L 11 KR 4414/14 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 23 KR 4671/14 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 4414/14 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Heben Versicherer und Versicherungsnehmer einvernehmlich einen privaten Krankenversicherungsvertrag rückwirkend wieder auf, führt dies nicht zu einer Versicherungspflicht nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V. Werden die nach dem privaten Krankenversicherungsvertrag geschuldeten Prämien nicht gezahlt, bestimmten sich die Folgen allein nach § 193 Abs 6 VVG, nicht nach den §§ 37 f VVG.
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 25.09.2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Aufnahme als Pflichtmitglied in die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) bei der Antragsgegnerin, die Ge-währung von Leistungen der GKV und den Erhalt einer Versicherungskarte.

Die 1987 geborene Antragstellerin ist hauptberuflich selbständig. Sie war ab 01.03.2011 bei der Antragsgegnerin als freiwilliges Mitglied gesetzlich krankenversichert. Sie übte eine selbständige Tätigkeit (Friseurdienstleistungen) aus, für die sie von der Bundesagentur für Arbeit einen Gründungszuschuss erhielt.

Am 07.04.2011 teilte die Antragstellerin der Antragsgegnerin mit, dass sie ihre Krankenversicherung "widerrufe", da sie sich rückwirkend zum 01.03.2011 für eine andere Gesellschaft entschieden habe (Bl 19 Verwaltungsakte). Sie legte eine Mitgliedsbescheinigung des Beigeladenen zu 1) vor (Bl 23 Verwaltungsakte), in welcher es heißt: "Wir bestätigen, dass ab 01.03.2011 für die nachfolgend aufgeführte(n) Person(en) ein Krankenversicherungsvertrag besteht, der nach Art und Umfang der Pflicht zur Versicherung gemäß § 193 Abs. 3 Satz 1 VVG entspricht und der eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall im Sinne des § 175 Abs. 4 Satz 4 SGB V darstellt."

Mit Schreiben vom 26.04.2011 erklärte die Antragsgegnerin, dass ein Widerruf nicht möglich sei und dieser daher in eine Kündigung umgedeutet werde. Mit Bescheid vom 28.04.2011 bestätigte die Antragsgegnerin der Antragstellerin die Kündigung zum 30.06.2011.

Die Antragstellerin begehrte sodann gegenüber der Beigeladenen eine Verlegung des Beginns der Versicherung auf den 01.07.2011, die entsprechend erfolgte (Bl 132 Verwaltungsakte, vgl Mitgliedsbescheinigung vom 05.05.2011, Bl 38 Verwaltungsakte und Nachtrag zum Versicherungsschein Bl 114 Verwaltungsakte).

Mit Schreiben vom 24.07.2011 (Bl 141 Verwaltungsakte) wandte sich die Antragstellerin erneut an den Beigeladenen. Sie sei seit dem 01.07.2011 bei ihm versichert und habe noch keinen Mitgliedsbeitrag bezahlen können, weil er ihr etwas zu hoch sei. Insofern bat sie um Herausnahme des Krankengeldes. Der Beigeladene bestätigte mit Beitragsbescheid vom 08.08.2011 die begehrte Vertragsänderung.

Die fälligen Beiträge bezahlte die Antragstellerin nicht.

Mit Schreiben vom 20.09.2011 teilte die Antragstellerin dem Beigeladenen mit, dass sie den Versicherungsvertrag gerne kündigen und eigenständig einen neuen abschließen wolle. Ferner würde sie gerne in einen günstigeren Tarif wechseln, 290 Euro/Monat seien ihr zu viel. Mit Schreiben vom 11.10.2011 kündigte die Antragstellerin den bestehenden Versicherungsvertrag mit dem Beigeladenen.

Mit Schreiben vom 01.11.2011 teilte der Beigeladene der Antragstellerin sodann mit, dass die Versicherung von Beginn an aufgehoben worden sei (Bl 98 Verwaltungsakte).

Mit Schreiben vom 07.05.2014 beantragte die Antragstellerin bei der Antragsgegnerin die Auf-nahme als freiwillig Versicherte in der GKV.

Mit Bescheid vom 05.06.2014 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag ab (Bl 40 Verwaltungsak-te). Die Antragstellerin habe ihre freiwillige Versicherung rechtmäßig zum 30.06.2011 gekündigt und sich ab dem 01.07.2011 für eine private Krankenversicherung entschieden. Daher komme nur eine Versicherung bei einer privaten Krankenversicherung, möglicherweise im Basistarif, in Betracht.

Hiergegen hat die Antragstellerin Widerspruch eingelegt und am 27.08.2014 beim Sozialgericht Stuttgart (SG) einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt. Sie hat vorgebracht, dass sie zuletzt gesetzlich krankenversichert gewesen und daher zumindest versicherungspflichtig nach § 5 Abs 1 Nr 13a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) sei, weshalb ein Anordnungsanspruch bestehe. Der mit dem Beigeladenen abgeschlossene Krankenversicherungsvertrag habe zu keinem Zeitpunkt Versicherungsschutz gewährt. Insbesondere habe sie selbst keinerlei Prämien bzw Beiträge hierfür gezahlt. Der Versicherer sei daher zu jedem Zeitpunkt bis zur Beendigung des Vertragsverhältnisses leistungsbefreit gewesen, sodass kein effektiver Versicherungsschutz bestanden habe. Zudem sei die Antragstellerin aufgrund einer Schwangerschaft fortlaufend auf ärztliche Leistungen angewiesen, weshalb auch ein Anordnungsgrund bestehe.

Die Antragsgegnerin ist dem Antrag entgegengetreten und hat auf die Begründung des Bescheids vom 05.06.2014 Bezug genommen.

Das SG hat den Beigeladenen zu dem geschlossenen Krankenversicherungsvertrag und dessen Beendigung befragt. Wegen des konkreten Inhalts des Antwortschreiben und des übersandten Verwaltungsvorgangs wird auf Bl 77 ff der SG-Akte Bezug genommen.

Mit Beschluss vom 25.09.2014 hat das SG den Antrag abgelehnt. Ein Beitritt zur freiwilligen Krankenversicherung scheide aufgrund der abgelaufenen Beitrittsfrist nach § 9 Abs 2 SGB V aus. Ein Versicherungspflichttatbestand liege nicht vor. Die Voraussetzungen des § 5 Abs 1 Nr 13a SGB V seien nicht erfüllt, weil die Antragstellerin zuletzt nicht gesetzlich, sondern privat krankenversichert gewesen sei. Zwischen der Antragstellerin und dem Beigeladenen sei ein wirksamer Krankenversicherungsvertrag zustande gekommen. Dass der Beigeladene aufgrund der nichterfolgten Prämienzahlung der Antragstellerin möglicherweise bei Eintritt eines Versicherungsfalles nicht zur Leistung verpflichtet gewesen wäre, rechtfertige keine andere rechtliche Bewertung. Jedenfalls könne eine Zahlungsunfähigkeit oder -unwilligkeit der Antragstellerin im Hinblick auf die zu entrichtenden Prämien nicht rückwirkend zu einer Versicherungspflicht in der GKV führen und damit zu Lasten der Solidargemeinschaft gehen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 22.10.2014 hat die Antragsgegnerin den Widerspruch als unbe-gründet zurückgewiesen. Hiergegen hat die Antragstellerin Klage zum SG erhoben; das Verfahren ist noch anhängig.

Gegen den ihrem Prozessbevollmächtigten am 26.09.2014 gegen Empfangsbekenntnis zugestell-ten Beschluss des SG hat die Antragstellerin am 24.10.2014 Beschwerde beim Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt und zur Begründung ihr bisheriges Vorbringen wiederholt. Nach dem 30.06.2011 sei sie weder Mitglied einer Krankenkasse noch Versicherungsnehmerin eines privaten Krankenversicherungsunternehmens gewesen. Sie habe sich zwischen 2012 und 2014 an verschiedene gesetzliche und private Krankenkassen gewandt, ein Versicherungsverhältnis sei nicht zustande gekommen.

Mit Beschluss vom 09.12.2014 hat der Senat im Hinblick auf die fortgeschrittene Schwangerschaft der Antragstellerin im Wege einer Zwischenentscheidung (sog Hängebeschluss) die Antragsgegnerin verpflichtet, der Antragstellerin ab 09.12.2014 vorläufig Untersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten nach den §§ 25 und 26 SGB V und Leistungen, die zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände sowie bei Schwangerschaft und Mutterschutz erforderlich sind, als Sachleistung zu gewähren.

Mit Beschluss vom 09.12.2014 hat der Senat den Deutschen Ring zum Verfahren beigeladen. Er ist der Auffassung, dass die Antragstellerin über den 01.07.2011 hinaus gesetzlich krankenversichert gewesen sei. Nachdem er keinen Nachweis über eine Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung erhalten und die Antragstellerin eine Beendigung der Versicherung erbeten habe, seien die Vertrag zum 01.07.2011, dh von Beginn an, beendet worden. Versicherungsschutz bei ihm habe daher nicht bestanden.

Mit Schriftsatz vom 18.05.2015 hat die Klägerin mitgeteilt, ihr sei am 13.05.2015 eine Gesundheitskarte ausgehändigt worden; dies bestätige das Bestehen von Versicherungsschutz bei der Antragsgegnerin.

Die Antragstellerin beantragt,

den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 25.09.2014 aufzuheben und die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, sie wenigstens ab dem 16.07.2014 vorläufig als Mitglied zu versichern und ihr Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung zu gewähren und ihr hierfür unverzüglich eine Versicherungskarte zu übergeben.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie nimmt auf die Begründung des Bescheids vom 05.06.2014, ihr bisheriges Vorbringen und die Ausführungen des SG Bezug. Die Aushändigung der Gesundheitskarte sei wohl in Umsetzung des Hängebeschlusses des Senats erfolgt und habe keine konstitutive Wirkung.

Der Beigeladene stellt keinen Antrag.

Wegen der weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakte der Antragsgegnerin Bezug genommen.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist statthaft und zulässig (§§ 172 Abs 1, 173 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG), in der Sache jedoch nicht begründet. Das SG hat den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zu Recht abgelehnt.

Nach § 86 Abs 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige An-ordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts der Antragstellerin vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Einstweilige Anord-nungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechts-verhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheinen (Regelungsanordnung). Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs 2 Satz 4 SGG iVm § 920 Abs 2 der Zivilprozessordnung).

Dabei begegnet es grundsätzlich keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn sich die Gerich-te bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orien-tieren (vgl BVerfG [Kammer], 02.05.2005, 1 BvR 569/05, BVerfGK 5, 237, 242). Im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung ist ihnen allerdings in den Fällen, in denen es um existentiell bedeutsame Leistungen der Krankenversicherung für den Antragsteller geht, eine lediglich sum-marische Prüfung der Sach- und Rechtslage verwehrt. Sie haben unter diesen Voraussetzungen die Sach- und Rechtslage abschließend zu prüfen (vgl BVerfG [Kammer], 29.07.2003, 2 BvR 311/03, BVerfGK 1, 292, 296; 22.11.2002, 1 BvR 1586/02, NJW 2003, S 1236 f). Ist dem Ge-richt in einem solchen Fall eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden (vgl BVerfG [Kammer], 02.05.2005, aaO, mwN); die grundrechtlichen Belange des Antragstellers sind umfassend in die Abwägung einzustellen. Die Gerichte müssen sich schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen (vgl BVerfG [Kammer], 22.11.2002, aaO, S 1237; 29.11.2007, 1 BvR 2496/07, NZS 2008, 365).

Nach Maßgabe dieser Voraussetzungen fehlt es an einem Anordnungsanspruch. Die An-tragstellerin ist bei der Antragsgegnerin nicht krankenversichert und hat keinen Anspruch auf (Wieder-)Aufnahme in die von ihr wirksam beendete Versicherung. Zu Recht hat das SG den Antrag abgelehnt.

Ein Versicherungspflichttatbestand liegt nicht vor.

Rechtsgrundlage für das Bestehen von Versicherungspflicht zur gesetzlichen Krankenversiche-rung ist der (hier allein in Betracht kommende) Versicherungspflichttatbestand des § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V (in der seit 01.04.2007 geltenden Fassung des Gesetzes zur Stärkung des Wettbe-werbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG) vom 26.03.2007, BGBl I, 378), ergänzt durch die Bestimmung des § 5 Abs 8a SGB V. Der Beginn der Versicherungspflicht, die Mitgliedschaft des Versicherten und das Anzeigeverfahren sind in §§ 186 Abs 11, 174 Abs 5 SGB V geregelt. Für die soziale Pflegeversicherung gilt Entsprechendes gem § 20 Abs 1 S 1 und 2 Nr 12 SGB XI.

Gem § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V sind Personen versicherungspflichtig, die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben und (a) zuletzt gesetzlich krankenversichert waren oder (b) bisher nicht gesetzlich oder privat krankenversichert waren, es sei denn, dass sie zu den in § 6 Abs 1 und 2 SGB V genannten (versicherungsfreien) Personen gehören oder bei Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit im Inland gehört hätten.

Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, weil die Antragstellerin zuletzt nicht gesetzlich kran-kenversichert war. Der für die Auslegung des Merkmals "zuletzt krankenversichert" in § 5 Abs 1 Nr 13 Buchst a SGB V ausschlaggebende Systembezug zur gesetzlichen Krankenversicherung (vgl Senatsbeschluss vom 25.02.2009, L 11 KR 497/09 ER-B, FEVS 61, 142; LSG Baden-Württemberg 16.06.2010, L 5 KR 5046/09) ist vorliegend nicht (mehr) gegeben, denn die An-tragstellerin hat selbst zum 30.06.2011 die Versicherung bei der Antragsgegnerin beendet.

Der Begriff "zuletzt" in § 5 Abs 1 Nr. 13 SGB V ist nicht in einem eng (formal) zeitlichen, son-dern in einem sachbezogenen (materiellen) Sinn zu verstehen. Dieses Tatbestandsmerkmal dient dazu, Personen, die bisher keinen Bezug zur GKV aufweisen, etwa weil sie vor Verlust der Ab-sicherung im Krankheitsfall als Beamte oder beamtenähnlich abgesichert oder selbstständig tätig und privat krankenversichert waren, vom Versicherungsschutz der GKV auszunehmen (vgl Se-natsbeschluss vom 25.02.2009, L 11 KR 497/09 ER-B, FEVS 61, 142 und BT-Drucks 16/3100, S 94). Diesem Personenkreis, zu dem die Antragstellerin gehört, ist der zeitgleich mit der Ein-führung des § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V geschaffenen Verpflichtung zum Abschuss eines privaten Krankenversicherungsvertrages (sog Basistarif) zuzuordnen. Mit § 193 Abs 3 und Abs 5 Ver-sicherungsvertragsgesetz (VVG) iVm § 12 Abs la Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) ist ein Basistarif in der PKV eingeführt worden. Dies ist ein zentraler Baustein im System eines lücken-losen Krankenversicherungsschutzes für alle Teile der Bevölkerung. Das Bundesverfassungsge-richt hat die Einführung eines bezahlbaren Basistarifs im Hinblick auf das Sozialstaatsgebot des Art. 20 Abs 1 GG mit gewichtigen Gemeinwohlbelangen gerechtfertigt. Die Regelungen seien geeignet und erforderlich, um den Krankenversicherungsschutz des betroffenen Personenkreises sicherzustellen und den betroffenen Versicherungsunternehmen zumutbar (BVerfG 10.6.2009, 1 BvR 706/08 ua, BVerfGE 123, 186, NZS 2009, 436). Die Leistungen im Basistarif der PKV entsprechen denen der GKV (§ 12 Abs la S 1 VAG).

Die Antragstellerin war zuletzt privat krankenversichert. Nach wirksamer Kündigung ihrer frei-willigen Mitgliedschaft bei der Antragsgegnerin zum 30.06.2011 hat sie mit dem Deutschen Ring einen Krankenversicherungsvertrag zum 01.07.2011 geschlossen.

Bestand, wie im Falle der Antragstellerin, zuletzt eine Versicherung in der PKV, bleibt diese weiterhin zuständig. War der Betroffene demgegenüber zuletzt in der GKV, ist er weiterhin die-ser zugewiesen (vgl BSG 12.01.2011, B 12 KR 11/09 R, BSGE 107, 177, SozR 4-2500 § 5 Nr 13). Wer im System der gesetzlichen Krankenversicherung versichert war und deswegen zu diesem einen konkreten sachlichen Bezug aufweist (§ 5 Abs 1 Nr 13a SGB V), kehrt nach der absicherungslosen Zeit in dieses System zurück. Diesem Personenkreis wird nach der gesetzlichen Systematik nicht gleichgestellt, wer sich privat versichert und diese Versicherung rückwirkend zu beseitigen sucht.

Eine spätere rückwirkende Aufhebung des Krankenversicherungsvertrages beim Beigeladenen führt nicht dazu, dass die Antragstellerin im sozialversicherungsrechtlichen Sinne als zu keinem Zeitpunkt privat krankenversichert anzusehen ist (vgl zur wirksamen Anfechtung eines privaten Krankenversicherungsvertrages: LSG Nordrhein-Westfalen 03.09.2012, L 5 KR 258/12 B ER). Dafür spricht insbesondere, dass nach dem Willen des Gesetzgebers selbst im Falle einer wirksamen Anfechtung eines privaten Krankenversicherungsvertrages der Versicherte nicht nachträglich als unversichert gelten und rückwirkend der subsidiäre Versicherungspflichttatbestand des § 5 Abs 1 Nr 13a SGB V eingreifen sollte. Anderenfalls wären die gesetzlichen Regelungen der §§ 12 Abs 1b S 4 VAG, 193 Abs 5 S 4 VVG letztlich ohne Anwendungsbereich und liefen ins Leere (LSG Nordrhein-Westfalen aaO; Sächsisches LSG 14.06.2012, L 1 KR 71/12 B ER, juris). Nichts anderes kann im konkreten Fall gelten, wenn der Versicherer und der Versicherungsnehmer den Versicherungsvertrag rückwirkend von Beginn an aufheben. Dies kann nicht zu einem Wiederaufleben der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung führen.

Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus dem Vortrag der Antragstellerin, dass kein effektiver Versicherungsschutz in der privaten Krankenversicherung bestanden habe. Zwischen der Antragstellerin und dem Beigeladenen ist ein wirksamer Krankenversicherungsvertrag zustande gekommen. Nach § 10 VVG beginnt die Versicherung mit Beginn des Tages, an dem der Vertrag geschlossen wird. Aufgrund der zwischen den Vertragsparteien einvernehmlich ver-einbarten Beginnverlegung ist dies der 01.07.2011. Dieser Beginn ist auch maßgebend für den Beginn des materiellen Versicherungsschutzes (Rixecker in: Römer/Langheid, Versicherungsvertragsgesetz, 4. Aufl 2014, § 10 Rn 2). Das Ausstellen der Mitgliedsbescheinigung durch den Beigeladenen hat im Übrigen auch gegenüber der Antragsgegnerin einen entsprechenden Vertrauenstatbestand geschaffen; das spätere Vorbringen des Beigeladenen, die Mitgliedschaft der Antragstellerin bei der Antragsgegnerin habe über den 30.06.2011 hinaus fortbestanden, ist nicht nachvollziehbar.

Die Auffassung der Antragstellerin, der Beigeladene sei aufgrund der nichterfolgten Prämienzahlung unter Umständen nach § 37 Abs 2 S 1 und S 2 VVG bei Eintritt des Versicherungsfalles nicht zur Leistung verpflichtet gewesen, weshalb eine andere Bewertung geboten sei, teilt der Senat nicht. Maßgeblich sind die Regelungen des § 193 Abs 6 VVG.

Werden Prämien nicht gezahlt, bestimmen sich die Folgen allein nach § 193 Abs 6 VVG, nicht nach §§ 37 f VVG (Voit in Prölls/Martin, VVG, 28. Aufl 2010, § 193 Rn 40; Marko in Rüffer/Halbach/Schimikowski, VVG 2. Aufl 2011, § 193 Rn 62). § 193 Abs 6 VVG in der bis 31.07.2013 gültigen Fassung bestimmte: Ist der Versicherungsnehmer mit einem Betrag in Höhe von Prämienanteilen für zwei Monate im Rückstand, hat ihn der Versicherer zu mahnen (Satz 1). Ist der Rückstand zwei Wochen nach Zugang der Mahnung noch höher als der Prämienanteil für einen Monat, stellt der Versicherer das Ruhen der Leistungen fest (Satz 2). Das Ruhen tritt drei Tage nach Zugang dieser Mitteilung beim Versicherungsnehmer ein (Satz 3). Voraussetzung ist, dass der Versicherungsnehmer in der Mahnung nach Satz 1 auf diese Folge hingewiesen worden ist (Satz 4). Das Ruhen endet, wenn alle rückständigen und die auf die Zeit des Ruhens entfallenden Beitragsanteile gezahlt sind oder wenn der Versicherungsnehmer oder die versicherte Person hilfebedürftig im Sinne des SGB II/SGB XII ist oder wird; die Hilfebedürftigkeit ist auf Antrag des Versicherungsnehmers vom zuständigen SGB-II/SGB-XII-Träger zu bescheinigen (Satz 5). Während der Ruhenszeit haftet der Versicherer ausschließlich für Aufwendungen, die zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände sowie bei Schwangerschaft und Mutterschaft erforderlich sind (Satz 6, jetzt § 193 Abs 7 VVG iVm § 12h VAG, sog Notlagentarif).

Offen bleiben kann nach dieser nicht-dispositiven gesetzlichen Regelung, wie das Schreiben des Beigeladenen vom 01.11.2011 zu werten ist, denn § 193 Abs 6 VVG ermöglicht weder einen einseitigen Rücktritt des Versicherers von der Versicherung noch einen zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung gehenden (rückwirkenden) Aufhebungsvertrag des privaten Versicherungsverhältnisses.

Ein Beitritt zur freiwilligen Krankenversicherung scheidet aufgrund der abgelaufenen Beitrittsfrist nach § 9 Abs 2 SGB V aus, wie das SG zutreffend ausgeführt hat.

Die Aushändigung einer Versichertenkarte am 13.05.2015 hat keine Versicherungspflicht der Antragstellerin in der GKV begründet. Weder konnte die Antragstellerin aufgrund des laufenden Rechtsstreits hiervon ausgehen, noch kommt der Ausgabe der Karte eine solche Wirkung zu. Es handelt sich bei der Karte lediglich um ein Ausweispapier und nicht um ein Wert- oder Legitimationspapier (Noftz in: Hauck/Noftz, SGB V, § 15 Rn 18). Ihre Aushändigung ist weder ein Verwaltungsakt, noch kommt ihr konstitutive Wirkung in Bezug auf die Begründung von Versicherungspflicht zu (vgl BSG 07.12.2000, B 10 KR 3/99 R, SGb 2001, 691, juris Rn 34 f).

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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