Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 7 R 3741/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 1732/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufungen der Kläger gegen die Urteile des Sozialgerichts Ulm vom 14.03.2014 werden zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über den sozialversicherungsrechtlichen Status des Klägers Nr. 2 (Beigeladener des Klageverfahrens S 7 R 3741/11) - noch - während der Zeit vom 01.01.2011 bis 31.03.2014.
Die Klägerin Nr. 1 (Beigeladene des Klageverfahrens S 7 R 3740/11), ein als GmbH verfasstes Unternehmen mit dem Unternehmensgegenstand "Betrieb einer Internetagentur und einer Werbeagentur und Durchführung von EDV-Schulungen", wurde am 13.10.2010 gegründet. Das Stammkapital beträgt 25.000 EUR. Gesellschafter der GmbH sind (ursprünglich - bis März 2014) der (1972 geborene) Kläger Nr. 2 - gelernter Ingenieur - mit einem Kapitalanteil von 48 % (12.000 EUR), sowie die Herren F. S. und V. T. mit Kapitalanteilen von 48 % (12.000 EUR) bzw. von 4 % (1.000 EUR) gewesen. Der Gesellschaftsvertrag der Klägerin Nr. 1 enthält u.a. folgende Regelungen:
IV. Geschäftsführung, Vertretung 1. Die Gesellschaft hat einen oder mehrere Geschäftsführer. Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, so wird die Gesellschaft durch jeweils zwei von ihnen oder einem von ihnen in Gemeinschaft mit einem Prokuristen vertreten ... 2. Durch Gesellschafterbeschluss kann allen oder einzelnen Geschäftsführern Einzelvertretungsbefugnis und/oder Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB erteilt werden. 3. Rechte und Pflichten der Geschäftsführer ergeben sich aus dem Gesetz, dem Anstellungsvertrag und den von den Gesellschaftern gegebenen Anweisungen ...
VI. Veräußerung, Belastung, Vererbung von Geschäftsanteilen 1. Die Veräußerung oder Belastung von Geschäftsanteilen ist nur mit Zustimmung der Gesellschaft zulässig. Zur Erteilung der Zustimmung bedarf der Geschäftsführer im Innenverhältnis eines zustimmenden Beschlusses der Gesellschafterversammlung ...
X. Gesellschafterbeschlüsse ... 3. Abgestimmt wird nach Geschäftsanteilen. Jede Euro eines Geschäftsanteils gewährt eine Stimme. Beschlüsse werden mit einfacher Mehrheit gefasst, sofern nicht das Gesetz oder dieser Gesellschaftsvertrag eine höhere Mehrheit vorschreiben. Beschlüsse über die Änderung des Gesellschaftsvertrages oder die Auflösung der Gesellschaft bedürfen einer Dreiviertelmehrheit der abgegebenen Stimmen.
Der Kläger Nr. 2 ist ab Gründung der Klägerin Nr. 1 - neben Herrn F. S. - zum alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer der GmbH bestellt worden. Der am 01.01.2011 aufgenommenen (und im Juli 2014 beendeten) Tätigkeit des Klägers Nr. 2 hat der Geschäftsführer-Anstellungsvertrag vom 01.01.2011 zugrunde gelegen. Dieser hat u.a. folgende Regelungen enthalten:
§ 1 Aufgaben und Pflichten (1) Der Geschäftsführer (Kläger Nr. 2) führt die Geschäfte der Gesellschaft und hat die verantwortliche Leitung und Überwachung des gesamten Geschäftsbetriebs nach Maßgabe der Gesetze, des Gesellschaftsvertrages, der Beschlüsse der Gesellschafterversammlung und einer etwaigen Geschäftsordnung für die Geschäftsführung. Unabhängig von einem durch Beschluss der Gesellschafterversammlung oder einer etwaigen Geschäftsordnung begründeten Geschäftsverteilung (§ 1 Abs. 5) obliegen dem Geschäftsführer, ggf. gemeinsam mit den weiteren Geschäftsführern die Leitung und Überwachung der Gesellschaft im Ganzen ... (7) Die Gesellschaft hat als weiteren Geschäftsführer Herrn F. S. bestellt. Die Geschäftsverteilung der Geschäftsführer untereinander: Kläger Nr. 2 Organisation, Personalwesen, Vertrieb Herr S. Organisation, technische Entwicklung, Vertrieb.
§ 2 Vertretung und Geschäftsführung (1) Der Geschäftsführer vertritt die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich. (2) Der Geschäftsführer führt die Geschäfte der Gesellschaft im Umfang der ihm durch Beschluss der Gesellschafterversammlung erteilten und in der Vorbemerkung genannten Vertretungsberechtigung. (3) Der Geschäftsführer bedarf für alle Geschäfte und Maßnahmen, die über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb der Gesellschaft hinausgehen, der Zustimmung der Gesellschafterversammlung. (4) Genehmigungen zur Abtretung von Geschäftsanteilen darf der Geschäftsführer nur aufgrund des Gesellschaftsvertrages oder dazu ermächtigender Gesellschafterbeschlüsse vornehmen ... (5) Die Gesellschafterversammlung ist unabhängig von § 1 Abs. 8 (gemeint wohl: Abs. 7) jederzeit berechtigt, die Vertretungsbefugnis des Geschäftsführers zu beschränken, zu erweitern oder zu ergänzen, ohne dass dies auf die übrigen Bestimmungen dieses Vertrages einen Einfluss hat ... § 4 Arbeitszeit Der Geschäftsführer ist an eine bestimmte Arbeitszeit nicht gebunden. Die Arbeitszeit richtet sich vielmehr nach den betrieblichen Erfordernissen und ist vom Geschäftsführer frei und eigenverantwortlich zu gestalten ... § 7 Bezüge (1) Der Geschäftsführer erhält für seine Tätigkeit ein festes Monatsgehalt von 3000 EUR brutto, dass jeweils am Monatsletzten zu zahlen ist. (2) Ferner erhält der Geschäftsführer für seine Tätigkeit eine Tantieme. Deren Höhe und Bedingungen richten sich nach einer gesonderten "Tantieme-Vereinbarung des Geschäftsführers", die in ihrer jeweiligen Fassung Bestandteil dieses Vertrages ist. (3) Eine Vergütung von Überstunden, Sonn-, Feiertags- und sonstiger Mehrarbeit erfolgt nicht.
§ 8 Vergütungsfortzahlung (1) Bei einer vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit des Geschäftsführers, die durch Krankheit oder einen von ihm nicht zu vertretenden Grund eintritt, werden ihm die Bezüge nach § 8 Abs. 1 (gemeint wohl: § 7Abs. 1) sechs Monate, längstens aber bis zur Beendigung des Dienstverhältnisses fortgezahlt. Der Geschäftsführer muss sich auf diese Zahlungen anrechnen lassen, was er von Kassen oder Versicherungen an Krankengeld, Krankentagegeld oder Rente erhält, soweit die Leistungen nicht ausschließlich auf seinen Beiträgen beruhen. (2) Dauert die Verhinderung länger als sechs Kalendermonate an, so entfällt ein Tantiemenanspruch (§ 8 Abs. 2, gemeint wohl: § 7 Abs. 2) mit Ablauf des sechsten vollen Kalendermonats zeitanteilig ...
§ 9 Spesen, Aufwendungsersatz (1) Trägt der Geschäftsführer im Rahmen seiner ordnungsgemäßen Geschäftsführertätigkeit Kosten und Aufwendungen, so werden ihm diese von der Gesellschaft erstattet, sofern der Geschäftsführer die Geschäftsführungs- und Betriebsbedingtheit belegt hat oder sie offenkundig ist. (2) Die Gesellschaft ersetzt dem Geschäftsführer seine Reisespesen nach den jeweils steuerlich zulässigen Höchstsätzen. Der Geschäftsführer muss seine Auslagen belegen können, soweit üblicherweise Belege erteilt werden. Im Übrigen reichen Eigenbelege aus.
... § 11 Urlaub (1) Der Geschäftsführer hat Anspruch auf einen bezahlten Erholungsurlaub von 30 Arbeitstagen im Kalenderjahr ... (3) Der Geschäftsführer hat den Zeitpunkt des Urlaubs mit anderen Geschäftsführern und der Gesellschafterversammlung abzustimmen ...
§ 12 Vertragsdauer (1) Dieser Vertrag wird auf unbestimmte Dauer abgeschlossen. Vertragsbeginn ist der 1. Januar 2011. Ab diesem Zeitpunkt beginnt die Tätigkeit des Geschäftsführers.
§ 13 Kündigung (1) Dieser Vertrag kann von jeder Vertragspartei unter Einhaltung einer Frist von sechs Monaten zum Ende des Kalendervierteljahres gekündigt werden ...
Am 09.11.2010 stellte die Klägerin Nr. 1 bei der Beklagten einen Statusfeststellungsantrag gem. § 7a Abs. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) Viertes Buch (SGB IV); es solle festgestellt werden, dass der Kläger Nr. 2 die seit 01.01.2011 ausgeübte Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin Nr. 1 nicht im Rahmen eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses verrichtet. Die Klägerin Nr. 1 gab an, der Kläger Nr. 2 könne seine Tätigkeit frei bestimmen und gestalten und unterliege weder hinsichtlich des Ortes, der Zeit noch der Art seiner Tätigkeit einem Weisungsrecht der Gesellschaft; die regelmäßige tarifliche wöchentliche Arbeitszeit betrage 40 Stunden. Seine Arbeit hänge nur von den betrieblichen Erfordernissen ab. Der Kläger Nr. 2 dürfe Personal selbständig einstellen und entlassen. Urlaub sei nicht genehmigungspflichtig. Der Kläger Nr. 2 sei vor Gründung der Klägerin Nr. 1 selbständig erwerbstätig gewesen. Weitere Tätigkeiten neben der Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin Nr. 1 übe er nicht aus. Über Sonderrechte zur Herbeiführung oder Verhinderung von Gesellschafterbeschlüssen verfüge der Kläger Nr. 2 nicht. Bürgschaften oder Darlehen habe er der GmbH nicht gewährt. Der Kläger Nr. 2 sei neben Herrn F. S. (unter Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot des § 181 BGB) zum alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer bestellt und für den Geschäftsbereich Organisation, Personal und Vertrieb zuständig. Von der Vergütung des Klägers Nr. 2 werde Lohnsteuer abgeführt und sie werde als Betriebsausgabe (nicht als Gewinn-Vorwegentnahme) gebucht. Eine Gewinnbeteiligung bestehe nicht; Tantiemen würden nicht gezahlt.
In Anhörungsschreiben vom 22.03.2011 kündigte die Beklagte an, sie beabsichtige festzustellen, dass der Kläger Nr. 2 seine Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin Nr. 1 (seit 01.01.2011) im Rahmen eines zu allen Zweigen der Sozialversicherung versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ausübt. Der Kläger Nr. 2 könne als Minderheitengesellschafter mit einem Kapitalanteil von 48 % keinen maßgebenden Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft ausüben.
Die Kläger trugen hierauf vor, bis Ende 2010 habe man das Unternehmen als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) betrieben. Die Errichtung der GmbH habe nur haftungsrechtliche Gründe; ansonsten sei alles unverändert geblieben. Für die Feststellung einer selbständigen Erwerbstätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer sei ein Kapitalanteil von 50 % nicht zwingend erforderlich. Der Kläger Nr. 2 könne sein Geschäftsführergehalt ggf. gemeinsam mit Herrn F. S. nach Maßgabe des Geschäftserfolgs der GmbH anpassen.
Mit an beide Kläger gerichteten Bescheiden vom 14.04.2011 stellte die Beklagte fest, dass der Kläger Nr. 2 seine am 01.01.2011 aufgenommene Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin Nr. 1 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübt; seit Beginn der Tätigkeit bestehe Versicherungspflicht zur Kranken-, Pflege, Renten- und Arbeitslosenversicherung. Zur Begründung führte die Beklagte aus, mit einem Kapitalanteil von (nur) 48 % könne der Kläger Nr. 2 die Geschicke der Klägerin Nr. 1 nicht maßgeblich beeinflussen. Über Vetorechte oder eine Sperrminorität verfüge er nicht. Er trage auch kein den sozialversicherungsrechtlichen Status wesentlich prägendes Unternehmerrisiko, erhalte vielmehr ein vom Geschäftserfolg der GmbH unabhängiges monatliches Festgehalt von 3.000 EUR für seine durch Arbeitsvertrag mit typischen Arbeitnehmerrechten (Urlaubsanspruch, Spesenregelung, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall) geregelte Arbeitsleistung. Weitgehend weisungsfreies Arbeiten sei auch für angestellte Geschäftsführer üblich. Die Gewinnbeteiligung des Klägers Nr. 2 und die Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB änderten am Gesamtbild einer abhängigen Beschäftigung nichts.
Am 09.05.2011 legten die Kläger Widerspruch ein. Am 20.05.2011 beschloss die Gesellschafterversammlung der Klägerin Nr. 1 eine Änderung des Gesellschaftsvertrags. Die Änderung wurde am 25.05.2011 in das Handelsregister eingetragen. In den Gesellschaftsvertrag wurde unter X Nr. 3 folgende Regelung aufgenommen:
Folgende Rechtsgeschäfte oder Rechtshandlungen bedürfen stets eines vorher gefassten zustimmenden Gesellschafterbeschlusses, der zudem der Zustimmung von Herrn. R. S. (Kläger Nr. 2) und Herrn F. S. bedarf, sofern diese mit einem Geschäftsanteil von wenigstens 2.500 EUR an der Gesellschaft beteiligt sind:
a) Erwerb, Veräußerung und Belastung von Grundstücken, grundstücksgleichen Rechten und Rechten an solchen; b) Erwerb anderer Unternehmen oder Übernahme oder Veräußerung wesentlicher Beteiligungen; c) Errichtung und Aufhebung von Zweigniederlassungen; d) Bestellung und Abberufung von Prokuristen; e) Abschluss und Auflösung von Dienstverträgen; f) Abschluss und Auflösung von Miet-, Pacht- und Leasingverträgen mit einer Dauer von mehr als einem Jahr; g) Eingehen von Bank- und Wechselverbindlichkeiten; h) Führung von Prozessen; i) Eingehen von Bürgschaften; j) Eingehen von Verbindlichkeiten von mehr als 5.000 EUR; k) Annahme von Aufträgen mit Auftragswerten von mehr als 30.000 EUR; l) Alle Geschäfte, die über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb der Gesellschaft hinausgehen.
Zur Begründung der Widersprüche wurde vorgetragen, der Tätigkeit des Kläger Nr. 2 liege kein Arbeitsvertrag, sondern ein Geschäftsführer-Dienstvertrag zugrunde. Der Kläger Nr. 2 arbeite weisungsfrei. Die Zahl der Urlaubstage habe man nur festgelegt, um die Leitung des Unternehmens sicherzustellen; der Urlaub sei nicht genehmigungspflichtig. Der Kläger Nr. 2 sei unter Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot des § 181 BGB zur Alleinvertretung der Klägerin Nr. 1 befugt. Im Hinblick auf seine Unternehmensbeteiligung trage er ungeachtet des regelmäßig gezahlten Festgehalts auch ein Unternehmerrisiko. Auch wenn eine Nachschusspflicht nicht bestehe, sei der Kläger Nr. 2 wegen der Höhe seines Kapitalanteils faktisch gezwungen, bei Krisensituationen Kapital nachzuschießen, und er könne beim Untergang der Klägerin Nr. 1 das eingelegte Kaptal verlieren. Der Kläger Nr. 2 übe maßgeblichen Einfluss auf die Geschäftstätigkeit der Klägerin Nr. 1 aus. Seit Gründung der GmbH bestehe unter den Gesellschaftern Einigkeit darüber, wichtige Entscheidungen nicht ohne Konsens zwischen dem Kläger Nr. 2 und Herrn F. S. zu treffen. Man habe diese von Anfang an geübte Praxis mittlerweile auch im Gesellschaftsvertrag festgeschrieben. Daraus folge eine Sperrminorität des Klägers Nr. 2 für alle relevanten Beschlüsse und er könne entsprechende Entscheidungen ggf. verhindern.
Mit Widerspruchsbescheiden vom 11.10.2011 wies die Beklagte die Widersprüche zurück. Zur Begründung führte sie ergänzend aus, der Kläger Nr. 2 werde durch die Änderung des Gesellschaftsvertrags zum 20.05.2012 zwar in die Lage versetzt, die Unternehmenspolitik der GmbH zu beeinflussen, er könne jedoch aus eigener Kraft Beschlüsse, die sein Arbeitsverhältnis benachteiligen würden, nicht verhindern, da insoweit keine Sperrminorität vorliege. Auch liege ein hinreichendes Unternehmerrisiko nicht vor. Deshalb bleibe es beim Gesamtbild einer abhängigen Beschäftigung.
Am 11.11.2011 erhoben die Kläger Klage beim Sozialgericht Ulm (Verfahren S 7 R 3741/11 und S 7 R 3740/11). Zur Begründung trugen sie ergänzend zu ihrem Vorbringen im Widerspruchsverfahren vor, der Kläger Nr. 2 und Herr F. S. hätten etwa 90 % der Sachwerte als private Einlagen in das Unternehmen eingebracht. Der Kläger Nr. 2 habe der Klägerin Nr. 1 Büromaschinen, Computer, Büroeinrichtungen und einen Geschäftswagen im Wert von 15.380 EUR, Herr. F. S. habe Gegenstände im Wert von 13.520 EUR zur Verfügung gestellt. Mit dem durch Änderung des Gesellschaftsvertrags eingeführten Vetorecht könne der Kläger Nr. 2 auch als Minderheitsgesellschafter jedenfalls alle wichtigen Entscheidungen frei von Weisungen beeinflussen. Die dadurch begründete Sperrminorität sei derart weitreichend, dass eine Weisungsgebundenheit des Klägers Nr. 2 nicht (mehr) bestehe. Der Kläger Nr. 2 übe seine Geschäftsführertätigkeit eigenverantwortlich und weisungsfrei aus. Er kümmere sich um die Personalangelegenheiten, Herr F. S. kümmere sich um die Technik. Das Festgehalt des Klägers Nr. 2 habe sich an den Ergebnissen der langjährigen Zusammenarbeit in der vormaligen GbR orientiert. Der Sache nach handele es sich insoweit um Vorauszahlungen (auf die Tantiemen), die dem jeweiligen Geschäftsverlauf angepasst würden. Der im Geschäftsführer-Dienstvertrag festgelegte Urlaubsanspruch habe nur deklaratorische Bedeutung. Urlaubslisten würden nicht geführt und man habe im Durchschnitt nur etwa 15 Tage im Jahr Urlaub genommen.
Die Beklagte trug vor, auch das durch Änderung des Gesellschaftsvertrags für Unternehmensentscheidungen festgelegte Vetorecht eröffne dem Kläger Nr. 2 keinen maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke des Unternehmens. Seine Rechtsstellung im Hinblick auf die Abwehr von Weisungen, die die Geschäftsführertätigkeit beträfen, habe sich dadurch nicht wesentlich geändert (vgl. etwa BSG, Urt. v. 24.09.1992, - 4 Rar 12/92 -).
Mit Urteilen vom 14.03.2014 wies das Sozialgericht die Klagen ab. Zur Begründung führte es aus, die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig; hinsichtlich der streitigen Tätigkeit des Klägers Nr. 2 ergebe sich das Gesamtbild einer abhängigen Beschäftigung bei der Klägerin Nr. 1. Der Kläger Nr. 2 sei, wie aus den vorliegenden Vereinbarungen hervorgehe, weisungsgebunden. Aufgrund seiner gesellschaftsrechtlichen Stellung sei es ihm nicht möglich, Entscheidungen der Klägerin Nr. 1 allein zu bestimmen oder Weisungen der Gesellschafterversammlung im Hinblick auf seine Tätigkeit zu verhindern. Gesellschafterbeschlüsse würden nach Maßgabe des Gesellschaftsvertrages mit einfacher Mehrheit gefällt, wobei 1 EUR Kapitalanteil eine Stimme gewähre. Der Kläger Nr. 2, der nur über einen Kapitalanteil von 48 % verfüge, könne daher von den beiden anderen Gesellschaftern überstimmt werden. Dass der Kläger Nr. 2 seit der Änderung des Gesellschaftsvertrages im Mai 2011 bestimmte wichtige Entscheidungen verhindern könne, ändere am Gesamtbild seiner Tätigkeit nichts Wesentliches. Die im geänderten Gesellschaftsvertrag festgelegte Sperrminorität sei nicht umfassend, gelte insbesondere nicht für Weisungen der Gesellschafterversammlung hinsichtlich der Tätigkeit des Klägers Nr. 2; hierfür sei ihm ein Vetorecht nicht eingeräumt. Nach wie vor müsse der Kläger Nr. 2 nach § 1 Abs. 1 seines Anstellungsvertrags Beschlüssen der Gesellschafterversammlung Folge leisten. Ob das Weisungsrecht in der Unternehmenspraxis auch tatsächlich ausgeübt werde und es hierfür Anlass gegeben habe, sei unerheblich. Der Kläger Nr. 2 habe durchaus einen beachtlichen eigenständigen Handlungsspielraum erhalten und er sei hinsichtlich des Orts, der Zeit und der Art seiner Tätigkeit auch in der Vergangenheit praktisch frei gewesen. Das habe an den für seine Tätigkeit geltenden rechtlichen Vorgaben aber nichts geändert. Diese seien nach der Rechtsprechung des BSG für den sozialversicherungsrechtlichen Status maßgeblich. Für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung spreche auch die Vereinbarung eines Urlaubsanspruchs, eines Festgehalts sowie der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für sechs Monate. Ein die Tätigkeit des Klägers Nr. 2 wesentlich prägendes Unternehmerrisiko sei nicht erkennbar. Der Kläger Nr. 2 habe in seiner Funktion als Geschäftsführer der Klägerin Nr. 1 lediglich seine Arbeitskraft einzubringen und sei hierfür finanziell gut abgesichert. Das aus der Stellung als Gesellschafter der Klägerin Nr. 1 folgende Risiko des Klägers Nr. 2 sei ebenso wie das Einbringen von Sacheinlagen im Wert von 15.000 EUR nicht von Belang. Dieses Risiko treffe ihn als Gesellschafter, nicht jedoch in seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der Klägerin Nr. 1; nur Letzteres sei Gegenstand der statusrechtlichen Prüfung. Für das Vorliegen einer selbständigen Erwerbstätigkeit spreche zwar die Gewährung einer erfolgsabhängigen Vergütung zusätzlich zum monatlichen Festgehalt von 3.000 EUR und die Befreiung des Klägers Nr. 2 vom Selbstkontrahierungsverbot des § 181 BGB. Insgesamt überwögen aber die für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Gesichtspunkte.
Auf die ihnen am 21.03.2014 zugestellten Urteile haben die Klägerin Nr. 1 und der Kläger Nr. 2 am 16.04.2014 Berufung eingelegt (Verfahren L 5 R 1732/14 und L 5 R 1738/14). Mit Beschluss vom 19.05.2014 hat der Senat beide Rechtsstreitigkeiten unter dem Aktenzeichen L 5 R 1732/14 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Die in dem Klageverfahren beschlossenen Beiladungen wurden aufgehoben.
Die Kläger bekräftigen ihr bisheriges Vorbringen. Da die Beklagte auf den Status des Klägers Nr. 2 als Minderheitengesellschafter abgestellt habe, sei der Gesellschaftsvertrag zum 20.05.2011 geändert und eine Sperrminorität festgelegt worden. Diese erfasse alle Geschäfte, die über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb hinausgingen (vgl. hierzu LSG Bayern, Urt. v. 16.07.2014, - L 16 R 851/13 -). Auch die Auflösung von Dienstverträgen, und damit die Auflösung des Geschäftsführer-Anstellungsvertrages des Klägers Nr. 2, sei der Sperrminorität unterworfen. Die Regelungen hinsichtlich der Sperrminorität bedeuteten im Umkehrschluss, dass der Kläger Nr. 2 für Geschäfte und Maßnahmen des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs keinen Weisungen der Gesellschafterversammlung unterliege; das sei in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht auch unstreitig gestellt worden.
Der Gesellschafter V. T. habe seinen Kapitalanteil von 1.000 EUR am 19.03.2014 jeweils zur Hälfte auf den Kläger Nr. 2 und den Gesellschafter F. S. übertragen. Die beiden verbleibenden Gesellschafter hielten damit Kapitalanteile von je 12.500 EUR (50 % des Stammkapitals von 25.000 EUR). Außerdem habe man den Gesellschaftsvertrag (ebenfalls) am 19.03.2014 (erneut) geändert. Beschlüsse der Gesellschafterversammlung müssten seitdem einstimmig gefasst werden.
Die Kläger haben (u.a.) die aktuelle Fassung des Gesellschaftsvertrags vorgelegt. Dieser enthält unter "X Gesellschafterbeschlüsse" (u.a.) folgende Regelung:
... 2. Die Gesellschafterversammlung ist beschlussfähig, wenn 100 % des Stammkapitals anwesend bzw. vertreten sind. 3. Abgestimmt wird nach Geschäftsanteilen. Jeder Euro eines Geschäftsanteils gewährt eine Stimme. Beschlüsse werden einstimmig gefasst ... Die Änderung des Gesellschaftsvertrags ist am 19.03.2014 zur Eintragung im Handelsregister angemeldet worden.
Die Kläger haben außerdem mitgeteilt, der Kläger Nr. 2 sei seit 22.07.2014 nicht mehr Geschäftsführer der Klägerin Nr. 1
In der mündlichen Verhandlung des Senats vom 20.05.2015 haben die (Haupt-)Beteiligten einen (Teil-)Vergleich geschlossen. Die Beklagte hat die angefochtenen Bescheide abgeändert und festgestellt, dass der Kläger Nr. 2 die Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin Nr. 1 ab dem 01.04.2014 nicht im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübt und er deswegen in dieser Tätigkeit nicht der Versicherungspflicht zu den Zweigen der Sozialversicherung unterliegt. Die (Haupt-)Beteiligten haben den Streitgegenstand des Berufungsverfahrens demzufolge auf die Zeit vom 01.01.2011 bis 31.03.2014 beschränkt.
Die Kläger beantragen (noch),
die Urteile des Sozialgerichts Ulm vom 14.03.2014 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 14.04.2011 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 11.10.2011 sowie der in der mündlichen Verhandlung des Senats vom 20.05.2015 erlassenen (Änderungs-)Bescheide zu verurteilen festzustellen, dass der Kläger Nr. 2 die bei der Klägerin Nr. 1 ausgeübte Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer (auch) während der Zeit vom 01.01.2011 bis 31.03.2014 nicht im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses verrichtet und er in dieser Tätigkeit daher während der genannten Zeit nicht der Versicherungspflicht zu allen Zweigen der Sozialversicherung unterlegen hat.
Die Beklagte beantragt,
die Berufungen zurückzuweisen.
Die übrigen Beteiligten stellen keinen Antrag.
Die Beklagte hält die angefochtenen Urteile (hinsichtlich der noch streitigen Zeit) für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I. Die Berufungen der Kläger sind gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch sonst zulässig.
Streitgegenstand ist die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung der Tätigkeit des Klägers Nr. 2 als Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin Nr. 1 (nur noch) hinsichtlich der Zeit vom 01.01.2011 bis zum 31.03.2014. Mit der Übernahme des Kapitalanteils des (aus der GmbH ausgeschiedenen) Gesellschafters V. T. durch den Kläger Nr. 2 und Herrn F. S. und der gleichzeitigen Änderung des Gesellschaftsvertrags kommt ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis des Klägers Nr. 2 bei der Klägerin Nr. 1 ab 01.04.2014 nicht mehr in Betracht. Der Kläger Nr. 2 ist seitdem - wie sein Mitgesellschafter F. S. - nämlich zu 50 % am Stammkapital der GmbH beteiligt und (alle) Beschlüsse der Gesellschafterversammlung werden einstimmig gefasst. Die Beklagte hat dieser Änderung des Sachverhalts Rechnung getragen und die angefochtenen Bescheide in der mündlichen Verhandlung des Senats vom 20.05.2015 entsprechend abgeändert. Die (Haupt-)Beteiligten haben sich im Hinblick darauf geeinigt und den Streitgegenstand des Berufungsverfahrens auf die Zeit vom 01.01.2011 bis 31.03.2014 beschränkt.
II. Die Berufungen der Kläger sind nicht begründet. Die Beklagte hat zu Recht festgestellt, dass der Kläger Nr. 2 in der bei der Klägerin Nr. 1 ausgeübten Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer während der noch streitigen Zeit vom 01.11.2011 bis 31.03.2014 der Versicherungspflicht zu allen Zweigen der Sozialversicherung unterlegen hat.
1.) Die angefochtenen Bescheide sind formell rechtmäßig. Die Beklagte war zu ihrem Erlass gem. § 7a Abs. 1 Satz 3 SGB IV sachlich zuständig und die Bescheide sind auch hinreichend bestimmt und beschränken sich nicht auf eine unzulässige Feststellung von Elementen eines Rechtsverhältnisses.
Gem. § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Über den Antrag entscheidet abweichend von § 28h Abs. 2 SGB IV die Deutsche Rentenversicherung Bund (§ 7a Abs. 1 Satz 3 SGB IV). Die Klägerin Nr. 1 hat sich für das (fakultative) Anfrageverfahren bei der Beklagten (Clearing-Stelle) nach § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV entschieden. Ein vorrangiges Verfahren bei der Einzugs- oder der Prüfstelle war nicht eingeleitet worden.
Gem. § 33 Abs. 1 SGB X muss ein Verwaltungsakt hinreichend bestimmt sein. Im Hinblick auf sozialversicherungsrechtliche Statusentscheidungen muss im Einzelfall zumindest durch Auslegung vor dem Hintergrund der den Beteiligten bekannten Umstände zu erschließen sein, auf welche konkreten rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten sich die Feststellung einer abhängigen Beschäftigung beziehen soll. Notwendig ist regelmäßig die Angabe einer bestimmbaren Arbeit und die gerade hiermit in Zusammenhang stehende Entgeltlichkeit (vgl. näher BSG, Urt. v. 11.03.2009, - B 12 R 11/07 R -; Urt. v. 04.06.2009, - B 12 R 6/08 R -). Außerdem darf sich die Entscheidung nicht auf das isolierte Feststellen des Vorliegens einer abhängigen Beschäftigung beschränken. Eine Elementenfeststellung dieser Art ist nicht zulässig (BSG, Urt. v. 11.03.2009, - B 12 R 11/07 R -).
Die Beklagte ist diesen Anforderungen gerecht geworden. Sie hat die vom Kläger Nr. 2 bei der Klägerin Nr. 1 ausgeübte Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer hinreichend bestimmt bezeichnet und sich auch nicht auf die isolierte Feststellung eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses beschränkt, vielmehr in den angefochtenen Bescheiden ausdrücklich festgestellt, dass für die in abhängiger Beschäftigung verrichtete Tätigkeit des Klägers Nr. 2 seit 01.01.2011 Versicherungspflicht zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung besteht.
2.) Die angefochtenen Bescheide sind (hinsichtlich der noch streitigen Zeit) auch materiell rechtmäßig. Der Kläger Nr. 2 hat bei der Klägerin Nr. 1 während der Zeit vom 01.01.2011 bis 31.03.2014 eine zu allen Zweigen der Sozialversicherung versicherungspflichtige Beschäftigung als Gesellschafter-Geschäftsführer ausgeübt. Eine selbständige Erwerbstätigkeit hat nicht vorgelegen.
a.) Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 24 SGB III, § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI und § 20 SGB XI setzt die Versicherungspflicht zur gesetzlichen Kranken-, Arbeitslosen-, Renten- und Pflegeversicherung jeweils ein Beschäftigungsverhältnis voraus. Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts erfordert das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsleistung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Vornehmlich bei Diensten höherer Art kann das Weisungsrecht auch eingeschränkt und zur "dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein (dazu BSG, Urt. v. 18.12.2001, - B 12 KR 10/01 R -). Höhere Dienste werden im Rahmen abhängiger Beschäftigung geleistet, wenn sie fremdbestimmt bleiben, sie in einer von der anderen Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebs aufgehen (BSG, Urt. v. 19.06.2001, - B 12 KR 44/00 R -). Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit sowie das Unternehmerrisiko gekennzeichnet (vgl. BSG, Urt. v. 29.08.2012, - B 12 KR 25/10 R -). Letzteres besteht meist in der Gefahr, bei wirtschaftlichem Misserfolg des Unternehmens das eingesetzte Kapital zu verlieren oder nicht ausreichend nutzen zu können; ihm entspricht die Aussicht auf Gewinn, wenn das Unternehmen wirtschaftlichen Erfolg hat. Abhängig Beschäftigte tragen demgegenüber das Arbeitsplatzrisiko, das in der Gefahr besteht, bei wirtschaftlichem Misserfolg des Unternehmens die Arbeitsstelle einzubüßen.
Das für eine selbständige Tätigkeit typische Unternehmerrisiko ist nicht mit einem Kapitalrisiko gleichzusetzen. Ein Kapitalrisiko, das nur zu geringen Ausfällen führt, wird das tatsächliche Gesamtbild einer Beschäftigung indessen nicht wesentlich bestimmen (BSG; Beschl. v. 16.08.2010, - B 12 KR 100/09 B -). Maßgebendes Kriterium für das Vorliegen eines Unternehmerrisikos ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen (BSG, Urt. v. 25.04.2012 - B 12 KR 24/10 R -).
Die Unterscheidung von Unternehmer- und Arbeitsplatzrisiko ist auch in der Rechtsprechung des Senats ein wichtiges, vielfach entscheidendes Kriterium für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung einer Tätigkeit. Es steht allerdings nicht für sich allein. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Dieses bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen, also den rechtlich relevanten Umständen, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung gehen der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (BSG, Urt. v. 29.08.2012, - B 12 KR 25/10 R - und - B 12 R 14/10 R -).
Die Zuordnung des konkreten Lebenssachverhalts zum rechtlichen Typus der (abhängigen) Beschäftigung als nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV) nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung erfordert nach der Rechtsprechung des BSG eine Gewichtung und Abwägung aller als Indizien für und gegen eine Beschäftigung bzw. selbstständige Tätigkeit sprechenden Merkmale der Tätigkeit im Einzelfall. Bei Vorliegen gegenläufiger, d. h. für die Bejahung und die Verneinung eines gesetzlichen Tatbestandsmerkmals sprechender tatsächlicher Umstände oder Indizien hat das Gericht (ebenso die Behörde) insoweit eine wertende Zuordnung aller Umstände im Sinne einer Gesamtabwägung vorzunehmen. Diese Abwägung darf allerdings nicht (rein) schematisch oder schablonenhaft erfolgen, etwa in der Weise, dass beliebige Indizien jeweils zahlenmäßig einander gegenübergestellt werden, sondern es ist in Rechnung zu stellen, dass manchen Umständen wertungsmäßig größeres Gewicht zukommen kann als anderen, als weniger bedeutsam einzuschätzenden Indizien. Eine rechtmäßige Gesamtabwägung setzt deshalb - der Struktur und Methodik jeder Abwägungsentscheidung (innerhalb und außerhalb des Rechts) entsprechend - voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls wesentlichen Indizien festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und in dieser Gesamtschau nachvollziehbar, d. h. den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei, gegeneinander abgewogen werden (so BSG, Urt. v. 24.05.2012, - B 12 KR 14/10 R - und - B 12 KR 24/10 R -). Diese Abwägung ist gerichtlich voll kontrollierbar.
Nach diesen allgemeinen Grundsätzen ist auch der sozialversicherungsrechtliche Status des Geschäftsführers einer GmbH zu beurteilen. Ist der Geschäftsführer am Stammkapital der GmbH beteiligt, also Gesellschafter-Geschäftsführer und nicht lediglich Fremdgeschäftsführer (ohne Gesellschafterstellung), ist außerdem die ihm durch das Gesellschaftsrecht, insbesondere den Gesellschaftsvertrag, zugewiesene Rechtsmacht in der GmbH von maßgeblicher Bedeutung. Kann der Gesellschafter-Geschäftsführer aufgrund seiner Gesellschafterstellung wesentlichen rechtlichen Einfluss auf die Willensbildung der Gesellschaft ausüben, kommt ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis nicht in Betracht. Notwendig hierfür ist, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer ihm nicht genehme Weisungen hinsichtlich seiner Tätigkeit im Bedarfsfall jederzeit verhindern und so die für das Beschäftigungsverhältnis typische Abhängigkeit von einem Arbeitgeber vermeiden kann (vgl. BSG, Urt. v. vom 23.06.1994, - B 12 RK 72/92 -; Urt. v. 25.01.2006, - B 12 KR 30/04 R -). Solche Gesellschafter-Geschäftsführer haben auf Grund ihrer gesellschaftsrechtlichen Position letztendlich auch die Leitungsmacht gegenüber einem (Mit-)Geschäftsführer und unterliegen damit nicht dessen Weisungsrecht, bestimmen vielmehr über die unternehmerischen Entscheidungen in der Gesellschaft maßgeblich mit; sie haben daher den Status eines (Mit-)Unternehmers. Das ist der Fall, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer mindestens über die Hälfte des Stammkapitals der GmbH verfügt (vgl. etwa BSG, Urt. v. 17.05.2001, - B 12 KR 34/00 R -). Ist sein Anteil am Stammkapital geringer, ist der Gesellschafter-Geschäftsführer also nur Minderheitengesellschafter, kommt es darauf an, ob seine Rechtsmacht in der Gesellschaft aus anderen Gründen der Rechtsmacht des Mehrheitsgesellschafters bzw. des mit mindestens 50 % am Stammkapital der Gesellschaft beteiligten Gesellschafters vergleichbar ist. Das kann beim Abschluss von Stimmbindungsverträgen (vgl. dazu etwa Senatsurteil vom 11.06.2014, - L 5 R 1732/14 -; Revision anhängig), bei der Einräumung von Sonderrechten zur Herbeiführung oder Verhinderung von Gesellschafterbeschlüssen und insbesondere bei der Einräumung einer so genannten "Sperrminorität" der Fall sein. Erforderlich ist aber immer, dass dem Gesellschafter-Geschäftsführer im Ergebnis die Rechtsmacht zukommt, sich ihm nicht genehmer Weisungen hinsichtlich der Ausübung seiner Geschäftsführertätigkeit zu erwehren (vgl. BSG, Urt. v. 24.09.1992, - 7 RAr 12/92 -; zur Sperrminorität im Besonderen BSG, Urt. v. 30.04.2013, - B 12 KR 19/11 R -). Andernfalls übt er die Geschäftsführertätigkeit - vorbehaltlich der Würdigung der für das Gesamtbild seiner Tätigkeit im Übrigen maßgeblichen Umstände - im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses aus. Daher genügt es für die Annahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit insbesondere nicht, wenn eine dem Gesellschafter-Geschäftsführer eingeräumte Sperrminorität sich in Minderheitenschutzklauseln hinsichtlich besonders wichtiger Geschäfte erschöpft (vgl. dazu BSG, Urt. v. 24.09.1992, a. a. O.). Die Sperrminorität muss sich vielmehr grundsätzlich auf alle Angelegenheiten der Gesellschaft und nicht nur auf einige bedeutende Angelegenheiten beziehen (LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 16.01.2015, - L 1 KR 130/14 -; LSG Hamburg, Urt. v. 05.11.2014, - L 1 KR 44/13 -). Ein durch die Sperrminorität vermittelter maßgeblicher gesellschaftsrechtlicher Einfluss liegt nicht vor, wenn der (Minderheiten-)Gesellschafter-Geschäftsführer so wesentliche Entscheidungen wie die Auflösung der Gesellschaft, die operative Neuausrichtung oder seine eigene Abberufung bzw. Entlassung nicht verhindern kann (LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 30.09.2014, - L 11 R 2662/13 -; zur Reichweite von Stimmverboten insoweit Baumbach/Hueck, GmbHG § 47 Rdnrn. 84,86,106). Soll dem Minderheitengesellschafter der sozialversicherungsrechtliche Status des (Mit-)Unternehmers durch Einräumung einer Sperrminorität zukommen, müssen die Gesellschafter den - hierfür ausreichenden - Umfang der Sperrminorität im Gesellschaftsvertrag klar festlegen und insoweit eindeutig "Farbe bekennen". Besondere Bedeutung kommt aus Sicht des Senats dabei der Frage zu, ob der Minderheitengesellschafter im Streitfall auch die Entziehung seines Organstatus als Geschäftsführer verhindern kann oder nicht.
b.) Davon ausgehend kann die während der Zeit vom 01.01.2011 bis 31.03.2014 ausgeübte Tätigkeit des Klägers Nr. 2 als Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin Nr. 1 nicht als selbständige Erwerbstätigkeit eingestuft werden. Der Senat teilt - für die genannte und allein noch streitige Zeit - die Rechtsauffassung des Sozialgerichts und nimmt - zumal zur Begründung der Berufung insoweit wesentlich Neues nicht vorgetragen worden ist - auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend sei angemerkt:
In gesellschaftsrechtlicher Hinsicht spricht gegen die Einstufung des Klägers Nr. 2 als selbständig Erwerbstätigen maßgeblich, dass er - während der streitigen Zeit (01.01.2011 bis 31.03.2014) - nur mit einem Kapitalanteil von 48 % an der Klägerin Nr. 1 beteiligt gewesen ist. Da Gesellschafterbeschlüsse mit einfacher Mehrheit getroffen worden sind, hat der Kläger Nr. 2 daher nur über eine Anteilsminderheit gebieten können. Über Sonderrechte zur Herbeiführung oder Verhinderung von Gesellschafterbeschlüssen hat er nicht verfügt. Der Senat verkennt nicht, dass die gesellschaftsrechtliche Rechtsmacht des Klägers Nr. 2 mit der Änderung des Gesellschaftsvertrags am 20.05.2011 durch Einräumung einer Sperrminorität nicht unerheblich gestärkt worden ist. Deren Umfang hat aber (noch) nicht ausgereicht, um die Geschäftsführertätigkeit des Klägers Nr. 2 in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht dem Bereich der selbständigen Erwerbstätigkeit zuzuordnen. Der Kläger Nr. 2 hat sich ihm nicht genehmer Weisungen - die er nach § 1 Abs. 1 des Geschäftsführer-Anstellungsvertrags befolgen muss - nach wie vor nicht in ausreichendem Maße erwehren können. Die Rechtsmacht aus der Sperrminorität ist im Sinne einer - wenn auch recht weitgehenden - Minderheitenschutzklausel gegenständlich beschränkt worden und hat sich im Kern auf Geschäfte gerichtet, die über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb der Gesellschaft hinausgehen (so ausdrücklich die Regelung des seinerzeit geltenden Gesellschaftsvertrags unter X Nr. 3 l). Im Übrigen, vor allem also für den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb (das operative Tagesgeschäft) ist dem Kläger Nr. 2 - wie einem abhängig beschäftigten (angestellten) Geschäftsführer - nach wie vor nicht die Rechtsmacht zur Abwehr von Weisungen eröffnet worden. Eine solche Rechtsmacht kann den im Gesellschaftsvertrag zur Sperrminorität getroffenen Regelungen nicht "im Umkehrschluss" entnommen werden. Unerheblich ist, dass unter den Gesellschaftern der Klägerin Nr. 1 offenbar durchweg Einvernehmen geherrscht hat und man sich in der Führung der GmbH - auch und gerade hinsichtlich des Tagesgeschäfts - einig gewesen ist. Für die sozialversicherungsrechtliche Statusbeurteilung kommt es darauf an, was gilt, wenn es, aus welchen Gründen auch immer, zum Streit kommt; eine "Schönwetterselbständigkeit" gibt es nicht (BSG, Urt. v. 29.08.2012, - B 12 KR 25/10 R - und - B 12 R 14/10 R -). Nach Auffassung des Senats ist im Gesellschaftsvertrag - was für das Gesamtbild der Geschäftsführertätigkeit des Klägers Nr. 2 einen wichtigen Gesichtspunkt darstellt - nicht klar genug geregelt gewesen, dass der Kläger Nr. 2 im Streitfall seine Abberufung als Geschäftsführer - den Entzug seiner organschaftlichen Rechtsstellung - mit Hilfe der ihm eingeräumten Sperrminorität verhindern kann. Im Katalog der der Sperrminorität unterworfenen Rechtsgeschäfte und Rechtshandlungen ist - ausdrücklich - nur die Abberufung von Prokuristen (X Nr. 3 d des seinerzeit geltenden Gesellschaftsvertrags), nicht jedoch die Abberufung des Geschäftsführers aufgeführt. Dass die Auflösung von (schuldrechtlichen) Dienstverträgen (X Nr. 3 e des seinerzeit geltenden Gesellschaftsvertrags) der Sperrminorität unterlegen hat, stellt einen ausreichenden Ersatz nicht dar, zumal der Tätigkeit des Klägers Nr. 2 ein wohl als "Geschäftsführer-Dienstvertrag" gedachter, aber ausdrücklich als "Geschäftsführer-Anstellungsvertrag" bezeichneter Vertrag zugrunde liegt und die Bezeichnung als "Anstellungsvertrag" den Vertrag eher dem Bereich des Arbeitsvertragsrechts und nicht des Dienstvertragsrechts zuordnet. Wird anderes gewollt, soll insbesondere die Organstellung des (nur) über eine Anteilsminderheit gebietenden Gesellschafter-Geschäftsführers gegenüber der Gesellschafterversammlung abgesichert und ihr die Rechtsmacht zur Abberufung des Gesellschafter-Geschäftsführers genommen werden, bedarf es hierzu einer klaren Regelung im Gesellschaftsvertrag, an die die sozialversicherungsrechtliche Statusbeurteilung mit ausreichender Sicherheit anknüpfen kann. Hierfür genügt auch die Generalklausel oder Auffangregelung unter X Nr. 3 l des seinerzeit geltenden Gesellschaftsvertrags, die alle außergewöhnlichen Geschäfte der Sperrminorität unterworfen hat, nicht. Sie ist nicht geeignet, einen für bestimmte Rechtsgeschäfte und Rechtshandlungen abschließend und nicht (etwa durch "Insbesondere-Klausel") nur beispielhaft geltenden Katalogtatbestand - hier hinsichtlich der Abberufung von in der Gesellschaft tätigen Personen in X Nr. 3 d - um weitere Regelungsgegenstände zu ergänzen.
In arbeitsrechtlicher Hinsicht hat der Tätigkeit des Klägers Nr. 2 während der streitigen Zeit ein Vertrag mit arbeitnehmertypischen Regelungsgehalten zugrunde gelegen. Neben einem - was maßgeblich ist: rechtlich - von der Ertragslage des Unternehmens unabhängigen monatlichen Festgehalt von 3.000 EUR sind ein Urlaubsanspruch, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und die Erstattung von Spesen vereinbart. Dass man das Gehalt gleichsam als Vorauszahlung auf die Tantiemen des Klägers Nr. 2 angesehen hat, ist rechtlich nicht verankert und für die sozialversicherungsrechtliche Statusbeurteilung nicht ausschlaggebend. Das Gehalt des Klägers Nr. 2 ist auch ersichtlich als Betriebsausgabe gebucht worden und man führt Lohnsteuer abgeführt.
Der Kläger Nr. 2 hat bei der Erbringung seiner Arbeitsleistung von Anfang an unzweifelhaft erhebliche Freiheiten gehabt. Das ist freilich kennzeichnend (auch) für den Status (abhängig beschäftigter) leitender Angestellter, von denen erwartet wird, dass sie ihre Aufgaben im Rahmen dienender Teilhabe am Arbeitsprozess (vgl. BSG, Urt. v. 18.12.2001, - B 12 KR 10/01 R -) frei von Einzelweisungen erfüllen und selbständig arbeiten (können). Dass der Kläger Nr. 2 dafür über die notwendigen Kenntnisse verfügen muss, versteht sich von selbst und ist für seinen sozialversicherungsrechtlichen Status ohne Belang.
Ein den sozialversicherungsrechtlichen Status maßgeblich prägendes Unternehmerrisiko hat der Kläger Nr. 2 während der streitigen Zeit ebenfalls nicht getragen. Ausgangspunkt für die Würdigung eines statusrelevanten Unternehmerrisikos ist (ebenfalls) die unternehmens- bzw. gesellschaftsrechtliche Rechtskonstruktion - nunmehr vor allem in haftungsrechtlicher Hinsicht - die die Beteiligten gewählt haben. Der Kläger Nr. 2 ist danach an der Klägerin Nr. 1 über seinen Kapitalanteil beteiligt; hierauf konzentriert sich wesentlich der unternehmerische Einsatz von Wagniskapital.
Der Senat verkennt nicht, dass es - für die noch streitige Zeit vom 01.01.2011 bis 31.03.2014 - auch Gesichtspunkte gibt, die, wie die Befugnis, Personal unbeschränkt einstellen und entlassen zu dürfen, oder die Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot des § 181 BG, für eine selbständige Erwerbstätigkeit des Klägers Nr. 2 sprechen. Dazu gehört auch, dass er der GmbH Büroausstattung (EDV-Ausstattung) oder einen PKW im Wert von insgesamt 15.380 EUR zur Verfügung gestellt hat. Auch diesen Umständen, namentlich der in als GmbH verfassten Unternehmen nicht seltenen Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot (dazu etwa BSG, Urt. v. 29.08.2012, - B 12 KR 25/10 R - und - B 12 R 14/10 R -; Urt. v. 04.07.2007, - B 11a Al 5/06 R -), kommt indessen kein ausschlaggebendes Gewicht in der Gesamtabwägung aller maßgeblichen Einzelfallumstände zu. Sie haben für die sozialversicherungsrechtliche Statusbeurteilung gegenüber der dargestellten Verteilung der Rechtsmacht im Unternehmen während der streitigen Zeit, der überwiegend arbeitnehmertypisch konzipierten Vertragsgrundlage für die Tätigkeit des Klägers Nr. 2 und dem Fehlen eines hinreichend statusrelevanten Unternehmerrisikos geringeres Gewicht, weshalb es für die noch streitige Zeit beim Gesamtbild einer abhängigen Beschäftigung bleibt.
Da der Kläger Nr. 2 bei der Klägerin Nr. 1 während der streitigen Zeit eine abhängige Beschäftigung ausgeübt hat, hat er in der Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer der Versicherungspflicht zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung unterlegen; die Beklagte hat das in den angefochtenen Bescheiden zu Recht festgestellt.
III. Die Kostenentscheidung - für das Berufungsverfahren - beruht für beide Kläger auf § 193 SGG. Für das Verfahren im ersten Rechtszug bleibt es bei den Kostenentscheidungen in den angefochtenen Urteilen.
Ist - wie hier - bei einem Streit mit subjektiver Klagehäufung und einem einheitlichen, unteilbaren Streitgegenstand in einer Instanz ein Kläger (hier der Kläger Nr. 2 als Versicherter i. S. d. § 183 SGG) kostenrechtlich privilegiert und ein anderer Kläger (hier die Klägerin Nr. 1) kostenpflichtig (§§ 197a Abs. 1 Satz 1, 183 SGG), greift - immer bezogen auf den jeweiligen Rechtszug (dazu BSG Urt. v. 26.09.2006 - B 1 KR 1/06 R -, Juris Rdnr. 32) - wegen des Grundsatzes der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung die Regelung für Kostenprivilegierte ein (BSG, Beschl. v. 29.05.2006, - B 2 U 391/05 B - sowie v. 26.07.2006, - B 3 KR 6/06 B -, LSG Bayern, Beschl. v. 02.03.2010, - L 5 R 109/10 B -, LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 30.03.2012, - L 4 R 2043/10 -). Anderes gilt für den Fall der objektiven Klagehäufung (BSG, Urt. v. 26.09.2006, - B 1 KR 1/06 R -). Eine objektive Klagehäufung liegt hier indessen nicht vor. Die Klägerin Nr. 1 und der Kläger Nr. 2 wenden sich zwar jeweils nur gegen den an sie selbst adressierten Bescheid, die Bescheide stehen jedoch materiell-rechtlich in einem unteilbaren inneren Zusammenhang, weswegen die Beklagte sie mit identischem Verfügungssatz und identischer Begründung gegenüber beiden Klägern erlassen hat; über die Bescheide kann auch nur prozessual einheitlich entschieden werden (vgl. Senatsurteil vom 20.03.2013, - L 5 R 3257/12 -).
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG). Der Senat folgt der Rechtsprechung des BSG, wobei der vorliegende Fall keine bislang ungeklärten Rechtsfragen aufgeworfen hat.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über den sozialversicherungsrechtlichen Status des Klägers Nr. 2 (Beigeladener des Klageverfahrens S 7 R 3741/11) - noch - während der Zeit vom 01.01.2011 bis 31.03.2014.
Die Klägerin Nr. 1 (Beigeladene des Klageverfahrens S 7 R 3740/11), ein als GmbH verfasstes Unternehmen mit dem Unternehmensgegenstand "Betrieb einer Internetagentur und einer Werbeagentur und Durchführung von EDV-Schulungen", wurde am 13.10.2010 gegründet. Das Stammkapital beträgt 25.000 EUR. Gesellschafter der GmbH sind (ursprünglich - bis März 2014) der (1972 geborene) Kläger Nr. 2 - gelernter Ingenieur - mit einem Kapitalanteil von 48 % (12.000 EUR), sowie die Herren F. S. und V. T. mit Kapitalanteilen von 48 % (12.000 EUR) bzw. von 4 % (1.000 EUR) gewesen. Der Gesellschaftsvertrag der Klägerin Nr. 1 enthält u.a. folgende Regelungen:
IV. Geschäftsführung, Vertretung 1. Die Gesellschaft hat einen oder mehrere Geschäftsführer. Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, so wird die Gesellschaft durch jeweils zwei von ihnen oder einem von ihnen in Gemeinschaft mit einem Prokuristen vertreten ... 2. Durch Gesellschafterbeschluss kann allen oder einzelnen Geschäftsführern Einzelvertretungsbefugnis und/oder Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB erteilt werden. 3. Rechte und Pflichten der Geschäftsführer ergeben sich aus dem Gesetz, dem Anstellungsvertrag und den von den Gesellschaftern gegebenen Anweisungen ...
VI. Veräußerung, Belastung, Vererbung von Geschäftsanteilen 1. Die Veräußerung oder Belastung von Geschäftsanteilen ist nur mit Zustimmung der Gesellschaft zulässig. Zur Erteilung der Zustimmung bedarf der Geschäftsführer im Innenverhältnis eines zustimmenden Beschlusses der Gesellschafterversammlung ...
X. Gesellschafterbeschlüsse ... 3. Abgestimmt wird nach Geschäftsanteilen. Jede Euro eines Geschäftsanteils gewährt eine Stimme. Beschlüsse werden mit einfacher Mehrheit gefasst, sofern nicht das Gesetz oder dieser Gesellschaftsvertrag eine höhere Mehrheit vorschreiben. Beschlüsse über die Änderung des Gesellschaftsvertrages oder die Auflösung der Gesellschaft bedürfen einer Dreiviertelmehrheit der abgegebenen Stimmen.
Der Kläger Nr. 2 ist ab Gründung der Klägerin Nr. 1 - neben Herrn F. S. - zum alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer der GmbH bestellt worden. Der am 01.01.2011 aufgenommenen (und im Juli 2014 beendeten) Tätigkeit des Klägers Nr. 2 hat der Geschäftsführer-Anstellungsvertrag vom 01.01.2011 zugrunde gelegen. Dieser hat u.a. folgende Regelungen enthalten:
§ 1 Aufgaben und Pflichten (1) Der Geschäftsführer (Kläger Nr. 2) führt die Geschäfte der Gesellschaft und hat die verantwortliche Leitung und Überwachung des gesamten Geschäftsbetriebs nach Maßgabe der Gesetze, des Gesellschaftsvertrages, der Beschlüsse der Gesellschafterversammlung und einer etwaigen Geschäftsordnung für die Geschäftsführung. Unabhängig von einem durch Beschluss der Gesellschafterversammlung oder einer etwaigen Geschäftsordnung begründeten Geschäftsverteilung (§ 1 Abs. 5) obliegen dem Geschäftsführer, ggf. gemeinsam mit den weiteren Geschäftsführern die Leitung und Überwachung der Gesellschaft im Ganzen ... (7) Die Gesellschaft hat als weiteren Geschäftsführer Herrn F. S. bestellt. Die Geschäftsverteilung der Geschäftsführer untereinander: Kläger Nr. 2 Organisation, Personalwesen, Vertrieb Herr S. Organisation, technische Entwicklung, Vertrieb.
§ 2 Vertretung und Geschäftsführung (1) Der Geschäftsführer vertritt die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich. (2) Der Geschäftsführer führt die Geschäfte der Gesellschaft im Umfang der ihm durch Beschluss der Gesellschafterversammlung erteilten und in der Vorbemerkung genannten Vertretungsberechtigung. (3) Der Geschäftsführer bedarf für alle Geschäfte und Maßnahmen, die über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb der Gesellschaft hinausgehen, der Zustimmung der Gesellschafterversammlung. (4) Genehmigungen zur Abtretung von Geschäftsanteilen darf der Geschäftsführer nur aufgrund des Gesellschaftsvertrages oder dazu ermächtigender Gesellschafterbeschlüsse vornehmen ... (5) Die Gesellschafterversammlung ist unabhängig von § 1 Abs. 8 (gemeint wohl: Abs. 7) jederzeit berechtigt, die Vertretungsbefugnis des Geschäftsführers zu beschränken, zu erweitern oder zu ergänzen, ohne dass dies auf die übrigen Bestimmungen dieses Vertrages einen Einfluss hat ... § 4 Arbeitszeit Der Geschäftsführer ist an eine bestimmte Arbeitszeit nicht gebunden. Die Arbeitszeit richtet sich vielmehr nach den betrieblichen Erfordernissen und ist vom Geschäftsführer frei und eigenverantwortlich zu gestalten ... § 7 Bezüge (1) Der Geschäftsführer erhält für seine Tätigkeit ein festes Monatsgehalt von 3000 EUR brutto, dass jeweils am Monatsletzten zu zahlen ist. (2) Ferner erhält der Geschäftsführer für seine Tätigkeit eine Tantieme. Deren Höhe und Bedingungen richten sich nach einer gesonderten "Tantieme-Vereinbarung des Geschäftsführers", die in ihrer jeweiligen Fassung Bestandteil dieses Vertrages ist. (3) Eine Vergütung von Überstunden, Sonn-, Feiertags- und sonstiger Mehrarbeit erfolgt nicht.
§ 8 Vergütungsfortzahlung (1) Bei einer vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit des Geschäftsführers, die durch Krankheit oder einen von ihm nicht zu vertretenden Grund eintritt, werden ihm die Bezüge nach § 8 Abs. 1 (gemeint wohl: § 7Abs. 1) sechs Monate, längstens aber bis zur Beendigung des Dienstverhältnisses fortgezahlt. Der Geschäftsführer muss sich auf diese Zahlungen anrechnen lassen, was er von Kassen oder Versicherungen an Krankengeld, Krankentagegeld oder Rente erhält, soweit die Leistungen nicht ausschließlich auf seinen Beiträgen beruhen. (2) Dauert die Verhinderung länger als sechs Kalendermonate an, so entfällt ein Tantiemenanspruch (§ 8 Abs. 2, gemeint wohl: § 7 Abs. 2) mit Ablauf des sechsten vollen Kalendermonats zeitanteilig ...
§ 9 Spesen, Aufwendungsersatz (1) Trägt der Geschäftsführer im Rahmen seiner ordnungsgemäßen Geschäftsführertätigkeit Kosten und Aufwendungen, so werden ihm diese von der Gesellschaft erstattet, sofern der Geschäftsführer die Geschäftsführungs- und Betriebsbedingtheit belegt hat oder sie offenkundig ist. (2) Die Gesellschaft ersetzt dem Geschäftsführer seine Reisespesen nach den jeweils steuerlich zulässigen Höchstsätzen. Der Geschäftsführer muss seine Auslagen belegen können, soweit üblicherweise Belege erteilt werden. Im Übrigen reichen Eigenbelege aus.
... § 11 Urlaub (1) Der Geschäftsführer hat Anspruch auf einen bezahlten Erholungsurlaub von 30 Arbeitstagen im Kalenderjahr ... (3) Der Geschäftsführer hat den Zeitpunkt des Urlaubs mit anderen Geschäftsführern und der Gesellschafterversammlung abzustimmen ...
§ 12 Vertragsdauer (1) Dieser Vertrag wird auf unbestimmte Dauer abgeschlossen. Vertragsbeginn ist der 1. Januar 2011. Ab diesem Zeitpunkt beginnt die Tätigkeit des Geschäftsführers.
§ 13 Kündigung (1) Dieser Vertrag kann von jeder Vertragspartei unter Einhaltung einer Frist von sechs Monaten zum Ende des Kalendervierteljahres gekündigt werden ...
Am 09.11.2010 stellte die Klägerin Nr. 1 bei der Beklagten einen Statusfeststellungsantrag gem. § 7a Abs. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) Viertes Buch (SGB IV); es solle festgestellt werden, dass der Kläger Nr. 2 die seit 01.01.2011 ausgeübte Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin Nr. 1 nicht im Rahmen eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses verrichtet. Die Klägerin Nr. 1 gab an, der Kläger Nr. 2 könne seine Tätigkeit frei bestimmen und gestalten und unterliege weder hinsichtlich des Ortes, der Zeit noch der Art seiner Tätigkeit einem Weisungsrecht der Gesellschaft; die regelmäßige tarifliche wöchentliche Arbeitszeit betrage 40 Stunden. Seine Arbeit hänge nur von den betrieblichen Erfordernissen ab. Der Kläger Nr. 2 dürfe Personal selbständig einstellen und entlassen. Urlaub sei nicht genehmigungspflichtig. Der Kläger Nr. 2 sei vor Gründung der Klägerin Nr. 1 selbständig erwerbstätig gewesen. Weitere Tätigkeiten neben der Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin Nr. 1 übe er nicht aus. Über Sonderrechte zur Herbeiführung oder Verhinderung von Gesellschafterbeschlüssen verfüge der Kläger Nr. 2 nicht. Bürgschaften oder Darlehen habe er der GmbH nicht gewährt. Der Kläger Nr. 2 sei neben Herrn F. S. (unter Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot des § 181 BGB) zum alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer bestellt und für den Geschäftsbereich Organisation, Personal und Vertrieb zuständig. Von der Vergütung des Klägers Nr. 2 werde Lohnsteuer abgeführt und sie werde als Betriebsausgabe (nicht als Gewinn-Vorwegentnahme) gebucht. Eine Gewinnbeteiligung bestehe nicht; Tantiemen würden nicht gezahlt.
In Anhörungsschreiben vom 22.03.2011 kündigte die Beklagte an, sie beabsichtige festzustellen, dass der Kläger Nr. 2 seine Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin Nr. 1 (seit 01.01.2011) im Rahmen eines zu allen Zweigen der Sozialversicherung versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ausübt. Der Kläger Nr. 2 könne als Minderheitengesellschafter mit einem Kapitalanteil von 48 % keinen maßgebenden Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft ausüben.
Die Kläger trugen hierauf vor, bis Ende 2010 habe man das Unternehmen als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) betrieben. Die Errichtung der GmbH habe nur haftungsrechtliche Gründe; ansonsten sei alles unverändert geblieben. Für die Feststellung einer selbständigen Erwerbstätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer sei ein Kapitalanteil von 50 % nicht zwingend erforderlich. Der Kläger Nr. 2 könne sein Geschäftsführergehalt ggf. gemeinsam mit Herrn F. S. nach Maßgabe des Geschäftserfolgs der GmbH anpassen.
Mit an beide Kläger gerichteten Bescheiden vom 14.04.2011 stellte die Beklagte fest, dass der Kläger Nr. 2 seine am 01.01.2011 aufgenommene Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin Nr. 1 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübt; seit Beginn der Tätigkeit bestehe Versicherungspflicht zur Kranken-, Pflege, Renten- und Arbeitslosenversicherung. Zur Begründung führte die Beklagte aus, mit einem Kapitalanteil von (nur) 48 % könne der Kläger Nr. 2 die Geschicke der Klägerin Nr. 1 nicht maßgeblich beeinflussen. Über Vetorechte oder eine Sperrminorität verfüge er nicht. Er trage auch kein den sozialversicherungsrechtlichen Status wesentlich prägendes Unternehmerrisiko, erhalte vielmehr ein vom Geschäftserfolg der GmbH unabhängiges monatliches Festgehalt von 3.000 EUR für seine durch Arbeitsvertrag mit typischen Arbeitnehmerrechten (Urlaubsanspruch, Spesenregelung, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall) geregelte Arbeitsleistung. Weitgehend weisungsfreies Arbeiten sei auch für angestellte Geschäftsführer üblich. Die Gewinnbeteiligung des Klägers Nr. 2 und die Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB änderten am Gesamtbild einer abhängigen Beschäftigung nichts.
Am 09.05.2011 legten die Kläger Widerspruch ein. Am 20.05.2011 beschloss die Gesellschafterversammlung der Klägerin Nr. 1 eine Änderung des Gesellschaftsvertrags. Die Änderung wurde am 25.05.2011 in das Handelsregister eingetragen. In den Gesellschaftsvertrag wurde unter X Nr. 3 folgende Regelung aufgenommen:
Folgende Rechtsgeschäfte oder Rechtshandlungen bedürfen stets eines vorher gefassten zustimmenden Gesellschafterbeschlusses, der zudem der Zustimmung von Herrn. R. S. (Kläger Nr. 2) und Herrn F. S. bedarf, sofern diese mit einem Geschäftsanteil von wenigstens 2.500 EUR an der Gesellschaft beteiligt sind:
a) Erwerb, Veräußerung und Belastung von Grundstücken, grundstücksgleichen Rechten und Rechten an solchen; b) Erwerb anderer Unternehmen oder Übernahme oder Veräußerung wesentlicher Beteiligungen; c) Errichtung und Aufhebung von Zweigniederlassungen; d) Bestellung und Abberufung von Prokuristen; e) Abschluss und Auflösung von Dienstverträgen; f) Abschluss und Auflösung von Miet-, Pacht- und Leasingverträgen mit einer Dauer von mehr als einem Jahr; g) Eingehen von Bank- und Wechselverbindlichkeiten; h) Führung von Prozessen; i) Eingehen von Bürgschaften; j) Eingehen von Verbindlichkeiten von mehr als 5.000 EUR; k) Annahme von Aufträgen mit Auftragswerten von mehr als 30.000 EUR; l) Alle Geschäfte, die über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb der Gesellschaft hinausgehen.
Zur Begründung der Widersprüche wurde vorgetragen, der Tätigkeit des Kläger Nr. 2 liege kein Arbeitsvertrag, sondern ein Geschäftsführer-Dienstvertrag zugrunde. Der Kläger Nr. 2 arbeite weisungsfrei. Die Zahl der Urlaubstage habe man nur festgelegt, um die Leitung des Unternehmens sicherzustellen; der Urlaub sei nicht genehmigungspflichtig. Der Kläger Nr. 2 sei unter Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot des § 181 BGB zur Alleinvertretung der Klägerin Nr. 1 befugt. Im Hinblick auf seine Unternehmensbeteiligung trage er ungeachtet des regelmäßig gezahlten Festgehalts auch ein Unternehmerrisiko. Auch wenn eine Nachschusspflicht nicht bestehe, sei der Kläger Nr. 2 wegen der Höhe seines Kapitalanteils faktisch gezwungen, bei Krisensituationen Kapital nachzuschießen, und er könne beim Untergang der Klägerin Nr. 1 das eingelegte Kaptal verlieren. Der Kläger Nr. 2 übe maßgeblichen Einfluss auf die Geschäftstätigkeit der Klägerin Nr. 1 aus. Seit Gründung der GmbH bestehe unter den Gesellschaftern Einigkeit darüber, wichtige Entscheidungen nicht ohne Konsens zwischen dem Kläger Nr. 2 und Herrn F. S. zu treffen. Man habe diese von Anfang an geübte Praxis mittlerweile auch im Gesellschaftsvertrag festgeschrieben. Daraus folge eine Sperrminorität des Klägers Nr. 2 für alle relevanten Beschlüsse und er könne entsprechende Entscheidungen ggf. verhindern.
Mit Widerspruchsbescheiden vom 11.10.2011 wies die Beklagte die Widersprüche zurück. Zur Begründung führte sie ergänzend aus, der Kläger Nr. 2 werde durch die Änderung des Gesellschaftsvertrags zum 20.05.2012 zwar in die Lage versetzt, die Unternehmenspolitik der GmbH zu beeinflussen, er könne jedoch aus eigener Kraft Beschlüsse, die sein Arbeitsverhältnis benachteiligen würden, nicht verhindern, da insoweit keine Sperrminorität vorliege. Auch liege ein hinreichendes Unternehmerrisiko nicht vor. Deshalb bleibe es beim Gesamtbild einer abhängigen Beschäftigung.
Am 11.11.2011 erhoben die Kläger Klage beim Sozialgericht Ulm (Verfahren S 7 R 3741/11 und S 7 R 3740/11). Zur Begründung trugen sie ergänzend zu ihrem Vorbringen im Widerspruchsverfahren vor, der Kläger Nr. 2 und Herr F. S. hätten etwa 90 % der Sachwerte als private Einlagen in das Unternehmen eingebracht. Der Kläger Nr. 2 habe der Klägerin Nr. 1 Büromaschinen, Computer, Büroeinrichtungen und einen Geschäftswagen im Wert von 15.380 EUR, Herr. F. S. habe Gegenstände im Wert von 13.520 EUR zur Verfügung gestellt. Mit dem durch Änderung des Gesellschaftsvertrags eingeführten Vetorecht könne der Kläger Nr. 2 auch als Minderheitsgesellschafter jedenfalls alle wichtigen Entscheidungen frei von Weisungen beeinflussen. Die dadurch begründete Sperrminorität sei derart weitreichend, dass eine Weisungsgebundenheit des Klägers Nr. 2 nicht (mehr) bestehe. Der Kläger Nr. 2 übe seine Geschäftsführertätigkeit eigenverantwortlich und weisungsfrei aus. Er kümmere sich um die Personalangelegenheiten, Herr F. S. kümmere sich um die Technik. Das Festgehalt des Klägers Nr. 2 habe sich an den Ergebnissen der langjährigen Zusammenarbeit in der vormaligen GbR orientiert. Der Sache nach handele es sich insoweit um Vorauszahlungen (auf die Tantiemen), die dem jeweiligen Geschäftsverlauf angepasst würden. Der im Geschäftsführer-Dienstvertrag festgelegte Urlaubsanspruch habe nur deklaratorische Bedeutung. Urlaubslisten würden nicht geführt und man habe im Durchschnitt nur etwa 15 Tage im Jahr Urlaub genommen.
Die Beklagte trug vor, auch das durch Änderung des Gesellschaftsvertrags für Unternehmensentscheidungen festgelegte Vetorecht eröffne dem Kläger Nr. 2 keinen maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke des Unternehmens. Seine Rechtsstellung im Hinblick auf die Abwehr von Weisungen, die die Geschäftsführertätigkeit beträfen, habe sich dadurch nicht wesentlich geändert (vgl. etwa BSG, Urt. v. 24.09.1992, - 4 Rar 12/92 -).
Mit Urteilen vom 14.03.2014 wies das Sozialgericht die Klagen ab. Zur Begründung führte es aus, die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig; hinsichtlich der streitigen Tätigkeit des Klägers Nr. 2 ergebe sich das Gesamtbild einer abhängigen Beschäftigung bei der Klägerin Nr. 1. Der Kläger Nr. 2 sei, wie aus den vorliegenden Vereinbarungen hervorgehe, weisungsgebunden. Aufgrund seiner gesellschaftsrechtlichen Stellung sei es ihm nicht möglich, Entscheidungen der Klägerin Nr. 1 allein zu bestimmen oder Weisungen der Gesellschafterversammlung im Hinblick auf seine Tätigkeit zu verhindern. Gesellschafterbeschlüsse würden nach Maßgabe des Gesellschaftsvertrages mit einfacher Mehrheit gefällt, wobei 1 EUR Kapitalanteil eine Stimme gewähre. Der Kläger Nr. 2, der nur über einen Kapitalanteil von 48 % verfüge, könne daher von den beiden anderen Gesellschaftern überstimmt werden. Dass der Kläger Nr. 2 seit der Änderung des Gesellschaftsvertrages im Mai 2011 bestimmte wichtige Entscheidungen verhindern könne, ändere am Gesamtbild seiner Tätigkeit nichts Wesentliches. Die im geänderten Gesellschaftsvertrag festgelegte Sperrminorität sei nicht umfassend, gelte insbesondere nicht für Weisungen der Gesellschafterversammlung hinsichtlich der Tätigkeit des Klägers Nr. 2; hierfür sei ihm ein Vetorecht nicht eingeräumt. Nach wie vor müsse der Kläger Nr. 2 nach § 1 Abs. 1 seines Anstellungsvertrags Beschlüssen der Gesellschafterversammlung Folge leisten. Ob das Weisungsrecht in der Unternehmenspraxis auch tatsächlich ausgeübt werde und es hierfür Anlass gegeben habe, sei unerheblich. Der Kläger Nr. 2 habe durchaus einen beachtlichen eigenständigen Handlungsspielraum erhalten und er sei hinsichtlich des Orts, der Zeit und der Art seiner Tätigkeit auch in der Vergangenheit praktisch frei gewesen. Das habe an den für seine Tätigkeit geltenden rechtlichen Vorgaben aber nichts geändert. Diese seien nach der Rechtsprechung des BSG für den sozialversicherungsrechtlichen Status maßgeblich. Für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung spreche auch die Vereinbarung eines Urlaubsanspruchs, eines Festgehalts sowie der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für sechs Monate. Ein die Tätigkeit des Klägers Nr. 2 wesentlich prägendes Unternehmerrisiko sei nicht erkennbar. Der Kläger Nr. 2 habe in seiner Funktion als Geschäftsführer der Klägerin Nr. 1 lediglich seine Arbeitskraft einzubringen und sei hierfür finanziell gut abgesichert. Das aus der Stellung als Gesellschafter der Klägerin Nr. 1 folgende Risiko des Klägers Nr. 2 sei ebenso wie das Einbringen von Sacheinlagen im Wert von 15.000 EUR nicht von Belang. Dieses Risiko treffe ihn als Gesellschafter, nicht jedoch in seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der Klägerin Nr. 1; nur Letzteres sei Gegenstand der statusrechtlichen Prüfung. Für das Vorliegen einer selbständigen Erwerbstätigkeit spreche zwar die Gewährung einer erfolgsabhängigen Vergütung zusätzlich zum monatlichen Festgehalt von 3.000 EUR und die Befreiung des Klägers Nr. 2 vom Selbstkontrahierungsverbot des § 181 BGB. Insgesamt überwögen aber die für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Gesichtspunkte.
Auf die ihnen am 21.03.2014 zugestellten Urteile haben die Klägerin Nr. 1 und der Kläger Nr. 2 am 16.04.2014 Berufung eingelegt (Verfahren L 5 R 1732/14 und L 5 R 1738/14). Mit Beschluss vom 19.05.2014 hat der Senat beide Rechtsstreitigkeiten unter dem Aktenzeichen L 5 R 1732/14 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Die in dem Klageverfahren beschlossenen Beiladungen wurden aufgehoben.
Die Kläger bekräftigen ihr bisheriges Vorbringen. Da die Beklagte auf den Status des Klägers Nr. 2 als Minderheitengesellschafter abgestellt habe, sei der Gesellschaftsvertrag zum 20.05.2011 geändert und eine Sperrminorität festgelegt worden. Diese erfasse alle Geschäfte, die über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb hinausgingen (vgl. hierzu LSG Bayern, Urt. v. 16.07.2014, - L 16 R 851/13 -). Auch die Auflösung von Dienstverträgen, und damit die Auflösung des Geschäftsführer-Anstellungsvertrages des Klägers Nr. 2, sei der Sperrminorität unterworfen. Die Regelungen hinsichtlich der Sperrminorität bedeuteten im Umkehrschluss, dass der Kläger Nr. 2 für Geschäfte und Maßnahmen des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs keinen Weisungen der Gesellschafterversammlung unterliege; das sei in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht auch unstreitig gestellt worden.
Der Gesellschafter V. T. habe seinen Kapitalanteil von 1.000 EUR am 19.03.2014 jeweils zur Hälfte auf den Kläger Nr. 2 und den Gesellschafter F. S. übertragen. Die beiden verbleibenden Gesellschafter hielten damit Kapitalanteile von je 12.500 EUR (50 % des Stammkapitals von 25.000 EUR). Außerdem habe man den Gesellschaftsvertrag (ebenfalls) am 19.03.2014 (erneut) geändert. Beschlüsse der Gesellschafterversammlung müssten seitdem einstimmig gefasst werden.
Die Kläger haben (u.a.) die aktuelle Fassung des Gesellschaftsvertrags vorgelegt. Dieser enthält unter "X Gesellschafterbeschlüsse" (u.a.) folgende Regelung:
... 2. Die Gesellschafterversammlung ist beschlussfähig, wenn 100 % des Stammkapitals anwesend bzw. vertreten sind. 3. Abgestimmt wird nach Geschäftsanteilen. Jeder Euro eines Geschäftsanteils gewährt eine Stimme. Beschlüsse werden einstimmig gefasst ... Die Änderung des Gesellschaftsvertrags ist am 19.03.2014 zur Eintragung im Handelsregister angemeldet worden.
Die Kläger haben außerdem mitgeteilt, der Kläger Nr. 2 sei seit 22.07.2014 nicht mehr Geschäftsführer der Klägerin Nr. 1
In der mündlichen Verhandlung des Senats vom 20.05.2015 haben die (Haupt-)Beteiligten einen (Teil-)Vergleich geschlossen. Die Beklagte hat die angefochtenen Bescheide abgeändert und festgestellt, dass der Kläger Nr. 2 die Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin Nr. 1 ab dem 01.04.2014 nicht im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübt und er deswegen in dieser Tätigkeit nicht der Versicherungspflicht zu den Zweigen der Sozialversicherung unterliegt. Die (Haupt-)Beteiligten haben den Streitgegenstand des Berufungsverfahrens demzufolge auf die Zeit vom 01.01.2011 bis 31.03.2014 beschränkt.
Die Kläger beantragen (noch),
die Urteile des Sozialgerichts Ulm vom 14.03.2014 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 14.04.2011 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 11.10.2011 sowie der in der mündlichen Verhandlung des Senats vom 20.05.2015 erlassenen (Änderungs-)Bescheide zu verurteilen festzustellen, dass der Kläger Nr. 2 die bei der Klägerin Nr. 1 ausgeübte Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer (auch) während der Zeit vom 01.01.2011 bis 31.03.2014 nicht im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses verrichtet und er in dieser Tätigkeit daher während der genannten Zeit nicht der Versicherungspflicht zu allen Zweigen der Sozialversicherung unterlegen hat.
Die Beklagte beantragt,
die Berufungen zurückzuweisen.
Die übrigen Beteiligten stellen keinen Antrag.
Die Beklagte hält die angefochtenen Urteile (hinsichtlich der noch streitigen Zeit) für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I. Die Berufungen der Kläger sind gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch sonst zulässig.
Streitgegenstand ist die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung der Tätigkeit des Klägers Nr. 2 als Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin Nr. 1 (nur noch) hinsichtlich der Zeit vom 01.01.2011 bis zum 31.03.2014. Mit der Übernahme des Kapitalanteils des (aus der GmbH ausgeschiedenen) Gesellschafters V. T. durch den Kläger Nr. 2 und Herrn F. S. und der gleichzeitigen Änderung des Gesellschaftsvertrags kommt ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis des Klägers Nr. 2 bei der Klägerin Nr. 1 ab 01.04.2014 nicht mehr in Betracht. Der Kläger Nr. 2 ist seitdem - wie sein Mitgesellschafter F. S. - nämlich zu 50 % am Stammkapital der GmbH beteiligt und (alle) Beschlüsse der Gesellschafterversammlung werden einstimmig gefasst. Die Beklagte hat dieser Änderung des Sachverhalts Rechnung getragen und die angefochtenen Bescheide in der mündlichen Verhandlung des Senats vom 20.05.2015 entsprechend abgeändert. Die (Haupt-)Beteiligten haben sich im Hinblick darauf geeinigt und den Streitgegenstand des Berufungsverfahrens auf die Zeit vom 01.01.2011 bis 31.03.2014 beschränkt.
II. Die Berufungen der Kläger sind nicht begründet. Die Beklagte hat zu Recht festgestellt, dass der Kläger Nr. 2 in der bei der Klägerin Nr. 1 ausgeübten Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer während der noch streitigen Zeit vom 01.11.2011 bis 31.03.2014 der Versicherungspflicht zu allen Zweigen der Sozialversicherung unterlegen hat.
1.) Die angefochtenen Bescheide sind formell rechtmäßig. Die Beklagte war zu ihrem Erlass gem. § 7a Abs. 1 Satz 3 SGB IV sachlich zuständig und die Bescheide sind auch hinreichend bestimmt und beschränken sich nicht auf eine unzulässige Feststellung von Elementen eines Rechtsverhältnisses.
Gem. § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Über den Antrag entscheidet abweichend von § 28h Abs. 2 SGB IV die Deutsche Rentenversicherung Bund (§ 7a Abs. 1 Satz 3 SGB IV). Die Klägerin Nr. 1 hat sich für das (fakultative) Anfrageverfahren bei der Beklagten (Clearing-Stelle) nach § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV entschieden. Ein vorrangiges Verfahren bei der Einzugs- oder der Prüfstelle war nicht eingeleitet worden.
Gem. § 33 Abs. 1 SGB X muss ein Verwaltungsakt hinreichend bestimmt sein. Im Hinblick auf sozialversicherungsrechtliche Statusentscheidungen muss im Einzelfall zumindest durch Auslegung vor dem Hintergrund der den Beteiligten bekannten Umstände zu erschließen sein, auf welche konkreten rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten sich die Feststellung einer abhängigen Beschäftigung beziehen soll. Notwendig ist regelmäßig die Angabe einer bestimmbaren Arbeit und die gerade hiermit in Zusammenhang stehende Entgeltlichkeit (vgl. näher BSG, Urt. v. 11.03.2009, - B 12 R 11/07 R -; Urt. v. 04.06.2009, - B 12 R 6/08 R -). Außerdem darf sich die Entscheidung nicht auf das isolierte Feststellen des Vorliegens einer abhängigen Beschäftigung beschränken. Eine Elementenfeststellung dieser Art ist nicht zulässig (BSG, Urt. v. 11.03.2009, - B 12 R 11/07 R -).
Die Beklagte ist diesen Anforderungen gerecht geworden. Sie hat die vom Kläger Nr. 2 bei der Klägerin Nr. 1 ausgeübte Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer hinreichend bestimmt bezeichnet und sich auch nicht auf die isolierte Feststellung eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses beschränkt, vielmehr in den angefochtenen Bescheiden ausdrücklich festgestellt, dass für die in abhängiger Beschäftigung verrichtete Tätigkeit des Klägers Nr. 2 seit 01.01.2011 Versicherungspflicht zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung besteht.
2.) Die angefochtenen Bescheide sind (hinsichtlich der noch streitigen Zeit) auch materiell rechtmäßig. Der Kläger Nr. 2 hat bei der Klägerin Nr. 1 während der Zeit vom 01.01.2011 bis 31.03.2014 eine zu allen Zweigen der Sozialversicherung versicherungspflichtige Beschäftigung als Gesellschafter-Geschäftsführer ausgeübt. Eine selbständige Erwerbstätigkeit hat nicht vorgelegen.
a.) Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 24 SGB III, § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI und § 20 SGB XI setzt die Versicherungspflicht zur gesetzlichen Kranken-, Arbeitslosen-, Renten- und Pflegeversicherung jeweils ein Beschäftigungsverhältnis voraus. Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts erfordert das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsleistung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Vornehmlich bei Diensten höherer Art kann das Weisungsrecht auch eingeschränkt und zur "dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein (dazu BSG, Urt. v. 18.12.2001, - B 12 KR 10/01 R -). Höhere Dienste werden im Rahmen abhängiger Beschäftigung geleistet, wenn sie fremdbestimmt bleiben, sie in einer von der anderen Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebs aufgehen (BSG, Urt. v. 19.06.2001, - B 12 KR 44/00 R -). Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit sowie das Unternehmerrisiko gekennzeichnet (vgl. BSG, Urt. v. 29.08.2012, - B 12 KR 25/10 R -). Letzteres besteht meist in der Gefahr, bei wirtschaftlichem Misserfolg des Unternehmens das eingesetzte Kapital zu verlieren oder nicht ausreichend nutzen zu können; ihm entspricht die Aussicht auf Gewinn, wenn das Unternehmen wirtschaftlichen Erfolg hat. Abhängig Beschäftigte tragen demgegenüber das Arbeitsplatzrisiko, das in der Gefahr besteht, bei wirtschaftlichem Misserfolg des Unternehmens die Arbeitsstelle einzubüßen.
Das für eine selbständige Tätigkeit typische Unternehmerrisiko ist nicht mit einem Kapitalrisiko gleichzusetzen. Ein Kapitalrisiko, das nur zu geringen Ausfällen führt, wird das tatsächliche Gesamtbild einer Beschäftigung indessen nicht wesentlich bestimmen (BSG; Beschl. v. 16.08.2010, - B 12 KR 100/09 B -). Maßgebendes Kriterium für das Vorliegen eines Unternehmerrisikos ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen (BSG, Urt. v. 25.04.2012 - B 12 KR 24/10 R -).
Die Unterscheidung von Unternehmer- und Arbeitsplatzrisiko ist auch in der Rechtsprechung des Senats ein wichtiges, vielfach entscheidendes Kriterium für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung einer Tätigkeit. Es steht allerdings nicht für sich allein. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Dieses bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen, also den rechtlich relevanten Umständen, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung gehen der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (BSG, Urt. v. 29.08.2012, - B 12 KR 25/10 R - und - B 12 R 14/10 R -).
Die Zuordnung des konkreten Lebenssachverhalts zum rechtlichen Typus der (abhängigen) Beschäftigung als nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV) nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung erfordert nach der Rechtsprechung des BSG eine Gewichtung und Abwägung aller als Indizien für und gegen eine Beschäftigung bzw. selbstständige Tätigkeit sprechenden Merkmale der Tätigkeit im Einzelfall. Bei Vorliegen gegenläufiger, d. h. für die Bejahung und die Verneinung eines gesetzlichen Tatbestandsmerkmals sprechender tatsächlicher Umstände oder Indizien hat das Gericht (ebenso die Behörde) insoweit eine wertende Zuordnung aller Umstände im Sinne einer Gesamtabwägung vorzunehmen. Diese Abwägung darf allerdings nicht (rein) schematisch oder schablonenhaft erfolgen, etwa in der Weise, dass beliebige Indizien jeweils zahlenmäßig einander gegenübergestellt werden, sondern es ist in Rechnung zu stellen, dass manchen Umständen wertungsmäßig größeres Gewicht zukommen kann als anderen, als weniger bedeutsam einzuschätzenden Indizien. Eine rechtmäßige Gesamtabwägung setzt deshalb - der Struktur und Methodik jeder Abwägungsentscheidung (innerhalb und außerhalb des Rechts) entsprechend - voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls wesentlichen Indizien festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und in dieser Gesamtschau nachvollziehbar, d. h. den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei, gegeneinander abgewogen werden (so BSG, Urt. v. 24.05.2012, - B 12 KR 14/10 R - und - B 12 KR 24/10 R -). Diese Abwägung ist gerichtlich voll kontrollierbar.
Nach diesen allgemeinen Grundsätzen ist auch der sozialversicherungsrechtliche Status des Geschäftsführers einer GmbH zu beurteilen. Ist der Geschäftsführer am Stammkapital der GmbH beteiligt, also Gesellschafter-Geschäftsführer und nicht lediglich Fremdgeschäftsführer (ohne Gesellschafterstellung), ist außerdem die ihm durch das Gesellschaftsrecht, insbesondere den Gesellschaftsvertrag, zugewiesene Rechtsmacht in der GmbH von maßgeblicher Bedeutung. Kann der Gesellschafter-Geschäftsführer aufgrund seiner Gesellschafterstellung wesentlichen rechtlichen Einfluss auf die Willensbildung der Gesellschaft ausüben, kommt ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis nicht in Betracht. Notwendig hierfür ist, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer ihm nicht genehme Weisungen hinsichtlich seiner Tätigkeit im Bedarfsfall jederzeit verhindern und so die für das Beschäftigungsverhältnis typische Abhängigkeit von einem Arbeitgeber vermeiden kann (vgl. BSG, Urt. v. vom 23.06.1994, - B 12 RK 72/92 -; Urt. v. 25.01.2006, - B 12 KR 30/04 R -). Solche Gesellschafter-Geschäftsführer haben auf Grund ihrer gesellschaftsrechtlichen Position letztendlich auch die Leitungsmacht gegenüber einem (Mit-)Geschäftsführer und unterliegen damit nicht dessen Weisungsrecht, bestimmen vielmehr über die unternehmerischen Entscheidungen in der Gesellschaft maßgeblich mit; sie haben daher den Status eines (Mit-)Unternehmers. Das ist der Fall, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer mindestens über die Hälfte des Stammkapitals der GmbH verfügt (vgl. etwa BSG, Urt. v. 17.05.2001, - B 12 KR 34/00 R -). Ist sein Anteil am Stammkapital geringer, ist der Gesellschafter-Geschäftsführer also nur Minderheitengesellschafter, kommt es darauf an, ob seine Rechtsmacht in der Gesellschaft aus anderen Gründen der Rechtsmacht des Mehrheitsgesellschafters bzw. des mit mindestens 50 % am Stammkapital der Gesellschaft beteiligten Gesellschafters vergleichbar ist. Das kann beim Abschluss von Stimmbindungsverträgen (vgl. dazu etwa Senatsurteil vom 11.06.2014, - L 5 R 1732/14 -; Revision anhängig), bei der Einräumung von Sonderrechten zur Herbeiführung oder Verhinderung von Gesellschafterbeschlüssen und insbesondere bei der Einräumung einer so genannten "Sperrminorität" der Fall sein. Erforderlich ist aber immer, dass dem Gesellschafter-Geschäftsführer im Ergebnis die Rechtsmacht zukommt, sich ihm nicht genehmer Weisungen hinsichtlich der Ausübung seiner Geschäftsführertätigkeit zu erwehren (vgl. BSG, Urt. v. 24.09.1992, - 7 RAr 12/92 -; zur Sperrminorität im Besonderen BSG, Urt. v. 30.04.2013, - B 12 KR 19/11 R -). Andernfalls übt er die Geschäftsführertätigkeit - vorbehaltlich der Würdigung der für das Gesamtbild seiner Tätigkeit im Übrigen maßgeblichen Umstände - im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses aus. Daher genügt es für die Annahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit insbesondere nicht, wenn eine dem Gesellschafter-Geschäftsführer eingeräumte Sperrminorität sich in Minderheitenschutzklauseln hinsichtlich besonders wichtiger Geschäfte erschöpft (vgl. dazu BSG, Urt. v. 24.09.1992, a. a. O.). Die Sperrminorität muss sich vielmehr grundsätzlich auf alle Angelegenheiten der Gesellschaft und nicht nur auf einige bedeutende Angelegenheiten beziehen (LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 16.01.2015, - L 1 KR 130/14 -; LSG Hamburg, Urt. v. 05.11.2014, - L 1 KR 44/13 -). Ein durch die Sperrminorität vermittelter maßgeblicher gesellschaftsrechtlicher Einfluss liegt nicht vor, wenn der (Minderheiten-)Gesellschafter-Geschäftsführer so wesentliche Entscheidungen wie die Auflösung der Gesellschaft, die operative Neuausrichtung oder seine eigene Abberufung bzw. Entlassung nicht verhindern kann (LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 30.09.2014, - L 11 R 2662/13 -; zur Reichweite von Stimmverboten insoweit Baumbach/Hueck, GmbHG § 47 Rdnrn. 84,86,106). Soll dem Minderheitengesellschafter der sozialversicherungsrechtliche Status des (Mit-)Unternehmers durch Einräumung einer Sperrminorität zukommen, müssen die Gesellschafter den - hierfür ausreichenden - Umfang der Sperrminorität im Gesellschaftsvertrag klar festlegen und insoweit eindeutig "Farbe bekennen". Besondere Bedeutung kommt aus Sicht des Senats dabei der Frage zu, ob der Minderheitengesellschafter im Streitfall auch die Entziehung seines Organstatus als Geschäftsführer verhindern kann oder nicht.
b.) Davon ausgehend kann die während der Zeit vom 01.01.2011 bis 31.03.2014 ausgeübte Tätigkeit des Klägers Nr. 2 als Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin Nr. 1 nicht als selbständige Erwerbstätigkeit eingestuft werden. Der Senat teilt - für die genannte und allein noch streitige Zeit - die Rechtsauffassung des Sozialgerichts und nimmt - zumal zur Begründung der Berufung insoweit wesentlich Neues nicht vorgetragen worden ist - auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend sei angemerkt:
In gesellschaftsrechtlicher Hinsicht spricht gegen die Einstufung des Klägers Nr. 2 als selbständig Erwerbstätigen maßgeblich, dass er - während der streitigen Zeit (01.01.2011 bis 31.03.2014) - nur mit einem Kapitalanteil von 48 % an der Klägerin Nr. 1 beteiligt gewesen ist. Da Gesellschafterbeschlüsse mit einfacher Mehrheit getroffen worden sind, hat der Kläger Nr. 2 daher nur über eine Anteilsminderheit gebieten können. Über Sonderrechte zur Herbeiführung oder Verhinderung von Gesellschafterbeschlüssen hat er nicht verfügt. Der Senat verkennt nicht, dass die gesellschaftsrechtliche Rechtsmacht des Klägers Nr. 2 mit der Änderung des Gesellschaftsvertrags am 20.05.2011 durch Einräumung einer Sperrminorität nicht unerheblich gestärkt worden ist. Deren Umfang hat aber (noch) nicht ausgereicht, um die Geschäftsführertätigkeit des Klägers Nr. 2 in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht dem Bereich der selbständigen Erwerbstätigkeit zuzuordnen. Der Kläger Nr. 2 hat sich ihm nicht genehmer Weisungen - die er nach § 1 Abs. 1 des Geschäftsführer-Anstellungsvertrags befolgen muss - nach wie vor nicht in ausreichendem Maße erwehren können. Die Rechtsmacht aus der Sperrminorität ist im Sinne einer - wenn auch recht weitgehenden - Minderheitenschutzklausel gegenständlich beschränkt worden und hat sich im Kern auf Geschäfte gerichtet, die über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb der Gesellschaft hinausgehen (so ausdrücklich die Regelung des seinerzeit geltenden Gesellschaftsvertrags unter X Nr. 3 l). Im Übrigen, vor allem also für den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb (das operative Tagesgeschäft) ist dem Kläger Nr. 2 - wie einem abhängig beschäftigten (angestellten) Geschäftsführer - nach wie vor nicht die Rechtsmacht zur Abwehr von Weisungen eröffnet worden. Eine solche Rechtsmacht kann den im Gesellschaftsvertrag zur Sperrminorität getroffenen Regelungen nicht "im Umkehrschluss" entnommen werden. Unerheblich ist, dass unter den Gesellschaftern der Klägerin Nr. 1 offenbar durchweg Einvernehmen geherrscht hat und man sich in der Führung der GmbH - auch und gerade hinsichtlich des Tagesgeschäfts - einig gewesen ist. Für die sozialversicherungsrechtliche Statusbeurteilung kommt es darauf an, was gilt, wenn es, aus welchen Gründen auch immer, zum Streit kommt; eine "Schönwetterselbständigkeit" gibt es nicht (BSG, Urt. v. 29.08.2012, - B 12 KR 25/10 R - und - B 12 R 14/10 R -). Nach Auffassung des Senats ist im Gesellschaftsvertrag - was für das Gesamtbild der Geschäftsführertätigkeit des Klägers Nr. 2 einen wichtigen Gesichtspunkt darstellt - nicht klar genug geregelt gewesen, dass der Kläger Nr. 2 im Streitfall seine Abberufung als Geschäftsführer - den Entzug seiner organschaftlichen Rechtsstellung - mit Hilfe der ihm eingeräumten Sperrminorität verhindern kann. Im Katalog der der Sperrminorität unterworfenen Rechtsgeschäfte und Rechtshandlungen ist - ausdrücklich - nur die Abberufung von Prokuristen (X Nr. 3 d des seinerzeit geltenden Gesellschaftsvertrags), nicht jedoch die Abberufung des Geschäftsführers aufgeführt. Dass die Auflösung von (schuldrechtlichen) Dienstverträgen (X Nr. 3 e des seinerzeit geltenden Gesellschaftsvertrags) der Sperrminorität unterlegen hat, stellt einen ausreichenden Ersatz nicht dar, zumal der Tätigkeit des Klägers Nr. 2 ein wohl als "Geschäftsführer-Dienstvertrag" gedachter, aber ausdrücklich als "Geschäftsführer-Anstellungsvertrag" bezeichneter Vertrag zugrunde liegt und die Bezeichnung als "Anstellungsvertrag" den Vertrag eher dem Bereich des Arbeitsvertragsrechts und nicht des Dienstvertragsrechts zuordnet. Wird anderes gewollt, soll insbesondere die Organstellung des (nur) über eine Anteilsminderheit gebietenden Gesellschafter-Geschäftsführers gegenüber der Gesellschafterversammlung abgesichert und ihr die Rechtsmacht zur Abberufung des Gesellschafter-Geschäftsführers genommen werden, bedarf es hierzu einer klaren Regelung im Gesellschaftsvertrag, an die die sozialversicherungsrechtliche Statusbeurteilung mit ausreichender Sicherheit anknüpfen kann. Hierfür genügt auch die Generalklausel oder Auffangregelung unter X Nr. 3 l des seinerzeit geltenden Gesellschaftsvertrags, die alle außergewöhnlichen Geschäfte der Sperrminorität unterworfen hat, nicht. Sie ist nicht geeignet, einen für bestimmte Rechtsgeschäfte und Rechtshandlungen abschließend und nicht (etwa durch "Insbesondere-Klausel") nur beispielhaft geltenden Katalogtatbestand - hier hinsichtlich der Abberufung von in der Gesellschaft tätigen Personen in X Nr. 3 d - um weitere Regelungsgegenstände zu ergänzen.
In arbeitsrechtlicher Hinsicht hat der Tätigkeit des Klägers Nr. 2 während der streitigen Zeit ein Vertrag mit arbeitnehmertypischen Regelungsgehalten zugrunde gelegen. Neben einem - was maßgeblich ist: rechtlich - von der Ertragslage des Unternehmens unabhängigen monatlichen Festgehalt von 3.000 EUR sind ein Urlaubsanspruch, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und die Erstattung von Spesen vereinbart. Dass man das Gehalt gleichsam als Vorauszahlung auf die Tantiemen des Klägers Nr. 2 angesehen hat, ist rechtlich nicht verankert und für die sozialversicherungsrechtliche Statusbeurteilung nicht ausschlaggebend. Das Gehalt des Klägers Nr. 2 ist auch ersichtlich als Betriebsausgabe gebucht worden und man führt Lohnsteuer abgeführt.
Der Kläger Nr. 2 hat bei der Erbringung seiner Arbeitsleistung von Anfang an unzweifelhaft erhebliche Freiheiten gehabt. Das ist freilich kennzeichnend (auch) für den Status (abhängig beschäftigter) leitender Angestellter, von denen erwartet wird, dass sie ihre Aufgaben im Rahmen dienender Teilhabe am Arbeitsprozess (vgl. BSG, Urt. v. 18.12.2001, - B 12 KR 10/01 R -) frei von Einzelweisungen erfüllen und selbständig arbeiten (können). Dass der Kläger Nr. 2 dafür über die notwendigen Kenntnisse verfügen muss, versteht sich von selbst und ist für seinen sozialversicherungsrechtlichen Status ohne Belang.
Ein den sozialversicherungsrechtlichen Status maßgeblich prägendes Unternehmerrisiko hat der Kläger Nr. 2 während der streitigen Zeit ebenfalls nicht getragen. Ausgangspunkt für die Würdigung eines statusrelevanten Unternehmerrisikos ist (ebenfalls) die unternehmens- bzw. gesellschaftsrechtliche Rechtskonstruktion - nunmehr vor allem in haftungsrechtlicher Hinsicht - die die Beteiligten gewählt haben. Der Kläger Nr. 2 ist danach an der Klägerin Nr. 1 über seinen Kapitalanteil beteiligt; hierauf konzentriert sich wesentlich der unternehmerische Einsatz von Wagniskapital.
Der Senat verkennt nicht, dass es - für die noch streitige Zeit vom 01.01.2011 bis 31.03.2014 - auch Gesichtspunkte gibt, die, wie die Befugnis, Personal unbeschränkt einstellen und entlassen zu dürfen, oder die Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot des § 181 BG, für eine selbständige Erwerbstätigkeit des Klägers Nr. 2 sprechen. Dazu gehört auch, dass er der GmbH Büroausstattung (EDV-Ausstattung) oder einen PKW im Wert von insgesamt 15.380 EUR zur Verfügung gestellt hat. Auch diesen Umständen, namentlich der in als GmbH verfassten Unternehmen nicht seltenen Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot (dazu etwa BSG, Urt. v. 29.08.2012, - B 12 KR 25/10 R - und - B 12 R 14/10 R -; Urt. v. 04.07.2007, - B 11a Al 5/06 R -), kommt indessen kein ausschlaggebendes Gewicht in der Gesamtabwägung aller maßgeblichen Einzelfallumstände zu. Sie haben für die sozialversicherungsrechtliche Statusbeurteilung gegenüber der dargestellten Verteilung der Rechtsmacht im Unternehmen während der streitigen Zeit, der überwiegend arbeitnehmertypisch konzipierten Vertragsgrundlage für die Tätigkeit des Klägers Nr. 2 und dem Fehlen eines hinreichend statusrelevanten Unternehmerrisikos geringeres Gewicht, weshalb es für die noch streitige Zeit beim Gesamtbild einer abhängigen Beschäftigung bleibt.
Da der Kläger Nr. 2 bei der Klägerin Nr. 1 während der streitigen Zeit eine abhängige Beschäftigung ausgeübt hat, hat er in der Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer der Versicherungspflicht zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung unterlegen; die Beklagte hat das in den angefochtenen Bescheiden zu Recht festgestellt.
III. Die Kostenentscheidung - für das Berufungsverfahren - beruht für beide Kläger auf § 193 SGG. Für das Verfahren im ersten Rechtszug bleibt es bei den Kostenentscheidungen in den angefochtenen Urteilen.
Ist - wie hier - bei einem Streit mit subjektiver Klagehäufung und einem einheitlichen, unteilbaren Streitgegenstand in einer Instanz ein Kläger (hier der Kläger Nr. 2 als Versicherter i. S. d. § 183 SGG) kostenrechtlich privilegiert und ein anderer Kläger (hier die Klägerin Nr. 1) kostenpflichtig (§§ 197a Abs. 1 Satz 1, 183 SGG), greift - immer bezogen auf den jeweiligen Rechtszug (dazu BSG Urt. v. 26.09.2006 - B 1 KR 1/06 R -, Juris Rdnr. 32) - wegen des Grundsatzes der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung die Regelung für Kostenprivilegierte ein (BSG, Beschl. v. 29.05.2006, - B 2 U 391/05 B - sowie v. 26.07.2006, - B 3 KR 6/06 B -, LSG Bayern, Beschl. v. 02.03.2010, - L 5 R 109/10 B -, LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 30.03.2012, - L 4 R 2043/10 -). Anderes gilt für den Fall der objektiven Klagehäufung (BSG, Urt. v. 26.09.2006, - B 1 KR 1/06 R -). Eine objektive Klagehäufung liegt hier indessen nicht vor. Die Klägerin Nr. 1 und der Kläger Nr. 2 wenden sich zwar jeweils nur gegen den an sie selbst adressierten Bescheid, die Bescheide stehen jedoch materiell-rechtlich in einem unteilbaren inneren Zusammenhang, weswegen die Beklagte sie mit identischem Verfügungssatz und identischer Begründung gegenüber beiden Klägern erlassen hat; über die Bescheide kann auch nur prozessual einheitlich entschieden werden (vgl. Senatsurteil vom 20.03.2013, - L 5 R 3257/12 -).
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG). Der Senat folgt der Rechtsprechung des BSG, wobei der vorliegende Fall keine bislang ungeklärten Rechtsfragen aufgeworfen hat.
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