Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 11 R 6595/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 1963/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 21. März 2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Der 1960 geborene Kläger ist gelernter Maurer (Ausbildung vom 01.08.1976 bis 01.10.1979) und war nach dem Wehrdienst (bis 31.12.1980) von 1987 bis 1990 als Paketzusteller und im Anschluss daran als Versandarbeiter (bis zum 31.10.2004) beschäftigt. Danach bezog er Arbeitslosengeld. 2006 war der Kläger als Fahrer in geringfügigem Umfang beschäftigt. Seit Juli 2007 ist er krankgeschrieben.
Einen ersten Antrag des Klägers vom 28.11.2005 auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 21.02.2006 ab. Diese Entscheidung berücksichtigte u.a. Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung vom 21.12.2004 und 21.09.2005 (mit dem Vermerk, dass sich in den vorliegenden Unterlagen keine eindeutigen Belege dafür fänden, dass durch eine intramuskuläre Spritzenbehandlung am 02.11.1999 oder durch die perineurale Spritzenbehandlung am 03.11.1999 ein gesundheitlicher Schaden durch die Läsion eines Nerven oder einer Nervenwurzel entstanden sei und dass wegen der bestehenden Beschwerden und Funktionseinschränkungen von Seiten der LWS und des linken Beines körperlich leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten im Wechselrhythmus, ohne Wirbelsäulenzwangshaltungen, ohne längeres Gehen oder Stehen ohne regelmäßige Tätigkeiten im Knien oder in der Hockstellung möglich seien), den Entlassungsbericht über eine medizinische Rehabilitation in der S., Bad S., vom 28.03.2000 (Entlassung am 28.03.2000 als sofort arbeitsfähig), ein Gutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. R. vom 03.02.2006 (Diagnosen: dringender Verdacht auf einen malignen Weichteil-TU linker proximaler Oberschenkel, z.B. Liposarkom o.ä. mit peripherer Nervenirritation links, stattgehabtes passageres Wurzelreizsyndrom L4 links bei CT-gesicherter Bandscheibenprotrusion L4/L5 [CT 1999] ohne nachweisbare Restfolgen, rezidivierendes Lumbalsyndrom bei Osteochondrose L5/S1 ohne radikuläre Beteiligung, Coxarthrose beidseits linksbetont [Schweregrad I-II, relativ symptomlos], Übergewicht [BMI 28,6 kg/m²] und der Einschätzung, dass aus gegebenem Anlass die Leistungsfähigkeit des Klägers sowohl im derzeit ausgeübten Beruf als auch zu den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes bei dringendem Verdacht auf einen bösartigen Weichteiltumor am linken Oberschenkel zumindest bis zur genauen Abklärung des suspekten Befundes stark eingeschränkt bzw. aufgehoben sei) sowie die beratungsärztliche Einschätzung von Dr. W. vom 07.02.2006, der von einem sechsstündigen Leistungsvermögen für die zuletzt ausgeübte berufliche Tätigkeit wie auch für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausging.
Am 06.12.2006 beantragte der Kläger erneut die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Unter Berücksichtigung beigezogener Befundberichte und der in Auftrag gegebenen Gutachten von Dr. N. und von Dr. K. lehnte die Beklagte auch diesen Antrag mit Bescheid vom 19.03.2007 ab. Dr. N. stellte in seinem orthopädischen Gutachten vom 29.01.2007 ein rezidivierendes LWS-Syndrom mit Ischialgie links aufgrund eines Iliosakralgelenk-Syndroms und einen Weichteiltumor am proximalen ventro-lateralen Oberschenkel links fest. Aufgrund der gleichbleibenden Größe des Weichteiltumors hielt er ein malignes Geschehen für unwahrscheinlich. Die Wirbelsäule zeige keinerlei Funktionseinschränkung. Auffällig sei lediglich ein Druckschmerz über dem linken ISG sowie ein positives Mennel´sches Zeichen, beides als Hinweis für ein derzeit bestehendes Iliosakralgelenk-Syndrom links. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Versandfahrer könne der Kläger weiterhin vollschichtig ausüben. Auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien mittelschwere Tätigkeiten ohne weitere Einschränkungen möglich. Zur selben Einschätzung des zeitlichen Leistungsvermögens kam das internistische Gutachten von Dr. Kraft vom 22.02.2007. Dieser stellte die Diagnosen: Belastungshypertonus, Weichteiltumor linker Oberschenkel (DD: Liposarkom), Z. n. Bandscheibenprotrusion L4/L5 und Adipositas.
Auf den hiergegen erhobenen Widerspruch, den der Bevollmächtigte des Klägers um einen Überprüfungsantrag gemäß § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) für in der Vergangenheit Renten ablehnende Bescheide ergänzte, zog die Beklagte das sozialmedizinische Gutachten des medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Baden-Württemberg vom 09.11.2007 bei (Beurteilung: wegen bestehender Beschwerden und Funktionseinschränkungen im Bereich der LWS, Hüfte und im Bereich des linken Beines mit erheblicher, kontinuierlich bestehender und im Ausmaß der Beschwerden wechselnder Schmerzsymptomatik seien momentan weder Tätigkeiten im Gehen und im Stehen noch im Sitzen über längere Zeit durchzuführen, weshalb die bestehende AU weiter begründet sei) und gab weitere Gutachten in Auftrag. Der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. K. stellte in seinem Gutachten unter dem 21.02.2008 folgende Diagnosen: Verdacht auf ein Wurzelreizsyndrom L4 links, Weichteiltumor am linken Oberschenkel, wobei es sich dem Verlauf nach um einen gutartigen Tumor handele (wahrscheinlich um ein Lipom). Eine neurologische Störung sei durch diesen Tumor nicht erkennbar. Eine psychische Störung von Krankheitswert liege nicht vor. Zusammengefasst bestünden auf neurologischem Gebiet sensible Ausfälle im Dermatom L4 links, eine motorische Lähmung liege nicht vor. Aus neurologisch und psychiatrischer Sicht sei der Kläger über sechs Stunden leistungsfähig in seinen früheren Tätigkeiten oder für mittelschwere Tätigkeiten mit wechselnder Körperhaltung. Der Orthopäde Dr. M. kam in seinem Gutachten (Untersuchung am 25.02.2008) zur selben Leistungseinschätzung. Er beschrieb einen faustgroßen Weichteiltumor am linken proximalen Oberschenkel, eine Gangstörung mit Schonhinken links und röntgenologisch nachweisbare degenerative Veränderungen der unteren LWS-Abschnitte. Durch diese krankhaften Veränderungen und Funktionseinbußen sei die Leistungsfähigkeit des Klägers zwar ohne Zweifel für schweres Heben und Tragen sowie länger dauernde Zwangshaltungen eingeschränkt, weswegen er seiner erlernten Tätigkeit als Maurer nicht mehr nachgehen könne. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten seien jedoch zumutbar. Die zuletzt ausgeübte Aushilfstätigkeit als Wäschefahrer könne er vollschichtig verrichten.
Unter Berücksichtigung einer Stellungnahme der berufskundlichen Beraterin G. gewährte die Beklagte sodann mit Bescheid vom 04.08.2008 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, weil der Kläger berufsunfähig sei. Die Anspruchsvoraussetzungen wurden als ab dem 11.07.2007 erfüllt angesehen, der Rentenbeginn auf den 01.08.2007 festgelegt. Die Rente werde längstens bis zum 30.04.2027, dem Monat des Erreichens der Regelaltersgrenze, gezahlt.
Hierauf hat der Kläger Einwendungen gegen den vom Beklagten zugrunde gelegten Leistungsfall erhoben. Der Widerspruch wurde, soweit ihm nicht durch Bescheid vom 04.08.2008 abgeholfen worden war, zurückgewiesen (Widerspruchsbescheid vom 12.02.2009). Soweit der Kläger mit seinem Widerspruch die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung ausgehend von einem Leistungsfall im Dezember 1999 begehre, könne diesem Begehren nicht entsprochen werden. Zur Begründung bezog sich die Beklagte auf die bei Dr. Kasper und Dr. Murray eingeholten Gutachten.
Den vom Kläger am 26.06.2007 gestellten Antrag auf Rücknahme des Bescheides vom 21.02.2006 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 21.11.2008 ab. Der dagegen erhobene Widerspruch blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 12.02.2009). In dem vor dem SG geführten Klageverfahren (S 4 R 1376/09) schlossen die Beteiligten zur Beendigung des Rechtsstreits einen gerichtlichen Vergleich, wonach die Beklagte dem Kläger eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit auf unbestimmte Zeit aufgrund eines Leistungsfalles vom 28.11.2005 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren habe und dass durch diese Regelung weitere Rentenansprüche des Klägers nicht ausgeschlossen seien. Mit Rentenbescheid vom 17.01.2011 hat die Beklagte dem Kläger in Ausführung dieses Vergleiches sodann eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab dem 01.12.2005 bewilligt.
Gegen den Bescheid vom 19.03.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.02.2009 (ihm am 17.02.2009 zugegangen) hat der Kläger am 17.03.2009 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben mit dem Ziel, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung unter Berücksichtigung eines Leistungsfalles im Dezember 1999 zu gewähren.
Mit Beschluss vom 04.03.2010 hat das SG das Ruhen des Verfahrens angeordnet. Das Verfahren wurde auf den Schriftsatz des Bevollmächtigten des Klägers vom 16.12.2010 fortgeführt (S 11 R 6595/10).
Der Kläger hat daran festgehalten, ihm stehe eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ausgehend von einem Leistungsfall im Dezember 1999 zu. Er hat insoweit auch weiterhin auf einen Behandlungsfehler im Jahre 1999 verwiesen.
Das SG hat Beweis erhoben durch das Einholen einer sachverständigen Zeugenaussage bei Dr. Lay, Vogtsburg-Bischoffingen, und eines Gutachtens beim Orthopäden Prof. Dr. S., Waldkirch. Dr. L. bezweifelte (sachverständige Zeugenaussage vom 04.04.2012), ob es mit einer beruflichen Tätigkeit vereinbar sei, dass der Kläger wegen muskulärer und nervlicher Ausfälle vor allem des linken Beines sowie der Wirbelsäule immer wieder Wechselhaltungen einnehmen müsse. Prof. Dr. S. stellte in seinem Gutachten vom 04.08.2012 1. eine schmerzhafte Funktionsbeeinträchtigung der Hüftgelenke bei deutlicher Coxarthrose beidseits, 2. eine Funktionsbeeinträchtigung des linken Beines bei kindskopfgroßem Oberschenkelweichteiltumor mit tumorbedingtem Streckdefizit und dadurch verursachter relativer Beinverkürzung, reaktivem Spreizfuß und Schonhinken links, 3. eine chronisch rezidivierende Lumbalgie ohne Nervenkompressionssymptomatik bei kyphoskoliotischem Haltungsfehler der LWS und degenerativen LWS-Veränderungen im Sinne einer Spondylose, Osteochondrose und distalen Spondylarthrose, 4. eine wenig beeinträchtigende Iliosakralarthrose beidseits und 5. eine nicht funktionsbeeinträchtigende Narbe an der Beugeseite des linken Ellenbogengelenkes nach in der Kindheit erlittenem ausgedehnten Weichteiltrauma fest. Durch die beim Kläger bestehenden Krankheiten seien das Gehen, Stehen, Bücken, Heben und Tragen beeinträchtigt. Aufgrund des linksseitigen Oberschenkelweichteiltumors bestehe eine zeitlich begrenzte Arbeitsunfähigkeit. Nach Abklärung und Entfernung des kindskopfgroßen, mit hinreichender Wahrscheinlichkeit gutartigen Weichteiltumors und Beendigung der darauf zurückzuführenden Arbeitsunfähigkeit seien auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mit hinreichender Wahrscheinlichkeit noch leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten, vorwiegend im Sitzen, mit Heben und Tragen von Lasten bis 10 kg, bei Vermeidung von dauerndem und überwiegendem Stehen, Gehen, häufigem Bücken, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten möglich. Es bestehe keine Eignung für Akkord- und Fließbandarbeit, für Arbeiten in kalter, nasser und zugiger Umgebung. Nach der Beendigung der oberschenkeltumorbedingten Arbeitsunfähigkeit seien unter Beachtung der aufgeführten Einschränkungen leichte körperliche Tätigkeiten, vorwiegend im Sitzen, arbeitstäglich von mindestens sechs Stunden zumutbar und möglich.
Mit Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 21.03.2013 hat das SG die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 19.03.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.02.2009 verurteilt, die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bereits ab dem 01.02.2007 zu gewähren. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Voraussetzungen der vollen Erwerbsminderung nicht vorlägen. Der Kläger leide unter einer schmerzhaften Funktionsbeeinträchtigung der Hüftgelenke bei deutlicher Coxarthrose beidseits, einer Funktionsbeeinträchtigung des linken Beins bei kindskopfgroßem Oberschenkelweich-teiltumor mit tumorbedingtem Streckdefizit und dadurch verursachter relativer Beinverkürzung, reaktivem Spreizfuß und Schonhinken links, einer chronisch-rezidivierenden Lumbalgie ohne Nervenkompressionssymptomatik bei kyphoskoliotischem Haltungsfehler der Lendenwirbelsäule und degenerativen Lendenwirbelsäulenveränderungen im Sinne einer Spondylose, Osteochondrose und distalen Spondylarthrose, einer wenig beeinträchtigenden Iliosakralarthrose beidseits und einer Narbe an der Beugeseite des linken Ellenbogens. Aufgrund dieser Gesundheitsstörungen seien nur noch leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten in wechselnder Körperhaltung möglich, wenn Zwangshaltungen, häufiges Bücken, Gehen auf unebenem Gelände, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten vermieden würden. Unter Beachtung dieser Einschränkungen kämen aber, wie der Sachverständige Prof. Dr. S. für die Kammer überzeugend dargelegt habe, Tätigkeiten in diesem Umfang von wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich noch in Betracht.
Gegen das dem Kläger am 18.04.2013, der Beklagten am 22.04.2013 zugestellte Urteil haben die Beklagte am 06.05.2013 und der Kläger am 15.05.2013 Berufung eingelegt. Die Beklagte begehrte zunächst die Aufhebung des Urteils mit der Begründung, das SG habe übersehen, dass der Kläger bereits eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit seit dem 01.12.2005 aufgrund eines Leistungsfalles vom 28.11.2005 erhalte. Grundlage dieses Rentenanspruches sei der gerichtliche Vergleich vom 15.12.2010 im Verfahren S 4 R 1376/05 gewesen. Die Ausführung dieses Vergleiches sei mit Bescheid vom 17.01.2011 erfolgt. Die Beklagte hat ihre Berufung im Termin zur Erörterung des Sach- und Streitstandes am 28.01.2014 zurückgenommen.
Der Kläger ist der Auffassung von Prof. Dr. S.entgegen getreten und hält auch weiterhin die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung für gerechtfertigt.
Der Kläger beantragt (sachdienlich gefasst),
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 21. März 2013 abzuändern und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 19. März 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Februar 2009 zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung ausgehend von einem im Dezember 1999 eingetretenen Leistungsfall zu gewähren,
hilfsweise, ein orthopädisches oder neurologisches Gutachten von Amts wegen einzuholen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist auch weiterhin der Auffassung, dass dem Kläger kein Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung zusteht.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten, die Gerichtsakten erster Instanz (S 4 R 3971/08, S 4 R 1376/09, S 4 R 1377/09 und S 11 R 6595/10) sowie auf die Senatsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung des Klägers bleibt in der Sache ohne Erfolg.
Der Senat konnte in der mündlichen Verhandlung vom 10. März 2015 auch in Abwesenheit des Klägers über den Rechtsstreit entscheiden, da der Bevollmächtigte ordnungsgemäß gegen Empfangsbekenntnis vom 13. Februar 2015 zum Termin geladen und in der Ladung darauf hingewiesen worden war, dass auch im Falle seines Ausbleibens Beweis erhoben, verhandelt und entschieden werden kann. Dem Antrag, den Termin aufzuheben und ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden, war nicht stattzugegeben, nachdem eine Einverständniserklärung der Beklagten zu einer Entscheidung nach § 124 Abs. 2 SGG nicht eingegangen war.
Nach der Rücknahme der Berufung durch die Beklagte ist Gegenstand des Rechtsstreits der mit Antrag des Klägers vom 06.12.2006 geltend gemachte Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung, den die Beklagte mit dem Bescheid vom 19.03.2007 (und Widerspruchsbescheid vom 12.02.2009) abgelehnt und gegen den sich die Klage vor dem SG (S 4 R 1377/09 bzw. S 11 R 6595/10) gerichtet hat. Dem damals und 2005 gestellten weitergehenden Antrag auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit hat die Beklagte insoweit entsprochen, als sie dem Kläger mit Bescheid vom 04.08.2008 eine solche Rente zunächst ab 01.08.2007, dann - aufgrund des gerichtlichen Vergleiches im Rahmen des auf Rücknahme des Bescheides vom 28.11.2005 gerichteten Klageverfahrens - ausgehend von einem Leistungsfall vom 28.11.2005 bewilligt hat. Dieses Klageverfahren (S 4 R 1376/09) wurde von den Beteiligten durch gerichtlichen Vergleich in vollem Umfang für erledigt erklärt - unbeschadet davon, dass "weitere Rentenansprüche des Klägers durch diesen Vergleich nicht ausgeschlossen seien und insbesondere Ansprüche aus anderen anhängigen Verfahren durch diesen Vergleich nicht geregelt würden" (Ziffer 2 des Vergleichstextes). Anhängig war und ist insoweit lediglich noch das vorliegende Verfahren, das allein die Ansprüche des Klägers auf Rente wegen voller Erwerbsminderungsrente (was der Kläger im Termin zur Erörterung des Sach- und Streitstandes so auch erklärt hat) auf den Antrag vom 06.12.2006 (von der Beklagten fälschlicherweise als Antrag vom 11.12.2006 angegeben) zum Gegenstand hat. Mit der Erledigung des auf die Rücknahme des Bescheides vom 28.11.2005 gerichteten Klageverfahrens und aufgrund des zur Entscheidung gestellten Antrages auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung ausgehend von einem Leistungsfall 1999 steht zwischen den Beteiligten somit (nur) im Streit, ob ein solcher Anspruch in der Folge des Antrages vom 06.12.2006 besteht.
Das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, weil der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung hat.
Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (s. hierzu § 43 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - SGB VI -). Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).
Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (s. hierzu § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI).
Darüber hinaus ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI generell nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Eine volle Erwerbsminderung liegt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) auch dann vor, wenn der Versicherte täglich mindestens drei bis unter sechs Stunden erwerbstätig sein kann, der Teilzeitarbeitsmarkt aber verschlossen ist (Gürtner in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Stand Dezember 2014, § 43 SGB VI Rn. 58 und 30 ff.).
Der Kläger ist, an diesem gesetzlichen Maßstab orientiert, zur Überzeugung des Senats nicht voll erwerbsgemindert.
Aufgrund der aus den Jahren 2000, 2004 und 2005 vorliegenden Befunde vermag sich der Senat schon nicht davon zu überzeugen, dass aufgrund der geltend gemachten intramuskulären Spritzenbehandlung im November 1999, wie der Kläger geltend macht, oder aus anderen Gründen ein gesundheitlicher Schaden vorgelegen hat, der 1999 eine zeitliche Leistungsminderung auf weniger als sechs Stunden gerechtfertigt haben könnte. Dies entnimmt der Senat vor allem dem Bericht der S., Bad S., wo sich der Kläger vom 29.02.2000 bis 28.03.2000 zur stationären medizinischen Rehabilitation befand und aus der er als sofort arbeitsfähig entlassen wurde. Aufgrund der Diagnose eines chronisch rezidivierenden pseudoradikulären/sensibel radikulären LWS-Syndroms bei CT-gesicherter Protrusio L 4/5 und degenerativen Veränderungen und Fehlhaltung bei weitgehend schmerzfreier und uneingeschränkter Beweglichkeit der Wirbelsäule und der Extremitäten sowie unter Berücksichtigung der formulierten Rehabilitationsziele (Muskelkräftigung am linken Oberschenkel [bei Muskelminderung links gegenüber rechts um 3 cm] und im Bereich der LWS) besteht kein Zweifel an einer damals erhaltenen vollschichtigen Leistungsfähigkeit für bis zu mittelschwere Arbeiten unter Berücksichtigung in diesem Bericht näher ausgeführter, insbesondere rückenschonender Einschränkungen. Dieser Befund wird durch die in der Akte vorliegenden Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung vom 21.12.2004 und 21.09.2005 bestätigt. Denn insoweit ist auch Dr. H. davon ausgegangen, dass dem Kläger nach dem aktuellen Befund körperlich leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten im Wechselrhythmus, ohne Wirbelsäulenzwangshaltungen, ohne längeres Gehen oder Stehen, ohne regelmäßige Tätigkeiten im Knien oder in Hockstellung möglich sind.
Eine Erwerbsminderung des Klägers, das heißt ein Absinken seiner beruflichen und körperlichen Leistungsfähigkeit auf ein Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von weniger als sechs Stunden täglich, lässt sich zur Überzeugung des Senats auch nicht für die Zeit nach Antragstellung im Jahr 2006 belegen. Dies ergibt sich im Wesentlichen aus der Gesamtwürdigung der vorliegenden ärztlichen Unterlagen, insbesondere der Gutachten von Dr. R., Dr. N., Dr. K., Dr. K., Dr. M. und Prof. Dr. S ...
Unter Berücksichtigung dieser Expertisen stellt der Senat zunächst fest, dass auf orthopädischem Fachgebiet von den gehörten Sachverständigen Dr. Röder, Dr ..., Dr. M. und Prof. Dr. S. aufgrund der übereinstimmend festgestellten rezidivierenden Lumbalbeschwerden ohne Nervenkompressionssymptomatik und dort feststellbarer degenerativer Veränderungen, einer wenig beeinträchtigenden Iliosakralarthrose und der Coxarthrose, die erst im Gutachten von Prof. Dr. S. als mit einer schmerzbedingten Funktionsbeeinträchtigung einhergehend beschrieben wird, eine zeitliche Leistungsminderung nicht angenommen wurde und sich auch nicht begründen lässt. Vielmehr waren und sind dem Kläger auch nach Überzeugung des Senats nur körperlich schwere Arbeiten nicht mehr zumutbar. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sind hingegen vorwiegend im Sitzen bei Vermeidung besonderer Rücken- und Hüftbelastungen noch vollschichtig möglich, was zuletzt Prof. Dr. S. nochmals überzeugend dargelegt hat.
Eine andere Beurteilung ergibt sich auch unter Berücksichtigung des von Prof. Dr. S. jetzt als kindskopfgroß beschriebenen Weichteiltumors am linken Oberschenkel nicht. Dieser führt zwar zu einer Funktionsbeeinträchtigung des linken Beines in Form eines – tumorbedingten –Streckdefizits und dadurch verursachter relativer Beinverkürzung, reaktivem Spitzfuß und einem Schonhinken links. Hieraus lassen sich aber Auswirkungen auf ein zeitliches Leistungsvermögen nicht ableiten, was sowohl Dr. N. und Dr. M. als auch Dr. K. auf internistischem und Dr. K.r auf neurologischem Fachgebiet überzeugend ausgeführt haben. Es kommt also nicht darauf an, ob ein – auch von Prof. Dr. S. empfohlener – operativer Eingriff duldungspflichtig wäre oder nicht. Dr. K. hat hinsichtlich der Auswirkungen des Weichteiltumors ausgeführt, dass hierdurch Funktionseinschränkungen auf neurologischem Fachgebiet nicht bestehen, weshalb er überzeugend ebenfalls eine zeitliche Leistungsminderung für noch zumutbare Arbeiten nicht zu begründen vermochte. Insoweit fehlt es auch nach Überzeugung des Senats am Nachweis dafür, weshalb dem Kläger unter Berücksichtigung der beschriebenen qualitativen Einschränkungen (vorwiegend im Sitzen ausgeübte Arbeiten mit Heben und Tragen von Lasten bis 10 kg unter Vermeidung von dauerndem und überwiegendem Stehen, Gehen und häufigem Bücken sowie ohne Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, Akkord- und Fließbandarbeit, in kalter, nasser und zugiger Umgebung) leichte bis zeitweise auch mittelschwere Tätigkeiten nicht noch wenigstens sechs Stunden am Tag im Rahmen einer Fünf-Tage-Woche zumutbar sein sollen.
Der – insoweit fachfremden – Beurteilung von Dr. R. in dessen Gutachten vom 24.01.2006, der wegen des von ihm geäußerten dringenden Verdachts auf ein malignes Geschehen im Bereich des linken Oberschenkels von einem aufgehobenen Leistungsvermögen ausging, konnte daher nicht gefolgt werden, zumal Dr. R. weder Befunde beschrieb, die eine solche Leistungsminderung hätten rechtfertigen können noch sich die Malignität bestätigt hat. Eine überdauernde zeitliche Leistungsminderung lässt sich demgegenüber auch nicht aus dem Bericht des medizinischen Dienstes der Krankenversicherung vom 09.11.2007 entnehmen. Sie belegt lediglich die von allen Gutachtern beschriebenen rezidivierenden Beschwerden und eine allein auf den am Untersuchungstag feststellbaren Befund einer derzeit wegen der Schmerzen bestehenden Arbeitsunfähigkeit. So zeigte sich die zuvor durchgeführte Untersuchung bei Dr. N. noch weitgehend unauffällig mit uneingeschränkter Beweglichkeit der Wirbelsäule bei einem bestehenden Iliosakralgelenksyndrom, wobei auch diese Einschränkung eine dauerhafte Leistungsminderung für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten auf weniger als sechs Stunden am Tag nicht zu rechtfertigen vermag.
Ein Rentenanspruch kann vorliegend auch nicht auf die Grundsätze einer schweren spezifischen Leistungsbeeinträchtigung oder einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen gestützt werden. Nach der Rechtsprechung des BSG liegt eine volle Erwerbsminderung ausnahmsweise selbst bei einer mindestens sechsstündigen Erwerbsfähigkeit vor, wenn der Arbeitsmarkt wegen besonderer spezifischer Leistungseinschränkungen als verschlossen anzusehen ist. Dem liegt zugrunde, dass eine Verweisung auf die verbliebene Erwerbsfähigkeit nur dann möglich ist, wenn nicht nur die theoretische Möglichkeit besteht, einen entsprechenden Arbeitsplatz zu erhalten (vgl. BSG, SozR 2200 § 1246 Nr.110). Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist bei Versicherten mit zumindest sechsstündigem Leistungsvermögen für leichte Arbeiten erforderlich, wenn die Erwerbsfähigkeit durch mehrere schwerwiegende gesundheitliche Einschränkungen oder eine besonders einschneidende Behinderung gemindert ist. Eine Verweisungstätigkeit braucht erst dann benannt zu werden, wenn die gesundheitliche Fähigkeit zur Verrichtung selbst leichter Tätigkeiten in vielfältiger, außergewöhnlicher Weise eingeschränkt ist. Hinsichtlich der vorhandenen qualitativen Beschränkungen hängt das Bestehen einer Benennungspflicht im Übrigen daher entscheidend von deren Anzahl, Art und Umfang ab, wobei zweckmäßigerweise in zwei Schritten - einerseits unter Beachtung der beim Restleistungsvermögen noch vorhandenen Tätigkeitsfelder, andererseits unter Prüfung der "Qualität" der Einschränkungen (Anzahl, Art und Umfang) - zu klären ist, ob hieraus eine deutliche Verengung des Arbeitsmarktes resultiert (vgl. BSG SozR 3-2600 § 43 Nrn. 17 und 21; SozR a.a.O. § 44 Nr. 12; BSG, Urteil vom 09.09.1998, B 13 RJ 35/97 R (juris)). Eine spezifische Leistungseinschränkung liegt nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 27.04.1982, 1 RJ 132/80, SozR 2200 § 1246 Nr. 90) jedenfalls dann nicht vor, wenn ein Versicherter noch vollschichtig körperlich leichte Arbeiten ohne schweres Heben und Tragen von Gegenständen, ohne überwiegendes Stehen und Gehen oder ständiges Sitzen, nicht in Nässe, Kälte oder Zugluft, ohne häufiges Bücken, ohne Zwangshaltungen, ohne besondere Anforderungen an die Fingerfertigkeit und nicht unter besonderen Unfallgefahren zu verrichten vermag. Der Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit bedarf es nicht, wenn Tätigkeiten wie das Verpacken leichter Gegenstände, einfache Prüfarbeiten oder die leichte Bedienung von Maschinen noch uneingeschränkt möglich sind. Ausgehend hiervon liegt beim Kläger unter Berücksichtigung der bereits beschriebenen qualitativen Einschränkungen weder eine besondere spezifische Leistungsbeeinträchtigung noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor, nachdem dem Kläger noch weite Teile des Arbeitsmarktes für leichte Tätigkeiten offen stehen.
Der Kläger ist auch wegefähig im rentenrechtlichen Sinne, was Prof. Dr. S. unter Berücksichtigung des von ihm beschriebenen linksseitigen Hinkens überzeugend ausgeführt hat. Dies steht in Übereinstimmung mit den vorliegenden weiteren gutachterlichen Äußerungen. Entgegenstehende Beurteilungen behandelnder Ärzte liegen darüber hinaus ebenfalls nicht vor.
Weiterer Ermittlungen von Amts wegen bedurfte es nicht. Die Auswirkungen der vorliegenden Erkrankungen sind durch die vom Senat berücksichtigten Gutachten und Befundberichte ausreichend geklärt, weswegen es weder eines weiteren neurologischen und erst recht keines orthopädischen Gutachtens mehr bedurfte. Die Fragen des Senats zu aktuellen und bis ins Jahr 2008 zurückreichenden Behandlungen hat der Kläger nicht beantwortet. Gleiches gilt bezeichnenderweise für die Fragen nach Beginn, Dauer und dem zeitlichen Umfang einer von ihm ausgeübten Tätigkeit als Aufsicht in einer Spielothek. Konkrete ärztliche Behandlungen wegen der orthopädischen Einschränkungen und insbesondere der Coxarthrose sind vom Kläger zudem nicht mitgeteilt worden. Seine Einlassungen, er könne wegen dieser auch nicht mehr lange sitzen, sieht der Senat aufgrund der vorliegenden Gutachten und insbesondere nach den Ausführungen von Prof. Dr. S. als widerlegt an. Darüber hinaus lässt sich nach den vorliegenden Befunden eine zeitliche Leistungsminderung für eine Tätigkeit als Aufsicht in einer Spielothek, die Arbeiten im selbstbestimmten Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen ermöglicht und dem Kläger daher auf Dauer und vollschichtig zumutbar sind, nicht begründen.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Der 1960 geborene Kläger ist gelernter Maurer (Ausbildung vom 01.08.1976 bis 01.10.1979) und war nach dem Wehrdienst (bis 31.12.1980) von 1987 bis 1990 als Paketzusteller und im Anschluss daran als Versandarbeiter (bis zum 31.10.2004) beschäftigt. Danach bezog er Arbeitslosengeld. 2006 war der Kläger als Fahrer in geringfügigem Umfang beschäftigt. Seit Juli 2007 ist er krankgeschrieben.
Einen ersten Antrag des Klägers vom 28.11.2005 auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 21.02.2006 ab. Diese Entscheidung berücksichtigte u.a. Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung vom 21.12.2004 und 21.09.2005 (mit dem Vermerk, dass sich in den vorliegenden Unterlagen keine eindeutigen Belege dafür fänden, dass durch eine intramuskuläre Spritzenbehandlung am 02.11.1999 oder durch die perineurale Spritzenbehandlung am 03.11.1999 ein gesundheitlicher Schaden durch die Läsion eines Nerven oder einer Nervenwurzel entstanden sei und dass wegen der bestehenden Beschwerden und Funktionseinschränkungen von Seiten der LWS und des linken Beines körperlich leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten im Wechselrhythmus, ohne Wirbelsäulenzwangshaltungen, ohne längeres Gehen oder Stehen ohne regelmäßige Tätigkeiten im Knien oder in der Hockstellung möglich seien), den Entlassungsbericht über eine medizinische Rehabilitation in der S., Bad S., vom 28.03.2000 (Entlassung am 28.03.2000 als sofort arbeitsfähig), ein Gutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. R. vom 03.02.2006 (Diagnosen: dringender Verdacht auf einen malignen Weichteil-TU linker proximaler Oberschenkel, z.B. Liposarkom o.ä. mit peripherer Nervenirritation links, stattgehabtes passageres Wurzelreizsyndrom L4 links bei CT-gesicherter Bandscheibenprotrusion L4/L5 [CT 1999] ohne nachweisbare Restfolgen, rezidivierendes Lumbalsyndrom bei Osteochondrose L5/S1 ohne radikuläre Beteiligung, Coxarthrose beidseits linksbetont [Schweregrad I-II, relativ symptomlos], Übergewicht [BMI 28,6 kg/m²] und der Einschätzung, dass aus gegebenem Anlass die Leistungsfähigkeit des Klägers sowohl im derzeit ausgeübten Beruf als auch zu den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes bei dringendem Verdacht auf einen bösartigen Weichteiltumor am linken Oberschenkel zumindest bis zur genauen Abklärung des suspekten Befundes stark eingeschränkt bzw. aufgehoben sei) sowie die beratungsärztliche Einschätzung von Dr. W. vom 07.02.2006, der von einem sechsstündigen Leistungsvermögen für die zuletzt ausgeübte berufliche Tätigkeit wie auch für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausging.
Am 06.12.2006 beantragte der Kläger erneut die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Unter Berücksichtigung beigezogener Befundberichte und der in Auftrag gegebenen Gutachten von Dr. N. und von Dr. K. lehnte die Beklagte auch diesen Antrag mit Bescheid vom 19.03.2007 ab. Dr. N. stellte in seinem orthopädischen Gutachten vom 29.01.2007 ein rezidivierendes LWS-Syndrom mit Ischialgie links aufgrund eines Iliosakralgelenk-Syndroms und einen Weichteiltumor am proximalen ventro-lateralen Oberschenkel links fest. Aufgrund der gleichbleibenden Größe des Weichteiltumors hielt er ein malignes Geschehen für unwahrscheinlich. Die Wirbelsäule zeige keinerlei Funktionseinschränkung. Auffällig sei lediglich ein Druckschmerz über dem linken ISG sowie ein positives Mennel´sches Zeichen, beides als Hinweis für ein derzeit bestehendes Iliosakralgelenk-Syndrom links. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Versandfahrer könne der Kläger weiterhin vollschichtig ausüben. Auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien mittelschwere Tätigkeiten ohne weitere Einschränkungen möglich. Zur selben Einschätzung des zeitlichen Leistungsvermögens kam das internistische Gutachten von Dr. Kraft vom 22.02.2007. Dieser stellte die Diagnosen: Belastungshypertonus, Weichteiltumor linker Oberschenkel (DD: Liposarkom), Z. n. Bandscheibenprotrusion L4/L5 und Adipositas.
Auf den hiergegen erhobenen Widerspruch, den der Bevollmächtigte des Klägers um einen Überprüfungsantrag gemäß § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) für in der Vergangenheit Renten ablehnende Bescheide ergänzte, zog die Beklagte das sozialmedizinische Gutachten des medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Baden-Württemberg vom 09.11.2007 bei (Beurteilung: wegen bestehender Beschwerden und Funktionseinschränkungen im Bereich der LWS, Hüfte und im Bereich des linken Beines mit erheblicher, kontinuierlich bestehender und im Ausmaß der Beschwerden wechselnder Schmerzsymptomatik seien momentan weder Tätigkeiten im Gehen und im Stehen noch im Sitzen über längere Zeit durchzuführen, weshalb die bestehende AU weiter begründet sei) und gab weitere Gutachten in Auftrag. Der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. K. stellte in seinem Gutachten unter dem 21.02.2008 folgende Diagnosen: Verdacht auf ein Wurzelreizsyndrom L4 links, Weichteiltumor am linken Oberschenkel, wobei es sich dem Verlauf nach um einen gutartigen Tumor handele (wahrscheinlich um ein Lipom). Eine neurologische Störung sei durch diesen Tumor nicht erkennbar. Eine psychische Störung von Krankheitswert liege nicht vor. Zusammengefasst bestünden auf neurologischem Gebiet sensible Ausfälle im Dermatom L4 links, eine motorische Lähmung liege nicht vor. Aus neurologisch und psychiatrischer Sicht sei der Kläger über sechs Stunden leistungsfähig in seinen früheren Tätigkeiten oder für mittelschwere Tätigkeiten mit wechselnder Körperhaltung. Der Orthopäde Dr. M. kam in seinem Gutachten (Untersuchung am 25.02.2008) zur selben Leistungseinschätzung. Er beschrieb einen faustgroßen Weichteiltumor am linken proximalen Oberschenkel, eine Gangstörung mit Schonhinken links und röntgenologisch nachweisbare degenerative Veränderungen der unteren LWS-Abschnitte. Durch diese krankhaften Veränderungen und Funktionseinbußen sei die Leistungsfähigkeit des Klägers zwar ohne Zweifel für schweres Heben und Tragen sowie länger dauernde Zwangshaltungen eingeschränkt, weswegen er seiner erlernten Tätigkeit als Maurer nicht mehr nachgehen könne. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten seien jedoch zumutbar. Die zuletzt ausgeübte Aushilfstätigkeit als Wäschefahrer könne er vollschichtig verrichten.
Unter Berücksichtigung einer Stellungnahme der berufskundlichen Beraterin G. gewährte die Beklagte sodann mit Bescheid vom 04.08.2008 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, weil der Kläger berufsunfähig sei. Die Anspruchsvoraussetzungen wurden als ab dem 11.07.2007 erfüllt angesehen, der Rentenbeginn auf den 01.08.2007 festgelegt. Die Rente werde längstens bis zum 30.04.2027, dem Monat des Erreichens der Regelaltersgrenze, gezahlt.
Hierauf hat der Kläger Einwendungen gegen den vom Beklagten zugrunde gelegten Leistungsfall erhoben. Der Widerspruch wurde, soweit ihm nicht durch Bescheid vom 04.08.2008 abgeholfen worden war, zurückgewiesen (Widerspruchsbescheid vom 12.02.2009). Soweit der Kläger mit seinem Widerspruch die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung ausgehend von einem Leistungsfall im Dezember 1999 begehre, könne diesem Begehren nicht entsprochen werden. Zur Begründung bezog sich die Beklagte auf die bei Dr. Kasper und Dr. Murray eingeholten Gutachten.
Den vom Kläger am 26.06.2007 gestellten Antrag auf Rücknahme des Bescheides vom 21.02.2006 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 21.11.2008 ab. Der dagegen erhobene Widerspruch blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 12.02.2009). In dem vor dem SG geführten Klageverfahren (S 4 R 1376/09) schlossen die Beteiligten zur Beendigung des Rechtsstreits einen gerichtlichen Vergleich, wonach die Beklagte dem Kläger eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit auf unbestimmte Zeit aufgrund eines Leistungsfalles vom 28.11.2005 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren habe und dass durch diese Regelung weitere Rentenansprüche des Klägers nicht ausgeschlossen seien. Mit Rentenbescheid vom 17.01.2011 hat die Beklagte dem Kläger in Ausführung dieses Vergleiches sodann eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab dem 01.12.2005 bewilligt.
Gegen den Bescheid vom 19.03.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.02.2009 (ihm am 17.02.2009 zugegangen) hat der Kläger am 17.03.2009 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben mit dem Ziel, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung unter Berücksichtigung eines Leistungsfalles im Dezember 1999 zu gewähren.
Mit Beschluss vom 04.03.2010 hat das SG das Ruhen des Verfahrens angeordnet. Das Verfahren wurde auf den Schriftsatz des Bevollmächtigten des Klägers vom 16.12.2010 fortgeführt (S 11 R 6595/10).
Der Kläger hat daran festgehalten, ihm stehe eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ausgehend von einem Leistungsfall im Dezember 1999 zu. Er hat insoweit auch weiterhin auf einen Behandlungsfehler im Jahre 1999 verwiesen.
Das SG hat Beweis erhoben durch das Einholen einer sachverständigen Zeugenaussage bei Dr. Lay, Vogtsburg-Bischoffingen, und eines Gutachtens beim Orthopäden Prof. Dr. S., Waldkirch. Dr. L. bezweifelte (sachverständige Zeugenaussage vom 04.04.2012), ob es mit einer beruflichen Tätigkeit vereinbar sei, dass der Kläger wegen muskulärer und nervlicher Ausfälle vor allem des linken Beines sowie der Wirbelsäule immer wieder Wechselhaltungen einnehmen müsse. Prof. Dr. S. stellte in seinem Gutachten vom 04.08.2012 1. eine schmerzhafte Funktionsbeeinträchtigung der Hüftgelenke bei deutlicher Coxarthrose beidseits, 2. eine Funktionsbeeinträchtigung des linken Beines bei kindskopfgroßem Oberschenkelweichteiltumor mit tumorbedingtem Streckdefizit und dadurch verursachter relativer Beinverkürzung, reaktivem Spreizfuß und Schonhinken links, 3. eine chronisch rezidivierende Lumbalgie ohne Nervenkompressionssymptomatik bei kyphoskoliotischem Haltungsfehler der LWS und degenerativen LWS-Veränderungen im Sinne einer Spondylose, Osteochondrose und distalen Spondylarthrose, 4. eine wenig beeinträchtigende Iliosakralarthrose beidseits und 5. eine nicht funktionsbeeinträchtigende Narbe an der Beugeseite des linken Ellenbogengelenkes nach in der Kindheit erlittenem ausgedehnten Weichteiltrauma fest. Durch die beim Kläger bestehenden Krankheiten seien das Gehen, Stehen, Bücken, Heben und Tragen beeinträchtigt. Aufgrund des linksseitigen Oberschenkelweichteiltumors bestehe eine zeitlich begrenzte Arbeitsunfähigkeit. Nach Abklärung und Entfernung des kindskopfgroßen, mit hinreichender Wahrscheinlichkeit gutartigen Weichteiltumors und Beendigung der darauf zurückzuführenden Arbeitsunfähigkeit seien auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mit hinreichender Wahrscheinlichkeit noch leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten, vorwiegend im Sitzen, mit Heben und Tragen von Lasten bis 10 kg, bei Vermeidung von dauerndem und überwiegendem Stehen, Gehen, häufigem Bücken, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten möglich. Es bestehe keine Eignung für Akkord- und Fließbandarbeit, für Arbeiten in kalter, nasser und zugiger Umgebung. Nach der Beendigung der oberschenkeltumorbedingten Arbeitsunfähigkeit seien unter Beachtung der aufgeführten Einschränkungen leichte körperliche Tätigkeiten, vorwiegend im Sitzen, arbeitstäglich von mindestens sechs Stunden zumutbar und möglich.
Mit Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 21.03.2013 hat das SG die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 19.03.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.02.2009 verurteilt, die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bereits ab dem 01.02.2007 zu gewähren. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Voraussetzungen der vollen Erwerbsminderung nicht vorlägen. Der Kläger leide unter einer schmerzhaften Funktionsbeeinträchtigung der Hüftgelenke bei deutlicher Coxarthrose beidseits, einer Funktionsbeeinträchtigung des linken Beins bei kindskopfgroßem Oberschenkelweich-teiltumor mit tumorbedingtem Streckdefizit und dadurch verursachter relativer Beinverkürzung, reaktivem Spreizfuß und Schonhinken links, einer chronisch-rezidivierenden Lumbalgie ohne Nervenkompressionssymptomatik bei kyphoskoliotischem Haltungsfehler der Lendenwirbelsäule und degenerativen Lendenwirbelsäulenveränderungen im Sinne einer Spondylose, Osteochondrose und distalen Spondylarthrose, einer wenig beeinträchtigenden Iliosakralarthrose beidseits und einer Narbe an der Beugeseite des linken Ellenbogens. Aufgrund dieser Gesundheitsstörungen seien nur noch leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten in wechselnder Körperhaltung möglich, wenn Zwangshaltungen, häufiges Bücken, Gehen auf unebenem Gelände, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten vermieden würden. Unter Beachtung dieser Einschränkungen kämen aber, wie der Sachverständige Prof. Dr. S. für die Kammer überzeugend dargelegt habe, Tätigkeiten in diesem Umfang von wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich noch in Betracht.
Gegen das dem Kläger am 18.04.2013, der Beklagten am 22.04.2013 zugestellte Urteil haben die Beklagte am 06.05.2013 und der Kläger am 15.05.2013 Berufung eingelegt. Die Beklagte begehrte zunächst die Aufhebung des Urteils mit der Begründung, das SG habe übersehen, dass der Kläger bereits eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit seit dem 01.12.2005 aufgrund eines Leistungsfalles vom 28.11.2005 erhalte. Grundlage dieses Rentenanspruches sei der gerichtliche Vergleich vom 15.12.2010 im Verfahren S 4 R 1376/05 gewesen. Die Ausführung dieses Vergleiches sei mit Bescheid vom 17.01.2011 erfolgt. Die Beklagte hat ihre Berufung im Termin zur Erörterung des Sach- und Streitstandes am 28.01.2014 zurückgenommen.
Der Kläger ist der Auffassung von Prof. Dr. S.entgegen getreten und hält auch weiterhin die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung für gerechtfertigt.
Der Kläger beantragt (sachdienlich gefasst),
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 21. März 2013 abzuändern und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 19. März 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Februar 2009 zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung ausgehend von einem im Dezember 1999 eingetretenen Leistungsfall zu gewähren,
hilfsweise, ein orthopädisches oder neurologisches Gutachten von Amts wegen einzuholen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist auch weiterhin der Auffassung, dass dem Kläger kein Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung zusteht.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten, die Gerichtsakten erster Instanz (S 4 R 3971/08, S 4 R 1376/09, S 4 R 1377/09 und S 11 R 6595/10) sowie auf die Senatsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung des Klägers bleibt in der Sache ohne Erfolg.
Der Senat konnte in der mündlichen Verhandlung vom 10. März 2015 auch in Abwesenheit des Klägers über den Rechtsstreit entscheiden, da der Bevollmächtigte ordnungsgemäß gegen Empfangsbekenntnis vom 13. Februar 2015 zum Termin geladen und in der Ladung darauf hingewiesen worden war, dass auch im Falle seines Ausbleibens Beweis erhoben, verhandelt und entschieden werden kann. Dem Antrag, den Termin aufzuheben und ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden, war nicht stattzugegeben, nachdem eine Einverständniserklärung der Beklagten zu einer Entscheidung nach § 124 Abs. 2 SGG nicht eingegangen war.
Nach der Rücknahme der Berufung durch die Beklagte ist Gegenstand des Rechtsstreits der mit Antrag des Klägers vom 06.12.2006 geltend gemachte Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung, den die Beklagte mit dem Bescheid vom 19.03.2007 (und Widerspruchsbescheid vom 12.02.2009) abgelehnt und gegen den sich die Klage vor dem SG (S 4 R 1377/09 bzw. S 11 R 6595/10) gerichtet hat. Dem damals und 2005 gestellten weitergehenden Antrag auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit hat die Beklagte insoweit entsprochen, als sie dem Kläger mit Bescheid vom 04.08.2008 eine solche Rente zunächst ab 01.08.2007, dann - aufgrund des gerichtlichen Vergleiches im Rahmen des auf Rücknahme des Bescheides vom 28.11.2005 gerichteten Klageverfahrens - ausgehend von einem Leistungsfall vom 28.11.2005 bewilligt hat. Dieses Klageverfahren (S 4 R 1376/09) wurde von den Beteiligten durch gerichtlichen Vergleich in vollem Umfang für erledigt erklärt - unbeschadet davon, dass "weitere Rentenansprüche des Klägers durch diesen Vergleich nicht ausgeschlossen seien und insbesondere Ansprüche aus anderen anhängigen Verfahren durch diesen Vergleich nicht geregelt würden" (Ziffer 2 des Vergleichstextes). Anhängig war und ist insoweit lediglich noch das vorliegende Verfahren, das allein die Ansprüche des Klägers auf Rente wegen voller Erwerbsminderungsrente (was der Kläger im Termin zur Erörterung des Sach- und Streitstandes so auch erklärt hat) auf den Antrag vom 06.12.2006 (von der Beklagten fälschlicherweise als Antrag vom 11.12.2006 angegeben) zum Gegenstand hat. Mit der Erledigung des auf die Rücknahme des Bescheides vom 28.11.2005 gerichteten Klageverfahrens und aufgrund des zur Entscheidung gestellten Antrages auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung ausgehend von einem Leistungsfall 1999 steht zwischen den Beteiligten somit (nur) im Streit, ob ein solcher Anspruch in der Folge des Antrages vom 06.12.2006 besteht.
Das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, weil der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung hat.
Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (s. hierzu § 43 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - SGB VI -). Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).
Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (s. hierzu § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI).
Darüber hinaus ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI generell nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Eine volle Erwerbsminderung liegt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) auch dann vor, wenn der Versicherte täglich mindestens drei bis unter sechs Stunden erwerbstätig sein kann, der Teilzeitarbeitsmarkt aber verschlossen ist (Gürtner in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Stand Dezember 2014, § 43 SGB VI Rn. 58 und 30 ff.).
Der Kläger ist, an diesem gesetzlichen Maßstab orientiert, zur Überzeugung des Senats nicht voll erwerbsgemindert.
Aufgrund der aus den Jahren 2000, 2004 und 2005 vorliegenden Befunde vermag sich der Senat schon nicht davon zu überzeugen, dass aufgrund der geltend gemachten intramuskulären Spritzenbehandlung im November 1999, wie der Kläger geltend macht, oder aus anderen Gründen ein gesundheitlicher Schaden vorgelegen hat, der 1999 eine zeitliche Leistungsminderung auf weniger als sechs Stunden gerechtfertigt haben könnte. Dies entnimmt der Senat vor allem dem Bericht der S., Bad S., wo sich der Kläger vom 29.02.2000 bis 28.03.2000 zur stationären medizinischen Rehabilitation befand und aus der er als sofort arbeitsfähig entlassen wurde. Aufgrund der Diagnose eines chronisch rezidivierenden pseudoradikulären/sensibel radikulären LWS-Syndroms bei CT-gesicherter Protrusio L 4/5 und degenerativen Veränderungen und Fehlhaltung bei weitgehend schmerzfreier und uneingeschränkter Beweglichkeit der Wirbelsäule und der Extremitäten sowie unter Berücksichtigung der formulierten Rehabilitationsziele (Muskelkräftigung am linken Oberschenkel [bei Muskelminderung links gegenüber rechts um 3 cm] und im Bereich der LWS) besteht kein Zweifel an einer damals erhaltenen vollschichtigen Leistungsfähigkeit für bis zu mittelschwere Arbeiten unter Berücksichtigung in diesem Bericht näher ausgeführter, insbesondere rückenschonender Einschränkungen. Dieser Befund wird durch die in der Akte vorliegenden Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung vom 21.12.2004 und 21.09.2005 bestätigt. Denn insoweit ist auch Dr. H. davon ausgegangen, dass dem Kläger nach dem aktuellen Befund körperlich leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten im Wechselrhythmus, ohne Wirbelsäulenzwangshaltungen, ohne längeres Gehen oder Stehen, ohne regelmäßige Tätigkeiten im Knien oder in Hockstellung möglich sind.
Eine Erwerbsminderung des Klägers, das heißt ein Absinken seiner beruflichen und körperlichen Leistungsfähigkeit auf ein Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von weniger als sechs Stunden täglich, lässt sich zur Überzeugung des Senats auch nicht für die Zeit nach Antragstellung im Jahr 2006 belegen. Dies ergibt sich im Wesentlichen aus der Gesamtwürdigung der vorliegenden ärztlichen Unterlagen, insbesondere der Gutachten von Dr. R., Dr. N., Dr. K., Dr. K., Dr. M. und Prof. Dr. S ...
Unter Berücksichtigung dieser Expertisen stellt der Senat zunächst fest, dass auf orthopädischem Fachgebiet von den gehörten Sachverständigen Dr. Röder, Dr ..., Dr. M. und Prof. Dr. S. aufgrund der übereinstimmend festgestellten rezidivierenden Lumbalbeschwerden ohne Nervenkompressionssymptomatik und dort feststellbarer degenerativer Veränderungen, einer wenig beeinträchtigenden Iliosakralarthrose und der Coxarthrose, die erst im Gutachten von Prof. Dr. S. als mit einer schmerzbedingten Funktionsbeeinträchtigung einhergehend beschrieben wird, eine zeitliche Leistungsminderung nicht angenommen wurde und sich auch nicht begründen lässt. Vielmehr waren und sind dem Kläger auch nach Überzeugung des Senats nur körperlich schwere Arbeiten nicht mehr zumutbar. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sind hingegen vorwiegend im Sitzen bei Vermeidung besonderer Rücken- und Hüftbelastungen noch vollschichtig möglich, was zuletzt Prof. Dr. S. nochmals überzeugend dargelegt hat.
Eine andere Beurteilung ergibt sich auch unter Berücksichtigung des von Prof. Dr. S. jetzt als kindskopfgroß beschriebenen Weichteiltumors am linken Oberschenkel nicht. Dieser führt zwar zu einer Funktionsbeeinträchtigung des linken Beines in Form eines – tumorbedingten –Streckdefizits und dadurch verursachter relativer Beinverkürzung, reaktivem Spitzfuß und einem Schonhinken links. Hieraus lassen sich aber Auswirkungen auf ein zeitliches Leistungsvermögen nicht ableiten, was sowohl Dr. N. und Dr. M. als auch Dr. K. auf internistischem und Dr. K.r auf neurologischem Fachgebiet überzeugend ausgeführt haben. Es kommt also nicht darauf an, ob ein – auch von Prof. Dr. S. empfohlener – operativer Eingriff duldungspflichtig wäre oder nicht. Dr. K. hat hinsichtlich der Auswirkungen des Weichteiltumors ausgeführt, dass hierdurch Funktionseinschränkungen auf neurologischem Fachgebiet nicht bestehen, weshalb er überzeugend ebenfalls eine zeitliche Leistungsminderung für noch zumutbare Arbeiten nicht zu begründen vermochte. Insoweit fehlt es auch nach Überzeugung des Senats am Nachweis dafür, weshalb dem Kläger unter Berücksichtigung der beschriebenen qualitativen Einschränkungen (vorwiegend im Sitzen ausgeübte Arbeiten mit Heben und Tragen von Lasten bis 10 kg unter Vermeidung von dauerndem und überwiegendem Stehen, Gehen und häufigem Bücken sowie ohne Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, Akkord- und Fließbandarbeit, in kalter, nasser und zugiger Umgebung) leichte bis zeitweise auch mittelschwere Tätigkeiten nicht noch wenigstens sechs Stunden am Tag im Rahmen einer Fünf-Tage-Woche zumutbar sein sollen.
Der – insoweit fachfremden – Beurteilung von Dr. R. in dessen Gutachten vom 24.01.2006, der wegen des von ihm geäußerten dringenden Verdachts auf ein malignes Geschehen im Bereich des linken Oberschenkels von einem aufgehobenen Leistungsvermögen ausging, konnte daher nicht gefolgt werden, zumal Dr. R. weder Befunde beschrieb, die eine solche Leistungsminderung hätten rechtfertigen können noch sich die Malignität bestätigt hat. Eine überdauernde zeitliche Leistungsminderung lässt sich demgegenüber auch nicht aus dem Bericht des medizinischen Dienstes der Krankenversicherung vom 09.11.2007 entnehmen. Sie belegt lediglich die von allen Gutachtern beschriebenen rezidivierenden Beschwerden und eine allein auf den am Untersuchungstag feststellbaren Befund einer derzeit wegen der Schmerzen bestehenden Arbeitsunfähigkeit. So zeigte sich die zuvor durchgeführte Untersuchung bei Dr. N. noch weitgehend unauffällig mit uneingeschränkter Beweglichkeit der Wirbelsäule bei einem bestehenden Iliosakralgelenksyndrom, wobei auch diese Einschränkung eine dauerhafte Leistungsminderung für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten auf weniger als sechs Stunden am Tag nicht zu rechtfertigen vermag.
Ein Rentenanspruch kann vorliegend auch nicht auf die Grundsätze einer schweren spezifischen Leistungsbeeinträchtigung oder einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen gestützt werden. Nach der Rechtsprechung des BSG liegt eine volle Erwerbsminderung ausnahmsweise selbst bei einer mindestens sechsstündigen Erwerbsfähigkeit vor, wenn der Arbeitsmarkt wegen besonderer spezifischer Leistungseinschränkungen als verschlossen anzusehen ist. Dem liegt zugrunde, dass eine Verweisung auf die verbliebene Erwerbsfähigkeit nur dann möglich ist, wenn nicht nur die theoretische Möglichkeit besteht, einen entsprechenden Arbeitsplatz zu erhalten (vgl. BSG, SozR 2200 § 1246 Nr.110). Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist bei Versicherten mit zumindest sechsstündigem Leistungsvermögen für leichte Arbeiten erforderlich, wenn die Erwerbsfähigkeit durch mehrere schwerwiegende gesundheitliche Einschränkungen oder eine besonders einschneidende Behinderung gemindert ist. Eine Verweisungstätigkeit braucht erst dann benannt zu werden, wenn die gesundheitliche Fähigkeit zur Verrichtung selbst leichter Tätigkeiten in vielfältiger, außergewöhnlicher Weise eingeschränkt ist. Hinsichtlich der vorhandenen qualitativen Beschränkungen hängt das Bestehen einer Benennungspflicht im Übrigen daher entscheidend von deren Anzahl, Art und Umfang ab, wobei zweckmäßigerweise in zwei Schritten - einerseits unter Beachtung der beim Restleistungsvermögen noch vorhandenen Tätigkeitsfelder, andererseits unter Prüfung der "Qualität" der Einschränkungen (Anzahl, Art und Umfang) - zu klären ist, ob hieraus eine deutliche Verengung des Arbeitsmarktes resultiert (vgl. BSG SozR 3-2600 § 43 Nrn. 17 und 21; SozR a.a.O. § 44 Nr. 12; BSG, Urteil vom 09.09.1998, B 13 RJ 35/97 R (juris)). Eine spezifische Leistungseinschränkung liegt nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 27.04.1982, 1 RJ 132/80, SozR 2200 § 1246 Nr. 90) jedenfalls dann nicht vor, wenn ein Versicherter noch vollschichtig körperlich leichte Arbeiten ohne schweres Heben und Tragen von Gegenständen, ohne überwiegendes Stehen und Gehen oder ständiges Sitzen, nicht in Nässe, Kälte oder Zugluft, ohne häufiges Bücken, ohne Zwangshaltungen, ohne besondere Anforderungen an die Fingerfertigkeit und nicht unter besonderen Unfallgefahren zu verrichten vermag. Der Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit bedarf es nicht, wenn Tätigkeiten wie das Verpacken leichter Gegenstände, einfache Prüfarbeiten oder die leichte Bedienung von Maschinen noch uneingeschränkt möglich sind. Ausgehend hiervon liegt beim Kläger unter Berücksichtigung der bereits beschriebenen qualitativen Einschränkungen weder eine besondere spezifische Leistungsbeeinträchtigung noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor, nachdem dem Kläger noch weite Teile des Arbeitsmarktes für leichte Tätigkeiten offen stehen.
Der Kläger ist auch wegefähig im rentenrechtlichen Sinne, was Prof. Dr. S. unter Berücksichtigung des von ihm beschriebenen linksseitigen Hinkens überzeugend ausgeführt hat. Dies steht in Übereinstimmung mit den vorliegenden weiteren gutachterlichen Äußerungen. Entgegenstehende Beurteilungen behandelnder Ärzte liegen darüber hinaus ebenfalls nicht vor.
Weiterer Ermittlungen von Amts wegen bedurfte es nicht. Die Auswirkungen der vorliegenden Erkrankungen sind durch die vom Senat berücksichtigten Gutachten und Befundberichte ausreichend geklärt, weswegen es weder eines weiteren neurologischen und erst recht keines orthopädischen Gutachtens mehr bedurfte. Die Fragen des Senats zu aktuellen und bis ins Jahr 2008 zurückreichenden Behandlungen hat der Kläger nicht beantwortet. Gleiches gilt bezeichnenderweise für die Fragen nach Beginn, Dauer und dem zeitlichen Umfang einer von ihm ausgeübten Tätigkeit als Aufsicht in einer Spielothek. Konkrete ärztliche Behandlungen wegen der orthopädischen Einschränkungen und insbesondere der Coxarthrose sind vom Kläger zudem nicht mitgeteilt worden. Seine Einlassungen, er könne wegen dieser auch nicht mehr lange sitzen, sieht der Senat aufgrund der vorliegenden Gutachten und insbesondere nach den Ausführungen von Prof. Dr. S. als widerlegt an. Darüber hinaus lässt sich nach den vorliegenden Befunden eine zeitliche Leistungsminderung für eine Tätigkeit als Aufsicht in einer Spielothek, die Arbeiten im selbstbestimmten Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen ermöglicht und dem Kläger daher auf Dauer und vollschichtig zumutbar sind, nicht begründen.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved