L 6 VS 3093/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 13 VS 1609/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 VS 3093/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 12. Juni 2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt Beschädigtenversorgung nach dem Gesetz über die Versorgung der Opfer des Krieges (Bundesversorgungsgesetz - BVG) im Überprüfungsverfahren.

Der am 31.01.1929 in J./L. geborene und bis heute in L. wohnhafte Kläger l. Staatsangehörigkeit beantragte am 04.05.1992 wegen eines seit Dezember 1945 bestehenden Tuberkuloseleidens sowie eines seither bestehenden Zwölffingerdarmgeschwürs bei dem Beklagten die Gewährung von Beschädigtenversorgung nach dem BVG. Er habe als Freiwilliger vom 30.07.1944 bis 09.05.1945 bei verschiedenen Einheiten der 19. Division (offizielle Bezeichnung: 19. Waffen-Grenadier-Division der S. [lett. Nr. 2]) gedient, habe sich sodann im Wald versteckt und sei nach Ergreifung bis Ende Juni 1945 in einem Filtrationslager gewesen. Die Lungentuberkulose und das Zwölffingerdarmgeschwür seien infolge schädigender Einflüsse an der Front, des sich Versteckens und des Aufenthaltes im Filtrationslager, wo er zwei Monate Verpflegung erhalten habe, entstanden. Dem Antrag beigefügt waren verschiedene ins Deutsche übersetzte Schreiben.

In einem Auszug aus der Krankengeschichte des Klägers wurde von der Fürsorgestelle für Tuberkulosekranke des R. J. unter dem 10.08.1991 von einer ersten Eintragung am 06.03.1946 berichtet mit der Diagnose "infiltrative Tuberkulose der linken Lunge" und dem Beginn einer Pneumothorax-Behandlung mit stationären Anschlussbehandlungen bis 08.04.1949. Die nächste Eintragung datiere vom 27.05.1968 mit der Diagnose "Fibrothorax der linken Seite nach überstandener Lungentuberkulose". Weitere stationäre Behandlungen wegen posttuberkulöser Veränderungen im linken Lungenflügel seien im Jahr 1985 erfolgt, zuletzt vom 05.10. bis 06.11.1985 wegen einer langwierigen chronischen Bronchitis. Seit 1986 seien keine Verschlimmerungen der Krankheit aufgetreten.

In einer "eidesstattlichen Erklärung" vom 08.01.1992 bezeugte der am 09.05.1924 geborene O. M. (O. M.), den Kläger seit Juli 1944 persönlich gut zu kennen. Der Kläger habe sich um diese Zeit freiwillig unweit von D. (K.-K.) bei ihrer Einheit des Artillerieregiments der 19. Division der L. L. gemeldet, bei der er selbst als Vorderer Beobachter an den Kämpfen beteiligt gewesen sei. Der Kläger sei trotz seiner Jugend als Melder des Batteriekommandeurs und des Geschützkommandeurs eingestellt worden. Anfang Dezember habe er ihn als Lader des ersten Geschützes der Batterie wieder getroffen, am 25.12.1944 sei der Kläger in den großen Weihnachtskämpfen trotz Verwundung am Geschütz geblieben und sei hierfür mit dem Verwundeten-Abzeichen ausgezeichnet worden. Anfang März 1945 sei der Kläger nach ungefähr zweimonatigem Dienst beim 44. Grenadierregiment der 19. Division zur Batterie zurückgekehrt und dort als Maschinengewehrschütze seiner Gruppe der Vorderen Beobachter zugeteilt worden; er sei ihm direkt untergeordnet gewesen. Ende März 1945 sei der Kläger durch einen feindlichen Minensplitter verwundet und ins Lazarett gebracht worden. Bis zum Ende des Krieges habe er den Kläger nicht mehr getroffen.

Der am 26.11.1922 geborene I. V. (I. V.) bezeugte in seiner "eidesstattlichen Erklärung" vom 10.02.1992, den Kläger seit April 1945 persönlich gut zu kennen. Der Kläger sei zu dieser Zeit nach vorangegangenem Aufenthalt im Lazarett Vane mit seinem Batteriekameraden A. L. (A. L.) zur Erholung auf das Gehöft K. gekommen, wo er selbst auch gewohnt habe. Ende Mai sei der Kläger von einer r. Streife festgenommen worden. Ende Juni sei er aus dem Filtrationslager in K. zurückgekommen und habe sich zu seinen Eltern nach J. begeben. In seinen Briefen habe er berichtet, Ende 1945 schwer an Lungentuberkulose und einem Zwölffingerdarmgeschwür erkrankt zu sein. Ihm und mehreren anderen Legionären habe der Kläger geholfen, den Antrag auf Rente beim Beklagten zu stellen.

Der am 18.07.1928 geborene V. P. (V. P.) gab in seiner "eidesstattlichen Erklärung" vom 17.01.1992 an, den Kläger seit September 1945 persönlich gut zu kennen, als der Kläger, ebenso wie er selbst, im dritten Lehrjahr an der Pädagogischen Schule in J. zu lernen begonnen habe. Als der Kläger Anfang Dezember 1945 während einer Morgengymnastikstunde eine plötzliche Lungenblutung bekommen habe, habe er ihm geholfen, nach Hause zu gehen. Der Kläger habe den Schulbesuch dann eingestellt und sich bei der Tuberkulosefürsorgestelle und im Sanatorium kuriert.

Der Beklagte nahm die Ermittlungen auf und holte Auskünfte bei der D. D. für die B. der nächsten Angehörigen von Gefallenen der ehemaligen deutschen Wehrmacht (W., Bl. 21 B-Akten), dem Krankenbuchlager B. (Bl. 19 B-Akten), dem Z. H. S. der l. Republik (Bl. 46 B-Akten), dem L. S. (Bl. 48 B-Akten), dem B. – Z. – (Bl. 27 B-Akten), dem lettischen Fürsorgeverein e. V. (Bl. 42 B-Akten) sowie dem B. D. C. (Bl. 43 B-Akten) ein. Von allen Auskunftsstellen wurde mitgeteilt, dass über den Kläger keine Unterlagen oder Eintragungen existierten.

Auf weitere Nachfragen des Beklagten trug der Kläger ergänzend vor, die im Jahr 1944 erlittene Verwundung sei nicht schwer gewesen. Nach seiner Verwundung am Bein mit eitriger Entzündung und hohem Fieber im März 1945 sei er zur Genesung im K. W. gewesen. Während des Aufenthaltes im Filtrationslager in K. sei seine Gesundheit bei Hunger in merkwürdiger Weise verkümmert. Im Dezember 1945 habe sich eine erste ernsthafte Lungenblutung und parallel hierzu die Geschwulst des Zwölffingerdarms gezeigt. Diese Erkrankungen sei er sein ganzes Leben lang nicht losgeworden. Der Kläger legte weitere Krankenunterlagen vor. Nach einem Auszug aus der ambulatorischen Karte der Tuberkulosefürsorgestelle der Stadt J. vom 23. und 24.03.1992 sei der Kläger von 1957 bis 1961 in der Tuberkulosefürsorgestelle mit aktiver Tuberkulose registriert worden. Ein Röntgenbild des Brustkorbes vom 25.09.1964 zeige in den Mittelfeldern beider Lungen scharf konturierte, dichte Herde, die linke Lunge sei in ihrem Umfang verringert, darin Fibrose und massive Pleuraschichtungen, Bewegungen des Zwerchfells seien auf der linken Seite eingeschränkt. Der Kläger sei am 25.09.1964 als praktisch gesund abgemeldet worden (Bl. 31, 65 B-Akten). In einer Bescheinigung der Fürsorgestelle wurden aufgrund einer radiologischen Untersuchung vom 01.04.1992 ein verringerter Umfang der linken Lunge, massive Pleuraschichtungen und Fibrose, Verkalkungen in der linken Lunge sowie Herz und Mediastinum nach links verlagert befundet. Die am 25.01.1993 erfolgte erneute Lungendurchleuchtung bestätigte diesen Befund und wurde als Zustand nach überstandener Tuberkulose der linken Lunge beurteilt. In einem Befundbericht der Poliklinik des Krankenhauses V. vom 26.01.1993 wurden ein 0,3 x 0,3 cm großes Zwölffingerdarmgeschwür sowie eine erosive Gastritis befundet. In einem radiologischen Befundbericht vom 26.01.1993 wurde im linken Knie ein ausgeprägtes Bild deformierender Arthrose gesehen. Außerdem wurde im radiologischen Befundbericht vom 27.04.1993 über eine schwere deformierende Arthrose sowie eine Spondyloarthrosis in verschiedenen Segmenten der Halswirbelsäule berichtet. Schließlich ergibt sich aus dem Entlassungsbericht der Poliklinik vom 21.05.1993, dass der Kläger dort wegen diagnostischer Untersuchungen vom 26.04. bis 21.05.1993 stationär behandelt worden ist (Osteochondrose der Halswirbel, deformierende Arthrose beider Kniegelenke, arterosklerotische Kardiosklerose, Arteriensklerose beider Beine mit Durchblutungsstörungen in den Füßen, chronische Geschwürkrankheit).

Mit Bescheid vom 21.09.1994 lehnte der Beklagte den Antrag auf Gewährung von Beschädigtenversorgung ab, da der Dienst in der ehemaligen d. W. (l. L., 19. D.), die Kriegsgefangenschaft (Filtrationslager) und die geltend gemachten Schädigungen nicht hinreichend belegt worden seien. Die eingereichten Zeugenaussagen stellten keinen ausreichenden Nachweis dar.

Mit Schreiben vom 26.03.2009, eingegangen beim Beklagten am 11.05.2009, legte der Kläger die bereits eingereichten Unterlagen nochmals vor sowie ein mit nicht lesbarem Datum versehenes Schriftstück der Poliklinik der Stadt J. in Kopie und deutscher Übersetzung: "H. A., Vatersname H., 16 Jahre alt, hat die Erkrankung beider Lungen. Er darf 1 Wochen nicht zur Schule gehen." (Bl. 56/57 B-Akten).

Der Beklagte legte das Schreiben als Überprüfungsantrag aus und nahm erneut Ermittlungen auf.

In seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme hielt OMedR N. nach den vorliegenden Unterlagen die Tuberkulose wahrscheinlich Anfang 1946 für gesichert, als mit der Behandlung durch einen Pneumothorax begonnen worden sei. Dass es sich hierbei um eine Schädigungsfolge handeln könne, sei nicht unwahrscheinlich, denn die Versorgungsverhältnisse in den letzten Kriegsjahren, auch in der Truppe, seien katastrophal gewesen. Tuberkulose sei nicht nur in der Wehrmacht, sondern auch in der Zivilbevölkerung zu diesem Zeitpunkt gehäuft vorgekommen. Ohne den Nachweis der Zugehörigkeit zu den durch das BVG geschützten Personengruppen sei eine weitere ärztliche Aufklärung nicht indiziert.

Auf nochmalige Anfrage bestätigten das Landesamt für Gesundheit und Soziales B. – Krankenbuchlager (K.), die W. und das B., Eintragungen oder Urkunden für den Kläger hätten in den dort vorhandenen Unterlagen nicht ermittelt werden können. Auch das H. S. L. ebenso wie das L. S. teilten erneut mit, dass keine Unterlagen über den Dienst des Klägers in der l. SS-Legion der ehemaligen deutschen Wehrmacht und über die erlittenen Verwundungen vorhanden seien.

Zur Prüfung eines Ausschlusstatbestandes nach § 1 a BVG gab die Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen an, dass der Kläger in der Namenskartei nicht vorhanden sei.

Der Kläger übersandte weitere Unterlagen, u. a. ein von ihm verfasstes Buch über seine damaligen Erlebnisse in lettischer Sprache, und trug ergänzend vor, er habe alles, was im Zusammenhang mit der Legion und der S. gestanden habe, nach der Kapitulation vernichtet. Eine Freundin habe ein Foto von ihm gemacht, als er nach dem Lazarettaufenthalt in W. im Erholungsurlaub gewesen sei. Das vom Kläger in Kopie übersandte Schwarzweißfoto zeigt einen uniformierten jungen Mann mit Mütze, auf der ein Totenkopf zu sehen ist, sowie mit S.-A. auf dem rechten Kragenspiegel. In einer Bescheinigung vom 31.08.2009 erklärte O.-U. A., seinerseits ehemaliger Sanitätsunterscharführer der 19. l. Freiwilligen Division der W.-S., dass der Kläger als Legion-Schütze des Artillerieregiments Ende 1944 in K. als Kranker im Hauptverbandsplatz auf dem Bauernhof "P." behandelt worden sei. Der Chirurg U. C. bestätigte mit Schreiben vom 25.08.2009, den Kläger am 13.01.1997 im Krankenhaus J. wegen eines blutenden Geschwürs im Zwölffingerdarm mit schwerer akuter Anämie therapiert zu haben. Er wisse, dass der Kläger l. L. gewesen sei.

Auf die Anfragen des Beklagten bei o. g. Auskunftsstellen zu Urkunden und Eintragungen über O. M., I. V. und A. L. teilte das Z. H. S. der l. R. mit Schreiben vom 17.09.2009 mit, O. M. habe beim Artillerieregiment der 19. Division der L. L. der D. A. gedient. Vom 18.05.1945 bis 20.06.1946 sei er in den Filtrationslagern in M. und T. gewesen (Bl. 327 B-Akten). Vorgelegt wurde u. a. ein Zahlbogen für Familienunterhalt vom 28.06.1943, ausgestellt durch "Der Fürsorgeoffizier der W.-S. (O.), L.", wonach O. M. am 31.05.1943 einberufen worden ist. In einem weiteren Zahlbogen für Angehörigenunterhalt (AU) vom 26.04.1944 werden Unterhaltszahlungen an R. V. für die Zeit vom 06.06.1943 quittiert und als Einberufener der am 26.11.1922 geborene I.-E. V. genannt. Zu dem am 30.09.1921 geborenen A. L. wird ein Formular in deutscher Sprache vorgelegt, wonach dieser am 14.02.1944 einberufen worden und AU-Berechtigte I. L. sei. Alle weiteren Auskunftsstellen konnten keine Unterlagen zu den erfragten Personen ermitteln.

Mit Bescheid vom 04.03.2010 lehnte der Beklagte den Antrag auf Erteilung eines Rücknahmebescheides ab. Weder deutsche Dienststellen noch l. A. hätten den Dienst des Klägers in der deutschen Wehrmacht und ein schädigendes Ereignis belegen können. Ein amtlicher Nachweis, dass sich der Kläger infolge des Dienstes als deutscher Soldat eine Lungentuberkulose zugezogen habe, liege nicht vor. Selbst wenn der Nachweis eines Dienstes im Rahmen der deutschen Wehrmacht wie auch einer Kriegsgefangenschaft vorliegen würde, ließen sich die Voraussetzungen für die Gewährung einer Beschädigtenrente nach dem BVG nicht feststellen. Denn es fehle am Nachweis eines engen zeitlichen Zusammenhangs zwischen dem erstmaligen Auftreten des geltend gemachten Leidens nach der Rückkehr aus dem Filtrationslager. Zwar habe er ein Dokument vom 21.09.1945 vorgelegt, wonach er für eine Woche lang wegen einer Erkrankung beider Lungen nicht habe zur Schule gehen dürfen. Dieses Dokument weise jedoch nicht auf die Dokumentation eines Röntgenbefundes hin. Es werde darin auch nicht von einer Tuberkulose, sondern von einer Erkrankung beider Lungen gesprochen. Der Hinweis, dass er eine Woche lang nicht zur Schule gehen dürfe, spreche eher gegen eine Lungentuberkulose. Außerdem seien Tuberkuloseerkrankungen nicht nur in der Wehrmacht, sondern auch in der Zivilbevölkerung zu jener Zeit gehäuft aufgetreten.

Hiergegen hat der Kläger Widerspruch eingelegt und zur Begründung mit Schreiben vom 21.04.2010 weiter ausgeführt, sein Vater habe ihn nach seiner Rückkehr aus dem F. nach J. auf das Land zu einem Bauern geschickt, da sie keine Lebensmittelkarten mehr besessen hätten. Dort sei er zwar satt geworden, habe aber alle Arbeiten verrichten müssen. Im Juli habe er eine erste Lungenblutung erlebt, aber nicht gewusst, dass dies ein Alarmsignal für Tuberkulose sei. Im Herbst 1945 sei er nach J. zurückgekehrt. Sein Vater habe ihn am 21.09.1945 zu dem Arzt gebracht, der aber nicht habe sagen können, dass er schon lange an Tuberkulose erkrankt sei. Im Dezember 1945 habe er die zweite Blutung erlebt, aber es habe in J. kein Tuberkulose-Krankenhaus gegeben. Erst 1946 habe die s. R. den Kampf gegen die Tuberkulose aufgenommen. Seine Eltern und er hätten nicht gewusst, dass er an Tuberkulose erkrankt sei. Sein kleiner Bruder J. sei am 15.04.1946 an Tuberkulose gestorben. Im April 1946 sei er selbst dann im Sanatorium T. behandelt worden. Hinsichtlich seines Dienstes in der 19. Division hat der Kläger ausgeführt, er habe als Gymnasiast auf dem Land bei einem Bauern gearbeitet. Als Ende Juli 1944 der Großangriff der Sowjets gewesen sei, seien der Bauer und seine Familie evakuiert worden, während er allein zurückgeblieben sei und auf seine Familie gewartet habe. Eines Tages seien die lettischen Artilleristen in den Hof eingefahren und hätten von schweren Kämpfen in J. und davon berichtet, dann neben ihnen die Hauptkampflinie verlaufe. Als die 7. Batterie in den Hof gefahren sei, habe er sich ihr als Freiwilliger angeschlossen und behauptet, 1927 geboren zu sein. Die Krankenschwester E. B. habe ihm wie allen Soldaten der S.-E. die Blutgruppe auf den linken Oberarm tätowiert. Er habe die seltene Blutgruppe A gehabt. Im Filtrationslager habe er immer gesagt, dass er noch Schüler sei, was er mit seinem Schülerausweis habe belegen können.

In einer beigefügten "eidesstattlichen Erklärung" vom 07.04.2010 bezeugte M. B., den Kläger seit 01.04.1961 persönlich gut zu kennen. Im Herbst 1964 sei bei dem Kläger plötzlich eine Lungenblutung aufgetreten. R. B. gab in ihrer "eidesstattlichen Erklärung" vom 16.04.2010 an, den Kläger seit Juni 1945 persönlich gut zu kennen. Der Kläger habe auf ihrem Bauernhof als Viehzüchter und Gehilfe gearbeitet. Im Juni habe er plötzlich eine Blutung im Mund gehabt. Sie hätten nicht gewusst, was dies bedeute und was sie machen sollten. Danach habe die Blutung wieder aufgehört, der Kläger sei am Abend mit seinem Fahrrad nach Hause gefahren und habe die Arbeit bei ihnen beendet.

Mit Widerspruchsbescheid vom 15.12.2010 wies das R. S. den Widerspruch zurück, da auch die weiteren vorgelegten Unterlagen weder den amtlichen Nachweis eines Dienstes im Rahmen der D. W. noch den eines Aufenthaltes im F. dokumentierten.

Hiergegen hat der Kläger am 15.03.2011 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben und zur Begründung geltend gemacht, die erste Lungenblutung sei am 01.08.1945, einen Monat nach seiner Entlassung aus dem F. gewesen. Am 21.09.1945 sei dann der Röntgenbefund und die Beurteilung der Poliklinik J. erfolgt, dass er an Tuberkulose erkrankt sei. Anfang Dezember 1945 habe er die zweite und im Herbst 1964 die dritte Blutung gehabt. Er sei sehr oft zu Hause gewesen mit seinem Bruder, der am 15.04.1946 an Tuberkulose gestorben sei. Er habe bis 1990 als Lehrer gearbeitet, aber auch im Wald des W., K ... Wie sich aus dem vorgelegten Entlassungsbericht des Städtischen Krankenhauses J. ergibt, wo der Kläger vom 18. bis 24.03.2011 zur Diagnosestellung stationär aufgenommen worden war, war eine aktive Tuberkulose nicht festzustellen. Die radiologische Untersuchung hat eine starke Verkleinerung des Umfangs der linken Lunge mit narbiger Bronchiektase am linken Lungenlappen erbracht, die rechte Lunge war kompensatorisch hyperpneumatisiert, ohne wesentliche pathologische Veränderungen. Mit weiterem Schreiben vom 27.02.2013 in lettischer Sprache, zu dem die vom SG mit der Übersetzung beauftragte Übersetzerin angemerkt hat, dass der Inhalt des Briefes und die Satzgestaltung auf sie einen ein wenig verwirrten Eindruck gemacht habe, sodass sie nur sehr schwer habe dahinter kommen können, was der Kläger meine, hat der Kläger ergänzend ausgeführt, die Anforderung eines vergrößerten Fotos seines linken Oberarmes mit der Blutgruppen-Tätowierung durch das SG sei ihm total unbegreiflich, als ob dies der Hauptzeuge und der Beweis für den Dienst in der d. A. sei. Ein entsprechendes Lichtbild hat der Kläger nicht vorgelegt. Noch mehrmals hat der Kläger schriftlich darauf hingewiesen, dass am 21.09.1945 eine Röntgenaufnahme der Lungen gemacht und bestätigt worden sei, dass er schon am 21.09.1945 an Tuberkulose erkrankt sei. Zum Beleg wird mehrfach das handschriftliche Schreiben vorgelegt, in dem mit Stempel der Poliklinik der Stadt J. bescheinigt wird, dass der Kläger wegen einer beidseitigen eitrigen Lungenerkrankung die Schule eine Woche lang nicht besuchen dürfe. Zum Beitritt zur 19. Division hat der Kläger weiter vorgetragen, er habe wie alle Schüler des Gymnasiums bei einem Bauern im K. gearbeitet. Als die Front näher gekommen sei, sei die Bauersfamilie evakuiert worden und er allein zurückgeblieben. Ende Juli 1944 sei die 9. Batterie des A. der 19. Division in den Hof gefahren. Die Soldaten hätten ihm berichtet, dass J. gefallen sei. Da habe er verstanden, dass sich seine Familie auf der anderen Seite der Front befinde, und den Kommandeur gebeten, ihn als Soldat in der Batterie aufzunehmen. Als er ihm jedoch sein tatsächliches Alter von 15 Jahren genannt habe, habe dieser die Rekrutierung abgelehnt, weil er zu jung gewesen sei. Nach zwei Stunden seien die Soldaten der 7. Batterie eingetroffen. Gegenüber dem Kommandeur dieser Einheit habe er angegeben, 17 Jahre alt zu sein. Daraufhin habe ihn dieser als ersten Freiwilligen in der 7. Batterie aufgenommen.

Auf Anfrage des SG hat das B. mit Schreiben vom 11.03.2014 mitgeteilt, die personenbezogen erschlossenen Bestände hätten zum Kläger keinen Hinweis auf Überlieferung ergeben. Die W. hat mit Schreiben vom 02.04.2014 auf die bereits erteilten Auskünfte vom 28.07.1992, 01.06.1995 und 23.07.2009 Bezug genommen und nochmals bestätigt, das über den Kläger im überlieferten Schriftgut aus der Zeit des 2. Weltkrieges keine Eintragungen vorlägen. Zur weiteren Erläuterung ist ausgeführt worden, dass der Kläger als Angehöriger des Geburtsjahrgangs 1929, zudem noch als lettischer Bürger im Sinne des damals geltenden Wehrgesetzes nicht zum Dienst in der deutschen Wehrmacht verpflichtet gewesen sei. Ein Diensteintritt in die Wehrmacht müsse daher als äußerst unwahrscheinlich angesehen werden. Gleichwohl habe für Letten die Möglichkeit bestanden, sich freiwillig zu anderen militärischen Verbänden auf deutscher Seite zu melden. Hierzu habe insbesondere die W.-S. gezählt, wobei nicht bekannt sei, ob auch 15-Jährige aufgenommen worden seien. Nachweise über Angehörige der W.-S. seien generell - unabhängig von der Nationalität - schwierig, denn ein Großteil des W.-S.-Schriftgutes, darunter auch die meisten Erkennungsmarkenverzeichnisse seien im Frühjahr 1945 bei einem Brand in B., wo sich damals die Auskunftsstelle der W.-S. befunden habe, vernichtet worden. Erschwerend komme hinzu, dass gerade in den Wirren der letzten Kriegsmonate eine geregelte Personalerfassung kaum mehr möglich gewesen sei.

Das R. S. hat eine tabellarische Auflistung vorgelegt, in der aktuelle Zahlfälle zur Anerkennungspraxis von l. Kriegsteilnehmern mit den hierbei zugrunde gelegten Nachweisen zusammengestellt sind.

Mit Urteil vom 12.06.2014 hat das SG die Klage abgewiesen, da der Nachweis eines militärischen oder militärähnlichen Dienstes des Klägers nicht im Vollbeweis erbracht sei. Weder von d. noch von l. amtlichen und nichtamtlichen Stellen hätten Nachweise vorgelegt werden können. Zur Anerkennung einer Dienstzeit sei erforderlich, dass diese im Sinne des Vollbeweises nachgewiesen sei. Der Beweisgrad sei dann erfüllt, wenn kein vernünftiger, die Lebensverhältnisse klar überschauender Mensch an dem Geschehensablauf noch Zweifel habe. Es bestehe insoweit ein vergleichbarer Maßstab wie im gesetzlichen Unfallversicherungsrecht. Zu hinterfragen sei bereits, weshalb der Kläger nach dem Jahr 1994 zunächst weitere 15 Jahre gewartet habe, um dann ohne Vorlage neuer Beweismittel ein Wiederaufnahmeverfahren einzuleiten. Ein zentraler Widerspruch im klägerischen Vorbringen ergebe sich auch im Hinblick auf die Rekonstruktion des Gesamtlebenslaufs des Klägers. So habe dieser vorgetragen, um einer Deportierung nach S. zu entgehen, Schutzmaßnahmen ergriffen und Dokumente vernichtet zu haben. Der Kläger sei nach eigenen Angaben im Winter 1945/1946 und nach entsprechend vorhandenen Dokumenten bereits in den 1950er Jahren im Bereich L. gewesen. Der klägerische Hinweis, er sei ca. 20 Jahre in S. deportiert gewesen, sei daher nicht einzuordnen. Auch die Angaben zur Blutgruppen-Tätowierung seien zumindest teilweise widersprüchlich. Während der Kläger zuerst angegeben habe, eine solche nicht erhalten zu haben, sei diese späteren Angaben zu Folge während der Dienstzeit durch eine Krankenschwester erfolgt. Gerade im Falle einer Tätowierung sei von einer amtlichen Erfassung auszugehen. Von einer solchen abzusehen, möge im Jahr 1945 zwar eher angenommen werden, der Kläger sei jedoch bereits im Jahr 1944 eingerückt. Auch aus den weiteren Unterlagen und Vorbringen folge kein zwingender Nachweis. Die Zeugen vom Hörensagen seien keine geeigneten Beweismittel, da sie lediglich die späteren Angaben des Klägers bestätigen könnten.

Hiergegen hat der Kläger am 22.07.2014 beim SG Berufung eingelegt und zur Begründung unter Vorlage bereits aktenkundiger Unterlagen vorgetragen, die erste Lungenblutung sei 2 Monate nach der Kapitulation und 1 Monat nach dem Filtrationslager, die letzte Blutung im Herbst 1964 gewesen. Über das Lager in S. habe er deshalb keine Informationen vorgelegt, weil er dort nicht gewesen sei. Er habe niemals behauptet, 20 Jahre in S. gewesen zu sein. In dem vorgelegten Zeitungsartikel habe der Journalist dies falsch wiedergegeben.

Der Kläger beantragt (sinngemäß),

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 12. Juni 2014 und den Bescheid vom 4. März 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Dezember 2010 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, den Bescheid vom 21. September 1994 zurückzunehmen und ihm Beschädigtenversorgung zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hat zur Begründung auf das angefochtene Urteil des SG Bezug genommen. Die vom Kläger vorgelegten, bereits aktenkundigen schriftlichen Zeugenaussagen reichten weiterhin nicht aus, um die fehlenden Nachweise über einen militärischen oder militärähnlichen Dienst zu ersetzen. Bei allen damaligen Wehrdienstleistenden habe ein Eintrag bei einer amtlichen Stelle und/oder dem l. Fürsorgeverein vorgelegen. Im Sommer 1944 sei die Erfassung von Soldaten im Hinblick auf die Frontentwicklung noch ordnungsgemäß erfolgt. Die im Urteil genannten Widersprüche im klägerischen Vorbringen habe der Kläger ebenfalls nicht ausräumen können.

Der Berichterstatter hat mit Beschluss vom 20.02.2015 den Beteiligten einen Vergleichsvorschlag unterbreitet, der indes nicht angenommen worden ist.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die vorgelegten Behördenakten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und nach § 151 Abs. 1 SGG formgerecht, nämlich schriftlich eingelegte Berufung des Klägers ist auch im Übrigen zulässig. Insbesondere wurde die Berufungsfrist gewahrt. Ein Nachweis darüber, wann dem Kläger das am 01.07.2014 versandte erstinstanzliche Urteil vom 12.06.2014 zugestellt worden ist, findet sich in den Gerichtsakten des SG nicht. Da der Kläger am 22.07.2014 in nach § 151 Abs. 2 Satz 1 SGG zulässiger Weise beim SG Berufung eingelegt hat, wäre die Berufungsfrist selbst dann gewahrt, wenn vorliegend auch für den Kläger die einmonatige Berufungsfrist nach § 151 Abs. 1 SGG gelten würde. Es entspricht indes allgemeiner Auffassung, dass gem. §§ 153 Abs. 1, 87 Abs. 1 Satz 2 SGG auch die Berufungsfrist drei Monate beträgt, wenn das erstinstanzliche Urteil - wie hier - im Ausland zugestellt worden ist (BSG SozR Nr. 11 zu § 151 SGG; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 151 Rdnr. 6).

Die Berufung ist indes unbegründet. Streitgegenständlich ist ein von Seiten des Beklagten aufgrund des Schreibens des Klägers vom 26.03.2009 eingeleitetes Überprüfungsverfahren hinsichtlich der Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 21.09.1994. Mit diesem Bescheid hat der Beklagte insgesamt den Antrag des Klägers auf Beschädigtenversorgung abgelehnt. Da auch die Überprüfung dieses Bescheides nicht auf die Frage des militärischen oder militärähnlichen Dienstes des Klägers beschränkt war, sondern wie schon im Bescheid vom 21.09.1994 auch im Bescheid vom 04.03.2010 Ausführungen zur Feststellung und Kausalität der vom Kläger geltend gemachten gesundheitlichen Schädigungen gemacht worden sind, ist eine Begrenzung des Streitgegenstandes - wie vom SG vorgenommen - prozessual nicht gerechtfertigt. Vielmehr ist der Bescheid vom 21.09.1994 vollumfänglich zur Überprüfung gestellt. Da andererseits der Kläger zu keinem Zeitpunkt konkrete Leistungen i. S. des § 9 BVG beantragt und der Beklagte hierüber im zu überprüfenden Bescheid vom 21.09.1994 nicht entschieden hat, kann mangels vorangegangenem Verwaltungsverfahren und folglich fehlendem Rechtsschutzbedürfnis auch im Berufungsverfahren nicht über konkrete Versorgungsleistungen wie z. B. die Bewilligung von bestimmten Heilbehandlungen oder die Übernahme von Arzneimittelkosten, aber auch nicht über die Bewilligung einer Beschädigtenrente entschieden werden.

Im Ergebnis hat der Beklagte die Rücknahme des Bescheides vom 21.09.1994 zu Recht abgelehnt, auch wenn - anders als der Beklagte und das SG angenommen haben - davon auszugehen ist, dass der Kläger militärischen oder militärähnlichen Dienst geleistet hat. Denn die weiteren Voraussetzungen nach § 1 BVG sind nicht gegeben, weshalb dem Kläger ein Anspruch auf Beschädigtenversorgung nicht zusteht.

Die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Versorgungsbescheides nach dem BVG beurteilte sich bis zum 31.12.1980 nach § 40 Gesetz über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (KOV-VfG). Nachdem § 40 KOV-VfG durch Art. II § 16 Nr. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) mit Wirkung ab 01.01.1981 (Art. II § 40 Abs.1 SGB X) gestrichen und durch Art. 1 § 44 SGB X ersetzt worden ist, findet vorliegend § 44 SGB X Anwendung.

Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Im Übrigen ist nach § 44 Abs. 2 SGB X ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

Da die Gewährung konkreter Sozialleistungen nicht Regelungsgegenstand des Bescheides vom 21.09.1994 gewesen ist, kommt vorliegend eine Rücknahme nur unter den Voraussetzungen des § 44 Abs. 2 SGB X in Betracht (vgl. für die Feststellung nach dem Schwerbehindertenrecht BSG SozR 3-1300 § 44 Nr. 3; SozR 4-3250 § 69 Nr. 14). Maßgebend im Überprüfungsverfahren nach § 44 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 SGB X ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides bzw., wenn - wie hier - kein Widerspruch eingelegt worden ist, des zu überprüfenden Bescheides (vgl. BSG SozR 4-3250 § 69 Nr. 14 m. w. N.), wobei neuere rechtliche Erkenntnisse zu berücksichtigen sind (vgl. BSG SozR 1300 § 44 Nr. 13; SozR 1300 § 44 Nr. 31).

Der Anspruch des Klägers richtet sich nach § 1 Abs. 1 BVG in seiner seit Inkrafttreten des BVG vom 20.12.1950 (BGBl. I S. 791) unveränderten Fassung, wonach derjenige, der durch eine militärische oder militärähnliche Dienstverrichtung oder durch einen Unfall während der Ausübung des militärischen oder militärähnlichen Dienstes oder durch die diesem Dienst eigentümlichen Verhältnisse eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Schädigung auf Antrag Versorgung erhält. Aufgrund der mit Wirkung vom 01.07.2011 erfolgten Klarstellung in § 8 BVG gilt § 1 BVG auch für Berechtigte mit Wohnsitz im Ausland, an die Leistungen nach Maßgabe der §§ 64 bis 64 f BVG zu erbringen sind (vgl. Knickrehm in Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht, § 8 BVG Rdnr. 1, § 1 BVG Rdnr. 12).

Nach § 1 Abs. 2 BVG stehen einer Schädigung im Sinne des Absatzes 1 Schädigungen gleich, die herbeigeführt worden sind durch a) eine unmittelbare Kriegseinwirkung, b) eine Kriegsgefangenschaft, c) eine Internierung im Ausland oder in den nicht unter deutscher Verwaltung stehenden deutschen Gebieten wegen deutscher Staatsangehörigkeit oder deutscher Volkszugehörigkeit, d) eine mit militärischem oder militärähnlichem Dienst oder mit den allgemeinen Auflösungserscheinungen zusammenhängende Straf- oder Zwangsmaßnahme, wenn sie den Umständen nach als offensichtliches Unrecht anzusehen ist, e) einen Unfall, den der Beschädigte auf einem Hin- oder Rückweg erleidet, der notwendig ist, um eine Maßnahme der Heilbehandlung, eine Badekur, Versehrtenleibesübungen als Gruppenbehandlung oder Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 26 durchzuführen oder um auf Verlangen eines zuständigen Leistungsträgers oder eines Gerichts wegen der Schädigung persönlich zu erscheinen, f) einen Unfall, den der Beschädigte bei der Durchführung einer der unter Buchstabe e aufgeführten Maßnahmen erleidet.

Nach § 1 Abs. 3 Satz 1 BVG genügt zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs.

Nach § 2 Abs. 1 BVG ist militärischer Dienst im Sinne des § 1 Abs. 1 BVG a) jeder nach deutschem Wehrrecht geleistete Dienst als Soldat oder Wehrmachtbeamter, b) der Dienst im Deutschen Volkssturm, c) der Dienst in der Feldgendarmerie, d) der Dienst in den Heimatflakbatterien.

Nach § 3 Abs. 1 BVG gilt als militärähnlicher Dienst im Sinne des § 1 Abs. 1 BVG u. a. der auf Grund einer Einberufung durch eine militärische Dienststelle oder auf Veranlassung eines militärischen Befehlshabers für Zwecke der Wehrmacht geleistete freiwillige oder unfreiwillige Dienst.

Zur Überzeugung des Senats hat der Kläger in der Zeit vom 30.07.1944 bis zur Entlassung aus dem Lazarett nach seiner (zweiten) Verwundung Ende März 1945 mit seinem Kriegseinsatz als Angehöriger der W.-S. militärischen Dienst nach § 2 Abs. 1 a BVG, jedenfalls aber militärähnlichen Dienst i. S. des § 3 Abs. 1 b BVG verrichtet (vgl. BSG SozR 3-3100 § 7 Nr. 5). Hierbei stützt sich der Senat auf die Auskunft der W. vom 02.04.2014 sowie die vom Kläger vorgelegten schriftlichen Erklärungen des O. M. und I. V.

Nach st. Rspr. des BSG scheitert der Versorgungsanspruch ausländischer Angehöriger der W.-S. nicht schon am fehlenden "Dienst im Rahmen der deutschen Wehrmacht" (vgl. BSG SozR 4-3100 § 1 Nr. 1 und SozR 3-3100 § 7 Nr. 5 jeweils für einen lettischen Angehörigen der W.-S.; BSG SozR § 7 BVG Nr. 8 für einen belgischen Angehörigen der S.-F.-Sturmbrigade W.; BSG SozR 3100 § 7 Nr. 5 für Angehörige ungarischer W.-S.-F.). Mit der Einfügung des § 1a BVG, wonach selbst die freiwillige Mitgliedschaft in der S. für sich genommen noch kein Versagungsgrund ist, sondern nur Anhaltspunkt für einen individuellen Verstoß des Berechtigten gegen die Grundsätze der Menschlichkeit und Rechtsstaatlichkeit sein kann, der eine besonders intensive Prüfung erforderlich macht, hat der Gesetzgeber indirekt bestätigt, was bereits bei Einführung des BVG im Jahre 1950 unumstritten war, obwohl die noch im Gesetzentwurf der Bundesregierung enthaltene ausdrückliche Gleichstellung des Dienstes "nach deutschem Wehrrecht" mit dem "Dienst in der W.-S." (BT-Drucks 1/1333, S. 3, 47) in den Ausschussberatungen gestrichen und nicht Gesetz geworden ist (vgl. Die Verhandlungen des (26.) Ausschusses für Kriegsopfer und Kriegsgefangenenfragen des Deutschen Bundestags über das Bundesversorgungsgesetz, S. 1D bis 4C). Denn sowohl im Ausschuss (vgl. a. a. O. S. 2A) als auch im Plenum des Bundestages hatte Einigkeit bestanden auch kriegsbeschädigte S.-Angehörige zu versorgen, deren Organisation aber "nicht noch ein namentliches Erinnerungsdenkmal im Gesetz zu setzen" (vgl. die Rede des Berichterstatters, Abg. P., Verhandlungen des Deutschen Bundestages, Stenografische Berichte, 1. Wahlperiode, 93. Sitzung vom 19.10.1950, S. 3442 (D)).

Auch nach Auskunft der W. ist zwar ein Diensteintritt von L. in die Wehrmacht äußerst unwahrscheinlich, es hat aber die Möglichkeit bestanden, sich freiwillig zu anderen militärischen Verbänden auf deutscher Seite zu melden. Hierzu zählte insbesondere die W.-S., zu der die 19. W.-G.-D. (l. Nr. 2) ausweislich der von der W. auszugsweise beigefügten Kriegsliteratur gehört hat.

Der Kläger war in besagtem Zeitraum Angehöriger dieser Division. Nach seiner eigenen, im Wesentlichen stringenten und trotz mehrfacher Wiederholungen hinsichtlich des maßgeblichen Geschehens weitestgehend widerspruchsfreien Darstellung, hat sich der Kläger bei der 7. Batterie der 19. Division freiwillig gemeldet, als er von seinem Arbeitseinsatz als Schüler in der Landwirtschaft wegen der dazwischen liegenden Frontlinie nicht mehr nach Hause zurückkehren konnte. Während noch der Kommandeur der 9. Batterie aufgrund seiner wahrheitsgemäßen Altersangabe (15 Jahre) seine Rekrutierung verweigerte, konnte er der 7. Batterie beitreten, weil er nunmehr das falsche Geburtsjahr 1927 (17 Jahre) angegeben hatte. Der Senat hält diese sowie die den folgenden Zeitraum betreffende detailreiche Sachverhaltsschilderung für glaubhaft. Bereits in seinem Schreiben vom 17.04.1992 hat der Kläger dargelegt, vom 30.07.1944 bis zum 10.01.1945 in der 7. Batterie, 3. Abteilung des Artillerieregiments der 19. Division, vom 10.01. bis 10.03.1945 im 44. Grenadierregiment der 19. Division und vom 11.03. bis 09.05.1945 wiederum in der 7. Batterie, 3. Abteilung des Artillerieregiments der 19. Division, gedient zu haben und die ganze Zeit mit Ausnahme der Behandlungszeiten im Lazarett an der Front eingesetzt gewesen zu sein. Diesen Vortrag hat der Kläger inhaltlich gleichbleibend während des gesamten behördlichen und gerichtlichen Verfahrens aufrecht erhalten. Seine Darstellung wird durch die schriftliche Erklärung von O. M. bestätigt, der den Kläger im Juli 1944 kennengelernt hatte, als dieser als Melder der Batteriekommandeurs tätig war. Letztlich hat O. M. die Mitgliedschaft des Klägers bis zu dessen zweiter Verwundung Ende März 1945 bezeugt, als der Kläger durch einen feindlichen Minensplitter verwundet und ins Lazarett gebracht worden war. Für den anschließenden Zeitraum ab April 1945 hat I. V. das Vorbringen des Klägers in wesentlichen Zügen bestätigt. Auch wenn beide Personen nicht förmlich als Zeugen mündlich oder schriftlich vernommen worden sind und ihre "eidesstattlichen Erklärungen" nicht den förmlichen Voraussetzungen für eine eidessstattliche Versicherung i. S. des § 13 KOVVfG i. V. m. § 23 SGB X genügen, da sie nicht vor einer zur Entgegennahme ermächtigten öffentlichen Stelle abgegeben worden sind, und es sich somit verfahrensrechtlich um schlichte Auskünfte handelt, kommt ihnen dennoch Beweiswert zu. Anders als das SG hält der Senat für erwiesen, dass O. M. und I. V. ihrerseits militärischen bzw. militärähnlichen Dienst geleistet haben. Dies ergibt sich zum einen aus der Bestätigung des Z. H. S. der l. R. vom 17.09.2009, wonach O. M. seiner eigenen Einlassung im Schreiben vom 08.01.1992 entsprechend beim Artillerieregiment der 19. Division gedient hat. Zum anderen wird durch die auf dem Briefbogen der W.-S. quittierten Auszahlungen von Angehörigenunterhalt die Einberufung von O. M. und I. V. belegt. Das Detailwissen des Klägers über die militärischen Truppenverbände der 19. Division der W.-S. in L., das mit den vom Bundesarchiv erteilten Auskünften bzw. übersandten Literaturauszügen übereinstimmt, sein häufig wiederholter und dabei im Wesentlichen bzgl. seiner Kriegseinsätze gleichbleibender Sachverhaltsvortrag sowie insbesondere die schriftlichen Erklärungen von O. M. und I. V., die das Vorbringen des Klägers zu seinem Dienst in der W.-S. bestätigen, hält der Senat in der Summe für ausreichend, um den Nachweis für einen entsprechenden Kriegseinsatz des Klägers zu erbringen. Dass dieser durch offizielle Dokumente nicht belegt werden kann, kann unter diesen Umständen nicht ausschlaggebend sein. Zum einen hat die W. darauf hingewiesen, dass ein Großteil des W.-S.-Schriftgutes im Frühjahr 1945 verbrannt ist. Auch wenn gleichwohl durch deutsche und ausländische amtliche und nicht amtliche Stellen Nachweise über die Mitgliedschaft lettischer Staatsangehöriger in der W.-S. im Einzelfall erbracht worden sind, wie die vom Beklagten vorgelegte Zusammenstellung L. zeigt und wie auch vorliegend in Bezug auf O. M. und I. V. geschehen ist, weist der vorliegende Sachverhalt aber zum einen die Besonderheit auf, dass sich der Kläger in jugendlichem Alter der W.-S. angeschlossen hat. Da der Kläger am 30.07.1944 erst 15 Jahre alt war, war seinem Beitritt weder Musterung noch Einberufung vorausgegangen. Im Schreiben des L. F. vom 08.09.1993 (Bl. 42 B-Akten) wird darauf hingewiesen, dass Männer des Jahrgangs 1927 als letzte eingezogen und als Luftwaffenhelfer eingesetzt worden sind. Hiermit steht der Vortrag des Klägers im Einklang, dass unter Angabe seines wahren Geburtsjahrgangs (1929) der Kommandeur der 9. Batterie seinen Beitrittswunsch abgelehnt hat. Auch wenn der Kläger dann aufgrund der falschen Geburtsangaben in die 7. Batterie zunächst als Melder, später auch als Geschützbelader aufgenommen worden ist, hält der Senat es für durchaus nicht unwahrscheinlich, dass entsprechende förmliche Eintragungen unterlassen worden sind, um keinen Beleg für die Mitgliedschaft Minderjähriger in Verbänden der W.-S. zu liefern. Soweit die Mitgliedschaft von O. M. und I. V. in den Verbänden der W.-S. belegt ist, beruht dies auf den Nachweisen der Unterhaltszahlungen durch den Fürsorgeoffizier der W.-S. "O." an deren Familienangehörige. Entsprechende Zahlungen dürften an die Familie des Klägers nicht geflossen sein, da dieser selbst bei der Aufnahme noch minderjährig gewesen ist. Zum anderen waren nach eigenen Angaben des Klägers dessen beide im Rahmen des Kriegseinsatzes erlittene Verwundungen nur leicht oder jedenfalls nicht so schwerwiegend, dass mit einer Archivierung entsprechender Krankenunterlagen zwingend zu rechnen wäre. Hinzu kommt, dass fehlende Dokumente im Krankenbuchlager keinen Negativbeweis dafür bieten, dass es nicht zu einer kriegsbedingten Verwundung gekommen ist. Dies zeigt exemplarisch der Umstand, dass ausweislich der Auskunft des Krankenbuchlagers vom 22.09.2009 keine Krankenunterlagen für O. M. gefunden werden konnten, dieser aber vom 31.05.1943 bis 09.05.1945 bei dem Artillerieregiment der 19. Division gedient hat und am 23.01.1945 mit der Medaille "Für Verletzung" ausgezeichnet worden ist (Auskunft des L. S. vom 24.09.2009, Bl. 327 B-Akten). All dies ist für den Senat in der Summe ausreichend, um die fehlenden Nachweise der Mitgliedschaft des Klägers in der W.-S. in den Archiven der angefragten Auskunftsstellen zu erklären und dennoch aufgrund des Vortrags des Klägers und der vorgelegten schriftlichen Erklärungen von O. M. und I. V. den Dienst des Klägers in den entsprechenden Einheiten der lettischen Verbände der W.-S. anzunehmen. Der Senat hält den Kriegseinsatz des Klägers deshalb für erwiesen. Ob nach § 15 KOVVfG in direkter oder analoger Anwendung unter den dort genannten Voraussetzungen ein abgesenkter Beweismaßstab auch hinsichtlich der Ausübung des militärischen oder militärähnlichen Dienstes und nicht nur dem Wortlaut der Norm entsprechend für alle mit Entstehung, Art und Folgen der Schädigung zusammenhängende Tatsachen gilt (vgl. KOVVfGVwV zu § 15, Nummer 1), bedarf daher keiner Entscheidung.

Dem Kläger steht gleichwohl kein Anspruch auf Beschädigtenversorgung nach § 1 BVG zu, da dessen weitere Voraussetzungen vorliegend nicht erfüllt sind. Denn es ist nicht zumindest wahrscheinlich (§ 1 Abs. 3 Satz 1 BVG), dass die vom Kläger geltend gemachten gesundheitlichen Schädigungen dem Kriegseinsatz des Klägers zuzuordnen sind.

Der Kläger hat seinen ursprünglichen Antrag auf Beschädigtenversorgung vom 04.05.1992 ausschließlich auf Gesundheitsschäden in Form einer Lungentuberkulose und eines Zwölffingerdarmgeschwürs gestützt. Soweit der Kläger darüber hinaus von zwei Verwundungen im Rahmen des Fronteinsatzes mit Lazarettaufenthalten im November 1944 und März/April 1945 (vgl. Nr. 18 im Antragsformular) berichtet hat, hat er diese nicht zum Gegenstand seines Versorgungsverfahrens gemacht und sind diese daher auch nicht streitgegenständlich.

Die aktenkundigen medizinischen Unterlagen belegen, dass der Kläger von 1957 bis 1961 mit einer aktiven Tuberkulose in der Tuberkulosefürsorgestellte registriert gewesen ist, die jedoch radiologisch am 25.09.1964 nicht mehr nachzuweisen war, weshalb der Kläger als praktisch gesund entlassen worden ist. Dieser Befund wurde 1993 bestätigt, als ein Zustand nach überstandener Tuberkulose der linken Lunge diagnostiziert worden ist. In den aktuelleren Befundberichten, insbesondere dem Entlassungsbericht des Krankenhauses J. vom 08.04.2011 ist ebenfalls ausgeführt, dass eine aktive Tuberkulose nicht festzustellen ist ("keine Daten über ein TB Rezidiv"), jedoch eine starke Verkleinerung der linken Lunge als Folge der Tuberkuloseerkrankung bei kompensatorischer Hyperpneumatisation ohne pathologische Veränderungen der rechten Lunge besteht. Inwieweit der sehr verkleinerte Umfang der linken Lunge bei kompensatorisch hyperpneumatisierter rechter Lunge insgesamt zu einer Lungenfunktionsbeeinträchtigung führt, ergibt sich indes aus den Arztberichten nicht.

Auch wenn der genaue Zeitpunkt der Manifestation der Tuberkulose nicht bzw. widersprüchlich dargestellt wird, steht indes zweifelsfrei fest, dass der Kläger weder während seines Kriegseinsatzes noch während seines Aufenthaltes im Filtrationslager eine Tuberkulose entwickelt hat. Während der Kläger mit Schreiben vom 20.04.1993 angegeben hat, im Dezember 1945 habe sich eine erste ernsthafte Lungenblutung gezeigt, hat er in seinem Schreiben vom 21.04.2010 von einer ersten Lungenblutung im Juli 1945 und von einer zweiten Blutung im Dezember 1945 sowie in seiner Klagebegründung von einer ersten Lungenblutung am 01.08.1945, einer weiteren Anfang Dezember 1945 und einer dritten im Herbst 1964 berichtet. R. B. hat in ihrer schriftlichen Erklärung vom 16.04.2010 mitgeteilt, der Kläger habe im Juni 1945, als sie ihn kennen gelernt habe, plötzlich eine Blutung im Mund gehabt, die dann wieder aufgehört habe, sodass der Kläger am Abend mit dem Fahrrad nach Hause gefahren sei. In seiner schriftlichen Erklärung vom 17.01.1992 hat V. P. angegeben, bei dem Kläger habe Anfang Dezember 1945 während der Morgengymnastik eine Lungenblutung plötzlich begonnen. Auch wenn der Kläger rückblickend bereits diese ersten blutigen Auswürfe als Zeichen einer Tuberkuloseinfektion bewertet, fehlt es insoweit an einem medizinischen Nachweis für eine solche Diagnose. Weder der Kläger noch die Zeugen besitzen eine medizinische Ausbildung und konnten daher keine verlässliche medizinische Beurteilung für den blutigen Auswurf des Klägers abgeben. Schon die Behauptung, es habe sich um eine Lungenblutung gehandelt, ist letztlich spekulativ, weil sich auch aufgrund anderweitiger Verletzungen im Hals-, Rachen- oder Mundraum blutiger Schleim bilden kann. Nicht nachzuvollziehen ist die mehrfache Behauptung des Klägers, aufgrund einer radiologischen Untersuchung am 21.09.1945 sei festgestellt worden, dass er an Tuberkulose erkrankt sei. In seinem Schreiben vom 20.04.1993 hat der Kläger noch vorgetragen, es habe in jener Zeit (Dezember 1945) in J. noch kein Röntgengerät gegeben, eine ärztliche Anstalt für Lungentuberkulose sei erst im März 1946 eröffnet worden. Röntgenaufnahmen vom 21.09.1945 hat der Kläger zu keinem Zeitpunkt vorgelegt, stattdessen Röntgenaufnahmen des Brustkorbs vom 14.12.1979 und 01.04.1992. Letztlich hat sich der Kläger immer wieder auf ein handschriftliches Schreiben berufen, das in der deutschen Übersetzung unter dem Datum "21. September 1945" abgefasst sein soll (Bl. 57 B-Akten). Bereits dies ist offensichtlich fehlerhaft, denn eine solche Datumsangabe findet sich in der fremdsprachigen Fassung nicht. Dem vierzeiligen Text ist hier eine Datumsangabe angefügt, die allenfalls als "21.IX.41" zu entziffern ist (vgl. Bl. 387 B-Akten), die aber nicht das Wort "s." (l. für S.) enthält und auch nicht die Jahreszahl (19)45. Darüber hinaus ist dieses Schreiben unterschiedlich ins Deutsche übertragen worden, nämlich einmal "H. A., Vatersname H., 16 Jahre alt, hat die Erkrankung beider Lungen. Er darf 1 Woche lang nicht zur Schule gehen" (Bl. 57 B-Akten) und ein anderes Mal "H. A., Vatersname H., 16 Jahre alt, hat eine beidseitige eitrige Lungenerkrankung. Er darf 1 Woche lang die Schule nicht besuchen" (Bl. 388 B-Akten). Ein Hinweis auf eine radiologische Untersuchung findet sich in dem Schreiben ebenso wenig wie die Diagnose einer Lungentuberkulose. Zu Recht hat der Versorgungsarzt N. darauf hingewiesen, dass das einwöchige Schulverbot eher gegen als für die Diagnose einer Tuberkulose spricht. Da die Krankengeschichte des Klägers eine erste Eintragung am 06.03.1946 mit der Diagnose "infiltrative Tuberkulose der linken Lunge" mit dem Beginn einer Pneumothorax-Behandlung enthält (vgl. Auskunft der Fürsorgestelle für Tuberkulosekranke des R. J. vom 18.08.1991), hält der Senat erst ab diesem Zeitpunkt eine Tuberkuloseerkrankung für glaubhaft i. S. des § 15 KOVVfG.

Die vom Kläger außerdem genannte gesundheitliche Schädigung eines Zwölffingerdarmgeschwürs wird erstmals in dem Befundbericht der Poliklinik des Krankenhauses V. vom 26.01.1993 erwähnt. Der Chirurg C. hat darüber hinaus bestätigt, den Kläger am 13.01.1997 wegen eines blutenden Geschwürs im Zwölffingerdarm behandelt zu haben. Weder die Krankengeschichte des Klägers noch die schriftlichen Zeugenerklärungen belegen, dass der Kläger - wie behauptet - schon Ende 1945 an einem Zwölffingerdarmgeschwür gelitten hat. Da der Kläger selbst jedoch mangels medizinischer Kenntnisse nicht in der Lage ist, eine solche Erkrankung zu diagnostizieren, ist auch unter Berücksichtigung des herabgesetzten Wahrscheinlichkeitsmaßstabs nach § 15 KOVVfG ein vor 1993 bestehendes Zwölffingerdarmleiden nicht glaubhaft.

Sind die vom Kläger zur Begründung seines Antrags auf Beschädigtenversorgung genannten gesundheitlichen Schädigungen aber erst im März 1946 (Tuberkulose) bzw. im Jahr 1993 aufgetreten, ist eine durch den Kriegseinsatz bedingte Verursachung nicht wahrscheinlich.

Tuberkulose ist weltweit eine der häufigsten chronisch verlaufenden bakteriellen Infektionskrankheiten, die vor allem in den Atemorganen lokalisiert ist. Die Übertragung geschieht meist aerogen im Wege der Tröpfcheninfektion mit einer Inkubationszeit von 4 bis 12 Wochen von der Infektion bis zur Tuberkulinreaktion (vgl. Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch 2011, S. 2121). Bei einer Erstmanifestation im März 1946 wäre daher ein frühester Infektionszeitpunkt im Dezember 1945 und damit zu einer Zeit gewesen, als der Kläger bereits seit Monaten sowohl vom Kriegseinsatz als auch vom Aufenthalt in dem Filtrationslager nach Hause zurückgekehrt war. Eine Infektion im Rahmen des militärischen oder militärähnlichen Dienstes oder aufgrund der diesem Dienst eigentümlichen Verhältnisse kommt daher nicht in Betracht. Der Kläger hat selbst weder im ursprünglichen Antrags- noch im Überprüfungsverfahren im Einzelnen dargestellt, weshalb er seinen Kriegseinsatz verantwortlich für die Tuberkuloseerkrankung macht. Soweit er im Antragsformular ohne jede Konkretisierung schädigende Einflüsse an der Front, das sich Verstecken nach dem 09.05.1945 und den Aufenthalt im Filtrationslager genannt hat, erlaubt dies keine weitere Kausalitätsprüfung. Die weitere Einlassung des Klägers, im Filtrationslager zwei Monate Verpflegung bekommen zu haben, sowie die Schilderung im Rahmen der Widerspruchsbegründung, nach seiner Rückkehr aus dem Filtrationslager nach J. auf das Land zu einem Bauern geschickt worden zu sein, weil sie selbst keine Lebensmittelmarken mehr besessen hätten, wo er zwar habe arbeiten müssen, aber satt geworden sei, wertet der Senat als Hinweis darauf, dass der Kläger nicht hat hungern müssen. Selbst wenn aber die Tuberkuloseerkrankung auf einer durch Mangelernährung verursachten Immunschwäche beruhen würde, würde dies keinen Anspruch auf Beschädigtenversorgung begründen. Denn mit diesem Notstand hatte ein Großteil der Zivilbevölkerung zu kämpfen, zu der der Kläger nach der Kapitulation ebenfalls zählte. Dass der Kläger aufgrund des im Mai 1945 beendeten Kriegseinsatzes noch im Dezember 1945 an den Spätfolgen einer während des Kriegseinsatzes erfahrenen, die Versorgung der Zivilbevölkerung noch deutlich unterschreitenden Mangelernährung, die vom Kläger allerdings zu keinem Zeitpunkt behauptet worden ist, gelitten haben könnte und deshalb mehr als die sonstige Zivilbevölkerung der Gefahr einer Tuberkuloseinfektion ausgesetzt gewesen ist, hält der Senat weder für dargelegt noch für wahrscheinlich. Der Kläger hat selbst angegeben, schon im Filtrationslager versorgt worden zu sein und im Anschluss sich auf dem Land bei dem Bauern satt gegessen zu haben. Dass nicht der Kriegseinsatz oder die dem Kriegsdienst eigentümlichen Verhältnisse die wahrscheinliche Ursache für die neun Monate nach dem Krieg diagnostizierte Tuberkulose gewesen ist, ergibt sich auch aus dem Umstand, dass der Kläger einem nicht auf seinem Kriegseinsatz beruhenden erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt gewesen ist. Denn der Kläger hat vorgetragen, nach seiner Rückkehr aus dem Filtrationslager sehr oft zu Hause gewesen zu sein, wo sich auch sein kleiner Bruder aufhielt, der seinerseits am 15.04.1946 an Tuberkulose verstorben ist. Hieraus ergibt sich zum einen, dass die Gefahr einer Tuberkuloseinfektion auch außerhalb des militärischen Dienstes bestand und zum anderen, dass für den Kläger selbst ein solches Risiko aufgrund der familiären Nähe besonders hoch war. Umstände, die es wahrscheinlich machen würden, dass die im März 1946 festgestellte Tuberkuloseerkrankung auf dem Kriegseinsatz des Klägers beruht, sind dagegen weder konkret von Seiten des Klägers vorgetragen worden noch von Amts wegen ersichtlich.

Da der Beklagte mithin im Ergebnis zu Recht die Rücknahme des Bescheides vom 21.09.1994 abgelehnt hat, war die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorlie-gen.
Rechtskraft
Aus
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