Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 10 R 2815/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 1809/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 31.03.2014 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbminderung streitig.
Die am 1954 geborene Klägerin erlernte keinen Beruf. Nach Tätigkeiten u.a. als Maschinenführerin, Näherin und Zuschneiderin war die Klägerin von 1996 bis zur Betriebsschließung im November 2007 als Lagerarbeiterin beschäftigt. Hiernach war die Klägerin arbeitslos bzw. arbeitsunfähig. Zuletzt war sie von November 2012 bis Februar 2013 bei einem Personaldienstleister versicherungspflichtig beschäftigt und dabei als Kommissioniererin eingesetzt.
Nachdem in den Jahren 2008 und 2010 gestellte Rentenanträge erfolglos geblieben waren, beantragte die Klägerin am 02.05.2013 erneut die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Den Rentenantrag begründete sie mit "Asthma, Allergikerin, kraftlos, Bandscheibenleiden, psychische Erkrankung". Die Beklagte veranlasste das Gutachten des Internisten Dr. M. , der die Klägerin im Juni 2013 untersuchte und unter Berücksichtigung der in den früheren Rentenverfahren eingeholten Gutachten diagnostisch von degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule (Bandscheibenschäden C3/4 und C5/6, chronische Nacken- und Thoraxbeschwerden), einer Periarthropathie beider Schultergelenke mit endgradiger Funktionseinschränkung beidseits, einer chronisch obstruktiven Atemwegserkrankung und Heuschnupfen, einer ängstlich depressiven Anpassungsstörung bei biographischen Belastungen (mittlerweile gebessert) und (möglichen) somatoformen Beschwerdezuflüssen ausging. Er erachtete die Klägerin für in der Lage, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten überwiegend im Gehen und Sitzen, zeitweise im Stehen sechs Stunden und mehr auszuüben. Zu vermeiden seien Nachtschicht, Bücken, Heben und Tragen von Lasten, Überkopfarbeiten, häufiges, heftiges Zugreifen sowie inhalative Noxen. Mit Bescheid vom 17.06.2013 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin hierauf gestützt mit der Begründung ab, die Klägerin könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch zumindest sechs Stunden täglich erwerbstätig sei und sei daher nicht erwerbsgemindert. Der dagegen eingelegte Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 26.08.2013).
Am 30.08.2013 hat die Klägerin dagegen beim Sozialgericht Ulm (SG) Klage erhoben und ihr Vorbringen im Widerspruchsverfahren wiederholt, wonach sie über einen Schwerbehindertenausweis mit einem GdB von 50 verfüge, erhebliche Einschränkungen im orthopädischen Bereich, insbesondere im Bereich der Wirbelsäule und an beiden Schultergelenken, vorlägen, eine chronische obstruktive Atemwegserkrankung, Depressionen und eine Anpassungsstörung bestünden und sie deshalb außer Stande sei, zumindest drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Das SG hat den Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. M. und den Arzt für Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. B. schriftlich als sachverständige Zeugen angehört. Dr. M. hat im November 2013 von drei Vorstellungen im Jahr 2011, einer Vorstellung im Februar 2012 sowie weiteren Vorstellungen im Januar und September 2013 berichtet und weiter ausgeführt, Mitte 2013 sei vor dem Hintergrund des Scheiterns im Arbeitsprozess (Kündigung wegen einer Grippeerkrankung) eine Verschlechterung eingetreten. Diagnostisch ist er von einer Angst und depressiven Störung, einer schweren depressiven Episode, einem Asthma Bronchiale und einer rezidivierenden Lumbago ausgegangen und hat die Klägerin aktuell für weniger als drei Stunden täglich einsatzfähig erachtet. Dr. B. hat von der zuletzt Anfang Dezember 2013 erfolgten Vorstellung berichtet, anlässlich derer sich unter medikamentöser Behandlung eine leichte Befundbesserung gezeigt habe. Diagnostisch ist er von einer COPD (GOLD Stadium II) und einem Asthma bronchiale ausgegangen. Eine deutliche Einschränkung der Belastbarkeit hat er bei mittel- bis schwergradigen Belastungen gesehen. Das SG hat darüber hinaus ein nervenärztliches Gutachten bei der Ärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. M. auf Grund Untersuchung der Klägerin im Februar 2014 eingeholt. Die Sachverständige hat eine (gebesserte) depressive Störung sowie eine Lumbago diagnostiziert und die Ausübung mittelschwerer Tätigkeiten ohne Stress, Druck und Nachtarbeit zumindest sechs Stunden täglich für zumutbar erachtet.
Mit Gerichtsbescheid vom 31.03.2014 hat das SG die Klage, gestützt auf die Gutachten des Dr. M. und der Sachverständigen Dr. M. , wonach die Klägerin über ein mehr als sechsstündiges Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verfüge und daher weder volle noch teilweise Erwerbsminderung vorliege, abgewiesen.
Am 23.04.2014 hat die Klägerin dagegen beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und neben einer Verletzung rechtlichen Gehörs, weil sie ihre gesundheitlichen Einschränkungen nicht im Rahmen eines Verhandlungs- oder Erörterungstermins habe darlegen können, geltend gemacht, das SG habe verfahrensfehlerhaft nur Dr. B. und Dr. M. als sachverständige Zeugen angehört, nicht aber die weiter von ihr benannten Ärzte und Einrichtungen, die ebenfalls Angaben zu ihrem Gesundheitszustand hätten machen können. Zu Unrecht habe das SG seine Entscheidung im Übrigen auf das Gutachten der Sachverständigen Dr. M. gestützt, die sie, die Klägerin, lediglich in der Untersuchungssituation gesehen, vorher jedoch nicht gekannt habe und sich zudem nicht mit der umfangreichen Stellungnahme des Dr. M. auseinander gesetzt habe. Schließlich hätte sich das SG auch nicht auf das Gutachten des Dr. M. und dessen Ausführungen zu dem für ihn fachfremden orthopädischen Fachgebiet stützen dürfen. Insoweit sei die Einholung eines Gutachtens erforderlich gewesen. Zuletzt hat die Klägerin vorgebracht, sie leide schon bei leichtester körperlicher Anstrengung an Atemnot und bekomme keine Luft. Insoweit sei keine Besserung, sondern eine deutliche Verschlechterung zu erwarten, weshalb es in Zukunft nicht ausgeschlossen sei, dass sie dauerhaft ein Sauerstoffgerät benötige.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 31.03.2014 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 17.06.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.08.2013 zu verurteilen, ihr Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig.
Der Senat hat den Facharzt für Orthopädie Dr. S. und den Orthopäden Dipl.-Med. A. schriftlich als sachverständige Zeugen angehört. Dr. S. hat von einem Cervicalsyndrom bei Osteochondrose mit Uncarthrose HWK 5/6 und 6/7, einer Lumboischialgie bei linkskonvexer thorakolumbaler Torsionsskoliose mit Osteochondrose L2 bis L/5 sowie einer initialen Coxarthrose beidseits berichtet und hierdurch schwere und mittelschwere körperliche Arbeiten nicht mehr für möglich erachtet. Leichte Tätigkeiten im Wechsel zwischen Stehen, Gehen und Sitzen könne die Klägerin ohne zeitliche Einschränkung verrichten. Dipl.-Med. A. hat für den Zeitraum seit Rentenantragstellung von einer einmaligen Vorstellung im Mai 2013 berichtet, anlässlich derer er ein HWS-Syndrom bei degenerativer Veränderung, eine Tendinitis im Schulterbereich links sowie ein Karpaltunnelsyndrom beidseits diagnostiziert habe. Die Ausübung leichter Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes im Umfang von sechs Stunden täglich hat er für möglich erachtet.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig; die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 17.06.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.08.2013 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin ist trotz der bei ihr bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen im Sinne der maßgeblichen gesetzlichen Regelungen weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Ihr steht daher weder Rente wegen voller noch wegen teilweiser Erwerbsminderung zu.
Das SG hat die rechtlichen Grundlagen des geltend gemachten Anspruchs auf Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung (§ 43 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs - SGB VI) im Einzelnen dargelegt und mit zutreffender Begründung ausgeführt, dass die Klägerin diese Voraussetzungen nicht erfüllt, weil sie trotz der bei ihr bestehenden Gesundheitsstörungen noch in der Lage ist, leichte berufliche Tätigkeiten zumindest sechs Stunden täglich zu verrichten und mit diesem Leistungsvermögen weder volle noch teilweise Erwerbsminderung vorliegt. Der Senat teilt die Auffassung des SG, das gestützt auf die Ausführungen des von der Beklagten im Verwaltungsverfahren hinzugezogenen Gutachters Dr. M. und das Gutachten der Sachverständigen Dr. M. zu der Überzeugung gelangt ist, dass schwerwiegende Gesundheitsstörungen mit Auswirkungen auf das quantitative Leistungsvermögen der Klägerin weder von orthopädischer noch von lungenfachärztlicher und auch nicht von psychiatrischer Seite vorliegen. Überzeugend hat das SG auch begründet, weshalb insbesondere der Einschätzung des behandelnden Arztes Dr. M. nicht gefolgt werden kann. Der Senat sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Die vom Senat im Berufungsverfahren durchgeführten weiteren Ermittlungen rechtfertigen keine abweichende Beurteilung. Vielmehr haben die behandelnden Orthopäden Dr. S. und Dipl.-Med. A. im Rahmen ihrer dem Senat erteilten Auskünfte als sachverständige Zeugen die Beurteilung des Dr. M. und damit die Auffassung der Beklagten und ihr folgend des SG bestätigt, wonach die von der Wirbelsäule und den Schultergelenken ausgehenden Beeinträchtigungen zwar schwere und mittelschwere Tätigkeiten nicht mehr für zumutbar erscheinen lassen, Bedenken gegen die Ausübung leichter beruflicher Tätigkeiten in einem Umfang von zumindest sechs Stunden täglich jedoch nicht bestehen. Insoweit haben sich Dr. S. und Dipl.-Med. A. übereinstimmend geäußert. Da der Sachverhalt von medizinischer Seite mit den entsprechenden Auskünften hinreichend aufgeklärt ist, ist die Einholung eines orthopädischen Gutachtens nicht erforderlich.
Soweit die Klägerin darüber hinaus geltend macht, das SG hätte zur Aufklärung ihres tatsächlichen Gesundheitszustandes bei sämtlichen Ärzten, die sie aufgesucht habe, Auskünfte einholen müssen, trifft dies nicht zu. Denn im Rahmen der Amtsermittlungspflicht ist es weder geboten, Ermittlungen ins Blaue durchzuführen noch regelhaft sämtliche Ärzte nach den von ihnen erhobenen Befunden zu befragen. Hierauf hat bereits das SG zu Recht hingewiesen. Entsprechend ist es auch nicht geboten, über die Anhörung der Fachärzte Dr. B. und Dr. M. hinaus eine Auskunft bei Dr. Meyer, dem Hausarzt der Klägerin, einzuholen. Ohnehin stellt sich die Klägerin - ihren Angaben zufolge - bei diesem lediglich wegen der COPD und Depressionen vor, derentwegen jedoch bereits die fachärztlichen Auskünfte des Dr. B. einerseits und des Dr. M. andererseits vorgelegen haben. Was die Behandlung im Heidenheimer Krankenhaus anbelangt, wo nach den Angaben der Klägerin im August 2012 eine Schilddrüsenoperation, und zwar eine Struma Resektion durchgeführt worden sei, kann die Richtigkeit der Angabe unterstellt werden. Die Einholung einer entsprechenden Auskunft zur Verifizierung dieser Angabe ist entbehrlich. Entsprechendes gilt im Hinblick auf die im März 2013 erfolgte Vorstellung der Klägerin im Klinikum A. wegen Depression. Denn der Arztbericht über diese Vorstellung hat der Auskunft des Dr. M. beigelegen.
Soweit die Klägerin weiterhin rügt, das sich das SG auf das Gutachten der Sachverständigen Dr. M. gestützt habe, die sich ihrerseits nicht ordnungsgemäß mit der abweichenden Auffassung des behandelnden Arztes Dr. M. auseinander gesetzt habe, trifft dies gerade nicht zu. Denn Dr. M. hat überzeugend deutlich gemacht, dass angesichts der niedrigfrequenten Behandlung bei Dr. M. mit drei Vorstellungen im Jahr 2011, eine im Jahr 2012 und zwei im Jahr 2013 nicht auf eine schwere Erkrankung geschlossen werden kann, zumal nicht einmal die für Mitte 2013 beschriebene Verschlechterung zu einer Intensivierung der Behandlung, engmaschigeren Vorstellung oder gar zu einer stationären Einweisung geführt hat, was bei einer schweren depressiven Episode in Betracht zu ziehen wäre.
Schließlich ist es auch nicht erforderlich, ein Gutachten von lungenfachärztlicher Seite einzuholen. Denn Anhaltspunkte dafür, dass es nach der zuletzt bei Dr. B. im Dezember 2013 erfolgten Vorstellung zu einer Verschlechterung der Lungenfunktion gekommen ist, sind nicht ersichtlich. Entsprechendes hat die Klägerin weder gegenüber der Sachverständigen Dr. M. bekundet noch im weiteren Klageverfahren und auch nicht im Berufungsverfahren. Damit bleibt es bei der Leistungsbeurteilung von Dr. M. , die von Dr. B. im Grunde bestätigt worden ist. Soweit die Klägerin zuletzt geltend gemacht hat, Bronchien und Lunge seien erheblich und dauerhaft in Mitleidenschaft gezogen, weshalb keine Besserung, sondern eine deutliche Verschlechterung zu erwarten sei, ist darauf hinzuweisen, dass der im Streit stehende Rentenanspruch auf der Grundlage der derzeitigen gesundheitlichen Situation zu beurteilen ist. Entsprechend kommt es auf zukünftig ggf. zu erwartende Verschlechterungen nicht an.
Da die Berufung der Klägerin nach allem dem keinen Erfolg haben kann, ist diese zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für die Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbminderung streitig.
Die am 1954 geborene Klägerin erlernte keinen Beruf. Nach Tätigkeiten u.a. als Maschinenführerin, Näherin und Zuschneiderin war die Klägerin von 1996 bis zur Betriebsschließung im November 2007 als Lagerarbeiterin beschäftigt. Hiernach war die Klägerin arbeitslos bzw. arbeitsunfähig. Zuletzt war sie von November 2012 bis Februar 2013 bei einem Personaldienstleister versicherungspflichtig beschäftigt und dabei als Kommissioniererin eingesetzt.
Nachdem in den Jahren 2008 und 2010 gestellte Rentenanträge erfolglos geblieben waren, beantragte die Klägerin am 02.05.2013 erneut die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Den Rentenantrag begründete sie mit "Asthma, Allergikerin, kraftlos, Bandscheibenleiden, psychische Erkrankung". Die Beklagte veranlasste das Gutachten des Internisten Dr. M. , der die Klägerin im Juni 2013 untersuchte und unter Berücksichtigung der in den früheren Rentenverfahren eingeholten Gutachten diagnostisch von degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule (Bandscheibenschäden C3/4 und C5/6, chronische Nacken- und Thoraxbeschwerden), einer Periarthropathie beider Schultergelenke mit endgradiger Funktionseinschränkung beidseits, einer chronisch obstruktiven Atemwegserkrankung und Heuschnupfen, einer ängstlich depressiven Anpassungsstörung bei biographischen Belastungen (mittlerweile gebessert) und (möglichen) somatoformen Beschwerdezuflüssen ausging. Er erachtete die Klägerin für in der Lage, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten überwiegend im Gehen und Sitzen, zeitweise im Stehen sechs Stunden und mehr auszuüben. Zu vermeiden seien Nachtschicht, Bücken, Heben und Tragen von Lasten, Überkopfarbeiten, häufiges, heftiges Zugreifen sowie inhalative Noxen. Mit Bescheid vom 17.06.2013 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin hierauf gestützt mit der Begründung ab, die Klägerin könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch zumindest sechs Stunden täglich erwerbstätig sei und sei daher nicht erwerbsgemindert. Der dagegen eingelegte Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 26.08.2013).
Am 30.08.2013 hat die Klägerin dagegen beim Sozialgericht Ulm (SG) Klage erhoben und ihr Vorbringen im Widerspruchsverfahren wiederholt, wonach sie über einen Schwerbehindertenausweis mit einem GdB von 50 verfüge, erhebliche Einschränkungen im orthopädischen Bereich, insbesondere im Bereich der Wirbelsäule und an beiden Schultergelenken, vorlägen, eine chronische obstruktive Atemwegserkrankung, Depressionen und eine Anpassungsstörung bestünden und sie deshalb außer Stande sei, zumindest drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Das SG hat den Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. M. und den Arzt für Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. B. schriftlich als sachverständige Zeugen angehört. Dr. M. hat im November 2013 von drei Vorstellungen im Jahr 2011, einer Vorstellung im Februar 2012 sowie weiteren Vorstellungen im Januar und September 2013 berichtet und weiter ausgeführt, Mitte 2013 sei vor dem Hintergrund des Scheiterns im Arbeitsprozess (Kündigung wegen einer Grippeerkrankung) eine Verschlechterung eingetreten. Diagnostisch ist er von einer Angst und depressiven Störung, einer schweren depressiven Episode, einem Asthma Bronchiale und einer rezidivierenden Lumbago ausgegangen und hat die Klägerin aktuell für weniger als drei Stunden täglich einsatzfähig erachtet. Dr. B. hat von der zuletzt Anfang Dezember 2013 erfolgten Vorstellung berichtet, anlässlich derer sich unter medikamentöser Behandlung eine leichte Befundbesserung gezeigt habe. Diagnostisch ist er von einer COPD (GOLD Stadium II) und einem Asthma bronchiale ausgegangen. Eine deutliche Einschränkung der Belastbarkeit hat er bei mittel- bis schwergradigen Belastungen gesehen. Das SG hat darüber hinaus ein nervenärztliches Gutachten bei der Ärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. M. auf Grund Untersuchung der Klägerin im Februar 2014 eingeholt. Die Sachverständige hat eine (gebesserte) depressive Störung sowie eine Lumbago diagnostiziert und die Ausübung mittelschwerer Tätigkeiten ohne Stress, Druck und Nachtarbeit zumindest sechs Stunden täglich für zumutbar erachtet.
Mit Gerichtsbescheid vom 31.03.2014 hat das SG die Klage, gestützt auf die Gutachten des Dr. M. und der Sachverständigen Dr. M. , wonach die Klägerin über ein mehr als sechsstündiges Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verfüge und daher weder volle noch teilweise Erwerbsminderung vorliege, abgewiesen.
Am 23.04.2014 hat die Klägerin dagegen beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und neben einer Verletzung rechtlichen Gehörs, weil sie ihre gesundheitlichen Einschränkungen nicht im Rahmen eines Verhandlungs- oder Erörterungstermins habe darlegen können, geltend gemacht, das SG habe verfahrensfehlerhaft nur Dr. B. und Dr. M. als sachverständige Zeugen angehört, nicht aber die weiter von ihr benannten Ärzte und Einrichtungen, die ebenfalls Angaben zu ihrem Gesundheitszustand hätten machen können. Zu Unrecht habe das SG seine Entscheidung im Übrigen auf das Gutachten der Sachverständigen Dr. M. gestützt, die sie, die Klägerin, lediglich in der Untersuchungssituation gesehen, vorher jedoch nicht gekannt habe und sich zudem nicht mit der umfangreichen Stellungnahme des Dr. M. auseinander gesetzt habe. Schließlich hätte sich das SG auch nicht auf das Gutachten des Dr. M. und dessen Ausführungen zu dem für ihn fachfremden orthopädischen Fachgebiet stützen dürfen. Insoweit sei die Einholung eines Gutachtens erforderlich gewesen. Zuletzt hat die Klägerin vorgebracht, sie leide schon bei leichtester körperlicher Anstrengung an Atemnot und bekomme keine Luft. Insoweit sei keine Besserung, sondern eine deutliche Verschlechterung zu erwarten, weshalb es in Zukunft nicht ausgeschlossen sei, dass sie dauerhaft ein Sauerstoffgerät benötige.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 31.03.2014 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 17.06.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.08.2013 zu verurteilen, ihr Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig.
Der Senat hat den Facharzt für Orthopädie Dr. S. und den Orthopäden Dipl.-Med. A. schriftlich als sachverständige Zeugen angehört. Dr. S. hat von einem Cervicalsyndrom bei Osteochondrose mit Uncarthrose HWK 5/6 und 6/7, einer Lumboischialgie bei linkskonvexer thorakolumbaler Torsionsskoliose mit Osteochondrose L2 bis L/5 sowie einer initialen Coxarthrose beidseits berichtet und hierdurch schwere und mittelschwere körperliche Arbeiten nicht mehr für möglich erachtet. Leichte Tätigkeiten im Wechsel zwischen Stehen, Gehen und Sitzen könne die Klägerin ohne zeitliche Einschränkung verrichten. Dipl.-Med. A. hat für den Zeitraum seit Rentenantragstellung von einer einmaligen Vorstellung im Mai 2013 berichtet, anlässlich derer er ein HWS-Syndrom bei degenerativer Veränderung, eine Tendinitis im Schulterbereich links sowie ein Karpaltunnelsyndrom beidseits diagnostiziert habe. Die Ausübung leichter Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes im Umfang von sechs Stunden täglich hat er für möglich erachtet.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig; die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 17.06.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.08.2013 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin ist trotz der bei ihr bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen im Sinne der maßgeblichen gesetzlichen Regelungen weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Ihr steht daher weder Rente wegen voller noch wegen teilweiser Erwerbsminderung zu.
Das SG hat die rechtlichen Grundlagen des geltend gemachten Anspruchs auf Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung (§ 43 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs - SGB VI) im Einzelnen dargelegt und mit zutreffender Begründung ausgeführt, dass die Klägerin diese Voraussetzungen nicht erfüllt, weil sie trotz der bei ihr bestehenden Gesundheitsstörungen noch in der Lage ist, leichte berufliche Tätigkeiten zumindest sechs Stunden täglich zu verrichten und mit diesem Leistungsvermögen weder volle noch teilweise Erwerbsminderung vorliegt. Der Senat teilt die Auffassung des SG, das gestützt auf die Ausführungen des von der Beklagten im Verwaltungsverfahren hinzugezogenen Gutachters Dr. M. und das Gutachten der Sachverständigen Dr. M. zu der Überzeugung gelangt ist, dass schwerwiegende Gesundheitsstörungen mit Auswirkungen auf das quantitative Leistungsvermögen der Klägerin weder von orthopädischer noch von lungenfachärztlicher und auch nicht von psychiatrischer Seite vorliegen. Überzeugend hat das SG auch begründet, weshalb insbesondere der Einschätzung des behandelnden Arztes Dr. M. nicht gefolgt werden kann. Der Senat sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Die vom Senat im Berufungsverfahren durchgeführten weiteren Ermittlungen rechtfertigen keine abweichende Beurteilung. Vielmehr haben die behandelnden Orthopäden Dr. S. und Dipl.-Med. A. im Rahmen ihrer dem Senat erteilten Auskünfte als sachverständige Zeugen die Beurteilung des Dr. M. und damit die Auffassung der Beklagten und ihr folgend des SG bestätigt, wonach die von der Wirbelsäule und den Schultergelenken ausgehenden Beeinträchtigungen zwar schwere und mittelschwere Tätigkeiten nicht mehr für zumutbar erscheinen lassen, Bedenken gegen die Ausübung leichter beruflicher Tätigkeiten in einem Umfang von zumindest sechs Stunden täglich jedoch nicht bestehen. Insoweit haben sich Dr. S. und Dipl.-Med. A. übereinstimmend geäußert. Da der Sachverhalt von medizinischer Seite mit den entsprechenden Auskünften hinreichend aufgeklärt ist, ist die Einholung eines orthopädischen Gutachtens nicht erforderlich.
Soweit die Klägerin darüber hinaus geltend macht, das SG hätte zur Aufklärung ihres tatsächlichen Gesundheitszustandes bei sämtlichen Ärzten, die sie aufgesucht habe, Auskünfte einholen müssen, trifft dies nicht zu. Denn im Rahmen der Amtsermittlungspflicht ist es weder geboten, Ermittlungen ins Blaue durchzuführen noch regelhaft sämtliche Ärzte nach den von ihnen erhobenen Befunden zu befragen. Hierauf hat bereits das SG zu Recht hingewiesen. Entsprechend ist es auch nicht geboten, über die Anhörung der Fachärzte Dr. B. und Dr. M. hinaus eine Auskunft bei Dr. Meyer, dem Hausarzt der Klägerin, einzuholen. Ohnehin stellt sich die Klägerin - ihren Angaben zufolge - bei diesem lediglich wegen der COPD und Depressionen vor, derentwegen jedoch bereits die fachärztlichen Auskünfte des Dr. B. einerseits und des Dr. M. andererseits vorgelegen haben. Was die Behandlung im Heidenheimer Krankenhaus anbelangt, wo nach den Angaben der Klägerin im August 2012 eine Schilddrüsenoperation, und zwar eine Struma Resektion durchgeführt worden sei, kann die Richtigkeit der Angabe unterstellt werden. Die Einholung einer entsprechenden Auskunft zur Verifizierung dieser Angabe ist entbehrlich. Entsprechendes gilt im Hinblick auf die im März 2013 erfolgte Vorstellung der Klägerin im Klinikum A. wegen Depression. Denn der Arztbericht über diese Vorstellung hat der Auskunft des Dr. M. beigelegen.
Soweit die Klägerin weiterhin rügt, das sich das SG auf das Gutachten der Sachverständigen Dr. M. gestützt habe, die sich ihrerseits nicht ordnungsgemäß mit der abweichenden Auffassung des behandelnden Arztes Dr. M. auseinander gesetzt habe, trifft dies gerade nicht zu. Denn Dr. M. hat überzeugend deutlich gemacht, dass angesichts der niedrigfrequenten Behandlung bei Dr. M. mit drei Vorstellungen im Jahr 2011, eine im Jahr 2012 und zwei im Jahr 2013 nicht auf eine schwere Erkrankung geschlossen werden kann, zumal nicht einmal die für Mitte 2013 beschriebene Verschlechterung zu einer Intensivierung der Behandlung, engmaschigeren Vorstellung oder gar zu einer stationären Einweisung geführt hat, was bei einer schweren depressiven Episode in Betracht zu ziehen wäre.
Schließlich ist es auch nicht erforderlich, ein Gutachten von lungenfachärztlicher Seite einzuholen. Denn Anhaltspunkte dafür, dass es nach der zuletzt bei Dr. B. im Dezember 2013 erfolgten Vorstellung zu einer Verschlechterung der Lungenfunktion gekommen ist, sind nicht ersichtlich. Entsprechendes hat die Klägerin weder gegenüber der Sachverständigen Dr. M. bekundet noch im weiteren Klageverfahren und auch nicht im Berufungsverfahren. Damit bleibt es bei der Leistungsbeurteilung von Dr. M. , die von Dr. B. im Grunde bestätigt worden ist. Soweit die Klägerin zuletzt geltend gemacht hat, Bronchien und Lunge seien erheblich und dauerhaft in Mitleidenschaft gezogen, weshalb keine Besserung, sondern eine deutliche Verschlechterung zu erwarten sei, ist darauf hinzuweisen, dass der im Streit stehende Rentenanspruch auf der Grundlage der derzeitigen gesundheitlichen Situation zu beurteilen ist. Entsprechend kommt es auf zukünftig ggf. zu erwartende Verschlechterungen nicht an.
Da die Berufung der Klägerin nach allem dem keinen Erfolg haben kann, ist diese zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für die Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
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