Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 26 U 2355/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 3243/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Die Wegeunfallversicherung schützt nicht gegen Gefahren, die sich erst und allein aus dem Schlagen nach einem anderen Verkehrsteilnehmer ergeben (hier: Schlag eines Fahrradfahrers nach einem anderen, vorbeifahrenden Fahrradfahrer). Derartige Gefahren werden vom Schutzzweck der Wegeunfallversicherung nicht erfasst.
2. Bei einem Schlag nach einem anderen Verkehrsteilnehmer als Ausdruck aggressiven körperlichen Verhaltens handelt es sich nicht um ein „normales“ verkehrswidriges Verhalten.
2. Bei einem Schlag nach einem anderen Verkehrsteilnehmer als Ausdruck aggressiven körperlichen Verhaltens handelt es sich nicht um ein „normales“ verkehrswidriges Verhalten.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 24.06.2014 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung eines Arbeitsunfalls vom 25.05.2012 in der Wegeunfallversicherung streitig.
Der 1968 geborene Kläger, wohnhaft in der S.str ... in W., ist seit August 2011 als technischer Einkäufer bei der Firma Dr. F., D.straße , F. versicherungspflichtig beschäftigt. Am 25.05.2012, dem Tag des Fahrradunfalls, befuhr der Kläger nach Verlassen seiner Wohnung mit seinem Rennrad die Gemeindestraße zwischen W. und S. in Richtung W., um zu seiner Arbeitsstätte in F. zu gelangen. Es handelte sich um einen (am Ort der Unfallstelle) gerade verlaufenden asphaltierten Feldweg mit einer Fahrbahnbreite von 3,1 m, der insbesondere von Schülern genutzt wird, die mit dem Fahrrad in ihre Schule nach W. gelangen wollen. Gegen 7.04 Uhr verunfallte der Kläger mit seinem Rennrad auf dieser Gemeindestraße, als er im Vorbeifahren an einer Schülergruppe von drei Kindern, die ebenfalls die Gemeindestraße mit dem Fahrrad befuhren, stürzte und sich dabei so starke Verletzungen zuzog, dass er mit dem Rettungshubschrauber ins Klinikum S. geflogen werden musste. Dort wurde eine Fraktur der Klavikula, eine Fraktur des Orbitabodens mit Orbitahämatom und Läsion des Nervus opticus (Sehnerv) rechts, eine Fraktur des Jochbeins und des Oberkiefers rechts, eine Rippenserienfraktur 2 bis 8 rechts, ein traumatischer Pneumothorax, eine traumatische subarchnoidale Blutung, eine traumatische subdurale Blutung, eine Contusio cerebri, eine traumatisches Hirnödem, eine Lungenkontusion und eine Beckenprellung rechts diagnostiziert. Am 05.06.2012 wurde die Fraktur der Klavikula operativ behandelt (offene Reposition). Auf Grund der Schädigung des rechten Sehnerves ist der Kläger seit dem genannten Unfall auf dem rechten Auge erblindet.
Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens gegen den Kläger (wegen versuchter Körperverletzung) gab der den Unfall aufnehmende Polizeioberkommissar (POK) H. in seinem Abschlussbericht an, der Kläger sei an der Unfallstelle liegend ohne Bewusstsein angetroffen und von der Besatzung eines Rettungswagens erstversorgt worden. Es seien der Zeuge Dr. W. sowie der geschädigte Schüler N. W. vernommen worden. Die beiden anderen Schüler, M. S. sowie M. K., seien befragt worden, eine Niederschrift sei aber nicht gefertigt worden. Laut dem Protokoll der Zeugenvernehmung des Dr. W. vom 25.05.2012 gab dieser an, in seine Richtung sei ein Radfahrer den Kindern entgegen gekommen. Kurz davor habe er "Achtung" geschrien und im Vorbeifahren nach einem Kind geschlagen, obwohl er genug Platz gehabt habe. In seiner Vernehmung vom 29.05.2012 bestätigte er dies nochmals und gab weiter an, er sei zum Unfallzeitpunkt von W. kommend Richtung S. gejoggt. Ihm seien auf dem Weg viele Kinder auf dem Fahrrad entgegen gekommen. Die drei Jungs seien nach dem Ruf "Achtung" zusammengerückt, sodass man hätte vorbeikommen können. Er habe dann die linke Hand des Klägers gesehen, wie dieser sie hoch gehoben habe, als ob er nach einem Kind habe schlagen wollen. Dann sei er aber auch schon vom Fahrrad gestürzt. Für ihn habe es so ausgesehen, als ob der Kläger mit der Faust ausgeholt habe, um den Jungen zu schlagen. Der geschädigte N. W., geboren 1998, gab bei seiner Befragung am 30.05.2012 gegenüber POK H. an, sie hätten dem Kläger Platz gemacht, nachdem dieser "Achtung" geschrien habe. Dann habe er einen Schlag auf dem Oberarm gespürt. Der Kläger habe ihm auf den Arm geschlagen. Dann sei dieser hingefallen. Der Kläger selbst gab im Rahmen seiner Beschuldigtenvernehmung am 13.06.2012 an, er könne sich an den Unfall nicht konkret erinnern. Er gehe davon aus, dass er - als er an den Kindern habe vorbeifahren wollen - von links einen Schatten gesehen und reflexartig die Hand gehoben habe. Er sei vor ca. einem Jahr, im Juni 2011, auf der gleichen Strecke unverschuldet mit einem entgegenkommenden Radfahrer zusammengestoßen. Daher erkläre er sich auch seine reflexartige Handlung. Er könne sich nicht daran erinnern, dass er den Jungen habe schlagen wollen. Die Staatsanwaltschaft S. stellte das Ermittlungsverfahren gegen den Kläger gemäß § 170 Abs. 2 Strafprozessordnung (StPO) ein, da ein strafbares Verhalten des Klägers nicht sicher nachweisbar sei.
Mit Unfallanzeige vom 29.05.2012 zeigte die Arbeitgeberin des Klägers den Unfall bei der Beklagten an. Der Kläger habe am 25.05.2012 mit seinem Fahrrad einen Wegeunfall auf dem Weg zur Arbeit erlitten. Er sei seit dem 01.08.2011 als technischer Einkäufer beschäftigt gewesen (Arbeitgeberauskunft vom 14.06.2012). Die Beklage holte daraufhin medizinische Befundunterlagen ein. Im Durchgangsarztbericht vom 25.05.2012 gab Prof. Dr. K. an, der Kläger sei auf dem Weg zur Arbeit mit dem Fahrrad gestürzt und auf den Kopf gefallen. Er sei intensivmedizinisch versorgt worden. Als Erstdiagnosen wurden genannt: Orbitabodenfraktur und multiple Mittelgesichtsfrakturen mit Läsion des Nervus opticus rechts, Rippenserienfraktur zweite bis achte Rippe rechts mit traumatischem Pneumothorax, traumatische SAB und Subduralhämatom mit Contusio cerebri und Lungenkontusion sowie Fraktur des mittleren Drittels der Klavikula. Im Entlassungsbericht vom 11.06.2012 gab Oberarzt G. an, der Kläger sei vom 25.05. bis 11.06.2012 stationär behandelt worden. Er habe sich durch den Fahrradsturz eine Fraktur der Klavikula, eine Fraktur des Orbitabodens mit Orbitahämatom, eine Fraktur des Jochbeins und des Oberkiefers rechts, eine Rippenserienfraktur 2 bis 8 rechts, einen traumatischen Pneumothorax, eine traumatische subarachnoidale Blutung, eine traumatische subdurale Blutung, eine Contusio cerebri, ein traumatisches Hirnödem, eine Lungenkontusion und eine Beckenprellung rechts zugezogen. Trotz einer Entlastung des intra-orbitalen Hämatoms sei es zu einer Sehnervschädigung rechts gekommen. Der Kläger habe im Rahmen der Anamnese angegeben, beim Passieren von Fußgängern habe er seine Hand kurzzeitig vom Lenker genommen, wodurch es zu dem Sturzereignis auf die rechte Körperhälfte gekommen sei. Augenarzt Prof. Dr. W. gab in seinem Befundbericht vom 11.06.2012 an, der Kläger sei auf dem rechten Auge erblindet, er könne kein Licht wahrnehmen (Nulla lux). Im Rahmen eines Telefonats mit der Beklagten gab der Kläger am 19.06.2012 an, an den Unfall selbst erinnere er sich nicht mehr. Er habe auch keine Flashbacks oder Alpträume. Allerdings komme er mit der Situation, auf einem Auge erblindet zu sein, weiterhin nicht zurecht. In seinem Selbstauskunftsbogen gab er am 22.06.2012 gegenüber der Beklagten an, seine Arbeitszeit hätte am Unfalltag um 7.30 Uhr beginnen sollen. Er sei von seiner Wohnung aus in W. zu seiner Arbeitsstätte nach F. mit dem Fahrrad gefahren. Er habe seine Wohnung um 6.50 Uhr verlassen. Mit dem Fahrrad betrage die Strecke 17,5 km, mit dem Motorrad 18,8 km und mit dem Auto 22 km. Er benötige für die Fahrstrecke ca. 38 bis 45 Minuten. Er habe an den Fahrradsturz keine Erinnerung. Die Beklagte holte daraufhin noch den Befundbericht der Augenärztin Dr. E. vom 15.08.2012 ein, wonach auf dem rechten Auge Blindheit wegen der Läsion des Nervus optikus bestehe. Außerdem zog die Beklagte die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft S. (Az: 60 Js 59129/12) bei. Mit Schreiben vom 03.08.2012 teilte sie der Krankenkasse des Klägers (BKK) mit, dass vorbehaltlich der Entscheidung des Rentenausschusses der Unfall als Arbeits- bzw. Wegeunfall anerkannt werde. Solange Arbeitsunfähigkeit wegen der Folgen des Versicherungsfalls ärztlich bescheinigt werde und der Kläger kein Arbeitsentgelt erhalte, solle im Rahmen der Verwaltungsvereinbarung Verletztengeld gezahlt werden. Der Kläger erhielt eine Kopie dieses Schreibens zur Kenntnis.
Mit Bescheid vom 18.09.2012 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Unfalls vom 25.05.2012 als Arbeitsunfall ab. Ein Anspruch auf Leistungen bestehe nicht. Nach den Aussagen eines Zeugen sowie des betroffenen Jungen bestünden keine Zweifel daran, dass der Kläger nach dem Jungen geschlagen habe und infolgedessen gestürzt sei. Das Schlagen nach dem Jungen habe wesentlich der Verfolgung eigener Interessen gedient und stelle damit eine deutliche Zäsur dar, die nicht mehr unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehe. Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, das gegen ihn eingeleitete Verfahren wegen versuchter Körperverletzung sei mangels Tatverdacht eingestellt worden. Es sei unzutreffend, dass er beim Vorbeifahren mit der linken Hand nach einem der Jungen geschlagen habe. Bereits vor einem Jahr, im Mai 2011, sei er auf diesem Weg an einer Schülergruppe vorbeigefahren, die ihm entgegen gekommen sei. Ein Schüler sei dabei so weit links in seine Fahrbahn hinein geraten, dass er beim Vorbeifahren mit seiner linken Hand am Lenker des entgegenkommenden Schülers hängengeblieben sei und sich hierdurch Schürfwunden an den Fingern zugezogen habe. An den konkreten Unfalltag vom 25.05.2012 habe er keine detaillierte Erinnerung mehr. Er wisse noch, dass er damals mit einer Fahrradbrille mit getönten Gläsern kurz nach Sonnenaufgang unterwegs gewesen sei. Er sei irrtümlich davon ausgegangen, dass an diesem Freitag bereits Schulferien gewesen seien. Er wisse noch, dass er auf einmal etwas abrupt auf sich habe zukommen sehen, wobei er nicht sagen könne, ob dies ein Schüler oder ein Gegenstand, wie z.B. eine Tüte, gewesen sei. Instinktiv habe er dann seine linke Hand - im Hinblick auf den Vorfall vor einem Jahr - weggezogen. Dies sei aber nicht als Schlag oder gar versuchte Körperverletzung gegenüber einem anderen Fahrradfahrer gedacht gewesen. Mit Widerspruchsbescheid vom 22.03.2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, es sei weiterhin davon auszugehen, dass der Kläger gestürzt sei, weil er mit der linken Hand nach einem ihm entgegenkommenden, ebenfalls mit dem Rad fahrenden Schüler geschlagen habe. Dieses Handeln stehe nicht im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit und unterliege nicht dem Schutzbereich der Norm. Da der Kläger keine detaillierten Erinnerungen mehr habe, könne man sich nur auf die vorliegenden Zeugenaussagen und Feststellungen der Polizei zur Wegbeschaffenheit stützen. An Tatsachen, die das Abkommen vom Fahrradweg als Realisierung einer Verkehrsgefahr qualifizieren könnten, fehle es hier.
Hiergegen hat der Kläger am 24.04.2013 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben und seinen Vortrag aus dem Widerspruchsverfahren vertieft. Das Heben seiner linken Hand habe eine reine Schutzhandlung dargestellt, um diese Hand zu schützen. Ebenso sei es möglich, dass er auf der geteerten Fahrbahn in einen Spalt zwischen der geteerten Fläche und dem angrenzenden Wiesenbereich hinein geraten sei und deshalb die Kontrolle über sein Fahrrad verloren habe. Im Übrigen habe das Bundessozialgericht (BSG) entschieden (Bezugnahme auf Urteil vom 04.06.2010 - B 2 U 11/01 R), dass auch ein verkehrswidriges Verhalten unter den Schutzbereich der Wegeunfallversicherung falle. Zur weiteren Begründung hat der Kläger Lichtbilder vorgelegt, die drei bzw. vier Fahrradfahrer auf dem Unfallweg zeigen (Bl. 44/45 der SG-Akte).
Nach Vernehmung der Zeugen Dr. W. und W. in der mündlichen Verhandlung hat das SG mit Urteil vom 24.06.2014 die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 18.09.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.03.2013 verurteilt, den Unfall vom 25.05.2012 als Arbeitsunfall anzuerkennen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe sich im Zeitpunkt des Unfalls auf dem Weg von seiner Wohnung zur Arbeitsstätte und damit auf einem versicherten Weg befunden. Die durch den Fahrradunfall verursachten gesundheitlichen Einwirkungen auf den Körper des Klägers begründeten auch einen Arbeitsunfall, da sie infolge des Zurücklegens des versicherten Weges aufgetreten und damit nach dem Schutzzweck der Norm der versicherten Tätigkeit zuzurechnen seien. Der Auffassung der Beklagten, wonach der Kläger durch einen Schlag auf den Zeugen W. eine eigenwirtschaftliche Handlung vorgenommen habe, könne nicht gefolgt werden. Nach der Auswertung der Zeugenaussagen stehe nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit fest, dass der Kläger den Zeugen W. vorsätzlich geschlagen habe. Fest stehe nur, dass der Kläger, während er an den Schülern vorbeigefahren sei, den linken Arm und die linke Hand vom Lenker genommen habe und dass er infolge dessen den Zeugen W. an der rechten Schulter bzw. Brust berührt habe. Dies ergebe sich aus den Zeugenaussagen und den Angaben des Klägers. Ein Grund hierfür könne jedoch nicht mehr ermittelt werden. Letztendlich lasse es sich nicht klären, was tatsächlich hinter der Armbewegung des Klägers gesteckt habe. Den Zeugenaussagen könne nicht entnommen werden, dass es sich um einen vorsätzlichen Schlag gehandelt habe. Es sei unklar, aus welcher Entfernung der Zeuge Dr. W. das Geschehen beobachtet habe. In der polizeilichen Aussage seien es 20 m, in der mündlichen Verhandlung seien es zwischen 50 bis 100 m gewesen. Eine eigenwirtschaftliche Handlungstendenz liege daher nicht im Vollbeweis vor. Eine reflexartige Handlung des Klägers sei von einer solchen eigenwirtschaftlichen Handlungstendenz nicht getragen, da sie einen Reflex und damit keine willensgesteuerte Handlung darstelle. Damit verbleibe es bei der einen Wirkursache für den Sturz, nämlich dem Zurücklegen des Weges des Klägers von seiner Wohnung zur Arbeit. Die Beklagte trage die Beweislast dafür, dass der Kläger im Zeitpunkt des Unfalls keiner versicherten Verrichtung nachgegangen sei.
Gegen das der Beklagten am 07.07.2014 zugestellte Urteil hat diese am 04.08.2014 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und zur Begründung im Wesentlichen vorgetragen, aufgrund der vorliegenden Zeugenaussagen sei sie weiterhin davon überzeugt, dass der Kläger im Vorbeifahren mit der linken Hand nach einem der Schüler geschlagen und diesen am Arm bzw. im Schulterbereich getroffen habe. Dieses Handeln stehe nicht in einem so engen und gewichtigen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit, dass sie vom Schutzzweck der Wegeunfallversicherung noch getragen werde. Wesentlich sei die finale Handlungstendenz des Versicherten, die durch objektive Umstände des Einzelfalls bestätigt werde. Der Kläger selbst habe durchgängig angegeben, keine konkrete Erinnerung an den Unfall zu haben. Nachträglich habe er dann ausgeführt, aufgrund eines Unfalls vor einem Jahr im Reflex den Arm hochgehoben zu haben. Auch in der mündlichen Verhandlung vor dem SG habe er nicht angegeben können, was er an diesem Tag mit der linken Hand gemacht habe. Insoweit wurzele die nachgeschobene Behauptung, den Arm im Reflex hochgehalten zu haben, ausschließlich auf Annahmen, Vermutungen bzw. Spekulationen. Dagegen stünden Zeugenaussagen, die unbeeinflusst bereits unmittelbar nach dem Unfallereignis polizeilich erhoben und im weiteren Verfahren bestätigt worden seien. Der Zeuge Dr. W. habe von Anfang an erklärt, dass der Kläger den Schüler geschlagen habe. Ob er dies aus einer Entfernung von 20 m oder 50 bis 100 m gesehen habe, spiele keine Rolle, da seine Aussage seit Beginn widerspruchsfrei sei. Diese stimme insoweit auch mit den Angaben des Zeugen W. sowie seinen beiden Mitschülern überein. Es habe sich hierbei um ein objektiv beobachtetes und beobachtbares Verhalten gehandelt. Dabei komme es auf die Schwere der Verletzung nicht an. Selbst wenn eine gemischte Tätigkeit anzunehmen sei, gelte dies nicht für Risiken, die sich rechtlich wesentlich aus dem privaten Handlungsteil ergäben. Immerhin habe der Kläger nach eigenen Angaben auf dem Radweg mit einer Geschwindigkeit von ca. 25 km/h an der Gruppe der drei Schüler vorbeifahren wollen. Inwieweit dieses Tempo auf einem Radweg mit Gegenverkehr noch angemessen sei, erscheine sehr fraglich.
Die Beklage beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 24.06.2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Der Zeuge Dr. W. habe sich im Hinblick auf seine Aussagen zur Entfernung vom Unfallort in Widersprüche verwickelt. Auch bei einer Entfernung von 20 m könne kaum wahrgenommen werden, ob eine Handbewegung vorsätzlich oder quasi reflexartig ausgeführt werde. Dies habe sich gerade bei der letzten Fußballweltmeisterschaft gezeigt, bei der viele erfahrene Schiedsrichter durchaus falsche Entscheidungen getroffen hätten. Im Übrigen könne eine eigenwirtschaftliche Verrichtung während der Fahrradfahrt auch nicht angenommen werden. Auf die Aussagen des Zeugen W. könne man sich ebenfalls nicht stützen, da dieser bereits vor seiner Zeugenaussage vom Kläger außergerichtlich auf Zahlung eines Schadenersatzbetrags in Höhe von mehr als 50.000 EUR in Anspruch genommen worden sei. Im Übrigen sei für einen geübten Radfahrer eine Geschwindigkeit von ca. 25 km/h ohne große Anstrengung schnell erreicht.
Der Senat hat die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft S. (Az: 60 Js 59129/12) zum Verfahren beigezogen und die Beteiligten hierüber unterrichtet.
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 11.05.2015 wurden die Zeugen Dr. W. und W. vernommen. Hinsichtlich ihrer Aussagen wird auf die Niederschrift und deren Anlagen verwiesen.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz, auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte und auf die bei der Staatsanwaltschaft S. beigezogene Ermittlungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist statthaft und zulässig. Sie ist auch begründet. Das SG hat zu Unrecht den Bescheid der Beklagten vom 18.09.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.03.2013 (§ 95 SGG) aufgehoben, denn die Entscheidung der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der vom Kläger am 25.05.2012 erlittene Verkehrsunfall war kein Arbeitsunfall im Rahmen der Wegeunfallversicherung. Der Senat sieht es unter Berücksichtigung aller Umstände des vorliegenden Einzelfalles nicht als nachgewiesen an, dass der Kläger einen Wegeunfall erlitten hat. Denn die Wegeunfallversicherung schützt nicht gegen Gefahren, die sich erst und allein aus dem Schlagen nach einem anderen Verkehrsteilnehmer ergeben.
Dabei weist der Senat vorab darauf hin, dass die Beklagte das Ereignis vom 25.05.2012 durch ihr Schreiben vom 03.08.2012 an die BKK nicht verbindlich als Arbeits- bzw. Wegeunfall anerkannt hat. Denn die Beklagte hat insoweit keine rechtsverbindliche positive Feststellung getroffen, die sie daran hinderte, den ablehnenden Bescheid vom 18.09.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.03.2013 zu erlassen. In dem Schreiben vom 03.08.2012, das dem Kläger nur zur Kenntnisnahme übermittelt wurde, hat die Beklagte ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sie den Unfall vom 25.05.2012 nur "vorbehaltlich" der Entscheidung des Rentenausschusses als Arbeits- bzw. Wegeunfall anerkennt, damit der Kläger im Rahmen der Verwaltungsvereinbarung Verletztengeld erhalten konnte, solange Arbeitsunfähigkeit wegen der Folgen des Unfalls ärztlich bescheinigt wurde und er deshalb auch kein Arbeitsentgelt erhielt. Hiermit hat die Beklagte keinen endgültigen Rechtsbindungswillen zum Ausdruck gebracht, sondern vielmehr klargestellt, dass es sich lediglich um eine vorläufige Entscheidung zur Zahlbarmachung von Verletztengeld handelt. In Anbetracht der Rechtsprechung des BSG, wonach Maßstab der Auslegung eines Verwaltungsaktes der im Ausspruch geäußerte Erklärungswille und Erklärungswert ist, wie er sich einem verständigen Beteiligten, der die Zusammenhänge berücksichtigt, darstellt (vgl. nur BSG SozR 4100 § 71 Nr. 2; SozR 3-1300 § 32 Nr. 2; SozR 3-1300 § 34 Nr. 2 m.w.N.), kann dem Schreiben der Beklagten vom 03.08.2012 keine endgültige Entscheidung über die Anerkennung eines Arbeitsunfalls in der Wegeunfallversicherung entnommen werden. Denn in dem Schreiben wird - wie bereits dargelegt - hinreichend deutlich gemacht, dass die Entscheidung des Rentenausschusses, welche am 18.09.2012 erging, allein maßgeblich sein soll. Durch die Entscheidung vom 18.09.2012 hat sich das Schreiben vom 03.08.2012 - soweit man es als Verwaltungsakt im Sinne des § 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) versteht - gemäß § 39 Abs. 2 SGB X erledigt.
Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Zu den versicherten Tätigkeiten zählt gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII auch das Zurücklegen des mit der nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit. Unfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Ein Arbeitsunfall setzt daher voraus, dass der Verletzte durch eine Verrichtung unmittelbar vor dem fraglichen Unfallereignis den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt hat und deshalb "versichert" ist. Die Verrichtung muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis und dadurch einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität und haftungsbegründende Kausalität; vgl. BSG, Urteil vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R - BSGE 112, 177 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 46, RdNr. 20; zuletzt BSG, Urteil vom 14.11.2013 - B 2 U 27/12 R = SozR 4-2700 § 8 Nr. 51 RdNr. 3 m.w.N.).
Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Der Kläger war zwar am 25.05.2012 auf seinem Weg von seiner Wohnung zur Arbeitsstätte im Rahmen der Wegeunfallversicherung (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII) kraft Gesetzes versichert. Er hat auch einen Unfall im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII erlitten. Dieser Unfall ist jedoch kein Arbeitsunfall, weil die Einwirkung nicht der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist.
Mit dem Verlassen seiner Wohnung am 25.05.2012 um 06.50 Uhr (so die Angabe des Klägers im Selbstauskunftsbogen vom 22.06.2012) befand sich der Kläger nicht auf einem "Betriebsweg". Der Kläger legte nach seinen eigenen Angaben im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 11.05.2015 vielmehr einen Weg im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII zurück, als er sich zur Zeit des Unfalls um 07.04 Uhr (vgl. Abschlussbericht des POK H.) auf der Gemeindestraße zwischen W. und S. befand. Denn nach seinen Angaben nutzte er diese (im Verglich zu anderen Verkehrsmitteln kürzeste) Wegstrecke täglich mit dem Fahrrad, um zu seiner Arbeitsstätte zu gelangen. Er befand sich mithin zur Zeit des Unfalls auf dem unmittelbaren Hinweg von seiner Wohnung (W.) zum Ort seiner versicherten Beschäftigung (F.) und legte damit den mit der nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weg nach dem Ort der Tätigkeit zurück. Anhaltspunkte dafür, dass seine Fortbewegung nicht von dem Zweck bestimmt war, die Arbeitsstätte in F. zu erreichen, liegen nicht vor. Entsprechendes wird auch von der Beklagten nicht behauptet.
Der Kläger hat zudem eine zeitlich begrenzte, von außen kommende Einwirkung auf seinen Körper und damit einen Unfall im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII erlitten. Dadurch, dass er von seinem Fahrrad stürzte und auf die rechte Körperhälfte prallte, wurde seine körperliche Integrität verletzt. Das entnimmt der Senat dem Durchgangsarztbericht des Prof. Dr. K. vom 25.05.2012. Danach führte der Fahrradsturz am 25.05.2012 zu einer Orbitabodenfraktur und multiplen Mittelgesichtsfrakturen mit Läsion des Nervus opticus rechts, einer Rippenserienfraktur (zweite bis achte Rippe rechts) mit traumatischem Pneumothorax, einer traumatischen SAB, einem Subduralhämatom mit Contusio cerebri und einer Lungenkontusion sowie zu einer Fraktur des mittleren Drittels der Klavikula. Im Entlassungsbericht vom 11.06.2012 gab Oberarzt G. des Weiteren ein traumatisches Hirnödem sowie eine Beckenprellung rechts als Diagnosen an. Durch die Schädigung des Nervus Opticus rechts kam es zu einer Erblindung auf dem rechten Auge. Dies entnimmt der Senat dem Arztbericht des Prof. Dr. W. vom 11.06.2012 und dem Befundbericht der Dr. E. vom 15.08.2012. Danach kann der Kläger auf dem rechten Auge keinen Lichtschein mehr wahrnehmen (Nulla Lux).
Die Einwirkung und die dadurch verursachten Gesundheitserstschäden sind jedoch entgegen § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII nicht "infolge" der Verrichtung der versicherten Tätigkeit eingetreten und ihr damit nicht zuzurechnen.
Die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung haben Schutz gegen Gefahren zu gewähren, die sich durch die ihre Verbandszuständigkeit, den Versicherungsschutz und das Versichertsein des Verletzten begründende Verrichtung von im jeweiligen Versicherungstatbestand konkret umschriebenen Tätigkeiten realisieren können. Ihre Einstandspflicht besteht nur dann, wenn sich durch eine Handlung des Geschädigten, die den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt, ein Risiko verwirklicht hat, gegen dessen Eintritt nicht die Unfallversicherung "allgemein", sondern der jeweils durch die Handlung erfüllte Versicherungstatbestand schützen soll. Die Zurechnung des Schadens eines Versicherten zum Versicherungsträger erfordert daher zweistufig die Erfüllung erstens tatsächlicher und zweitens darauf aufbauender rechtlicher Voraussetzungen. Die Verrichtung der versicherten Tätigkeit muss die Einwirkung und in gleicher Weise muss die Einwirkung den Gesundheitserstschaden oder den Tod sowohl objektiv (1. Stufe) als auch rechtlich wesentlich (2. Stufe) verursacht haben (BSG, Urteil vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R = SozR 4-2700 § 8 Nr. 46 RdNr. 32).
Nach der Rechtsprechung des BSG (a.a.O., RdNr. 33 ff.) setzt die Zurechnung auf der ersten Stufe voraus, dass die Einwirkung durch die versicherte Verrichtung objektiv (mit)verursacht wurde. Für Einbußen des Verletzten, für welche die versicherte Tätigkeit keine Wirkursache war, besteht schlechthin kein Versicherungsschutz und hat der Unfallversicherungsträger nicht einzustehen. Wirkursachen sind nur solche Bedingungen, die erfahrungsgemäß die infrage stehende Wirkung ihrer Art nach notwendig oder hinreichend herbeiführen.
Insoweit ist Ausgangspunkt der Zurechnung die naturwissenschaftlich-philosophische Bedingungstheorie, nach der schon jeder beliebige Umstand als notwendige Bedingung eines Erfolges gilt, der nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio-sine-qua-non). Nach der im Strafrecht maßgeblichen rechtlichen Zurechnungslehre der "Äquivalenztheorie" gelten alle solchen notwendigen Bedingungen stets als gleichwertig (äquivalent) und deshalb schon rechtlich als Ursachen. Die auf dieser Grundlage sehr weitgehende Zurechnung der Rechtsgutverletzung zum Täter wird nachgehend etwa durch die Institute der objektiven Zurechnung, des Schutzzwecks der Norm etc. eingeschränkt.
In der gesetzlichen Unfallversicherung muss eine versicherte Verrichtung, die i.S. der "conditio-Formel" eine erforderliche Bedingung des Erfolges (stets neben anderen Bedingungen) war, darüber hinaus in einer besonderen tatsächlichen Beziehung zu diesem Erfolg stehen. Sie muss Wirkursache des Erfolges gewesen sein, muss ihn tatsächlich mitbewirkt haben und darf nicht nur eine (bloß im Einzelfall nicht wegdenkbare) zufällige Randbedingung gewesen sein.
Ob die versicherte Verrichtung eine Wirkursache für die festgestellte Einwirkung (und dadurch für den Gesundheitserstschaden oder den Tod) war, ist eine rein tatsächliche Frage. Sie muss aus der nachträglichen Sicht (ex post) nach dem jeweils neuesten anerkannten Stand des Fach- und Erfahrungswissens über Kausalbeziehungen (gegebenenfalls unter Einholung von Sachverständigengutachten) beantwortet werden (vgl. BSG, Urteil vom 24.7.2012 - B 2 U 9/11 R = SozR 4-2700 § 8 Nr. 44).
Steht die versicherte Tätigkeit als eine der Wirkursachen fest, muss auf der zweiten Stufe die (Ein-)Wirkung rechtlich unter Würdigung auch aller auf der ersten Stufe festgestellten mitwirkenden unversicherten Ursachen die Realisierung einer in den Schutzbereich des jeweils erfüllten Versicherungstatbestandes fallenden Gefahr sein. Bei dieser reinen Rechtsfrage nach der "Wesentlichkeit" der versicherten Verrichtung für den Erfolg der Einwirkung muss entschieden werden, ob sich durch das versicherte Handeln ein Risiko verwirklicht hat, gegen das der jeweils erfüllte Versicherungstatbestand gerade Schutz gewähren soll. Eine Rechtsvermutung dafür, dass die versicherte Verrichtung wegen ihrer objektiven Mitverursachung der Einwirkung auch rechtlich wesentlich war, besteht nicht. Die Wesentlichkeit der Wirkursache ist vielmehr zusätzlich und eigenständig nach Maßgabe des Schutzzwecks der jeweils begründeten Versicherung zu beurteilen (vgl. BSG, a.a.O.).
Der Schutzzweck einer Rechtsnorm aufgrund des ihr zugrunde liegenden vom Normgeber anerkannten Schutzbedürfnisses des Begünstigten ist ein u.a. im deliktischen Haftungsrecht anerkanntes Zurechnungskriterium, das neben der Kausalität erfüllt sein muss (BSG, Urteil vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R = SozR 4-2700 § 8 Nr. 46 RdNr. 38 m.w.N.). Die haftungsrechtliche Zurechnung des Schadens zu dessen Verursacher erfolgt grundsätzlich schon allein wegen des Handelns, das objektiv für den nach der Lebenserfahrung nicht ausgeschlossenen Schaden (aus der ex ante Sicht des optimalen Beobachters) adäquat ursächlich war. Sie entfällt aber auf der (zweiten, rechtlichen) Wertungsstufe, wenn die Vorschrift nach ihrer Art und Entstehungsgeschichte gerade eine Person wie den Verletzten (persönlicher Schutzbereich) vor einer Verletzung der erlittenen Art (sachlicher Schutzbereich) nicht schützen soll. Die Haftung des Schadensverursachers ist deshalb ausgeschlossen, wenn sich keine Gefahr verwirklicht hat, der die Rechtsvorschrift gerade entgegenwirken soll.
Allerdings geht es in der gesetzlichen Unfallversicherung nicht um die Zurechnung eines Erfolges zum Verursacher, sondern um die Begründung einer (versicherungsrechtlichen) Einstandspflicht eines Unfallversicherungsträgers für einen tatbestandlichen Schaden, den ein anderes Rechtssubjekt, der Verletzte, unter eigener Mitwirkung erlitten hat. Diese Einstandspflicht setzt voraus, dass die Rechtsgutverletzung in persönlicher und sachlicher Hinsicht in den jeweiligen Schutzbereich der begründeten Versicherung fällt. Der persönliche Schutzbereich ist eröffnet, wenn, solange und soweit der Verletzte vor dem Unfall durch eine eigene Verrichtung den Tatbestand einer aufgrund der §§ 2, 3, 6 oder 8 Abs. 2 SGB VII versicherten Tätigkeit erfüllt und dadurch seinen Versicherungsschutz bei dem für diesen Tatbestand zuständigen Unfallversicherungsträger "begründet" i.S. des § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII. Der sachliche Schutzbereich greift ein, wenn sich mit dem durch die versicherte Verrichtung mitverursachten tatbestandlichen Schaden eine Gefahr verwirklicht hat, gegen die der jeweils erfüllte Versicherungstatbestand schützen soll.
Für Schäden, die außerhalb des Schutzzwecks der Norm liegen, muss der jeweils zuständige Unfallversicherungsträger nicht einstehen. In der Sache läuft diese Voraussetzung der Einstandspflicht darauf hinaus, dass entschieden werden muss, ob der begründete Versicherungsschutz den Sinn und Zweck hat, gegen Schäden der konkret eingetretenen Art zu schützen. Deshalb wirkt der Schutzzweck der Norm in der gesetzlichen Unfallversicherung nicht haftungslimitierend, sondern pflichtbegründend (BSG, a.a.O., RdNr. 40).
Den Schutzzweck der jeweils begründeten Versicherung hat das Gericht (und die Verwaltung) durch Auslegung des Versicherungstatbestandes nach den anerkannten juristischen Methoden unter Berücksichtigung des vom Gesetzgeber festgelegten Sinns und Zwecks des Gesetzes zu bestimmen (vgl. BVerfG vom 25.01.2011 - 1 BvR 918/10 - BVerfGE 128, 193, 206, 210 f. m.w.N.; zu den anerkannten Methoden stellv. BVerfG vom 15.01.2009 - 2 BvR 2044/07 - BVerfGE 122, 248, 257 f., insb. abw. Meinung S. 282 f. m.w.N.). Nur diese methodengerechte Unterwerfung unter die Gesetzesbindung verhindert, dass sich der Rechtsanwender unter missbräuchlicher Berufung auf einen angeblichen "Schutzzweck der Norm" von seiner Gesetzesbindung löst (vgl. hierzu Becker, MedSach 2007, 92, 94). Im Wege der Subsumtion eines konkreten Lebenssachverhaltes unter den durch Auslegung nach den juristisch anerkannten Methoden bestimmten Schutzbereich der jeweils begründeten Versicherung ist daher festzustellen, ob die versicherte Verrichtung ein Risiko verwirklicht hat, das unter diesen Schutzbereich fällt.
Die Einstandspflicht des Unfallversicherungsträgers wird danach nur begründet, wenn der durch die versicherte Verrichtung objektiv mitverursachte Unfall eine Gefahr mitverwirklicht hat, gegen die die begründete Versicherung schützen soll. Denn nur wenn der Schutzzweck der Norm den durch die versicherte Handlung mitbewirkten Schaden überhaupt umgreift, kommt es rechtlich darauf an, ob neben der versicherten Wirkursache auch andere unversicherte Mitursachen bestehen. Diese können die Einstandspflicht nie begründen, aber gleichwohl die Zurechnung ausschließen. Das ist der Fall, wenn die unversicherten Wirkursachen das Unfallgeschehen derart geprägt haben, dass sie die versicherte Wirkursache verdrängen, so dass der Schaden "im Wesentlichen" rechtlich nicht mehr dem Schutzbereich des jeweiligen Versicherungstatbestandes unterfällt.
Bei dieser Subsumtion sind die versicherten und die auf der ersten Zurechnungsstufe festgestellten unversicherten Wirkursachen und ihre Mitwirkungsanteile in einer rechtlichen Gesamtbeurteilung anhand des zuvor festgestellten Schutzzwecks des Versicherungstatbestandes zu bewerten (vgl. BSG vom 24.07.2012 - B 2 U 9/11 R = SozR 4-2700 § 8 Nr. 44). Unter Berücksichtigung der Auffassung des praktischen Lebens ist abzuwägen, ob der Schaden den versicherten oder den unversicherten Wirkursachen zuzurechnen ist (vgl. BSG vom 17.02.2009 - B 2 U 18/07 R = SozR 4-2700 § 8 Nr. 31 RdNr. 12 m.w.N.; s. hierzu auch Schur/Spellbrink, SGb 2014, 589, 594 ff.).
Nach diesen Maßstäben ist die Einwirkung auf den Körper des Klägers am 25.05.2012 zwar objektiv, nicht aber rechtlich wesentlich durch das Zurücklegen des Weges von seiner Wohnung zur Arbeitsstätte verursacht worden. Das gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII versicherte Zurücklegen des unmittelbaren Weges von seiner Wohnung zur Arbeitsstätte hat zwar die Einwirkung auf den Körper des Klägers (Sturz vom Fahrrad) objektiv mitverursacht. Denn der Kläger befand sich - wie bereits dargelegt - auf dem unmittelbaren Weg von seiner Wohnung zur Arbeitsstätte in F., um die nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versicherte Tätigkeit auszuüben. Das Zurücklegen dieses Weges war offenkundig eine mitwirkende Grundbedingung für den Sturz vom Fahrrad.
Die an sich grundsätzlich versicherte Verrichtung (Zurücklegen des Weges zur Arbeitsstätte) war vorliegend jedoch keine rechtlich wesentliche Wirkursache für den Fahrradunfall. Mit dem Sturz vom Fahrrad hat sich keine Gefahr realisiert, vor der die Wegeunfallversicherung des § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII schützen soll. Die Unfallversicherung des Zurücklegens des Wegs nach und von dem Ort der jeweiligen versicherten Tätigkeit schützt nur gegen Gefahren für Gesundheit und Leben, die aus der Teilnahme am öffentlichen Verkehr als Fußgänger oder Benutzer eines Verkehrsmittels, also aus eigenem oder fremdem Verkehrsverhalten oder äußeren Einflüssen durch die Beschaffenheit des Verkehrsraums hervorgeht (vgl. hierzu nochmals BSG, Urteil vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R, a.a.O., RdNr. 45).
Eine solche Verkehrsgefahr hat sich vorliegend nicht verwirklicht. Ein technisches Versagen, widrige Straßenverhältnisse oder andere äußere Einflüsse auf die Fahrt konnte der Senat nicht feststellen. Nach den eigenen Angaben des Klägers im Rahmen der mündlichen Verhandlung beim SG hat dieser ausdrücklich angegeben, dass sich sein Fahrrad in einem "Topzustand" befunden hat (Niederschrift vom 24.06.2014, Bl. 49 der SG-Akte). Ein technisches Versagen (etwa Riss der Fahrradkette oder Nichtfunktionieren der Bremsen) wird mithin vom Kläger nicht behauptet und lässt sich auch aus den Zeugenaussagen sowie dem Abschlussbericht des POK H. nicht entnehmen. Aus dem Abschlussbericht des POK H. folgt zudem, dass die Gemeindeverbindungsstraße an der Unfallstelle 3,1 m breit war. Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 11.05.2015 angegeben hat, die Fahrbahnbreite betrage nur 2,5 m, so hat er auf Nachfrage bestätigt, dass bei Hinzuaddieren der seitlichen Betonstreifen man auf eine Fahrbahnbreite von 3,1 m kommen könne. Der Senat hat daher keine Zweifel daran, dass die Fahrbahnbreite von POK H. in seinem Abschlussbericht, der in der beigezogenen Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft S. enthalten ist, richtig angegeben wurde.
Zwar waren auf der Gemeindestraße keine Fahrbahnmarkierungen vorhanden, im Bereich der Unfallstelle verläuft die Fahrbahn aber gerade und eben. Dies wurde vom Zeugen Dr. W. in der mündlichen Verhandlung am 11.05.2015 bestätigt und lässt sich auch den Lichtbildern, die in der Lichtbildmappe der beigezogenen Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft S. vorhanden sind, entnehmen. Die Kratzspuren auf der Fahrbahn, die auf Bild Nr. 4 der Lichtmappe sichtbar sind, stammen nach Ansicht des POK H. vom Fahrrad des Klägers. Diese Kratzspuren befinden sich im rechten Drittel der Fahrbahn in Fahrtrichtung (laut Abschlussbericht 80 cm vom recht Fahrbahnrand) und mithin nicht in unmittelbarer Nähe der angrenzenden Wiese. Die Fotos von der Unfallstelle zeigen auch, dass die Fahrbahn im Bereich der Unfallstelle im Übrigen nicht beschädigt war, sodass der Senat keine Anhaltspunkte dafür sieht, dass die Beschaffenheit der Fahrbahn eine wesentliche Wirkursache für den Fahrradunfall war. Die These des Klägers, wonach er eventuell im Übergangsbereich zwischen dem asphaltierten Weg und der Wiese die Kontrolle über sein Fahrrad verloren habe, lässt sich danach nicht bestätigen. Denn sonst wären keine Kratzspuren seines Fahrrades 80 cm vom Fahrbahnrand festgestellt worden. Im Übrigen hat er in der mündlichen Verhandlung am 11.05.2015 auch angeben, den seitlichen Fahrbahnrand nicht befahren zu haben, da der seitliche Betonstreifen wegen teilweiser "großer Löcher" nicht befahrbar sei.
Danach führten weder technisches Versagen noch widrige Straßenverhältnisse zu dem Unfallereignis. Andere äußere Einflüsse auf die Fahrt konnte der Senat ebenfalls nicht feststellen. Die Sichtverhältnisse waren an diesem Morgen nach den übereinstimmenden Aussagen der Zeugen W. und Dr. W. in der mündlichen Verhandlung am 11.05.2015 gut. Nach den insoweit übereinstimmenden Auskünften des Klägers und des Zeugen W., haben sich die beiden Fahrräder beim Vorbeifahren auch nicht berührt. Der Zeuge Dr. W. hat bereits bei seiner Vernehmung vom 29.05.2012 angegeben, dass die drei Jungen Platz gemacht haben, sodass man aneinander vorbeifahren konnte. Dies hatte er auch bereits bei seiner Vernehmung am Unfalltag angegeben und im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 11.05.2015 bestätigt. Gleiches wurde vom Zeugen W. in der mündlichen Verhandlung am 11.05.2015 berichtet. Aus dem Entlassungsbericht des Oberarztes G. vom 11.06.2012 lässt sich zudem entnehmen, dass der Kläger bei der Anamnese angegeben hat, durch das kurzzeitige Wegnehmen der Hand vom Lenker sei es zu Sturzereignis gekommen. Von einer Kollision hat er hingegen nicht berichtet. Es kann daher ausgeschlossen werden, dass der Kläger wegen einer Kollision mit dem Fahrrad des Zeugen W. gestürzt ist.
Soweit der Kläger im Widerspruchsverfahren gemutmaßt hat, dass er von links beispielsweise eine Tüte abrupt auf sich habe zukommen sehen, kann ein solcher Gegenstand den noch am Unfalltag aufgenommenen Lichtbildern der Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft S. nicht entnommen werden. Auch im Abschlussbericht des POK H. finden sich keine Hinweise auf Gegenstände, die an der Unfallstelle aufgefunden worden sind. Schließlich haben die Zeugen W. und Dr. W. in der mündlichen Verhandlung am 11.05.2015 auf ausdrückliche Nachfrage des Senats angeben, keine derartigen Gegenstände gesehen zu haben. Zudem haben sie bestätigt, dass die Sichtverhältnisse zur Unfallzeit gut waren.
Damit lässt sich der Eintritt eines vom Schutzzweck der Wegeunfallversicherung erfassten Risikos nicht positiv feststellen. Vielmehr stellt der Schlag des Klägers auf den Oberarm bzw. den Schulterbereich des Zeugen W. die wesentliche Wirkursache für den Sturz und damit für den Unfall dar. Die Gefahren, die durch Schläge auf andere Verkehrsteilnehmer entstehen, werden vom Schutzzweck der Wegeunfallversicherung aber nicht erfasst.
Davon, dass der Kläger beim Vorbeifahren den Zeugen W. mit der linken Hand geschlagen hat, ist der Senat aufgrund der Zeugenaussagen des Dr. W. und des Geschädigten W. überzeugt. Im Gegensatz zur Auffassung des SG ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger den Zeugen W. bewusst mit der linken Hand geschlagen hat. Ausgangspunkt ist zunächst die - im Hinblick auf den Unfalltag (25.05.2012) zeitnächste - Angabe des Klägers im Krankenhaus S., wie sie in der Anamneseerhebung durch Oberarzt G. in seinem Entlassungsbericht vom 11.06.2012 wiedergegeben ist. Danach kam es zu dem Sturz, weil der Kläger seine Hand kurzzeitig vom Lenker genommen hat. Die Handlung ging danach vom Kläger (und nicht etwa von einem der vorbeifahrenden Schüler) aus. Dies wurde von den Zeugen Dr. W. und W. auch bestätigt. So hat der Zeuge Dr. W. bereits bei seiner Vernehmung am 25.05.2012 am Unfallort angegeben, dass der Kläger kurz vor Erreichen der drei Kinder "Achtung" gerufen und im Vorbeifahren nach einem Kind geschlagen hat. Dies entnimmt der Senat der Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft S ... Seine Aussage hat der Zeuge Dr. W. bei seiner Vernehmung am 29.05.2012 bekräftigt und dabei angegeben, dass er dachte, nicht richtig zu sehen, da der Kläger die linke Hand hochgezogen habe, als ob er nach dem Zeugen W. habe schlagen wollen. In diesem Zusammenhang hat er auch ausgesagt, dass es dem Kläger gereicht hätte, an den Kindern vorbei zu fahren. Schließlich gab er an, eher eine Faust und keine flache Hand des Klägers gesehen zu haben. Im Rahmen seiner Vernehmung durch den Senat am 11.05.2015 hat er seine Aussagen im Wesentlichen bestätigt. Er hat angeben, dass er gesehen hat, wie der Kläger den Arm mit der Faust gehoben hat und danach gestürzt ist. Für ihn sah es auch so aus, dass der Schlag absichtlich ausgeführt wurde.
Der Zeuge W. hat bei seiner Vernehmung am 30.05.2012 ausgesagt, sie hätten dem Kläger Platz gemacht, nachdem dieser "Achtung" gerufen hat. Dann habe er auf dem Oberarm einen Schlag gespürt. Auch dies entnimmt der Senat der Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft S ... Diese Aussagen hat der Zeuge vor dem SG und dem Senat bestätigt, wobei es nicht darauf ankommt, dass teilweise der Oberarm bzw. Schulter-/Brustbereich als Stelle der Einwirkung durch den Schlag angegeben wurden. Denn nach den insoweit schlüssigen Aussagen des Zeugen W. in der mündlichen Verhandlung am 11.05.2015 wurde er durch den Schlag des Klägers soweit im oberen Bereich des linken Oberarmes getroffen, dass man auch von "Schulterbereich" sprechen kann.
Der Senat konnte sich nicht davon überzeugen, dass der Kläger die linke Hand reflexartig, d.h. ohne Absicht, den Zeugen W. zu schlagen, gehoben hat. Dabei ist vorab festzustellen, dass sich der Kläger an den Unfall nicht mehr konkret erinnern kann. Bereits am 19.06.2012 hat er gegenüber der Beklagten darauf hingewiesen, dass er sich an den Unfall selbst nicht mehr erinnert. Diese Aussage hat er auch in seinem Selbstauskunftsbogen vom 22.06.2012 bestätigt. Dies entnimmt der Senat der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakte (Bl. 42 und 52). Auch im Rahmen seiner Beschuldigtenvernehmung am 13.06.2012 hat der Kläger gegenüber POK H. angegeben, sich an den Unfall nicht konkret zu erinnern. Erst im Krankenhaus sei ihm "die Vorstellung oder auch die Erinnerung" gekommen, dass er zum Unfallzeitpunkt von links einen Schatten bemerkt und hierauf mit einem Reflex der Hand reagiert habe. In seiner Widerspruchsbegründung vom November 2012 hat er diesbezüglich angegeben, dass er auf einmal etwas auf sich abrupt habe zukommen sehen, wobei er sich nicht daran erinnern könne, ob dies ein Schüler oder nur ein Gegenstand, beispielsweise eine Tüte, gewesen sei. Soweit dieses Vorbringen auch im weiteren Verfahren wiederholt wurde, handelt es sich nach Auffassung des Senats um eine reine Schutzbehauptung. Denn weder die Zeugen Dr. W. und W. haben bei ihrer Vernehmung durch die Polizei und auch bei ihrer Vernehmung durch den Senat angegeben, Gegenstände gesehen zu haben, die auf den Kläger am Unfallort zuflogen (wie z.B. eine Tüte). Auch die noch am Tag des Unfalls am 25.05.2012 gefertigten Lichtbilder zeigen keine entsprechenden Gegenstände und im Abschlussbericht des POK H. werden keine entsprechenden Gegenstände benannt. Dies entnimmt der Senat der beigezogenen Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft S ... Zudem haben die Zeugen Dr. W. und W. vor dem Senat übereinstimmend angegeben, dass die Sichtverhältnisse am Unfalltag gut waren. Auch die Mutmaßung des Klägers, wonach er einen Schatten von links gesehen habe, der bei ihm eine Reflexhandlung ausgelöst habe, überzeugt den Senat nicht. Denn nach seinen eigenen Angaben hat er die drei Schüler entgegenkommen sehen und deshalb auch Achtung gerufen. Dies entnimmt der Senat seiner Aussage vor dem SG (vgl. Niederschrift vom 24.06.2014, Bl. 47 der SG-Akte). Dabei hat er auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er mit entgegenkommenden Radfahrern immer versucht, Sichtkontakt zu halten. Das bedeutet aber, dass er (bewusst) die drei Schüler gesehen hat und mit dem Vorbeifahren an dieser Schülergruppe gerechnet hat. Ein insoweit "abruptes" Zukommen von einem Schüler oder Gegenstand ist daher nicht wahrscheinlich, zumal der Zeuge Dr. W. eine Bewegung des Zeugen W. in Richtung des Klägers nicht gesehen hat. Darüber hinaus hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung am 11.05.2015 angeben, "vorher derartige Reflexe" noch nicht gehabt zu haben. Soweit er in diesem Zusammenhang vermutet hat, durch die Benutzung der optischen Sonnenbrille könnten eventuell Schatten entstanden seien und er habe - wegen eines Unfalls im Jahr 2011 - seine Hände schützen wollen, überzeugt dies den Senat nicht. Denn von außen betrachtet sah die Armbewegung des Klägers eindeutig nach einem absichtlichen Schlag und nicht nach einer reflexartigen Handbewegung aus. Der Senat stützt sich hierbei auf die übereinstimmenden Aussagen der Zeugen W. und Dr. W ... Der Zeuge W. hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 11.05.2015 angegeben, dass er die Hand des Klägers auf sich zukommen sah und diese "wie zum Schlag geformt" war, wobei er das Gefühl hatte, dass dies absichtlich geschehen sei. Diese Wahrnehmung wird durch den Zeugen Dr. W. bestätigt. Er hat im Rahmen seiner Vernehmung durch den Senat am 11.05.2015 angegeben, dass der Kläger mit seiner Hand eine Faust geformt und den Zeugen W. damit geschlagen habe. Auch für ihn sah es so aus, als ob dies absichtlich geschehen sei. Dabei hat er seiner Aussage hinzugefügt, dass der Schlag für ihn nicht als "Abwehrreaktion" aussah, da der Arm nicht "z.B. schützend vor das Gesicht gehalten" worden sei. Da sich der Kläger an den Unfall nicht mehr konkret erinnern kann, misst der Senat den Aussagen der Zeugen, die den Vorgang gesehen und erlebt haben, ein hohes Maß an Bedeutung zu. Er ist aufgrund ihrer konsistenten und schlüssigen Aussagen zu der Überzeugung gelangt, dass der Schlag auf den Zeugen W. absichtlich (und nicht etwa reflexartig) durchgeführt wurde.
Der Senat hält die Zeugenaussagen des Dr. W. und des Geschädigten W. für glaubhaft und überzeugend. Er sieht keine Anhaltspunkte dafür, dass die Zeugenaussagen nicht glaubhaft sind. Denn die unmittelbar nach dem Unfallereignis polizeilich erhobenen Aussagen der Zeugen Dr. W. und W., die sich aus der beigezogenen Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft S. ergeben, wurden im weiteren Verfahren bestätig und sind mithin konsistent und in sich widerspruchsfrei. Dabei weist der Senat darauf hin, dass die unterschiedlichen Angaben zur Entfernung durch den Zeugen Dr. W. (vor der Polizei: 20 m, vor dem SG: 50 bis 100 m, vor dem Senat: 50 bis 70 m) nichts an seiner Glaubwürdigkeit ändern. Denn zu berücksichtigen ist, dass der Unfall zum Zeitpunkt der Vernehmung durch das SG bereits zwei Jahre zurücklag und sich die Erinnerung an Entfernungen in dieser Zeit ändern kann. Beide Zeugen haben aber im Rahmen ihrer Vernehmung durch den Senat am 11.05.2015 angegeben, dass die Sichtverhältnisse am Unfalltag gut waren. Der Zeuge Dr. W. hat auf Nachfrage des Senats ausdrücklich bestätigt, den Schlag und die Faust des Klägers gesehen zu haben.
Soweit der Kläger die Glaubwürdigkeit des Zeugen W. bezweifelt, weil er diesen außergerichtlich auf 50.000 EUR Schadensersatz in Anspruch genommen habe, so konnte sich der Senat bei der Vernehmung des Zeugen W. hiervon nicht überzeugen. Seine Vernehmung gab keine Hinweise darauf, dass er nur aus Eigeninteresse aussagt. Dagegen spricht schon die Konsistenz seiner Aussagen. Denn diese stimmen mit den bereits am 30.05.2012 (einem Zeitpunkt, in dem sich der Zeuge W. noch keiner Schadensersatzforderung des Klägers ausgesetzt sah) getätigten Aussagen überein.
Der Senat ist daher zu der Überzeugung gelangt, dass der Schlag des Klägers auf den Zeugen W. dazu führte, dass er die Kontrolle über sein Fahrrad verlor und stürzte. Bei der gebotenen wertenden Gesamtbeurteilung eröffnete der Schlag einen versicherungsfremden neuen Gefahrenbereich, der allein mit dem Zurücklegen des Wegs mit dem Fahrrad nicht gegeben war (s. hierzu die Feststellungen des Senats zur Wegbeschaffenheit, dem Unfallvorgang und zum Zustand des Rennrads) und damit vom Schutzzweck der Wegeunfallversicherung nicht erfasst ist. Bei dem Schlag handelte es sich nicht um ein unzureichendes ("verkehrswidriges") aber dennoch versichertes Fahrverhalten. Zwar hat das BSG entschieden, dass der Schutzbereich der Wegeunfallversicherung auch ein "normales" verkehrswidriges Verhalten erfasst (BSG, Urteil vom 04.07.2013 - B 2 U 12/R = SozR 4-2700 § 8 Nr. 49 RdNr. 20; BSG, Urteil vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R = SozR 4-2700 § 8 Nr. 46 RdNr. 49). Bei einem Schlag nach einem anderen Verkehrsteilnehmer als Ausdruck aggressiven körperlichen Verhaltens handelt es sich jedoch nicht um ein "normales" verkehrswidriges Verhalten. Ein solches wurde in der Rechtsprechung des BSG z.B. bei leichtfertigen Überholvorgängen oder einer überhöhten Geschwindigkeit angenommen (BSG, Urteil vom 04.07.2013 - B 2 U 12/12 R, a.a.O., RdNr. 20), mithin bei Eigengefährdungen des Versicherten. Insoweit hat das BSG auch entschieden, dass der Unfallversicherungsschutz auf dem Weg zur Arbeitsstätte nicht dadurch ausgeschlossen wird, dass der Versicherte aufgrund seiner Fahrweise wegen vorsätzlicher Straßenverkehrsgefährdung bestraft wird, auch wenn der Unfall auf dieser Verhaltensweise beruht (BSG, Urteil vom 04.06.2002 - B 2 U 11/01 R = SozR 3-2700 § 8 Nr. 10). Der vorliegende Fall unterscheidet sich davon aber wesentlich dadurch, dass der Kläger während seiner Fahrradfahrt am 25.05.2012 von seiner Wohnung zur Arbeitsstätte nicht vorsätzlich den Straßenverkehr gefährdet hat, sondern durch den Schlag auf den Zeugen W. eine eigene Wirkursache für den Unfall gesetzt hat, die bei wertender Betrachtung den maßgeblichen Mitwirkungsanteil an dem Unfall hatte (vgl. zur rechtlichen Gesamtbeurteilung von Versicherten und versicherten Wirkursachen und ihre Mitwirkungsanteile Schur/Spellbrink, SGb 2014, 589, 594).
Auf die Berufung der Beklagten war mithin das Urteil des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 SGG), liegen nicht vor. Denn die Rechtsache hat keine über den hier zu entscheidenden Einzelfall hinausgehende grundsätzliche Bedeutung und der Senat weicht auch nicht von der Rechtsprechung eines der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte ab. Vielmehr wurde der Entscheidung die bisherige Rechtsprechung des BSG zum Wegeunfall zugrunde gelegt. Dem "Hilfsantrag" des Klägers war daher nicht stattzugeben.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung eines Arbeitsunfalls vom 25.05.2012 in der Wegeunfallversicherung streitig.
Der 1968 geborene Kläger, wohnhaft in der S.str ... in W., ist seit August 2011 als technischer Einkäufer bei der Firma Dr. F., D.straße , F. versicherungspflichtig beschäftigt. Am 25.05.2012, dem Tag des Fahrradunfalls, befuhr der Kläger nach Verlassen seiner Wohnung mit seinem Rennrad die Gemeindestraße zwischen W. und S. in Richtung W., um zu seiner Arbeitsstätte in F. zu gelangen. Es handelte sich um einen (am Ort der Unfallstelle) gerade verlaufenden asphaltierten Feldweg mit einer Fahrbahnbreite von 3,1 m, der insbesondere von Schülern genutzt wird, die mit dem Fahrrad in ihre Schule nach W. gelangen wollen. Gegen 7.04 Uhr verunfallte der Kläger mit seinem Rennrad auf dieser Gemeindestraße, als er im Vorbeifahren an einer Schülergruppe von drei Kindern, die ebenfalls die Gemeindestraße mit dem Fahrrad befuhren, stürzte und sich dabei so starke Verletzungen zuzog, dass er mit dem Rettungshubschrauber ins Klinikum S. geflogen werden musste. Dort wurde eine Fraktur der Klavikula, eine Fraktur des Orbitabodens mit Orbitahämatom und Läsion des Nervus opticus (Sehnerv) rechts, eine Fraktur des Jochbeins und des Oberkiefers rechts, eine Rippenserienfraktur 2 bis 8 rechts, ein traumatischer Pneumothorax, eine traumatische subarchnoidale Blutung, eine traumatische subdurale Blutung, eine Contusio cerebri, eine traumatisches Hirnödem, eine Lungenkontusion und eine Beckenprellung rechts diagnostiziert. Am 05.06.2012 wurde die Fraktur der Klavikula operativ behandelt (offene Reposition). Auf Grund der Schädigung des rechten Sehnerves ist der Kläger seit dem genannten Unfall auf dem rechten Auge erblindet.
Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens gegen den Kläger (wegen versuchter Körperverletzung) gab der den Unfall aufnehmende Polizeioberkommissar (POK) H. in seinem Abschlussbericht an, der Kläger sei an der Unfallstelle liegend ohne Bewusstsein angetroffen und von der Besatzung eines Rettungswagens erstversorgt worden. Es seien der Zeuge Dr. W. sowie der geschädigte Schüler N. W. vernommen worden. Die beiden anderen Schüler, M. S. sowie M. K., seien befragt worden, eine Niederschrift sei aber nicht gefertigt worden. Laut dem Protokoll der Zeugenvernehmung des Dr. W. vom 25.05.2012 gab dieser an, in seine Richtung sei ein Radfahrer den Kindern entgegen gekommen. Kurz davor habe er "Achtung" geschrien und im Vorbeifahren nach einem Kind geschlagen, obwohl er genug Platz gehabt habe. In seiner Vernehmung vom 29.05.2012 bestätigte er dies nochmals und gab weiter an, er sei zum Unfallzeitpunkt von W. kommend Richtung S. gejoggt. Ihm seien auf dem Weg viele Kinder auf dem Fahrrad entgegen gekommen. Die drei Jungs seien nach dem Ruf "Achtung" zusammengerückt, sodass man hätte vorbeikommen können. Er habe dann die linke Hand des Klägers gesehen, wie dieser sie hoch gehoben habe, als ob er nach einem Kind habe schlagen wollen. Dann sei er aber auch schon vom Fahrrad gestürzt. Für ihn habe es so ausgesehen, als ob der Kläger mit der Faust ausgeholt habe, um den Jungen zu schlagen. Der geschädigte N. W., geboren 1998, gab bei seiner Befragung am 30.05.2012 gegenüber POK H. an, sie hätten dem Kläger Platz gemacht, nachdem dieser "Achtung" geschrien habe. Dann habe er einen Schlag auf dem Oberarm gespürt. Der Kläger habe ihm auf den Arm geschlagen. Dann sei dieser hingefallen. Der Kläger selbst gab im Rahmen seiner Beschuldigtenvernehmung am 13.06.2012 an, er könne sich an den Unfall nicht konkret erinnern. Er gehe davon aus, dass er - als er an den Kindern habe vorbeifahren wollen - von links einen Schatten gesehen und reflexartig die Hand gehoben habe. Er sei vor ca. einem Jahr, im Juni 2011, auf der gleichen Strecke unverschuldet mit einem entgegenkommenden Radfahrer zusammengestoßen. Daher erkläre er sich auch seine reflexartige Handlung. Er könne sich nicht daran erinnern, dass er den Jungen habe schlagen wollen. Die Staatsanwaltschaft S. stellte das Ermittlungsverfahren gegen den Kläger gemäß § 170 Abs. 2 Strafprozessordnung (StPO) ein, da ein strafbares Verhalten des Klägers nicht sicher nachweisbar sei.
Mit Unfallanzeige vom 29.05.2012 zeigte die Arbeitgeberin des Klägers den Unfall bei der Beklagten an. Der Kläger habe am 25.05.2012 mit seinem Fahrrad einen Wegeunfall auf dem Weg zur Arbeit erlitten. Er sei seit dem 01.08.2011 als technischer Einkäufer beschäftigt gewesen (Arbeitgeberauskunft vom 14.06.2012). Die Beklage holte daraufhin medizinische Befundunterlagen ein. Im Durchgangsarztbericht vom 25.05.2012 gab Prof. Dr. K. an, der Kläger sei auf dem Weg zur Arbeit mit dem Fahrrad gestürzt und auf den Kopf gefallen. Er sei intensivmedizinisch versorgt worden. Als Erstdiagnosen wurden genannt: Orbitabodenfraktur und multiple Mittelgesichtsfrakturen mit Läsion des Nervus opticus rechts, Rippenserienfraktur zweite bis achte Rippe rechts mit traumatischem Pneumothorax, traumatische SAB und Subduralhämatom mit Contusio cerebri und Lungenkontusion sowie Fraktur des mittleren Drittels der Klavikula. Im Entlassungsbericht vom 11.06.2012 gab Oberarzt G. an, der Kläger sei vom 25.05. bis 11.06.2012 stationär behandelt worden. Er habe sich durch den Fahrradsturz eine Fraktur der Klavikula, eine Fraktur des Orbitabodens mit Orbitahämatom, eine Fraktur des Jochbeins und des Oberkiefers rechts, eine Rippenserienfraktur 2 bis 8 rechts, einen traumatischen Pneumothorax, eine traumatische subarachnoidale Blutung, eine traumatische subdurale Blutung, eine Contusio cerebri, ein traumatisches Hirnödem, eine Lungenkontusion und eine Beckenprellung rechts zugezogen. Trotz einer Entlastung des intra-orbitalen Hämatoms sei es zu einer Sehnervschädigung rechts gekommen. Der Kläger habe im Rahmen der Anamnese angegeben, beim Passieren von Fußgängern habe er seine Hand kurzzeitig vom Lenker genommen, wodurch es zu dem Sturzereignis auf die rechte Körperhälfte gekommen sei. Augenarzt Prof. Dr. W. gab in seinem Befundbericht vom 11.06.2012 an, der Kläger sei auf dem rechten Auge erblindet, er könne kein Licht wahrnehmen (Nulla lux). Im Rahmen eines Telefonats mit der Beklagten gab der Kläger am 19.06.2012 an, an den Unfall selbst erinnere er sich nicht mehr. Er habe auch keine Flashbacks oder Alpträume. Allerdings komme er mit der Situation, auf einem Auge erblindet zu sein, weiterhin nicht zurecht. In seinem Selbstauskunftsbogen gab er am 22.06.2012 gegenüber der Beklagten an, seine Arbeitszeit hätte am Unfalltag um 7.30 Uhr beginnen sollen. Er sei von seiner Wohnung aus in W. zu seiner Arbeitsstätte nach F. mit dem Fahrrad gefahren. Er habe seine Wohnung um 6.50 Uhr verlassen. Mit dem Fahrrad betrage die Strecke 17,5 km, mit dem Motorrad 18,8 km und mit dem Auto 22 km. Er benötige für die Fahrstrecke ca. 38 bis 45 Minuten. Er habe an den Fahrradsturz keine Erinnerung. Die Beklagte holte daraufhin noch den Befundbericht der Augenärztin Dr. E. vom 15.08.2012 ein, wonach auf dem rechten Auge Blindheit wegen der Läsion des Nervus optikus bestehe. Außerdem zog die Beklagte die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft S. (Az: 60 Js 59129/12) bei. Mit Schreiben vom 03.08.2012 teilte sie der Krankenkasse des Klägers (BKK) mit, dass vorbehaltlich der Entscheidung des Rentenausschusses der Unfall als Arbeits- bzw. Wegeunfall anerkannt werde. Solange Arbeitsunfähigkeit wegen der Folgen des Versicherungsfalls ärztlich bescheinigt werde und der Kläger kein Arbeitsentgelt erhalte, solle im Rahmen der Verwaltungsvereinbarung Verletztengeld gezahlt werden. Der Kläger erhielt eine Kopie dieses Schreibens zur Kenntnis.
Mit Bescheid vom 18.09.2012 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Unfalls vom 25.05.2012 als Arbeitsunfall ab. Ein Anspruch auf Leistungen bestehe nicht. Nach den Aussagen eines Zeugen sowie des betroffenen Jungen bestünden keine Zweifel daran, dass der Kläger nach dem Jungen geschlagen habe und infolgedessen gestürzt sei. Das Schlagen nach dem Jungen habe wesentlich der Verfolgung eigener Interessen gedient und stelle damit eine deutliche Zäsur dar, die nicht mehr unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehe. Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, das gegen ihn eingeleitete Verfahren wegen versuchter Körperverletzung sei mangels Tatverdacht eingestellt worden. Es sei unzutreffend, dass er beim Vorbeifahren mit der linken Hand nach einem der Jungen geschlagen habe. Bereits vor einem Jahr, im Mai 2011, sei er auf diesem Weg an einer Schülergruppe vorbeigefahren, die ihm entgegen gekommen sei. Ein Schüler sei dabei so weit links in seine Fahrbahn hinein geraten, dass er beim Vorbeifahren mit seiner linken Hand am Lenker des entgegenkommenden Schülers hängengeblieben sei und sich hierdurch Schürfwunden an den Fingern zugezogen habe. An den konkreten Unfalltag vom 25.05.2012 habe er keine detaillierte Erinnerung mehr. Er wisse noch, dass er damals mit einer Fahrradbrille mit getönten Gläsern kurz nach Sonnenaufgang unterwegs gewesen sei. Er sei irrtümlich davon ausgegangen, dass an diesem Freitag bereits Schulferien gewesen seien. Er wisse noch, dass er auf einmal etwas abrupt auf sich habe zukommen sehen, wobei er nicht sagen könne, ob dies ein Schüler oder ein Gegenstand, wie z.B. eine Tüte, gewesen sei. Instinktiv habe er dann seine linke Hand - im Hinblick auf den Vorfall vor einem Jahr - weggezogen. Dies sei aber nicht als Schlag oder gar versuchte Körperverletzung gegenüber einem anderen Fahrradfahrer gedacht gewesen. Mit Widerspruchsbescheid vom 22.03.2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, es sei weiterhin davon auszugehen, dass der Kläger gestürzt sei, weil er mit der linken Hand nach einem ihm entgegenkommenden, ebenfalls mit dem Rad fahrenden Schüler geschlagen habe. Dieses Handeln stehe nicht im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit und unterliege nicht dem Schutzbereich der Norm. Da der Kläger keine detaillierten Erinnerungen mehr habe, könne man sich nur auf die vorliegenden Zeugenaussagen und Feststellungen der Polizei zur Wegbeschaffenheit stützen. An Tatsachen, die das Abkommen vom Fahrradweg als Realisierung einer Verkehrsgefahr qualifizieren könnten, fehle es hier.
Hiergegen hat der Kläger am 24.04.2013 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben und seinen Vortrag aus dem Widerspruchsverfahren vertieft. Das Heben seiner linken Hand habe eine reine Schutzhandlung dargestellt, um diese Hand zu schützen. Ebenso sei es möglich, dass er auf der geteerten Fahrbahn in einen Spalt zwischen der geteerten Fläche und dem angrenzenden Wiesenbereich hinein geraten sei und deshalb die Kontrolle über sein Fahrrad verloren habe. Im Übrigen habe das Bundessozialgericht (BSG) entschieden (Bezugnahme auf Urteil vom 04.06.2010 - B 2 U 11/01 R), dass auch ein verkehrswidriges Verhalten unter den Schutzbereich der Wegeunfallversicherung falle. Zur weiteren Begründung hat der Kläger Lichtbilder vorgelegt, die drei bzw. vier Fahrradfahrer auf dem Unfallweg zeigen (Bl. 44/45 der SG-Akte).
Nach Vernehmung der Zeugen Dr. W. und W. in der mündlichen Verhandlung hat das SG mit Urteil vom 24.06.2014 die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 18.09.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.03.2013 verurteilt, den Unfall vom 25.05.2012 als Arbeitsunfall anzuerkennen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe sich im Zeitpunkt des Unfalls auf dem Weg von seiner Wohnung zur Arbeitsstätte und damit auf einem versicherten Weg befunden. Die durch den Fahrradunfall verursachten gesundheitlichen Einwirkungen auf den Körper des Klägers begründeten auch einen Arbeitsunfall, da sie infolge des Zurücklegens des versicherten Weges aufgetreten und damit nach dem Schutzzweck der Norm der versicherten Tätigkeit zuzurechnen seien. Der Auffassung der Beklagten, wonach der Kläger durch einen Schlag auf den Zeugen W. eine eigenwirtschaftliche Handlung vorgenommen habe, könne nicht gefolgt werden. Nach der Auswertung der Zeugenaussagen stehe nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit fest, dass der Kläger den Zeugen W. vorsätzlich geschlagen habe. Fest stehe nur, dass der Kläger, während er an den Schülern vorbeigefahren sei, den linken Arm und die linke Hand vom Lenker genommen habe und dass er infolge dessen den Zeugen W. an der rechten Schulter bzw. Brust berührt habe. Dies ergebe sich aus den Zeugenaussagen und den Angaben des Klägers. Ein Grund hierfür könne jedoch nicht mehr ermittelt werden. Letztendlich lasse es sich nicht klären, was tatsächlich hinter der Armbewegung des Klägers gesteckt habe. Den Zeugenaussagen könne nicht entnommen werden, dass es sich um einen vorsätzlichen Schlag gehandelt habe. Es sei unklar, aus welcher Entfernung der Zeuge Dr. W. das Geschehen beobachtet habe. In der polizeilichen Aussage seien es 20 m, in der mündlichen Verhandlung seien es zwischen 50 bis 100 m gewesen. Eine eigenwirtschaftliche Handlungstendenz liege daher nicht im Vollbeweis vor. Eine reflexartige Handlung des Klägers sei von einer solchen eigenwirtschaftlichen Handlungstendenz nicht getragen, da sie einen Reflex und damit keine willensgesteuerte Handlung darstelle. Damit verbleibe es bei der einen Wirkursache für den Sturz, nämlich dem Zurücklegen des Weges des Klägers von seiner Wohnung zur Arbeit. Die Beklagte trage die Beweislast dafür, dass der Kläger im Zeitpunkt des Unfalls keiner versicherten Verrichtung nachgegangen sei.
Gegen das der Beklagten am 07.07.2014 zugestellte Urteil hat diese am 04.08.2014 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und zur Begründung im Wesentlichen vorgetragen, aufgrund der vorliegenden Zeugenaussagen sei sie weiterhin davon überzeugt, dass der Kläger im Vorbeifahren mit der linken Hand nach einem der Schüler geschlagen und diesen am Arm bzw. im Schulterbereich getroffen habe. Dieses Handeln stehe nicht in einem so engen und gewichtigen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit, dass sie vom Schutzzweck der Wegeunfallversicherung noch getragen werde. Wesentlich sei die finale Handlungstendenz des Versicherten, die durch objektive Umstände des Einzelfalls bestätigt werde. Der Kläger selbst habe durchgängig angegeben, keine konkrete Erinnerung an den Unfall zu haben. Nachträglich habe er dann ausgeführt, aufgrund eines Unfalls vor einem Jahr im Reflex den Arm hochgehoben zu haben. Auch in der mündlichen Verhandlung vor dem SG habe er nicht angegeben können, was er an diesem Tag mit der linken Hand gemacht habe. Insoweit wurzele die nachgeschobene Behauptung, den Arm im Reflex hochgehalten zu haben, ausschließlich auf Annahmen, Vermutungen bzw. Spekulationen. Dagegen stünden Zeugenaussagen, die unbeeinflusst bereits unmittelbar nach dem Unfallereignis polizeilich erhoben und im weiteren Verfahren bestätigt worden seien. Der Zeuge Dr. W. habe von Anfang an erklärt, dass der Kläger den Schüler geschlagen habe. Ob er dies aus einer Entfernung von 20 m oder 50 bis 100 m gesehen habe, spiele keine Rolle, da seine Aussage seit Beginn widerspruchsfrei sei. Diese stimme insoweit auch mit den Angaben des Zeugen W. sowie seinen beiden Mitschülern überein. Es habe sich hierbei um ein objektiv beobachtetes und beobachtbares Verhalten gehandelt. Dabei komme es auf die Schwere der Verletzung nicht an. Selbst wenn eine gemischte Tätigkeit anzunehmen sei, gelte dies nicht für Risiken, die sich rechtlich wesentlich aus dem privaten Handlungsteil ergäben. Immerhin habe der Kläger nach eigenen Angaben auf dem Radweg mit einer Geschwindigkeit von ca. 25 km/h an der Gruppe der drei Schüler vorbeifahren wollen. Inwieweit dieses Tempo auf einem Radweg mit Gegenverkehr noch angemessen sei, erscheine sehr fraglich.
Die Beklage beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 24.06.2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Der Zeuge Dr. W. habe sich im Hinblick auf seine Aussagen zur Entfernung vom Unfallort in Widersprüche verwickelt. Auch bei einer Entfernung von 20 m könne kaum wahrgenommen werden, ob eine Handbewegung vorsätzlich oder quasi reflexartig ausgeführt werde. Dies habe sich gerade bei der letzten Fußballweltmeisterschaft gezeigt, bei der viele erfahrene Schiedsrichter durchaus falsche Entscheidungen getroffen hätten. Im Übrigen könne eine eigenwirtschaftliche Verrichtung während der Fahrradfahrt auch nicht angenommen werden. Auf die Aussagen des Zeugen W. könne man sich ebenfalls nicht stützen, da dieser bereits vor seiner Zeugenaussage vom Kläger außergerichtlich auf Zahlung eines Schadenersatzbetrags in Höhe von mehr als 50.000 EUR in Anspruch genommen worden sei. Im Übrigen sei für einen geübten Radfahrer eine Geschwindigkeit von ca. 25 km/h ohne große Anstrengung schnell erreicht.
Der Senat hat die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft S. (Az: 60 Js 59129/12) zum Verfahren beigezogen und die Beteiligten hierüber unterrichtet.
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 11.05.2015 wurden die Zeugen Dr. W. und W. vernommen. Hinsichtlich ihrer Aussagen wird auf die Niederschrift und deren Anlagen verwiesen.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz, auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte und auf die bei der Staatsanwaltschaft S. beigezogene Ermittlungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist statthaft und zulässig. Sie ist auch begründet. Das SG hat zu Unrecht den Bescheid der Beklagten vom 18.09.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.03.2013 (§ 95 SGG) aufgehoben, denn die Entscheidung der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der vom Kläger am 25.05.2012 erlittene Verkehrsunfall war kein Arbeitsunfall im Rahmen der Wegeunfallversicherung. Der Senat sieht es unter Berücksichtigung aller Umstände des vorliegenden Einzelfalles nicht als nachgewiesen an, dass der Kläger einen Wegeunfall erlitten hat. Denn die Wegeunfallversicherung schützt nicht gegen Gefahren, die sich erst und allein aus dem Schlagen nach einem anderen Verkehrsteilnehmer ergeben.
Dabei weist der Senat vorab darauf hin, dass die Beklagte das Ereignis vom 25.05.2012 durch ihr Schreiben vom 03.08.2012 an die BKK nicht verbindlich als Arbeits- bzw. Wegeunfall anerkannt hat. Denn die Beklagte hat insoweit keine rechtsverbindliche positive Feststellung getroffen, die sie daran hinderte, den ablehnenden Bescheid vom 18.09.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.03.2013 zu erlassen. In dem Schreiben vom 03.08.2012, das dem Kläger nur zur Kenntnisnahme übermittelt wurde, hat die Beklagte ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sie den Unfall vom 25.05.2012 nur "vorbehaltlich" der Entscheidung des Rentenausschusses als Arbeits- bzw. Wegeunfall anerkennt, damit der Kläger im Rahmen der Verwaltungsvereinbarung Verletztengeld erhalten konnte, solange Arbeitsunfähigkeit wegen der Folgen des Unfalls ärztlich bescheinigt wurde und er deshalb auch kein Arbeitsentgelt erhielt. Hiermit hat die Beklagte keinen endgültigen Rechtsbindungswillen zum Ausdruck gebracht, sondern vielmehr klargestellt, dass es sich lediglich um eine vorläufige Entscheidung zur Zahlbarmachung von Verletztengeld handelt. In Anbetracht der Rechtsprechung des BSG, wonach Maßstab der Auslegung eines Verwaltungsaktes der im Ausspruch geäußerte Erklärungswille und Erklärungswert ist, wie er sich einem verständigen Beteiligten, der die Zusammenhänge berücksichtigt, darstellt (vgl. nur BSG SozR 4100 § 71 Nr. 2; SozR 3-1300 § 32 Nr. 2; SozR 3-1300 § 34 Nr. 2 m.w.N.), kann dem Schreiben der Beklagten vom 03.08.2012 keine endgültige Entscheidung über die Anerkennung eines Arbeitsunfalls in der Wegeunfallversicherung entnommen werden. Denn in dem Schreiben wird - wie bereits dargelegt - hinreichend deutlich gemacht, dass die Entscheidung des Rentenausschusses, welche am 18.09.2012 erging, allein maßgeblich sein soll. Durch die Entscheidung vom 18.09.2012 hat sich das Schreiben vom 03.08.2012 - soweit man es als Verwaltungsakt im Sinne des § 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) versteht - gemäß § 39 Abs. 2 SGB X erledigt.
Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Zu den versicherten Tätigkeiten zählt gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII auch das Zurücklegen des mit der nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit. Unfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Ein Arbeitsunfall setzt daher voraus, dass der Verletzte durch eine Verrichtung unmittelbar vor dem fraglichen Unfallereignis den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt hat und deshalb "versichert" ist. Die Verrichtung muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis und dadurch einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität und haftungsbegründende Kausalität; vgl. BSG, Urteil vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R - BSGE 112, 177 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 46, RdNr. 20; zuletzt BSG, Urteil vom 14.11.2013 - B 2 U 27/12 R = SozR 4-2700 § 8 Nr. 51 RdNr. 3 m.w.N.).
Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Der Kläger war zwar am 25.05.2012 auf seinem Weg von seiner Wohnung zur Arbeitsstätte im Rahmen der Wegeunfallversicherung (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII) kraft Gesetzes versichert. Er hat auch einen Unfall im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII erlitten. Dieser Unfall ist jedoch kein Arbeitsunfall, weil die Einwirkung nicht der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist.
Mit dem Verlassen seiner Wohnung am 25.05.2012 um 06.50 Uhr (so die Angabe des Klägers im Selbstauskunftsbogen vom 22.06.2012) befand sich der Kläger nicht auf einem "Betriebsweg". Der Kläger legte nach seinen eigenen Angaben im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 11.05.2015 vielmehr einen Weg im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII zurück, als er sich zur Zeit des Unfalls um 07.04 Uhr (vgl. Abschlussbericht des POK H.) auf der Gemeindestraße zwischen W. und S. befand. Denn nach seinen Angaben nutzte er diese (im Verglich zu anderen Verkehrsmitteln kürzeste) Wegstrecke täglich mit dem Fahrrad, um zu seiner Arbeitsstätte zu gelangen. Er befand sich mithin zur Zeit des Unfalls auf dem unmittelbaren Hinweg von seiner Wohnung (W.) zum Ort seiner versicherten Beschäftigung (F.) und legte damit den mit der nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weg nach dem Ort der Tätigkeit zurück. Anhaltspunkte dafür, dass seine Fortbewegung nicht von dem Zweck bestimmt war, die Arbeitsstätte in F. zu erreichen, liegen nicht vor. Entsprechendes wird auch von der Beklagten nicht behauptet.
Der Kläger hat zudem eine zeitlich begrenzte, von außen kommende Einwirkung auf seinen Körper und damit einen Unfall im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII erlitten. Dadurch, dass er von seinem Fahrrad stürzte und auf die rechte Körperhälfte prallte, wurde seine körperliche Integrität verletzt. Das entnimmt der Senat dem Durchgangsarztbericht des Prof. Dr. K. vom 25.05.2012. Danach führte der Fahrradsturz am 25.05.2012 zu einer Orbitabodenfraktur und multiplen Mittelgesichtsfrakturen mit Läsion des Nervus opticus rechts, einer Rippenserienfraktur (zweite bis achte Rippe rechts) mit traumatischem Pneumothorax, einer traumatischen SAB, einem Subduralhämatom mit Contusio cerebri und einer Lungenkontusion sowie zu einer Fraktur des mittleren Drittels der Klavikula. Im Entlassungsbericht vom 11.06.2012 gab Oberarzt G. des Weiteren ein traumatisches Hirnödem sowie eine Beckenprellung rechts als Diagnosen an. Durch die Schädigung des Nervus Opticus rechts kam es zu einer Erblindung auf dem rechten Auge. Dies entnimmt der Senat dem Arztbericht des Prof. Dr. W. vom 11.06.2012 und dem Befundbericht der Dr. E. vom 15.08.2012. Danach kann der Kläger auf dem rechten Auge keinen Lichtschein mehr wahrnehmen (Nulla Lux).
Die Einwirkung und die dadurch verursachten Gesundheitserstschäden sind jedoch entgegen § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII nicht "infolge" der Verrichtung der versicherten Tätigkeit eingetreten und ihr damit nicht zuzurechnen.
Die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung haben Schutz gegen Gefahren zu gewähren, die sich durch die ihre Verbandszuständigkeit, den Versicherungsschutz und das Versichertsein des Verletzten begründende Verrichtung von im jeweiligen Versicherungstatbestand konkret umschriebenen Tätigkeiten realisieren können. Ihre Einstandspflicht besteht nur dann, wenn sich durch eine Handlung des Geschädigten, die den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt, ein Risiko verwirklicht hat, gegen dessen Eintritt nicht die Unfallversicherung "allgemein", sondern der jeweils durch die Handlung erfüllte Versicherungstatbestand schützen soll. Die Zurechnung des Schadens eines Versicherten zum Versicherungsträger erfordert daher zweistufig die Erfüllung erstens tatsächlicher und zweitens darauf aufbauender rechtlicher Voraussetzungen. Die Verrichtung der versicherten Tätigkeit muss die Einwirkung und in gleicher Weise muss die Einwirkung den Gesundheitserstschaden oder den Tod sowohl objektiv (1. Stufe) als auch rechtlich wesentlich (2. Stufe) verursacht haben (BSG, Urteil vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R = SozR 4-2700 § 8 Nr. 46 RdNr. 32).
Nach der Rechtsprechung des BSG (a.a.O., RdNr. 33 ff.) setzt die Zurechnung auf der ersten Stufe voraus, dass die Einwirkung durch die versicherte Verrichtung objektiv (mit)verursacht wurde. Für Einbußen des Verletzten, für welche die versicherte Tätigkeit keine Wirkursache war, besteht schlechthin kein Versicherungsschutz und hat der Unfallversicherungsträger nicht einzustehen. Wirkursachen sind nur solche Bedingungen, die erfahrungsgemäß die infrage stehende Wirkung ihrer Art nach notwendig oder hinreichend herbeiführen.
Insoweit ist Ausgangspunkt der Zurechnung die naturwissenschaftlich-philosophische Bedingungstheorie, nach der schon jeder beliebige Umstand als notwendige Bedingung eines Erfolges gilt, der nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio-sine-qua-non). Nach der im Strafrecht maßgeblichen rechtlichen Zurechnungslehre der "Äquivalenztheorie" gelten alle solchen notwendigen Bedingungen stets als gleichwertig (äquivalent) und deshalb schon rechtlich als Ursachen. Die auf dieser Grundlage sehr weitgehende Zurechnung der Rechtsgutverletzung zum Täter wird nachgehend etwa durch die Institute der objektiven Zurechnung, des Schutzzwecks der Norm etc. eingeschränkt.
In der gesetzlichen Unfallversicherung muss eine versicherte Verrichtung, die i.S. der "conditio-Formel" eine erforderliche Bedingung des Erfolges (stets neben anderen Bedingungen) war, darüber hinaus in einer besonderen tatsächlichen Beziehung zu diesem Erfolg stehen. Sie muss Wirkursache des Erfolges gewesen sein, muss ihn tatsächlich mitbewirkt haben und darf nicht nur eine (bloß im Einzelfall nicht wegdenkbare) zufällige Randbedingung gewesen sein.
Ob die versicherte Verrichtung eine Wirkursache für die festgestellte Einwirkung (und dadurch für den Gesundheitserstschaden oder den Tod) war, ist eine rein tatsächliche Frage. Sie muss aus der nachträglichen Sicht (ex post) nach dem jeweils neuesten anerkannten Stand des Fach- und Erfahrungswissens über Kausalbeziehungen (gegebenenfalls unter Einholung von Sachverständigengutachten) beantwortet werden (vgl. BSG, Urteil vom 24.7.2012 - B 2 U 9/11 R = SozR 4-2700 § 8 Nr. 44).
Steht die versicherte Tätigkeit als eine der Wirkursachen fest, muss auf der zweiten Stufe die (Ein-)Wirkung rechtlich unter Würdigung auch aller auf der ersten Stufe festgestellten mitwirkenden unversicherten Ursachen die Realisierung einer in den Schutzbereich des jeweils erfüllten Versicherungstatbestandes fallenden Gefahr sein. Bei dieser reinen Rechtsfrage nach der "Wesentlichkeit" der versicherten Verrichtung für den Erfolg der Einwirkung muss entschieden werden, ob sich durch das versicherte Handeln ein Risiko verwirklicht hat, gegen das der jeweils erfüllte Versicherungstatbestand gerade Schutz gewähren soll. Eine Rechtsvermutung dafür, dass die versicherte Verrichtung wegen ihrer objektiven Mitverursachung der Einwirkung auch rechtlich wesentlich war, besteht nicht. Die Wesentlichkeit der Wirkursache ist vielmehr zusätzlich und eigenständig nach Maßgabe des Schutzzwecks der jeweils begründeten Versicherung zu beurteilen (vgl. BSG, a.a.O.).
Der Schutzzweck einer Rechtsnorm aufgrund des ihr zugrunde liegenden vom Normgeber anerkannten Schutzbedürfnisses des Begünstigten ist ein u.a. im deliktischen Haftungsrecht anerkanntes Zurechnungskriterium, das neben der Kausalität erfüllt sein muss (BSG, Urteil vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R = SozR 4-2700 § 8 Nr. 46 RdNr. 38 m.w.N.). Die haftungsrechtliche Zurechnung des Schadens zu dessen Verursacher erfolgt grundsätzlich schon allein wegen des Handelns, das objektiv für den nach der Lebenserfahrung nicht ausgeschlossenen Schaden (aus der ex ante Sicht des optimalen Beobachters) adäquat ursächlich war. Sie entfällt aber auf der (zweiten, rechtlichen) Wertungsstufe, wenn die Vorschrift nach ihrer Art und Entstehungsgeschichte gerade eine Person wie den Verletzten (persönlicher Schutzbereich) vor einer Verletzung der erlittenen Art (sachlicher Schutzbereich) nicht schützen soll. Die Haftung des Schadensverursachers ist deshalb ausgeschlossen, wenn sich keine Gefahr verwirklicht hat, der die Rechtsvorschrift gerade entgegenwirken soll.
Allerdings geht es in der gesetzlichen Unfallversicherung nicht um die Zurechnung eines Erfolges zum Verursacher, sondern um die Begründung einer (versicherungsrechtlichen) Einstandspflicht eines Unfallversicherungsträgers für einen tatbestandlichen Schaden, den ein anderes Rechtssubjekt, der Verletzte, unter eigener Mitwirkung erlitten hat. Diese Einstandspflicht setzt voraus, dass die Rechtsgutverletzung in persönlicher und sachlicher Hinsicht in den jeweiligen Schutzbereich der begründeten Versicherung fällt. Der persönliche Schutzbereich ist eröffnet, wenn, solange und soweit der Verletzte vor dem Unfall durch eine eigene Verrichtung den Tatbestand einer aufgrund der §§ 2, 3, 6 oder 8 Abs. 2 SGB VII versicherten Tätigkeit erfüllt und dadurch seinen Versicherungsschutz bei dem für diesen Tatbestand zuständigen Unfallversicherungsträger "begründet" i.S. des § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII. Der sachliche Schutzbereich greift ein, wenn sich mit dem durch die versicherte Verrichtung mitverursachten tatbestandlichen Schaden eine Gefahr verwirklicht hat, gegen die der jeweils erfüllte Versicherungstatbestand schützen soll.
Für Schäden, die außerhalb des Schutzzwecks der Norm liegen, muss der jeweils zuständige Unfallversicherungsträger nicht einstehen. In der Sache läuft diese Voraussetzung der Einstandspflicht darauf hinaus, dass entschieden werden muss, ob der begründete Versicherungsschutz den Sinn und Zweck hat, gegen Schäden der konkret eingetretenen Art zu schützen. Deshalb wirkt der Schutzzweck der Norm in der gesetzlichen Unfallversicherung nicht haftungslimitierend, sondern pflichtbegründend (BSG, a.a.O., RdNr. 40).
Den Schutzzweck der jeweils begründeten Versicherung hat das Gericht (und die Verwaltung) durch Auslegung des Versicherungstatbestandes nach den anerkannten juristischen Methoden unter Berücksichtigung des vom Gesetzgeber festgelegten Sinns und Zwecks des Gesetzes zu bestimmen (vgl. BVerfG vom 25.01.2011 - 1 BvR 918/10 - BVerfGE 128, 193, 206, 210 f. m.w.N.; zu den anerkannten Methoden stellv. BVerfG vom 15.01.2009 - 2 BvR 2044/07 - BVerfGE 122, 248, 257 f., insb. abw. Meinung S. 282 f. m.w.N.). Nur diese methodengerechte Unterwerfung unter die Gesetzesbindung verhindert, dass sich der Rechtsanwender unter missbräuchlicher Berufung auf einen angeblichen "Schutzzweck der Norm" von seiner Gesetzesbindung löst (vgl. hierzu Becker, MedSach 2007, 92, 94). Im Wege der Subsumtion eines konkreten Lebenssachverhaltes unter den durch Auslegung nach den juristisch anerkannten Methoden bestimmten Schutzbereich der jeweils begründeten Versicherung ist daher festzustellen, ob die versicherte Verrichtung ein Risiko verwirklicht hat, das unter diesen Schutzbereich fällt.
Die Einstandspflicht des Unfallversicherungsträgers wird danach nur begründet, wenn der durch die versicherte Verrichtung objektiv mitverursachte Unfall eine Gefahr mitverwirklicht hat, gegen die die begründete Versicherung schützen soll. Denn nur wenn der Schutzzweck der Norm den durch die versicherte Handlung mitbewirkten Schaden überhaupt umgreift, kommt es rechtlich darauf an, ob neben der versicherten Wirkursache auch andere unversicherte Mitursachen bestehen. Diese können die Einstandspflicht nie begründen, aber gleichwohl die Zurechnung ausschließen. Das ist der Fall, wenn die unversicherten Wirkursachen das Unfallgeschehen derart geprägt haben, dass sie die versicherte Wirkursache verdrängen, so dass der Schaden "im Wesentlichen" rechtlich nicht mehr dem Schutzbereich des jeweiligen Versicherungstatbestandes unterfällt.
Bei dieser Subsumtion sind die versicherten und die auf der ersten Zurechnungsstufe festgestellten unversicherten Wirkursachen und ihre Mitwirkungsanteile in einer rechtlichen Gesamtbeurteilung anhand des zuvor festgestellten Schutzzwecks des Versicherungstatbestandes zu bewerten (vgl. BSG vom 24.07.2012 - B 2 U 9/11 R = SozR 4-2700 § 8 Nr. 44). Unter Berücksichtigung der Auffassung des praktischen Lebens ist abzuwägen, ob der Schaden den versicherten oder den unversicherten Wirkursachen zuzurechnen ist (vgl. BSG vom 17.02.2009 - B 2 U 18/07 R = SozR 4-2700 § 8 Nr. 31 RdNr. 12 m.w.N.; s. hierzu auch Schur/Spellbrink, SGb 2014, 589, 594 ff.).
Nach diesen Maßstäben ist die Einwirkung auf den Körper des Klägers am 25.05.2012 zwar objektiv, nicht aber rechtlich wesentlich durch das Zurücklegen des Weges von seiner Wohnung zur Arbeitsstätte verursacht worden. Das gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII versicherte Zurücklegen des unmittelbaren Weges von seiner Wohnung zur Arbeitsstätte hat zwar die Einwirkung auf den Körper des Klägers (Sturz vom Fahrrad) objektiv mitverursacht. Denn der Kläger befand sich - wie bereits dargelegt - auf dem unmittelbaren Weg von seiner Wohnung zur Arbeitsstätte in F., um die nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versicherte Tätigkeit auszuüben. Das Zurücklegen dieses Weges war offenkundig eine mitwirkende Grundbedingung für den Sturz vom Fahrrad.
Die an sich grundsätzlich versicherte Verrichtung (Zurücklegen des Weges zur Arbeitsstätte) war vorliegend jedoch keine rechtlich wesentliche Wirkursache für den Fahrradunfall. Mit dem Sturz vom Fahrrad hat sich keine Gefahr realisiert, vor der die Wegeunfallversicherung des § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII schützen soll. Die Unfallversicherung des Zurücklegens des Wegs nach und von dem Ort der jeweiligen versicherten Tätigkeit schützt nur gegen Gefahren für Gesundheit und Leben, die aus der Teilnahme am öffentlichen Verkehr als Fußgänger oder Benutzer eines Verkehrsmittels, also aus eigenem oder fremdem Verkehrsverhalten oder äußeren Einflüssen durch die Beschaffenheit des Verkehrsraums hervorgeht (vgl. hierzu nochmals BSG, Urteil vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R, a.a.O., RdNr. 45).
Eine solche Verkehrsgefahr hat sich vorliegend nicht verwirklicht. Ein technisches Versagen, widrige Straßenverhältnisse oder andere äußere Einflüsse auf die Fahrt konnte der Senat nicht feststellen. Nach den eigenen Angaben des Klägers im Rahmen der mündlichen Verhandlung beim SG hat dieser ausdrücklich angegeben, dass sich sein Fahrrad in einem "Topzustand" befunden hat (Niederschrift vom 24.06.2014, Bl. 49 der SG-Akte). Ein technisches Versagen (etwa Riss der Fahrradkette oder Nichtfunktionieren der Bremsen) wird mithin vom Kläger nicht behauptet und lässt sich auch aus den Zeugenaussagen sowie dem Abschlussbericht des POK H. nicht entnehmen. Aus dem Abschlussbericht des POK H. folgt zudem, dass die Gemeindeverbindungsstraße an der Unfallstelle 3,1 m breit war. Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 11.05.2015 angegeben hat, die Fahrbahnbreite betrage nur 2,5 m, so hat er auf Nachfrage bestätigt, dass bei Hinzuaddieren der seitlichen Betonstreifen man auf eine Fahrbahnbreite von 3,1 m kommen könne. Der Senat hat daher keine Zweifel daran, dass die Fahrbahnbreite von POK H. in seinem Abschlussbericht, der in der beigezogenen Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft S. enthalten ist, richtig angegeben wurde.
Zwar waren auf der Gemeindestraße keine Fahrbahnmarkierungen vorhanden, im Bereich der Unfallstelle verläuft die Fahrbahn aber gerade und eben. Dies wurde vom Zeugen Dr. W. in der mündlichen Verhandlung am 11.05.2015 bestätigt und lässt sich auch den Lichtbildern, die in der Lichtbildmappe der beigezogenen Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft S. vorhanden sind, entnehmen. Die Kratzspuren auf der Fahrbahn, die auf Bild Nr. 4 der Lichtmappe sichtbar sind, stammen nach Ansicht des POK H. vom Fahrrad des Klägers. Diese Kratzspuren befinden sich im rechten Drittel der Fahrbahn in Fahrtrichtung (laut Abschlussbericht 80 cm vom recht Fahrbahnrand) und mithin nicht in unmittelbarer Nähe der angrenzenden Wiese. Die Fotos von der Unfallstelle zeigen auch, dass die Fahrbahn im Bereich der Unfallstelle im Übrigen nicht beschädigt war, sodass der Senat keine Anhaltspunkte dafür sieht, dass die Beschaffenheit der Fahrbahn eine wesentliche Wirkursache für den Fahrradunfall war. Die These des Klägers, wonach er eventuell im Übergangsbereich zwischen dem asphaltierten Weg und der Wiese die Kontrolle über sein Fahrrad verloren habe, lässt sich danach nicht bestätigen. Denn sonst wären keine Kratzspuren seines Fahrrades 80 cm vom Fahrbahnrand festgestellt worden. Im Übrigen hat er in der mündlichen Verhandlung am 11.05.2015 auch angeben, den seitlichen Fahrbahnrand nicht befahren zu haben, da der seitliche Betonstreifen wegen teilweiser "großer Löcher" nicht befahrbar sei.
Danach führten weder technisches Versagen noch widrige Straßenverhältnisse zu dem Unfallereignis. Andere äußere Einflüsse auf die Fahrt konnte der Senat ebenfalls nicht feststellen. Die Sichtverhältnisse waren an diesem Morgen nach den übereinstimmenden Aussagen der Zeugen W. und Dr. W. in der mündlichen Verhandlung am 11.05.2015 gut. Nach den insoweit übereinstimmenden Auskünften des Klägers und des Zeugen W., haben sich die beiden Fahrräder beim Vorbeifahren auch nicht berührt. Der Zeuge Dr. W. hat bereits bei seiner Vernehmung vom 29.05.2012 angegeben, dass die drei Jungen Platz gemacht haben, sodass man aneinander vorbeifahren konnte. Dies hatte er auch bereits bei seiner Vernehmung am Unfalltag angegeben und im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 11.05.2015 bestätigt. Gleiches wurde vom Zeugen W. in der mündlichen Verhandlung am 11.05.2015 berichtet. Aus dem Entlassungsbericht des Oberarztes G. vom 11.06.2012 lässt sich zudem entnehmen, dass der Kläger bei der Anamnese angegeben hat, durch das kurzzeitige Wegnehmen der Hand vom Lenker sei es zu Sturzereignis gekommen. Von einer Kollision hat er hingegen nicht berichtet. Es kann daher ausgeschlossen werden, dass der Kläger wegen einer Kollision mit dem Fahrrad des Zeugen W. gestürzt ist.
Soweit der Kläger im Widerspruchsverfahren gemutmaßt hat, dass er von links beispielsweise eine Tüte abrupt auf sich habe zukommen sehen, kann ein solcher Gegenstand den noch am Unfalltag aufgenommenen Lichtbildern der Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft S. nicht entnommen werden. Auch im Abschlussbericht des POK H. finden sich keine Hinweise auf Gegenstände, die an der Unfallstelle aufgefunden worden sind. Schließlich haben die Zeugen W. und Dr. W. in der mündlichen Verhandlung am 11.05.2015 auf ausdrückliche Nachfrage des Senats angeben, keine derartigen Gegenstände gesehen zu haben. Zudem haben sie bestätigt, dass die Sichtverhältnisse zur Unfallzeit gut waren.
Damit lässt sich der Eintritt eines vom Schutzzweck der Wegeunfallversicherung erfassten Risikos nicht positiv feststellen. Vielmehr stellt der Schlag des Klägers auf den Oberarm bzw. den Schulterbereich des Zeugen W. die wesentliche Wirkursache für den Sturz und damit für den Unfall dar. Die Gefahren, die durch Schläge auf andere Verkehrsteilnehmer entstehen, werden vom Schutzzweck der Wegeunfallversicherung aber nicht erfasst.
Davon, dass der Kläger beim Vorbeifahren den Zeugen W. mit der linken Hand geschlagen hat, ist der Senat aufgrund der Zeugenaussagen des Dr. W. und des Geschädigten W. überzeugt. Im Gegensatz zur Auffassung des SG ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger den Zeugen W. bewusst mit der linken Hand geschlagen hat. Ausgangspunkt ist zunächst die - im Hinblick auf den Unfalltag (25.05.2012) zeitnächste - Angabe des Klägers im Krankenhaus S., wie sie in der Anamneseerhebung durch Oberarzt G. in seinem Entlassungsbericht vom 11.06.2012 wiedergegeben ist. Danach kam es zu dem Sturz, weil der Kläger seine Hand kurzzeitig vom Lenker genommen hat. Die Handlung ging danach vom Kläger (und nicht etwa von einem der vorbeifahrenden Schüler) aus. Dies wurde von den Zeugen Dr. W. und W. auch bestätigt. So hat der Zeuge Dr. W. bereits bei seiner Vernehmung am 25.05.2012 am Unfallort angegeben, dass der Kläger kurz vor Erreichen der drei Kinder "Achtung" gerufen und im Vorbeifahren nach einem Kind geschlagen hat. Dies entnimmt der Senat der Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft S ... Seine Aussage hat der Zeuge Dr. W. bei seiner Vernehmung am 29.05.2012 bekräftigt und dabei angegeben, dass er dachte, nicht richtig zu sehen, da der Kläger die linke Hand hochgezogen habe, als ob er nach dem Zeugen W. habe schlagen wollen. In diesem Zusammenhang hat er auch ausgesagt, dass es dem Kläger gereicht hätte, an den Kindern vorbei zu fahren. Schließlich gab er an, eher eine Faust und keine flache Hand des Klägers gesehen zu haben. Im Rahmen seiner Vernehmung durch den Senat am 11.05.2015 hat er seine Aussagen im Wesentlichen bestätigt. Er hat angeben, dass er gesehen hat, wie der Kläger den Arm mit der Faust gehoben hat und danach gestürzt ist. Für ihn sah es auch so aus, dass der Schlag absichtlich ausgeführt wurde.
Der Zeuge W. hat bei seiner Vernehmung am 30.05.2012 ausgesagt, sie hätten dem Kläger Platz gemacht, nachdem dieser "Achtung" gerufen hat. Dann habe er auf dem Oberarm einen Schlag gespürt. Auch dies entnimmt der Senat der Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft S ... Diese Aussagen hat der Zeuge vor dem SG und dem Senat bestätigt, wobei es nicht darauf ankommt, dass teilweise der Oberarm bzw. Schulter-/Brustbereich als Stelle der Einwirkung durch den Schlag angegeben wurden. Denn nach den insoweit schlüssigen Aussagen des Zeugen W. in der mündlichen Verhandlung am 11.05.2015 wurde er durch den Schlag des Klägers soweit im oberen Bereich des linken Oberarmes getroffen, dass man auch von "Schulterbereich" sprechen kann.
Der Senat konnte sich nicht davon überzeugen, dass der Kläger die linke Hand reflexartig, d.h. ohne Absicht, den Zeugen W. zu schlagen, gehoben hat. Dabei ist vorab festzustellen, dass sich der Kläger an den Unfall nicht mehr konkret erinnern kann. Bereits am 19.06.2012 hat er gegenüber der Beklagten darauf hingewiesen, dass er sich an den Unfall selbst nicht mehr erinnert. Diese Aussage hat er auch in seinem Selbstauskunftsbogen vom 22.06.2012 bestätigt. Dies entnimmt der Senat der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakte (Bl. 42 und 52). Auch im Rahmen seiner Beschuldigtenvernehmung am 13.06.2012 hat der Kläger gegenüber POK H. angegeben, sich an den Unfall nicht konkret zu erinnern. Erst im Krankenhaus sei ihm "die Vorstellung oder auch die Erinnerung" gekommen, dass er zum Unfallzeitpunkt von links einen Schatten bemerkt und hierauf mit einem Reflex der Hand reagiert habe. In seiner Widerspruchsbegründung vom November 2012 hat er diesbezüglich angegeben, dass er auf einmal etwas auf sich abrupt habe zukommen sehen, wobei er sich nicht daran erinnern könne, ob dies ein Schüler oder nur ein Gegenstand, beispielsweise eine Tüte, gewesen sei. Soweit dieses Vorbringen auch im weiteren Verfahren wiederholt wurde, handelt es sich nach Auffassung des Senats um eine reine Schutzbehauptung. Denn weder die Zeugen Dr. W. und W. haben bei ihrer Vernehmung durch die Polizei und auch bei ihrer Vernehmung durch den Senat angegeben, Gegenstände gesehen zu haben, die auf den Kläger am Unfallort zuflogen (wie z.B. eine Tüte). Auch die noch am Tag des Unfalls am 25.05.2012 gefertigten Lichtbilder zeigen keine entsprechenden Gegenstände und im Abschlussbericht des POK H. werden keine entsprechenden Gegenstände benannt. Dies entnimmt der Senat der beigezogenen Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft S ... Zudem haben die Zeugen Dr. W. und W. vor dem Senat übereinstimmend angegeben, dass die Sichtverhältnisse am Unfalltag gut waren. Auch die Mutmaßung des Klägers, wonach er einen Schatten von links gesehen habe, der bei ihm eine Reflexhandlung ausgelöst habe, überzeugt den Senat nicht. Denn nach seinen eigenen Angaben hat er die drei Schüler entgegenkommen sehen und deshalb auch Achtung gerufen. Dies entnimmt der Senat seiner Aussage vor dem SG (vgl. Niederschrift vom 24.06.2014, Bl. 47 der SG-Akte). Dabei hat er auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er mit entgegenkommenden Radfahrern immer versucht, Sichtkontakt zu halten. Das bedeutet aber, dass er (bewusst) die drei Schüler gesehen hat und mit dem Vorbeifahren an dieser Schülergruppe gerechnet hat. Ein insoweit "abruptes" Zukommen von einem Schüler oder Gegenstand ist daher nicht wahrscheinlich, zumal der Zeuge Dr. W. eine Bewegung des Zeugen W. in Richtung des Klägers nicht gesehen hat. Darüber hinaus hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung am 11.05.2015 angeben, "vorher derartige Reflexe" noch nicht gehabt zu haben. Soweit er in diesem Zusammenhang vermutet hat, durch die Benutzung der optischen Sonnenbrille könnten eventuell Schatten entstanden seien und er habe - wegen eines Unfalls im Jahr 2011 - seine Hände schützen wollen, überzeugt dies den Senat nicht. Denn von außen betrachtet sah die Armbewegung des Klägers eindeutig nach einem absichtlichen Schlag und nicht nach einer reflexartigen Handbewegung aus. Der Senat stützt sich hierbei auf die übereinstimmenden Aussagen der Zeugen W. und Dr. W ... Der Zeuge W. hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 11.05.2015 angegeben, dass er die Hand des Klägers auf sich zukommen sah und diese "wie zum Schlag geformt" war, wobei er das Gefühl hatte, dass dies absichtlich geschehen sei. Diese Wahrnehmung wird durch den Zeugen Dr. W. bestätigt. Er hat im Rahmen seiner Vernehmung durch den Senat am 11.05.2015 angegeben, dass der Kläger mit seiner Hand eine Faust geformt und den Zeugen W. damit geschlagen habe. Auch für ihn sah es so aus, als ob dies absichtlich geschehen sei. Dabei hat er seiner Aussage hinzugefügt, dass der Schlag für ihn nicht als "Abwehrreaktion" aussah, da der Arm nicht "z.B. schützend vor das Gesicht gehalten" worden sei. Da sich der Kläger an den Unfall nicht mehr konkret erinnern kann, misst der Senat den Aussagen der Zeugen, die den Vorgang gesehen und erlebt haben, ein hohes Maß an Bedeutung zu. Er ist aufgrund ihrer konsistenten und schlüssigen Aussagen zu der Überzeugung gelangt, dass der Schlag auf den Zeugen W. absichtlich (und nicht etwa reflexartig) durchgeführt wurde.
Der Senat hält die Zeugenaussagen des Dr. W. und des Geschädigten W. für glaubhaft und überzeugend. Er sieht keine Anhaltspunkte dafür, dass die Zeugenaussagen nicht glaubhaft sind. Denn die unmittelbar nach dem Unfallereignis polizeilich erhobenen Aussagen der Zeugen Dr. W. und W., die sich aus der beigezogenen Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft S. ergeben, wurden im weiteren Verfahren bestätig und sind mithin konsistent und in sich widerspruchsfrei. Dabei weist der Senat darauf hin, dass die unterschiedlichen Angaben zur Entfernung durch den Zeugen Dr. W. (vor der Polizei: 20 m, vor dem SG: 50 bis 100 m, vor dem Senat: 50 bis 70 m) nichts an seiner Glaubwürdigkeit ändern. Denn zu berücksichtigen ist, dass der Unfall zum Zeitpunkt der Vernehmung durch das SG bereits zwei Jahre zurücklag und sich die Erinnerung an Entfernungen in dieser Zeit ändern kann. Beide Zeugen haben aber im Rahmen ihrer Vernehmung durch den Senat am 11.05.2015 angegeben, dass die Sichtverhältnisse am Unfalltag gut waren. Der Zeuge Dr. W. hat auf Nachfrage des Senats ausdrücklich bestätigt, den Schlag und die Faust des Klägers gesehen zu haben.
Soweit der Kläger die Glaubwürdigkeit des Zeugen W. bezweifelt, weil er diesen außergerichtlich auf 50.000 EUR Schadensersatz in Anspruch genommen habe, so konnte sich der Senat bei der Vernehmung des Zeugen W. hiervon nicht überzeugen. Seine Vernehmung gab keine Hinweise darauf, dass er nur aus Eigeninteresse aussagt. Dagegen spricht schon die Konsistenz seiner Aussagen. Denn diese stimmen mit den bereits am 30.05.2012 (einem Zeitpunkt, in dem sich der Zeuge W. noch keiner Schadensersatzforderung des Klägers ausgesetzt sah) getätigten Aussagen überein.
Der Senat ist daher zu der Überzeugung gelangt, dass der Schlag des Klägers auf den Zeugen W. dazu führte, dass er die Kontrolle über sein Fahrrad verlor und stürzte. Bei der gebotenen wertenden Gesamtbeurteilung eröffnete der Schlag einen versicherungsfremden neuen Gefahrenbereich, der allein mit dem Zurücklegen des Wegs mit dem Fahrrad nicht gegeben war (s. hierzu die Feststellungen des Senats zur Wegbeschaffenheit, dem Unfallvorgang und zum Zustand des Rennrads) und damit vom Schutzzweck der Wegeunfallversicherung nicht erfasst ist. Bei dem Schlag handelte es sich nicht um ein unzureichendes ("verkehrswidriges") aber dennoch versichertes Fahrverhalten. Zwar hat das BSG entschieden, dass der Schutzbereich der Wegeunfallversicherung auch ein "normales" verkehrswidriges Verhalten erfasst (BSG, Urteil vom 04.07.2013 - B 2 U 12/R = SozR 4-2700 § 8 Nr. 49 RdNr. 20; BSG, Urteil vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R = SozR 4-2700 § 8 Nr. 46 RdNr. 49). Bei einem Schlag nach einem anderen Verkehrsteilnehmer als Ausdruck aggressiven körperlichen Verhaltens handelt es sich jedoch nicht um ein "normales" verkehrswidriges Verhalten. Ein solches wurde in der Rechtsprechung des BSG z.B. bei leichtfertigen Überholvorgängen oder einer überhöhten Geschwindigkeit angenommen (BSG, Urteil vom 04.07.2013 - B 2 U 12/12 R, a.a.O., RdNr. 20), mithin bei Eigengefährdungen des Versicherten. Insoweit hat das BSG auch entschieden, dass der Unfallversicherungsschutz auf dem Weg zur Arbeitsstätte nicht dadurch ausgeschlossen wird, dass der Versicherte aufgrund seiner Fahrweise wegen vorsätzlicher Straßenverkehrsgefährdung bestraft wird, auch wenn der Unfall auf dieser Verhaltensweise beruht (BSG, Urteil vom 04.06.2002 - B 2 U 11/01 R = SozR 3-2700 § 8 Nr. 10). Der vorliegende Fall unterscheidet sich davon aber wesentlich dadurch, dass der Kläger während seiner Fahrradfahrt am 25.05.2012 von seiner Wohnung zur Arbeitsstätte nicht vorsätzlich den Straßenverkehr gefährdet hat, sondern durch den Schlag auf den Zeugen W. eine eigene Wirkursache für den Unfall gesetzt hat, die bei wertender Betrachtung den maßgeblichen Mitwirkungsanteil an dem Unfall hatte (vgl. zur rechtlichen Gesamtbeurteilung von Versicherten und versicherten Wirkursachen und ihre Mitwirkungsanteile Schur/Spellbrink, SGb 2014, 589, 594).
Auf die Berufung der Beklagten war mithin das Urteil des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 SGG), liegen nicht vor. Denn die Rechtsache hat keine über den hier zu entscheidenden Einzelfall hinausgehende grundsätzliche Bedeutung und der Senat weicht auch nicht von der Rechtsprechung eines der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte ab. Vielmehr wurde der Entscheidung die bisherige Rechtsprechung des BSG zum Wegeunfall zugrunde gelegt. Dem "Hilfsantrag" des Klägers war daher nicht stattzugeben.
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