Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 1 SB 300/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 SB 3618/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 25. Juli 2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt eine höhere Bewertung des bei ihr festgestellten Grades der Behinderung (GdB) im Sinne des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX).
Auf den Erstantrag der am 31.01.1972 geborenen Klägerin stellte der Beklagte mit Bescheid vom 14.01.2003 wegen einer chronischen Bronchitis und Allergie den GdB mit 20 fest. Allerdings war dem aktenkundigen Entlassungsbericht der Reha-Klinik U., Abteilung Pulmologie vom 25.09.2002 zu entnehmen, dass sich während des dortigen stationären Aufenthalts der Klägerin keine Hinweise auf eine bronchiale Hyperreagibilität ergeben hatten und sich auch die Bronchitis-Symptomatik gebessert hatte (Bl. 13 B-Akten). Den Neufeststellungsantrag vom 03.01.2007 lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 07.02.2007 ab (Widerspruchsbescheid vom 13.04.2007). Aufgrund des weiteren Neufeststellungsantrages vom 03.11.2008 stellte der Beklagte mit Bescheid vom 11.12.2008 den GdB mit 30 fest und berücksichtigte hierbei als Funktionsbehinderungen eine chronische Bronchitis, Allergie (Teil-GdB 20), ein Osteom linker Schädel und eine Angststörung (Teil-GdB 10) sowie eine Sehminderung bei eingepflanzter Kunstlinse rechts (Teil-GdB 20). Auch gegen diesen Bescheid legte die Klägerin Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 16.04.2009 zurückge-wiesen wurde.
Am 18.08.2010 stellte die Klägerin den hier streitgegenständlichen Neufeststellungsantrag unter Hinweis auf eine Operation am linken Handgelenk sowie Rückenbeschwerden. Im mitübersandten augenärztlichen Befundbericht vom 28.10.2009 wird der Visus rechts mit 0,5 und links mit 0,8 angegeben. Der Chirurg Dr. J. berichtete im Befundbericht vom 09.04.2009 von einem typischen Karpaltunnelsyndrom der linken Hand bei freier Finger- und Handgelenksbeweglichkeit. Im radiologischen Befundbericht vom 09.07.2010 wird ein medialer Bandscheibenprolaps im Segment Th 6/7 mit leichter Myelon-Impression sowie Osteochondrose mit Retrospondylose und diskrete flache Bandscheibenprotrusion bei C 5/6 angegeben. Auf Anfrage des Beklagten teilte der Augenarzt Dr. W. mit Schreiben vom 27.08.2010 für das rechte Auge eine Sehschärfe von 0,25 sowie für das linke Auge von 0,8 mit und verwies auf den Zustand nach Cataract-Operation rechtes Auge am 29.05.2009. Der Orthopäde Dr. T. berichtete im Schreiben vom 31.08.2010 an den Beklagten von einem Auffahrunfall der Klägerin am 29.06.2010. Während am Unfalltag die Halswirbelsäule (HWS) in allen Ebenen frei beweglich gewesen sei, sei sie am 12.07.2010 wenig eingeschränkt beweglich mit Blockierung HWK 5/6 gewesen. Die von der Klägerin geäußerten Beschwerden seien den radiologischen Befunden nicht eindeutig zuzuordnen. Außerdem holte der Beklagte einen Befundschein bei dem Augenarzt Dr. H. vom 22.10.2010 ein, der den Visus im Oktober 2010 für das rechte Auge mit 0,2 und für das linke Auge mit 0,8 angab. Dagegen wird im Arztbrief des Prof. Dr. A., Augenklinik des Universitätsklinikums H., vom 01.10.2010 der Visus bei Entlassung am 01.10.2010 rechts mit 0,4 und links mit Kontaktlinse mit 1,0 angegeben.
Mit Bescheid vom 18.11.2010 lehnte der Beklagte nach vorheriger Einholung einer versorgungsärztlichen Stellungnahme den Antrag auf Neufeststellung ab, da die hinzugekommenen Funktionsbeeinträchtigungen (degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Bandscheibenschaden, muskuläre Verspannungen, Funktionsbehinderung der Wirbelsäule) insgesamt nur einen Teil-GdB von 10 bedingten, wodurch der Gesamt-GdB von 30 nicht beeinflusst werde.
Ihren hiergegen eingelegten Widerspruch begründete die Klägerin mit der fehlenden Berücksichtigung der Funktionsbeeinträchtigungen am linken Handgelenk sowie rechten Fuß. Der Beklagte holte bei Dr. J. den Befundschein vom 03.02.2011 ein. Danach bestand ein unauffälliges linkes Handgelenk mit freier Funktion nach der Karpaltunnelsyndrom-Operation 2009. Die Beweglichkeit im oberen und unteren Sprunggelenk des rechten Fußes sei leicht eingeschränkt bei stabilen Seitenbändern und leichter, druckschmerzhafter Schwellung mit Hautüberwärmung und Rötung. Hierbei handele es sich um Befunde von 2009, eine aktuelle Beurteilung sei nicht möglich. Die auf Veranlassung von Dr. J. am 14.04.2011 durchgeführte MRT-Untersuchung des rechten Fußes ergab eine deutliche Tendosynovitis der Flexoren ohne Nachweis eines arthritischen Prozesses und bei intakter Syndesmose. Weitere Schädigungen wurden nicht festgestellt. Auf Anfrage des Beklagten teilte der Neurologe Dr. S. mit Schreiben vom 06.06.2011 mit, dass die von der Klägerin anlässlich der zweimaligen Vorstellung geäußerten Beschwerden eines anscheinend chronifizierten Armschmerzes links unspezifisch gewesen seien und sich in der neurologischen Untersuchung ebenso wie elektrophysiologisch letztlich keine wegweisenden Pathologika gezeigt hätten. In einem weiteren, am 02.08.2011 bei dem Beklagten eingegangenen, undatierten Schreiben berichtete Dr. J. unter Bezugnahme auf den beigefügten MRT-Bericht vom 14.04.2011 erneut von einer freien Finger- und Handgelenksbeweglichkeit, nunmehr allerdings von einer deutlichen Einschränkung der Beweglichkeit des oberen rechten Sprunggelenkes. Eine MRT-Untersuchung des linken Kniegelenkes am 20.06.2011 ergab eine mukoide Degeneration des Innenmeniskushinterhorns und des Außenmeniskus sowie eine Knorpelläsion Grad II und eine in der Entstehung begriffene Baker-Zyste. Im Arztbrief des Prof. Dr. M., Städtisches Krankenhaus K., vom 04.08.2011 wird angegeben, dass die von der Klägerin geäußerten Beschwerden nicht auf eine Pathologie der linken Hand zurückzuführen seien.
In seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme wies Dr. B. darauf hin, dass die Beschwerden des linken Armes weiterhin unklar seien und der GdB hierfür unter 10 liege. Da sich Hinweise auf ein chronisches Schmerzsyndrom fänden, könne dieses mittenoriert werden und ergebe in der Gesamtwertung mit den weiteren seelischen Beeinträchtigungen einen maximalen Gesamt-GdB von 30. In Abweichung von der vorangegangenen versorgungsärztlichen Einschätzung bewertete Dr. B. die Sehminderung bei eingepflanzter Kunstlinse nur noch mit einem Teil-GdB von 10, vergab jedoch für die bislang nicht tenorierten Funktionsbeeinträchtigungen einer Funktionsbehinderung des linken Kniegelenks, Krampfadern, einer Sehnenreizung des rechten Fußes sowie eines chronisches Schmerzsyndroms einen Teil-GdB von 20. Das im vorläufigen Entlassbericht des Städtischen Klinikums K. vom 04.11.2011 beschriebene Bild eines erstmaligen Grand Mal Anfalles nahm Dr. B. in seiner weiteren versorgungsärztlichen Stellungnahme nicht als Funktionsbeeinträchtigung auf, da sich kein organisches Korrelat für ein Anfallsleiden gefunden habe und der Verlauf abzuwarten bleibe. Mit Widerspruchsbescheid vom 15.12.2011 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 18.01.2012 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Das SG hat die von der Klägerin benannten behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen.
Dr. Schnorpfeil hat mitgeteilt, dass auf neurologischem Gebiet bei der Klägerin bei Zustand nach Karpaltunnelsyndrom keine eindeutige Diagnose habe gestellt werden können. Er stimme von Seiten seines Fachgebietes der Auffassung des Versorgungsärztlichen Dienstes zu.
Der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. D. hat angegeben, die Klägerin lediglich einmal am 22.12.2011 untersucht zu haben. Es handele sich nach seiner Einschätzung bei der Klägerin um eine kombinierte Persönlichkeitsstörung, eine Somatisierungsstörung und einen einmaligen Grand Mal Anfall am 01.11.2011 ungeklärter Ätiologie. Die Persönlichkeitsstörung sei schwerergradig, die Somatisierungsstörung leichtergradig. Die psychischen Erkrankungen hätten nach seiner Meinung einen GdB von 30 zur Folge.
Prof. Dr. A., Augenklinik-Klinikum K., hat ausgeführt, die Klägerin werde seit 2007 dort behandelt, die letzte Behandlung sei am 21.04.2011 erfolgt, es liege jedoch nur noch eine Ersatzakte vor. Am rechten Auge bestehe ein Zustand nach mehrmaligen operativen Eingriffen bei traumatischer Ablatio retinae (schwer), herabgesetzte Sehschärfe (mittelgradig), Pseudo-phakie (kein Schweregrad), Glaukom (mittelgradig), Myopie (geringfügig), Astigmatismus (leicht) und am linken Auge eine Myopie (schwer) sowie Astigmatismus (leicht). Er teile die Auffassung des Versorgungsärztlichen Dienstes auf seinem Fachgebiet.
Dr. T. hat berichtet, die Klägerin vom 28.06.2010 bis zuletzt am 07.03.2012 behandelt zu haben. Er hat die Wirbelsäulenbeschwerden in HWS und Brustwirbelsäule (BWS) ebenso wie die Handgelenksarthralgie als leicht bis mittel, die Beschwerden im Fuß bei Senk-Spreizfuß mit Tendosynovitis als mittelgradig und auch die Beschwerden im Kniegelenk bei Gonarthrose Grad I als mittelgradig bezeichnet. Der Versorgungsärztliche Dienst habe zutreffend die Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule mit einem Teil-GdB von 10 und die Funktions-behinderung des linken Kniegelenkes mit einem Teil-GdB von 20 bewertet. Dem beigefügt ist u. a. der Entlassungsbericht der Reha-Klinik M., M. Klinik B., vom 27.10.2011 gewesen, wo sich die Klägerin auf Veranlassung des Hausarztes vom 05. bis 26.10.2011 in stationärer Behandlung befunden hat (Bl. 84 SG). Darin wird ausgeführt, dass sich objektiv keinerlei periphere sensible oder motorische Störungen gezeigt hätten. Die Klägerin ist trotz der von ihr geäußerten Persistenz der wiederholt auftretenden Beschwerden von Schulternacken- bis zum Lendenwirbelsäulen(LWS)bereich am 26.10.2011 als sofort arbeitsfähig entlassen worden.
Der Hals-Nasen-Ohren(HNO)arzt Dr. B. hat angegeben, bei der Klägerin eine allergische Rhinitis diagnostiziert zu haben, die von der Symptomatik her mittel- bis schwergradig sei. Im März 2012 habe sich die Klägerin noch einmal wegen einer angeblichen Kohlenmonoxidver¬giftung vorgestellt. Diesbezüglich hätten aber keine Veränderungen festgestellt werden können. Er stimme der Einschätzung des Versorgungsärztlichen Dienstes zu.
Prof. Dr. A. hat die augenärztlichen Diagnosen mitgeteilt. Es liege ein Linsenverlust eines Auges korrigiert durch intraokulare Kunstlinse mit einer Sehschärfe von 0,4 und mehr vor, der Schweregrad sei als leicht zu bezeichnen. Die GdB-Bewertung von 10 sei nicht zu beanstanden.
Auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das SG drei Gutachten in Auftrag gegeben.
Der Orthopäde Dr. H. hat in seinem Gutachten vom 19.11.2012 nach Auswertung der aktenkundigen ärztlichen Berichte sowie klinischer und radiologischer Untersuchung der Klägerin ausgeführt, es bestünden aus orthopädischer Sicht keine pathologischen Verände¬rungen, es seien keine Funktionsstörungen von Krankheitswert vorhanden und keine Befunde zu erwähnen, die über das Alter der Klägerin hinausgingen. Die Klägerin klage zwar über diverse Schmerzsymptome und Schmerzen in verschiedenen Regionen, jedoch seien Funktionseinbußen oder Ausfälle diesbezüglich nicht festzustellen. Auf orthopädischem Fachgebiet sei seit 18.08.2010 ein GdB nicht einzuschätzen.
Nach gutachterlicher Untersuchung am 29.11. und 12.12.2012 hat der Augenarzt Dr. P. in seinem Gutachten vom 15.01.2013 die durch Implantation einer Kunstlinse korrigierte Linsenlosigkeit am rechten Auge als leichte Gesundheitsstörung, die reduzierte Sehschärfe am rechten Auge (0,5 mit eigener Korrektur) als mittelschwer, die konzentrische Gesichtsfeldein-schränkung am rechten Auge als leichte Gesundheitsstörung und die subjektive Beeinträchtigung des beidäugigen Sehens als mäßig bis mittelschwer eingeschätzt. Im Vergleich zur versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 05.12.2008 sei es zwar durch die Verschiebung der implantierten Kunstlinse (Dislokation) zur Schläfenseite zu einer wesentlichen Änderung gekommen, wodurch der Lichteinfall durch die Pupille in das Auge beeinträchtigt werde, was Sehstörungen zur Folge haben könne. Die messbaren Funktionen der Augen, insbesondere die Sehschärfe, seien durch diese wesentliche Befundänderung aber nicht beeinträchtigt. Die beidäugige Gesamtsehschärfe betrage 0,7, die Gesichtsfeldeinschränkungen fänden keine Berücksichtigung, da sie nur am rechten Auge aufträten und auch nur eine geringgradige Funktionsstörung darstellten. Der GdB auf augenärztlichem Gebiet betrage 20. Soweit mit Bescheid vom 15.12.2011 auf augenärztlichem Gebiet ein Teil-GdB von 10 festgestellt worden sei, beruhe dies auf den Sehschärfenangaben von Prof. Dr. A. vom 28.10.2009 und Prof. Dr. A. vom 21.04.2011. Die Werte dort seien nicht unter gutachterlich relevanten Prüfbedingungen erhoben worden und es lägen keine Angaben zur beidäugigen Gesamtsehschärfe vor.
Schließlich hat Prof. Dr. F., Klinikum K., das neurologische Gutachten vom 07.03.2013 erstattet. Er hat auf neurologischem Fachgebiet keinen Teil-GdB vergeben. Es liege eine chronische Schmerzstörung ohne objektives neurologisches Korrelat vor. Der einmalige Krampfanfall sei als vorübergehend anzusehen und spiele derzeit keine Rolle mehr. Die Schmerzstörung werde zwar subjektiv als schwer eingeschätzt, bei fehlenden objektiven orthopädischen oder neurologischen Schädigungszeichen sei hier aber eine deutliche Diskrepanz zum organischen Befund festzustellen. Ob ein hirnorganisches Psychosyndrom oder eine psychiatrische Störung vorliege, müsse in einem psychiatrisch-neuropsychologischen Gutachten festgestellt werden.
Den anschließenden Antrag der Klägerin, Dr. H. wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, hat das SG mit Beschluss vom 16.04.2013 abgelehnt.
Die Klägerin hat weitere, teilweise bereits aktenkundige, teilweise vor dem Neufeststellungs-antrag liegende Zeiträume betreffende Befundunterlagen vorgelegt. Im Arztbrief des Städtischen Klinikums K. vom 12.07.2013 findet sich die Diagnose einer leichten Osteochondrose der HWS im Segment HWK 5/6 sowie Erweiterung des Zentralkanals im Halsmark und der Hinweis, dass sich im Vergleich zur letzten Untersuchung ein vollkommen identischer Befund und aus neurochirurgischer Sicht kein Therapieansatz ergebe. Zudem hat die Klägerin zwei Therapieberichte der Ergotherapeutin M. vom 08.04. und 22.05.2013 vorgelegt, in denen der Verdacht auf Konzentrations- und Gedächtnisstörungen nach Kohlenmonoxid-Vergiftung geäußert worden ist. Schließlich hat die Klägerin nach § 109 SGG beantragt, ein weiteres Gutachten bei Prof. Dr. W. auf psychiatrisch/neuropsychologischem Fachgebiet und ein Gutachten bei dem Orthopäden Dr. K. einzuholen.
Das SG hat mit Urteil vom 25.07.2013 die Klage abgewiesen. Eine wesentliche Verschlechterung der chronischen Bronchitis und des Allergieleidens habe die Klägerin nicht geltend gemacht; eine solche ergebe sich auch nicht aus den zahlreichen aktenkundigen medizinischen Unterlagen sowie der Zeugenaussage des Dr. B ... Das Osteom am linken Schädel sei nach den Ausführungen des Sachverständigten Prof. Dr. F. ohne klinische Relevanz und ohne Krankheitswert. Lediglich im Zusammenwirken mit der dadurch bedingten leichten Angsterkrankung der Klägerin rechtfertige sich hieraus ein Teil-GdB von 10. Es handele sich bei dem Osteom um eine gutartige knöcherne Verdickung, die langsam wachse. Eine Facharztbehandlung wegen der Angsterkrankung finde nicht statt, was aber bei einer stärker ausgeprägten Angsterkrankung mit entsprechendem Leidensdruck der Klägerin regelmäßig zu erwarten wäre. Auf augenfachärztlichem Fachgebiet liege bei einer auf 0,4 oder 0,5 herabgesetzten Sehschwäche rechts bei eingepflanzter Kunstlinse sowie einem Sehvermögen von 0,7 auf dem linken Auge sowie einer beidäugigen Gesamtsehschärfe von 0,63 entgegen dem Beklagten und in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen Dr. P. der Teil-GdB bei 20. Soweit die sachverständigen Zeugen Prof. Dres. A. und A. der Bewertung des Teil-GdB von 10 durch den Beklagten zugestimmt hätten, hätten sie nach Auffassung der Kammer die Gesichtsfeldeinschränkung am rechten Auge nicht ausreichend gewürdigt. Die Funktionsstörung der Wirbelsäule rechtfertige keinen über 10 hinausgehenden Teil-GdB. Denn im Anschluss an den Sachverständigen Dr. H. sei das Bewegungsausmaß der Wirbelsäule in allen Abschnitten altersentsprechend frei. Auch eine neurologische Reiz- und Ausfallsymptomatik habe Dr. H. nicht objektiviert. Soweit in der M.-Klinik im Herbst 2011 noch eine Einschränkung der Rotation der HWS beidseits auf 40-0-40 Grad beschrieben worden sei, habe sich diese Funktionsstörung bis zum Zeitpunkt der Untersuchung und Begutachtung durch Dr. H. wieder auf ein freies Bewegungsausmaß gebessert. Auch Dr. T. habe dem Teil-GdB von 10 für das Wirbelsäulenleiden zugestimmt. Aus den in der mündlichen Verhandlung vorgelegten weiteren Befundunterlagen ergebe sich keine abweichende Beurteilung. Im Bereich der Beine sei der von dem Beklagten vergebene Teil-GdB von 20 eher großzügig bemessen. Denn bei der Untersuchung und Begutachtung durch Dr. H. seien sowohl beide unteren Sprunggelenke frei beweglich als auch das Bewegungsausmaß beider oberer Sprunggelenke normal ausgeprägt gewesen. Auch eine Bewegungsminderung des linken Kniegelenkes habe nicht vorgelegen. Soweit Dr. J. seinerzeit eine leichte Bewegungseinschränkung im rechten oberen und unteren Sprunggelenk beschrieben bzw. die Beweglichkeit des rechten oberen Sprunggelenks als deutlich eingeschränkt bezeichnet habe, habe er dies begründende Befunde nicht mitgeteilt. Darüber hinausgehende Funktionsbeeinträchtigungen mit Auswirkung auf den GdB lägen nicht vor. Das linke Handgelenk sei nach der Operation eines Karpaltunnelsyndroms im März 2009 äußerlich unauffällig und frei beweglich, was von Dres. J., T. und H. bestätigt worden sei. Die von der Klägerin geklagten Darm- und Bauchschmerzen sowie "Essstörungen im Darmbereich" stellten keine weitere Funktionsbeeinträchtigung dar. Die im Juli 2002 durchgeführte Koloskopie habe einen insgesamt unauffälligen Darmbefund erbracht, der histologische Befund habe keinen Anhalt für Bösartigkeit ergeben. Eine Einschränkung der Nahrungsaufnahme und -verwertung sei bei einem von Dr. H. zuletzt erhobenen Körpergewicht von 51 kg bei einer Körperlänge von 158 nicht erwiesen. Auch finde keine fachärztliche Behandlung durch einen Gastroenterologen statt. Ausgehend von Teil-GdB-Werten von dreimal 20 und zweimal 10 sei der Gesamt-GdB mit 30 zu bewerten.
Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 31.07.2013 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 22.08.2013 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) erhoben und sich gegen die unterlassene Einholung weiterer Gutachten gewandt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 25. Juli 2013 sowie den Bescheid des Beklagten vom 18. November 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Dezember 2011 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, unter Abänderung des Bescheides vom 11. Dezember 2008 den Grad der Behinderung ab dem 18. August 2010 mit wenigstens 50 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hat zur Begründung im Wesentlichen auf das angefochtene Urteil des SG Bezug genommen.
Auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG hat der Senat zunächst bei Prof. Dr. W. ein Gutachten in Auftrag gegeben. Nachdem dieser die Akten mit dem Hinweis, innerhalb der gesetzten Frist das Gutachten nicht erstellen zu können, zurückgesandt hat, hat die Klägerin sodann Dr. W. als Sachverständigen nach § 109 SGG benannt. Nach ambulanter Untersuchung der Klägerin am 30.01.2014 sowie Auswertung der Akten hat der Sachverständige in seinem neuropsychiatrischen Gutachten vom 04.02.2014 vorgeschlagen, die Funktionsbehinderungen der Wirbelsäule bei degenerativen Veränderungen und die Funktionsbehinderung des linken Kniegelenks, die Krampfadern und die Sehnenreizung des rechten Fußes in einen Schädigungskomplex zusammen zu fassen und mit einem Teil-GdB von 20 zu beurteilen. Auf seinem Fachgebiet liege bei der Klägerin eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit Schmerzfehlverarbeitung (F60.9 und F45.0 ICD-10-GM 2014) vor. Sicher handele es sich nicht um ein organisches Psychosyndrom und nicht um hirnorganische Störungen. Die von der Klägerin subjektiv vorgebrachten Schilderungen über Gedächtnis- und Merkstörungen seien im Rahmen der kombinierten Persönlichkeitsstörung, die zum Teil auch leichtere depressive Inhalte mit implementiere, und im Rahmen der histrionischen Persönlichkeitszüge zu verstehen. Der Begriff Angststörung sollte aus dem Komplex "Osteom linker Schädel" herausgenommen werden und unter diese Persönlichkeitsstörung subsumiert werden. Wie im neurologischen Gutachten von Prof. Dr. F. sei es auch bei seiner Untersuchung zu einer deutlichen Diskrepanz zwischen den normalen neurologischen Befunden und den subjektiven Angaben der Klägerin gekommen. Die Klägerin fühle sich ständig benachteiligt, meine ständig, um ihr Recht kämpfen zu müssen, sei andererseits durchaus "ansprüchig" und schaffe es für sich und ihre Tochter Logo- und Ergotherapie sowie in einem doch großen Ausmaß auch Physiotherapie durchzusetzen. Bei der Alltagsstruktur sei sie durchaus in der Lage, ihr Leben und das ihrer Tochter zu organisieren, sie bringe diese regelmäßig in den Kindergarten, bringe sie bzw. begleite sie zu logopädischen und physiotherapeutischen Sitzungen, kaufe ein, koche regelmäßig und versorge offensichtlich ihren Haushalt. Es handele sich bei der kombinierten Persönlichkeitsstörung mit Schmerzfehlverarbeitung um einen mittelschweren Schweregrad. Er schätze den Teil-GdB hierfür auf 30, da es sich durchaus um eine stärker behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit handele. Den Gesamt-GdB schätze er ab 18.08.2010 auf 40.
Die Klägerin hat sich gegen einzelne Textpassagen im Gutachten des Sachverständigen gewandt. Der Beklagte hat u. a. zu den Ausführungen des Sachverständigen die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. R. vorgelegt, der einen Teil-GdB von 30 für die psychische Funktionsbeeinträchtigung im Hinblick darauf, dass der Alltag strukturiert sei und eine regelhafte fachpsychiatrische Behandlung oder entsprechende Pharmakotherapie nicht erfolge, nicht für gerechtfertigt hielt.
Der Berichterstatter hat mit den Beteiligten den Sach- und Streitstand erörtert. Im Anschluss hat die Klägerin noch zahlreiche Befundunterlagen vorgelegt, die wiederum teilweise bereits aktenkundig gewesen sind.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die vorgelegte Behördenakte sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere statthafte Berufung (§§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2 SGG) ist unbegründet. Der Bescheid des Beklagten vom 18.11.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.12.2011 ist rechtlich nicht zu beanstanden, denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf Abänderung des Bescheides vom 11.12.2008 und Neufeststellung des GdB. Das SG hat die Klage daher zu Recht abgewiesen.
Rechtsgrundlage für die seitens der Klägerin begehrte Neufeststellung des GdB ist § 48 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist eine Änderung dann, wenn sich der GdB um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG, SozR. 1300 § 48 SGB X Nr. 29 m. w. N.). Dagegen ergibt sich aus der Änderung oder dem Hinzutreten weiterer Behinderungen allein keine wesentliche Änderung des ursprünglichen Bescheids. Denn weder die einzelnen Behinderungen noch die hierfür angesetzten Teil-GdB-Sätze gehören zum sogenannten Verfügungssatz des Bescheides und erwachsen daher nicht in Bindungswirkung (BSG, Urteil vom 10.09.1997 - 9 RVs 15/96 -, BSGE 81, 50). Das Vorliegen einer oder mehrerer neuer Behinderungen begründet einen Anspruch auf Abänderung des ursprünglichen Bescheids nur dann, wenn sich hieraus eine Erhöhung des Gesamt-GdB ergibt. Ob eine wesentliche Änderung in diesem Sinne eingetreten ist, muss durch einen Vergleich des gegenwärtigen Zustandes mit dem bindend festgestellten - früheren - Behinderungszustand ermittelt werden. Maßgeblich ist insoweit der letzte Feststellungsbescheid, hier der Bescheid vom 11.12.2008.
Der Anspruch der Klägerin auf Feststellung eines GdB richtet sich nach den am 01.07.2001 in Kraft getretenen Vorschriften des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) vom 19.06.2001 (BGBl. I S. 1046), zuletzt geändert durch Gesetz vom 14.12.2012 (BGBl. I S. 2598). Nach § 69 Abs. 1 S. 1 SGB IX stellen auf Antrag des behinderten Menschen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB fest. Menschen sind nach § 2 Abs. 1 S. 1 SGB IX behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Die Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10er Graden abgestuft festgestellt. Hierfür gelten gem. § 69 Abs. 1 S. 4 und 5 SGB IX die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 BVG und der auf Grund des § 30 Abs. 16 BVG (bis 30.06.2011 § 30 Abs. 17 BVG) erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. Von dieser Ermächtigung hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales Gebrauch gemacht und die am 01.01.2009 in Kraft getretene Versorgungsmedizin-Verordnung - Vers.MedV - vom 10.12.2008 (BGBl. I S. 2412) erlassen, um u.a. die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG zu regeln (vgl. § 1 VersMedV). Die zugleich in Kraft getretene, auf der Grundlage des aktuellen Stands der medizinischen Wissenschaft unter Anwendung der Grundsätze der evidenzbasierten Medizin erstellten und fortentwickelten, Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 VersMedV ist an die Stelle der bis zum 31.12.2008 heranzuziehenden "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im Sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehinderten-recht" (AHP) getreten. In den VG wird ebenso wie in den AHP der medizinische Kenntnisstand für die Beurteilung von Behinderungen wiedergegeben (BSG, Urteil vom 01.09.1999 - B 9 V 25/98 R -, SozR. 3-3100 § 30 Nr. 22). Hierdurch wird eine für den behinderten Menschen nachvollziehbare, dem medizinischen Kenntnisstand entsprechende Festsetzung des GdB ermöglicht.
Liegen - wie im Falle der Klägerin - mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird nach § 69 Abs. 3 SGB IX der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Teil-GdB anzugeben; bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen jedoch die einzelnen Werte nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung eines Gesamt-GdB ungeeignet (vgl. hierzu und zum Folgenden: VG, Teil A, Nr. 3). Bei der Beurteilung des Gesamt-GdB ist in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Teil-GdB bedingt und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und in wieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Die Beziehungen der Funktionsbeeinträchtigungen zu einander können unterschiedlich sein: Die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen können voneinander unabhängig sein und damit ganz verschiedene Bereiche im Ablauf des täglichen Lebens betreffen. Eine Funktionsbeeinträchtigung kann sich auf eine andere besonders nachteilig auswirken, vor allem dann, wenn Funktionsbeeinträchtigungen paarige Gliedmaßen oder Organe betreffen. Funktionsbeeinträchtigungen können sich überschneiden. Eine hinzutretende Gesundheitsstörung kann die Auswirkung einer Funktionsbeeinträchtigung aber auch nicht verstärken. Von Ausnahmefällen abgesehen, führen leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung. Dies gilt auch dann, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen.
Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der VG nicht nach starren Beweisregeln, sondern auf Grund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung der Sachverständigen-Gutachten in freier richterlicher Beweiswürdigung festzulegen (BSG, Urteil vom 11.11.2004 - B 9 SB 1/03 R -, zit. n. juris).
Unter Zugrundelegung dieser Voraussetzungen steht der Klägerin kein Anspruch auf Neufeststellung des GdB zu. Denn die Höhe des Gesamt-GdB hat sich seit der letzten maßgeblichen Feststellung durch Bescheid vom 11.12.2008 (GdB 30) nicht wesentlich geändert, obwohl weitere Funktionsbeeinträchtigungen hinzu gekommen sind. Dies hat das SG in seinem Urteil vom 25.07.2013 nach umfassender Auswertung der aktenkundigen medizinischen Unterlagen sowie weitreichender Beweiserhebung durch schriftliche Zeugenvernehmung der behandelnden Ärzte sowie Einholung von Gutachten auf orthopädischem, HNO-ärztlichem und augenärztlichem Fachgebiet auf Antrag der Klägerin im Einzelnen dargelegt und begründet. Der Senat schließt sich dem sowohl inhaltlich als auch im Ergebnis nach eigener Überprüfung in vollem Umfang an und sieht daher zur Vermeidung von Wiederholungen von einer nochmaligen Darstellung der Entscheidungsgründe insoweit ab (§ 153 Abs. 2 SGG).
Auch die im Berufungsverfahren erfolgte weitere Beweisaufnahme sowie die von der Klägerin vorgelegten weiteren Unterlagen rechtfertigen jedenfalls eine höhere GdB-Bewertung nicht, vielmehr dürften hinsichtlich einzelner Funktionssysteme die vom Beklagten bzw. dem SG angenommenen Teil-GdB-Werte eher zu hoch angesetzt sein.
So ist der auf orthopädischem Fachgebiet vergebene Teil-GdB von 10 im Funktionssystem Rumpf und 20 im Funktionssystem Beine durch das auf Antrag der Klägerin bei Dr. H. eingeholte Gutachten nicht bestätigt worden, da sich hier mangels einer dem Alter der Klägerin vorauseilenden Funktionsbeeinträchtigung jeweils kein Teil-GdB feststellen lässt. Die das orthopädische Fachgebiet betreffenden, nach dem Erörterungstermin vorgelegten weiteren Arztberichte sind entweder vor der Begutachtung durch Dr. H. verfasst und mithin nicht mehr aktuell (Schreiben Dr. T. vom 07.03.2012, radiologischer Bericht vom 20.06.2011) oder sie sind für die GdB-Bewertung mangels Dokumentation von Funktionsbeeinträchtigungen letztlich nicht aussagekräftig. Dies gilt für das in den S.-Kliniken K. am 27.07.2012 diagnostizierte Ganglion der Peronaeus longus Sehne plantar rechts, das durch eine Einlage mit Hohllegung des Ganglion versorgt worden ist, ebenso wie für die durch das Städtische Klinikum K. am 25.06.2013 diagnostizierte leichte Osteochondrose der HWS im Segment HWK 5/6 bei bekannter Erweiterung des Zentralkanals im Halsmark. Soweit Dr. J. in seinem Schreiben vom 11.12.2012 von einer leichten Einschränkung der Beweglichkeit im oberen und unteren Sprunggelenk bei nach wie vor stabilen Seitenbändern und intakter Sensibilität und Durchblutung berichtet, ergibt sich auch hieraus nach VG, Teil B, Nr. 18.14 (Bewegungseinschränkung im oberen Sprunggelenk geringen Grades: GdB 0, Bewegungseinschränkung im unteren Sprunggelenk: GdB 0-10) kein Teil-GdB. Schließlich können auch dem auszugsweise vorgelegten, im Zivilrechtsstreit bei Prof. Dr. G., Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik L., zur Frage, ob die von der Klägerin geklagten Verletzungen und Beschwerden kausal auf das Unfallereignis vom 01.06.2010 zurück zu führen sind, eingeholten, Gutachten vom 27.05.2014 keine Angaben entnommen werden, die eine relevante Funktionsbeeinträchtigung auf orthopädischem Fachgebiet begründen. Denn es wird darin ausgeführt, dass die Klägerin das Untersuchungszimmer mit einem flüssigen Gangbild unter Mitschwingung beider Arme betreten hat, das Teilentkleiden rasch und mühelos geschehen ist und sich in teilentkleidetem Zustand ein athletischer Körperbau gezeigt hat. Es bestanden keine Anhaltspunkte für neurologische Ausfälle und die Klägerin hat Sensibilitätsstörungen verneint. Die Muskeleigenreflexe sind seitengleich auslösbar gewesen und die üblichen Greif- und Griffformen mit Spitz-, Klemm-, Schlüsselgriff und Faustschluss sind problemlos demonstriert worden. Es hat eine freie Beweglichkeit im Bereich der oberen Extremitäten für die Schulter, Ellenbogengelenke als auch Handgelenke vorgelegen und die Kraftentwicklung beider Hände ist seitengleich gewesen. Zwar wurden im Bereich der HWS und BWS Schmerzen geäußert, funktionell haben aber freie Entfaltbarkeiten für den thorakalen und lumbalen Wirbelsäulenabschnitt bei einem Finger-Fußboden-Abstand von 24 cm bestanden. Auch die Dreh- und Seitneigfähigkeit im Bereich der BWS/LWS ist nicht eingeschränkt gewesen. Da sich auch im Bereich der HWS nur endgradige Einschränkungen der Drehfähigkeit nach links (Links-/Rechtsdrehung: 60-0-70 Grad) bei einer Seitneigfähigkeit von 20-0-20 Grad und einer freien Re- und Inklinationsfähigkeit gefunden haben, bestätigt auch und gerade das jüngste Untersuchungsergebnis die von Dr. H. vertretene Auffassung, wonach die Klägerin nicht an orthopädischen Einschränkungen leidet, die über die üblichen altersbedingten Veränderungen hinausgehen. Dies ergibt sich auch aus den von Dr W. anlässlich seiner Begutachtung am 30.01.2014 erhobenen Befunden, wonach die Klägerin motorisch und sensibel intakt, die Muskulatur alters- und geschlechtsentsprechend ausgeprägt sowie das Gangbild unauffällig gewesen ist, alle Gelenke aktiv und passiv frei beweglich gewesen sind, keine Atrophien und keine neurologischen Auffälligkeiten sowie keine Sensibilitätsstörungen bestanden haben.
Ebenfalls fraglich ist, ob der im Funktionssystem Atmung von Seiten des Beklagten vergebene Teil-GdB von 20 zu begründen ist. Der Beklagte hat seine erstmalige GdB-Feststellung im Jahr 2003 ausschließlich auf diese Funktionsbeeinträchtigung gestützt und insoweit auf den Entlassungsbericht der Reha-Klinik U. vom 25.09.2002 Bezug genommen. Darin wird von einer seit ca. 6 Jahren bestehenden Raucherbronchitis sowie einer allergischen Rhinokonjunktivitis bei Pollensensibilisierung berichtet. Konkrete Funktionsbeeinträchtigungen werden indes dort nicht geschildert, vielmehr wird ausgeführt, dass die regelmäßig gemessenen Peak-Flow-Werte auf ordentlichem Niveau zwischen 380 und 420 l/Min stabil gewesen sind. Lediglich als Bedarfsmedikation ist Allergospasmin DA noch ca. 3-4 x wöchentlich eingesetzt worden. Der die Klägerin seit dem Jahr 2000 behandelnde HNO-Arzt Dr. B. hat in seiner sachverständigen Zeugenaussage eine chronische Bronchitis nicht erwähnt, sodass insgesamt hierauf fußende Funktionsbeeinträchtigungen nicht nachgewiesen sind. Aufgrund welcher Funktionsbeeinträchti-gungen Dr. B. die allergische Rhinitis für mittel- bis schwergradig eingestuft hat, kann seiner Zeugenauskunft nicht entnommen werden. Während er zunächst anders als im Entlassbericht der Reha-Klinik U. keine allergische Reaktion auf Pollen, sondern auf die Hausstaubmilbe und eine Schimmelpilzmischung festgestellt hat, hat er im von der Klägerin nachgereichten Befundbericht vom 10.01.2013 mitgeteilt, wegen einer Reaktion auf Baumpollen eine perorale Hyposensibilisierung eingeleitet zu haben. Nach VG, Teil B, Nr. 8.5 ist ein GdB von 0 bis 20 bei einem Bronchialasthma ohne dauernde Einschränkung der Lungenfunktion anzunehmen, wenn eine Hyperreagibilität mit seltenen (saisonalen) und /oder leichten Anfällen besteht. Nach alledem und aufgrund der insgesamt nur sehr niederfrequenten Behandlung im Zeitraum von April 2010 bis November 2012 dürfte der von Seiten des Beklagten angenommene Teil-GdB von 20 wohl zu hoch bemessen sein, zumal die Klägerin selbst keinerlei konkrete Beschwerdeangaben insoweit anlässlich der zahlreichen Begutachtungen gemacht und Dr. B. Art und Intensität der Symptomatik nicht im Einzelnen geschildert hat.
Auch im Hinblick auf die seitens des SG im Funktionssystem Verdauung verneinte Funktionsbeeinträchtigung wird diese Einschätzung durch die im Berufungsverfahren vorgelegten weiteren Befundberichte bestätigt. Denn Dr. V., Gemeinschaftspraxis für Pathologie an den S.-Kliniken K., hat in seiner pathologischen Begutachtung vom 24.01.2014 eine unauffällige Duodenalschleimhaut bei fehlendem Hinweis auf Sprue, Morbus Whipple oder Lambliasis sowie nur eine geringgradige chronische, gering aktive Antrum- und Corpusgastritis mit Helicobacter pyloris-Nachweis festgestellt, woraus sich nach VG, Teil B Nr. 10.2.1 lediglich ein Teil-GdB von 0 bis 10 ableiten lässt.
Schließlich ergibt sich auch aus dem nach § 109 SGG bei Dr. W. eingeholten neuropsychiatrischen Gutachten vom 04.02.2014 kein höherer Gesamt-GdB als 30, nachdem das SG auf psychiatrischem Fachgebiet bereits mehrere Gesundheitsstörungen berücksichtigt hat, nämlich eine leichte Angsterkrankung der Klägerin im Hinblick auf das ohne klinische Relevanz und ohne Krankheitswert vorliegende Osteom am linken Schädel sowie eine somatoforme Störung mit chronischem Schmerzsyndrom. Zwar hat der Sachverständige im Hinblick auf die Diagnosevoraussetzungen nach ICD-10 eine somatoforme Schmerzstörung nicht für gegeben erachtet, sondern ist von einer kombinierten Persönlichkeitsstörung mit Schmerzfehlverarbeitung ausgegangen, die sowohl leichtere depressive Inhalte als auch die Angststörung mit erfasst. Letztlich ist aber auch im Rahmen des Funktionssystems Gehirn einschließlich Psyche für die GdB-Bewertung nicht die gestellte Diagnose, sondern sind die sich aus den nachgewiesenen Gesundheitsstörungen ergebenden Funktionsbeeinträchtigungen maßgeblich. Sämtliche der hier diskutierten Krankheitsbilder werden unter VG, Teil B, Nr. 3.7 erfasst, wonach im Falle von Neurosen, Persönlichkeitsstörungen und Folgen psychischer Traumen leichtere psychovegetative oder psychische Störungen mit einem GdB von 0 bis 20, stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z. B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) mit einem 30 bis 40 und schwere Störungen (z. B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten mit einem GdB von 50 bis 70 bewertet werden. Zur Überzeugung des Senats können die sich aus den bei der Klägerin bestehenden psychischen Gesundheitsstörungen ergebenden Funktionsbeein-trächtigungen keinen höheren Teil-GdB als 20 ergeben und ist der von Dr. W. hier angesetzte Teil-GdB von 30 gerade unter Zugrundelegung der von ihm anamnestisch erhobenen Tagesstruktur der Klägerin überhöht. Danach steht die Klägerin morgens gegen 07.20 Uhr auf, macht ihre Morgentoilette, trinkt Kaffee und geht dann mit dem Hund nach draußen. Ab 07.30 Uhr weckt sie ihre Tochter, die sie gegen 09.30 Uhr dreimal in der Woche in den Kindergarten bringt. An den übrigen Tagen hat die Tochter Ergo- und Logotherapie. Wenn sie die Tochter nicht dorthin bringt, macht sie zu Hause ihren Haushalt. Ca. um 14.00 Uhr gibt es Mittagessen, wobei sie wegen der Tochter täglich kocht. Anschließend beschäftigt sie sich mit der Tochter. Abends gibt es kaltes Abendbrot und danach Fernsehen. Zwischendurch geht sie immer mal wieder mit dem Hund nach draußen. Gegen 23.00 Uhr geht sie zu Bett, wobei Durchschlafstörungen angegeben werden. Zumeist Samstags erfolgt der Großeinkauf. Die Klägerin ist mithin in der Lage, ihren und den Lebensalltag ihrer Tochter zu meistern, obwohl die Tochter nach eigenen Angaben der Klägerin schwierig ist, wahrscheinlich ein Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom hat und sie richtiggehend tyrannisiert sowie entwicklungsmäßig zurück ist. Dies steht der Annahme einer stärker behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit entgegen. Hinzu kommt, dass die Klägerin zwar über Schlafstörungen klagt, sie diese jedoch nur mit Baldrianeinschlafdragees behandelt und weder Psychopharmaka einnimmt noch eine Psychotherapie stattfindet und auch die gelegentliche Einnahme von Ibuprofen 600 nicht auf stärker behindernde Funktionsbeeinträchtigungen hindeutet. Wird darüber hinaus berücksichtigt, dass der Sachver-ständige Dr. W. keine Hinweise auf kognitive oder mnestische Einschränkungen gesehen hat und entgegen der subjektiven Einschätzung der Klägerin Gedächtnis, Konzentration und Durchhaltevermögen in Ordnung waren und keine formalen oder inhaltlichen Denkstörungen sowie keine Hinweise auf das Vorliegen einer Prozesspsychose bestanden haben, lässt sich bereits die Annahme des Teil-GdB von 20 nur im Hinblick darauf rechtfertigen, dass die bestehende Persönlichkeitsstörung mit dem Gefühl, sich ständig benachteiligt zu fühlen und um ihr Recht kämpfen zu müssen, mit sozialen Teilhabebeeinträchtigungen verbunden ist.
Bei angenommenen Teil-GdB-Werten von jeweils 20 im Funktionssystem Augen und Gehirn einschließlich Psyche ist ein höherer Gesamt-GdB als 30 nicht gerechtfertigt. Die weiteren Teil-GdB-Werte gehen nicht über 10 hinaus und vermögen daher die Höhe des Gesamt-GdB nicht zu beeinflussen.
Die Berufung der Klägerin war nach alledem zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt eine höhere Bewertung des bei ihr festgestellten Grades der Behinderung (GdB) im Sinne des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX).
Auf den Erstantrag der am 31.01.1972 geborenen Klägerin stellte der Beklagte mit Bescheid vom 14.01.2003 wegen einer chronischen Bronchitis und Allergie den GdB mit 20 fest. Allerdings war dem aktenkundigen Entlassungsbericht der Reha-Klinik U., Abteilung Pulmologie vom 25.09.2002 zu entnehmen, dass sich während des dortigen stationären Aufenthalts der Klägerin keine Hinweise auf eine bronchiale Hyperreagibilität ergeben hatten und sich auch die Bronchitis-Symptomatik gebessert hatte (Bl. 13 B-Akten). Den Neufeststellungsantrag vom 03.01.2007 lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 07.02.2007 ab (Widerspruchsbescheid vom 13.04.2007). Aufgrund des weiteren Neufeststellungsantrages vom 03.11.2008 stellte der Beklagte mit Bescheid vom 11.12.2008 den GdB mit 30 fest und berücksichtigte hierbei als Funktionsbehinderungen eine chronische Bronchitis, Allergie (Teil-GdB 20), ein Osteom linker Schädel und eine Angststörung (Teil-GdB 10) sowie eine Sehminderung bei eingepflanzter Kunstlinse rechts (Teil-GdB 20). Auch gegen diesen Bescheid legte die Klägerin Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 16.04.2009 zurückge-wiesen wurde.
Am 18.08.2010 stellte die Klägerin den hier streitgegenständlichen Neufeststellungsantrag unter Hinweis auf eine Operation am linken Handgelenk sowie Rückenbeschwerden. Im mitübersandten augenärztlichen Befundbericht vom 28.10.2009 wird der Visus rechts mit 0,5 und links mit 0,8 angegeben. Der Chirurg Dr. J. berichtete im Befundbericht vom 09.04.2009 von einem typischen Karpaltunnelsyndrom der linken Hand bei freier Finger- und Handgelenksbeweglichkeit. Im radiologischen Befundbericht vom 09.07.2010 wird ein medialer Bandscheibenprolaps im Segment Th 6/7 mit leichter Myelon-Impression sowie Osteochondrose mit Retrospondylose und diskrete flache Bandscheibenprotrusion bei C 5/6 angegeben. Auf Anfrage des Beklagten teilte der Augenarzt Dr. W. mit Schreiben vom 27.08.2010 für das rechte Auge eine Sehschärfe von 0,25 sowie für das linke Auge von 0,8 mit und verwies auf den Zustand nach Cataract-Operation rechtes Auge am 29.05.2009. Der Orthopäde Dr. T. berichtete im Schreiben vom 31.08.2010 an den Beklagten von einem Auffahrunfall der Klägerin am 29.06.2010. Während am Unfalltag die Halswirbelsäule (HWS) in allen Ebenen frei beweglich gewesen sei, sei sie am 12.07.2010 wenig eingeschränkt beweglich mit Blockierung HWK 5/6 gewesen. Die von der Klägerin geäußerten Beschwerden seien den radiologischen Befunden nicht eindeutig zuzuordnen. Außerdem holte der Beklagte einen Befundschein bei dem Augenarzt Dr. H. vom 22.10.2010 ein, der den Visus im Oktober 2010 für das rechte Auge mit 0,2 und für das linke Auge mit 0,8 angab. Dagegen wird im Arztbrief des Prof. Dr. A., Augenklinik des Universitätsklinikums H., vom 01.10.2010 der Visus bei Entlassung am 01.10.2010 rechts mit 0,4 und links mit Kontaktlinse mit 1,0 angegeben.
Mit Bescheid vom 18.11.2010 lehnte der Beklagte nach vorheriger Einholung einer versorgungsärztlichen Stellungnahme den Antrag auf Neufeststellung ab, da die hinzugekommenen Funktionsbeeinträchtigungen (degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Bandscheibenschaden, muskuläre Verspannungen, Funktionsbehinderung der Wirbelsäule) insgesamt nur einen Teil-GdB von 10 bedingten, wodurch der Gesamt-GdB von 30 nicht beeinflusst werde.
Ihren hiergegen eingelegten Widerspruch begründete die Klägerin mit der fehlenden Berücksichtigung der Funktionsbeeinträchtigungen am linken Handgelenk sowie rechten Fuß. Der Beklagte holte bei Dr. J. den Befundschein vom 03.02.2011 ein. Danach bestand ein unauffälliges linkes Handgelenk mit freier Funktion nach der Karpaltunnelsyndrom-Operation 2009. Die Beweglichkeit im oberen und unteren Sprunggelenk des rechten Fußes sei leicht eingeschränkt bei stabilen Seitenbändern und leichter, druckschmerzhafter Schwellung mit Hautüberwärmung und Rötung. Hierbei handele es sich um Befunde von 2009, eine aktuelle Beurteilung sei nicht möglich. Die auf Veranlassung von Dr. J. am 14.04.2011 durchgeführte MRT-Untersuchung des rechten Fußes ergab eine deutliche Tendosynovitis der Flexoren ohne Nachweis eines arthritischen Prozesses und bei intakter Syndesmose. Weitere Schädigungen wurden nicht festgestellt. Auf Anfrage des Beklagten teilte der Neurologe Dr. S. mit Schreiben vom 06.06.2011 mit, dass die von der Klägerin anlässlich der zweimaligen Vorstellung geäußerten Beschwerden eines anscheinend chronifizierten Armschmerzes links unspezifisch gewesen seien und sich in der neurologischen Untersuchung ebenso wie elektrophysiologisch letztlich keine wegweisenden Pathologika gezeigt hätten. In einem weiteren, am 02.08.2011 bei dem Beklagten eingegangenen, undatierten Schreiben berichtete Dr. J. unter Bezugnahme auf den beigefügten MRT-Bericht vom 14.04.2011 erneut von einer freien Finger- und Handgelenksbeweglichkeit, nunmehr allerdings von einer deutlichen Einschränkung der Beweglichkeit des oberen rechten Sprunggelenkes. Eine MRT-Untersuchung des linken Kniegelenkes am 20.06.2011 ergab eine mukoide Degeneration des Innenmeniskushinterhorns und des Außenmeniskus sowie eine Knorpelläsion Grad II und eine in der Entstehung begriffene Baker-Zyste. Im Arztbrief des Prof. Dr. M., Städtisches Krankenhaus K., vom 04.08.2011 wird angegeben, dass die von der Klägerin geäußerten Beschwerden nicht auf eine Pathologie der linken Hand zurückzuführen seien.
In seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme wies Dr. B. darauf hin, dass die Beschwerden des linken Armes weiterhin unklar seien und der GdB hierfür unter 10 liege. Da sich Hinweise auf ein chronisches Schmerzsyndrom fänden, könne dieses mittenoriert werden und ergebe in der Gesamtwertung mit den weiteren seelischen Beeinträchtigungen einen maximalen Gesamt-GdB von 30. In Abweichung von der vorangegangenen versorgungsärztlichen Einschätzung bewertete Dr. B. die Sehminderung bei eingepflanzter Kunstlinse nur noch mit einem Teil-GdB von 10, vergab jedoch für die bislang nicht tenorierten Funktionsbeeinträchtigungen einer Funktionsbehinderung des linken Kniegelenks, Krampfadern, einer Sehnenreizung des rechten Fußes sowie eines chronisches Schmerzsyndroms einen Teil-GdB von 20. Das im vorläufigen Entlassbericht des Städtischen Klinikums K. vom 04.11.2011 beschriebene Bild eines erstmaligen Grand Mal Anfalles nahm Dr. B. in seiner weiteren versorgungsärztlichen Stellungnahme nicht als Funktionsbeeinträchtigung auf, da sich kein organisches Korrelat für ein Anfallsleiden gefunden habe und der Verlauf abzuwarten bleibe. Mit Widerspruchsbescheid vom 15.12.2011 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 18.01.2012 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Das SG hat die von der Klägerin benannten behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen.
Dr. Schnorpfeil hat mitgeteilt, dass auf neurologischem Gebiet bei der Klägerin bei Zustand nach Karpaltunnelsyndrom keine eindeutige Diagnose habe gestellt werden können. Er stimme von Seiten seines Fachgebietes der Auffassung des Versorgungsärztlichen Dienstes zu.
Der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. D. hat angegeben, die Klägerin lediglich einmal am 22.12.2011 untersucht zu haben. Es handele sich nach seiner Einschätzung bei der Klägerin um eine kombinierte Persönlichkeitsstörung, eine Somatisierungsstörung und einen einmaligen Grand Mal Anfall am 01.11.2011 ungeklärter Ätiologie. Die Persönlichkeitsstörung sei schwerergradig, die Somatisierungsstörung leichtergradig. Die psychischen Erkrankungen hätten nach seiner Meinung einen GdB von 30 zur Folge.
Prof. Dr. A., Augenklinik-Klinikum K., hat ausgeführt, die Klägerin werde seit 2007 dort behandelt, die letzte Behandlung sei am 21.04.2011 erfolgt, es liege jedoch nur noch eine Ersatzakte vor. Am rechten Auge bestehe ein Zustand nach mehrmaligen operativen Eingriffen bei traumatischer Ablatio retinae (schwer), herabgesetzte Sehschärfe (mittelgradig), Pseudo-phakie (kein Schweregrad), Glaukom (mittelgradig), Myopie (geringfügig), Astigmatismus (leicht) und am linken Auge eine Myopie (schwer) sowie Astigmatismus (leicht). Er teile die Auffassung des Versorgungsärztlichen Dienstes auf seinem Fachgebiet.
Dr. T. hat berichtet, die Klägerin vom 28.06.2010 bis zuletzt am 07.03.2012 behandelt zu haben. Er hat die Wirbelsäulenbeschwerden in HWS und Brustwirbelsäule (BWS) ebenso wie die Handgelenksarthralgie als leicht bis mittel, die Beschwerden im Fuß bei Senk-Spreizfuß mit Tendosynovitis als mittelgradig und auch die Beschwerden im Kniegelenk bei Gonarthrose Grad I als mittelgradig bezeichnet. Der Versorgungsärztliche Dienst habe zutreffend die Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule mit einem Teil-GdB von 10 und die Funktions-behinderung des linken Kniegelenkes mit einem Teil-GdB von 20 bewertet. Dem beigefügt ist u. a. der Entlassungsbericht der Reha-Klinik M., M. Klinik B., vom 27.10.2011 gewesen, wo sich die Klägerin auf Veranlassung des Hausarztes vom 05. bis 26.10.2011 in stationärer Behandlung befunden hat (Bl. 84 SG). Darin wird ausgeführt, dass sich objektiv keinerlei periphere sensible oder motorische Störungen gezeigt hätten. Die Klägerin ist trotz der von ihr geäußerten Persistenz der wiederholt auftretenden Beschwerden von Schulternacken- bis zum Lendenwirbelsäulen(LWS)bereich am 26.10.2011 als sofort arbeitsfähig entlassen worden.
Der Hals-Nasen-Ohren(HNO)arzt Dr. B. hat angegeben, bei der Klägerin eine allergische Rhinitis diagnostiziert zu haben, die von der Symptomatik her mittel- bis schwergradig sei. Im März 2012 habe sich die Klägerin noch einmal wegen einer angeblichen Kohlenmonoxidver¬giftung vorgestellt. Diesbezüglich hätten aber keine Veränderungen festgestellt werden können. Er stimme der Einschätzung des Versorgungsärztlichen Dienstes zu.
Prof. Dr. A. hat die augenärztlichen Diagnosen mitgeteilt. Es liege ein Linsenverlust eines Auges korrigiert durch intraokulare Kunstlinse mit einer Sehschärfe von 0,4 und mehr vor, der Schweregrad sei als leicht zu bezeichnen. Die GdB-Bewertung von 10 sei nicht zu beanstanden.
Auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das SG drei Gutachten in Auftrag gegeben.
Der Orthopäde Dr. H. hat in seinem Gutachten vom 19.11.2012 nach Auswertung der aktenkundigen ärztlichen Berichte sowie klinischer und radiologischer Untersuchung der Klägerin ausgeführt, es bestünden aus orthopädischer Sicht keine pathologischen Verände¬rungen, es seien keine Funktionsstörungen von Krankheitswert vorhanden und keine Befunde zu erwähnen, die über das Alter der Klägerin hinausgingen. Die Klägerin klage zwar über diverse Schmerzsymptome und Schmerzen in verschiedenen Regionen, jedoch seien Funktionseinbußen oder Ausfälle diesbezüglich nicht festzustellen. Auf orthopädischem Fachgebiet sei seit 18.08.2010 ein GdB nicht einzuschätzen.
Nach gutachterlicher Untersuchung am 29.11. und 12.12.2012 hat der Augenarzt Dr. P. in seinem Gutachten vom 15.01.2013 die durch Implantation einer Kunstlinse korrigierte Linsenlosigkeit am rechten Auge als leichte Gesundheitsstörung, die reduzierte Sehschärfe am rechten Auge (0,5 mit eigener Korrektur) als mittelschwer, die konzentrische Gesichtsfeldein-schränkung am rechten Auge als leichte Gesundheitsstörung und die subjektive Beeinträchtigung des beidäugigen Sehens als mäßig bis mittelschwer eingeschätzt. Im Vergleich zur versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 05.12.2008 sei es zwar durch die Verschiebung der implantierten Kunstlinse (Dislokation) zur Schläfenseite zu einer wesentlichen Änderung gekommen, wodurch der Lichteinfall durch die Pupille in das Auge beeinträchtigt werde, was Sehstörungen zur Folge haben könne. Die messbaren Funktionen der Augen, insbesondere die Sehschärfe, seien durch diese wesentliche Befundänderung aber nicht beeinträchtigt. Die beidäugige Gesamtsehschärfe betrage 0,7, die Gesichtsfeldeinschränkungen fänden keine Berücksichtigung, da sie nur am rechten Auge aufträten und auch nur eine geringgradige Funktionsstörung darstellten. Der GdB auf augenärztlichem Gebiet betrage 20. Soweit mit Bescheid vom 15.12.2011 auf augenärztlichem Gebiet ein Teil-GdB von 10 festgestellt worden sei, beruhe dies auf den Sehschärfenangaben von Prof. Dr. A. vom 28.10.2009 und Prof. Dr. A. vom 21.04.2011. Die Werte dort seien nicht unter gutachterlich relevanten Prüfbedingungen erhoben worden und es lägen keine Angaben zur beidäugigen Gesamtsehschärfe vor.
Schließlich hat Prof. Dr. F., Klinikum K., das neurologische Gutachten vom 07.03.2013 erstattet. Er hat auf neurologischem Fachgebiet keinen Teil-GdB vergeben. Es liege eine chronische Schmerzstörung ohne objektives neurologisches Korrelat vor. Der einmalige Krampfanfall sei als vorübergehend anzusehen und spiele derzeit keine Rolle mehr. Die Schmerzstörung werde zwar subjektiv als schwer eingeschätzt, bei fehlenden objektiven orthopädischen oder neurologischen Schädigungszeichen sei hier aber eine deutliche Diskrepanz zum organischen Befund festzustellen. Ob ein hirnorganisches Psychosyndrom oder eine psychiatrische Störung vorliege, müsse in einem psychiatrisch-neuropsychologischen Gutachten festgestellt werden.
Den anschließenden Antrag der Klägerin, Dr. H. wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, hat das SG mit Beschluss vom 16.04.2013 abgelehnt.
Die Klägerin hat weitere, teilweise bereits aktenkundige, teilweise vor dem Neufeststellungs-antrag liegende Zeiträume betreffende Befundunterlagen vorgelegt. Im Arztbrief des Städtischen Klinikums K. vom 12.07.2013 findet sich die Diagnose einer leichten Osteochondrose der HWS im Segment HWK 5/6 sowie Erweiterung des Zentralkanals im Halsmark und der Hinweis, dass sich im Vergleich zur letzten Untersuchung ein vollkommen identischer Befund und aus neurochirurgischer Sicht kein Therapieansatz ergebe. Zudem hat die Klägerin zwei Therapieberichte der Ergotherapeutin M. vom 08.04. und 22.05.2013 vorgelegt, in denen der Verdacht auf Konzentrations- und Gedächtnisstörungen nach Kohlenmonoxid-Vergiftung geäußert worden ist. Schließlich hat die Klägerin nach § 109 SGG beantragt, ein weiteres Gutachten bei Prof. Dr. W. auf psychiatrisch/neuropsychologischem Fachgebiet und ein Gutachten bei dem Orthopäden Dr. K. einzuholen.
Das SG hat mit Urteil vom 25.07.2013 die Klage abgewiesen. Eine wesentliche Verschlechterung der chronischen Bronchitis und des Allergieleidens habe die Klägerin nicht geltend gemacht; eine solche ergebe sich auch nicht aus den zahlreichen aktenkundigen medizinischen Unterlagen sowie der Zeugenaussage des Dr. B ... Das Osteom am linken Schädel sei nach den Ausführungen des Sachverständigten Prof. Dr. F. ohne klinische Relevanz und ohne Krankheitswert. Lediglich im Zusammenwirken mit der dadurch bedingten leichten Angsterkrankung der Klägerin rechtfertige sich hieraus ein Teil-GdB von 10. Es handele sich bei dem Osteom um eine gutartige knöcherne Verdickung, die langsam wachse. Eine Facharztbehandlung wegen der Angsterkrankung finde nicht statt, was aber bei einer stärker ausgeprägten Angsterkrankung mit entsprechendem Leidensdruck der Klägerin regelmäßig zu erwarten wäre. Auf augenfachärztlichem Fachgebiet liege bei einer auf 0,4 oder 0,5 herabgesetzten Sehschwäche rechts bei eingepflanzter Kunstlinse sowie einem Sehvermögen von 0,7 auf dem linken Auge sowie einer beidäugigen Gesamtsehschärfe von 0,63 entgegen dem Beklagten und in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen Dr. P. der Teil-GdB bei 20. Soweit die sachverständigen Zeugen Prof. Dres. A. und A. der Bewertung des Teil-GdB von 10 durch den Beklagten zugestimmt hätten, hätten sie nach Auffassung der Kammer die Gesichtsfeldeinschränkung am rechten Auge nicht ausreichend gewürdigt. Die Funktionsstörung der Wirbelsäule rechtfertige keinen über 10 hinausgehenden Teil-GdB. Denn im Anschluss an den Sachverständigen Dr. H. sei das Bewegungsausmaß der Wirbelsäule in allen Abschnitten altersentsprechend frei. Auch eine neurologische Reiz- und Ausfallsymptomatik habe Dr. H. nicht objektiviert. Soweit in der M.-Klinik im Herbst 2011 noch eine Einschränkung der Rotation der HWS beidseits auf 40-0-40 Grad beschrieben worden sei, habe sich diese Funktionsstörung bis zum Zeitpunkt der Untersuchung und Begutachtung durch Dr. H. wieder auf ein freies Bewegungsausmaß gebessert. Auch Dr. T. habe dem Teil-GdB von 10 für das Wirbelsäulenleiden zugestimmt. Aus den in der mündlichen Verhandlung vorgelegten weiteren Befundunterlagen ergebe sich keine abweichende Beurteilung. Im Bereich der Beine sei der von dem Beklagten vergebene Teil-GdB von 20 eher großzügig bemessen. Denn bei der Untersuchung und Begutachtung durch Dr. H. seien sowohl beide unteren Sprunggelenke frei beweglich als auch das Bewegungsausmaß beider oberer Sprunggelenke normal ausgeprägt gewesen. Auch eine Bewegungsminderung des linken Kniegelenkes habe nicht vorgelegen. Soweit Dr. J. seinerzeit eine leichte Bewegungseinschränkung im rechten oberen und unteren Sprunggelenk beschrieben bzw. die Beweglichkeit des rechten oberen Sprunggelenks als deutlich eingeschränkt bezeichnet habe, habe er dies begründende Befunde nicht mitgeteilt. Darüber hinausgehende Funktionsbeeinträchtigungen mit Auswirkung auf den GdB lägen nicht vor. Das linke Handgelenk sei nach der Operation eines Karpaltunnelsyndroms im März 2009 äußerlich unauffällig und frei beweglich, was von Dres. J., T. und H. bestätigt worden sei. Die von der Klägerin geklagten Darm- und Bauchschmerzen sowie "Essstörungen im Darmbereich" stellten keine weitere Funktionsbeeinträchtigung dar. Die im Juli 2002 durchgeführte Koloskopie habe einen insgesamt unauffälligen Darmbefund erbracht, der histologische Befund habe keinen Anhalt für Bösartigkeit ergeben. Eine Einschränkung der Nahrungsaufnahme und -verwertung sei bei einem von Dr. H. zuletzt erhobenen Körpergewicht von 51 kg bei einer Körperlänge von 158 nicht erwiesen. Auch finde keine fachärztliche Behandlung durch einen Gastroenterologen statt. Ausgehend von Teil-GdB-Werten von dreimal 20 und zweimal 10 sei der Gesamt-GdB mit 30 zu bewerten.
Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 31.07.2013 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 22.08.2013 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) erhoben und sich gegen die unterlassene Einholung weiterer Gutachten gewandt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 25. Juli 2013 sowie den Bescheid des Beklagten vom 18. November 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Dezember 2011 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, unter Abänderung des Bescheides vom 11. Dezember 2008 den Grad der Behinderung ab dem 18. August 2010 mit wenigstens 50 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hat zur Begründung im Wesentlichen auf das angefochtene Urteil des SG Bezug genommen.
Auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG hat der Senat zunächst bei Prof. Dr. W. ein Gutachten in Auftrag gegeben. Nachdem dieser die Akten mit dem Hinweis, innerhalb der gesetzten Frist das Gutachten nicht erstellen zu können, zurückgesandt hat, hat die Klägerin sodann Dr. W. als Sachverständigen nach § 109 SGG benannt. Nach ambulanter Untersuchung der Klägerin am 30.01.2014 sowie Auswertung der Akten hat der Sachverständige in seinem neuropsychiatrischen Gutachten vom 04.02.2014 vorgeschlagen, die Funktionsbehinderungen der Wirbelsäule bei degenerativen Veränderungen und die Funktionsbehinderung des linken Kniegelenks, die Krampfadern und die Sehnenreizung des rechten Fußes in einen Schädigungskomplex zusammen zu fassen und mit einem Teil-GdB von 20 zu beurteilen. Auf seinem Fachgebiet liege bei der Klägerin eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit Schmerzfehlverarbeitung (F60.9 und F45.0 ICD-10-GM 2014) vor. Sicher handele es sich nicht um ein organisches Psychosyndrom und nicht um hirnorganische Störungen. Die von der Klägerin subjektiv vorgebrachten Schilderungen über Gedächtnis- und Merkstörungen seien im Rahmen der kombinierten Persönlichkeitsstörung, die zum Teil auch leichtere depressive Inhalte mit implementiere, und im Rahmen der histrionischen Persönlichkeitszüge zu verstehen. Der Begriff Angststörung sollte aus dem Komplex "Osteom linker Schädel" herausgenommen werden und unter diese Persönlichkeitsstörung subsumiert werden. Wie im neurologischen Gutachten von Prof. Dr. F. sei es auch bei seiner Untersuchung zu einer deutlichen Diskrepanz zwischen den normalen neurologischen Befunden und den subjektiven Angaben der Klägerin gekommen. Die Klägerin fühle sich ständig benachteiligt, meine ständig, um ihr Recht kämpfen zu müssen, sei andererseits durchaus "ansprüchig" und schaffe es für sich und ihre Tochter Logo- und Ergotherapie sowie in einem doch großen Ausmaß auch Physiotherapie durchzusetzen. Bei der Alltagsstruktur sei sie durchaus in der Lage, ihr Leben und das ihrer Tochter zu organisieren, sie bringe diese regelmäßig in den Kindergarten, bringe sie bzw. begleite sie zu logopädischen und physiotherapeutischen Sitzungen, kaufe ein, koche regelmäßig und versorge offensichtlich ihren Haushalt. Es handele sich bei der kombinierten Persönlichkeitsstörung mit Schmerzfehlverarbeitung um einen mittelschweren Schweregrad. Er schätze den Teil-GdB hierfür auf 30, da es sich durchaus um eine stärker behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit handele. Den Gesamt-GdB schätze er ab 18.08.2010 auf 40.
Die Klägerin hat sich gegen einzelne Textpassagen im Gutachten des Sachverständigen gewandt. Der Beklagte hat u. a. zu den Ausführungen des Sachverständigen die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. R. vorgelegt, der einen Teil-GdB von 30 für die psychische Funktionsbeeinträchtigung im Hinblick darauf, dass der Alltag strukturiert sei und eine regelhafte fachpsychiatrische Behandlung oder entsprechende Pharmakotherapie nicht erfolge, nicht für gerechtfertigt hielt.
Der Berichterstatter hat mit den Beteiligten den Sach- und Streitstand erörtert. Im Anschluss hat die Klägerin noch zahlreiche Befundunterlagen vorgelegt, die wiederum teilweise bereits aktenkundig gewesen sind.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die vorgelegte Behördenakte sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere statthafte Berufung (§§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2 SGG) ist unbegründet. Der Bescheid des Beklagten vom 18.11.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.12.2011 ist rechtlich nicht zu beanstanden, denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf Abänderung des Bescheides vom 11.12.2008 und Neufeststellung des GdB. Das SG hat die Klage daher zu Recht abgewiesen.
Rechtsgrundlage für die seitens der Klägerin begehrte Neufeststellung des GdB ist § 48 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist eine Änderung dann, wenn sich der GdB um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG, SozR. 1300 § 48 SGB X Nr. 29 m. w. N.). Dagegen ergibt sich aus der Änderung oder dem Hinzutreten weiterer Behinderungen allein keine wesentliche Änderung des ursprünglichen Bescheids. Denn weder die einzelnen Behinderungen noch die hierfür angesetzten Teil-GdB-Sätze gehören zum sogenannten Verfügungssatz des Bescheides und erwachsen daher nicht in Bindungswirkung (BSG, Urteil vom 10.09.1997 - 9 RVs 15/96 -, BSGE 81, 50). Das Vorliegen einer oder mehrerer neuer Behinderungen begründet einen Anspruch auf Abänderung des ursprünglichen Bescheids nur dann, wenn sich hieraus eine Erhöhung des Gesamt-GdB ergibt. Ob eine wesentliche Änderung in diesem Sinne eingetreten ist, muss durch einen Vergleich des gegenwärtigen Zustandes mit dem bindend festgestellten - früheren - Behinderungszustand ermittelt werden. Maßgeblich ist insoweit der letzte Feststellungsbescheid, hier der Bescheid vom 11.12.2008.
Der Anspruch der Klägerin auf Feststellung eines GdB richtet sich nach den am 01.07.2001 in Kraft getretenen Vorschriften des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) vom 19.06.2001 (BGBl. I S. 1046), zuletzt geändert durch Gesetz vom 14.12.2012 (BGBl. I S. 2598). Nach § 69 Abs. 1 S. 1 SGB IX stellen auf Antrag des behinderten Menschen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB fest. Menschen sind nach § 2 Abs. 1 S. 1 SGB IX behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Die Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10er Graden abgestuft festgestellt. Hierfür gelten gem. § 69 Abs. 1 S. 4 und 5 SGB IX die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 BVG und der auf Grund des § 30 Abs. 16 BVG (bis 30.06.2011 § 30 Abs. 17 BVG) erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. Von dieser Ermächtigung hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales Gebrauch gemacht und die am 01.01.2009 in Kraft getretene Versorgungsmedizin-Verordnung - Vers.MedV - vom 10.12.2008 (BGBl. I S. 2412) erlassen, um u.a. die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG zu regeln (vgl. § 1 VersMedV). Die zugleich in Kraft getretene, auf der Grundlage des aktuellen Stands der medizinischen Wissenschaft unter Anwendung der Grundsätze der evidenzbasierten Medizin erstellten und fortentwickelten, Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 VersMedV ist an die Stelle der bis zum 31.12.2008 heranzuziehenden "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im Sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehinderten-recht" (AHP) getreten. In den VG wird ebenso wie in den AHP der medizinische Kenntnisstand für die Beurteilung von Behinderungen wiedergegeben (BSG, Urteil vom 01.09.1999 - B 9 V 25/98 R -, SozR. 3-3100 § 30 Nr. 22). Hierdurch wird eine für den behinderten Menschen nachvollziehbare, dem medizinischen Kenntnisstand entsprechende Festsetzung des GdB ermöglicht.
Liegen - wie im Falle der Klägerin - mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird nach § 69 Abs. 3 SGB IX der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Teil-GdB anzugeben; bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen jedoch die einzelnen Werte nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung eines Gesamt-GdB ungeeignet (vgl. hierzu und zum Folgenden: VG, Teil A, Nr. 3). Bei der Beurteilung des Gesamt-GdB ist in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Teil-GdB bedingt und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und in wieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Die Beziehungen der Funktionsbeeinträchtigungen zu einander können unterschiedlich sein: Die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen können voneinander unabhängig sein und damit ganz verschiedene Bereiche im Ablauf des täglichen Lebens betreffen. Eine Funktionsbeeinträchtigung kann sich auf eine andere besonders nachteilig auswirken, vor allem dann, wenn Funktionsbeeinträchtigungen paarige Gliedmaßen oder Organe betreffen. Funktionsbeeinträchtigungen können sich überschneiden. Eine hinzutretende Gesundheitsstörung kann die Auswirkung einer Funktionsbeeinträchtigung aber auch nicht verstärken. Von Ausnahmefällen abgesehen, führen leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung. Dies gilt auch dann, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen.
Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der VG nicht nach starren Beweisregeln, sondern auf Grund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung der Sachverständigen-Gutachten in freier richterlicher Beweiswürdigung festzulegen (BSG, Urteil vom 11.11.2004 - B 9 SB 1/03 R -, zit. n. juris).
Unter Zugrundelegung dieser Voraussetzungen steht der Klägerin kein Anspruch auf Neufeststellung des GdB zu. Denn die Höhe des Gesamt-GdB hat sich seit der letzten maßgeblichen Feststellung durch Bescheid vom 11.12.2008 (GdB 30) nicht wesentlich geändert, obwohl weitere Funktionsbeeinträchtigungen hinzu gekommen sind. Dies hat das SG in seinem Urteil vom 25.07.2013 nach umfassender Auswertung der aktenkundigen medizinischen Unterlagen sowie weitreichender Beweiserhebung durch schriftliche Zeugenvernehmung der behandelnden Ärzte sowie Einholung von Gutachten auf orthopädischem, HNO-ärztlichem und augenärztlichem Fachgebiet auf Antrag der Klägerin im Einzelnen dargelegt und begründet. Der Senat schließt sich dem sowohl inhaltlich als auch im Ergebnis nach eigener Überprüfung in vollem Umfang an und sieht daher zur Vermeidung von Wiederholungen von einer nochmaligen Darstellung der Entscheidungsgründe insoweit ab (§ 153 Abs. 2 SGG).
Auch die im Berufungsverfahren erfolgte weitere Beweisaufnahme sowie die von der Klägerin vorgelegten weiteren Unterlagen rechtfertigen jedenfalls eine höhere GdB-Bewertung nicht, vielmehr dürften hinsichtlich einzelner Funktionssysteme die vom Beklagten bzw. dem SG angenommenen Teil-GdB-Werte eher zu hoch angesetzt sein.
So ist der auf orthopädischem Fachgebiet vergebene Teil-GdB von 10 im Funktionssystem Rumpf und 20 im Funktionssystem Beine durch das auf Antrag der Klägerin bei Dr. H. eingeholte Gutachten nicht bestätigt worden, da sich hier mangels einer dem Alter der Klägerin vorauseilenden Funktionsbeeinträchtigung jeweils kein Teil-GdB feststellen lässt. Die das orthopädische Fachgebiet betreffenden, nach dem Erörterungstermin vorgelegten weiteren Arztberichte sind entweder vor der Begutachtung durch Dr. H. verfasst und mithin nicht mehr aktuell (Schreiben Dr. T. vom 07.03.2012, radiologischer Bericht vom 20.06.2011) oder sie sind für die GdB-Bewertung mangels Dokumentation von Funktionsbeeinträchtigungen letztlich nicht aussagekräftig. Dies gilt für das in den S.-Kliniken K. am 27.07.2012 diagnostizierte Ganglion der Peronaeus longus Sehne plantar rechts, das durch eine Einlage mit Hohllegung des Ganglion versorgt worden ist, ebenso wie für die durch das Städtische Klinikum K. am 25.06.2013 diagnostizierte leichte Osteochondrose der HWS im Segment HWK 5/6 bei bekannter Erweiterung des Zentralkanals im Halsmark. Soweit Dr. J. in seinem Schreiben vom 11.12.2012 von einer leichten Einschränkung der Beweglichkeit im oberen und unteren Sprunggelenk bei nach wie vor stabilen Seitenbändern und intakter Sensibilität und Durchblutung berichtet, ergibt sich auch hieraus nach VG, Teil B, Nr. 18.14 (Bewegungseinschränkung im oberen Sprunggelenk geringen Grades: GdB 0, Bewegungseinschränkung im unteren Sprunggelenk: GdB 0-10) kein Teil-GdB. Schließlich können auch dem auszugsweise vorgelegten, im Zivilrechtsstreit bei Prof. Dr. G., Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik L., zur Frage, ob die von der Klägerin geklagten Verletzungen und Beschwerden kausal auf das Unfallereignis vom 01.06.2010 zurück zu führen sind, eingeholten, Gutachten vom 27.05.2014 keine Angaben entnommen werden, die eine relevante Funktionsbeeinträchtigung auf orthopädischem Fachgebiet begründen. Denn es wird darin ausgeführt, dass die Klägerin das Untersuchungszimmer mit einem flüssigen Gangbild unter Mitschwingung beider Arme betreten hat, das Teilentkleiden rasch und mühelos geschehen ist und sich in teilentkleidetem Zustand ein athletischer Körperbau gezeigt hat. Es bestanden keine Anhaltspunkte für neurologische Ausfälle und die Klägerin hat Sensibilitätsstörungen verneint. Die Muskeleigenreflexe sind seitengleich auslösbar gewesen und die üblichen Greif- und Griffformen mit Spitz-, Klemm-, Schlüsselgriff und Faustschluss sind problemlos demonstriert worden. Es hat eine freie Beweglichkeit im Bereich der oberen Extremitäten für die Schulter, Ellenbogengelenke als auch Handgelenke vorgelegen und die Kraftentwicklung beider Hände ist seitengleich gewesen. Zwar wurden im Bereich der HWS und BWS Schmerzen geäußert, funktionell haben aber freie Entfaltbarkeiten für den thorakalen und lumbalen Wirbelsäulenabschnitt bei einem Finger-Fußboden-Abstand von 24 cm bestanden. Auch die Dreh- und Seitneigfähigkeit im Bereich der BWS/LWS ist nicht eingeschränkt gewesen. Da sich auch im Bereich der HWS nur endgradige Einschränkungen der Drehfähigkeit nach links (Links-/Rechtsdrehung: 60-0-70 Grad) bei einer Seitneigfähigkeit von 20-0-20 Grad und einer freien Re- und Inklinationsfähigkeit gefunden haben, bestätigt auch und gerade das jüngste Untersuchungsergebnis die von Dr. H. vertretene Auffassung, wonach die Klägerin nicht an orthopädischen Einschränkungen leidet, die über die üblichen altersbedingten Veränderungen hinausgehen. Dies ergibt sich auch aus den von Dr W. anlässlich seiner Begutachtung am 30.01.2014 erhobenen Befunden, wonach die Klägerin motorisch und sensibel intakt, die Muskulatur alters- und geschlechtsentsprechend ausgeprägt sowie das Gangbild unauffällig gewesen ist, alle Gelenke aktiv und passiv frei beweglich gewesen sind, keine Atrophien und keine neurologischen Auffälligkeiten sowie keine Sensibilitätsstörungen bestanden haben.
Ebenfalls fraglich ist, ob der im Funktionssystem Atmung von Seiten des Beklagten vergebene Teil-GdB von 20 zu begründen ist. Der Beklagte hat seine erstmalige GdB-Feststellung im Jahr 2003 ausschließlich auf diese Funktionsbeeinträchtigung gestützt und insoweit auf den Entlassungsbericht der Reha-Klinik U. vom 25.09.2002 Bezug genommen. Darin wird von einer seit ca. 6 Jahren bestehenden Raucherbronchitis sowie einer allergischen Rhinokonjunktivitis bei Pollensensibilisierung berichtet. Konkrete Funktionsbeeinträchtigungen werden indes dort nicht geschildert, vielmehr wird ausgeführt, dass die regelmäßig gemessenen Peak-Flow-Werte auf ordentlichem Niveau zwischen 380 und 420 l/Min stabil gewesen sind. Lediglich als Bedarfsmedikation ist Allergospasmin DA noch ca. 3-4 x wöchentlich eingesetzt worden. Der die Klägerin seit dem Jahr 2000 behandelnde HNO-Arzt Dr. B. hat in seiner sachverständigen Zeugenaussage eine chronische Bronchitis nicht erwähnt, sodass insgesamt hierauf fußende Funktionsbeeinträchtigungen nicht nachgewiesen sind. Aufgrund welcher Funktionsbeeinträchti-gungen Dr. B. die allergische Rhinitis für mittel- bis schwergradig eingestuft hat, kann seiner Zeugenauskunft nicht entnommen werden. Während er zunächst anders als im Entlassbericht der Reha-Klinik U. keine allergische Reaktion auf Pollen, sondern auf die Hausstaubmilbe und eine Schimmelpilzmischung festgestellt hat, hat er im von der Klägerin nachgereichten Befundbericht vom 10.01.2013 mitgeteilt, wegen einer Reaktion auf Baumpollen eine perorale Hyposensibilisierung eingeleitet zu haben. Nach VG, Teil B, Nr. 8.5 ist ein GdB von 0 bis 20 bei einem Bronchialasthma ohne dauernde Einschränkung der Lungenfunktion anzunehmen, wenn eine Hyperreagibilität mit seltenen (saisonalen) und /oder leichten Anfällen besteht. Nach alledem und aufgrund der insgesamt nur sehr niederfrequenten Behandlung im Zeitraum von April 2010 bis November 2012 dürfte der von Seiten des Beklagten angenommene Teil-GdB von 20 wohl zu hoch bemessen sein, zumal die Klägerin selbst keinerlei konkrete Beschwerdeangaben insoweit anlässlich der zahlreichen Begutachtungen gemacht und Dr. B. Art und Intensität der Symptomatik nicht im Einzelnen geschildert hat.
Auch im Hinblick auf die seitens des SG im Funktionssystem Verdauung verneinte Funktionsbeeinträchtigung wird diese Einschätzung durch die im Berufungsverfahren vorgelegten weiteren Befundberichte bestätigt. Denn Dr. V., Gemeinschaftspraxis für Pathologie an den S.-Kliniken K., hat in seiner pathologischen Begutachtung vom 24.01.2014 eine unauffällige Duodenalschleimhaut bei fehlendem Hinweis auf Sprue, Morbus Whipple oder Lambliasis sowie nur eine geringgradige chronische, gering aktive Antrum- und Corpusgastritis mit Helicobacter pyloris-Nachweis festgestellt, woraus sich nach VG, Teil B Nr. 10.2.1 lediglich ein Teil-GdB von 0 bis 10 ableiten lässt.
Schließlich ergibt sich auch aus dem nach § 109 SGG bei Dr. W. eingeholten neuropsychiatrischen Gutachten vom 04.02.2014 kein höherer Gesamt-GdB als 30, nachdem das SG auf psychiatrischem Fachgebiet bereits mehrere Gesundheitsstörungen berücksichtigt hat, nämlich eine leichte Angsterkrankung der Klägerin im Hinblick auf das ohne klinische Relevanz und ohne Krankheitswert vorliegende Osteom am linken Schädel sowie eine somatoforme Störung mit chronischem Schmerzsyndrom. Zwar hat der Sachverständige im Hinblick auf die Diagnosevoraussetzungen nach ICD-10 eine somatoforme Schmerzstörung nicht für gegeben erachtet, sondern ist von einer kombinierten Persönlichkeitsstörung mit Schmerzfehlverarbeitung ausgegangen, die sowohl leichtere depressive Inhalte als auch die Angststörung mit erfasst. Letztlich ist aber auch im Rahmen des Funktionssystems Gehirn einschließlich Psyche für die GdB-Bewertung nicht die gestellte Diagnose, sondern sind die sich aus den nachgewiesenen Gesundheitsstörungen ergebenden Funktionsbeeinträchtigungen maßgeblich. Sämtliche der hier diskutierten Krankheitsbilder werden unter VG, Teil B, Nr. 3.7 erfasst, wonach im Falle von Neurosen, Persönlichkeitsstörungen und Folgen psychischer Traumen leichtere psychovegetative oder psychische Störungen mit einem GdB von 0 bis 20, stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z. B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) mit einem 30 bis 40 und schwere Störungen (z. B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten mit einem GdB von 50 bis 70 bewertet werden. Zur Überzeugung des Senats können die sich aus den bei der Klägerin bestehenden psychischen Gesundheitsstörungen ergebenden Funktionsbeein-trächtigungen keinen höheren Teil-GdB als 20 ergeben und ist der von Dr. W. hier angesetzte Teil-GdB von 30 gerade unter Zugrundelegung der von ihm anamnestisch erhobenen Tagesstruktur der Klägerin überhöht. Danach steht die Klägerin morgens gegen 07.20 Uhr auf, macht ihre Morgentoilette, trinkt Kaffee und geht dann mit dem Hund nach draußen. Ab 07.30 Uhr weckt sie ihre Tochter, die sie gegen 09.30 Uhr dreimal in der Woche in den Kindergarten bringt. An den übrigen Tagen hat die Tochter Ergo- und Logotherapie. Wenn sie die Tochter nicht dorthin bringt, macht sie zu Hause ihren Haushalt. Ca. um 14.00 Uhr gibt es Mittagessen, wobei sie wegen der Tochter täglich kocht. Anschließend beschäftigt sie sich mit der Tochter. Abends gibt es kaltes Abendbrot und danach Fernsehen. Zwischendurch geht sie immer mal wieder mit dem Hund nach draußen. Gegen 23.00 Uhr geht sie zu Bett, wobei Durchschlafstörungen angegeben werden. Zumeist Samstags erfolgt der Großeinkauf. Die Klägerin ist mithin in der Lage, ihren und den Lebensalltag ihrer Tochter zu meistern, obwohl die Tochter nach eigenen Angaben der Klägerin schwierig ist, wahrscheinlich ein Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom hat und sie richtiggehend tyrannisiert sowie entwicklungsmäßig zurück ist. Dies steht der Annahme einer stärker behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit entgegen. Hinzu kommt, dass die Klägerin zwar über Schlafstörungen klagt, sie diese jedoch nur mit Baldrianeinschlafdragees behandelt und weder Psychopharmaka einnimmt noch eine Psychotherapie stattfindet und auch die gelegentliche Einnahme von Ibuprofen 600 nicht auf stärker behindernde Funktionsbeeinträchtigungen hindeutet. Wird darüber hinaus berücksichtigt, dass der Sachver-ständige Dr. W. keine Hinweise auf kognitive oder mnestische Einschränkungen gesehen hat und entgegen der subjektiven Einschätzung der Klägerin Gedächtnis, Konzentration und Durchhaltevermögen in Ordnung waren und keine formalen oder inhaltlichen Denkstörungen sowie keine Hinweise auf das Vorliegen einer Prozesspsychose bestanden haben, lässt sich bereits die Annahme des Teil-GdB von 20 nur im Hinblick darauf rechtfertigen, dass die bestehende Persönlichkeitsstörung mit dem Gefühl, sich ständig benachteiligt zu fühlen und um ihr Recht kämpfen zu müssen, mit sozialen Teilhabebeeinträchtigungen verbunden ist.
Bei angenommenen Teil-GdB-Werten von jeweils 20 im Funktionssystem Augen und Gehirn einschließlich Psyche ist ein höherer Gesamt-GdB als 30 nicht gerechtfertigt. Die weiteren Teil-GdB-Werte gehen nicht über 10 hinaus und vermögen daher die Höhe des Gesamt-GdB nicht zu beeinflussen.
Die Berufung der Klägerin war nach alledem zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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