würden auch sogenannte negative Triggerpunkte als schmerzhaft positiv angegeben. Auf Nachfrage, welche Leistungsfähigkeit die Klägerin bei sich sehe, habe diese ausgeführt, dass sie z.B. die letzte Tätigkeit als Putzfrau nicht mehr ausüben könne, zum einen weil sie sich dauernd bücken müsse, zum anderen habe sie Probleme mit den Händen. Zusätzlich sei ihr abgeraten worden, die chemisch-aggressiven Mittel wegen der Erkrankung ihrer Leber einzusetzen. Andererseits führe die Klägerin dann aus, dass z.B. eine Tätigkeit im Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und Gehen, z.B. als Aufsicht in einem Parkhaus aus orthopädischer Sicht kein Problem darstelle. Dr. K. kam zu dem Ergebnis, dass die Leistungsfähigkeit auf fachorthopädischem Gebiet insofern eingeschränkt sei, dass mittelschwere und schwere Tätigkeiten nicht durchführbar seien. Leichte Tätigkeiten im Wechsel zwischen Stehen, Sitzen und Gehen seien aus orthopädischer Sicht vollschichtig zumutbar. Eine leichte Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei acht Stunden an fünf Tagen in der Woche durchführbar.

Unter Berücksichtigung des orthopädischen Gutachtens erstellte außerdem im Auftrag des SG Internist Dr. S. aufgrund einer Untersuchung der Klägerin vom 13. Dezember 2011 ein Gutachten vom 24. Februar 2012. Er diagnostizierte eine Hepatitis C, die zweimal mit Interferon und antiviral behandelt worden sei, eine Leberzirrhose Child A, einen korrekt eingestellten Diabetes mellitus, einen befriedigend eingestellten Bluthochdruck sowie Schmerzen im Bereich der Wirbelsäule bei Verschleißerscheinungen der Halswirbelsäule, einen alten Bandscheibenvorfall der Lendenwirbelsäule und Fehlhaltung. Die Klägerin sei in der Lage, Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig zu verrichten. Nicht möglich seien mittelschwere und schwere Tätigkeiten, wenn sie in wechselnder Körperhaltung erfolgten. Nicht möglich seien auch Tätigkeiten mit Zwangshaltung der Wirbelsäule, mit Überkopf-Arbeiten sowie mit plötzlichem Heben von Lasten über acht Kilogramm.

Außerdem erstellte im Auftrag des SG Arzt für Neurologie und Psychiatrie Privatdozent Dr. W. unter dem 7. März 2012 ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten. Die Klägerin leide unter chronisch-vertebralen Kreuzschmerzen ohne Nervenwurzelreizerscheinungen oder -ausfall bei Adipositas per magna sowie einem Cervicocephalsyndrom. Die körperliche Leistungsfähigkeit der Klägerin sei auf körperlich leichte Tätigkeiten mit Heben und Tragen von Lasten ohne technische Hilfsmittel nicht über etwa acht Kilogramm beschränkt. Weiterhin würden Tätigkeiten mit häufigem Knien, Treppensteigen, mit häufigem Bücken wegen der Cervicalgien sowie Dorsalgien ausscheiden. Arbeiten in anhaltender Fehlhaltung, bei gleichbleibender Körperposition sowie Arbeiten vorwiegend im Freien, unter Kälte- oder Nässeeinfluss seien ebenfalls nicht zumutbar. Aus algologischer Sicht sei die Klägerin in der Lage, Tätigkeiten unter den aufgelisteten qualitativen Einschränkungen vollschichtig auszuüben.

Sodann bestellte das SG auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Internisten Dr. S. zum gerichtlichen Sachverständigen. Dr. S. erstattete sein Gutachten vom 28. Juli 2012 aufgrund einer Untersuchung der Klägerin vom 4. Juli 2012. Er stellte auf internistischem Gebiet folgende Diagnosen: Leberzirrhose (Stadium Child A, aktuell kompensiert bei Zustand nach chronischer Hepatitis C ohne aktuellen Nachweis einer Viruspräsenz), Hypertonie, Diabetes mellitus, postthrombotisches Syndrom im rechten Bein sowie Überhöhungen für Harnsäure und Triglyceride im Blutserum. Der Klägerin seien mittelschwere und schwere körperliche Arbeiten, Heben oder Tragen von Lasten über zehn Kilogramm sowie Arbeiten ausschließlich im Sitzen oder ausschließlich im Stehen nicht möglich. Möglich seien ausschließlich leichte körperliche Arbeiten im Gehen oder im Stehen oder im Sitzen, möglichst im Wechsel zwischen diesen Belastungsqualitäten in geschlossenen Räumen, bei Anwendung entsprechender Kleidung auch im Freien. Die Klägerin sei in der Lage, Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bei Beachtung der Einschränkungen vollschichtig auszuüben.

Außerdem bestellte das SG auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Abs. 1 SGG Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. W. zum gerichtlichen Sachverständigen. Dr. W. erstattete aufgrund einer Untersuchung der Klägerin vom 10. September 2012 ein orthopädisches Gutachten vom 18. September 2012. Er diagnostizierte ein chronisches Lenden-wirbelsäulensyndrom mit Bandscheibenabnutzungen L 3/4 und L 4/5 mit zufriedenstellender Beweglichkeit, Schmerzausstrahlung in das rechte Bein ohne Kraftminderung sowie ein Halswirbelsäulensyndrom bei monosegmentalem Bandscheibenteilaufbrauch mit zufrieden-stellender Halswirbelsäulenbeweglichkeit ohne überdauernde Nervenwurzelreizerscheinungen. Die Klägerin könne leichte körperliche Tätigkeiten mit Heben und Tragen von Lasten bis acht Kilogramm, Arbeiten im Sitzen und Gehen sowie im Wechselrhythmus sowie Arbeiten an Büro- und Schreibmaschinen vollschichtig ausüben.

Schließlich erstellte im Auftrag des SG auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Abs. 1 SGG Arzt für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. B. ein nervenärztliches Gutachten vom 28. Oktober 2012 aufgrund einer Untersuchung der Klägerin vom 16. Oktober 2012. Er diagnostizierte auf seinem Fachgebiet eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung. Ein neuropathologischer Befund habe nicht erhoben werden können. Die Klägerin könne an fünf Tagen in der Woche maximal drei bis unter sechs Stunden pro Tag beruflich aktiv sein. Prof. Dr. B. führte aus, dass von leichten Aggravationstendenzen im Rahmen der Beschwerdeschilderung der Klägerin auszugehen sei. Hinweise für eine Wahrnehmungsstörung, Störung der Ich-Funktion, Störung der Gedankengänge oder Auffälligkeiten der Gedankeninhalte hätten sich nicht gefunden. Das Gleiche gelte mit Blick auf die Fragen nach möglicherweise bestehenden abnormen Persönlichkeitsentwicklungen. Die Klägerin habe einen ängstlichen, besorgten und niedergeschlagenen Eindruck gemacht. Dies hätte allerdings nicht ein solches Ausmaß erreicht, das für die Annahme einer schwerwiegenden depressiven Erkrankung spräche. Auffallend sei gewesen, dass man bei ihr von einer wesentlichen Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit eben vor dem Hintergrund der bei ihr zu erfassenden psychopathologischen Symptomatik auszugehen habe. Die Klägerin sei intellektuell nur einfach begabt. Eigentliche kognitive Defizite (Gedächtnis, Auffassungszeit, Konzentration usw.) hätten bei ihr nicht objektiviert werden können. Ebenso wenig habe sich eine Einschränkung ihrer Kritikfähigkeit in Bezug auf sich selbst und in allgemeiner Hinsicht gefunden. Ihre affektive Schwingungsbreite sei zumindest leicht in Richtung des depressiven Pols eingeengt. Die bei ihr zu diagnostizierende anhaltende somatoforme Schmerzstörung mache sich durch andauernde und oftmals quälende Schmerzen bemerkbar, welche sich durch physiologische Prozesse nicht erklären ließen. Dieses Krankheitsbild trete bei der Klägerin in seiner symptomatischen Ausgestaltung recht ausgeprägt in Erscheinung. Die Leistungsfähigkeit der Klägerin sei unter Berücksichtigung aller ihrer gesundheitlichen Einschränkungen integrierend zu bewerten. Eine solche integrierende Bewertung komme zu dem Ergebnis, dass die Klägerin inzwischen 58 Jahre alt sei sowie schwächlich, verbraucht, verhärmt und leidend wirke. Er komme zu der Erkenntnis, dass sich die Klägerin einer beruflichen Wiedereingliederung, ob sie dies wolle oder auch nicht, widersetzen werde. Sie habe ihm gegenüber immer wieder geäußert, dass sie sich sehr häufig sehr schwach und elend fühle und dass sie es deswegen nicht vermöge, sich einer beruflichen Wiederein-gliederung zu unterziehen.

Das SG wies die Klage mit Urteil vom 23. Juli 2013 ab. Die Klägerin sei nicht erwerbsgemindert und auch nicht berufsunfähig. Das SG schloss sich den Ausführungen von Dr. S., Dr. K., Dr. W., Dr. W. und Dr. S. an. Das Gutachten von Prof. Dr. B. vermöge nicht zu überzeugen. Es lasse sowohl eine nähere Auseinandersetzung mit dem vorangegangenen nervenärztlichen schmerztherapeutischen Gutachten von Dr. W. als auch eine nachvollziehbare Begründung für eine von ihm angenommene Leistungsminderung der Klägerin auf unter sechs Stunden täglich vermissen. Die Klägerin sei nach ihrem beruflichen Werdegang auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar.

Gegen das der Klägerin am 25. Juli 2013 zugestellte Urteil hat sie am Montag, 26. August 2013 Berufung eingelegt. Die Klägerin verweist auf die stationären Krankenhausaufenthalte vom 11. September 2013 bis zum 7. Oktober 2013 aufgrund starken Fiebers unklarer Genese sowie vom 4. bis zum 16. Dezember 2013 zur Evaluation des intrahepatischen Drucks. Im Vergleich zu früher getroffenen Feststellungen sei eine Verschlechterung bei den Ösophagusvarizen eingetreten; diese hätten inzwischen das Stadium II bis III erreicht. Drei Magengeschwüre seien zusätzlich aufgetreten. Der Leberdruck habe sich deutlich erhöht. Außerdem sei festgestellt worden, dass die rechte Herzklappe sklerotisiert sei und dass in der absteigenden Aorta Plaque vorhanden sei. Sie befinde sich mittlerweile in laufender neurologischer Behandlung. Das Urteil des SG sei fehlerhaft, soweit es nicht dem Sachverständigen Prof. Dr. B. gefolgt sei. Entgegen der Annahme des SG habe sich der Sachverständige mit den Ausführungen im Gutachten von Dr. W. befasst. Im Übrigen habe Dr. W. die von Prof. Dr. B. diagnostizierte anhaltende somatoforme Schmerzstörung nur deshalb nicht festgestellt, weil er der Klägerin fälschlicherweise gravierende Aggravationstendenzen unterstellt hätte. Sein Gutachten sei falsch. Es müsste nun alle drei Monate eine Magenspiegelung durchgeführt werden. Der Sachverständige Dr. S. habe festgestellt, dass der Entgiftungsparameter Ammoniak im Blut maximal erhöht sei, und die Frage, ob dies Auswirkungen auf die cerebrale Leistungsfähigkeit habe, von Prof. Dr. B. zu beurteilen gewesen wäre. Prof. Dr. B. sei hierauf aber nicht näher eingegangen.

Die Klägerin beantragt (sachgerecht gefasst),

das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 23. Juli 2013 sowie den Bescheid der Beklagten vom 8. Oktober 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. April 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab dem 1. Juni 2009 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, weiter hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren, hilfsweise ein Gutachten von Amts wegen, weiter hilfsweise ein Gutachten nach § 109 SGG zum Beweis der Tatsache einzuholen, dass der gestörte Ammoniakabbauwert Auswirkungen auf ihre zerebrale Leistungsfähigkeit habe und die volle Erwerbsminderung herbeiführe.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält an ihrer Auffassung fest. Aus den im Berufungsverfahren vorgelegten Unterlagen ergebe sich keine veränderte Leistungseinschätzung (sozialmedizinische Stellungnahme von Internist Dr. B. vom 2. Dezember 2013).

Vom 11. September bis zum 7. Oktober 2013 und vom 4. bis zum 16. Dezember 2013 hat sich die Klägerin zur stationären Behandlung im Klinikum Ludwigsburg befunden. Prof. Dr. C. hat im (vorgelegten) vorläufigen Entlassbericht vom 7. Oktober 2013 berichtet, dass die Ösophagusvarizen II. und III. Grades keine Blutungszeichen zeigten. Im (vorgelegten) vorläufigen Entlassbericht vom 16. Dezember 2014 hat er aktuell eine Leberzirrhose (Child A, MELD 8) diagnostiziert. Bei drei Magenspiegelungen seien weitere Ösophagus Varizen I. bis II. Grades festgestellt worden. Hier sei es zu einer Ligaturbehandlung durch die Applikation von fünf Gummibändern gekommen.

Am 29. April 2014 hat sich die Klägerin beim Internisten Dr. G. vorgestellt. Dieser hat in einem (vorgelegten) Arztbrief vom gleichen Tag mitgeteilt, dass sich weitere wegdrückbare Restvarizen I. bis II. Grades gezeigt hätten. Diese bräuchten derzeit nur medikamentös therapiert und erstmals im Oktober 2014 weiter kontrolliert zu werden.

Der frühere Berichterstatter hat den Sachverhalt mit den Beteiligten am 18. Juni 2014 erörtert. Zu den Einzelheiten wird auf die Niederschrift der Sitzung Bezug genommen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Zu den weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie auf die beigezogenen Akten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

1. Die nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte und gemäß § 143 SGG statthafte Berufung der Klägerin, über die der Senat mit Einverständnis beider Beteiligter durch Urteil ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 SGG entscheidet, ist auch im Übrigen zulässig. Die Berufung bedurfte nicht nach § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG der Zulassung. Denn die Klägerin begehrt Leistungen für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).

2. Die Berufung der Klägerin ist aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 8. Oktober 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. April 2011 ist rechtmäßig. Die Klägerin hat seit dem 1. Juni 2009 (vgl. § 99 Abs. 1 Satz 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VI]) keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung sowie auch nicht wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.

a) Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 1. Januar 2008 geändert durch Artikel 1 Nr. 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554), wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).

b) Nach diesen Maßstäben ist die Klägerin seit 1. Juni 2009 weder voll noch teilweise erwerbsgemindert, weil sie noch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich verrichten kann (dazu unter aa). Solche Tätigkeiten sind ihr auch mit Blick auf § 240 SGB VI zumutbar, so dass sie seit 1. Juni 2009 auch keinen Anspruch auf teilweise Erwerbsminderungsrente bei Berufsunfähigkeit hat (dazu unter bb).

aa) Aufgrund der im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Klägerin zumindest noch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes wenigstens sechs Stunden täglich verrichten kann. Zwar liegen bei der Klägerin zahlreiche gesundheitliche und daraus resultierende funktionelle Einschränkungen vor. Diese mindern ihre berufliche Leistungsfähigkeit jedoch nur in qualitativer, nicht aber in quantitativer Hinsicht.

(1) Die Klägerin leidet zum einen unter gesundheitlichen Beeinträchtigungen auf orthopädischem Fachgebiet. Insofern stellte zuletzt der gerichtliche Sachverständige Dr. W. ein chronisches Lendenwirbelsäulensyndrom mit Bandscheibenabnutzungen L 3/4 und L 4/5 sowie ein Halswirbelsäulensyndrom bei monosegmentalem Bandscheibenteilaufbrauch fest. Dies deckt sich im Wesentlichen mit den bereits zuvor getroffenen Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen Dr. K ... Hieraus resultieren nach den Feststellungen Dr. K.‘ namentlich eine endgradige Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule, Belastungsschmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule und endgradige Bewegungseinschränkungen im Bereich des rechten Hüftgelenks. Dass es sich hierbei um geringgradige Bewegungseinschränkungen handelt, wird dadurch untermauert, dass der Sachverständige Dr. W. in seinem orthopädischen Gutachten von zufriedenstellender Beweglichkeit sprach. Die lumbalen Beschwerden sind nach den Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen Dr. W. nicht von Nervenwurzelreizer-scheinungen oder -ausfall begleitet.

Auf internistischem Gebiet besteht bei der Klägerin eine Leberzirrhose Child A und mehrere Ösophagusvarizen I. bis II. Grades. Beides ist zuletzt von dem Internisten Dr. G. am 29. April 2014 festgestellt worden. Entsprechende Feststellungen finden sich auch bereits in den Gutachten der gerichtlichen Sachverständigen Dr. S. und Dr. S ... Außerdem ist der Klägerin am 5. Oktober 2012 die Galle entfernt worden.

Auf augenärztlichem Gebiet erfolgte eine Kataraktoperation am rechten Auge der Klägerin am 3. April 2013. Postoperativ zeigte sich nach den Arztbriefen des Dr. N. vom 4. und vom 25. April 2013 ein regelrechter Augenbefund.

(2) Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass die festgestellten Gesundheitsstörungen das berufliche Leistungsvermögen der Klägerin zwar in qualitativer, aber nicht in quantitativer Hinsicht mindern. Insbesondere die Gesundheitsstörungen auf orthopädischem Gebiet schließen schwere und mittelschwere körperliche Arbeit aus. Nicht ausgeschlossen sind indes leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes in wechselnder Körperhaltung. Dies ist die übereinstimmende Einschätzung der gerichtlichen Sachverständigen Dr. K., Dr. S., Dr. W., Dr. S. und Dr. W., der sich der Senat anschließt. Sie steht im Einklang mit der allgemeinen Erkenntnis, dass orthopädischen Befunden in aller Regel durch qualitative Leistungsein¬schränkungen Rechnung getragen werden kann und dass solche Gesundheitsbeein¬trächtigungen nur in besonders begründeten Ausnahmefällen in der Lage sind, die berufliche Leistungsfähigkeit auch in zeitlicher Hinsicht zu limitieren (Landessozialgericht [LSG] Baden-Württemberg, Urteil vom 24. Januar 2007 – L 3 R 1341/06 – nicht veröffentlicht). Der Senat hat keine Anhaltspunkte dafür, dass bei der Klägerin eine solche exzeptionelle Situation vorliegt.

Hiervon ging im Übrigen die Klägerin während des Rechtsstreites zumindest zeitweise selbst aus. So hat der gerichtliche Sachverständige Dr. K. in seinem Gutachten Äußerungen der Klägerin dokumentiert, nach denen sie sich für leistungsfähig für eine Tätigkeit im Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und Gehen halte und lediglich eine Tätigkeit im bisherigen Beruf als Putzfrau nicht mehr für leistbar halte.

Aus den Gesundheitsstörungen der Klägerin auf den anderen medizinischen Fachgebieten folgen keine zusätzlichen Einschränkungen ihrer beruflichen Leistungsfähigkeit. Dies gilt auch für die Leberzirrhose und die Ösophagusvarizen. Die Leberzirrhose ist nach den Feststellungen aller einschlägigen ärztlichen Äußerungen nach den Child-Pugh-Kriterien dem Stadium A und damit dem ersten Stadium zuzurechnen. Nach dem alternativ anzuwendenden Meld-Score, der von 6 bis 40 Punkte reicht, ist bei der Klägerin ein Punktwert von 8 ermittelt worden (vorläufiger Entlassbericht des Prof. Dr. C. [Klinikum L.] vom 16. Dezember 2013), also im unteren Bereich der Skala. Die gerichtlichen Sachverständigen Dr. S. und Dr. S. konnten aufgrund der Leberzirrhose eine erhebliche Einschränkung des Leistungsvermögens nicht feststellen, ausdrücklich insbesondere nicht in quantitativer Hinsicht. Der Funktionzustand der Leber ist nach den Feststellungen von Dr. S. gut. Die Ösophagusvarizen zeigen bislang keine Blutungszeichen (so zuletzt auch der vorläufige Entlassbericht des Prof. Dr. C. [Klinikum L.] vom 7. Oktober 2013). Die sich aufgrund der Leberzirrhose ergebenden qualitativen Leistungseinschränkungen, von denen Dr. S. (kein plötzliches Heben oder sonstige plötzliche statische Anpassungen) und Dr. S. (keine Verrichtung mittelschwerer und schwerer körperlicher Arbeit, keine Arbeiten mit Heben oder Tragen von Lasten über zehn Kilogramm) ausgehen, ergeben sich bereits aus den orthopädisch veranlassten Einschränkungen.

Die Vergrößerung der Milz ist nach der Feststellung des gerichtlichen Sachverständigen Dr. S. funktional nicht relevant. Hinsichtlich der Hepatitis C ist seit 2009 keine Virus mehr nachweisbar. Der gerichtliche Sachverständige Dr. S. stellte eine geringe Entzüdungsaktivität fest.

Soweit die Klägerin in ihrer Berufungsbegründung darauf hinweist, dass bei ihrer stationären Behandlung vom 11. September 2013 bis 7. Oktober 2013 festgestellt worden sei, dass die rechte Herzklappe sklerotisiert und dass in der absteigenden Aorta Plaque vorhanden sei, hat dies keine Auswirkungen auf ihre berufliche Leistungsfähigkeit. Ein kardiologischer Behandlungsbedarf bestand im Übrigen nicht. Weder lässt sich dem vorläufigen Entlassbericht des Prof. Dr. C. [Klinikum L.] vom 7. Oktober 2013 eine solcher Bedarf entnehmen noch hat die Klägerin eine entsprechende Behandlung durchgeführt. Der vorläufige Entlassbericht des Prof. Dr. C. enthält bereits keine Diagnose auf kardiologischem Gebiet.

Der Anlass für die genannte stationäre Behandlung – unklares Fieber – führt ebenfalls nicht zur Annahme, dass die Klägerin erwerbsgemindert wäre. Als Ursache wurde eine Nieren-beckenentzündung festgestellt, die erfolgreich mit Antibiotika behandelt wurde.

Auch darüber hinaus ergeben sich aus dem Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren keine Gesichtspunkte, die eine andere Beurteilung rechtfertigen. Die Klägerin behauptet lediglich, dass sich ihre gesundheitliche Situation verschlechtert habe und sie erwerbsgemindert sei, nennt aber außer Diagnosen keine funktionellen Einschränkungen, die daraus resultierten. Für die Beurteilung der beruflichen Leistungsfähigkeit im Sinne des Klagebegehrens relevante Erkenntnisse ergeben sich auch nicht aus den von der Klägerin im Erörterungstermin vorgelegten Arztbriefen und Entlassberichten. Sie bestätigen im Wesentlichen nur die schon bislang bekannten Befunde und Diagnosen. Der Umstand, dass bei der Klägerin zur Kontrolle der Ösophagusvarizen alle drei Monate eine Magenspiegelung durchgeführt werden muss, begründet ebenfalls keine Erwerbsminderung. Gleiches gilt offensichtlich für den von der Klägerin im Schriftsatz vom 19. Januar 2014 erwähnten grippalen Infekt und die im Schriftsatz vom 24. April 2012 erwähnten wiederholten Entfernungen von Gebärmuttergeschwulsten (Myomen).

Die Klägerin dringt auch mit ihren Monita gegenüber dem Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen Privatdozent Dr. W. nicht durch. Für die Überzeugung des Senats ist es ohne Bedeutung, ob Privatdozent Dr. W. – anders als der Sachverständige Prof. Dr. B. – nur deshalb keine anhaltende somatoforme Schmerzstörung festgestellt hat, weil er der Klägerin – so ihr Vorwurf – gravierende Aggravationstendenzen unterstellt habe. Entscheidend für die Einschätzung der Leistungsfähigkeit sind nicht Diagnosen, sondern die ihnen zugrundeliegenden Befunde und daraus resultierenden Einschränkungen der Leistungsfähigkeit.

Auch die Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. B. können dem Senat nicht die Überzeugung verschaffen, dass die Klägerin erwerbsgemindert wäre. Im Gegenteil stützt dieses Gutachten in weiten Teilen – jenseits der zusammenfassenden Einschätzung der Leistungsfähigkeit der Klägerin – die Auffassung, dass quantitative Leistungseinschränkungen bei der Klägerin nicht vorliegen. Abgesehen davon, dass Prof. Dr. B. selbst davon spricht, dass von leichten Aggravationstendenzen bei der Beschwerdeschilderung der Klägerin auszugehen sei, konnte er Hinweise für eine Wahrnehmungsstörung, Störung der Ich-Funktion, Störung der Gedankengänge, Auffälligkeiten der Gedankeninhalte, Hinweise für eine abnorme Persönlichkeitsentwicklung und einen neuropathologischen Befund nicht finden. Prof. Dr. B. stellt zwar fest, dass die Klägerin einen ängstlichen, besorgten und niedergeschlagenen Eindruck mache, schließt aber eine schwerwiegende depressive Erkrankung aus. Auch eigentliche kognitive Defizite (Gedächtnis, Auffassungszeit, Konzentration usw.) und eine Einschränkung ihrer Kritikfähigkeit in Bezug auf sich selbst und in allgemeiner Hinsicht konnte er nicht feststellen. Ihre affektive Schwingungsbreite war nur leicht in Richtung des depressiven Pols eingeengt. Vor diesem Hintergrund ist die Einschätzung, die Klägerin könne nicht mehr arbeiten, nicht plausibel. Objektive Faktoren hierfür konnte Prof. Dr. B. nicht benennen.

(3) Entgegen der Auffassung der Klägerin belegt auch die Anerkennung eines Grades der Behinderung von inzwischen 60 nicht, dass sie erwerbsgemindert wäre. Zwischen der Schwerbehinderung nach dem Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) und der Erwerbsminderung nach dem SGB VI besteht keine Wechselwirkung, da die gesetzlichen Voraussetzungen unterschiedlich sind (Bundessozialgericht [BSG], Beschluss vom 8. August 2001 – B 9 SB 5/01 B, in juris, Rn. 5; BSG, Beschluss vom 9. Dezember 1987 – 5b BJ 156/87, in juris, Rn. 3). Für die Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI sind die Erwerbsmöglichkeiten des Betroffenen maßgeblich, während § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX in der bis zum 14. Januar 2015 geltenden Fassung und § 159 Abs. 7 SGB IX in der seit dem 15. Januar 2015 geltenden Fassung (geändert durch Art. 1a des Gesetzes vom 7. Januar 2015, BGBl. II, S. 15) auf die abstrakten Maßstäbe des § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) verweist (BSG, Beschluss vom 8. August 2001 – B 9 SB 5/01 B –, in juris, Rn. 5; BSG, Beschluss vom 9. Dezember 1987 – 5b BJ 156/87 –, in juris, Rn. 3). Die in dem Bescheid des Landratsamts Ludwigsburg vom 3. Februar 2014 über die Anerkennung eines Grades der Behinderung von 60 aufgeführten Funktionsbeeinträchtigungen (Bandscheibenschaden, Chronische Leberentzündung, Milzver-größerung, Magengeschwürsleiden, chronische Magenschleimhautentzündung, Bluthochdruck) stützen auch unabhängig davon das Klagebegehren nicht, weil sich aus diesen Funktionseinschränkungen gerade keine Minderung der beruflichen Leistungsfähigkeit in zeitlicher Hinsicht ableiten lässt.

(4) Weitere Ermittlungen waren nicht zu veranlassen. Der Sachverhalt ist aufgeklärt. Insbesondere bedurfte es keines Gutachtens zu der Frage, ob ein gestörter Ammoniakabbauwert Auswirkungen auf die zerebrale Leistungsfähigkeit der Klägerin hat. Soweit der gerichtliche Sachverständige Dr. S. insofern auf das nachfolgende Gutachten von Prof. Dr. B. verwies, lässt sich dem Gutachten von Prof. Dr. B. – entgegen der Auffassung der Klägerin – gerade entnehmen, dass er insofern keine Beeinträchtigungen bei der Klägerin feststellen konnte. Prof. Dr. B. hat ausdrücklich konstatiert, dass die Hirnnervenfunktionen ungestört sind und ein neuropathologischer Befund nicht festgestellt werden kann.

Auch nach § 109 SGG war kein weiteres Gutachten zu erheben. Denn dieses Antragsrecht ist verbraucht. Das Antragsrecht nach § 109 SGG steht grundsätzlich nur einmal im gesamten Rechtsstreit zur Verfügung. Das Gericht ist nicht verpflichtet, einem Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis bestimmter Tatsachen beliebig oft nachzukommen (vgl. z.B. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 13. November 2012 – L 11 R 5317/10 – m.w.N, in juris; Urteil des Senats vom 31. August 2012 – L 4 R 5292/11 – nicht veröffentlicht). Die Klägerin hat im erstinstanzlichen Verfahren bereits dreimal von dem Antragsrecht nach § 109 SGG Gebrauch gemacht. Besondere Umstände, die ausnahmsweise eine wiederholte Antragstellung nach § 109 SGG rechtfertigen (vgl. dazu Keller, in Meyer-Ladewig/ Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl., § 109 SGG, RdNr. 10b), liegen nicht vor.

(5) Ob der Klägerin ein Arbeitsplatz vermittelt werden kann oder nicht, ist für den geltend gemachten Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung nicht erheblich. Die jeweilige Arbeitsmarktlage ist nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI). Maßgebend ist, ob die Klägerin mit dem ihr verbliebenen Restleistungsvermögen – wenn auch mit qualitativen Einschränkungen – in der Lage ist, zumindest körperlich leichte Tätigkeiten arbeitstäglich für mindestens sechs Stunden zu verrichten, sie also in diesem zeitlichen Umfang unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts erwerbstätig sein kann, wovon im Regelfall ausgegangen werden kann (vgl. z. B. BSG, Urteil vom 19. Oktober 2011 – B 13 R 78/09 R – in juris, Rn. 31). Dies bejaht der Senat wie zuvor dargelegt.

(6) Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung liegen nicht vor. In einem solchen Fall kann der Arbeitsmarkt selbst bei einem noch vorhandenen sechsstündigen Leistungsvermögen ausnahmsweise als verschlossen gelten (siehe, auch zum Folgenden zuletzt Urteil des Senats vom 21. November 2014 – L 4 R 4797/13 – nicht veröffentlicht). Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass eine Verweisung auf noch vorhandenes Restleistungsvermögen nur dann möglich ist, wenn nicht nur die theoretische Möglichkeit besteht, einen entsprechenden Arbeitsplatz zu erhalten.

Dies ist hier nicht der Fall. Bei der Klägerin liegen zwar – wie dargelegt – einige qualitative Leistungseinschränkungen vor, diese sind jedoch nicht als ungewöhnlich zu bezeichnen. Darin ist weder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung noch eine Summierung ungewöhn¬licher Leistungseinschränkungen zu sehen. Eine schwere spezifische Leistungsbehinderung liegt nur vor, wenn bereits eine erhebliche (krankheitsbedingte) Behinderung ein weites Feld von Verweisungsmöglichkeiten versperrt. Hierzu können – unter besonderer Berücksichtigung der jeweiligen Einzelfallumstände – beispielsweise Einäugigkeit, Einarmigkeit und Einschränkungen der Arm- und Handbeweglichkeit sowie besondere Schwierigkeiten hinsichtlich der Gewöhnung und Anpassung an einen neuen Arbeitsplatz zählen (vgl. BSG, Urteil vom 9. Mai 2012 – B 5 R 68/11 R –, in juris, Rn. 28 m.w.N.). Keine dieser Fallkonstellationen ist bei der Klägerin vorhanden.

(7) Auch die Wegefähigkeit der Klägerin war und ist gegeben. Neben der zeitlich ausreichenden Einsetzbarkeit eines Versicherten am Arbeitsplatz gehört zur Erwerbsfähigkeit auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle in zumutbarer Zeit aufsuchen zu können. Das BSG hat dieses Vermögen nur dann für gegeben erachtet, wenn es dem Versicherten möglich ist, Entfernungen von über 500 Metern zu Fuß zurückzulegen, weil davon auszugehen ist, dass derartige Wegstrecken üblicherweise erforderlich sind, um Arbeitsstellen oder Haltestellen eines öffentlichen Verkehrsmittels zu erreichen (zum Ganzen z.B. BSG, Urteil vom 17. Dezember 1991 – 13/5 RJ 73/90 – in juris, Rn. 16 ff.; Urteil vom 12. Dezember 2011 – B 13 R 21/10 R – in juris, Rn. 21 f.; Urteil vom 12. Dezember 2011 – B 13 R 79/11 R – in juris, Rn. 19 f.). Die Klägerin ist in der Lage, eine Gehstrecke von 500 Metern viermal in weniger als 20 Minuten täglich zurückzulegen und öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Der Gutachter und der Sachverständige haben keine Befunde erhoben, die für eine unter den genannten Maßstäben eingeschränkte Gehfähigkeit der Klägerin sprechen.

bb) Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.

Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit haben nach § 240 Abs. 1 SGB VI bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Erreichung der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 1. Januar 2008 geändert durch Art. 1 Nr. 61 RV-Altergrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554) auch Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach dem die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs unter besonderer Anforderung ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Ausgangspunkt der Beurteilung der Berufsunfähigkeit ist der bisherige Beruf. Bisheriger Beruf im Sinne des § 240 SGB VI ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG in der Regel die letzte, nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit (z. B. BSG, Urteil vom 29. März 1994 – 13 RJ 35/93 – in juris, Rn. 16; Urteil vom 18. Februar 1998 – B 5 RJ 34/97 R – in juris, Rn. 13; Urteil vom 20. Juli 2005 – B 13 RJ 19/04 R – in juris, Rn. 16). Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die Rechtsprechung des BSG (vgl. z.B. Urteil vom 29. März 1994 – 13 RJ 35/93 – in juris, Rn. 17 ff.; Urteil vom 25. Juli 2001 – B 8 KN 14/00 R – in juris, Rn. 15) die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufs haben, gebildet worden. Entsprechend diesem so genannten Mehrstufenschema werden die Arbeiterberufe durch Gruppen mit den Leitberufen des Facharbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert. Innerhalb der Gruppe der angelernten Arbeiter differenziert das BSG nochmals hinsichtlich der Versicherten, die der oberen und unteren Gruppe der Angelernten angehören. Dem unteren Bereich sind alle Tätigkeiten mit einer regelmäßigen, auch betrieblichen Ausbildungs- und Anlernzeit von drei bis zwölf Monaten und dem oberen Bereich dementsprechend die Tätigkeiten mit einer Ausbildungs- oder Anlernzeit von über zwölf bis zu 24 Monaten zuzuordnen (BSG, Urteil vom 29. März 1994 – 13 RJ 35/93 – in juris, Rn. 20). Die Einordnung eines bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema erfolgt aber nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend hierfür ist vielmehr allein die Qualität der verrichteten Arbeit, d. h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an. Eine Verweisung kann nur auf einen Beruf derselben qualitativen Stufe oder der nächst niedrigeren erfolgen (BSG, Urteil vom 29. Juli 2004 – B 4 RA 5/04 R – in juris, Rn. 33 f.).

Die von der Klägerin zuletzt ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung als Reinigungsfrau war keine Tätigkeit, die eine Anlern- oder Ausbildungszeit von mehr als zwölf Monaten voraussetzte. Gegenteiliges hat die Klägerin zu keinem Zeitpunkt behauptet und die vorliegenden Akten geben hierfür keine Anhaltspunkte.

Da die Klägerin allenfalls zum unteren Bereich der angelernten Arbeiter gehört, kann sie grundsätzlich auf alle auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vorkommenden Tätigkeiten verwiesen werden. Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist in diesen Fällen regelmäßig nicht erforderlich, weil auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine so große Anzahl von Tätigkeitsarten zur Verfügung steht, dass das Vorhandensein einer geeigneten Verweisungstätigkeit offensichtlich ist (z.B. BSG, Urteil vom 14. September 1995 – 5 RJ 50/94 – in juris, Rn. 18; zuletzt Beschluss des Senats vom 10. Oktober 2014 – L 4 R 3169/12 – nicht veröffentlicht).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG.

4. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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