L 10 U 2328/15 B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 17 U 1474/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 2328/15 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 05.05.2015 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt Prozesskostenhilfe für ein Klageverfahren wegen Verletztenrente.

Die am 1960 geborene Klägerin wurde bei ihrer versicherten Tätigkeit als Sortiererin am 28.02.2012 zwischen einem teilweise beladenen Rollbehälter und ihrem metallenen Arbeitstisch eingeklemmt. Die Klägerin arbeitete noch am 29.02.2012 und suchte wegen ausstrahlender Schmerzen im Bereich des Kreuzbeins am 01.03.2012 den D-Arzt Dr. W. auf, der röntgenologisch knöcherne Verletzungen des Kreuzbeins ausschloss, eine Kreuzbeinprellung diagnostizierte und Arbeitsunfähigkeit feststellte. Ab 21.05.2012 bescheinigte er Arbeitsfähigkeit. Vom 31.07. bis 20.08.2012 befand sich die Klägerin zulasten des Rentenversicherungsträgers in einer ganztägigen ambulanten medizinischen Rehablilitation im O. Klinikum. Dort gab sie an, seit langem immer wieder Kreuzschmerzen zu haben, seit dem Unfall verschlimmert und mit diffuser Ausstrahlung, wobei Krankengymnastik gut geholfen habe. Die Klägerin wurde arbeitsfähig und vollschichtig leistungsfähig für schwere Tätigkeiten, in allen Arbeitshaltungen und Schichtsystemen und ohne besondere Einschränkungen entlassen. Nachfolgend stellte sich die Klägerin wegen Beschwerden im Bereich der LWS bei Prof. Dr. V. vor, der Verspannungen und einen Druckschmerz feststellte, eine Lumboischialgie diagnostizierte, keinen Zusammenhang mit dem Unfall sah, aber eine Magnetresonanztomografie (MRT) empfahl. Dr. E. , bei dem die Klägerin seit November 2012 wegen Beschwerden im Schulter-Nackenbereich und ab September 2014 auch wegen Kreuzschmerzen in Behandlung stand, verneinte den von der Klägerin vermuteten Zusammenhang mit dem Unfall, nachdem die MRT von HWS und LWS den Nachweis ausschließlich degenerativer struktureller Veränderungen (Chondrose, Osteochondrose, Protrusionen) erbrachten.

Auf dieser Grundlage und unter Berücksichtigung beratungsärztlicher Stellungnahmen von Dr. V. (keine posttraumatischen Veränderungen in den MRT, Beschwerden ließen sich nicht dem Unfall zuordnen) lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 28.10.2014 und Widerspruchsbescheid vom 27.02.2015 die von der Klägerin beantragte Verletztenrente ab. Das hiergegen am 27.03.2015 angerufene Sozialgericht Freiburg hat mit Beschluss vom 05.05.2015 den Antrag auf Prozesskostenhilfe (PKH) mangels Erfolgsaussicht (kein Arzt habe einen ursächlichen Zusammenhang angenommen und Hinweise auf eine von der Klägerin angesprochene Fehlverarbeitung des Unfallgeschehens lägen nicht vor) abgelehnt. Hiergegen richtet sich die am 01.06.2015, insbesondere unter Hinweis auf den Amtsermittlungsgrundsatz, eingelegte Beschwerde.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, jedoch nicht begründet.

Gemäß § 73a des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in Verbindung mit § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Eine hinreichende Erfolgsaussicht liegt vor, wenn unter Berücksichtigung aller Umstände zumindest die Möglichkeit besteht, dass der Kläger mit seinem Begehren durchdringt.

Eine solche Möglichkeit des Obsiegens verneint auch der Senat. Wie das Sozialgericht gelangt auch der Senat zu der Auffassung, dass die Beschwerden der Klägerin nicht auf das Ereignis vom 28.02.2012 zurückgeführt werden können und somit auch kein Anspruch auf Verletztenrente besteht.

Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, haben nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente (§ 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nach § 56 Abs. 1 Satz 3 SGB VII nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern. Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII).

Dass und aus welchen Gründen die Klage keine Erfolgsaussicht hat, hat das Sozialgericht im angefochtenen Beschluss zutreffend dargelegt. Der Senat weist die Beschwerde gemäß § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück. Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die Klägern schon vor dem Ereignis vom 28.02.2012 an Rückenbeschwerden litt, was sie anlässlich der ganztägigen ambulanten medizinischen Rehablilitation im O. Klinikum im Rahmen der Anamnese selbst angab. Soweit dort als Angabe der Klägerin eine Verschlimmerung der vorbestehenden Beschwerden mit diffuser Ausstrahlung seit dem Ereignis vom 28.02.2012 dokumentiert ist, besserte sich dieser Zustand durch die Rehabilitation. Denn im Rahmen der Abschlussuntersuchung wurde - ausdrücklich - keine Ausstrahlung beschrieben. Sollte es somit - wofür allerdings keine, dies tragenden Befunde angeführt werden können - durch das Ereignis vom 28.02.2012 zu einer Verschlimmerung eines vorbestehenden Beschwerdezustandes in Form der von der Klägerin angegebenen Ausstrahlung gekommen sein, wäre dies nur vorübergehend gewesen und deshalb - da nicht über die 26. Woche hinaus andauernd - keine Grundlage für einen Anspruch auf Verletztenrente. Im Übrigen wurde die Klägerin aus der Rehabilitation arbeitsfähig und vollschichtig leistungsfähig für schwere Tätigkeiten, in allen Arbeitshaltungen und Schichtsystemen und ohne besondere Einschränkungen entlassen. Eine rentenrelevante MdE ließe sich damit - unabhängig von jedweden Kausalitätserwägungen - ohnehin nicht begründen.

Soweit es in der Folge, nach Ende der Rehabilitation, zu erneuten Verschlechterungen der Beschwerdesituation gekommen sein sollte, lässt sich ein ursächlicher Zusammenhang mit dem Ereignis vom 28.02.2015 nicht herstellen. Durch die von der HWS und der LWS angefertigten MRT wurden - so Dr. V. und der Bericht des Radiologen Dr. B. in Bezug auf die HWS - keine posttraumatischen Veränderungen festgestellt. Dies bedeutet, dass es durch das Ereignis vom 28.02.2012 nicht zu strukturellen Schädigungen der LWS oder gar HWS kam. In Bezug auf die HWS kommt hinzu, dass insoweit schon eine Betroffenheit durch das Ereignis vom 28.02.2012 nicht erkennbar ist. Dr. W. hat keinen Anlass gesehen, insoweit einen Erstbefund zu erheben. Dies - das Fehlen eines auf eine traumatische Betroffenheit der Körperstelle hindeutenden medizinischen Befundes zeitnah zum Ereignis - kann auch durch die Aussage der Tochter der Klägerin über von der Klägerin nach dem Ereignis vom 28.02.2012 angegebene Beschwerden nicht ersetzt werden. Vielmehr zeigten sich in den MRT allein degenerative, also nichttraumatische Veränderungen in Form einer Fehlhaltung der HWS und Protrusionen bzw. einer Chondrose, Osteochondrose und Protrusion im Bereich der LWS. Entsprechend haben - worauf das Sozialgericht hingewiesen hat - Prof. Dr. V. und Dr. E. sowie Dr. V. jeglichen ursächlichen Zusammenhang zwischen den Beschwerden der Klägerin und dem Ereignis vom 28.02.2012 verneint.

Bei dieser Sachlage besteht - auch wenn die Klägerin einen ursächlichen Zusammenhang behauptet - kein Anlass zu weiterer Sachaufklärung. Zwar erforscht das Gericht den Sachverhalt gemäß § 103 Satz 1 SGG von Amts wegen. Indessen führt dies nicht dazu, dass allein wegen der durch keine Tatsachen belegbaren Behauptungen der Klägerin eine Sachaufklärung durchzuführen, insbesondere ein Gutachten einzuholen wäre (s. hierzu Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage, § 103 Rdnr. 4 m.w.N. zur Rechtsprechung). Dies gilt in Bezug auf die Beschwerden seitens HWS und LWS, aber auch für die Spekulation einer Fehlverarbeitung des Unfallgeschehens.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 73a SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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