L 10 R 1559/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 21 R 5350/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 1559/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 13.03.2014 abgeändert.

Die Klage wird in vollem Umfang abgewiesen.

Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Weitergewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 30.06.2010 hinaus streitig.

Der am 1969 geborene, aus dem Kosovo stammende Kläger absolvierte in seinem Heimatland eine Ausbildung zum Chemielaboranten. Nach seinem Zuzug in das Bundesgebiet im Jahr 1991 war er als Fabrikarbeiter und Fahrer und schließlich bis 2004 als Chemielaborant beschäftigt. Wegen einer bronchialen Hyperreagibilität, die nachfolgend als Berufskrankheit anerkannt wurde, gab der Kläger diese Tätigkeit auf. Nach einem anschließend durchgeführten Praktikum war der Kläger zunächst arbeitslos. Nach einem Beratungsgespräch mit einem Berufshelfer der zuständigen Berufsgenossenschaft in U. am 11.01.2007 erlitt der Kläger auf der Heimfahrt, die er wegen eines Kirchenbesuchs in B. unterbrochen hatte, auf dem Rückweg zur Autobahn einen Verkehrsunfall. Dabei zog er sich lediglich leichte Verletzungen zu, wurde jedoch in seinem Auto eingeklemmt und konnte erst durch Rettungskräfte mittels Rettungsschere befreit werden. Eine berufliche Tätigkeit nahm der Kläger hiernach nicht mehr auf.

Wegen der durch diesen Unfall erlittenen Traumatisierung wurde der Kläger in der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik des C. G. zunächst vom 03.05. bis 30.07.2007 stationär (Diagnosen u.a. Somatisierungsstörung, posttraumatische Belastungsstörung und rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige depressive Episode) und anschließend ambulant bis Ende November 2008 behandelt, wobei der Kläger zuletzt voraussichtlich noch bis 16.01.2009 für arbeitsunfähig erachtet wurde. Eine weitere stationäre Behandlung war zuvor vom 25.09. bis 27.11.2008 in der Klinik A. , Fachklinik für Psychotherapeutische Medizin und Psychosomatik, in I. u.a. unter den Diagnosen rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode, Verdacht auf dissoziative Störung bei Zustand nach Commotio cerebri, posttraumatische Belastungsstörung erfolgt. Ausweislich des entsprechenden Entlassungsberichts hielten die behandelnden Ärzte die Durchführung einer ambulanten Psychotherapie für dringend erforderlich; unter entsprechender Behandlung erachteten sie den Kläger in ca. acht Wochen ausreichend stabil für eine Umschulungsmaßnahme. Im weiteren Verlauf wurde der Kläger sodann vom 29.07. bis 04.11.2009 in der A. -Klinik, Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie, stationär behandelt (Diagnosen u.a. mittelgradige depressive Episode und posttraumatische Belastungsstörung) und in deutlich gebessertem Zustand entlassen. Ausweislich des entsprechenden Entlassungsberichts erachteten die behandelnden Ärzte die posttraumatische Belastungsstörung als ausgeheilt und die depressive Symptomatik nicht mehr für nachweisbar.

Vor dem Hintergrund all dessen bezog der Kläger von der Beklagten Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 01.06.2008 bis 30.06.2010.

Am 07.04.2010 beantragte der Kläger die Weitergewährung der Rente wegen voller Erwerbsminderung und legte zur Begründung Arztbriefe des C. G. , den Entlassungsbericht der erwähnten stationären Behandlung in der A. -Klinik sowie die mit "Ärztliches Gutachten" überschriebenen Ausführungen des Facharztes für Orthopädie Dr. K. vom 13.03.2010 vor, in dem dieser ausgehend von dem am 11.01.2007 erlittenen Verkehrsunfall und den Angaben des Klägers ausführlich darlegte, dass dieser auf Grund des nach wie vor bestehenden posttraumatischen Belastungssyndroms und den progredienten Beschwerden im gesamten Bewegungsapparat erheblich in seiner Leistungsfähigkeit eingeschränkt sei. Mit Bescheid vom 12.04.2010 und Widerspruchsbescheid vom 20.07.2010, zur Post gegeben am 27.07.2010, lehnte die Beklagte diesen Antrag im Wesentlichen mit der Begründung ab, seit Juli 2010 könne der Kläger zumutbar wieder leichte bis mittelschwere Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ohne besonderen Zeitdruck, ohne häufiges Heben und Tragen von Lasten (ohne mechanische Hilfsmittel) und ohne längere Wirbelsäulenzwangshaltungen zumindest sechs Stunden täglich verrichten.

Am 27.08.2010 hat der Kläger dagegen beim Sozialgericht Stuttgart (SG) unter Hinweis auf die vorgelegten medizinischen Unterlagen mit der Begründung Klage erhoben, die Einschätzung der Beklagten sei nicht nachvollziehbar.

Das SG hat den Facharzt für Allgemeinmedizin, zugleich ärztlicher Psychotherapeut, Dr. S. , den Arzt für Orthopädie Dr. P. , den Internisten und Pneumologen F. sowie den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. L. schriftlich als sachverständige Zeugen angehört. Dr. S. hat im Oktober 2010 berichtet, dass er den Kläger seit Anfang 2010 einmal wöchentlich psychotherapeutisch behandele und sich der durch die Behandlung in der A. -Klinik erreichte Zustand des Klägers trotzdem verloren habe, wobei der Kläger mittlerweile vollständig zurückgezogen lebe. Zu einer Einschätzung der beruflichen Leistungsfähigkeit hat er sich nicht in der Lage gesehen. Dr. P. hat im Januar 2011 von nach dem Tod des Dr. K. erfolgten Vorstellungen im Oktober und Dezember 2010 berichtet. Nach durchgeführter Untersuchung habe er im Hinblick auf die psychische Situation eine ambulante orthopädische Behandlungsmöglichkeit nur schwer für realisierbar erachtet. Die Leistungsfähigkeit des Klägers hat er auf weniger als drei Stunden täglich eingeschätzt. Der im weiteren Verlauf des Verfahrens von Dr. P. übersandte Befund der wegen anhaltender Zervikobrachialgie veranlassten Magnetresonanztomographie der HWS hat keine relevanten Auffälligkeiten beschrieben. Der Internist und Pneumologe F. hat von einem hyperreagiblen Bronchialsystem bzw. Asthma bronchiale berichtet und sich der Leistungsbeurteilung der Beklagten angeschlossen. Dr. L. hat im März 2011 von Vorstellungen des Klägers zwischen März und September 2010 sowie von der Entwicklung einer posttraumatischen Belastungsstörung nach dem erlittenen Verkehrsunfall berichtet; das berufliche Leistungsvermögen des Klägers liege entsprechend der früheren Einschätzung der Beklagten noch immer unter drei Stunden täglich.

Das SG hat sodann das Gutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. auf Grund Untersuchung des Klägers im Mai 2012 eingeholt. Dieser ist diagnostisch von einer posttraumatischen Belastungsstörung (vorausgesetzt ein gravierendes Unfallereignis habe vorgelegen) sowie einer leichten bis mittelgradigen depressiven Episode ausgegangen, welche qualitative Leistungseinschränkungen bedingten (Vermeidung einer Überforderung durch Akkordarbeit, Nachtarbeit, Arbeit unter besonderem Zeitdruck, besonders hohe Ansprüche an Auffassung und Konzentration, besonders hohe Verantwortung und besonders hohe geistige Beanspruchung). Unter Berücksichtigung dessen könne der Kläger leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Zu den daraufhin von Dr. S. vorgelegten Ausführungen, wonach die Traumatherapie beginne, erste Früchte zu tragen und gegenwärtig keinerlei Arbeitsfähigkeit bestehe, hat sich der Sachverständige unter Aufrechterhaltung seines bisherigen Standpunktes ergänzend geäußert. Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) hat das SG darüber hinaus das Gutachten der Dipl.-Psych. B. auf Grund Untersuchung des Klägers im Januar 2013 eingeholt. Die Sachverständige hat eine komplexe posttraumatische Belastungsstörung, eine rezidivierende Depression, gegenwärtig mittelschwere Episode, sowie eine Somatisierungsstörung diagnostiziert und den Kläger für weniger als drei Stunden täglich leistungsfähig erachtet. Zuvor war der Kläger vom 21.11.2012 bis 09.01.2013 u.a. unter den Diagnosen komplexe posttraumatische Belastungsstörung, rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode, und Somatisierungsstörung erneut stationär in der A. -Klinik behandelt und als arbeitsfähig bei ausreichend stabiler psychophysischer Gesamtsituation entlassen worden.

Das SG hat schließlich das Gutachten des Prof. Dr. E. , Leiter der Sektion forensische Psychiatrie und Psychotherapie der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie im Zentrum für Psychische Erkrankungen des Universitätsklinikums F. , auf Grund Untersuchung des Klägers im Oktober 2013 eingeholt. Der Sachverständige hat eine depressive Episode im Rahmen einer rezidivierenden depressiven Störung sowie ferner eine posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert, der jedoch keine funktionelle Relevanz beizumessen sei. Er hat den Kläger für fähig erachtet, leichte körperliche Tätigkeiten ohne geistige Beanspruchung mit Übernahme von Verantwortung, ohne Anforderungen an Flexibilität, Konzentrationsfähigkeit und psychomotorisches Tempo im Umfang von drei bis weniger als sechs Stunden täglich zu verrichten. Die quantitative Leistungsminderung hat der Sachverständige mit einer Antriebshemmung, die dem Energieniveau Grenzen setze und nicht willentlich überwunden werden könne, begründet, wobei der Kläger allerdings nicht mit den notwendigen Therapien, die eine Besserung erwarten ließen, behandelt werde.

Mit Urteil vom 13.03.2014 hat das SG die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 12.04.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.07.2010 und Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 01.05.2014 bis 30.04.2015 zu gewähren. Gestützt auf das Gutachten des Prof. Dr. E. ist es davon ausgegangen, dass beim Kläger ein quantitativ gemindertes Leistungsvermögen zum Untersuchungszeitpunkt im Oktober 2013 nachgewiesen ist. Im Hinblick auf die Behandelbarkeit der nach Auffassung des Sachverständigen im Vordergrund stehenden depressiven Störung sei die Rente auf ein Jahr zu befristen. Eine rentenrelevante Leistungsminderung durchgehend seit Mitte 2010 sei nicht nachgewiesen. Vielmehr verlaufe die psychische Störung des Klägers chronisch-phasisch mit Symptomausprägungen in unterschiedlicher Stärke. Dem Gutachten der Dipl.-Psych. B. sei nicht zu folgen. Diese habe keinen psychischen Befund erhoben und ihre Einschätzung statt dessen auf die Schilderungen des Klägers und ihre eigenen Interpretationen gestützt. Auch die Einschätzung des behandelnden Psychotherapeuten, Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. S. , die im Wesentlichen auf subjektiv geschilderten Beschwerden des Klägers beruhten, überzeugten nicht; dies nicht zuletzt auch angesichts seiner selbst eingeräumten emotionalen Betroffenheit.

Gegen das der Beklagten am 24.03.2014 und dem Kläger am 31.03.2014 zugestellte Urteil haben die Beklagte am 04.04.2014 und der Kläger am 29.04.2014 Berufung eingelegt. Die Beklagte ist der Auffassung, dass das Gutachten des Prof. Dr. E. nicht zweifelsfrei belege, dass beim Kläger erneut volle Erwerbsminderung eingetreten sei. Insoweit sei nicht die Dauer der Behandlung maßgeblich, sondern der Schweregrad der Erkrankung. Insoweit sei jedoch zu berücksichtigen, dass der Kläger keine Antidepressiva mehr einnehme und auch nach Auffassung des Sachverständigen Prof. Dr. E. keine adäquaten Therapien durchgeführt würden; auch sei von einer erhaltenen Tagesstrukturierung und Alltagskompetenz auszugehen. Ungeachtet dessen scheitere der geltend gemachte Rentenanspruch selbst unter Annahme eines rentenrelevant abgesunkenen Leistungsvermögens aber auch daran, dass die Leistungsminderung bei Inanspruchnahme einer zumutbaren Behandlung innerhalb eines halben Jahres überwunden werden könne.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 13.03.2014 abzuändern, die Klage in vollem Umfang abzuweisen sowie die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 13.03.2014 abzuändern und die Beklagte unter weiterer Abänderung des Bescheids vom 12.04.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.07.2010 zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung auch vom 01.07.2010 bis 30.04.2014 zu gewähren sowie die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Der Kläger ist der Auffassung, dass seine rentenrelevante Leistungsminderung schon seit Jahren bestehe und diese weder aus eigener Kraft noch unter ärztlicher Mithilfe innerhalb eines halben Jahres überwunden werden könne. Auf Grund seiner verlangsamten Auffassungsgabe und verminderten Konzentrationsfähigkeit baue er schon nach ein oder zwei Stunden derart ab, dass keine ordnungsgemäße Arbeitsstruktur möglich sei. Im weiteren Verlauf des Verfahrens hat der Kläger u.a. den Entlassungsbericht der A. -Klinik über die vom 22.10. bis 10.12.2014 erfolgte weitere stationäre Behandlung vorgelegt.

Der Senat hat Dr. S. ergänzend schriftlich als sachverständigen Zeugen angehört. Dieser hat im Juli 2014 von den regelmäßig seit Januar 2013 erfolgten Therapiesitzungen (Einzel- und Gruppentherapie) berichtet, wobei der Kläger sich zunehmend besser öffnen könne und sich seine Tendenz zum Rückzug reduziert habe. Der Senat hat darüber hinaus das Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. B. auf Grund Untersuchung des Klägers im September 2014 eingeholt. Dieser hat vielschichtige Persönlichkeitsakzentuierungen bei gleichzeitig nur niedrigem Persönlichkeitsstrukturniveau sowie eine Anpassungsstörung diagnostiziert hat. Eine quantitative Leistungsminderung sei hiermit nicht verbunden, hingegen seien Tätigkeiten mit überdurchschnittlich fordernden sozialen Interaktionen, Anforderungen an die Abgrenzungsfähigkeit und die Konfliktfähigkeit, Tätigkeiten unter regelmäßigem Zeitdruck, in ständiger nervöser Anspannung, mit Nacht- oder Wechselschicht, auf Leitern oder Gerüsten und an unmittelbar gefährdenden Maschinen zu vermeiden.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegten und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthaften Berufungen des Klägers einerseits und der Beklagten andererseits sind zulässig; jedoch ist lediglich die Berufung der Beklagten, nicht aber jene des Klägers begründet.

Das SG hätte der Klage nicht zum Teil stattgeben und die Beklagte zur Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 01.05.2014 bis 30.04.2015 verurteilen dürfen. Denn die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Dementsprechend kann auch die Berufung des Klägers keinen Erfolg haben. Es ist nämlich nicht festzustellen, dass die gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers diesen über den 30.06.2010 hinaus in seiner beruflichen Leistungsfähigkeit in einem rentenrelevanten Ausmaß eingeschränkt haben bzw. noch einschränken.

Das SG hat die rechtlichen Grundlagen des geltend gemachten Anspruchs auf Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung (§ 43 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs - SGB VI) im Einzelnen dargelegt und mit zutreffender Begründung ausgeführt, dass nicht festzustellen ist, dass der Kläger auf Grund der bei ihm bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen im Zeitraum von Juli 2010 bis zum Zeitpunkt der gutachtlichen Untersuchung durch den Sachverständigen Prof. Dr. E. im Oktober 2013 in seiner beruflichen Leistungsfähigkeit in einem rentenrelevanten Ausmaß eingeschränkt war, er in dieser Zeit mithin durchgehend nicht in der Lage war, selbst leichte berufliche Tätigkeiten unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen wenigstens sechs Stunden täglich zu verrichten. Der Senat geht ebenso wie das SG davon aus, dass die zeitlich nach dem vom Kläger im Januar 2007 erlittenen Verkehrsunfall aufgetretene psychische Erkrankung im weiteren Verlauf wechselhaft verlief und sich kein im Wesentlichen durchgehend gleichbleibend schwerwiegend ausgeprägtes Beschwerdebild zeigte. Dies hat der Kläger im Rahmen seiner gutachtlichen Untersuchung durch den Sachverständigen Prof. Dr. E. auch selbst eingeräumt, indem er angegeben hat, dass sein Befinden wechselhaft, aber nicht wirklich gut, sei und es ihm bisher nach Klinikaufenthalten besser gegangen sei. Entsprechend ist im Entlassungsbericht der A. -Klinik über die stationäre Behandlung von Juli bis September 2009 auch dokumentiert, dass der Kläger in einem deutlich gebesserten Zustand entlassen wurde. Dabei wurde die behandelte posttraumatische Belastungsstörung als ausgeheilt beurteilt, auch waren Symptome der depressiven Störung nicht mehr feststellbar. Soweit Dr. S. im Rahmen seiner dem SG erteilten Auskunft als sachverständiger Zeuge berichtet hat, dass sich dieser Zustand wieder verloren habe und der Kläger mittlerweile, d.h. im Auskunftszeitpunkt Oktober 2010 vollständig zurückgezogen lebe, weist dies zwar auf eine wiederum eingetretene Verschlechterung der psychischen Symptomatik hin, belegt gleichzeitig aber auch den wechselhaften Verlauf, so dass keinesfalls von einem seit der Zeitrentenbewilligung durchgehend aufgehobenen Leistungsvermögen ausgegangen werden kann. Auch die fortlaufend durch Dr. S. hiernach erfolgte Behandlung belegt - worauf das SG zutreffend hingewiesen hat - kein gleichbleibend rentenrelevant eingeschränktes Leistungsvermögen. Schließlich weisen auch die von dem Sachverständigen Dr. H. anlässlich seiner im Mai 2012 erfolgten Untersuchung erhobenen Befunde wiederum auf einen nicht rentenrelevant eingeschränkten Zustand hin, nachdem dieser im Hinblick auf die depressive Störung lediglich von einer leichten depressiven Episode im Grenzbereich zu einer mittelgradigen depressiven Episode ausgegangen ist und auch die von November 2012 bis Januar 2013 wiederum in der A. -Klinik erfolgte stationäre Behandlung, die im Hinblick auf eine mittelgradige Episode der depressiven Störung erfolgt ist, zu einer deutlichen Besserung geführt hat. So wurde der Kläger zum Entlasszeitpunkt im Hinblick auf die psychophysische Gesamtsituation für ausreichend stabil erachtet und als arbeitsfähig beurteilt. Soweit beim Kläger in dem in Rede stehenden Zeittraum zweifellos eine psychische Minderbelastbarkeit vorlag, kann dieser durch Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen hinreichend dadurch Rechnung getragen werden, dass Tätigkeiten vermieden werden, die mit Akkordarbeit, Nachtarbeit, besonderem Zeitdruck, hohen Ansprüchen an Auffassung und Konzentration sowie besonders hoher Verantwortung oder besonders hoher geistiger Beanspruchung verbunden sind. Dass und aus welchen weiteren Gründen den insoweit entgegenstehenden Einschätzungen des behandelnden Dr. S. und der im Rahmen des § 109 SGG angehörten Dipl.-Psych. B. nicht gefolgt werden kann, hat das SG bereits zutreffend ausgeführt, weshalb der Senat insoweit gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absieht und die Berufung des Klägers aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurückweist. Im Hinblick auf die Ausführungen der Sachverständigen Dipl.-Psych. B. weist der Senat ergänzend hierzu noch darauf hin, dass die Sachverständige nicht berücksichtigt hat, dass der Kläger weniger als drei Wochen vor ihrer am 28.01.2013 erfolgten gutachtlichen Untersuchung, nämlich am 09.01.2013 aus der stationären Behandlung der A. -Klinik entlassen worden ist, und zwar ausweislich des Entlassungsberichts, der der Sachverständigen allerdings noch nicht vorgelegen hat, als arbeitsfähig.

Der Senat vermag darüber hinaus auch nicht festzustellen, dass der Kläger in dem Zeitraum von Mai 2014 bis April 2015, in dem das SG einen Anspruch des Klägers auf volle Erwerbsminderungsrente bejaht hat, in seiner beruflichen Leistungsfähigkeit in einem rentenrelevanten Ausmaß eingeschränkt gewesen ist bzw. auch derzeit noch ist. Soweit sich das SG insoweit auf die Einschätzung des Sachverständigen Prof. Dr. E. gestützt hat, der den Kläger zum Untersuchungszeitpunkt im Oktober 2013 lediglich in einem Umfang von drei bis weniger als sechs Stunden täglich für leistungsfähig erachtet hat, und der bei adäquater Behandlung von einer Besserung ausgegangen ist, ist darauf hinzuweisen, dass zwischenzeitlich jedenfalls im Hinblick auf den Zeitraum von Mai 2014 bis April 2015, für den das SG ausgehend von einem Beginn der zeitlich befristeten Rente gemäß § 101 Abs. 1 SGB VI ab dem siebten Kalendermonat nach Eintritt der Erwerbsminderung dem Kläger die Rente zugesprochen hat, keine rentenrelevante Leistungsminderung festzustellen ist. Entsprechend kann der Senat auch offen lassen, ob die von Prof. Dr. E. diagnostizierte und seiner Beurteilung zu Grunde gelegte depressiven Episode jedenfalls im Oktober 2013 tatsächlich eine Schwere erreicht hat, die die Ausübung einer beruflichen Tätigkeit im Umfang von sechs Stunden täglich unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen nicht zugelassen hätte.

Denn im Hinblick auf das Ergebnis der vom Senat im Berufungsverfahren durchgeführten weiteren Ermittlungen ist eine entsprechende Leistungsminderung in dem in Rede stehenden Zeitraum zu verneinen. So hat der vom Senat hinzugezogene Sachverständige Dr. B. anlässlich seiner im September 2014 erfolgten gutachtlichen Untersuchung keine Befunde erhoben, die auf eine rentenrelevante Leistungseinschränkung hinweisen würden. Dr. B. hat den Kläger als bewusstseinsklar, in allen Qualitäten orientiert und im Denken formal geordnet beschrieben, wobei in der mehrstündigen Untersuchung bis zuletzt Auffassung, Konzentration, Merkfähigkeit, Gedächtnis und Aufmerksamkeit ungestört gewesen sind, ohne dass sich Hinweise auf eine hirnorganische Leistungsstörung oder eine anders begründende kognitive Störung ergeben haben. Ausdrücklich hat der Sachverständige darüber hinaus darauf hingewiesen, dass beim Kläger in der dichten gutachtlichen Untersuchungsprozedur zwischen 10:00 Uhr und 15:45 Uhr keinerlei Erschöpfung oder Ermüdung aufgetreten ist, sich vielmehr sogar überdurchschnittliche Ressourcen bzw. Belastbarkeiten abgebildet haben. Auch hat er den Kläger - abgesehen von einer anfänglichen Affektverhaltenheit - als sehr lebendig und auch engagiert beschrieben, ebenso in der Antriebslage und Psychomotorik bzw. Begleitgestik. Beschrieben hat er ferner sogar schwärmende und temperamentvolle, sogar lachende und auch sehr engagierte mit strahlendem Gesichtsausdruck und Faszination vorgetragene Schilderungen des Klägers, und dies insbesondere auch im Zusammenhang mit dem Unfall. Insoweit hat der Sachverständige auch deutlich gemacht, dass in diesem Kontext keine psychische oder vegetative Alteration aufgetreten ist, wie man dies bei posttraumatischen Störungen kennt. Vielmehr hat der Kläger - so der Sachverständige weiter - sogar schwärmende und faszinierende Schilderungen bis hin zu Überlegungen vorgebracht, selbst bspw. im betreuenden oder therapeutischen Bereich tätig werden zu können, um das Erlebte auch anderen weitergeben zu können. Angesichts dessen ist auch ohne weiteres nachvollziehbar, dass der Sachverständige keine posttraumatische Belastungsstörung mehr diagnostiziert hat. Vor dem Hintergrund seiner weiteren Darlegungen, wonach der Kläger gerne in einem sozialen Beruf tätig werden würde, er, wenn er dies bezahlen könne, zu Bayern-München-Bundesligaspielen fahren würde, öfter essen gehen und sich einen PC besorgen würde, Deutschland, Belgien und die Normandie bereisen würde, einen Tanzkurs absolvieren oder bei der Volkshochschule einen Deutsch- oder Englischkurs oder einen Kurs über soziale Themen belegen würde, er im Übrigen öffentliche Verkehrsmittel, einschließlich eines Flugzeuges im Rahmen einer Flugreise, benutzt, Rad fährt, zu Fuß unterwegs ist, einkaufen geht, gerne mit dem Freund durch die Fußgängerzone bummelt, regelmäßig zum Gottesdienst geht, den Haushalt versorgt und regelmäßig das Internetcafe besucht ist ohne weiteres nachvollziehbar, dass der Sachverständige keine depressive Störung und mithin auch keine Erkrankung mit Auswirkungen auf das quantitative Leistungsvermögen diagnostiziert hat. In Einklang hiermit stehen auch die Ausführungen des Dr. S. in seiner dem Senat erteilten Auskunft. Darin hat er in Bezug auf den erfragten Behandlungszeitraum seit Januar 2013 von einer zunehmenden Besserung berichtet, wobei sich der Kläger besser öffne, eine verminderte Angst gegenüber Kontakten zeige und auch besser für sich sorge. Eine die Leistungsfähigkeit rentenrelevant einschränkende psychische Erkrankung seit Mai 2014 lässt sich mit diesen Befunden nicht belegen. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass der Kläger vom 22.10. bis 10.12.2014 erneut stationär in der A. -Klinik behandelt worden ist. Denn ausweislich des Entlassungsberichts ist der Kläger wiederum psychisch stabil entlassen worden, sodass erneut eine Besserung erzielt worden ist und sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass es nach der gutachtlichen Untersuchung durch den Sachverständigen Dr. B. zu einer dauerhaften Verschlimmerung gekommen sein könnte. Damit trifft aber auch die Einschätzung des Dr. B. zu, der vor dem Hintergrund von dem Kläger berichteten Stimmungseinbrüchen eine überdauernde depressive Symptomatik gerade verneint hat.

Soweit der Kläger zuletzt zwei für die Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie erstattete pneumologische Gutachten vorgelegt hat, ergibt sich auch hieraus keine für den Kläger günstigere Beurteilung. Denn durch die bronchiale Erkrankung ist der Kläger zwar in qualitativer Hinsicht dahingehend eingeschränkt, dass er Tätigkeiten, die mit inhalativen Belastungen verbunden sind, zu vermeiden hat, jedoch besteht im Rahmen der Ausübung leichter beruflicher Tätigkeiten keine quantitative Beeinträchtigung.

Auch in Bezug auf das orthopädische Fachgebiet ergeben sich keine Hinweise auf rentenrelevante Einschränkungen. Hierzu hat Dr. B. auf Grund der Angaben des Klägers und seiner neurologischen Untersuchung zutreffend ausgeführt, dass angesichts der alltäglichen Verrichtungen des Klägers und seiner selbst entwickelten Vorstellungen zu gewünschten Aktivitäten keine funktionellen Einschränkungen ersichtlich sind. Soweit der behandelnde Orthopäde Dr. P. ein auf unter drei Stunden abgesunkenes Leistungsvermögen angenommen hat, beruht dies maßgeblich auf der von ihm angenommenen psychischen Störung des Klägers, die nicht zu seinem Fachgebiet gehört und Gegenstand der dargestellten fachlichen Begutachtung gewesen ist.

Schließlich führen auch die vom Kläger zuletzt angeführten Entscheidungen des Sozialgerichts Braunschweig und des Sozialgerichts Karlsruhe nicht zu einer abweichenden Beurteilung. Insoweit ist bereits nicht ersichtlich, inwieweit diesen Entscheidungen - wie vom Kläger geltend gemacht - eine identische Befundsituation zu Grunde liege soll.

Nach alledem ist lediglich die Berufung der Beklagten erfolgreich, nicht jedoch die Berufung des Klägers.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Für die Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
Rechtskraft
Aus
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