L 3 U 1101/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 4 U 562/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 U 1101/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 04. Februar 2013 wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

3. Die Kosten des auf Antrag des Klägers erhobenen Gutachtens von Dr. R. J. Althaus vom 22. April 2014 werden nicht auf die Staatskasse übernommen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Anerkennung weiterer Unfallfolgen seines Arbeitsunfalls vom 30.09.2002 sowie die Gewährung einer Verletztenrente.

Der Kläger ist am 15.02.1955 geboren. Bis 1992 hatte er in Kasachstan gelebt und gearbeitet. Zum Unfallzeitpunkt im Jahre 2002 war er als Zimmerer in einem Holzbauunternehmen im Inland beschäftigt und insoweit bei der Beklagten gesetzlich unfallversichert.

Am 30.09.2002 erlitt er einen Arbeitsunfall. Nach seinen Angaben gegenüber dem D-Arzt Prof. Dr. A. am Folgetag stürzte er auf einer Baustelle von einer Leiter aus etwa zwei Metern Höhe auf die rechte Flanke. Dieser D-Arzt diagnostizierte zunächst eine Thoraxprellung und Schürfwunden an Flanke und Arm. Bei einer Nachuntersuchung am 18.10.2002 stellte D-Arzt Dr. B. zusätzlich eine Fraktur der 6. Rippe rechts fest. Eine ärztliche Behandlung im Anschluss hieran ist nicht dokumentiert.

Bei einer Kernspintomographie der Halswirbelsäule (HWS) etwas mehr als ein Jahr später, am 21.10.2003, diagnostizierte die Radiologin Prof. Dr. C. einen Z.n. (Zustand nach) älterer Wirbelkörperkompressionsfraktur C5 mit Höhenminderung und keilförmiger Deformierung, eine deutliche ankylosierende (übergreifende, versteifende) Reaktion zwischen C4 und C5 sowie weitere Veränderungen an der HWS. Auf Grund einer Kontrolluntersuchung am 21.12.2005 bestätigte Prof. Dr. C. den Z.n. Kompressionsfraktur HWK5 (C5) und diagnostizierte neu zwei kleine Bandscheibenvorfälle an der HWS. In den Jahren wurden im Rahmen anderer Verfahren mit verschiedenen Berufsgenossenschaften und dem Versorgungsamt weitere ärztliche Unterlagen erhoben. So bestätigte der Orthopäde Dr. D. in seinem Arztbrief vom 12.06.2006 an das Versorgungsamt u.a. ein chronisches Zervikalsyndrom mit degenerativen Veränderungen und Ausheilung einer HWK-5-Fraktur mit segmentaler Gefügestörung. In einer beratungsärztlichen Stellungnahme an die Bergbau-Berufsgenossenschaft meinte der Chirurg Dr. E. unter dem 03.09.2006, eine Kompressionsfraktur als Folge des Unfalls im Jahre 2002 sei unwahrscheinlich.

Mit Schreiben seines Verfahrensbevollmächtigten vom 02.11.2010, bei der Beklagten am 05.11.2010 eingegangen, beantragte der Kläger im Rahmen eines der anderen Verfahren, die Beklagte möge auch über das Vorliegen eines Arbeitsunfalles am 30.09.2002 und einen daraus folgenden Anspruch auf Verletztenrente rechtsbehelfsfähig entscheiden, unter Würdigung der Halswirbelfraktur.

Die Beklagte zog daraufhin die genannten und weitere ärztliche Unterlagen bei. Sodann erließ sie den Bescheid vom 10.02.2011. Darin erkannte sie den Unfall vom 30.09.2002 als Arbeitsunfall sowie als Folgen daraus eine Thoraxprellung mit Fraktur der 6. Rippe rechts und Schürfwunden an der rechten Flanke und am linken Unterarm an. Der Bruch des 5. Halswirbelkörpers stehe dagegen in keinem ursächlichen Zusammenhang mit dem Ereignis vom 30.09.2002, Leistungen auf Grund dieser Verletzung könnten nicht erbracht werden. Nach den medizinischen Unterlagen sei unklar, ob es sich um einen veralteten Sinterungsbruch oder um einen Kompressionsbruch handele. Bereits 1992 sei in Kasachstan eine Osteochondrosis der Halswirbel C4 bis C5 festgestellt worden. Im Verlauf einer solchen Erkrankung seien Sinterungsbrüche eine häufig auftretende Erscheinung. Gehe man dagegen von einem Kompressionsbruch aus, sei eine erhebliche Gewalteinwirkung auf den Wirbelkörper erforderlich, darüber hinaus führe ein solcher Bruch zu sofortigen Beschwerden mit Behandlungsbedürftigkeit. Folglich könne nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden, dass durch den Unfall vom 30.09.2002 ein Körperschaden an der HWS entstanden sei. Leistungen könnten nicht erbracht werden.

Im Vorverfahren trug der Kläger vor, bei einem Sturz von der Leiter bei einer Höhe von zwei Metern könne nicht von einer Sinterung die Rede sein, sondern von einem deutlichen Unfallereignis. Der Beweis des ersten Anscheins spreche für eine wesentliche Mitursächlichkeit des Sturzes von der Leiter für den Bruch des 5. HWK. Später teilte der Kläger noch mit, er habe nach dem Sturz von der Leiter Schwierigkeiten gehabt, den Kopf zu halten. Am 14.10.2002 sei er geröntgt worden wegen der Rippe. Dabei seien die Schmerzen im Nacken nicht stark gewesen, fast schon vorbei. Erst im Oktober 2003 habe man auch den Halswirbelbruch festgestellt. Die Beschwerden daraus hielten bis heute an. Er könne den Kopf nicht richtig bewegen und der Nacken schmerze ständig.

Die Beklagte zog weitere Behandlungsunterlagen des Klägers und bildgebende Befunde bei, dar¬unter weitere Unterlagen aus der Zeit in Kasachstan sowie den Entlassungsbericht des Klinikzentrums L., Dr. F., vom 11.10.2005 über einen stationären Aufenthalt des Klägers im Herbst 2005. Diese Unterlagen wertete Radiologin Dr. G. beratungsärztlich aus. Unter dem 27.11.2011 führte sie aus, dass eine unfallnahe Bildgebung beim Kläger nicht vorliege. Fast 13 Monate nach dem Unfall sei am 21.10.2003 eine MRT der HWS durchgeführt worden, bei dem eine alte Sinterungsfraktur des 5. HWK mit Deckplatteneinbruch, Keilwirbelbildung, geringem Dorsalgleiten ersten Grades des Wirbelkörpers und mäßiger spondylophytärer Abstützreaktion (verstärkter Knochenaufbau) festzustellen sei. Die Kontroll-MRT am 21.12.2005 lasse einen nahezu unveränderten Befund erkennen, es bestehe keine weitere Zunahme der Wirbelkörpersinterung bei HWK 5. Die Beurteilung des Unfallzusammenhanges der alten Sinterungsfraktur sei bei sehr langem Zeitintervall zwischen dem Unfallereignis und der Erstanfertigung einer HWS-Bildgebung kaum möglich. Bone-Bruise-Reste, die auf eine unfallbedingte HWK-Fraktur hinwiesen, seien 13 Monate nach dem Unfall üblicherweise zurückgebildet und damit nicht mehr nachweisbar. Somit kämen der Unfall vom 30.09.2002 als auch ein älterer Unfall als Ursache für die Fraktur in Betracht. Die fehlende unfallnahe Bildgebung spreche eher gegen einen Zusammenhang mit dem Unfall des Jahres 2002.

Die Beklagte erließ daraufhin den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 17.01.2012. Ein ursächlicher Zusammenhang zu dem Unfall könne nicht festgestellt werden. Ein Anscheinsbeweis könne bei diesem Sachverhalt keine Anwendung finden.

Hiergegen hat der Kläger am 17.02.2012 Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben. Seine Vorgeschichte sei leer. Es spreche mithin alles dafür, dass der Arbeitsunfall vom 30.09.2002 Ursache für den Bruch des 5. HWK sei. Bei einem Sturz aus zwei Metern Höhe handle es sich nicht um ein minimales Ereignis. Das Unfallereignis sei auch so deutlich, dass von einem prima-facie-Beweis gesprochen werden könne. Auf Nachfrage des SG hat der Kläger noch mitgeteilt, vor dem Unfall vom 30.09.2002 seien keine Aufnahmen der Halswirbelsäule in Form von Röntgen, MRT oder CT gemacht worden. Er habe keine Schmerzen oder Beschwerden in diesem Bereich vor dem Unfall gehabt.

Nachdem die Beklagte der Klage entgegengetreten war und unter anderem ausgeführt hatte, Sinterungsbrüche seien nicht unbedingt traumatisch verursacht, hat das SG Beweis erhoben durch Vernehmung der behandelnden Ärzte des Klägers, Dr. H. und Dr. I., als sachverständige Zeugen, die aber keine Angaben zu dem HWK-Bruch machen konnten.

Mit Gerichtsbescheid vom 04.02.2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Ein Anspruch auf Anerkennung des HWK-Bruchs als Unfallfolge bestehe nicht. Der ursächliche Zusammenhang zu dem anerkannten Arbeitsunfall sei nicht hinreichend wahrscheinlich. Aufnahmen der HWS des Klägers aus der Zeit vor dem Unfall gebe es nicht. Die erste nachtraumatische Aufnahme sei erst 13 Monate nach dem Unfall gefertigt worden. Hier sei zwar die Sinterungsfraktur festgestellt worden. Es sei jedoch wegen des langen Zeitabstands nicht mehr feststellbar, ob es sich bei der Fraktur um eine Folge des Arbeitsunfalls vom 30.09.2002 handele. Wie Dr. G. im Verwaltungsverfahren nachvollziehbar dargelegt habe, sei 13 Monate nach einem Unfall nicht mehr davon auszugehen, dass Bone-Bruise-Reste, welche auf eine unfallbedingte HWK-Fraktur hinwiesen, noch vorhanden seien. Für einen Zusammenhang spreche auch nicht, dass der Kläger früher keine Unfälle gehabt habe. Wie sich aus den Unterlagen der anderen unfallversicherungsrechtlichen Verfahren ergebe, sei in Kasachstan bereits im Jahr 1992 bei der Feststellung einer Vibrationskrankheit der Hände als begleitende Diagnose eine Osteochondrosis der Halswirbel im Bereich C4/C5 und ein Zervikalkium angegeben worden. Daraus ergebe sich, dass an der HWS des Klägers durchaus schon wesentlich früher Gesundheitsstörungen vorgelegen hätten. Sinterungen seien Wirbelbrüche, die insbesondere bei stark osteoporotisch verändertem Knochen entständen und dazu führten, dass der Wirbel in sich zusammensacke. Hinzu komme, dass sich der Kläger nach dem Sturz erst einen Tag später, am 01.10.2002, in ärztliche Behandlung begeben habe und dabei auch nicht von Schmerzen im Halsbereich berichtet habe. Auf die Grundsätze des Anscheinsbeweises, so das SG abschließend, könne sich der Kläger nicht berufen. Zwar könne der Anscheinsbeweis als Tatsachenvermutung auch eine hinreichenden Wahrscheinlichkeit beweisen. Er setze unter anderem einen nach der Lebenserfahrung typischen Geschehensablauf voraus, in dem ein bestimmter Sachverhalt auf eine bestimmte Ursache oder einem bestimmten Ursachenzusammenhang hinweise. Diese Voraussetzungen könnten hier nicht angenommen werden. Denn nicht bei jedem Sturz, auch nicht aus einer Höhe von 2 Metern, folge der Bruch eines Halswirbelkörpers. Hinzu komme, dass ein Sinterungsbruch nicht zwangsläufig auf einem Trauma beruhe, sondern auch ohne jede äußere Einwirkung entstehen könne.

Gegen diesen Gerichtsbescheid, der seinem Prozessbevollmächtigten am 12.02.2013 zugestellt worden ist, hat der Kläger am 11.03.2013 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Er führt aus, bereits die Diagnose einer Osteochondrosis der HWS 1992 in Kasachstan zeige, dass es für ihn - den Kläger - umso gefährlicher gewesen sei, von einer Leiter zu stürzen und sich entsprechend zu verletzen. Der Kläger meint, das SG habe mehr verlangt als eine wesentliche Mitursächlichkeit, die aber für einen Kausalzusammenhang ausreiche. Aus den Folgen des Unfalls, so der Kläger, resultiere auch eine rentenberechtigende Minderung der Erwerbsfähigkeit.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 04. Februar 2013 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 10. Februar 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Januar 2012 zu verurteilen, als weitere Folge des Unfalls vom 30. September 2002 einen Bruch des fünften Halswirbelkörpers festzustellen und deswegen eine Verletztenrente nach den gesetzlichen Vorschriften zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat von Amts wegen den Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. A. J. mit einer Begutachtung des Klägers beauftragt. Dieser Sachverständige hat in seinem schriftlichen Gutachten vom 04.12.2013 ausgeführt, bei dem Kläger bestehe unter anderem eine in geringer Fehlstellung knöchern konsolidierte Kompressionsfraktur des 5. HWK mit verbleibender endgradiger Funktionseinschränkung ohne radikuläre Ausfallsymptomatik. In dem ersten D-Bericht vom 01.10.2002 sei die HWS nicht erwähnt worden, der Kläger habe auch nicht über Beschwerden geklagt. Wäre die Fraktur bei dem Unfall entstanden, wäre auch eine unmittelbare klinische Symptomatik zu erwarten gewesen. Vielmehr lasse sich die Fraktur erstmals in dem MRT aus dem Oktober 2003 nachweisen, sie sei zu jenem Zeitpunkt bereits ausgeheilt gewesen. In jenem Befund sei als klinische Diagnose ebenfalls keine Unfallfolge, sondern ein "Ausschluss Prolaps" angegeben. Diese Umstände sprächen eher gegen einen Kausalzusammenhang.

Auf Antrag und Kostenrisiko des Klägers hat der Senat sodann den Arzt für Chirurgie und Unfallchirurgie Dr. Althaus mit einer Begutachtung beauftragt. Dieser Sachverständige hat in seinem schriftlichen Gutachten vom 22.04.2014 ausgeführt, es bestehe zweifelsfrei eine Fraktur bei C5 mit keilförmiger Verformung mit Höhenminderung der Vorderkante um etwa 1/5 gegenüber C6. Es bestehe aber keine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Fraktur kausal auf dem Unfallereignis vom 30.09.2002 beruhe. Der Befund (aus dem Jahre 2003) könne (zwar) einer traumatischen Einwirkung entsprechen im Sinne einer lokalen Schädigung und einer dann zunehmenden Sinterung. Die traumatische Einwirkung könne jedoch nicht der Unfall vom 30.09.2002 sein. Ein Sturz von der Leiter, wie ihn der Kläger schildere, sei nicht geeignet, diesen Bruch zu verursachen. Dies gelte auch unter Berücksichtigung der in Kasachstan beschriebenen Vorschädigung als Mitursache.

Wegen der weiteren Ausführungen der Sachverständigen nimmt der Senat Bezug auf die schriftlichen Gutachten.

Der Kläger hat sich mit Schriftsatz vom 17.03.2015, die Beklagte unter dem 31.03.2015 mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe:

1. Der Senat entscheidet über die Berufung des Klägers nach § 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) im schriftlichen Verfahren, nachdem sich beide Beteiligte mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben.

2. Die Berufung des Klägers gegen den klagabweisenden Gerichtsbescheid des SG ist nach § 105 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 143 SGG statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht nach § 151 Abs. 1 SGG erhoben. Sie ist jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das SG die kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG) des Klägers abgewiesen.

Die Klage war zwar zulässig. Insbesondere hatte der Kläger die Wahl, ob er eine behördliche Feststellung der weiteren Unfallfolge durch die Beklagte oder eine gerichtliche Feststellung nach § 55 Abs. 1 Halbsatz 1 Nr. 3 SGG begehrt (Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 55 Rn. 13c). Ferner hat die Beklagte in dem angegriffenen Bescheid auch über den geltend gemachten Anspruch auf Verletztenrente entschieden, insoweit ist auch das nach § 78 Abs. 1 SGG notwendige Vorverfahren durchgeführt worden. Zwar ergibt sich dies nicht direkt aus dem Wortlaut des Bescheids, der vielmehr ganz allgemein die Gewährung von "Leistungen" abgelehnt hat. Aber nachdem der Kläger bereits im Verwaltungsverfahren ausdrücklich die Gewährung einer Rente begehrt hatte, durfte die genannte Formulierung in dem Bescheid (vgl. §§ 133, 157 Bürgerliches Gesetzbuch [BGB]) so zu verstehen sein, dass damit auch über seinen Rentenantrag entschieden sei.

Die Klage ist aber nicht begründet. Der Kläger kann weder (nach § 102 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VII] i.V.m. § 36a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Viertes Buch Sozialgesetzbuch [SGB IV], vgl. dazu Bundessozialgericht [BSG], Urt. v. 05.07.2011, B 2 U 17/10 R, Juris Rn. 15 f.) die behördliche Feststellung eines Bruchs des 5. HWK als Folge des Unfalls vom 30.09.2002 verlangen noch die Gewährung einer Verletztenrente auf der Basis des § 56 Abs. 1 SGB VII.

a) Der anerkannte Unfall vom 30.09.2002 kann nicht mit der erforderlichen hinreichenden Wahrscheinlichkeit als wesentliche Ursache des Bruchs des 5. HWK bei dem Kläger eingestuft werden.

aa) Die rechtlichen Anforderungen an die Feststellung dieses Kausalzusammenhangs hat das SG in dem angegriffenen Gerichtsbescheid zutreffend dargelegt. Der Senat verweist, um Wiederholungen zu vermeiden, nach § 153 Abs. 2 SGG auf jene Ausführungen. Dies gilt auch für die Würdigung des Kausalzusammenhangs in diesem Einzelfall.

bb) Ergänzend dazu ist darauf hinzuweisen, dass auch die weitere Beweisaufnahme im Berufungsverfahren den vom Kläger angenommenen Ursachenzusammenhang nicht hinreichend wahrscheinlich machen konnte. Beide Sachverständige haben einen solchen Zusammenhang eindeutig verneint.

Hierbei hat der Amtsgutachter Dr. J. im Wesentlichen jene Erwägungen bestätigt, die auch das SG bereits genannt hat und die sich z.B. aus der beratungsärztlichen Stellungnahme von Dr. G. im Vorverfahren ergeben. Hiernach sprechen die relevanten Indizien ausschließlich gegen einen Ursachenzusammenhang. Unmittelbar nach dem Unfall hat der Kläger nicht über Beschwerden im Halsbereich geklagt, weder bei der ersten Vorstellung am 01.10.2002 noch bei der Nachschau am 18.10.2002. Nach den überzeugenden Hinweisen Dr. J.s hätten aber bei einem akuten, traumatisch verursachten Bruch eines HWK klinische Beschwerden vorhanden sein müssen. Auch der zeitliche Abstand zur Erstdiagnose des Bruchs mehr als ein Jahr später ist zu groß, um als Indiz für einen Zusammenhang zu sprechen. Die bildgebenden Befunde aus dem Oktober 2003 selbst sprechen letztlich ebenfalls nicht für den Kläger, denn da der Bruch zu jenem Zeitpunkt bereits ausgeheilt war, lässt sich z.B. auch nicht ermitteln, wie lange der Bruch nach medizinischer Erfahrung zurückgelegen haben mag. Auch auf diesen Punkt hat Dr. J. hingewiesen.

Der Wahlgutachter Dr. Althaus hat seine Annahme, der Unfall sei nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit wesentliche Ursache des Bruchs, auf weitere Umstände gestützt und diese Annahme dadurch noch plausibler gemacht. Während auch die Beklagte davon ausging, dass eine traumatische Genese bei dem Kläger nicht ausgeschlossen sei, weil auch Sinterungsbrüche wie hier durchaus auch traumatisch verursacht sein könnten, hat Dr. Althaus herausgearbeitet, dass der konkrete Unfallhergang hier einen Bruch, wie ihn der Kläger erlitten habe, nicht habe verursachen können. Ein echter Kompressionsbruch sei deswegen ausgeschlossen, weil eine axiale Stauchung bei einem Sturz auf die rechte Seite nicht eingetreten sein könne. Und zu dem alternativ möglichen Sinterungsbruch hat dieser Sachverständige ausgeführt, bildgebend sei der Bruch des 5. HWK als klarer Degenerationsschaden einzustufen, ferner könne man die ebenfalls festzustellende abstützende Spangenbildung der Segmente C4 und C5 (Zusammenwachsen der vermehrten Knochenbildung zweier WS-Körper) nicht erklären, wenn Ursache eine unfallbedingte Fraktur am 30.09.2002 sein solle. Es müsse daher ein erheblicher Degenerationsschaden vorbestanden haben, der zwar auch traumatisch bedingt gewesen sein könne, dies aber nur lange vor dem Jahre 2002, etwa bei der Arbeit als Bergarbeiter in Kasachstan. Diese Ausführungen von Dr. Althaus erscheinen ebenfalls überzeugend. Dass an der gesamten HWS des Klägers, auch am Segment C5, degenerative Vorschäden bestanden haben, ergibt sich bereits aus den ärztlichen Unterlagen aus Kasachstan aus den Jahren bis 1992. Auch die Befunde ab 2002 weisen regelmäßig auf diesen Umstand hin. Die Spangenbildung war bereits Prof. Dr. C. bei der Befundung der MRT-Bilder vom 21.10.2003 aufgefallen, sie hatte auf die ankylosierende Reaktion zwischen den beiden genannten WS-Segmenten hingewiesen. Gegen die Annahme von Dr. Althaus, diese Spangenbildung könne nicht Folge eines nur ein Jahr zurückliegenden Bruchs sein, können Einwände nicht erhoben werden.

Vor diesem Hintergrund ist auch kein Raum für die Annahme eines prima-facie-Beweises im Rahmen des Ursachenzusammenhangs zwischen Unfall und Gesundheitsschaden. Wie bereits das SG ausgeführt hat, gibt es keinen Erfahrungssatz, dass ein bildgebend diagnostizierter Sinterungsbruch eines Halswirbelkörpers regelmäßig allein auf den Folgen eines Sturzes von der Leiter mehr als ein Jahr vor der Erstdiagnose beruhen kann.

b) Für einen Anspruch auf Verletztenrente als Folge des Arbeitsunfalls vom 30.09.2002 sind Anhaltspunkte nicht ersichtlich. Die Erwerbsfähigkeit des Klägers ist nicht auf Grund jenes Unfalls gemindert, vor allem nicht um die nach § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII grundsätzlichen Grad von 20 v.H. Die Folgen jenes Unfalls - Thoraxprellung und Fraktur der 6. Rippe - sind folgenlos ausgeheilt und waren dies schon kurz nach dem Unfall. Der weiter geklagte Bruch des 5. HWK ist - wie ausgeführt - nicht Folge jenes Unfalls, sodass offen bleiben kann, ob dieser Bruch überhaupt Funktionseinbußen verursacht hat, die zu einer Minderung der Erwerbsfähigkeit führen könnten.

2. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 193 SGG.

4. Der Senat entscheidet ferner von Amts wegen über die Übernahme der Kosten des Wahlgutachters auf die Staatskasse (vgl. § 109 Abs. 1 SGG). Diese war abzulehnen. Das Gutachten von Dr. Althaus hat das Verfahren nicht wesentlich gefördert. Er hat zwar seine Einschätzung zusätzlich auf das Schadensbild und damit einen Umstand gestützt, der bislang nicht im Vordergrund gestanden hatte. Aber dies führte nicht zu einer Förderung des Verfahrens im Sinne des Klägers. Vielmehr hat Dr. Althaus im Ergebnis die Einschätzung bestätigt, von der bereits die Beklagte ausgegangen war, dass nämlich kein Ursachenzusammenhang vorliegt.

3. Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht ersichtlich oder vorgetragen.
Rechtskraft
Aus
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