L 3 AL 1247/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 10 AL 2112/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 1247/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 24. Januar 2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin auch in der Zeit vom 01.08.2012 bis zum 26.08.2012 einen Anspruch auf Insolvenzgeld hat.

Die am 13.08.1962 geborene Klägerin beantragte am 21.09.2012 bei der Beklagten die Gewährung von Insolvenzgeld. Sie gab in dem von ihr ausgefüllten Formularantrag an, bei der A.-B. GmbH berufstätig gewesen zu sein. Seit August 2012 habe sie kein Arbeitsentgelt erhalten. Am 07.09.2012 sei sie darüber informiert worden, dass am selben Tag das Insolvenzverfahren beantragt und eröffnet worden sei. Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses sei von der Arbeitgeberin zum 31.03.2013 erfolgt. Mit Schreiben vom 20.10.2012 teilte die Klägerin mit, sie habe zum 01.10.2012 eine neue Anstellung gefunden. Der Insolvenzverwalter C.-D. führte in der Insolvenzgeldbescheinigung vom 21.12.2012 aus, der Klägerin sei das Arbeitsentgelt für die Zeit vom 01.08.2012 bis zum 31.08.2012 in Höhe von 2.138,02 EUR und für die Zeit vom 01.09.2012 bis zum 30.09.2012 in Höhe von 3.952,65 EUR nicht ausbezahlt worden. Hinzu kämen Arbeitgeberbeitragszuschüsse für die Zeit vom 01.08.2012 bis zum 31.08.2012 in Höhe von 865,32 EUR und für die Zeit vom 01.09.2012 bis zum 30.09.2012 in Höhe von 865,32 EUR. Das Insolvenzverfahren sei am 27.11.2012 eröffnet worden. Das Arbeitsverhältnis sei durch schriftliche Kündigung des Arbeitgebers/Insolvenzverwalters zum 31.03.2013 beendet worden. Auf Anfrage der Beklagten legte die Klägerin unter anderem Gehaltsnachweise für ihre ab 01.10.2012 angetretene berufliche Tätigkeit für die Monate Oktober und November 2012 über einen monatlichen Verdienst in Höhe von brutto 9.166,70 EUR und netto 4.881,06 EUR unter Berücksichtigung Abzüge für Steuern in Höhe von 3.292,33 EUR und für die Sozialversicherung in Höhe von 993,31 EUR vor. Ferner legte sie eine korrigierte Insolvenzgeldbescheinigung vom 14.02.2013 vor, aus der sich nicht gezahltes Arbeitsentgelt für die Zeit vom 01.08.2012 bis zum 26.08.2012 in Höhe von 2.602,89 EUR, für die Zeit vom 27.08.2012 bis zum 31.08.2012 in Höhe von 400,45 EUR und für die Zeit vom 01.09.2012 bis zum 30.09.2012 in Höhe von 3.952,65 EUR ergibt.

Mit Bescheid vom 25.02.2013 bewilligte die Beklagte der Klägerin Insolvenzgeld in Höhe von 5.218,42 EUR. Der beigefügten Anlage ist zu entnehmen, dass die Beklagte dabei Arbeitsentgelt für die Zeit vom 27.08.2012 bis zum 31.08.2012 in Höhe von 400,45 EUR und für die Zeit vom 01.09.2012 bis zum 30.09.2012 in Höhe von 4.817,97 EUR mit darin enthaltenen Arbeitgeberbeitragszuschüssen berücksichtigte.

Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Sie führte zur Begründung aus, das Arbeitsverhältnis habe nicht am 27.11.2012, sondern durch einen mit dem Geschäftsführer der ehemaligen Arbeitgeberin am 30.09.2012 geschlossenen Aufhebungsvertrag geendet, da sie die Chance gehabt habe, am 01.10.2012 eine neue Stelle anzutreten. Der dreimonatige Insolvenzgeld-Zeitraum laufe daher nicht erst vom 27.08.2012 bis zum 26.11.2012, sondern bereits vom 01.07.2012 bis zum 30.09.2012, so dass ihr weiteres Insolvenzgeld für die Zeit vom 01.08.2012 bis zum 26.08.2012 zu gewähren sei. Die Klägerin wies ferner darauf hin, dass sich ihr zum 30.09.2012 erfolgtes Ausscheiden aus ihrer früheren Beschäftigung schon allein daraus ergebe, dass sie Insolvenzgeld lediglich bis zum 30.09.2012 beantragt habe. Auf Anfrage der Beklagten, den Aufhebungsvertrag vorzulegen, legte die Klägerin einen Auszug des mit Wirkung zum 01.10.2012 mit dem neuen Arbeitgeber geschlossenen Arbeitsvertrages vor.

Mit Widerspruchsbescheid vom 28.05.2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Sie führte zur Begründung aus, nach § 165 Abs. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) hätten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Anspruch auf Insolvenzgeld, soweit sie bei einem Insolvenzereignis für die vorausgegangenen drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf das Arbeitsentgelt gehabt hätten. Als Insolvenzereignis gelte nach § 165 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Arbeitgeberin, mithin der 27.11.2012. Der Insolvenzgeldzeitraum umfasse damit die Zeit vom 27.08.2012 bis zum 26.11.2013. Ein Insolvenzgeldanspruch für den Monat Oktober 2012 bestehe nicht, da die Klägerin seit 01.10.2012 eine neue Arbeitsstelle angetreten habe und das Arbeitsentgelt aus dem neuen Arbeitsverhältnis voll auf das an sich zustehende Insolvenzgeld angerechnet werde. Da dieses Arbeitsentgelt höher sei als das Insolvenzgeld, komme es zu keiner Auszahlung von Insolvenzgeld. Soweit die Klägerin eingewandt habe, ihr Arbeitsverhältnis sei bereits zum 30.09.2012 während der Freistellungsphase mit Aufnahme des neuen Arbeitsverhältnisses beendet gewesen, könne dem nicht gefolgt werden. Nach § 623 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) bedürfe die wirksame Beendigung eines Arbeitsverhältnisses der Schriftform. Trotz Aufforderung sei ein solcher Aufhebungsvertrag nicht vorgelegt worden. Aus der Aufnahme eines neuen Arbeitsverhältnisses könne nicht automatisch auf eine wirksame Beendigung des bisherigen Arbeitsverhältnisses geschlossen werden.

Hiergegen hat die Klägerin am 01.07.2013 Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben. Sie hat ausgeführt, die Beklagte habe, was die Zeit vom 01.10.2012 bis zum Insolvenzgeldereignis anbelange, unterstellt, dass das Gehalt im Rahmen der neuen Beschäftigung mindestens so hoch gewesen sei als der Insolvenzgeldanspruch. Woher die Beklagte dieses Wissen habe, sei unbekannt. Sie hat ferner ausgeführt, im Antrag auf Insolvenzgeld habe sie zwar angegeben, dass das Arbeitsverhältnis durch Kündigung der ehemaligen Arbeitgeberin vom 07.09.2012 zum 31.03.2013 beendet worden sei. Tatsächlich sei das Arbeitsverhältnis aber einvernehmlich zum 30.09.2012 beendet worden. Zwar fordere § 623 BGB, dass ein Arbeitsverhältnis nur auf schriftlichem Wege beendet werden könne. Dies gelte zum einen zum Schutze auch der Partei, die vor unüberlegten Schritten bewahrt werden solle, und zum anderen, damit Rechtsklarheit für die Parteien bestehe, ob nun das Arbeitsverhältnis beendet sei oder nicht. Diese durchaus sinnvolle Regelung könne jedoch im vorliegenden Fall gemäß § 242 BGB nur so ausgelegt werden, dass es hier eben an diesem schriftlichen Erfordernis nicht mangele, sondern dass tatsächlich das Arbeitsverhältnis zum 30.09.2012 beendet worden sei. Dies ergebe sich aus den Umständen, die in diesem Fall eine starre Anwendung des § 623 BGB nicht erlaubten. Die Klägerin hat ferner ausgeführt, ihre ehemalige Arbeitgeberin habe mit ihr und dem Geschäftsführer nur aus zwei Mitarbeitern bestanden. Mit der Stellung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens Ende August 2012 sei eine Fortführung des Betriebes bereits zu diesem Zeitpunkt ausgeschlossen gewesen. Zwischen dem Geschäftsführer ihrer ehemaligen Arbeitgeberin und ihr habe aufgrund der vieljährigen Zusammenarbeit ein Vertrauensverhältnis bestanden. Sie habe sich an den Geschäftsführer ihrer ehemaligen Arbeitgeberin gewandt und diesen davon unterrichtet, dass sie zum 01.10.2012 eine neue Stelle antreten könne und deshalb ihre ehemalige Arbeitgeberin ungeachtet der zum 31.03.2012 ausgesprochenen Kündigung verlassen wolle. Beide seien sich darüber einig gewesen, dass sie sofort den Arbeitsvertrag unterschreiben solle. Ob sie selbst fristlos wegen Zahlungsverzugs gekündigt habe oder ein gemeinsamer Aufhebungsvertrag geschlossen worden sei, sei zwischen ihnen nicht thematisiert worden, sondern es sei lediglich davon gesprochen worden, dass das Arbeitsverhältnis jedenfalls zum 30.09.2012 beendet sein solle, damit sie wieder freie Hand habe. In dieser für sie und den Geschäftsführer ihrer ehemaligen Arbeitgeberin außergewöhnlichen Situation sei nicht daran gedacht worden, dass hierzu möglicherweise eine schriftliche Vereinbarung hätte getroffen werden müssen. Vielmehr sei beiden klar gewesen, dass sie zum 30.09.2012 ausscheiden solle. Es habe bei ihrer ehemaligen Arbeitgeberin auch keine Arbeit mehr gegeben, die sie hätte durchführen können. In solchen besonders gelagerten Fällen, wie hier, könne eben auch eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses, ohne dass dies schriftlich in Form einer Kündigung erfolge, vorliegen. Die Beklagte wende hier eine rein formalistische Betrachtungsweise an. Erstaunlicherweise gehe auch die Beklagte davon aus, dass sie am 01.10.2012 bei ihrer ehemaligen Arbeitgeberin ausgeschieden sei, da sie ja ausdrücklich Insolvenzgeld nur bis zum 30.09.2012 gewährt habe. Dies sei widersprüchlich. Zu fordern sei daher weiteres Insolvenzgeld in Höhe von 4.417,52 EUR.

Hierzu hat die Beklagte ausgeführt, das maßgebende Ereignis für die Festsetzung des Insolvenzzeitraumes sei nicht die Arbeitsaufnahme zum 01.10.2012, sondern der Beschluss über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom 27.11.2012. Die Klägerin habe anlässlich ihrer Arbeitsaufnahme keine rechtsverbindliche Beendigung des alten Arbeitsverhältnisses ausgesprochen. Das Arbeitsverhältnis sei deshalb durch die Kündigung des Insolvenzverwalters zum 31.03.2013 beendet worden. Ende des Arbeitsverhältnisses sei nicht das Ende des faktischen Arbeitsverhältnisses oder das Ende des Sozialversicherungsbeschäftigungsverhältnisses, sondern das rechtliche Ende des Arbeitsverhältnisses. Eine wirksame arbeitsrechtliche Beendigung bedürfe grundsätzlich der Schriftform. Die Schriftform sei konstitutiv, mit der Folge, dass eine nicht-schriftliche Kündigung nach § 125 BGB nichtig sei.

Mit Gerichtsbescheid vom 24.01.2014 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, der dreimonatige Insolvenzgeldzeitraum werde durch das Insolvenzereignis vom 27.11.2012 festgelegt. Er ende grundsätzlich mit dem Tag, der dem Insolvenzereignis vorausgehe. Ende jedoch das Arbeitsverhältnis vor dem Eintritt des Insolvenzereignisses, sei der letzte Tag des Arbeitsverhältnisses der letzte Tag des Insolvenzgeldzeitraums. Dabei sei zwar ohne Bedeutung, wie lange das Ende des Arbeitsverhältnisses vor dem Insolvenztag liege, da auch bei einem beendeten Arbeitsverhältnis keine Kausalität zwischen der Nichtzahlung des rückständigen Arbeitsentgelts und der Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers erforderlich sei. Indes sei für das Ende des Arbeitsverhältnisses nicht das faktische, sondern das rechtliche Ende maßgeblich. Anders als die Klägerin meine, sei daher die Beendigung rechtlich zu prüfen und die Form zu beachten. Dabei komme es nicht darauf an, ob sich die Beklagte auf die Formnichtigkeit berufen könne. Im Verhältnis zur Beklagten sei alleine maßgeblich, ob beziehungsweise wann zwischen der Klägerin und ihrer ehemaligen Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis beendet worden sei. Dies sei zwischen der Klägerin und ihrer ehemaligen Arbeitgeberin zu prüfen. Lediglich das Ergebnis dieser Prüfung wirke sich nach der Regelung in § 165 SGB III auf das Verhältnis der Klägerin zur Beklagten aus. Demnach liege das Ende des Insolvenzgeldzeitraums am 26.11.2012 und der Anfang am 27.08.2012, so dass die Bewilligung der Beklagten insoweit auf keine Bedenken stoße. Ein rechtliches Ende des Arbeitsverhältnisses zu einem Zeitpunkt vor dem 27.11.2012 liege nicht vor und ergebe sich insbesondere nicht aus der Übereinkunft der Klägerin mit dem Geschäftsführer ihrer ehemaligen Arbeitgeberin. Diese werde zwar unterstellt, auch wenn es eine gewisse Verwunderung hervorrufe, dass die Klägerin im Antragsformular eine Beendigung zum 31.03.2013 angegeben habe und sie diesem bedeutenden Vorgang um die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, auf den sie sich nun stütze, keine Bedeutung beigemessen habe. Die Beendigung von Arbeitsverhältnissen durch Kündigung oder Auflösungsvertrag bedürfe zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Da diese Form nicht eingehalten sei, folge daraus die Nichtigkeit. Entgegen der Ansicht der Klägerin sei der Formmangel auch nicht nach Treu und Glauben gemäß § 242 BGB unbeachtlich gewesen. Die Berufung auf einen Formmangel könne nur ausnahmsweise gegen Treu und Glauben verstoßen, weil anderenfalls die Formvorschriften des BGB ausgehöhlt würden. Gesetzliche Schriftformzwänge wie in § 623 BGB sollten die Vertragsparteien vor Übereilung schützen und verfolgten darüber hinaus eine Klarstellungs- und Beweisfunktion auch gegenüber Dritten. Da der Klägerin nach ihrem Vortrag nicht klar gewesen sei, ob sie nun außerordentlich gekündigt habe oder ob ein Aufhebungsvertrag geschlossen worden sei, scheine dieser Zweck auch im vorliegenden Fall nicht ganz unberechtigt zu sein. Ausgehend von diesem Zweck sei das Berufen auf die fehlende Schriftform nicht allein deswegen, weil die Vertragsparteien das mündlich Vereinbarte bei Abgabe der mündlichen Erklärungen ernst gemeint und tatsächlich gewollt hätten, treuwidrig. Stattdessen läge ein Verstoß gegen § 242 BGB nur dann vor, wenn das Scheitern des Geschäfts an der Formnichtigkeit die Klägerin nicht bloß hart treffen würde, sondern für sie schlechthin untragbar wäre. Vorliegend führe die Schriftform dazu, dass das Arbeitsverhältnis rechtlich fortbestanden habe. Vor dem Hintergrund der Regelungen der §§ 615 und 320 BGB seien zwischen der Klägerin und ihrer ehemaligen Arbeitgeberin keine relevanten Nachteile zu erkennen, da weder die Klägerin zur Arbeitsleistung hätte gebracht werden können, noch von ihr Entgeltansprüche hätten geltend gemacht werden können. Sofern man überhaupt im Rahmen der Prüfung des § 242 BGB die reflexhafte Wirkung auf das Verhältnis der Klägerin zur Beklagten berücksichtigen wolle, ergebe sich auch dadurch kein untragbares Ergebnis. Letztlich ergebe sich für die Klägerin der Verlust in Höhe von ungefähr einem Monatsentgelt. Wie sich daraus ein untragbarer Zustand ergeben solle, sei nicht erkennbar und auch die Klägerin habe dazu lediglich vorgetragen, dass es ihr neben der Summe von circa 4.400 EUR auch um die prinzipielle Frage gehe, ob ihr materielle Gerechtigkeit widerfahre. Dem sei kein tragfähiges Argument zu entnehmen, sondern allenfalls der durchaus verständliche Ärger, dass die Klägerin durch die eigene Nichteinhaltung der Formvorschriften einen finanziellen Verlust erlitten habe.

Gegen den ihr am 13.02.2014 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 12.03.2014 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) erhoben. Sie hat zur Begründung ausgeführt, für sie sei der Verlust eines Betrages in Höhe von 4.417,52 EUR durchaus ein herber Verlust und damit eine ganz erhebliche Einbuße. Für sie sei dieser Verlust schlechthin untragbar. Die Frage der Unerträglichkeit sei immer subjektiv geprägt. Der Unterschied zu anderen Fallgestaltungen liege vorliegend darin, dass es in den anderen Fallgestaltungen darum gegangen sei, dass sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer anschließend, ob der Ernsthaftigkeit von Kündigungen bei der Missachtung des Schriftformerfordernisses, gestritten hätten. Vorliegend gehe es aber um eine ganz andere Konstellation, nämlich beide Parteien des Arbeitsvertrages seien sich einig darüber gewesen, dass das Arbeitsverhältnis beendet sei. Die eine Partei habe die Chance erhalten, trotz fortgeschrittenem Alter sofort eine neue Stelle zu erhalten. Für die andere Partei sei es darum gegangen, einen Arbeitnehmer von der Gehaltsliste zu streichen. Eine Schutz- und Warnfunktion hätte gar keinen Platz mehr gehabt. Die ehemalige Arbeitgeberin habe überhaupt keinen Geschäftsbetrieb mehr gehabt, in dem sie hätte beschäftigt werden können. Im Übrigen seien sie und der Geschäftsführer der ehemaligen Arbeitgeberin freundschaftlich verbunden gewesen. Auch stelle sich die Frage, ob sich die Beklagte überhaupt auf die Formbedürftigkeit berufen könne. Auch diesbezüglich könne eine teleologische Auslegung nur erbringen, dass die Vertragsparteien des Arbeitsvertrages aus Gründen der Klarheit und Verlässlichkeit an das Formerfordernis gebunden sein sollten, nicht aber Dritte, die als solche mit dem Arbeitsverhältnis überhaupt nichts zu tun hätten. Die Klägerin führt ferner aus, dass sie, wäre es nicht zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses gekommen, Gehaltsansprüche von weiteren fünf Monaten gehabt hätte. Dies wäre ein erheblicher Nachteil für ihre ehemalige Arbeitgeberin gewesen. Viel erheblicher seien allerdings die Nachteile, die sie hätte erleiden müssen, wenn das Arbeitsverhältnis weiter bestanden hätte. Dadurch hätte sie einen Ausfall von Insolvenzgeld in Höhe von 4.417,52 EUR erlitten. Ein weiterer Nachteil liege darin, dass sie ab 01.10.2012 zwei Arbeitsverhältnisse inne gehabt hätte. Zumindest theoretisch hätte sie bei Fortbestand des Arbeitsverhältnisses bei ihrer ehemaligen Arbeitgeberin eingesetzt werden können, beispielweise durch den Insolvenzverwalter zu Arbeiten herangezogen werden können. In diesem besonderen Falle der Insolvenz wäre durchaus dann die Frage zu stellen, ob für sie nicht gleichwohl eine Schadensersatzpflicht eingetreten wäre, etwa im Hinblick darauf, dass der Insolvenzverwalter bei einem Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses sich hätte jemanden suchen müssen, um Restarbeiten durchzuführen. Die Klägerin hat ergänzend ausgeführt, die Beklagte habe dadurch, dass sie aus eigenem Antrieb und möglicherweise durch einen glücklichen Umstand ab 01.10.2012 eine Anstellung gefunden habe, ganz erhebliche Gelder gespart. Ansonsten hätte sie ihr bis zum 27.11.2012 Insolvenzgeld und anschließend Arbeitslosengeld bezahlen müssen.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 24. Januar 2014 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 25. Februar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Mai 2013 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie weiteres Insolvenzgeld in Höhe von 4.417,52 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagzustellung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie weist darauf hin, dass die Schriftform bei der Auflösung von Arbeitsverhältnissen auch wegen der rechtsgestaltenden Wirkung vorgesehen sei. Sie sei auf Rechtsklarheit angewiesen, da die Auflösung des Arbeitsverhältnisses den Insolvenzzeitraum verschiebe und somit auch die sozialrechtlichen Ansprüche beeinflusse. Keinesfalls könne sie als unbeteiligte Dritte gelten. Ferner sei der Verlust für die Klägerin durch den Ausfall weiteren Insolvenzgeldes in der beantragten Höhe nicht untragbar.

Der Berichterstatter hat den Geschäftsführer der ehemaligen Arbeitgeberin der Klägerin, Jens Wunderlich, unter dem 29.01.2015 schriftlich als Zeugen gehört. Er hat ausgeführt, er habe die Klägerin, da es für ihre Weiterbeschäftigung keinerlei Perspektiven gegeben habe, am 23.08.2012 freigestellt und nach Vorgabe des Wirtschaftsprüfers mit der gesetzlich vorgeschriebenen Kündigungsfrist zum 31.03.2013 fristgerecht gekündigt. Vermutlich Mitte September 2012 habe die Klägerin ihn über ihre neue Tätigkeit informiert. Er habe der Klägerin für ihre neue Tätigkeit viel Erfolg gewünscht und ihr geraten, sich umgehend in den neuen Forschungsschwerpunkt einzuarbeiten. Selbstverständlich sei das Arbeitsverhältnis zu diesem Zeitpunkt mündlich beendet worden. Die vom Berichterstatter gestellte Frage, warum keine schriftliche Fixierung der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfolgt sei, habe sich für ihn als Naturwissenschaftler überhaupt nicht gestellt. Er habe es für vollkommen ausreichend angesehen, dass er den Insolvenzverwalter mündlich über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30.09.2012 informiert habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 143 und 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte, nach § 151 Abs. 2 SGG form- und fristgerechte sowie auch im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet.

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die Aufhebung des Gerichtsbescheides des SG vom 24.01.2014, mit dem die nach sachgerechter Auslegung auf die Abänderung des Bescheides vom 25.02.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.05.2013 sowie die Verurteilung der Beklagten, höheres Insolvenzgeld zu gewähren, gerichtete Klage abgewiesen worden ist. Die Klägerin verfolgt ihre prozessualen Ziele zulässigerweise gemäß § 54 Abs. 1 Halbsatz 1, Abs. 4 SGG mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Gewährung weiteren Insolvenzgeldes auch für den Zeitraum vom 01.08.2012 bis zum 26.08.2012 in Höhe von 4.417,52 EUR.

Rechtsgrundlage für ihr Begehren ist § 165 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III).

Nach § 165 Abs. 1 Satz 1 SGB III haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Anspruch auf Insolvenzgeld, wenn sie im Inland beschäftigt waren und bei einem Insolvenzereignis für die vorausgegangenen drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt haben. Nach § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB III gilt die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arbeitgebers als Insolvenzereignis.

Mithin wird der dreimonatige Insolvenzgeldzeitraum grundsätzlich durch das Insolvenzereignis festgelegt (zu § 183 SGB III a. F.: BSG, Urteil vom 01.07.2010 - B 11 AL 6/09 R - juris Rz. 19) und endet grundsätzlich mit dem Tag, der dem Insolvenzereignis vorausgeht (BSG, Urteil vom 03.10.1989 - 10 RAr 8/89 - juris). Endet indes das Arbeitsverhältnis vor dem Insolvenzereignisses, ist der letzte Tag des Arbeitsverhältnisses der letzte Tag des Insolvenzgeldzeitraums, was zur Folge hat, dass sich der Insolvenzgeldzeitraum zeitlich nach vorne verschiebt (zu § 141b Arbeitsförderungsgesetz [AFG]: BSG, Urteil vom 23.10.1984 - 10 RAr 12/83 - juris Rz. 14; Peters-Lange in Gagel, SGB III, § 165 Rz. 74; Voelzke in Hauck/Noftz, SGB III, Lieferung 6/2014, § 165 Rz. 90, 92; Schneider, NZS 2001, 519, 524). Dabei ist zu beachten, dass mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses nicht die Einstellung der tatsächlichen Arbeitstätigkeit oder die Beendigung des sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnisses, sondern das rechtliche Ende des Arbeitsverhältnisses gemeint ist. Die Beendigung von Arbeitsverhältnissen durch Kündigung oder Auflösungsvertrag nach § 623 BGB bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform, so dass grundsätzlich gemäß § 126 Abs. 1 BGB die eigenhändige Unterzeichnung durch Namensunterschrift erforderlich ist. Eine unter Nichteinhaltung dieser Form erklärte Kündigung ist nach § 125 BGB nichtig. Das Sozialrecht ist an dieses arbeitsrechtliche Formerfordernis gebunden. Das arbeitsrechtliche Formerfordernis trägt damit auch für das Recht der Insolvenzausfallversicherung zur Rechtsklarheit bei (siehe dazu: Hess in GK-SGB III, Stand August 2009, § 183 Rz. 58; Peters-Lange in Gagel, SGB III, § 165 Rz. 75, 76a; Voelzke in Hauck/Noftz, SGB III, Lieferung 6/2014, § 165 Rz. 90; Schneider in jurisPK-SGB III, 1. Auflage 2014, § 165 Rz. 64; Schneider, NZS 2001, 519, 524f.; so auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 10.07.2013 - L 3 AL 2836/11 - juris = info also 2014, 17).

Da die Klägerin bereits nach ihrem eigenen Vortrag und der Zeugenaussage des Geschäftsführers ihrer ehemaligen Arbeitgeberin keine Kündigung in schriftlicher Form erklärt hat, endete das Arbeitsverhältnis der Klägerin mithin nicht infolge einer Kündigung zum 30.09.2012. Das Arbeitsverhältnis bestand vielmehr über diesen Zeitpunkt hinaus fort, weswegen sich der Insolvenzzeitraum nach dem in § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB III genannten Insolvenzereignis und nicht nach dem Ausspruch der nicht formwirksamen Arbeitnehmerkündigung richtet. Ausgehend von einem Insolvenzereignis am 27.11.2012 reicht der Insolvenzzeitraum mithin vom 27.08.2012 bis zum 26.11.2012 zurück. Der indes von der Klägerin geltend gemachte Zeitraum für die Gewährung von Insolvenzgeld vom 01.08.2012 bis zum 26.08.2012 liegt außerhalb des Insolvenzgeldzeitraums, so dass ein Anspruch auf weiteres Insolvenzgeld bereits hiernach ausscheidet.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der arbeitsgerichtlichen Literatur und Rechtsprechung, wonach in Ausnahmefällen die Berufung auf die Formnichtigkeit gegen den sich aus § 242 BGB ergebenden Grundsatz von Treu und Glauben verstößt, wenn ein Festhalten am Formerfordernis nicht nur hart, sondern schlechthin unerträgliche Folgen hätte. Grundsätzlich gilt, dass die Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Form zu beachten ist. Wenn die Formvorschriften des bürgerlichen Rechts nicht ausgehöhlt werden sollen, kann ein Formmangel nur ausnahmsweise nach § 242 BGB als unbeachtlich angesehen werden (BAG, Urteil vom 16.09.2004 - 2 AZR 659/03 - juris Rz. 18; siehe zum Ganzen: Linck in Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 15. Auflage, 2013, § 123 Rz. 65; ausführlich: Preis in Ascheid/Preis/Schmidt, Kündigungsrecht, 2004, § 623 Rz. 39-52; kritisch dazu: Henssler in Münchener Kommentar zum BGB, 6. Auflage, 2012, § 623 Rz. 36; siehe auch Müller-Glöge, Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 15. Auflage, 2015, § 623 Rz. 24; allgemein dazu: Palandt, BGB, 73. Auflage, 2014, § 125 Rz. 22-33; Hefermehl in Soergel, BGB, 13. Auflage, 1999, § 125 Rz. 35-50; Palm in Ermann BGB, 12. Auflage, 2008, § 125 Rz. 23-32). Ein Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben ist beispielsweise angenommen worden, wenn ein Arbeitnehmer eine Kündigung mehrmals und entgegen den Vorhaltungen der anderen Seite ernsthaft und nicht nur einmalig spontan ausgesprochen hat (BAG, Urteil vom 04.12.1997 - 2 AZR 799/96, juris Rz. 16), ein Arbeitgeber unter Ausnutzung seiner Machtstellung einen Arbeitnehmer zu einem formlosen Abschluss eines Aufhebungsvertrages nötigt (BGH, 27.10.1967 - V ZR 153/64 - juris Rz. 32), ein Arbeitgeber einen Arbeitnehmer über die Formbedürftigkeit täuscht (BAG, Urteil vom 26.09.1957 - 2 AZR 309/56 - juris Rz. 7; BAG, Urteil vom 15.11.1957 - 1 AZR 189/57 - juris Rz. 18, 19), ein Arbeitgeber gegenüber einem Arbeitnehmer den Eindruck erweckt, die Zusage solle auch ohne Berücksichtigung der Form erfüllt werden (BAG, Urteil vom 10.09.1975 - 4 AZR 485/74 - juris Rz. 40, 41), oder ein Arbeitnehmer nach sofort erkannter Formnichtigkeit sich erst geraume Zeit später (BAG, Urteil vom 20.08.1998 - 2 AZR 603/97 - juris) auf die Formnichtigkeit beruft. Aus alledem ergibt sich zunächst, dass es bei beidseitiger Kenntnis mit Ausnahme der Nötigung zum formlosen Abschluss und bei beidseitiger Unkenntnis bei der Rechtsfolge der Formnichtigkeit verbleibt. Im Übrigen kann mit dem Grundsatz von Treu und Glauben nicht begründet werden, dass die gesetzliche Form für eine Kündigung deshalb nicht zum Tragen kommen soll, weil der Kündigende nicht übereilt, sondern wohl erwogen gehandelt hat (BAG, Urteil vom 04.12.1997 - 2 AZR 799/96 - juris). Denn bei dem mit § 623 BGB auch verfolgten Zweck - dem Schutz vor Übereilung - handelt es sich nur um das Motiv des Gesetzgebers, aber nicht um ein Tatbestandsmerkmal dieser Formvorschrift.

Unter Zugrundelegung all dieser Kriterien und Fallbeispiele ist der vorliegend zu beurteilende Sachverhalt nicht geeignet, in dem Berufen der Beklagten auf die Formnichtigkeit der von der Klägerin mündlich ausgesprochenen Kündigung einen Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben zu sehen. Denn vorliegend ist davon auszugehen, dass die Klägerin und ihre ehemalige Arbeitgeberin als am Arbeitsleben Beteiligte um die Schriftformbedürftigkeit einer Kündigung gewusst haben. Ferner sind es nicht die von der Kündigung unmittelbar betroffenen Beteiligten des Arbeitsverhältnisses, also die Klägerin oder ihre ehemalige Arbeitgeberin, die sich auf die Formnichtigkeit berufen, sondern es ist die Beklagte. Da zwischen ihr (der Beklagten) und der Klägerin kein arbeitsvertragliches Verhältnis bestanden hat, kann ihr Berufen auf die Formnichtigkeit der Kündigung keinen Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben nach § 242 BGB darstellen. Denn dieser Grundsatz findet nur im Rahmen von Sonderverbindungen, beispielsweise in Form von vertraglichen oder gesetzlichen Schuldverhältnissen, Anwendung (Palandt BGB, 73. Auflage, 2014, § 242 Rz. 5), vorliegend also nur zwischen der Klägerin und ihrer ehemaligen Arbeitgeberin. Nur wenn sich die Klägerin oder ihre ehemalige Arbeitgeberin auf die Formnichtigkeit der mündlich ausgesprochenen Kündigung berufen würde, käme überhaupt erst eine Prüfung in Betracht, ob hierin ein Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben zu sehen wäre. Zwischen der Klägerin und der Beklagten bestand aber im Zeitpunkt der mündlich ausgesprochenen Kündigung eine solche Sonderverbindung gerade nicht. Hinzu kommt, dass es der der Formbedürftigkeit innewohnenden Klarstellungs- und Beweisfunktion sowie Kontrollfunktion (Palandt, BGB, 73. Auflage, 2014, § 125 Rz. 3, 6) nicht gerecht würde, wenn sich die Beklagte im Rahmen der ihr obliegenden Pflicht, den gegen sie geltend gemachten Anspruch auf Insolvenzgeld zu prüfen, nicht auf die Formvorschriften verlassen dürfte. Daher kann sich eben jeder Dritte auf die Formnichtigkeit berufen (Hefermehl, a.a.O., § 125 Rz. 26). Hindert mithin der Grundsatz von Treu und Glauben jedenfalls die Beklagte nicht daran, sich auf die Formnichtigkeit der mündlich erklärten Kündigung zu berufen, stellt sich die Frage, ob das Festhalten am Formerfordernis für die Klägerin nicht nur hart, sondern schlechthin unerträgliche Folgen hat, im Verhältnis zur Beklagten nicht.

Daher ist auch die von der Klägerin aufgeworfene Frage, ob sich die Beklagte überhaupt auf die Formbedürftigkeit berufen könne, zu bejahen. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist eine teleologische Auslegung nicht der Gestalt vorzunehmen, dass nur die Vertragsparteien des Arbeitsvertrages aus Gründen der Klarheit und Verlässlichkeit an das Formerfordernis gebunden sein sollten, nicht aber Dritte, die als solche mit dem Arbeitsverhältnis überhaupt nichts zu tun hätten. Ansonsten bliebe es dem nachträglich formulierten Gestaltungswillen der Vertragsparteien vorbehalten, sich auf die Formnichtigkeit zu berufen oder nicht zu berufen, je nachdem wie ihnen ein jeweiliges Vorgehen günstig wäre. Genau dies soll aber mit den aus Gründen der Klarstellungs-, Beweis- und Kontrollfunktion geschaffenen Formvorschriften vermieden werden (so auch Schneider, NZS 2001, 519, 525).

Auch verfängt die Argumentation der Klägerin, sie hätte mit dem Ausfall des Insolvenzgeldes und dem gleichzeitigen Ausgesetztsein gegenüber zwei Arbeitsverhältnissen Nachteile erleiden müssen, wenn das Arbeitsverhältnis weiter bestanden hätte, nicht. Vielmehr wäre zu prüfen, ob ein etwaiges Verlangen ihrer ehemaligen Arbeitgeberin oder des Insolvenzverwalters, sie zu Arbeiten heranzuziehen oder im Weigerungsfall Schadensersatz zu leisten, trotz Fortbestehens des Arbeitsvertrages nach § 242 BGB gegen Treu und Glauben verstoßen würde. Das Ergebnis dieser Prüfung tangiert aber gerade nicht das Verhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten in Bezug auf die Gewährung von Insolvenzgeld.

Schließlich greift auch nicht die Erwägung der Klägerin, die Beklagte habe dadurch, dass sie aus eigenem Antrieb und möglicherweise durch einen glücklichen Umstand eine Anstellung gefunden habe, ganz erhebliche Gelder gespart. Dabei verkennt die Klägerin, dass sie gegenüber der Versichertengemeinschaft verpflichtet ist, zur Vermeidung der Inanspruchnahme von Sozialleistungen eine neue Anstellung zu finden, was sich unter anderem aus dem Regelungszusammenhang des § 138 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 SGB III mit § 159 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, 3 SGB III ergibt.

Nach alledem hat das Arbeitsverhältnis über den Zeitpunkt der mündlich ausgesprochenen Kündigung hinaus fortbestanden, weswegen sich der Insolvenzzeitraum nach dem Insolvenzereignis und nicht nach dem Ausspruch der nicht formwirksamen Arbeitnehmerkündigung richtet.

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des SG war somit zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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