Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 6 R 889/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 3610/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 02.07.2014 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Vormerkung von Kindererziehungszeiten bzw. Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung.
Die 1969 geborene Klägerin, k. Staatsangehörige und Mutter von fünf - 1989 (B.), 1991 (K.), 1993 (J.), 1994 (J.) und 1998 (M.) geborenen - Kindern, reiste am 19.12.1992 gemeinsam mit ihren Kindern nach Deutschland ein und stellte am 23.12.1992 einen Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigte. Vom 23.12.1992 bis 07.10.1996 hielt sich die Klägerin aufgrund einer gem. § 55 Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) zur Durchführung des Asylverfahrens erteilten Aufenthaltsgestattung in Deutschland auf. Ihr Asylantrag wurde mit Bescheid der zuständigen Behörde vom 23.06.1994 abgelehnt. Die dagegen erhobene Klage der Klägerin wies das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Urteil vom 27.01.1996 ab; das Urteil ist rechtskräftig.
Für die Zeit vom 08.10.1996 bis 17.07.2001 wurde der Klägerin eine Duldung (vorübergehende Aussetzung der Abschiebung) gem. § 60a Aufenthaltsgesetz (AufenthG) und für die Zeit vom 18.07.2001 bis 20.02.2005 eine Aufenthaltsbefugnis gem. § 32 Ausländergesetz (AuslG) erteilt. Seit 21.02.2005 verfügt die Klägerin über eine unbefristete Niederlassungserlaubnis gem. § 26 Abs. 4 AufenthG.
Am 08.03.2012 stellte die Klägerin bei der Beklagten einen Antrag auf Kontenklärung. Sie gab u.a. an, sie habe ihre Kinder ohne Unterbrechung gemeinsam mit dem anderen Elternteil (das am 1989 geborene Kind B. bis zur Einreise nach Deutschland in ihrem Heimatland) erzogen.
Mit (Vormerkungs-)Bescheid nach § 149 Abs. 5 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) vom 16.07.2012 stellte die Beklagte die rentenrechtlichen Zeiten der Klägerin, die länger als sechs Kalenderjahre zurückliegen, also die Zeiten bis 31.12.2005, verbindlich fest, soweit sie nicht bereits früher festgestellt worden sind. Hinsichtlich der geltend gemachten Kindererziehungszeiten bzw. Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung wurde (u.a.) folgendes ausgeführt:
Kind J. (geboren 1993): Die Zeit vom 01.09.1993 bis 31.08.1996 könne mangels Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen nicht als Kindererziehungszeit vorgemerkt werden. Die Zeit vom 18.07.2001 bis 23.08.2003 werde als Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung vorgemerkt. Die Zeit vom 24.08.1993 bis 17.07.2001 könne nicht als Berücksichtigungszeit vorgemerkt werden, weil die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorlägen.
Kind J. (geboren 1994): Die Zeit vom 01.10.1994 bis 30.09.1997 könne mangels Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen nicht als Kindererziehungszeit vorgemerkt werden. Die Zeit vom 18.07.2001 bis 23.09.2004 werde als Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung vorgemerkt. Die Zeit vom 24.09.1994 bis 17.07.2001 könne nicht als Berücksichtigungszeit vorgemerkt werden, weil die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorlägen.
Kind M. (geboren 1998): Die Zeit vom 18.07.2001 bis 31.07.2001 werde als Kindererziehungszeit vorgemerkt. Die Zeit vom 01.08.1998 bis 17.07.2001 könne mangels Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen nicht als Kindererziehungszeit vorgemerkt werden. Die Zeit vom 18.07.2001 bis 09.07.2008 werde als Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung vorgemerkt. Die Zeit vom 10.07.1998 bis 17.07.2001 könne nicht als Berücksichtigungszeit vorgemerkt werden, weil die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorlägen.
Den dagegen (ohne Begründung) eingelegten Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19.02.2013 zurück. Der Widerspruchsbescheid wurde der Klägerin mit einem am 19.2.2013 zur Post gegebenen Brief bekannt gegeben; er ging der Klägerin am 22.2.2013 zu.
Am 22.03.2013 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Ulm: Zur Begründung trug sie vor, vom 08.10.1996 bis 17.07.2001 habe ihr Aufenthalt in Deutschland auf einer Duldung gem. § 60a AufenthG beruht, weshalb ihr während dieser Zeit keine Sozialleistungen (Sozialhilfeleistungen) zugestanden hätten, da nicht aufenthaltsberechtigten Personen durch Sozialleistungsansprüche nicht zu einer Verfestigung der Lebensverhältnisse in Deutschland verholfen werden solle; gewährt würden nur Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG). Gem. § 2 AsylbLG seien die Vorschriften des Sozialhilferechts (Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch, SGB XII) aber auf solche Leistungsberechtigte anzuwenden, die über eine Dauer von insgesamt 48 Monaten Leistungen nach § 3 AsylbLG erhalten und die Dauer des Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst hätten. Diese Regelung gehe nach einer Aufenthaltszeit von 48 Monaten also von einer solchen Verfestigung der Lebensverhältnisse aus, dass Sozialleistungen nicht mehr ohne weiteres verweigert werden dürften. Im Hinblick darauf erscheine es unbillig und widersprüchlich, im Rentenversicherungsrecht Kindererziehungszeiten bzw. Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung nach 48 Monaten nicht anzurechnen, wenn nachfolgend eine Duldung oder eine Aufenthaltsbefugnis vorliege. Vom 23.12.1992 bis 07.10.1996 habe sie über eine Aufenthaltsgestattung gem. § 55 AsylVfG und vom 08.10.1996 bis 17.07.2001 über eine Duldung gem. § 60a AufenthG verfügt und während dieser Zeit Leistungen nach § 3 AsylbLG bezogen. Die Dauer des Aufenthalts habe sie nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst. Die Frist von 48 Monaten, während der ein Anspruch auf Sozialleistungen ausgeschlossen gewesen sei, habe daher am 23.12.1996 geendet. Demzufolge müssten für das Kind J. Berücksichtigungszeiten vom 24.12.1996 bis 23.08.2003, für das Kind J. Kindererziehungszeiten vom 24.12.1996 bis 30.09.1997 und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung vom 24.12.1996 bis 30.09.2004 sowie für das Kind M. Kindererziehungszeiten vom 10.07.1998 bis 31.07.2001 und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung vom 10.07.1998 bis 09.07.2008 vorgemerkt werden.
Die Beklagte trug vor, die Anrechnung von Kindererziehungszeiten und von Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung setze grundsätzlich voraus, dass der Erziehende und das Kind ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland hätten. Gem. § 30 Abs. 2 Satz 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) habe jemand den gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhalte, die erkennen ließen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweile. Bei Ausländern könne ein gewöhnlicher Aufenthalt in diesem Sinne frühestens mit dem Tag der Erteilung eines zukunftsoffenen Aufenthaltstitels vorliegen, was bei Asylbewerbern vor Beendigung des Asylverfahrens regelmäßig nicht der Fall sei. Aufenthaltsgestattungen oder Duldungen nach § 55 AsylVfG und § 60a AufenthG genügten insoweit nicht. Daran ändere auch ein in der Folgezeit erteilter und einen gewöhnlichen Aufenthalt nach § 30 Abs. 2 Satz 2 SGB I begründender (regulärer) Aufenthaltstitel nichts. Der Klägerin sei am 18.07.2001 eine Aufenthaltsbefugnis gem. § 32 AuslG erteilt worden. Ab diesem Zeitpunkt habe man die Kindererziehungszeiten bzw. die Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung vorgemerkt. Davor liegende Zeiten könnten nicht vorgemerkt werden.
Mit Urteil vom 02.07.2014 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die Beklagte habe es im Bescheid vom 16.07.2012 (Widerspruchsbescheid vom 19.02.2013) zu Recht abgelehnt, für das Kind J. die Zeit vom 24.12.1996 bis 23.08.2003 als Berücksichtigungszeit, für das Kind J. die Zeit vom 24.12.1996 bis 30.09.1997 als Kindererziehungszeit und die Zeit vom 24.12.1996 bis 30.09.2004 als Berücksichtigungszeit sowie für das Kind M. die Zeit vom 10.07.1998 bis 31.07.2001 als Kindererziehungszeit und die Zeit vom 10.07.1998 bis 09.07.2008 als Berücksichtigungszeit vorzumerken.
Gem. § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VI seien Kindererziehungszeiten Zeiten der Erziehung eines Kindes in dessen ersten drei Lebensjahren. Für einen Elternteil werde gem. § 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VI eine Kindererziehungszeit angerechnet, wenn (u.a.) die Erziehung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erfolgt sei oder einer solchen gleichstehe (Nr. 2). Gem. § 56 Abs. 3 Satz 1 SGB VI sei eine Erziehung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erfolgt, wenn der erziehende Elternteil sich mit dem Kind dort gewöhnlich aufgehalten habe. Der Erziehung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland stehe gleich, wenn der erziehende Elternteil sich mit dem Kind im Ausland gewöhnlich aufgehalten habe und während der Erziehung oder unmittelbar vor der Geburt des Kindes wegen einer dort ausgeübten Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit Pflichtbeitragszeiten habe (§ 56 Abs. 3 Satz 2 SGB VI). Das gelte bei einem gemeinsamen Aufenthalt von Ehegatten oder Lebenspartnern im Ausland auch dann, wenn der Ehegatte oder Lebenspartner des erziehenden Elternteils solche Pflichtbeitragszeiten habe oder nur deshalb nicht habe, weil er zu den in § 5 Abs. 1 und 4 SGB VI genannten Personen gehört habe oder von der Versicherungspflicht befreit gewesen sei (§ 56 Abs. 3 Satz 3 SGB VI). Nach § 56 Abs. 5 Satz 1 SGB VI beginne die Kindererziehungszeit nach Ablauf des Monats der Geburt und ende nach 36 Kalendermonaten. Werde während dieses Zeitraums vom erziehenden Elternteil ein weiteres Kind erzogen, für das ihm eine Kindererziehungszeit anzurechnen sei, werde die Kindererziehungszeit für dieses und jedes weitere Kind um die Anzahl an Kalendermonaten der gleichzeitigen Erziehung verlängert. Für ein vor dem 01.01.1992 geborenes Kind ende die Kindererziehungszeit zwölf Kalendermonate nach Ablauf des Monats der Geburt; diese Regelung sei vorliegend aber nicht maßgeblich, da die Kinder J., J. und M. nicht vor dem genannten Stichtag geboren seien. Gem. § 57 Satz 1 SGB VI seien Berücksichtigungszeiten die Zeiten der Erziehung eines Kindes bis zu dessen vollendetem zehnten Lebensjahr bei einem Elternteil, soweit die Voraussetzungen für die Anrechnung einer Kindererziehungszeit auch in dieser Zeit vorlägen.
Die Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 und 3 SGB VI und damit auch des § 57 SGB VI seien für die hier streitigen Zeiten nicht erfüllt, weil die Erziehung der Kinder der Klägerin (J., J. und M.) während dieser Zeiten nicht im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erfolgt sei und der Erziehung im Bundesgebiet auch (unstreitig) nicht gleichstehe. Die Klägerin habe in der Bundesrepublik Deutschland nämlich bis zum 18.07.2001 keinen gewöhnlichen Aufenthalt i. S. d. § 56 Abs. 3 Satz 1 SGB VI i. V. m. § 30 Abs. 3 SGB I gehabt. Bis dahin sei ihr lediglich eine Aufenthaltsgestattung gem. § 55 AsylVfG zur Durchführung des Asylverfahrens und sodann gemäß § 60a AufenthG eine Duldung erteilt worden. Erst ab dem 18.07.2001 habe sie über eine Aufenthaltsbefugnis nach § 32 AuslG als zukunftsoffenem Aufenthaltstitel verfügt. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urt. v. 28.07.1992, - 5 RJ 24/91 -) hätten Ausländer solange keinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland, solange der Aufenthalt ausländerrechtlich nur vorübergehend und nicht rechtlich beständig sei. Das gelte auch für Asylbewerber während der Dauer des Asylverfahrens, wenn der Asylantrag, wie bei der Klägerin, rechtsverbindlich abgelehnt worden sei. Nur vorübergehend sei dabei nicht nur der Aufenthalt auf der Grundlage einer Aufenthaltsgestattung nach § 55 AsylVfG, sondern auch der Aufenthalt auf der Grundlage einer Duldung gemäß § 60a AufenthG; beide Aufenthaltstitel vermittelten keinen beständigen Aufenthalt. Unerheblich sei, dass die Klägerin ab 18.07.2001 einen beständigen Aufenthaltstitel erlangt habe. Ab diesem Zeitpunkt habe die Beklagte Kindererziehungs- bzw. Berücksichtigungszeiten anerkannt, soweit die Altersgrenzen eingehalten gewesen seien. Im Übrigen sei die nachträgliche Erlangung des zukunftsoffenen Aufenthaltstitels unbeachtlich, da es für die Anerkennung der Kindererziehungs- bzw. Berücksichtigungszeiten auf die Umstände im Zeitpunkt des Eintritts der Versicherungspflicht ankomme (BSG, a. a. O.). Die von der Klägerin befürwortete entsprechende Anwendung des § 2 Abs. 1 AsylbLG im Rentenversicherungsrecht sei nicht möglich. Hierfür fehle es an einer planwidrigen Regelungslücke im Gesetz, da § 56 Abs. 3 SGB VI i. V. m. § 30 SGB I eine abschließende Regelung träfen, und außerdem auch an der Vergleichbarkeit der Interessenlage, da § 2 AsylbLG auf die sofortige Leistungserbringung abziele, was bei der Anerkennung von Rentenversicherungszeiten nicht der Fall sei. Die Anrechnung von Kindererziehungszeiten habe im Gegensatz zu Leistungen nach dem SGB XII keine unmittelbaren Vorteile, wirke sich vielmehr erst bei Eintritt des Versicherungsfalls aus. Die Versicherungszeiten dienten daher der langfristigen sozialen Absicherung. Sie seien damit in besonderem Maße nur dann gerechtfertigt, wenn auch der ausländerrechtliche Aufenthaltsstatus materiell-rechtlich gebilligt und nicht nur vorübergehend geduldet und damit nicht rechtlich beständig gestattet sei (BSG, a. a. O.). Ein rechtlich beständiger Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland habe bei der Klägerin jedoch erst ab dem 18.07.2011 und nicht schon nach 48 Monaten des Bezugs von Leistungen nach § 3 AsylbLG vorgelegen.
Auf das ihr am 18.7.2014 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 18.8.2014 Berufung eingelegt. Zur Begründung bezieht sie sich auf ihr bisheriges Vorbringen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 02.07.2014 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 16.07.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.02.2013 zu verurteilen, für das Kind J. die Zeit vom 24.12.1996 bis 23.08.2003 als Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung, für das Kind J. die Zeit vom 24.12.1996 bis 30.09.1997 als Kindererziehungszeit und die Zeit vom 24.12.1996 bis 30.09.2004 als Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung sowie für das Kind M. die Zeit vom 10.07.1998 bis 31.07.2001 als Kindererziehungszeit und die Zeit vom 10.07.1998 bis 09.07.2008 als Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung vorzumerken.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beteiligten sind mit Verfügung vom 22.01.2015 darauf hingewiesen worden, gestritten werde über eine Rechtsfrage und der Sachverhalt sei offenbar unstreitig, weshalb die Beiziehung weiterer Akten, etwa der Akten des Verwaltungsgerichts über das 1996 durchgeführte Asylverfahren oder von Ausländerakten/Asylakten (soweit noch vorhanden) nicht beabsichtigt sei. Die Beteiligten haben sich daraufhin mit einer Senatsentscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG).
Die gem. §§ 143, 144, 151 SGG statthafte und auch sonst zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Die Beklagte hat die Vormerkung der streitigen Zeiten als Kindererziehungszeiten bzw. Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung zu Recht abgelehnt; die Klägerin hat darauf keinen Anspruch.
Das Sozialgericht hat in seinem Urteil zutreffend dargelegt, welche Rechtsvorschriften für die Anerkennung bzw. Vormerkung von Kindererziehungszeiten und von Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung maßgeblich sind, und weshalb die streitigen Zeiten danach nicht anerkannt und vorgemerkt werden können. Die Klägerin hat zur Begründung ihrer Berufung Neues nicht vorgetragen, vielmehr lediglich auf ihr Vorbringen im sozialgerichtlichen Verfahren verwiesen. Mit diesem hat sich das Sozialgericht unter Berücksichtigung der einschlägigen Rechtsprechung des BSG (insbesondere im Urt. v. 28.07.1992, - 5 RJ 24/91 -; vgl. auch BSG, Urt. v. 18.02.1998, - B 5 RJ 12/97 R -; LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 07.12.2004, L 11 RJ 1912/04 -) zutreffend auseinandergesetzt. Der Senat teilt die Rechtsauffassung des Sozialgerichts und nimmt daher auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend sei angemerkt:
Die Entwicklung des (ausländerrechtlichen) Aufenthaltsstatus der Klägerin ist unter den Beteiligten nicht streitig, weshalb hierzu weitere Feststellungen, etwa durch Beiziehung noch vorhandener Ausländerakten nicht erforderlich sind; die Beteiligten sind hierauf mit Verfügung vom 22.01.2015 hingewiesen worden und haben Einwendungen insoweit auch nicht erhoben bzw. hierzu nichts vorgetragen. Über ein "zukunftsoffenes" Aufenthaltsrecht hat die Klägerin danach vor dem 18.07.2001 unstreitig nicht verfügt. Es ist auch weder ersichtlich noch geltend gemacht worden, es hätte von vornherein festgestanden, dass eine Abschiebung auch bei Ablehnung des Asylgesuchs nicht in Betracht kommt (vgl. dazu BSG, Urt. v. 18.02.1998, - B 5 RJ 12/97 R -). Für die Zeit ab 18.07.2001 hat die Beklagte Kindererziehungszeiten bzw. Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften vorgemerkt. Die Klägerin will darüber hinaus die Vormerkung der Kindererziehungszeiten bzw. der Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung in erster Linie auf eine von ihr befürwortete entsprechende Anwendung des § 2 AsylbLG stützen, wonach die Vorschriften des Sozialhilferechts (Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch, SGB XII) auf solche Leistungsberechtigte anzuwenden sind, die über eine Dauer von insgesamt 48 Monaten Leistungen nach § 3 AsylbLG erhalten und die Dauer des Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben. Hierfür gibt es indessen, wie das Sozialgericht im angefochtenen Urteil ebenfalls zutreffend dargelegt hat, keine rechtliche Grundlage. Die Anerkennung von Kindererziehungszeiten bzw. von Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung richtet sich allein nach den insoweit abschließenden Vorschriften in §§ 56 und 57 SGB VI, ergänzt um die Bestimmungen in § 30 SGB I. Vorschriften des AsylbLG sind hierfür nicht von Belang. Das BSG hat im Urteil vom 18.02.1998 (- B 5 RJ 12/97 R -) bekräftigt, dass das Rentenrecht keine hinreichende Regelung für ein spezifiziertes - d. h. von der grundsätzlich einheitlichen ("einsinnigen") Begriffsbedeutung gem. § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I abweichendes - Verständnis des Begriffs des gewöhnlichen Aufenthalts enthält und dass für die Auslegung der Worte "im Gebiet der Bundesrepublik gewöhnlich aufgehalten" (in § 56 Abs. 3 Satz 1 SGB VI) daher § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I maßgeblich ist (BSG, Urt. v. 18.02.1998, - B 5 RJ 12/97 R -). Für die Anwendung dieser Vorschrift ist es unerheblich, dass dem Ausländer nach 48 Monaten anstelle von Leistungen des AsylbLG ggf. (Sozialhilfe-)Leistungen nach den Bestimmungen des SGB XII gewährt werden können.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Vormerkung von Kindererziehungszeiten bzw. Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung.
Die 1969 geborene Klägerin, k. Staatsangehörige und Mutter von fünf - 1989 (B.), 1991 (K.), 1993 (J.), 1994 (J.) und 1998 (M.) geborenen - Kindern, reiste am 19.12.1992 gemeinsam mit ihren Kindern nach Deutschland ein und stellte am 23.12.1992 einen Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigte. Vom 23.12.1992 bis 07.10.1996 hielt sich die Klägerin aufgrund einer gem. § 55 Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) zur Durchführung des Asylverfahrens erteilten Aufenthaltsgestattung in Deutschland auf. Ihr Asylantrag wurde mit Bescheid der zuständigen Behörde vom 23.06.1994 abgelehnt. Die dagegen erhobene Klage der Klägerin wies das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Urteil vom 27.01.1996 ab; das Urteil ist rechtskräftig.
Für die Zeit vom 08.10.1996 bis 17.07.2001 wurde der Klägerin eine Duldung (vorübergehende Aussetzung der Abschiebung) gem. § 60a Aufenthaltsgesetz (AufenthG) und für die Zeit vom 18.07.2001 bis 20.02.2005 eine Aufenthaltsbefugnis gem. § 32 Ausländergesetz (AuslG) erteilt. Seit 21.02.2005 verfügt die Klägerin über eine unbefristete Niederlassungserlaubnis gem. § 26 Abs. 4 AufenthG.
Am 08.03.2012 stellte die Klägerin bei der Beklagten einen Antrag auf Kontenklärung. Sie gab u.a. an, sie habe ihre Kinder ohne Unterbrechung gemeinsam mit dem anderen Elternteil (das am 1989 geborene Kind B. bis zur Einreise nach Deutschland in ihrem Heimatland) erzogen.
Mit (Vormerkungs-)Bescheid nach § 149 Abs. 5 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) vom 16.07.2012 stellte die Beklagte die rentenrechtlichen Zeiten der Klägerin, die länger als sechs Kalenderjahre zurückliegen, also die Zeiten bis 31.12.2005, verbindlich fest, soweit sie nicht bereits früher festgestellt worden sind. Hinsichtlich der geltend gemachten Kindererziehungszeiten bzw. Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung wurde (u.a.) folgendes ausgeführt:
Kind J. (geboren 1993): Die Zeit vom 01.09.1993 bis 31.08.1996 könne mangels Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen nicht als Kindererziehungszeit vorgemerkt werden. Die Zeit vom 18.07.2001 bis 23.08.2003 werde als Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung vorgemerkt. Die Zeit vom 24.08.1993 bis 17.07.2001 könne nicht als Berücksichtigungszeit vorgemerkt werden, weil die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorlägen.
Kind J. (geboren 1994): Die Zeit vom 01.10.1994 bis 30.09.1997 könne mangels Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen nicht als Kindererziehungszeit vorgemerkt werden. Die Zeit vom 18.07.2001 bis 23.09.2004 werde als Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung vorgemerkt. Die Zeit vom 24.09.1994 bis 17.07.2001 könne nicht als Berücksichtigungszeit vorgemerkt werden, weil die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorlägen.
Kind M. (geboren 1998): Die Zeit vom 18.07.2001 bis 31.07.2001 werde als Kindererziehungszeit vorgemerkt. Die Zeit vom 01.08.1998 bis 17.07.2001 könne mangels Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen nicht als Kindererziehungszeit vorgemerkt werden. Die Zeit vom 18.07.2001 bis 09.07.2008 werde als Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung vorgemerkt. Die Zeit vom 10.07.1998 bis 17.07.2001 könne nicht als Berücksichtigungszeit vorgemerkt werden, weil die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorlägen.
Den dagegen (ohne Begründung) eingelegten Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19.02.2013 zurück. Der Widerspruchsbescheid wurde der Klägerin mit einem am 19.2.2013 zur Post gegebenen Brief bekannt gegeben; er ging der Klägerin am 22.2.2013 zu.
Am 22.03.2013 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Ulm: Zur Begründung trug sie vor, vom 08.10.1996 bis 17.07.2001 habe ihr Aufenthalt in Deutschland auf einer Duldung gem. § 60a AufenthG beruht, weshalb ihr während dieser Zeit keine Sozialleistungen (Sozialhilfeleistungen) zugestanden hätten, da nicht aufenthaltsberechtigten Personen durch Sozialleistungsansprüche nicht zu einer Verfestigung der Lebensverhältnisse in Deutschland verholfen werden solle; gewährt würden nur Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG). Gem. § 2 AsylbLG seien die Vorschriften des Sozialhilferechts (Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch, SGB XII) aber auf solche Leistungsberechtigte anzuwenden, die über eine Dauer von insgesamt 48 Monaten Leistungen nach § 3 AsylbLG erhalten und die Dauer des Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst hätten. Diese Regelung gehe nach einer Aufenthaltszeit von 48 Monaten also von einer solchen Verfestigung der Lebensverhältnisse aus, dass Sozialleistungen nicht mehr ohne weiteres verweigert werden dürften. Im Hinblick darauf erscheine es unbillig und widersprüchlich, im Rentenversicherungsrecht Kindererziehungszeiten bzw. Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung nach 48 Monaten nicht anzurechnen, wenn nachfolgend eine Duldung oder eine Aufenthaltsbefugnis vorliege. Vom 23.12.1992 bis 07.10.1996 habe sie über eine Aufenthaltsgestattung gem. § 55 AsylVfG und vom 08.10.1996 bis 17.07.2001 über eine Duldung gem. § 60a AufenthG verfügt und während dieser Zeit Leistungen nach § 3 AsylbLG bezogen. Die Dauer des Aufenthalts habe sie nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst. Die Frist von 48 Monaten, während der ein Anspruch auf Sozialleistungen ausgeschlossen gewesen sei, habe daher am 23.12.1996 geendet. Demzufolge müssten für das Kind J. Berücksichtigungszeiten vom 24.12.1996 bis 23.08.2003, für das Kind J. Kindererziehungszeiten vom 24.12.1996 bis 30.09.1997 und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung vom 24.12.1996 bis 30.09.2004 sowie für das Kind M. Kindererziehungszeiten vom 10.07.1998 bis 31.07.2001 und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung vom 10.07.1998 bis 09.07.2008 vorgemerkt werden.
Die Beklagte trug vor, die Anrechnung von Kindererziehungszeiten und von Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung setze grundsätzlich voraus, dass der Erziehende und das Kind ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland hätten. Gem. § 30 Abs. 2 Satz 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) habe jemand den gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhalte, die erkennen ließen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweile. Bei Ausländern könne ein gewöhnlicher Aufenthalt in diesem Sinne frühestens mit dem Tag der Erteilung eines zukunftsoffenen Aufenthaltstitels vorliegen, was bei Asylbewerbern vor Beendigung des Asylverfahrens regelmäßig nicht der Fall sei. Aufenthaltsgestattungen oder Duldungen nach § 55 AsylVfG und § 60a AufenthG genügten insoweit nicht. Daran ändere auch ein in der Folgezeit erteilter und einen gewöhnlichen Aufenthalt nach § 30 Abs. 2 Satz 2 SGB I begründender (regulärer) Aufenthaltstitel nichts. Der Klägerin sei am 18.07.2001 eine Aufenthaltsbefugnis gem. § 32 AuslG erteilt worden. Ab diesem Zeitpunkt habe man die Kindererziehungszeiten bzw. die Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung vorgemerkt. Davor liegende Zeiten könnten nicht vorgemerkt werden.
Mit Urteil vom 02.07.2014 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die Beklagte habe es im Bescheid vom 16.07.2012 (Widerspruchsbescheid vom 19.02.2013) zu Recht abgelehnt, für das Kind J. die Zeit vom 24.12.1996 bis 23.08.2003 als Berücksichtigungszeit, für das Kind J. die Zeit vom 24.12.1996 bis 30.09.1997 als Kindererziehungszeit und die Zeit vom 24.12.1996 bis 30.09.2004 als Berücksichtigungszeit sowie für das Kind M. die Zeit vom 10.07.1998 bis 31.07.2001 als Kindererziehungszeit und die Zeit vom 10.07.1998 bis 09.07.2008 als Berücksichtigungszeit vorzumerken.
Gem. § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VI seien Kindererziehungszeiten Zeiten der Erziehung eines Kindes in dessen ersten drei Lebensjahren. Für einen Elternteil werde gem. § 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VI eine Kindererziehungszeit angerechnet, wenn (u.a.) die Erziehung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erfolgt sei oder einer solchen gleichstehe (Nr. 2). Gem. § 56 Abs. 3 Satz 1 SGB VI sei eine Erziehung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erfolgt, wenn der erziehende Elternteil sich mit dem Kind dort gewöhnlich aufgehalten habe. Der Erziehung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland stehe gleich, wenn der erziehende Elternteil sich mit dem Kind im Ausland gewöhnlich aufgehalten habe und während der Erziehung oder unmittelbar vor der Geburt des Kindes wegen einer dort ausgeübten Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit Pflichtbeitragszeiten habe (§ 56 Abs. 3 Satz 2 SGB VI). Das gelte bei einem gemeinsamen Aufenthalt von Ehegatten oder Lebenspartnern im Ausland auch dann, wenn der Ehegatte oder Lebenspartner des erziehenden Elternteils solche Pflichtbeitragszeiten habe oder nur deshalb nicht habe, weil er zu den in § 5 Abs. 1 und 4 SGB VI genannten Personen gehört habe oder von der Versicherungspflicht befreit gewesen sei (§ 56 Abs. 3 Satz 3 SGB VI). Nach § 56 Abs. 5 Satz 1 SGB VI beginne die Kindererziehungszeit nach Ablauf des Monats der Geburt und ende nach 36 Kalendermonaten. Werde während dieses Zeitraums vom erziehenden Elternteil ein weiteres Kind erzogen, für das ihm eine Kindererziehungszeit anzurechnen sei, werde die Kindererziehungszeit für dieses und jedes weitere Kind um die Anzahl an Kalendermonaten der gleichzeitigen Erziehung verlängert. Für ein vor dem 01.01.1992 geborenes Kind ende die Kindererziehungszeit zwölf Kalendermonate nach Ablauf des Monats der Geburt; diese Regelung sei vorliegend aber nicht maßgeblich, da die Kinder J., J. und M. nicht vor dem genannten Stichtag geboren seien. Gem. § 57 Satz 1 SGB VI seien Berücksichtigungszeiten die Zeiten der Erziehung eines Kindes bis zu dessen vollendetem zehnten Lebensjahr bei einem Elternteil, soweit die Voraussetzungen für die Anrechnung einer Kindererziehungszeit auch in dieser Zeit vorlägen.
Die Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 und 3 SGB VI und damit auch des § 57 SGB VI seien für die hier streitigen Zeiten nicht erfüllt, weil die Erziehung der Kinder der Klägerin (J., J. und M.) während dieser Zeiten nicht im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erfolgt sei und der Erziehung im Bundesgebiet auch (unstreitig) nicht gleichstehe. Die Klägerin habe in der Bundesrepublik Deutschland nämlich bis zum 18.07.2001 keinen gewöhnlichen Aufenthalt i. S. d. § 56 Abs. 3 Satz 1 SGB VI i. V. m. § 30 Abs. 3 SGB I gehabt. Bis dahin sei ihr lediglich eine Aufenthaltsgestattung gem. § 55 AsylVfG zur Durchführung des Asylverfahrens und sodann gemäß § 60a AufenthG eine Duldung erteilt worden. Erst ab dem 18.07.2001 habe sie über eine Aufenthaltsbefugnis nach § 32 AuslG als zukunftsoffenem Aufenthaltstitel verfügt. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urt. v. 28.07.1992, - 5 RJ 24/91 -) hätten Ausländer solange keinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland, solange der Aufenthalt ausländerrechtlich nur vorübergehend und nicht rechtlich beständig sei. Das gelte auch für Asylbewerber während der Dauer des Asylverfahrens, wenn der Asylantrag, wie bei der Klägerin, rechtsverbindlich abgelehnt worden sei. Nur vorübergehend sei dabei nicht nur der Aufenthalt auf der Grundlage einer Aufenthaltsgestattung nach § 55 AsylVfG, sondern auch der Aufenthalt auf der Grundlage einer Duldung gemäß § 60a AufenthG; beide Aufenthaltstitel vermittelten keinen beständigen Aufenthalt. Unerheblich sei, dass die Klägerin ab 18.07.2001 einen beständigen Aufenthaltstitel erlangt habe. Ab diesem Zeitpunkt habe die Beklagte Kindererziehungs- bzw. Berücksichtigungszeiten anerkannt, soweit die Altersgrenzen eingehalten gewesen seien. Im Übrigen sei die nachträgliche Erlangung des zukunftsoffenen Aufenthaltstitels unbeachtlich, da es für die Anerkennung der Kindererziehungs- bzw. Berücksichtigungszeiten auf die Umstände im Zeitpunkt des Eintritts der Versicherungspflicht ankomme (BSG, a. a. O.). Die von der Klägerin befürwortete entsprechende Anwendung des § 2 Abs. 1 AsylbLG im Rentenversicherungsrecht sei nicht möglich. Hierfür fehle es an einer planwidrigen Regelungslücke im Gesetz, da § 56 Abs. 3 SGB VI i. V. m. § 30 SGB I eine abschließende Regelung träfen, und außerdem auch an der Vergleichbarkeit der Interessenlage, da § 2 AsylbLG auf die sofortige Leistungserbringung abziele, was bei der Anerkennung von Rentenversicherungszeiten nicht der Fall sei. Die Anrechnung von Kindererziehungszeiten habe im Gegensatz zu Leistungen nach dem SGB XII keine unmittelbaren Vorteile, wirke sich vielmehr erst bei Eintritt des Versicherungsfalls aus. Die Versicherungszeiten dienten daher der langfristigen sozialen Absicherung. Sie seien damit in besonderem Maße nur dann gerechtfertigt, wenn auch der ausländerrechtliche Aufenthaltsstatus materiell-rechtlich gebilligt und nicht nur vorübergehend geduldet und damit nicht rechtlich beständig gestattet sei (BSG, a. a. O.). Ein rechtlich beständiger Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland habe bei der Klägerin jedoch erst ab dem 18.07.2011 und nicht schon nach 48 Monaten des Bezugs von Leistungen nach § 3 AsylbLG vorgelegen.
Auf das ihr am 18.7.2014 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 18.8.2014 Berufung eingelegt. Zur Begründung bezieht sie sich auf ihr bisheriges Vorbringen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 02.07.2014 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 16.07.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.02.2013 zu verurteilen, für das Kind J. die Zeit vom 24.12.1996 bis 23.08.2003 als Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung, für das Kind J. die Zeit vom 24.12.1996 bis 30.09.1997 als Kindererziehungszeit und die Zeit vom 24.12.1996 bis 30.09.2004 als Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung sowie für das Kind M. die Zeit vom 10.07.1998 bis 31.07.2001 als Kindererziehungszeit und die Zeit vom 10.07.1998 bis 09.07.2008 als Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung vorzumerken.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beteiligten sind mit Verfügung vom 22.01.2015 darauf hingewiesen worden, gestritten werde über eine Rechtsfrage und der Sachverhalt sei offenbar unstreitig, weshalb die Beiziehung weiterer Akten, etwa der Akten des Verwaltungsgerichts über das 1996 durchgeführte Asylverfahren oder von Ausländerakten/Asylakten (soweit noch vorhanden) nicht beabsichtigt sei. Die Beteiligten haben sich daraufhin mit einer Senatsentscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG).
Die gem. §§ 143, 144, 151 SGG statthafte und auch sonst zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Die Beklagte hat die Vormerkung der streitigen Zeiten als Kindererziehungszeiten bzw. Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung zu Recht abgelehnt; die Klägerin hat darauf keinen Anspruch.
Das Sozialgericht hat in seinem Urteil zutreffend dargelegt, welche Rechtsvorschriften für die Anerkennung bzw. Vormerkung von Kindererziehungszeiten und von Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung maßgeblich sind, und weshalb die streitigen Zeiten danach nicht anerkannt und vorgemerkt werden können. Die Klägerin hat zur Begründung ihrer Berufung Neues nicht vorgetragen, vielmehr lediglich auf ihr Vorbringen im sozialgerichtlichen Verfahren verwiesen. Mit diesem hat sich das Sozialgericht unter Berücksichtigung der einschlägigen Rechtsprechung des BSG (insbesondere im Urt. v. 28.07.1992, - 5 RJ 24/91 -; vgl. auch BSG, Urt. v. 18.02.1998, - B 5 RJ 12/97 R -; LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 07.12.2004, L 11 RJ 1912/04 -) zutreffend auseinandergesetzt. Der Senat teilt die Rechtsauffassung des Sozialgerichts und nimmt daher auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend sei angemerkt:
Die Entwicklung des (ausländerrechtlichen) Aufenthaltsstatus der Klägerin ist unter den Beteiligten nicht streitig, weshalb hierzu weitere Feststellungen, etwa durch Beiziehung noch vorhandener Ausländerakten nicht erforderlich sind; die Beteiligten sind hierauf mit Verfügung vom 22.01.2015 hingewiesen worden und haben Einwendungen insoweit auch nicht erhoben bzw. hierzu nichts vorgetragen. Über ein "zukunftsoffenes" Aufenthaltsrecht hat die Klägerin danach vor dem 18.07.2001 unstreitig nicht verfügt. Es ist auch weder ersichtlich noch geltend gemacht worden, es hätte von vornherein festgestanden, dass eine Abschiebung auch bei Ablehnung des Asylgesuchs nicht in Betracht kommt (vgl. dazu BSG, Urt. v. 18.02.1998, - B 5 RJ 12/97 R -). Für die Zeit ab 18.07.2001 hat die Beklagte Kindererziehungszeiten bzw. Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften vorgemerkt. Die Klägerin will darüber hinaus die Vormerkung der Kindererziehungszeiten bzw. der Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung in erster Linie auf eine von ihr befürwortete entsprechende Anwendung des § 2 AsylbLG stützen, wonach die Vorschriften des Sozialhilferechts (Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch, SGB XII) auf solche Leistungsberechtigte anzuwenden sind, die über eine Dauer von insgesamt 48 Monaten Leistungen nach § 3 AsylbLG erhalten und die Dauer des Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben. Hierfür gibt es indessen, wie das Sozialgericht im angefochtenen Urteil ebenfalls zutreffend dargelegt hat, keine rechtliche Grundlage. Die Anerkennung von Kindererziehungszeiten bzw. von Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung richtet sich allein nach den insoweit abschließenden Vorschriften in §§ 56 und 57 SGB VI, ergänzt um die Bestimmungen in § 30 SGB I. Vorschriften des AsylbLG sind hierfür nicht von Belang. Das BSG hat im Urteil vom 18.02.1998 (- B 5 RJ 12/97 R -) bekräftigt, dass das Rentenrecht keine hinreichende Regelung für ein spezifiziertes - d. h. von der grundsätzlich einheitlichen ("einsinnigen") Begriffsbedeutung gem. § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I abweichendes - Verständnis des Begriffs des gewöhnlichen Aufenthalts enthält und dass für die Auslegung der Worte "im Gebiet der Bundesrepublik gewöhnlich aufgehalten" (in § 56 Abs. 3 Satz 1 SGB VI) daher § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I maßgeblich ist (BSG, Urt. v. 18.02.1998, - B 5 RJ 12/97 R -). Für die Anwendung dieser Vorschrift ist es unerheblich, dass dem Ausländer nach 48 Monaten anstelle von Leistungen des AsylbLG ggf. (Sozialhilfe-)Leistungen nach den Bestimmungen des SGB XII gewährt werden können.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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