L 11 R 4548/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 10 R 6558/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 4548/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 27.09.2012 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 3) mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der übrigen Beigeladenen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird endgültig auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Beigeladene zu 1) in der Zeit vom 01.08.2009 bis 30.11.2010 bei der Klägerin sozialversicherungspflichtig beschäftigt war.

Die Klägerin, die 1998 als AG gegründet wurde, ist ein international ausgerichtetes Beratungs- und Dienstleistungsunternehmen und zählt nach eigenen Angaben zu den zehn führenden mittelständischen Informations- und Kommunikationsdienstleistern in Deutschland. Sie bietet IT-Services und Lösungen an. Zur Zeit beschäftigt sie (im Rahmen ihrer Gruppe) ca 500 fest angestellte und ca 300 freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (www.s ...com/de-de/ueber-uns/unternehmen, recherchiert am 20.03.2015).

Der am 04.01.1982 geborene Beigeladene zu 1) war in der Zeit vom 01.08.2009 bis 30.11.2010 für die Klägerin tätig. Zuvor arbeitete er bereits als Student bei einem Sicherheitsprojekt der B. Systeme GmbH (Zulieferer der Bundeswehr) mit. Der Tätigkeit für die Klägerin lagen mit "Beauftragung" überschriebene Verträge vom 21.07.2009 und 09.12.2009 zugrunde, in denen die Klägerin als "Auftraggeber" den Beigeladenen zu 1) als "Auftragnehmer" beauftragte, Beratungs- und Dienstleistungen im geplanten Leistungszeitraum 01.08. bis 31.12.2009 bzw 01.01. bis 30.06.2010 mit einem geplanten Leistungsumfang von 690 bzw 960 Personenstunden zu einem Stundensatz von 64 EUR (Gesamtvolumen 48.160 EUR) bzw (Gesamtvolumen 61.440 EUR) mit Einsatzort Bonn, Meckenheim, Bad Neuenahr zu erbringen. Die Beauftragung wurde nochmals bis 30.11.2010 verlängert. Auszugsweise lauteten die Verträge wie folgt:

Leistungsbeschreibung Fachliche Unterstützungsleistungen im Projekt PKIBw, Entwicklung und Implementierung des CMS für PKIBw: - Feinspezifikation CMS – Implementierung und Test CMS – Beratung zu weiteren Vorhaben der PKIBw Vertragsbedingungen: 1. Gegenstand des Vertrages (der Beauftragung)/Leistungsumfang a) Der Auftraggeber beauftragt den Auftragnehmer, die unter dem Kapitel "Leistungsbeschreibung" des näher beschriebenen Beratungs- und Dienstleistungen zu erbringen. Der angegebene Leistungszeitraum und -umfang sind nicht zwingend. Der Auftragnehmer hat keinen Anspruch auf die maximale Vergütung. Der Auftraggeber ist berechtigt, aber nicht verpflichtet, den geplanten Leistungsumfang voll auszuschöpfen. b) Sofern oben nichts anderes vereinbart, gilt der vereinbarte Stundensatz unabhängig davon, an welchen Tagen, zu welcher Tageszeit, in welchem Umfang und an welchem Ort die Arbeiten durchgeführt werden. c) Der Auftragnehmer wird für den Auftraggeber als freier Mitarbeiter tätig. Ein Anstellungsverhältnis wird nicht begründet. d) Für die steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Belange sowie für eine gegebenenfalls notwendige Gewerbeanmeldung wird der Auftragnehmer selbst Sorge tragen. Dies ist bei der Kalkulation der Vergütung berücksichtigt. e) Der Auftragnehmer ist frei darin, auch für andere Auftraggeber tätig zu sein. Der Auftragnehmer erfüllt seine Aufgaben eigenverantwortlich. f) Sollte der Auftragnehmer an der Auftragserfüllung gehindert sein, verpflichtet er sich, den Auftraggeber rechtzeitig darüber zu informieren. Der Auftragnehmer kann sich bei der Erfüllung seiner Aufgaben auch anderer Personen bedienen, die die erforderliche fachliche Qualifikation besitzen, er bleibt jedoch für die ordnungsmäße Erfüllung der vertraglichen Leistungen gegenüber dem Auftraggeber verantwortlich. g) Im Leistungsnachweis sind der Einsatzort sowie der Umfang der Tätigkeit für jeden Einsatztag entsprechend auszuweisen. 2. Laufzeit des Vertrags/Kündigung a) Dieser Vertrag kann aus wichtigem Grund, insbesondere wichtigen wirtschaftlichen Gründen wie der Stornierung des Gesamtauftrages durch den Kunden des Auftraggebers oder, wenn die entsprechend der Leistungsbeschreibung geforderte Qualität und Quantität nicht erfüllt werden, ohne Frist durch den Auftraggeber schriftlich gekündigt werden. Kündigt der Auftraggeber, so werden dem Auftragnehmer bereits entstandene Kosten und Auslagen für bereits geleistete Arbeiten vertragsgemäß entsprechend dem erzielten Leistungsstand ersetzt. b) Unabhängig vom Recht der Kündigung aus wichtigem Grund kann der Vertrag vom Auftraggeber mit einer Frist von einem Monat zum Monatsende gekündigt werden. 3. Abrechnung/Rechnungsstelle a) Der Auftragnehmer wird monatlich Rechnungen stellen. Die Mehrwertsteuer ist auf der Rechnung gesondert auszuweisen ... b) Die monatliche Abrechnung erfolgt nach Aufwand auf Basis der von dem Auftraggeber oder dessen Kunden gegengezeichneten Leistungsnachweisen, die den Rechnungen beizufügen sind ... c) S. obliegt nicht die Abführung der bei dem Auftragnehmer mit Vertragsdurchführung etwa anfallenden Steuern oder sonstigen Abgaben ... 6. Betriebshaftpflichtversicherung/Versicherung Der Auftragnehmer verpflichtet sich zum Abschluss einer separaten Betriebshaftpflichtversicherung. Die Deckungssumme der Betriebshaftpflichtversicherung muss sich bei Personenschäden auf mindestens 1.000.000,00 Euro sowie bei Sachschäden auf mindestens 250.000,00 Euro belaufen ... 8. Sonstiges/Schlussbestimmungen d) Im Übrigen gelten die "Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) für Subunternehmer", einsehbar unter http://www.s ...de/fileadmin/s./pdf/Subunternehmer.pdf.

Der Beigeladene zu 1) übte die Tätigkeit für die Klägerin sowohl von zu Hause aus als auch am Betriebssitz der Kundin aus. Regelmäßig von Dienstag bis Donnerstag hielt er sich in der A.-Kaserne Bad Neuenahr beim Kunden (Bundeswehr) auf, wo ihm ein Arbeitsplatz zur Verfügung stand. Er rechnete die geleisteten Stunden monatlich gegenüber der Klägerin mit Umsatzsteuer ab.

Am 21.08.2009 beantragte der Beigeladene zu 1) bei der Beklagten die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung seiner Tätigkeit für die Klägerin. Als Tätigkeitsbezeichnung gab er "freiberufliche Beratung und Dienstleistung für IT-Sicherheit" an. Auf Nachfrage führte er aus, er erstelle im Rahmen eines Card-Management-Systems (CMS) Konzepte und Spezifikationen, zudem würden bestehende Dokumentationen den veränderten Prozessen angepasst. Die von ihm geleisteten Stunden würden zu Abrechnungszwecken von ihm in das Claiming-Tool des Kunden direkt eingepflegt. Er setze eigenes Kapital zur Ausübung der Tätigkeit ein in Form von Material, Ausrüstung und Reisekosten, monatlich ca 2.000 EUR. Die Höhe seiner Entlohnung beruhe auf seiner Kalkulation und sei der Klägerin angeboten worden. Die Endabnahme seiner Leistung erfolge durch die Projektleitung und dessen Kunden. Das Projektteam setze sich aus ca 14 externen Spezialisten der Firmen I. Deutschland GmbH, I. E. GmbH,.-Systems, I. und ihm zusammen. Schnittpunkte der einzelnen Leistungen ergäben sich aus den Arbeitspaketen der Projektplanung. Es gebe einen Projektverantwortlichen für das Gesamtprojekt PKIBw, dies sei ein externer Mitarbeiter der I. Deutschland GmbH, der durch die B.-Systeme gestellt werde. Der externe Projektverantwortliche sei ihm gegenüber nicht weisungsbefugt. Ein Laptop werde durch die B.-Systeme aus Sicherheitsgründen bereitgestellt. Die Arbeitszeit werde nicht vorgegeben.

Mit Schreiben vom 18.12.2009 hörte die Beklagte die Klägerin sowie den Beigeladenen zu 1) dazu an, dass sie den Erlass eines Bescheides über das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung beabsichtige. Hierzu nahm die Klägerin ausführlich Stellung.

Mit Bescheiden vom 13.01.2010 gegenüber der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) stellte die Beklagte fest, dass die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) im Bereich Beratung und Dienstleistungen für IT-Sicherheit bei der Klägerin seit dem 01.08.2009 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt worden sei. Die Verantwortung der Projektkoordination und der übergeordneten Belange obliege dem Projektleiter der Klägerin, der sich mit dem Projektverantwortlichen des Endkunden abstimme. Die Vergütung erfolge anhand eines festen Stundensatzes. Außerdem würden Fahrtkosten zu den Einsatzorten, Übernachtungsgeld und eine Tagespauschale gezahlt. Die Tätigkeit werde überwiegend in den Räumlichkeiten des Kunden der Klägerin ausgeübt mit den dort vorhandenen Betriebsmitteln. Der Beigeladene zu 1) erbringe die Leistung persönlich, Hilfskräfte würden nicht eingesetzt. Für eine selbständige Tätigkeit spreche, dass der Beigeladene zu 1) verpflichtet sei, eine Betriebshaftpflichtversicherung abzuschließen und er für weitere Auftraggeber tätig sei. Die Modalitäten der Leistungserbringungen seien zwischen der Klägerin und deren Kundin vereinbart und lediglich an den Beigeladenen zu 1) delegiert worden. Ein unternehmerisches Risiko sei nicht zu erkennen.

Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 20.01.2010 Widerspruch ein. Der Beigeladene zu 1) sei frei gewesen in der Einteilung seiner Arbeitszeit, habe jedoch selbstverständlich die Wünsche und Belange des Kunden zu berücksichtigen. Er habe zur Durchführung des Projekts auch weitere Subunternehmer hinzuziehen können, er sei nicht zur persönlichen Leistungserbringung verpflichtet. Es liege auch keine fachliche Weisungsgebundenheit vor. Die Funktionalität des Arbeitsergebnisses sei entscheidend, es werde keinerlei Lösungsweg vorgegeben. Es bestehe auch ein erhebliches Unternehmerrisiko, der Beigeladene zu 1) werde nach Leistung und nicht nach Arbeitszeit honoriert. Unabhängig von Schadenersatzansprüchen, denen der Beigeladene zu 1) im Zweifel ausgesetzt sei, sei das Projekt auch zeitlich begrenzt, so dass er für Aufträge selbst verantwortlich sei. Darüber hinaus habe er eigene Betriebsmittel wie Laptop, Home-Office, allgemeine Büromaterialien, Versicherungsprämien, Weiterbildungskosten und Kosten für Werbung zu tragen. Die Nutzung der Arbeitsmittel direkt vom Kunden der Klägerin geschehe aus Sicherheitsaspekten. Der Kunde sei vor Projektstart darüber informiert worden, dass der Beigeladene zu 1) nicht Mitarbeiter der Klägerin sei. Viele Endkunden wünschten einen Ansprechpartner, nämlich die Klägerin, die alles organisiere. Für den Endkunden habe dies den Vorteil, dass er nur einen Ansprechpartner habe, jedoch wisse, dass für die Bewältigung des Projektes die richtigen Spezialisten ausgesucht wurden. Der Projektleiter der Klägerin übe keine fachlichen Weisungen gegenüber dem Beigeladenen zu 1) aus, sondern stimme lediglich die Verantwortung der Projektkoordination und der übergeordneten Belange mit dem Projektverantwortlichen beim Endkunden ab.

Mit Bescheiden vom 02.03.2010 änderte die Beklagte die Bescheide vom 13.01.2009 dahingehend ab, dass für den Beigeladenen zu 1) in der Tätigkeit bei der Klägerin Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe. Die Versicherungspflicht beginne am 01.08.2009.

Gegen diesen Bescheid legte der Beigeladene zu 1) am 19.03.2010 Widerspruch ein. Er führte aus, er sei als IT-Sicherheitsbeauftragter der Firma B. Systeme GmbH tätig und berate sowohl diese als auch die Bundeswehr. Die Notwendigkeit der Unterbeauftragung der Klägerin habe sich daraus ergeben, dass der Bundeswehr-Zulieferer B. Systeme GmbH keine selbstständigen Unternehmer aus Sicherheitsgründen und wegen des damit verbundenen Organisationsaufwands habe beauftragen können. Die Akquise des Auftrags habe der Beigeladene zu 1) eigenständig getätigt ohne Vermittlung der Klägerin. Er habe auch die wesentlichen Vertragsverhandlungen direkt mit der B. Systeme GmbH geführt.

Mit Widerspruchsbescheiden vom 14.10.2010 wies die Beklagte gegenüber der Klägerin sowie dem Beigeladenen zu 1) die Widersprüche zurück. Hinsichtlich Arbeitsort und –zeit seien dem Beigeladenen zu 1) nur scheinbar Gestaltungsmöglichkeiten eingeräumt. Der Einsatzort sei zwangsläufig vorgegeben, die Arbeitszeit orientiere sich am vorgegebenen Zeitrahmen und den Arbeitszeiten des Endkunden. Auch wenn der Beigeladene zu 1) geltend mache, den Auftrag selbst akquiriert zu haben, trete er dem Endkunden gegenüber nicht als selbstständig auf, sondern hafte nur gegenüber der Klägerin. Eine Eingliederung in die Betriebsorganisation setze nicht das Eingebundensein in Arbeitsabläufe am Betriebssitz des Auftraggebers voraus, sondern könne auch bei auswärts zu erfüllenden Aufgaben bereits durch die Übertragung einer konkreten Funktion zur Erfüllung einer vom Auftraggeber übernommenen Verpflichtung vorliegen. Dass bezüglich der Art und Weise der Ausübung der Tätigkeit keine detaillierten Weisungen hätten erteilt werden können, führe nicht zur Selbstständigkeit. Bei Diensten höherer Art trete an die Stelle der Weisungsgebundenheit die funktionsgerecht dienende Teilhabe am Arbeitsprozess. Der Beigeladene zu 1) sei in den Betriebsablauf eines Dritten integriert, was sich darin zeige, dass er mit "Projektkollegen" zusammenarbeite und ein Projektleiter des Endkunden die Tätigkeit überwache. Ein Einsatz von Hilfskräften oder Vertretern sei nicht erfolgt. Eine Honorierung sei nicht aufgrund eines Projekterfolgs erfolgt, sondern aufgrund von aufgezeichneten und kontrollierten Zeiterfassungsbögen auf Stundenbasis. Der Beigeladene zu 1) habe seine Arbeitskraft nicht mit ungewissem Erfolg eingesetzt, da eine Stundenpauschale vereinbart worden sei. Ein unternehmerisches Risiko liege im gesamten Tätigkeitszeitraum nicht vor. Nach Gesamtwürdigung würden die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis überwiegen.

Hiergegen richtet sich die am 20.10.2010 von der Klägerin zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhobene Klage. Zur Begründung wiederholt und vertieft die Klägerin ihr Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren.

Am 08.11.2010 hat der Beigeladene zu 1) Klage zum Sozialgericht Hamburg erhoben (S 49 R 1004/10). Das dortige Verfahren ruht im Hinblick auf den anhängigen Rechtsstreit.

Mit Urteil vom 27.09.2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beigeladene zu 1) im streitigen Zeitraum bei der Klägerin abhängig beschäftigt und damit versicherungspflichtig in allen Zweigen der Sozialversicherung gewesen sei. Das SG hat sich dabei der Begründung des Senats im Urteil vom 14.02.2012 (L 11 KR 3007/11, juris) angeschlossen und ausgeführt, der Leistungsinhalt des Vertrags sei nicht konkret umschrieben, sondern der Beigeladene zu 1) sei mit der Erbringung von Beratungs- und Dienstleistungen in Form fachlicher Unterstützungsleistungen im Projekt PKIBw beim Endkunden der Klägerin, der Bundeswehr beauftragt gewesen. Ihm seien Arbeitspakete vom Projektleiter zugeteilt und damit der Vertragsgegenstand konkretisiert worden. Die Kontrolle sei durch die Projektleitung erfolgt. Die Freiheit hinsichtlich der Arbeitszeit und der (technischen) Lösung des Problems stehe der Annahme einer Weisungsgebundenheit nicht entgegen, da diese zur funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess, der Erfüllung der vertraglichen Pflichten der Klägerin gegenüber der Bundeswehr, verfeinert sei. Vertragsbeziehungen bestünden ausschließlich zwischen der Klägerin und deren Kunden sowie der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1). Der Beigeladene zu 1) habe hinsichtlich der Arbeitsleistung einer Zeiterfassung und Kontrolle unterlegen. Er habe auch kein Unternehmerrisiko getragen. Die geleisteten Arbeitsstunden seien zu einem festen Stundensatz vergütet worden. Das Vorhalten eines häuslichen Arbeitszimmers falle gegenüber der Verwertung der eigenen Arbeitskraft nicht deutlich ins Gewicht. Der fehlende Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und Urlaub begründe ebenfalls kein Unternehmerrisiko.

Gegen das ihrem Bevollmächtigten am 16.10.2012 zugestellte Urteil richtet sich die am 30.10.2012 eingelegte Berufung der Klägerin. Vorliegend sei der Einzelfall unter Berücksichtigung des Gesamtbildes zu beurteilen. Die konkrete Leistungsbeschreibung sei ausreichend und bedürfe keiner weiteren Konkretisierung durch die Klägerin. Gerade im Rahmen einer Beratung könne eine Leistungsbeschreibung nicht präziser sein, dies wäre widersprüchlich. Die beratende Tätigkeit bestehe gerade darin, dass erst im Laufe der Zeit präzisiert werden könne, was zur Lösung des Problems getan werden könne. Der Beigeladene zu 1) habe auch ein Unternehmerrisiko. Er trete am Markt als Unternehmer auf und werbe für sich. Er unterhalte eine eigene EDV und setze damit eigenes Kapital ein. Branchenspezifische Besonderheiten dürften nicht unberücksichtigt bleiben, so seien alle Dienstleistungsbereiche als betriebsmittelarm einzustufen. Insbesondere unterliege der Beigeladene zu 1) auch einem Haftungsrisiko. Auch das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg habe in einem Parallelverfahren (L 4 R 3943/13) die Rechtsauffassung der Klägerin bestätigt. Die Klägerin habe Weisungen schon wegen fehlender Fachkenntnisse an den Beigeladenen zu 1) gar nicht erteilen können. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat Herr W. für die Klägerin ergänzend ausgeführt, dass diese in einem wesentlichen Bereich auch im sog Lieferanten-Management tätig sei. Die Klägerin habe den Status als Core Lieferant beispielsweise für I. und.-Systems und verfüge über ca 5.000 bis 6.000 Freelancer-Profile in ihrer Datenbank, aus denen sie für die verschiedenen Projekte die passenden Leute aussuchen könne. Im konkreten Fall habe nur ein "abrechnungstechnisches Verhältnis" mit dem Beigeladenen zu 1) bestanden.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 27.09.2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 13.01.2010, abgeändert durch Bescheid vom 02.03.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.10.2010 aufzuheben und festzustellen, dass der Beigeladene zu 1) hinsichtlich seiner Tätigkeit für die Klägerin in der Zeit vom 01.08.2009 bis 30.11.2010 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag, hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Eine Weisung im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses liege vor, wenn der Auftraggeber erst durch seine Anweisung den Gegenstand der zu erbringenden Leistung bestimme. Dagegen lasse sich aus Weisungen, durch die Art, Reihenfolge und Einzelinhalte verschiedener oder gleichartiger Werk- oder Dienstleistungen im Rahmen der zuvor vereinbarten Vertragsgegenstände festgelegt werden, nicht in jedem Fall auf eine personalhoheitliche Weisung schließen, soweit die Weisungen nur bezogen auf das konkrete Werk erteilt werden. Hier liege jedoch keine hinreichend konkrete Dienstleistung vor.

Die Beigeladene zu 3) beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie nimmt Bezug auf die Gründe des angefochtenen Urteils und die Berufungserwiderung der Beklagten.

Die übrigen Beigeladenen haben sich im Verfahren nicht geäußert und keine Anträge gestellt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.

Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft und damit zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Die Bescheide vom 13.01.2010, abgeändert durch Bescheide vom 02.03.2010 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 14.10.2010 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Für die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) in der Zeit vom 01.08.2009 bis 30.11.2010 bestand Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung.

Die angefochtenen Bescheide sind formell rechtmäßig. Sie sind nach erfolgter Anhörung der Beteiligten ergangen, zudem hat die Beklagte mit Änderungsbescheiden vom 02.03.2010 die Anforderungen erfüllt, die das Bundessozialgericht (BSG) an eine Statusfeststellung gestellt hat. Danach genügt nicht die losgelöste Entscheidung über das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses, sondern es ist ebenso eine Feststellung zum Vorliegen von Versicherungspflicht zu treffen (BSG 11.03.2009, B 12 R 11/07 R, BSGE 103, 17 = SozR 4-2400 § 7a Nr 2 mit Anmerkung von Plagemann, EWiR 2009, 689; 04.06.2009, B 12 R 6/08 R, juris; hierzu auch ausführlich Merten, SGb 2010, 271).

Nach § 7a Abs 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) in der hier anzuwendenden, seit 01.01.2009 geltenden Fassung des Art 1 Nr 1 des 2. SGB IV ÄndG vom 21.12.2008 (BGBl I 2933) können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung der nach § 7a Abs 1 Satz 3 SGB IV zuständigen Beklagten beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Diese entscheidet aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände, ob eine Beschäftigung vorliegt (§ 7a Abs 2 SGB IV). Das Verwaltungsverfahren ist in Absätzen 3 bis 5 der Vorschrift geregelt. § 7a Abs 6 SGB IV regelt in Abweichung von den einschlägigen Vorschriften der einzelnen Versicherungszweige und des SGB IV den Eintritt der Versicherungspflicht (Satz 1) und die Fälligkeit des Gesamtsozialversicherungsbeitrags (Satz 2). Abs 7 der Vorschrift ordnet die aufschiebende Wirkung von Klage und Widerspruch bezüglich der Fälligkeit der Beiträge an (Satz 1). Mit dem rückwirkend zum 01.01.1999 durch das Gesetz zur Förderung der Selbstständigkeit vom 20.12.1999 (BGBl 2000 I, Seite 2) eingeführten Anfrageverfahren soll eine schnelle und unkomplizierte Möglichkeit zur Klärung der Statusfrage erreicht werden; zugleich sollen divergierende Entscheidungen verhindert werden (BT-Drucks 14/1855, Seite 6).

Einen entsprechenden Antrag auf Statusfeststellung hat der Beigeladene zu 1) am 21.08.2009 gestellt. Ein vorheriges Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung durch einen anderen Versicherungsträger oder die Einzugsstelle ist nicht ersichtlich.

Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterlagen im streitgegenständlichen Zeitraum in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung der Versicherungs- bzw Beitragspflicht (§ 5 Abs 1 Nr 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), § 20 Abs 1 Satz 2 Nr 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch, § 1 Satz 1 Nr 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch, § 25 Abs 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV in der ab 01.01.1999 geltenden Fassung. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zum Ganzen BSG 29.08.2012, B 12 R 25/10 R, BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17 mwN).

Zur Feststellung des Gesamtbilds kommt den tatsächlichen Verhältnissen nicht voraussetzungslos ein Vorrang gegenüber den vertraglichen Abreden zu. Zwar hat das BSG noch im Urteil vom 22.6.2005 (BSG, B 12 KR 28/03 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 5) ausgeführt, dass beim Abweichen der Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen letztere den Ausschlag geben. Jedoch hat es diese Aussage in Zusammenfassung älterer Entscheidungen nachfolgend präzisiert: Danach sind die das Gesamtbild bestimmenden tatsächlichen Verhältnisse die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (BSG 29.08.2012 aaO).

Nach den genannten Grundsätzen gelangt der Senat unter Abwägung aller Umstände zu der Überzeugung, dass der Beigeladene zu 1) in der Zeit vom 01.08.2009 bis 30.11.2010 bei der Klägerin eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt hat und daher Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestanden hat. Die Klägerin führte bei ihrer Kundin Bundeswehr ein Projekt durch, in dessen Rahmen der Beigeladene zu 1) für die Klägerin bei der Endkundin tätig war. Die Tätigkeit umfasste fachliche Unterstützungsleistungen im Projekt "PKIBw, Entwicklung und Implementierung des CMS für PKIBw (Feinspezifikation CMS, Implementierung und Test CMS, Beratung zu weiteren Vorhaben der PKIBw)". Eine derartige Tätigkeit ist nicht nur im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses, sondern grundsätzlich auch als freier Mitarbeiter (Dienstvertrag) möglich. Für die Statusabgrenzung ist sowohl nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) als auch nach der Rechtsprechung des BSG nicht entscheidend, an wie vielen verschiedenen Vorhaben der Betreffende teilgenommen hat und ob er auch für andere Auftraggeber tätig ist bzw war (BAG 09.10.2002, 5 AZR 405/01, juris). Erforderlich ist selbst im Rahmen eines Dauerrechtsverhältnisses stets eine Bewertung der einzelnen Arbeitseinsätze (BSG, 28.05.2008, B 12 KR 13/07 R, juris). Abzustellen ist daher nur auf die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) für die Klägerin. Abgesehen davon war der Beigeladene zu 1) im streitigen Zeitraum zumindest weit überwiegend, wenn nicht sogar ausschließlich für die Klägerin tätig mit monatlichen Arbeitsstunden zwischen 112 (Ausreißer nach unten) und 174,5 Stunden.

Vorliegend spricht die konkrete Vertragsbeziehung dafür, dass der Beigeladene zu 1) der Klägerin allein seine Arbeitskraft zur Verfügung gestellt hat. Durch die Einbindung in ein Projekt, dessen Durchführung Gegenstand eines Vertragsverhältnisses der Klägerin mit ihrer Kundin Bundeswehr war, liegt eine Eingliederung des Beigeladenen zu 1) in den Betrieb bzw die Arbeitsorganisation der Klägerin vor. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die Leistung des Beigeladenen zu 1) von der Klägerin benötigt wird, damit diese ein von ihr ihrer Kundin im Rahmen eines Vertrags geschuldetes Projekt realisieren kann. Die Vertragsbeziehungen zwischen der Klägerin und der Bundeswehr sind dem Senat nicht bekannt, da diese von der Klägerin nicht offengelegt werden. Die Leistungsbeschreibung in den Vertragsbedingungen zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) bezieht sich ausdrücklich auf eine Dienstleistung, nämlich fachliche Unterstützungsleistung bei dem Endkunden. Erschöpfte sich die Verpflichtung der Klägerin gegenüber ihrem Kunden in der Zurverfügungstellung des Beigeladenen zu 1), läge unzweifelhaft ein Fall der Arbeitnehmerüberlassung vor (BAG 09.11.2004, 7 AZR 217/94, juris), der nach § 1 Abs 1 Satz 1 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz einer Erlaubnis bedürfte. Letztlich kann offenbleiben, ob sich hier die Tätigkeit der Klägerin – was nach den Ausführungen des Herrn W. in der mündlichen Verhandlung nicht gänzlich fern liegt – als Arbeitnehmerüberlassung darstellt mit der Folge, dass ein Arbeitsverhältnis zwischen der Klägerin als Verleiherin und dem Beigeladenen zu 1) als Leiharbeitnehmer entstanden wäre. Denn jedenfalls liegt eine Eingliederung in den Betrieb der Klägerin vor. Ist – wie hier - nur die Klägerin dem Kunden für die Erfüllung der im Vertrag mit diesem vereinbarten Dienste oder für die Herstellung des geschuldeten Werks verantwortlich, setzt dies voraus, dass sie über einen ausreichenden Einfluss auf die von ihr zur Ausführung des Vertrags mit dem Kunden eingesetzten Arbeitskräfte verfügt. Ein entsprechender Einfluss ist hier vertraglich vorgesehen, der insoweit einer arbeitsrechtlichen Direktionsbefugnis vergleichbar ist. Dies ergibt sich aus den AGB für Subunternehmer, die nach Nr 8 Buchst d des Vertrags zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) ergänzend gelten. Nr 2.2 der AGB lautet: "Die von S. vorgegebenen Leistungswünsche, -merkmale und -ziele entbinden den Auftragnehmer nicht von seiner Verantwortung für eine technisch einwandfreie und wirtschaftliche Lösung." In Nr 2.3 der AGB ist geregelt: "Sofern beim Erbringen der vertraglichen Leistung noch Veränderungen beim Leistungsinhalt und -umfang notwendig erscheinen, wird der Auftragnehmer S. hiervon unverzüglich unterrichten und die Entscheidung einholen, ob der Auftrag in geänderter Form weitergeführt werden soll. Zusatz- oder Änderungsleistungen, die ohne vorherige Zustimmung von S. erbracht werden, begründen keinen Vergütungsanspruch. S. kann schriftlich Änderungen oder Zusatzleistungen verlangen. Der Arbeitnehmer wird diese, wenn und soweit sie realisierbar sind, nach Maßgabe der Vertragsbestimmungen vornehmen." Mit diesen Regelungen hat sich die Klägerin das Recht gesichert, einen bestimmenden Einfluss auf den Inhalt der geschuldeten Dienstleistung und ihre Ausführung zu nehmen. Wie der Senat bereits im Urteil vom 14.02.2012 (L 11 KR 3007/11, juris) ausgeführt hat, welches ebenfalls die Klägerin betraf, können die AGB ohne konkreten Bezug auf den Inhalt des mit dem Beigeladenen zu 1) geschlossenen Vertrag nicht so verstanden werden, dass damit lediglich die vom Beigeladenen zu 1) geschuldete Leistung ein- und abgegrenzt wird. Die geschuldete Dienstleistung ist nicht so bestimmt gefasst, dass die von der Klägerin "vorgegebenen Leistungswünsche, -merkmale und -ziele" bzw die gewünschten "Änderungen oder Zusatzleistungen" nicht auch Zeit und Ort der Arbeitsleistung umfassen könnten. Ob die Klägerin von ihrer Rechtsmacht Gebrauch gemacht hat, ist unerheblich (Senatsurteil vom 14.02.2012, aaO).

Dagegen spricht nicht, dass Weisungen in fachlicher Hinsicht nicht erforderlich waren. Das Weisungsrecht kann insbesondere bei Diensten höherer Art auch eingeschränkt und "zur dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert" sein, wenn der Beschäftigte nur in den Betrieb eingegliedert ist (BSG 18.12.2001, B 12 KR 8/01 R, SozR 3-2400 § 7 Nr 19). Aus der Rechtsprechung des BSG (27.11.1980, 8a RU 26/80 und 12.02.2004, B 12 KR 26/02 R) ergibt sich nicht, dass Anweisungen im Rahmen eines Dienstleistungsvertrags zur Beeinflussung der Erfüllung des Auftrags in ähnlicher Form wie Weisungen möglich wären, ohne dass dies auf die Stellung als selbstständig tätige oder abhängig beschäftigte Person durchschlagen würde. In den genannten Entscheidungen zu Ringtourenfahrern bzw einem Dozenten an der Volkshochschule waren die als selbstständig eingestuften Tätigkeiten zwar keineswegs frei von jeglicher Bindung, die Einflussnahme erfolgte indes nicht durch Einzelanordnungen, sondern durch entsprechende Rahmenvereinbarungen oder -pläne. Umstände, die bereits im Voraus vertraglich festgelegt sind, begründen aber idR kein Weisungsrecht des Auftraggebers (vgl BSG 04.04.1979, 12 RK 37/77, juris zur Verpflichtung eines Orchestermusikers, eine Tracht zu tragen und ein bestimmtes Instrument zu spielen). Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Fall in der zugrunde liegenden rechtlichen Gestaltung, aufgrund derer auch im laufenden Betrieb - wie oben ausgeführt - eine Einflussnahme der Klägerin auf die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) möglich war.

Der Beigeladene zu 1) war auch nicht wegen seiner Spezialkenntnisse in einer Position, die faktisch Weisungen an ihn ausgeschlossen hätte (hierzu LSG Baden-Württemberg 27.02.2015, L 4 R 3943/13). Wird jemand gerade wegen seiner speziellen Kenntnisse beschäftigt, steht dies einer Eingliederung in die betrieblichen Abläufe und einem Weisungsrecht nicht entgegen, nur weil der Arbeitgeber uU fachlich hinsichtlich der Tätigkeit mangels eigener Kenntnisse gar keine Vorgaben machen kann. Denn die gesamte Steuerung und Koordination insbesondere auch in Zusammenarbeit mit weiteren Arbeitskräften kann gleichwohl durch Weisungen erfolgen. Dies war hier auch der Fall. Der Beigeladene zu 1) war eingegliedert in den gesamten Projektablauf, ihm wurden vom Projektleiter Arbeitspakete zugeteilt, die dann von ihm zwar eigenverantwortlich erledigt werden mussten, jedoch in ständiger Abstimmung mit den übrigen 13 bis 14 an diesem Projekt tätigen Externen. Das Erfordernis enger Abstimmung und Absprache wird auch dadurch belegt, dass eine regelmäßige Anwesenheit am Sitz des Endkunden von Dienstag bis Donnerstag offensichtlich übereinstimmend für notwendig erachtet worden war. Schließlich spricht auch die Formulierung im Vertragstext über die Erbringung "fachlicher Unterstützungsleistungen" dafür, dass es sich hier um dienende Tätigkeiten im Rahmen des Gesamtprojekts handelte.

Hinsichtlich Arbeitszeit und -ort war der Beigeladene zu 1) in der Gestaltung nur teilweise frei, denn er musste überwiegend (Dienstag bis Donnerstag) bei der Endkundin in Bad Neuenahr tätig sein. Auch hierin zeigt sich die Eingliederung in betriebliche Abläufe, um das Projekt überhaupt realisieren zu können. Zudem ist zu berücksichtigen, dass wenn auch ein konkretes Weisungsrecht diesbezüglich in der "Beauftragung" des Beigeladenen zu 1) nicht geregelt war, sich gleichwohl Einflussmöglichkeiten der Klägerin aus den ebenfalls maßgeblichen AGB ergeben. Im Übrigen sind Freiheit und Eigenverantwortlichkeit hinsichtlich der Einteilung der Arbeitszeit auch bei leitenden Angestellten möglich.

Die vertraglich eingeräumte Möglichkeit, sich zur Erfüllung seiner Aufgaben anderer Personen zu bedienen, spricht weder für noch gegen die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit. Die Befugnis zu Delegation allein ist kein entscheidendes Kriterium, weil sie nichts darüber aussagt, inwieweit von ihr Gebrauch gemacht wird und überhaupt Gebrauch gemacht werden könnte (BSG 11.03.2009, B 12 KR 21/07 R, juris). Tatsächlich hat der Beigeladene zu 1) keine anderen Personen eingesetzt; es kann daher auch offenbleiben, inwieweit der Einsatz Dritter bei der Endkundin schon aus Sicherheitsgründen überhaupt möglich gewesen wäre.

Ein wesentliches unternehmerisches Risiko hat der Beigeladene zu 1) vorliegend nicht getragen. Maßgebend ist insoweit das einzelne Auftragsverhältnis, weshalb es ohne Bedeutung ist, dass der Beigeladene zu 1) vor und nach Abwicklung eines Auftragsverhältnisses das Risiko einer Beschäftigung trägt. Ein gewichtiges Indiz für eine selbständige Tätigkeit ist das mit dem Einsatz eigenen Kapitals verbundene Unternehmerrisiko. Maßgebliches Kriterium für ein solches Risiko eines Selbstständigen ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der tatsächlichen und sächlichen Mittel also ungewiss ist (BSG 12.12.1990, 11 RAr 73/90, juris; BSG 28.05.2008, B 12 KR 13/07 R, juris). Erhebliche eigene Betriebsmittel hat der Beigeladene zu 1) mit Laptop und Unterhaltung eines Homeoffice nicht eingesetzt. Die behaupteten Kosten von 2.000 EUR monatlich sind in keiner Weise belegt oder nachvollziehbar, insbesondere angesichts der von der Klägerin erstatteten Reise- und Übernachtungskosten. Insoweit ist allerdings als branchenspezifisch zu berücksichtigen, dass entsprechende Dienstleistungen generell betriebsmittelarm sind. In gleicher Weise liegt es in der Natur der Sache, dass dem Beigeladenen zu 1) von der Endkundin aus Sicherheitsgründen Zugang zu ihrer Hard- und Software hatte und ein Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt wurde. Entscheidend ist aber, dass der Beigeladene zu 1) nicht das Risiko zu tragen hatte, ob der Einsatz seiner Arbeitskraft überhaupt mit einem Entgelt entlohnt wird, denn es erfolgte eine Vergütung mit festem Stundenlohn nach geleisteten Arbeitsstunden. Insoweit war gerade nicht ein Erfolg im Rahmen eines Werkvertrags geschuldet, sondern die Dienstleistung. Zwar war in den AGB eine Mängelbeseitigungsklausel (Nr 3.2) vorgesehen, grundsätzlich wurden jedoch die geleisteten Arbeitsstunden vergütet. War nur eine Dienstleistung und kein Erfolg geschuldet, konnte der Beigeladene zu 1) auch nach der Beauftragung nicht für eine bestimmte Lösung eines Problems haften. Vergütet wurden auch nur die tatsächlich geleisteten Stunden; selbst wenn der Beigeladene zu 1) zur Erfüllung einer Aufgabe weniger Stunden gebraucht hätte, als veranschlagt, hätte sich dadurch sein Verdienst - anders als der Gewinn bei einem Unternehmer, der das Kalkulationsrisiko trägt - nicht erhöht. Auf der anderen Seite bestand auch keine Gefahr, dass der Beigeladene zu 1) zur Zielerreichung hätte zusätzliche Stunden leisten müssen, die nicht vergütet worden wären.

Kein Indiz für eine selbstständige Tätigkeit ist allerdings, dass in der vertraglichen Vereinbarung keine Arbeitnehmerschutzrechte wie Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder Urlaubsansprüche geregelt sind. Solche Vertragsgestaltungen sind als typisch anzusehen, wenn beide Seiten eine selbstständige freie Mitarbeit wollten. Ebenso ist der Gedanke der (hier fehlenden) Schutzbedürftigkeit des in Betracht kommenden Personenkreises kein Merkmal dafür, ob es sich um eine abhängige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit handelt (BSG 24.10.1978, 12 RK 58/76, SozR 2200 § 1227 Nr 19).

In der Gesamtabwägung überwiegen nach alledem die Gesichtspunkte, die für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprechen.

Die Beklagte hat nach alledem zu Recht festgestellt, dass der Beigeladene zu 1) aufgrund seiner Tätigkeit bei der Klägerin für die Bundeswehr vom 01.08.2009 bis 30.11.2010 versicherungspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung, Rentenversicherung, sozialen Pflegeversicherung und nach dem Arbeitsförderungsrecht war. Da der Beigeladene zu 1) einem späteren Beginn der Versicherungspflicht nicht zugestimmt hat, kam auch ein späterer Zeitpunkt des Eintritts der Versicherungspflicht nach § 7a Abs 6 SGB IV nicht in Betracht.

Der Versicherungspflicht in der Kranken- (und folgend Pflegeversicherung) steht auch nicht entgegen, dass der Beigeladene zu 1) ein Einkommen oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze erzielt hat. Nach § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V (idF des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes (GKV-WSG) vom 26.03.2007, BGBl I 378; auch im Folgenden) sind in der GKV versicherungsfrei Arbeiter und Angestellte, deren regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt die Jahresarbeitsentgeltgrenze nach den Absätzen 6 oder 7 übersteigt und in drei aufeinander folgenden Kalenderjahren überstiegen hat; Zuschläge, die mit Rücksicht auf den Familienstand gezahlt werden, bleiben unberücksichtigt. Der Beigeladene zu 1) hatte am 01.08.2009 die Jahresarbeitsentgeltgrenze im maßgebenden Dreijahreszeitraum vom 01.08.2006 bis 31.07.2009 nicht überschritten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 SGG iVm § 154 Abs 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 3) werden der Klägerin auferlegt, nicht jedoch die Kosten der übrigen Beigeladenen. Die Beigeladenen zu 1), 2), 4) und 5) haben keine Anträge gestellt und damit auch kein Prozessrisiko auf sich genommen (§ 197a Abs 1 SGG iVm §§ 154 Abs 3, 162 Abs 3 VwGO).

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGG iVm §§ 63 Abs 2 Satz 1, 52 Abs 2, 47 Gerichtskostengesetz. Die Höhe des Streitwerts entspricht dem Regelstreitwert von 5.000,00 EUR, da bislang lediglich über das Bestehen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses und die hieraus folgende Sozialversicherungspflicht entschieden wurde, aber noch keine Gesamtsozialversicherungsbeiträge festgesetzt wurden.
Rechtskraft
Aus
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