Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 13 U 134/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 3719/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 29.07.2014 wird zurückgewiesen.
Dem Kläger werden Verschuldenskosten auferlegt. Er trägt Gerichtskosten in Höhe von 225 EUR und hat außerdem der Beklagten die zu entrichtende Pauschgebühr zur Hälfte - in Höhe von 112,50 EUR - zu erstatten. Im Übrigen sind außergerichtliche Kosten auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob beim Kläger die Berufskrankheiten (BKen) nach Nr. 2108 (bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule) und Nr. 2109 (bandscheibenbedingte Erkrankungen der Halswirbelsäule) der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) festzustellen sind.
Der 1956 geborene Kläger war von 1971 bis 1979 als Schreinerlehrling und nach Abschluss seiner Lehre als Schreinergeselle tätig. 1979 bis 1981 erfolgte eine Umschulung zum Holztechniker und zum Schreinermeister, danach war er bis 31.12.1985 als Objektsachbearbeiter bzw. als Schreinermeister beschäftigt. Ab Januar 1986 ist der Kläger als selbstständiger Schreiner tätig (vgl. Angaben des Klägers unter dem 04.05.2011 im Vordruck der Beklagten, Blatt 35,36 der Beklagtenakte). Seit März 1986 besteht eine freiwillige Unternehmerversicherung (Blatt 22 der Beklagtenakte).
Mit Unternehmeranzeige vom 15.03.2011 machte der Kläger mehrere Erkrankungen, u.a. Bandscheibenvorfälle, Knieschmerzen bei Belastung, Schlafapnoe-Syndrom, Asthma, Allergien, Karpaltunnelsyndrom, arterielle Hypertonie als BK geltend. Die Beklagte trat in ein Feststellungsverfahren ein und veranlasste in den von ihr übersandten Vordrucken die Angaben des Klägers vom 04.05.2011 (Blatt 32-36 der Beklagtenakte) und vom 28.04.2011 (Blatt 39-42 der Beklagtenakte) zu den geltend gemachten Wirbelsäulenbeschwerden. Beigezogen wurden die Arztbriefe der Gemeinschaftspraxis für Neurologie, Psychiatrie und Radiologie Dr. W. und Kollegen über Magnetresonanztomographie(MRT)-Aufnahmen der Halswirbelsäule (HWS) vom 02.04.2008, der Lendenwirbelsäule (LWS) vom 21.02.2008 (Blatt 37, 38 der Beklagtenakte) sowie Arztbriefe des Universitätsklinikums W. zu Computertomografie(CT), Röntgen- und Myelografie-Aufnahmen der LWS jeweils vom 21.02.2007 (Blatt 93-95 der Beklagtenakte). Vom 19.02.2007 bis 05.03.2007 befand sich der Kläger in stationärer Behandlung im Universitätsklinikum W., wo am 26.02.2007 unter der Diagnose lumbale Spinalkanalstenose mit Punktum maximum LWK 4/5 mit Bandscheibenvorfall LWK 4/5 beidseits, Adipositas, arterielle Hypertonie operativ eine knöcherne Dekompression mit Sequesterextirpation bei LWK 4/5 vorgenommen worden war (Entlassungsbericht des Universitätsklinikums W., Blatt 140 der Beklagtenakte).
Die Beklagte ließ die beigezogenen Unterlagen beratungsärztlich auswerten. Dr. G. führte in seiner Stellungnahme vom 06.07.2011 aus, aus den vorliegenden Aufnahmen der einzelnen Wirbelsäulenabschnitte ergebe sich ein generalisiertes Wirbelsäulenproblem. Die LWS und die Brustwirbelsäule (BWS) sei gänzlich degenerativ verändert. Es bestünden Osteochondrosen und Spondylophyten an Grund- und Deckplatten mit unruhigen Konfigurationen an Grund- und Deckplatten. Im Großen und Ganzen seien die meisten Wirbelsäulensegmenten von diesen Veränderungen betroffen. Eine BK nach Nr. 2108 und 2109 liege nach den Grundsätzen und Richtlinien nicht vor.
Mit Bescheid vom 26.08.2011 lehnte die Beklagte die Feststellung der BK nach Nr. 2108 und 2109 ab. Hinsichtlich der geltend gemachten BK Nr. 2109 seien keine schweren Lasten auf der Schulter langjährig getragen worden, denn eigenen Angaben zufolge sei dies nur bei den Firmen H. und Söhne und L. im Zeitraum von Oktober 1971 bis März 1979 der Fall gewesen. Darüber hinaus gehöre nach eigenen umfangreichen Erhebungen in ähnlich gelagerten Fällen das Berufsbild des Schreiners nicht zu dem typischen Tätigkeitsbild, das eine Gefährdung im Sinne der BK Nr. 2109 begründe. Darüber hinaus spreche auch der medizinische Befund gegen eine BK. Es sei die gesamte Wirbelsäule von verschleißbedingten Veränderungen betroffen, gerade auch die beruflich nicht belasteten Wirbelsäulenabschnitte, wie die BWS. Hinzu komme, dass bereits während der Berufsausbildung Wirbelsäulenbeschwerden aufgetreten seien, was ebenso auf eine Schadensanlage für die Entwicklung einer Wirbelsäulenerkrankung hindeute.
Der hiergegen eingelegte Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 16.12.2011 zurückgewiesen.
Der Kläger erhob am 11.01.2012 Klage vor dem Sozialgericht Mannheim (SG) und führte aus, er habe insbesondere bei seiner Tätigkeit von 1976-1979 schwere Balken auf der Schulter, aber auch schon bereits von 1971 immer wieder durchgehend Lasten auf der Schulter getragen.
Das SG holte von Amts wegen das orthopädische Gutachten von Dr. H. vom 05.08.2013 mit Ergänzung vom 17.04.2014 ein. Darin kam der Sachverständige zu dem Ergebnis, beim Kläger sei nach seinem medizinischen Verständnis keine bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS zu diagnostizieren, die Wirbelsäulenbeschwerden beruhten auf anderen Strukturschäden der Wirbelkörpersegmente. Das Krankheitsbild könne problemlos auf dem Boden einer anlagebedingten Wirbelkanalverengung als konkurrierende Ursache erklärt werden. Das Ausmaß der degenerativen Strukturschäden nehme nicht erkennbar von oben nach unten zu. Die symmetrischen Gefühlsstörungen in beiden unteren Gliedmaßen könnten nicht durch einen einseitigen Bandscheibenvorfall bei L4/5 links erklärt werden. Die bereits während der Lehrzeit auftretenden Beschwerden seien aus medizinischer Sicht nicht Ausdruck einer Bandscheibenschädigung und könnten nicht auf ein langjähriges Heben und Tragen zurückgeführt werden. Auch das radiologische Bild entspreche nicht dem eines belastungsbedingten Bandscheibenschadens, denn es fehle an einer Degeneration mit maximaler Bandscheibendegeneration in den unteren Segmenten und Begleitspondylosen in Nachbarsegmenten. Ebenso fehle es an einer bandscheibenbedingten Erkrankung der HWS. Die gelegentlich lokal auftretenden Beschwerden seien auf dem Boden altersüblicher diffuser degenerativer Veränderungen zwischen dem 5. und 7. Halswirbel zu erklären, sie stünden in Verbindung mit einer Blockierung des 4. Halswirbels und lokalen Muskelverspannungen. Die aus dem MRT der LWS vom 18.03.2014 ersichtlichen Veränderung bei L3/4 seien eine typische Veränderung als Folge der Dekompression-Operation vom 26.02.2007, die keine klassische Bandscheibenoperation gewesen sei. Es sei der knöcherne Wirbelkanal in der Etage erweitert worden durch Abtragung von Teilen kleiner Wirbelgelenke und des Wirbelbogens, nur zusätzlich sei auch noch vorgedrungenes Bandscheibengewebe entfernt worden.
Mit Urteil vom 29.07.2014 wies das SG die Klage ab. Nach Überzeugung der Kammer leide der Kläger zwar an einer bandscheibenbedingten Erkrankung der LWS. Dagegen spreche jedoch das von Dr. H. beschriebene Ausmaß der degenerativen Strukturschäden gegen die Verursachung durch die berufliche Tätigkeit. Diese Schäden nehmen beim Kläger auch nicht erkennbar von oben nach unten zu. Betroffen sei auch eine fortgeschrittene Bandscheibendegeneration an der BWS. Für die BK 2109 sei zur Überzeugung der Kammer nicht nachgewiesen, dass der Kläger langjährig schwere Lasten auf der Schulter getragen habe.
Gegen das dem Kläger am 08.08.2014 zugestellte Urteil hat er am 29.08.2014 vor dem Landessozialgericht Berufung eingelegt und zur Begründung ausgeführt, dem SG könne nicht gefolgt werden, dass keine Anzeichen einer Nerven- bzw. Nervenwurzelschädigung festzustellen seien. Ebenso wenig spreche gegen die berufliche Verursachung das Ausmaß der degenerativen Strukturschäden oder die bereits in der Lehrzeit aufgetretenen Beschwerden. Nicht nachvollzogen werden könne die Auffassung, dass die Wirbelkanalstenose nicht auf eine berufliche Überlastung zurückzuführen sei. Es seien Lasten von über 50 kg auf der Schulter getragen worden. Auf die Angaben vom 04.10. und 28.11.2012 werde verwiesen.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 29.07.2014 sowie den Bescheid der Beklagten vom 26.08.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.12.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, eine Berufskrankheit nach Nr. 2108 und Nr. 2109 der Anlage 1 zur BKV festzustellen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich zur Begründung auf das angefochtene Urteil des SG und verweist darauf, dass die Angaben des Klägers zu den ausgeübten Tätigkeiten mit seinen bisherigen Angaben übereinstimmten und auch vom Sachverständigen wie vom SG berücksichtigt worden seien. Zutreffend habe das SG ausgeführt, dass sowohl der zeitliche Verlauf der Erkrankung als auch das Ausmaß der Schäden gegen eine berufliche Verursachung sprächen.
Mit richterlicher Verfügung vom 16.12.2014 ist dem Kläger aufgegeben worden, darzulegen, ob er weiter als selbstständiger Schreiner tätig ist und inwieweit Tätigkeitseinschränkungen mit Heben, Tragen von Lasten bzw. Rumpfbeugehaltungen vorgenommen worden sind. Hierzu hat sich der Kläger geäußert und u.a. dargelegt, er sei weiterhin als selbständiger Schreiner tätig und übe Tätigkeiten mit Heben, Tragen von Lasten bzw. Rumpfbeugehaltung aus. Es sei festzustellen, dass die Gewichte beim Heben und Tragen von Lasten sich inzwischen erhöht hätten. In den vergangenen Jahren seien fast nur noch Fenster und Haustüren mit Dreifachverglasung eingebaut worden. Das Gewicht sei 50 % höher als bei Fenstern mit Zweifachverglasung (Schreiben des Klägers vom 28.01.2015, Schriftsatz der Klägerbevollmächtigten vom 30.01.2015).
Dem Kläger wurde mit richterlicher Aufklärungsverfügung vom 09.02.2015 der Hinweis erteilt, dass das Vorliegen des Tatbestandsmerkmals des Unterlassens aller Tätigkeiten, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können, nach dem Vorbringen fraglich sein könnte. Hierzu hat der Kläger über seine Bevollmächtigte sich erneut geäußert (Schriftsatz der Klägerbevollmächtigten vom 16/20.03.2015).
Mit richterlicher Verfügung vom 20.04.2015 sind die Beteiligten auf die Möglichkeit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hingewiesen worden und haben Gelegenheit zur Äußerung erhalten. Dem Kläger ist der Hinweis erteilt worden, dass die Auferlegung von Kosten nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGG in Betracht komme.
Der Senat hat die Verwaltungsakten der Beklagten und die Akte des SG beigezogen. Auf diese Unterlagen und die vor dem Senat angefallene Berufungsakte wird wegen weiterer Einzelheiten Bezug genommen.
II.
Gemäß § 153 Abs. 4 SGG kann der Senat nach vorheriger Anhörung der Beteiligten die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter des Senats einstimmig zum Ergebnis gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Die Beteiligten sind mit richterlicher Verfügung vom 20.04.2015 auf die in Betracht kommende Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG sowie deren Voraussetzungen hingewiesen worden und haben Gelegenheit erhalten, zur Sache und zum beabsichtigen Verfahren Stellung zu nehmen. Das Schreiben der Klägerbevollmächtigten vom 15.05.2015 gab keinen Anhalt für die Notwendigkeit einer mündlichen Verhandlung.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß den §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthaft und nach § 151 SGG zulässig, jedoch in vollem Umfang unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung der geltend gemachten Berufskrankheiten. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Das angefochtene klageabweisende Urteil des SG ist nicht zu beanstanden.
Das SG hat in der angefochtenen Entscheidung die für den Rechtsstreit maßgeblichen Rechtsvorschriften und Rechtsanwendungsgrundsätze vollständig und zutreffend dargestellt. Der Senat schließt sich nach eigener Überprüfung zur Begründung seiner Entscheidung den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils (Seite 5-7 des Urteilsabdrucks) insoweit an, auf die er zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug nimmt (§ 153 Abs. 2 SGG).
Aufgrund der Ermächtigung in § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII hat die Bundesregierung die BKV vom 31. Oktober 1997 (BGBl. I, S. 2623) erlassen, in der derzeit u.a. folgende als Berufskrankheit anerkannten Krankheiten aufgeführt sind:
Nr. 2108 Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.
Nr. 2109 Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Halswirbelsäule durch langjähriges Tragen schwerer Lasten auf der Schulter, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.
Diese rechtlichen Voraussetzungen liegen beim Kläger nicht vor.
Hinsichtlich der begehrten Verpflichtung auf Feststellung der BK Nr. 2108 ist zur Überzeugung des Senats bereits das Tatbestandsmerkmal des Unterlassens der bandscheibengefährdenden Tätigkeit nicht erfüllt. Der Kläger hat in seiner Erklärung vom 28.01.2015 angegeben, er sei weiterhin als selbstständiger Schreiner tätig, könne aber viele seiner früheren Tätigkeiten nicht mehr verrichten, da die Beschwerden jedes Jahr zunehmen würden. Er hat aber ebenfalls ausgeführt, es sei nicht zu vermeiden, dass man beim Tragen von Lasten wie Fenster oder Möbelteile durch enge Flure und Treppenhäuser müsse. Hierbei sei zu beachten, dass in den letzten Jahren fast nur noch Fenster und Haustüren mit Dreifachverglasung eingebaut werden. Das Gewicht habe sich um 50 % gegenüber den Fenstern mit Zweifachverglasung erhöht. Er hat deren Gewicht gegenüber Dr. H. mit "bis 50 kg" angegeben (Seite 6 des Gutachtens vom 20.07.2013). Damit hat der Kläger eingeräumt, dass er nach wie vor Lasten hebt und trägt. Es ist bereits fraglich, ob der nur mit seinem Sohn in seinem Unternehmen tätige Kläger überhaupt eine qualitative Einschränkung vorgenommen hat, da er Schreinerarbeiten nicht auf mehrere Mitarbeiter delegieren kann. Darüber hinaus ist eine lediglich quantitative oder zeitliche Einschränkung der wirbelsäulenbelastenden Tätigkeit nicht ausreichend, sondern das Tatbestandsmerkmal des Unterlassens ist erst dann erfüllt, wenn alle belastenden Tätigkeiten im vollem Umfang aufgegeben sind (vgl. BSG Urteil vom 22.08.2005 – 2 U 34/99 R –, juris). Ebenso wenig kommt es darauf an, dass keine schweren Lasten, die für die Entstehung einer Berufskrankheit erforderlich waren, mehr bewegt werden, sondern aufgegeben werden muss auch die Tätigkeit mit geringerer Trage- und Hebelast, die noch ausreichend ist, eine bereits bestehende Bandscheibenerkrankung wieder zu aktivieren. Auf die den Beteiligten bekannt gegebenen richterlichen Verfügungen vom 09.02.2015 und 20.04.2015 wird ergänzend verwiesen. Dass der Kläger diese Voraussetzungen erfüllt, ist seinem Vorbringen gerade nicht zu entnehmen, weshalb die BK Nr. 2108 bereits deshalb nicht beim Kläger festgestellt werden kann.
Darüber hinaus teilt der Senat die Auffassung des SG, dass sich aus dem überzeugenden Gutachten von Dr. H. ein hinreichend wahrscheinlicher Zusammenhang zwischen der beruflichen Belastung und der beim Kläger vorhandenen – zu seinen Gunsten einmal unterstellten bandscheibenbedingten – Erkrankung der LWS nicht herleiten lässt. Es ist für den Senat nicht im Sinne der Theorie der wesentlichen Bedingung hinreichend wahrscheinlich, dass die bei den beruflichen Verrichtungen des Klägers als Schreiner erfolgten Einwirkungen dessen Wirbelsäulenerkrankung verursacht haben.
In den am 04.08.2005 veröffentlichten Konsensempfehlungen der interdisziplinären Arbeitsgruppe "Medizinische Beurteilungskriterien bei den Berufskrankheiten der Lendenwirbelsäule" (Trauma und Berufskrankheit 3, 2005, S. 211 ff - Konsensempfehlungen -) entsprechen die im vollen Konsens aller Teilnehmer verabschiedeten Kriterien zur Überzeugung des Senats der gegenwärtigen herrschenden Meinung der Wissenschaft, welche der Senat daher in ständiger Rechtsprechung (vgl. stellvertretend Urteil des Senats vom 28.01.2011 - L 8 U 4946/08 -, juris, www.sozialgerichtsbarkeit.de) seiner Entscheidung zugrunde legt. Danach ist Grundvoraussetzung für die Anerkennung eines Ursachenzusammenhangs eine nachgewiesene bandscheibenbedingte Erkrankung, die ihrer Ausprägung nach altersuntypisch sein muss, bei ausreichender beruflicher Belastung mit plausibler zeitlicher Korrelation zur Entwicklung der bandscheibenbedingten Erkrankung (vgl. Konsensempfehlungen a.a.O., Nr. 1.4, S. 216). Eine Betonung der Bandscheibenschäden an den unteren drei Segmenten der Lendenwirbelsäule spricht eher für einen Ursachenzusammenhang der beruflichen Belastung, während ein Befall der Halswirbelsäule und/oder der Brustwirbelsäule je nach Fallkonstellation gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen kann. Für den Vergleich zwischen Lendenwirbelsäule und darüber gelegenen Wirbelsäulenabschnitten sind Chondrosen und Vorfälle maßgeblich (a.a.O.).
Nach diesen Maßstäben ist von Dr. H. insoweit auch übereinstimmend mit der Einschätzung des Beratungsarztes Dr. G. plausibel ausgeführt worden, dass die radiologisch gesicherten Strukturschäden an den Wirbelkörpersegmenten die gesamte Wirbelsäule des Klägers erfasst haben und eine belastungstypische degenerative Verteilung der Wirbelkörperveränderungen mit zunehmender Ausprägung von oben nach unten den bildgebenden Befunden gerade nicht zu entnehmen ist. Auch haben beide sich gutachterlich äußernde Ärzte insoweit in Übereinstimmung mit den Konsensempfehlungen darauf verwiesen, dass bereits die in der Lehrzeit des Klägers auftretenden LWS-Beschwerden für ein anlagebedingtes Wirbelsäulenleiden sprechen, denn eine langjährige Einwirkung von Hebe- und Tragelasten, was nach den epidemiologischen Untersuchungen Voraussetzung für belastungsbedingte Bandscheibenschäden ist und daher das tatbestandliche Erfordernis einer langjährigen Trage-/Hebebelastung begründet, konnte zu diesem Zeitpunkt noch nicht ursächlich geworden sein. Ob Bandscheibenschäden mit oder ohne Wurzelreizungen an der LWS durch berufsbedingte Belastung zusätzlich zu einer vorbestehenden anlagebedingten Wirbelsäulenerkrankung hinzugekommen sind, ist bei dieser Ausgangslage allenfalls spekulativ. Eine hinreichende Abgrenzung haben die sich gutachterlich äußernden Ärzte insoweit nicht vorgenommen oder aus fachlicher Sicht nicht vornehmen können. Hierauf kommt es aber letztlich auch nicht entscheidend an, da das Tatbestandsmerkmal des Unterlassens nicht erfüllt ist.
Hinsichtlich der Berufskrankheit Nr. 2109 verweist der Senat auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil, dass insoweit die tatbestandlich erforderliche Einwirkungskausalität nicht nachgewiesen ist. Dem schließt sich der Senat an. Ein langjähriges Tragen schwerer Lasten auf der Schulter in der überwiegenden Anzahl der Arbeitsschichten ist weder dem Vorbringen des Klägers zu entnehmen noch entspricht dies, worauf die Beklagte im angefochtenen Bescheid hingewiesen hat, dem typischen Tätigkeitsprofil eines Schreiners. In der Tätigkeitsbeschreibung des Klägers im Vordruck der Beklagten ist den Angaben des Klägers vom 28.04.2011 lediglich der Zeitraum der Beschäftigung von 1971-1979 zu entnehmen, bei denen Lasten mit 50 kg oder mehr auf der Schulter getragen worden sein sollen. Angaben zu der im Vordruck auch enthaltenen Frage über die Anzahl der Arbeitsschichten pro Jahr hat der Kläger jedoch nicht gemacht. Auch seinem späteren Vorbringen lässt sich nicht entnehmen, dass das Tragen von Lasten auf der Schulter in überwiegenden Anteilen der Arbeitsschichten in diesem Zeitraum vorgekommen wäre. Darüber hinaus hat die Beklagte für den Senat überzeugend darauf verwiesen, dass nach der von ihr veranlassten Auswertung üblicher Tätigkeitsprofile der Schreiner das Berufsbild nicht durch Tätigkeiten mit Tragen schwerer Lasten auf der Schulter geprägt ist.
Darüber hinaus steht zur Überzeugung des Senats fest, dass eine bandscheibenbedingte Erkrankung der HWS beim Kläger nicht zu diagnostizieren ist. Dies ergibt sich aus den überzeugenden Ausführungen im Gutachten von Dr. H ...
Nach der Rechtsprechung des Senats zur BK Nr. 2108 (vgl. u.a. Urteile des Senats vom 28.01.2011 - L 8 U 4946/08 -, juris, www.sozialgerichtsbarkeit.de und vom 26.10.2012 - L 8 U 4948/10 -, unveröffentlicht) sind unter bandscheibenbedingten Erkrankungen der Lendenwirbelsäule chronische oder chronisch wiederkehrende Beschwerden mit Funktionseinschränkungen der Lendenwirbelsäule zu verstehen, die ursächlich auf eine Bandscheibenschädigung zurückzuführen sind oder mit einer solchen in einer kausalen Wechselbeziehung stehen (vgl. BSG Urteil vom 31.05.2005, SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2; Brandenburg, BG 1993, 791/794). Den Tatbestand der BK nach Nr. 2108 der BKV erfüllen nur solche Schäden der Wirbelsäule, die sich als das Resultat einer langjährigen schädigenden Einwirkung auf die Lendenwirbelsäule darstellen. Ein morphologisch objektivierbares Schadenssubstrat ist daher zwingend erforderlich. Die ausgelösten degenerativen Prozesse - zu denen anlagebedingte Wirbelsäulenstörungen und Fehlhaltungen nicht gehören - finden sich in durch bildgebende Verfahren objektivierbaren Formen wieder, die auch gemeinsam auftreten können. Nach den Konsensempfehlungen ist zwischen Erkrankung und Bandscheibenschaden zu unterscheiden (der bildgebend dargestellte Bandscheibenschaden muss auch zu klinischen Beschwerden geführt haben, die eine Erkrankung verursachen, Konsensempfehlung Nr. 1.3). Eine Erkrankung erfordert daher nicht nur den Nachweis eines Bandscheibenschadens, sondern die Schädigung muss auch klinisch manifest geworden sein, d.h. Beschwerden hervorgerufen haben (vgl. BSG, Urteil vom 31.05.2005a.aO.).
Dieses Erfordernis einer Bandscheibenerkrankungen gilt gleichermaßen für die bandscheibenbedingte Erkrankung der HWS und ist nach den auch für den Senat überzeugenden Ausführungen von Dr. H. beim Kläger bis zum Zeitpunkt der Untersuchung durch den Sachverständigen nicht hinreichend sicher nachgewiesen. Die gelegentlich lokal auftretenden Beschwerden an der HWS sind nach den plausiblen Ausführungen von Dr. H. auf dem Boden altersüblicher diffuser degenerativer Veränderungen zwischen dem 5. und 7. Halswirbel zu erklären. Sie stehen in Verbindung mit einer Blockierung des 4. Halswirbels und lokalen Muskelverspannungen. Eine maßgebende Beteiligung eines Bandscheibenschadens ist weder dem radiologischen Bild noch den vorgelegten ärztlichen Behandlungsdokumentationen zu entnehmen. Eine Behandlung wegen bandscheibenbedingter HWS-Beschwerden ist nicht aktenkundig geworden. Der Kläger selbst hat im Vordruck der Beklagten auf die Frage, in welchem Bereich der Wirbelsäule traten die Beschwerden auf, von den Antwortalternativen lediglich die LWS angekreuzt (Angaben des Klägers vom 04.05.2011, Blatt 32-36 der Beklagtenakte). Die vorgelegten Arztbriefe der Rosentritt Klinik B. R. vom 19.04.2007 und der Universitätsklinik W. vom 11.12.2007 sowie das von der Beklagten eingeholte Vorerkrankungsverzeichnis der Techniker Krankenkasse vom 23.05.2011 enthalten keine Hinweise auf Erkrankungen an den Bandscheiben der HWS.
Weitere Ermittlungen von Amts wegen waren daher nicht zu veranlassen. Ein wirksamer Antrag nach § 109 SGG ist nicht gestellt worden. Der in der Berufungsbegründung (Schriftsatz der Klägerbevollmächtigten vom 02.10.2014) vorsorglich gestellte Antrag auf Einholung eines Gutachtens nach § 109 SGG von Prof. Dr. C. ist nach den seitens des Senats erfolgten Hinweisen nicht wiederholt worden. Hierzu hätte aber deshalb Anlass bestanden, weil in der richterlichen Verfügung vom 20.04.2015 einerseits von der Erledigung des Antrags nach § 109 SGG ausgegangen wurde im Hinblick auf den bisherigen Prozessverlauf und dem fehlenden Unterlassen der bandscheibenschädigenden Tätigkeit und andererseits der Hinweis auf die Möglichkeit der Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss erteilt worden ist. Binnen der darin gesetzten Äußerungsfrist ist der Antrag nicht wiederholt, sondern allein die Durchführung einer mündlichen Verhandlung angeregt worden (Schriftsatz der Klägerbevollmächtigten vom 15.05.2015).
Nach alledem hatte die Berufung des Klägers keinen Erfolg und sie war mit der Kostenentscheidung aus § 193 SGG zurückzuweisen.
Der Senat hat dem Kläger darüber hinaus Verschuldenskosten nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGG in Höhe von 225 EUR auferlegt. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht im Urteil oder, wenn das Verfahren anders beendet wird, durch Beschluss einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass der Beteiligte den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung oder -verteidigung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreits hingewiesen worden ist. Dem Beteiligten steht gleich sein Vertreter oder Bevollmächtigter. Als verursachter Kostenbetrag gilt dabei mindestens der Betrag nach § 184 Abs. 2 SGG für die jeweilige Instanz (§ 192 Abs. 1 Satz 2 und 3 SGG).
Abzustellen ist dabei auf die (objektivierte) Einsichtsfähigkeit eines vernünftigen Verfahrensbeteiligten und damit auf den "Einsichtigen" im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. hierzu stellvertretend BVerfG, Beschluss vom 11.10.2001, Az. 2 BvR 1271/01 m.w.N.). Es kommt nicht auf die konkrete subjektive Sicht des betroffenen Beteiligten an. Anders als beim Begriff des "Mutwillens", der bereits nach dem Wortlaut ein subjektives Element enthält, ist der Fassung des § 192 SGG zufolge, die er mit dem Sechsten Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes vom 17.08.2001 erhalten hat, für den Missbrauch nicht mehr erforderlich, dass der Beteiligte subjektiv weiß, die Rechtsverfolgung sei aussichtslos und er führe nun entgegen besserer Einsicht den Prozess weiter. Dies ergibt sich aus der Intention des Gesetzgebers, wie sie im Gesetzgebungsverfahren zu dem Sechsten Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes zum Ausdruck gekommen ist (BT-Drs. 14/5943, S. 28), der den § 192 SGG nach dem Vorbild des § 34 Abs. 2 BVerfGG gestalten wollte und für dessen Anwendung trotz seiner Überschrift im Fall des § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kein Verschulden des Betroffenen erforderlich ist (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteile des Senats vom 26.11.2010 - L 8 U 3211/10 -, vom 20.11.2009 - L 8 SB 1648/08 - und vom 28.11.2008 - L 8 AL 1799/07- unveröffentlicht sowie vom 20.05.2011 - L 8 SB 2762/10 -). Missbräuchlichkeit der Prozessführung ist anzunehmen, wenn das Begehren weiterverfolgt wird trotz offensichtlicher Aussichtslosigkeit (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage, § 192 Rdnr. 9).
Diese Voraussetzungen liegen vor. Der Kläger ist mit richterlicher Verfügung vom 20.04.2015 schriftlich auf die eindeutig fehlende Erfolgsaussicht seiner Berufung und auf die Möglichkeit der Verhängung von Verschuldenskosten wegen missbräuchlicher Prozessführung hingewiesen worden. Die Prozessführung des Klägers ist missbräuchlich, denn in dem Verfahren ist von keinem sich gutachterlich äußernden Arzt der berufliche Zusammenhang der vom Kläger geltend gemachten Wirbelsäulenbeschwerden bejaht worden. Der verständige Prozessbeteiligte würde bei dieser Sachlage die Aussichtslosigkeit des prozessualen Begehrens erkennen. Hinzu kommt, dass dem Kläger unabhängig von den medizinischen Voraussetzungen mit Aufklärungsverfügung vom 09.02.2015 das Fehlen des Tatbestandsmerkmals des Unterlassens der bandscheibenschädigenden Tätigkeiten dargelegt worden ist, und der Kläger entgegen seinem bisherigen Vorbringen durch seine Prozessbevollmächtigte mit Schreiben vom 16./20.03.2015 vortragen ließ, er könne nur noch ein paar Stunden am Tag arbeiten und er versuche überwiegend nur noch Büroarbeiten auszuüben, was im völligen Gegensatz zu seiner vorhergehenden Tätigkeitsschilderung vom 26.01.2015 steht. Danach war es gerade nicht zu vermeiden, dass er beim Tragen von Lasten wie Fenster und Möbelteile durch enge Flure und Treppenhäuser gehen müsse und dabei Fenster mit Dreifachverglasung tragen müsse. Das mit jeweils der Prozesslage angepasstem Vorbringen weiter verfolgte Klagebegehren ist unter Berücksichtigung dieser Umstände missbräuchlich, was dem Kläger in der Verfügung vom 20.04.2015 dargelegt worden ist. Es ist bei dem anwaltlich vertretenen Kläger auch nicht zu erkennen, dass er gehindert wäre, diese Einsicht zu gewinnen und danach zu handeln. Gleichwohl hat der Kläger seine Berufung weiter verfolgt und auf einem Urteil beharrt.
Unter Ausübung des ihm nach § 192 SGG eingeräumten Ermessens hält der Senat die Verhängung der vom Kläger hierdurch verursachten Kosten in Höhe der Mindestgebühr - wie angekündigt - nach § 192 Abs. 1 Satz 3 SGG für notwendig und auch angemessen. Daneben hat er die Hälfte der von Gesetzes wegen durch die Beklagte zu entrichtenden Pauschgebühr zu erstatten, denn nach § 186 Satz 1 SGG wäre die Pauschgebühr als regelmäßig anfallende Gerichtskosten bei einer Erledigung des Rechtsstreits ohne Urteil auf die Hälfte ermäßigt worden. Bei verständigem Handeln des Klägers wäre auch dieser Gerichtskostenanteil daher vermeidbar gewesen. Er ist somit vom Kläger in dieser Höhe der Beklagten zu erstatten (vgl. BSG, Urteil vom 27. April 1994 - 10 Rar 10/93 -, juris; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 29.04.2010 - L 12 AL 5449/09 -, juris und www.sozialgerichtsbarkeit.de; Leitherer in Meyer-Ladewig u.a., a.a.O., § 192 Rdnr. 13, 15). § 192 SGG i.d.F. ab 02.01.2002 ist eine Sonderregelung zu §§ 193 Abs. 4, 186 Abs.1 SGG und begründet auch einen Erstattungsanspruch des anderen Beteiligten (h.M., vgl. Leitherer, a.a.O. Rdnr 1a, 13 m.w.N.; a.A. Knittel in Hennig, SGG § 192 Rdnr. 16).]
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.
Dem Kläger werden Verschuldenskosten auferlegt. Er trägt Gerichtskosten in Höhe von 225 EUR und hat außerdem der Beklagten die zu entrichtende Pauschgebühr zur Hälfte - in Höhe von 112,50 EUR - zu erstatten. Im Übrigen sind außergerichtliche Kosten auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob beim Kläger die Berufskrankheiten (BKen) nach Nr. 2108 (bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule) und Nr. 2109 (bandscheibenbedingte Erkrankungen der Halswirbelsäule) der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) festzustellen sind.
Der 1956 geborene Kläger war von 1971 bis 1979 als Schreinerlehrling und nach Abschluss seiner Lehre als Schreinergeselle tätig. 1979 bis 1981 erfolgte eine Umschulung zum Holztechniker und zum Schreinermeister, danach war er bis 31.12.1985 als Objektsachbearbeiter bzw. als Schreinermeister beschäftigt. Ab Januar 1986 ist der Kläger als selbstständiger Schreiner tätig (vgl. Angaben des Klägers unter dem 04.05.2011 im Vordruck der Beklagten, Blatt 35,36 der Beklagtenakte). Seit März 1986 besteht eine freiwillige Unternehmerversicherung (Blatt 22 der Beklagtenakte).
Mit Unternehmeranzeige vom 15.03.2011 machte der Kläger mehrere Erkrankungen, u.a. Bandscheibenvorfälle, Knieschmerzen bei Belastung, Schlafapnoe-Syndrom, Asthma, Allergien, Karpaltunnelsyndrom, arterielle Hypertonie als BK geltend. Die Beklagte trat in ein Feststellungsverfahren ein und veranlasste in den von ihr übersandten Vordrucken die Angaben des Klägers vom 04.05.2011 (Blatt 32-36 der Beklagtenakte) und vom 28.04.2011 (Blatt 39-42 der Beklagtenakte) zu den geltend gemachten Wirbelsäulenbeschwerden. Beigezogen wurden die Arztbriefe der Gemeinschaftspraxis für Neurologie, Psychiatrie und Radiologie Dr. W. und Kollegen über Magnetresonanztomographie(MRT)-Aufnahmen der Halswirbelsäule (HWS) vom 02.04.2008, der Lendenwirbelsäule (LWS) vom 21.02.2008 (Blatt 37, 38 der Beklagtenakte) sowie Arztbriefe des Universitätsklinikums W. zu Computertomografie(CT), Röntgen- und Myelografie-Aufnahmen der LWS jeweils vom 21.02.2007 (Blatt 93-95 der Beklagtenakte). Vom 19.02.2007 bis 05.03.2007 befand sich der Kläger in stationärer Behandlung im Universitätsklinikum W., wo am 26.02.2007 unter der Diagnose lumbale Spinalkanalstenose mit Punktum maximum LWK 4/5 mit Bandscheibenvorfall LWK 4/5 beidseits, Adipositas, arterielle Hypertonie operativ eine knöcherne Dekompression mit Sequesterextirpation bei LWK 4/5 vorgenommen worden war (Entlassungsbericht des Universitätsklinikums W., Blatt 140 der Beklagtenakte).
Die Beklagte ließ die beigezogenen Unterlagen beratungsärztlich auswerten. Dr. G. führte in seiner Stellungnahme vom 06.07.2011 aus, aus den vorliegenden Aufnahmen der einzelnen Wirbelsäulenabschnitte ergebe sich ein generalisiertes Wirbelsäulenproblem. Die LWS und die Brustwirbelsäule (BWS) sei gänzlich degenerativ verändert. Es bestünden Osteochondrosen und Spondylophyten an Grund- und Deckplatten mit unruhigen Konfigurationen an Grund- und Deckplatten. Im Großen und Ganzen seien die meisten Wirbelsäulensegmenten von diesen Veränderungen betroffen. Eine BK nach Nr. 2108 und 2109 liege nach den Grundsätzen und Richtlinien nicht vor.
Mit Bescheid vom 26.08.2011 lehnte die Beklagte die Feststellung der BK nach Nr. 2108 und 2109 ab. Hinsichtlich der geltend gemachten BK Nr. 2109 seien keine schweren Lasten auf der Schulter langjährig getragen worden, denn eigenen Angaben zufolge sei dies nur bei den Firmen H. und Söhne und L. im Zeitraum von Oktober 1971 bis März 1979 der Fall gewesen. Darüber hinaus gehöre nach eigenen umfangreichen Erhebungen in ähnlich gelagerten Fällen das Berufsbild des Schreiners nicht zu dem typischen Tätigkeitsbild, das eine Gefährdung im Sinne der BK Nr. 2109 begründe. Darüber hinaus spreche auch der medizinische Befund gegen eine BK. Es sei die gesamte Wirbelsäule von verschleißbedingten Veränderungen betroffen, gerade auch die beruflich nicht belasteten Wirbelsäulenabschnitte, wie die BWS. Hinzu komme, dass bereits während der Berufsausbildung Wirbelsäulenbeschwerden aufgetreten seien, was ebenso auf eine Schadensanlage für die Entwicklung einer Wirbelsäulenerkrankung hindeute.
Der hiergegen eingelegte Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 16.12.2011 zurückgewiesen.
Der Kläger erhob am 11.01.2012 Klage vor dem Sozialgericht Mannheim (SG) und führte aus, er habe insbesondere bei seiner Tätigkeit von 1976-1979 schwere Balken auf der Schulter, aber auch schon bereits von 1971 immer wieder durchgehend Lasten auf der Schulter getragen.
Das SG holte von Amts wegen das orthopädische Gutachten von Dr. H. vom 05.08.2013 mit Ergänzung vom 17.04.2014 ein. Darin kam der Sachverständige zu dem Ergebnis, beim Kläger sei nach seinem medizinischen Verständnis keine bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS zu diagnostizieren, die Wirbelsäulenbeschwerden beruhten auf anderen Strukturschäden der Wirbelkörpersegmente. Das Krankheitsbild könne problemlos auf dem Boden einer anlagebedingten Wirbelkanalverengung als konkurrierende Ursache erklärt werden. Das Ausmaß der degenerativen Strukturschäden nehme nicht erkennbar von oben nach unten zu. Die symmetrischen Gefühlsstörungen in beiden unteren Gliedmaßen könnten nicht durch einen einseitigen Bandscheibenvorfall bei L4/5 links erklärt werden. Die bereits während der Lehrzeit auftretenden Beschwerden seien aus medizinischer Sicht nicht Ausdruck einer Bandscheibenschädigung und könnten nicht auf ein langjähriges Heben und Tragen zurückgeführt werden. Auch das radiologische Bild entspreche nicht dem eines belastungsbedingten Bandscheibenschadens, denn es fehle an einer Degeneration mit maximaler Bandscheibendegeneration in den unteren Segmenten und Begleitspondylosen in Nachbarsegmenten. Ebenso fehle es an einer bandscheibenbedingten Erkrankung der HWS. Die gelegentlich lokal auftretenden Beschwerden seien auf dem Boden altersüblicher diffuser degenerativer Veränderungen zwischen dem 5. und 7. Halswirbel zu erklären, sie stünden in Verbindung mit einer Blockierung des 4. Halswirbels und lokalen Muskelverspannungen. Die aus dem MRT der LWS vom 18.03.2014 ersichtlichen Veränderung bei L3/4 seien eine typische Veränderung als Folge der Dekompression-Operation vom 26.02.2007, die keine klassische Bandscheibenoperation gewesen sei. Es sei der knöcherne Wirbelkanal in der Etage erweitert worden durch Abtragung von Teilen kleiner Wirbelgelenke und des Wirbelbogens, nur zusätzlich sei auch noch vorgedrungenes Bandscheibengewebe entfernt worden.
Mit Urteil vom 29.07.2014 wies das SG die Klage ab. Nach Überzeugung der Kammer leide der Kläger zwar an einer bandscheibenbedingten Erkrankung der LWS. Dagegen spreche jedoch das von Dr. H. beschriebene Ausmaß der degenerativen Strukturschäden gegen die Verursachung durch die berufliche Tätigkeit. Diese Schäden nehmen beim Kläger auch nicht erkennbar von oben nach unten zu. Betroffen sei auch eine fortgeschrittene Bandscheibendegeneration an der BWS. Für die BK 2109 sei zur Überzeugung der Kammer nicht nachgewiesen, dass der Kläger langjährig schwere Lasten auf der Schulter getragen habe.
Gegen das dem Kläger am 08.08.2014 zugestellte Urteil hat er am 29.08.2014 vor dem Landessozialgericht Berufung eingelegt und zur Begründung ausgeführt, dem SG könne nicht gefolgt werden, dass keine Anzeichen einer Nerven- bzw. Nervenwurzelschädigung festzustellen seien. Ebenso wenig spreche gegen die berufliche Verursachung das Ausmaß der degenerativen Strukturschäden oder die bereits in der Lehrzeit aufgetretenen Beschwerden. Nicht nachvollzogen werden könne die Auffassung, dass die Wirbelkanalstenose nicht auf eine berufliche Überlastung zurückzuführen sei. Es seien Lasten von über 50 kg auf der Schulter getragen worden. Auf die Angaben vom 04.10. und 28.11.2012 werde verwiesen.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 29.07.2014 sowie den Bescheid der Beklagten vom 26.08.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.12.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, eine Berufskrankheit nach Nr. 2108 und Nr. 2109 der Anlage 1 zur BKV festzustellen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich zur Begründung auf das angefochtene Urteil des SG und verweist darauf, dass die Angaben des Klägers zu den ausgeübten Tätigkeiten mit seinen bisherigen Angaben übereinstimmten und auch vom Sachverständigen wie vom SG berücksichtigt worden seien. Zutreffend habe das SG ausgeführt, dass sowohl der zeitliche Verlauf der Erkrankung als auch das Ausmaß der Schäden gegen eine berufliche Verursachung sprächen.
Mit richterlicher Verfügung vom 16.12.2014 ist dem Kläger aufgegeben worden, darzulegen, ob er weiter als selbstständiger Schreiner tätig ist und inwieweit Tätigkeitseinschränkungen mit Heben, Tragen von Lasten bzw. Rumpfbeugehaltungen vorgenommen worden sind. Hierzu hat sich der Kläger geäußert und u.a. dargelegt, er sei weiterhin als selbständiger Schreiner tätig und übe Tätigkeiten mit Heben, Tragen von Lasten bzw. Rumpfbeugehaltung aus. Es sei festzustellen, dass die Gewichte beim Heben und Tragen von Lasten sich inzwischen erhöht hätten. In den vergangenen Jahren seien fast nur noch Fenster und Haustüren mit Dreifachverglasung eingebaut worden. Das Gewicht sei 50 % höher als bei Fenstern mit Zweifachverglasung (Schreiben des Klägers vom 28.01.2015, Schriftsatz der Klägerbevollmächtigten vom 30.01.2015).
Dem Kläger wurde mit richterlicher Aufklärungsverfügung vom 09.02.2015 der Hinweis erteilt, dass das Vorliegen des Tatbestandsmerkmals des Unterlassens aller Tätigkeiten, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können, nach dem Vorbringen fraglich sein könnte. Hierzu hat der Kläger über seine Bevollmächtigte sich erneut geäußert (Schriftsatz der Klägerbevollmächtigten vom 16/20.03.2015).
Mit richterlicher Verfügung vom 20.04.2015 sind die Beteiligten auf die Möglichkeit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hingewiesen worden und haben Gelegenheit zur Äußerung erhalten. Dem Kläger ist der Hinweis erteilt worden, dass die Auferlegung von Kosten nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGG in Betracht komme.
Der Senat hat die Verwaltungsakten der Beklagten und die Akte des SG beigezogen. Auf diese Unterlagen und die vor dem Senat angefallene Berufungsakte wird wegen weiterer Einzelheiten Bezug genommen.
II.
Gemäß § 153 Abs. 4 SGG kann der Senat nach vorheriger Anhörung der Beteiligten die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter des Senats einstimmig zum Ergebnis gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Die Beteiligten sind mit richterlicher Verfügung vom 20.04.2015 auf die in Betracht kommende Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG sowie deren Voraussetzungen hingewiesen worden und haben Gelegenheit erhalten, zur Sache und zum beabsichtigen Verfahren Stellung zu nehmen. Das Schreiben der Klägerbevollmächtigten vom 15.05.2015 gab keinen Anhalt für die Notwendigkeit einer mündlichen Verhandlung.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß den §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthaft und nach § 151 SGG zulässig, jedoch in vollem Umfang unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung der geltend gemachten Berufskrankheiten. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Das angefochtene klageabweisende Urteil des SG ist nicht zu beanstanden.
Das SG hat in der angefochtenen Entscheidung die für den Rechtsstreit maßgeblichen Rechtsvorschriften und Rechtsanwendungsgrundsätze vollständig und zutreffend dargestellt. Der Senat schließt sich nach eigener Überprüfung zur Begründung seiner Entscheidung den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils (Seite 5-7 des Urteilsabdrucks) insoweit an, auf die er zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug nimmt (§ 153 Abs. 2 SGG).
Aufgrund der Ermächtigung in § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII hat die Bundesregierung die BKV vom 31. Oktober 1997 (BGBl. I, S. 2623) erlassen, in der derzeit u.a. folgende als Berufskrankheit anerkannten Krankheiten aufgeführt sind:
Nr. 2108 Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.
Nr. 2109 Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Halswirbelsäule durch langjähriges Tragen schwerer Lasten auf der Schulter, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.
Diese rechtlichen Voraussetzungen liegen beim Kläger nicht vor.
Hinsichtlich der begehrten Verpflichtung auf Feststellung der BK Nr. 2108 ist zur Überzeugung des Senats bereits das Tatbestandsmerkmal des Unterlassens der bandscheibengefährdenden Tätigkeit nicht erfüllt. Der Kläger hat in seiner Erklärung vom 28.01.2015 angegeben, er sei weiterhin als selbstständiger Schreiner tätig, könne aber viele seiner früheren Tätigkeiten nicht mehr verrichten, da die Beschwerden jedes Jahr zunehmen würden. Er hat aber ebenfalls ausgeführt, es sei nicht zu vermeiden, dass man beim Tragen von Lasten wie Fenster oder Möbelteile durch enge Flure und Treppenhäuser müsse. Hierbei sei zu beachten, dass in den letzten Jahren fast nur noch Fenster und Haustüren mit Dreifachverglasung eingebaut werden. Das Gewicht habe sich um 50 % gegenüber den Fenstern mit Zweifachverglasung erhöht. Er hat deren Gewicht gegenüber Dr. H. mit "bis 50 kg" angegeben (Seite 6 des Gutachtens vom 20.07.2013). Damit hat der Kläger eingeräumt, dass er nach wie vor Lasten hebt und trägt. Es ist bereits fraglich, ob der nur mit seinem Sohn in seinem Unternehmen tätige Kläger überhaupt eine qualitative Einschränkung vorgenommen hat, da er Schreinerarbeiten nicht auf mehrere Mitarbeiter delegieren kann. Darüber hinaus ist eine lediglich quantitative oder zeitliche Einschränkung der wirbelsäulenbelastenden Tätigkeit nicht ausreichend, sondern das Tatbestandsmerkmal des Unterlassens ist erst dann erfüllt, wenn alle belastenden Tätigkeiten im vollem Umfang aufgegeben sind (vgl. BSG Urteil vom 22.08.2005 – 2 U 34/99 R –, juris). Ebenso wenig kommt es darauf an, dass keine schweren Lasten, die für die Entstehung einer Berufskrankheit erforderlich waren, mehr bewegt werden, sondern aufgegeben werden muss auch die Tätigkeit mit geringerer Trage- und Hebelast, die noch ausreichend ist, eine bereits bestehende Bandscheibenerkrankung wieder zu aktivieren. Auf die den Beteiligten bekannt gegebenen richterlichen Verfügungen vom 09.02.2015 und 20.04.2015 wird ergänzend verwiesen. Dass der Kläger diese Voraussetzungen erfüllt, ist seinem Vorbringen gerade nicht zu entnehmen, weshalb die BK Nr. 2108 bereits deshalb nicht beim Kläger festgestellt werden kann.
Darüber hinaus teilt der Senat die Auffassung des SG, dass sich aus dem überzeugenden Gutachten von Dr. H. ein hinreichend wahrscheinlicher Zusammenhang zwischen der beruflichen Belastung und der beim Kläger vorhandenen – zu seinen Gunsten einmal unterstellten bandscheibenbedingten – Erkrankung der LWS nicht herleiten lässt. Es ist für den Senat nicht im Sinne der Theorie der wesentlichen Bedingung hinreichend wahrscheinlich, dass die bei den beruflichen Verrichtungen des Klägers als Schreiner erfolgten Einwirkungen dessen Wirbelsäulenerkrankung verursacht haben.
In den am 04.08.2005 veröffentlichten Konsensempfehlungen der interdisziplinären Arbeitsgruppe "Medizinische Beurteilungskriterien bei den Berufskrankheiten der Lendenwirbelsäule" (Trauma und Berufskrankheit 3, 2005, S. 211 ff - Konsensempfehlungen -) entsprechen die im vollen Konsens aller Teilnehmer verabschiedeten Kriterien zur Überzeugung des Senats der gegenwärtigen herrschenden Meinung der Wissenschaft, welche der Senat daher in ständiger Rechtsprechung (vgl. stellvertretend Urteil des Senats vom 28.01.2011 - L 8 U 4946/08 -, juris, www.sozialgerichtsbarkeit.de) seiner Entscheidung zugrunde legt. Danach ist Grundvoraussetzung für die Anerkennung eines Ursachenzusammenhangs eine nachgewiesene bandscheibenbedingte Erkrankung, die ihrer Ausprägung nach altersuntypisch sein muss, bei ausreichender beruflicher Belastung mit plausibler zeitlicher Korrelation zur Entwicklung der bandscheibenbedingten Erkrankung (vgl. Konsensempfehlungen a.a.O., Nr. 1.4, S. 216). Eine Betonung der Bandscheibenschäden an den unteren drei Segmenten der Lendenwirbelsäule spricht eher für einen Ursachenzusammenhang der beruflichen Belastung, während ein Befall der Halswirbelsäule und/oder der Brustwirbelsäule je nach Fallkonstellation gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen kann. Für den Vergleich zwischen Lendenwirbelsäule und darüber gelegenen Wirbelsäulenabschnitten sind Chondrosen und Vorfälle maßgeblich (a.a.O.).
Nach diesen Maßstäben ist von Dr. H. insoweit auch übereinstimmend mit der Einschätzung des Beratungsarztes Dr. G. plausibel ausgeführt worden, dass die radiologisch gesicherten Strukturschäden an den Wirbelkörpersegmenten die gesamte Wirbelsäule des Klägers erfasst haben und eine belastungstypische degenerative Verteilung der Wirbelkörperveränderungen mit zunehmender Ausprägung von oben nach unten den bildgebenden Befunden gerade nicht zu entnehmen ist. Auch haben beide sich gutachterlich äußernde Ärzte insoweit in Übereinstimmung mit den Konsensempfehlungen darauf verwiesen, dass bereits die in der Lehrzeit des Klägers auftretenden LWS-Beschwerden für ein anlagebedingtes Wirbelsäulenleiden sprechen, denn eine langjährige Einwirkung von Hebe- und Tragelasten, was nach den epidemiologischen Untersuchungen Voraussetzung für belastungsbedingte Bandscheibenschäden ist und daher das tatbestandliche Erfordernis einer langjährigen Trage-/Hebebelastung begründet, konnte zu diesem Zeitpunkt noch nicht ursächlich geworden sein. Ob Bandscheibenschäden mit oder ohne Wurzelreizungen an der LWS durch berufsbedingte Belastung zusätzlich zu einer vorbestehenden anlagebedingten Wirbelsäulenerkrankung hinzugekommen sind, ist bei dieser Ausgangslage allenfalls spekulativ. Eine hinreichende Abgrenzung haben die sich gutachterlich äußernden Ärzte insoweit nicht vorgenommen oder aus fachlicher Sicht nicht vornehmen können. Hierauf kommt es aber letztlich auch nicht entscheidend an, da das Tatbestandsmerkmal des Unterlassens nicht erfüllt ist.
Hinsichtlich der Berufskrankheit Nr. 2109 verweist der Senat auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil, dass insoweit die tatbestandlich erforderliche Einwirkungskausalität nicht nachgewiesen ist. Dem schließt sich der Senat an. Ein langjähriges Tragen schwerer Lasten auf der Schulter in der überwiegenden Anzahl der Arbeitsschichten ist weder dem Vorbringen des Klägers zu entnehmen noch entspricht dies, worauf die Beklagte im angefochtenen Bescheid hingewiesen hat, dem typischen Tätigkeitsprofil eines Schreiners. In der Tätigkeitsbeschreibung des Klägers im Vordruck der Beklagten ist den Angaben des Klägers vom 28.04.2011 lediglich der Zeitraum der Beschäftigung von 1971-1979 zu entnehmen, bei denen Lasten mit 50 kg oder mehr auf der Schulter getragen worden sein sollen. Angaben zu der im Vordruck auch enthaltenen Frage über die Anzahl der Arbeitsschichten pro Jahr hat der Kläger jedoch nicht gemacht. Auch seinem späteren Vorbringen lässt sich nicht entnehmen, dass das Tragen von Lasten auf der Schulter in überwiegenden Anteilen der Arbeitsschichten in diesem Zeitraum vorgekommen wäre. Darüber hinaus hat die Beklagte für den Senat überzeugend darauf verwiesen, dass nach der von ihr veranlassten Auswertung üblicher Tätigkeitsprofile der Schreiner das Berufsbild nicht durch Tätigkeiten mit Tragen schwerer Lasten auf der Schulter geprägt ist.
Darüber hinaus steht zur Überzeugung des Senats fest, dass eine bandscheibenbedingte Erkrankung der HWS beim Kläger nicht zu diagnostizieren ist. Dies ergibt sich aus den überzeugenden Ausführungen im Gutachten von Dr. H ...
Nach der Rechtsprechung des Senats zur BK Nr. 2108 (vgl. u.a. Urteile des Senats vom 28.01.2011 - L 8 U 4946/08 -, juris, www.sozialgerichtsbarkeit.de und vom 26.10.2012 - L 8 U 4948/10 -, unveröffentlicht) sind unter bandscheibenbedingten Erkrankungen der Lendenwirbelsäule chronische oder chronisch wiederkehrende Beschwerden mit Funktionseinschränkungen der Lendenwirbelsäule zu verstehen, die ursächlich auf eine Bandscheibenschädigung zurückzuführen sind oder mit einer solchen in einer kausalen Wechselbeziehung stehen (vgl. BSG Urteil vom 31.05.2005, SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2; Brandenburg, BG 1993, 791/794). Den Tatbestand der BK nach Nr. 2108 der BKV erfüllen nur solche Schäden der Wirbelsäule, die sich als das Resultat einer langjährigen schädigenden Einwirkung auf die Lendenwirbelsäule darstellen. Ein morphologisch objektivierbares Schadenssubstrat ist daher zwingend erforderlich. Die ausgelösten degenerativen Prozesse - zu denen anlagebedingte Wirbelsäulenstörungen und Fehlhaltungen nicht gehören - finden sich in durch bildgebende Verfahren objektivierbaren Formen wieder, die auch gemeinsam auftreten können. Nach den Konsensempfehlungen ist zwischen Erkrankung und Bandscheibenschaden zu unterscheiden (der bildgebend dargestellte Bandscheibenschaden muss auch zu klinischen Beschwerden geführt haben, die eine Erkrankung verursachen, Konsensempfehlung Nr. 1.3). Eine Erkrankung erfordert daher nicht nur den Nachweis eines Bandscheibenschadens, sondern die Schädigung muss auch klinisch manifest geworden sein, d.h. Beschwerden hervorgerufen haben (vgl. BSG, Urteil vom 31.05.2005a.aO.).
Dieses Erfordernis einer Bandscheibenerkrankungen gilt gleichermaßen für die bandscheibenbedingte Erkrankung der HWS und ist nach den auch für den Senat überzeugenden Ausführungen von Dr. H. beim Kläger bis zum Zeitpunkt der Untersuchung durch den Sachverständigen nicht hinreichend sicher nachgewiesen. Die gelegentlich lokal auftretenden Beschwerden an der HWS sind nach den plausiblen Ausführungen von Dr. H. auf dem Boden altersüblicher diffuser degenerativer Veränderungen zwischen dem 5. und 7. Halswirbel zu erklären. Sie stehen in Verbindung mit einer Blockierung des 4. Halswirbels und lokalen Muskelverspannungen. Eine maßgebende Beteiligung eines Bandscheibenschadens ist weder dem radiologischen Bild noch den vorgelegten ärztlichen Behandlungsdokumentationen zu entnehmen. Eine Behandlung wegen bandscheibenbedingter HWS-Beschwerden ist nicht aktenkundig geworden. Der Kläger selbst hat im Vordruck der Beklagten auf die Frage, in welchem Bereich der Wirbelsäule traten die Beschwerden auf, von den Antwortalternativen lediglich die LWS angekreuzt (Angaben des Klägers vom 04.05.2011, Blatt 32-36 der Beklagtenakte). Die vorgelegten Arztbriefe der Rosentritt Klinik B. R. vom 19.04.2007 und der Universitätsklinik W. vom 11.12.2007 sowie das von der Beklagten eingeholte Vorerkrankungsverzeichnis der Techniker Krankenkasse vom 23.05.2011 enthalten keine Hinweise auf Erkrankungen an den Bandscheiben der HWS.
Weitere Ermittlungen von Amts wegen waren daher nicht zu veranlassen. Ein wirksamer Antrag nach § 109 SGG ist nicht gestellt worden. Der in der Berufungsbegründung (Schriftsatz der Klägerbevollmächtigten vom 02.10.2014) vorsorglich gestellte Antrag auf Einholung eines Gutachtens nach § 109 SGG von Prof. Dr. C. ist nach den seitens des Senats erfolgten Hinweisen nicht wiederholt worden. Hierzu hätte aber deshalb Anlass bestanden, weil in der richterlichen Verfügung vom 20.04.2015 einerseits von der Erledigung des Antrags nach § 109 SGG ausgegangen wurde im Hinblick auf den bisherigen Prozessverlauf und dem fehlenden Unterlassen der bandscheibenschädigenden Tätigkeit und andererseits der Hinweis auf die Möglichkeit der Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss erteilt worden ist. Binnen der darin gesetzten Äußerungsfrist ist der Antrag nicht wiederholt, sondern allein die Durchführung einer mündlichen Verhandlung angeregt worden (Schriftsatz der Klägerbevollmächtigten vom 15.05.2015).
Nach alledem hatte die Berufung des Klägers keinen Erfolg und sie war mit der Kostenentscheidung aus § 193 SGG zurückzuweisen.
Der Senat hat dem Kläger darüber hinaus Verschuldenskosten nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGG in Höhe von 225 EUR auferlegt. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht im Urteil oder, wenn das Verfahren anders beendet wird, durch Beschluss einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass der Beteiligte den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung oder -verteidigung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreits hingewiesen worden ist. Dem Beteiligten steht gleich sein Vertreter oder Bevollmächtigter. Als verursachter Kostenbetrag gilt dabei mindestens der Betrag nach § 184 Abs. 2 SGG für die jeweilige Instanz (§ 192 Abs. 1 Satz 2 und 3 SGG).
Abzustellen ist dabei auf die (objektivierte) Einsichtsfähigkeit eines vernünftigen Verfahrensbeteiligten und damit auf den "Einsichtigen" im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. hierzu stellvertretend BVerfG, Beschluss vom 11.10.2001, Az. 2 BvR 1271/01 m.w.N.). Es kommt nicht auf die konkrete subjektive Sicht des betroffenen Beteiligten an. Anders als beim Begriff des "Mutwillens", der bereits nach dem Wortlaut ein subjektives Element enthält, ist der Fassung des § 192 SGG zufolge, die er mit dem Sechsten Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes vom 17.08.2001 erhalten hat, für den Missbrauch nicht mehr erforderlich, dass der Beteiligte subjektiv weiß, die Rechtsverfolgung sei aussichtslos und er führe nun entgegen besserer Einsicht den Prozess weiter. Dies ergibt sich aus der Intention des Gesetzgebers, wie sie im Gesetzgebungsverfahren zu dem Sechsten Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes zum Ausdruck gekommen ist (BT-Drs. 14/5943, S. 28), der den § 192 SGG nach dem Vorbild des § 34 Abs. 2 BVerfGG gestalten wollte und für dessen Anwendung trotz seiner Überschrift im Fall des § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kein Verschulden des Betroffenen erforderlich ist (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteile des Senats vom 26.11.2010 - L 8 U 3211/10 -, vom 20.11.2009 - L 8 SB 1648/08 - und vom 28.11.2008 - L 8 AL 1799/07- unveröffentlicht sowie vom 20.05.2011 - L 8 SB 2762/10 -). Missbräuchlichkeit der Prozessführung ist anzunehmen, wenn das Begehren weiterverfolgt wird trotz offensichtlicher Aussichtslosigkeit (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage, § 192 Rdnr. 9).
Diese Voraussetzungen liegen vor. Der Kläger ist mit richterlicher Verfügung vom 20.04.2015 schriftlich auf die eindeutig fehlende Erfolgsaussicht seiner Berufung und auf die Möglichkeit der Verhängung von Verschuldenskosten wegen missbräuchlicher Prozessführung hingewiesen worden. Die Prozessführung des Klägers ist missbräuchlich, denn in dem Verfahren ist von keinem sich gutachterlich äußernden Arzt der berufliche Zusammenhang der vom Kläger geltend gemachten Wirbelsäulenbeschwerden bejaht worden. Der verständige Prozessbeteiligte würde bei dieser Sachlage die Aussichtslosigkeit des prozessualen Begehrens erkennen. Hinzu kommt, dass dem Kläger unabhängig von den medizinischen Voraussetzungen mit Aufklärungsverfügung vom 09.02.2015 das Fehlen des Tatbestandsmerkmals des Unterlassens der bandscheibenschädigenden Tätigkeiten dargelegt worden ist, und der Kläger entgegen seinem bisherigen Vorbringen durch seine Prozessbevollmächtigte mit Schreiben vom 16./20.03.2015 vortragen ließ, er könne nur noch ein paar Stunden am Tag arbeiten und er versuche überwiegend nur noch Büroarbeiten auszuüben, was im völligen Gegensatz zu seiner vorhergehenden Tätigkeitsschilderung vom 26.01.2015 steht. Danach war es gerade nicht zu vermeiden, dass er beim Tragen von Lasten wie Fenster und Möbelteile durch enge Flure und Treppenhäuser gehen müsse und dabei Fenster mit Dreifachverglasung tragen müsse. Das mit jeweils der Prozesslage angepasstem Vorbringen weiter verfolgte Klagebegehren ist unter Berücksichtigung dieser Umstände missbräuchlich, was dem Kläger in der Verfügung vom 20.04.2015 dargelegt worden ist. Es ist bei dem anwaltlich vertretenen Kläger auch nicht zu erkennen, dass er gehindert wäre, diese Einsicht zu gewinnen und danach zu handeln. Gleichwohl hat der Kläger seine Berufung weiter verfolgt und auf einem Urteil beharrt.
Unter Ausübung des ihm nach § 192 SGG eingeräumten Ermessens hält der Senat die Verhängung der vom Kläger hierdurch verursachten Kosten in Höhe der Mindestgebühr - wie angekündigt - nach § 192 Abs. 1 Satz 3 SGG für notwendig und auch angemessen. Daneben hat er die Hälfte der von Gesetzes wegen durch die Beklagte zu entrichtenden Pauschgebühr zu erstatten, denn nach § 186 Satz 1 SGG wäre die Pauschgebühr als regelmäßig anfallende Gerichtskosten bei einer Erledigung des Rechtsstreits ohne Urteil auf die Hälfte ermäßigt worden. Bei verständigem Handeln des Klägers wäre auch dieser Gerichtskostenanteil daher vermeidbar gewesen. Er ist somit vom Kläger in dieser Höhe der Beklagten zu erstatten (vgl. BSG, Urteil vom 27. April 1994 - 10 Rar 10/93 -, juris; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 29.04.2010 - L 12 AL 5449/09 -, juris und www.sozialgerichtsbarkeit.de; Leitherer in Meyer-Ladewig u.a., a.a.O., § 192 Rdnr. 13, 15). § 192 SGG i.d.F. ab 02.01.2002 ist eine Sonderregelung zu §§ 193 Abs. 4, 186 Abs.1 SGG und begründet auch einen Erstattungsanspruch des anderen Beteiligten (h.M., vgl. Leitherer, a.a.O. Rdnr 1a, 13 m.w.N.; a.A. Knittel in Hennig, SGG § 192 Rdnr. 16).]
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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BWB
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