Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 10 SB 2669/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 4611/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 26.09.2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger gegen den Beklagten einen Anspruch auf (Erst-)Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von mindestens 30 seit 04.03.2013 hat.
Der am 20.10.1972 geborene Kläger, deutscher Staatsangehöriger, verletzte sich am 25.11.2011 während seiner Tätigkeit als Kfz-Mechaniker/Mechatroniker im Prototypenbau, als er beim Hochziehen einer Last mit dem Daumenrücken oben gegen einen Schraubenkopf "knallte" (Blatt 105 der SG-Akte).
Am 04.03.2013 beantragte er beim Landratsamt K. (LRA) die Feststellung eines GdB (Blatt 1/4 der Beklagtenakte). Zu seinem Antrag verwies der Kläger auf "Hand rechts" und "Chron. Schmerzen" wegen eines Arbeitsunfalles.
Das LRA holte eine Auskunft vom behandelnden Arzt Dr. M., Facharzt für Allgemeinmedizin (zu seiner Auskunft und den vorgelegten Unterlagen vgl. Blatt 6/12 der Beklagtenakte), der eine Bewegungseinschränkung des rechten Handgelenks nach Daumenprellung rechts (Arbeitsunfall) und Zustand nach Karpaltunnelsyndrom rechts bei deutlichem Mindergebrauch der rechten Hand bei anhaltender Schmerzsymptomatik beschrieb. Die Therapie werde fortgeführt. Darüber hinaus zog das LRA Unterlagen der B. bei (zu den Unterlagen vgl. Blatt 16/18 der Beklagtenakte).
In ihrer versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 02.05.2013 (Blatt 19/20 der Beklagtenakte) bewertete Dr. S. den Zustand nach Daumenprellung rechts, chronische Schmerzen nicht mit einem Einzel-GdB von mindestens 10. Auch die operierte Mittelnervendruckschädigung rechts (Carpaltunnelsyndrom) wurde nicht mit einem Einzel-GdB von mindestens 10 bewertet.
Mit Bescheid vom 08.05.2013 (Blatt 21/22 der Beklagtenakte) lehnte das LRA die Feststellung eines GdB ab; es liege nicht wenigstens ein GdB von 20 vor.
Den hiergegen am 16.05.2013 per Email (Blatt 24/25 der Beklagtenakte) und dann am 21.05.2013 per unterschriebenem Brief eingelegten Widerspruch des Klägers wies der Beklagte durch das Regierungspräsidium S. – Landesversorgungsamt – unter Berücksichtigung einer weiteren versorgungsärztlichen Stellungnahme (Stellungnahme Dr. B. vom 17.06.2013, Blatt 29 der Beklagtenakte) mit Widerspruchsbescheid vom 02.07.2013 (Blatt 31/32 der Beklagtenakte) zurück.
Der Kläger hat am 30.07.2013 Klage beim Sozialgericht (SG) Karlsruhe erhoben. Unzureichend berücksichtigt seien die Bewegungseinschränkungen der Schulter, am Ellenbogengelenk und am Handgelenk. Auch liege eine isolierte Aufhebung der Unterarmdrehbeweglichkeit vor. Außerdem sei ihm angeraten worden, sich einer Schmerztherapie zu unterziehen.
Der Kläger hat das neurochirurgische Gutachten des Prof. Dr. S. vom 06.11.2013 aus dem Verfahren S 4 U 1./13 (Blatt 40/44 der SG-Akte) vorgelegt, der hinsichtlich der rechten oberen Extremität eine MdE von 70 v.H. annahm.
Das SG hat Beweis erhoben durch schriftliche Befragung der den Kläger behandelnden Ärzten als sachverständige Zeugen. Wegen des Inhalts und Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Blatt 51/54, 55/56, 57/58, 82/83 und 86/87 der SG-Akte Bezug genommen. Außerdem hat das SG von Dr. M. Befundunterlagen beigezogen; wegen der Unterlagen wird auf Blatt 59/81 der SG-Akte Bezug genommen. Der Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. S. hat dem SG am 11.12.2013 geschrieben, der Kläger sei am 17.08.2012 aus der bg-lichen Heilbehandlung als vollschichtig arbeitsfähig entlassen worden. Nach seiner Einschätzung sei die Entlassung ohne weiter persistierende Beschwerden erfolgt. Der Facharzt für Neurologie Dr. U. hat in seinem Schreiben vom 13.12.2013 mitgeteilt, den Kläger einmalig am 15.04.2013 untersucht zu haben. Aus dem hierüber gefertigten Bericht ergibt sich, dass der neurographische Befund des nervus medianus völlig im Normalbereich ist, auch das Medianus-SEP rechts war im Normbereich, sodass eine Läsion des nervus medianus nicht anzunehmen sei. Dr. B., Chirurg, Unfallarzt, hat dem SG am 18.12.2013 geschrieben, er habe die Diagnose einer Prellung am rechten Daumen gestellt. Bekannt sei ein auswärts diagnostiziertes Karpaltunnelsyndrom. Es bestehe eine vorübergehende leichte Daumenverletzung (Prellung). Dr. W., Facharzt für Chirurgie, plastische Chirurgie, Handchirurgie, hat in seinem Schreiben vom 25.01.2014 ein posttraumatisches Karpaltunnelsyndrom und einen chronischen Schmerzzustand nach Prellung der rechten Hand mitgeteilt. Der Chefarzt der Klinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin und Schmerztherapie, B., Dr. K., hat dem SG in seiner Auskunft vom 07.03.2014 ein persistierendes Bewegungs- und Belastungsdefizit der rechten Hand nach Daumenprellung rechts, sowie eine Carpaltunnelspaltung im Verlauf der Behandlung des Bewegungs- und Belastungsdefizits sowie einen Mindergebrauch der rechten Hand, die auch noch im Jahre 2013 – ohne Nachweis eines Morbus Sudeck - nachweisbar gewesen seien, beschrieben.
Das SG hat aus dem dort geführten Verfahren S 4 U 1460/13 und dem Verfahren S 5 R 710/14 folgende Unterlagen beigezogen: - Gutachten Dr. W., Facharzt für Neurologie und Verkehrsmedizin vom 03.02.2014 (Blatt 93/104 der SG-Akte), - Entlassbericht der R.-Klinik vom 19.05.2014 über einen stationären Aufenthalt vom 28.04.2014 bis zum 16.05.2014 (Blatt 105/111 der SG-Akte).
Der Kläger hat mit Schreiben vom 30.07.2014 den Entlassbericht der R.-Klinik vom 19.05.2014 vorgelegt und angeregt, Dr. R. als sachverständigen Zeugen zu befragen (Blatt 114/122 der SG-Akte); es sei ein neuropathisches Schmerzsyndrom im Bereich des Ramus superficialis festgestellt worden, wobei es zu einer ungünstigen, durch Neuroplastizität bedingten Schmerzgeneralisierung mit hemisensorischer Störung und zunehmender Immobilisierung gekommen sei. Mit Schreiben vom 27.08.2014 (Blatt 132 der SG-Akte) beantragte er Dr. R. als sachverständigen Zeugen anzuhören.
Das SG hat mit Urteil vom 26.09.2014 die Klage abgewiesen. Die Bewertung des Gesamt-GdB des Klägers durch den Beklagten sei nicht zu beanstanden. Für die Beeinträchtigungen des Klägers im Bereich der Schultern sowie der Arme mitsamt der Händen vermöge die Kammer keinen Einzel-GdB von mehr als 10 anzunehmen. Insbesondere sei dem Entlassbrief der R.-Klinik vom 19.05.2014 eine Beweglichkeit der rechten Schulter für die Abduktion von mehr als 90 Grad zu entnehmen bei zudem durchführbarer Außen- und Innenrotation. Ebenso seien die Ellenbogengelenks- sowie Unterarmwendebeweglichkeit durchführbar. Die rechte Hand werde mit gestreckten Fingern weitgehend unbeweglich gehalten, Bewegungen im Handgrundgelenk seien jedoch durchführbar. Auch sei die Fingerstreckung und -beugung zwar schmerzbedingt kraftgemindert, aber ohne eindeutige Parese und lediglich die Fingerspreizung kaum durchführbar. Im Übrigen habe auch Dr. S. mitgeteilt, dass die Beschwerden nicht weiter persistierten. Dem Arztbrief der BG-Unfallklinik L. vom 22.08.2012 sei eine Beweglichkeit des rechten Handgelenks für Extension/Flexion passiv von 90-0-90 Grad und aktiv von 85-0-75 Grad zu entnehmen. Im Weiteren könne hinsichtlich des Nervus radialis auch im Hinblick auf die Ausführungen im Entlassbrief der R.-Klinik nicht überzeugend von einem Ausfall ausgegangen werden. Es würden lediglich Schmerzen wiedergegeben. Zudem lägen insbesondere auch unter Berücksichtigung der Gutachten des Dr. W. und der Prof. Dr. S./Dr. C. Anhaltspunkte für eine Aggravation und Demonstration vor. Dem Arztbrief der BG-Unfallklinik L. vom 22.08.2012 sei nach komplettem Absetzen der analgetischen Medikation sogar eine weitestgehende Schmerzfreiheit zu entnehmen. Im Übrigen teilten auch Prof. Dr. S./Dr. C. mit, dass abgesehen von der Fingerstrecker- und Faustschlussschwäche insbesondere am rechten Arm keine motorischen Defizite vorlägen. Hinsichtlich der Einschränkung der Schulterbeweglichkeit berichteten sie zudem von Hinweisen auf eine willkürliche Beeinflussung durch den Kläger. Den Gesamt-GdB bewerte das Gericht in Übereinstimmung mit den versorgungsärztlichen Stellungnahmen mit nicht mehr als 10.
Gegen das seinem Bevollmächtigten am 08.10.2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am 07.11.2014 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg Berufung eingelegt. Er hat sinngemäß ausgeführt, aus den Entscheidungsgründen des Urteils ergebe sich, dass das SG Anhaltspunkte für eine Aggravation und Demonstration gesehen habe. Das SG habe jedoch die Gutachten der Entscheidung nicht uneingeschränkt zugrunde legen dürfen, ohne der dem Kläger unterstellten Aggravation nachzugehen. So sei vorgetragen worden, dass im Rahmen der Behandlung in der R.-Klinik ein neuropathisches Schmerzsyndrom im Bereich des Ramus superficialis festgestellt worden sei, wobei es zu einer ungünstigen, durch Neuroplastizität bedingten Schmerzgeneralisierung mit hemisensorischer Störung und zunehmender Immobilisierung gekommen sei. Die Einschätzung des insoweit behandelnden Arztes habe sowohl einer Aggravation als auch einer Demonstration des Klägers entgegengestanden. Zum Beweis hierfür sei neben der Einholung eines sozialmedizinischen Sachverständigengutachtens auch das Zeugnis des Dr. med. O. R. angeboten worden. Inzident habe dem Vortrag der vorstehenden Gesundheitsstörungen die Erklärung zugrunde gelegen, dass auf seiner Seite gerade keine Aggravation bzw. Demonstration vorliege. Ohne der ihm unterstellten Aggravation bzw. Demonstration nachzugehen, habe das SG keine Entscheidung treffen dürfen. Insoweit werde die fehlende Ausermittlung des dem Urteil zugrunde liegenden Sachverhaltes gerügt.
Der Kläger beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 26.9.2014 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids des Landratsamts K. vom 08.05.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.07.2013 zu verurteilen, bei ihm einen Grad der Behinderung von mindestens 30 ab Antragstellung festzustellen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte ist der Berufung entgegengetreten und hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Nach Dr. W. sei die Beeinträchtigung des Klägers in Folge seines Unfalls ab 17.08.2012 mit weniger als 10 zu bewerten und die geschilderten Beschwerden nicht objektivierbar. Nach Auffassung des Beklagten werde hierdurch klargestellt, dass GdB-relevante Beeinträchtigungen beim Kläger nicht zu objektivieren seien.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Blatt 25, 26 der Senatsakte).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte sowie die beigezogenen Akten des SG und des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte gemäß § 124 Abs. 2 SGG über die Berufung ohne mündliche Verhandlung entscheiden, denn die Beteiligten haben dem zugestimmt und der Senat hält eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich.
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig aber unbegründet.
Der angefochtene Bescheid des LRA vom 08.05.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Beklagten vom 02.07.2013 ist nicht rechtswidrig, der Kläger wird nicht in seinen Rechten verletzt. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung eines GdB.
Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die GdB-Bewertung sind die Vorschriften des SGB IX. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die der Zuerkennung eines GdB zugrundeliegende Behinderung wird gemäß § 69 Abs. 1 SGB IX im Hinblick auf deren Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach Zehnergraden abgestuft festgestellt. Dabei stellt die Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10.12.2009 (BGBl. I, 2412), den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (VG) auf funktionelle Beeinträchtigungen ab, die zunächst im Allgemeinen nach Funktionssystemen (dazu vgl. A Nr. 2 Buchst. e) VG) getrennt, später nach § 69 Abs. 3 SGB IX in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen sind. Die Feststellung der jeweiligen Einzel-GdB folgt dabei nicht einzelnen Erkrankungen sondern den funktionellen Auswirkungen aller derjenigen Erkrankungen, die ein einzelnes Funktionssystem betreffen.
Die Bemessung des Gesamt GdB (dazu s. unten) erfolgt nach § 69 Abs. 3 SGB IX. Danach ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt GdB ungeeignet. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. A Nr. 3 VG). Der Gesamt GdB ist unter Beachtung der VersMedV einschließlich der VG in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3 3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP). Es ist also eine Prüfung vorzunehmen, wie die einzelnen Behinderungen sich zueinander verhalten und ob die Behinderungen in ihrer Gesamtheit ein Ausmaß erreichen, das die Schwerbehinderung bedingt.
Der Senat ist nach eigener Prüfung zu der Überzeugung gelangt, dass die Funktionsbehinderungen, die im Allgemeinen in den einzelnen Funktionssystemen (dazu vgl. A Nr. 2 Buchst. e) VG) bewertet werden, in ihrer Gesamtschau keinen Gesamt-GdB von mindestens 20 rechtfertigen, weshalb ein Anspruch auf Feststellung eines GdB nicht besteht und die Berufung zurückzuweisen war.
Der Kläger gibt gesundheitliche Beeinträchtigungen im Funktionssystem der Arme an. Hierzu hat er auf Beeinträchtigungen im Schultergelenk, dem Ellenbogengelenk und der Hand, verbunden mit Schmerzen, verwiesen.
Zunächst hatte der behandelnde Arzt Dr. B. gegenüber dem SG (Blatt 58 der SG-Akte) die Folgen der am Arbeitsplatz erlittenen Verletzung als eine Prellung des rechten Daumens und als eine leichte Verletzung beschrieben. Diese Einschätzung erscheint angesichts des sich aus den Akten ergebenden Geschehenshergangs nicht als unschlüssig. Auch Dr. S. hat lediglich ein Zustand nach Handprellung rechts mit persistierenden Bewegungs- und Belastungs-einschränkungen, die er aber nach der Entlassung aus der BG-Klinik L. nicht mehr angenommen hat, darstellen können. Knöcherne Verletzungen konnte auch der Senat nicht feststellen.
Auch konnte der Senat im Hinblick auf die angegebenen Schmerzstörungen einen Morbus Sudeck nicht feststellen. Zwar geht Dr. S. in seinem Gutachten von einer solchen Erkrankung aus - auch wenn die Untersuchungsbefunde seinen Angaben zufolge nicht ganz typisch seien. Dr. U. hat in seinem Bericht vom 22.04.2013 (Blatt 56 der SG-Akte) neben einer Daumenprellung rechts ein Carpaltunnelsyndrom rechts (OP 02/2012) und den Verdacht auf ein chronisches regionales Schmerzsyndrom der rechten Hand angegeben. Dieser Einschätzung von Dr. S. und Dr. U. konnte der Senat nicht folgen, denn der behandelnde Schmerztherapeut Dr. K. hat ausdrücklich ein CRPS I (Morbus Sudeck) ausgeschlossen (Blatt 72, 86/87 der SG-Akte). Der Senat sieht sich in seiner Überzeugung durch den Bericht der R.-Klinik gestützt, die ebenfalls keinen Morbus Sudeck feststellen konnte. Auch Dr. W. hat lediglich insoweit einen chronischen Schmerzzustand nach Prellung der rechten Hand beschrieben, keinen Morbus Sudeck. Das von der R.-Klinik angegebene neuropathische Schmerzsyndrom der rechten Hand bei Läsion des Ramus superfizialis des Nervus radialis rechts mit sekundärer, schmerzassoziierter hemisensorischer Störung erscheint dem Senat als nicht überzeugend belegt. Denn schon aus dem Bericht der R.-Klinik vom 19.05.2014 lassen sich zunächst keine Muskelatrophien entnehmen, die auf eine Schonung in Folge von schmerzbedingter Minderbelastbarkeit eines Armes oder beider Arme insgesamt hindeuten. Schwellungen fanden sich nicht, das Faltenrelief war regelrecht, Hautverfärbungen lagen nicht vor; die Schweißsekretion war nicht seitendifferent, ebenso war die Hauttemperatur nicht signifikant seitendifferent. Insgesamt konnte die R.-Klinik insoweit aber auch hinsichtlich der Messungen der Nerven, insbesondere der Nervenleitgeschwindigkeiten usw. keine wesentlich vom Normalbefund abweichenden Messergebnisse mitteilen. Letztlich beruht die Diagnose des neuropathischen Schmerzsyndroms auf den Angaben des Klägers. Auf dieser Basis konnte der Senat das neuropathische Schmerzsyndrom nicht als objektiviert ansehen.
Der Kläger selbst hat gegenüber Dr. W. (Blatt 76 der SG-Akte) Schmerzen der rechten Hand angegeben, ausstrahlend über die rechte Schulter in die linke Schulter bis in den linken Ellenbogen. Hierzu hat er über Schmerzen, Kribbelmissempfindungen und Taubheitsgefühle im Bereich der rechten Hand berichtet (Blatt 102 der SG-Akte).
Vor diesem Hintergrund konnte der Senat weder in der Hand noch in den Ellenbogengelenken oder den Schultern wesentliche Funktionsdefizite feststellen. So sind dem Entlassbericht der R. auch lediglich im Hinblick auf die Schulter eingeschränkte Bewegungsausmaße zu entnehmen, als die Schulterabduktion über 90o mit starken Schmerzen durchführbar war, eine Einschränkung der Abduktion auf weniger als 120o ist nicht dargestellt; die Außen- und Innenrotation war schmerzhaft durchführbar mit starkem Gegenspannen; auch dem Bericht der BG-Klinik lassen sich keine wesentlichen Bewegungseinschränkungen entnehmen. Hieraus kann für die Schulter ein Teil-GdB von 10 nicht angenommen werden (B Nr. 18.13 VG). Auch die Ellenbogengelenksbeweglichkeit sowie die Unterarmwendebeweglichkeit waren schmerzhaft aber jedenfalls durchführbar. Ebenso waren die Finger, wenn auch schmerzhaft, so doch vollständig beweglich, sodass der Senat für die Schultern, die Ellenbogen aber auch die Hände keinen Teil-GdB nach B Nr. 18.13 VG annehmen konnte. Bei seiner Bewertung hat der Senat berücksichtigt, dass z.B. Dr. K. persistierende Bewegungs- und Belastungsdefizite der rechten Hand beschrieben hatte.
Der Senat sieht sich in seiner Überzeugung durch den Bericht der R.-Klinik bestätigt, als auch dort keine knöchernen Funktionsdefizite, lediglich ein neuropathisches Schmerzsyndrom im Bereich des Ramus superficialis des Nervus radialis nach der Prellung beschrieben wurde. Diese schmerzbedingte Minderbelastbarkeit der Arme ist jedoch nicht hinreichend objektiviert belegt. So hat zwar die R.-Klinik eine zunehmende Immobilität beschrieben, doch konnte weder der Bericht der R.-Klinik, noch das Gutachten Dr. W. eine Muskelverschmächtigung an den oberen Extremitäten, mithin Schonungszeichen, feststellen. Auch Paresen wurden nicht festgestellt. Fehlen Verschmächtigungen als Schonungszeichen an den Muskeln der oberen Extremitäten, so weist dies darauf hin, dass der Kläger trotz der Schmerzen die Gelenke und Extremitäten benutzen kann und dies auch tatsächlich tut. Insoweit konnte auch keiner der vorliegenden Berichte, Gutachten usw. objektive Anhaltspunkte dafür liefern, dass der Kläger im Alltag in der Benutzbarkeit der oberen Extremitäten GdB-relevant funktionell beeinträchtigt wäre, vielmehr empfehlen die Ärzte der R.-Klinik sogar die Hand im Alltag einzusetzen (Blatt 121 der SG-Akte). Dass der Kläger seinen Arm in einer Schiene bzw. einer Schlinge fixiert und angibt, bei Hängenlassen des Armes eine Schmerzverstärkung zu spüren bedeutet dabei weder einen objektiven Hinweis auf eine eingeschränkte Benutzbarkeit der Hand noch einen Hinweis darauf, dass er in der Teilhabefähigkeit relevant beeinträchtigt wäre. So konnte z.B. der Bericht der BG-Klinik vom 22.08.2012 eine weitestgehende Schmerzfreiheit bei Absetzen der analgetischen Medikation darstellen. Mithin ist für den Senat auch unter Berücksichtigung der Schmerzproblematik im Funktionssystem der Arme eine GdB-relevante Funktionsbehinderung nicht belegt.
Das gilt auch im Hinblick auf den Verdacht auf eine analgetika-/opiatbedingte Hyperalgesie. Diese wird im Bericht der R.-Klinik einer alleine dort vermuteten Läsion des Nervus radialis (Ramus superficialis) zugeschrieben, die sich durch eine herabgesetzte Berührungs-empfindlichkeit bzw. eine Schmerzempfindlichkeit zeigt. Jedoch führen Sensibilitätsstörungen des den Handrücken versorgenden Nervs nicht zu so erheblich Teilhabebeeinträchtigungen, die es im Hinblick auf die in B Nr. 3.7 bzw. 18.13 VG genannten und mit einem GdB von 10 bewerteten Funktionsbehinderungen erlauben würde, die vorliegende Hyperalgesie mit einem Teil-GdB von 10 zu bemessen.
Auch soweit der Kläger nach dem Bericht der R.-Klinik an Rückenschmerzen leidet, die sich zuvor weder aus den vom behandelnden Hausarzt übersandten Unterlagen (Blatt 59/81 der SG-Akte) noch aus den Auskünften der anderen behandelnden Ärzte ergeben, waren diese auch nach dem Bericht der R.-Klinik weder als einen Zeitraum von sechs Monate überdauernd anzusehen, noch – selbst dies unterstellt, da ohne Bewegungseinschränkung oder Instabilität – mit einem Einzel-GdB von 10 zu bewerten.
Im Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche (dazu vgl. A Nr. 2 Buchst. e) VG) liegt eine Anpassungsstörung sowie der Verdacht auf einen Entzug vor. Der Bericht der R.-Klinik teilt hierzu mit, dass der Kläger wach und allseits orientiert sei; Störungen von Aufmerksamkeit und Konzentration wurden nicht festgestellt, das Gedächtnis war unauffällig. Hinweise auf Denk-, Wahrnehmungs- oder Ich-Störungen lagen nicht vor. Auch wenn der Kläger im Kontakt reserviert war, bei angespannter Stimmung und bedrückt, gereizt aber beherrscht war, hat er keine Einbußen bei Antrieb oder Freude gezeigt. Es bestand eine normale affektive Schwingungsfähigkeit. Ein sozialer Rückzug liegt nach den Angaben der Ärzte der R.-Klinik nicht vor. Der Kläger erwartete mit seiner Ehefrau sei erstes Kind, worüber er sich freute und was ihm Mut machte. Vor diesem Hintergrund konnte der Senat i.S.v. B Nr. 3.7 VG lediglich eine leichtere psychovegetative oder psychische Störung annehmen, die aber allenfalls mit einem Einzel-GdB von maximal 10 zu bewerten war. Denn insoweit waren dem Bericht der R.-Klinik keine aus der Anpassungsstörung resultierende funktionellen Beeinträchtigungen festzustellen. Gleiches gilt auch für den Verdacht auf Entzugserscheinungen.
Weitere GdB-relevante Erkrankungen und Funktionseinschränkungen, die einen Teil-GdB von wenigstens 10 bedingen, liegen nicht vor. Der Sachverhalt ist geklärt. Einen Beweisantrag hat der Kläger im Berufungsverfahren nicht gestellt. Auch waren weitere Ermittlungen von Amts wegen nicht erforderlich. Die vorliegenden ärztlichen Unterlagen haben mit den sachverständigen Zeugenauskünften und den beigezogenen Gutachten dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO), so hat Dr. R. bereits in seinem Entlassbericht ausführlich die für die GdB-Bewertung maßgeblichen Tatsachen mitgeteilt, weshalb auch eine weitere Nachfrage nicht erforderlich war. Denn der medizinische festgestellte Sachverhalt bietet die Basis für die alleine vom Senat vorzunehmende rechtliche Bewertung des GdB (dazu vgl. zuletzt BSG 20.04.2015 – B 9 SB 9./14 B –) unter Einschluss der Bewertung der sich zwischen den einzelnen Erkrankungen und Funktionsbehinderungen ergebenden Überschneidungen und Wechselwirkungen.
Nach Überzeugung des Senats ist unter integrierender Bewertung der Funktionsbehinderungen und unter Beachtung ihrer gegenseitigen Auswirkungen ein Gesamt-GdB nicht festzustellen. Denn nach § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX ist eine GdB-Feststellung nur zu treffen, wenn ein GdB von wenigstens 20 vorliegt. Dies konnte der Senat aber nicht feststellen, denn er konnte schon in keinem der Funktionssysteme Einzel-GdB annehmen, die mehr als maximal 10, ausmachen. Liegen mithin keine Einzel-GdB von 20 vor und sind – wie vorliegend - Einzel-GdB von 10 nicht zusammenzurechnen, konnte der Senat einen GdB nicht feststellen.
Der Kläger hat damit keinen Anspruch auf Feststellung eines GdB von wenigstens 20, die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger gegen den Beklagten einen Anspruch auf (Erst-)Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von mindestens 30 seit 04.03.2013 hat.
Der am 20.10.1972 geborene Kläger, deutscher Staatsangehöriger, verletzte sich am 25.11.2011 während seiner Tätigkeit als Kfz-Mechaniker/Mechatroniker im Prototypenbau, als er beim Hochziehen einer Last mit dem Daumenrücken oben gegen einen Schraubenkopf "knallte" (Blatt 105 der SG-Akte).
Am 04.03.2013 beantragte er beim Landratsamt K. (LRA) die Feststellung eines GdB (Blatt 1/4 der Beklagtenakte). Zu seinem Antrag verwies der Kläger auf "Hand rechts" und "Chron. Schmerzen" wegen eines Arbeitsunfalles.
Das LRA holte eine Auskunft vom behandelnden Arzt Dr. M., Facharzt für Allgemeinmedizin (zu seiner Auskunft und den vorgelegten Unterlagen vgl. Blatt 6/12 der Beklagtenakte), der eine Bewegungseinschränkung des rechten Handgelenks nach Daumenprellung rechts (Arbeitsunfall) und Zustand nach Karpaltunnelsyndrom rechts bei deutlichem Mindergebrauch der rechten Hand bei anhaltender Schmerzsymptomatik beschrieb. Die Therapie werde fortgeführt. Darüber hinaus zog das LRA Unterlagen der B. bei (zu den Unterlagen vgl. Blatt 16/18 der Beklagtenakte).
In ihrer versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 02.05.2013 (Blatt 19/20 der Beklagtenakte) bewertete Dr. S. den Zustand nach Daumenprellung rechts, chronische Schmerzen nicht mit einem Einzel-GdB von mindestens 10. Auch die operierte Mittelnervendruckschädigung rechts (Carpaltunnelsyndrom) wurde nicht mit einem Einzel-GdB von mindestens 10 bewertet.
Mit Bescheid vom 08.05.2013 (Blatt 21/22 der Beklagtenakte) lehnte das LRA die Feststellung eines GdB ab; es liege nicht wenigstens ein GdB von 20 vor.
Den hiergegen am 16.05.2013 per Email (Blatt 24/25 der Beklagtenakte) und dann am 21.05.2013 per unterschriebenem Brief eingelegten Widerspruch des Klägers wies der Beklagte durch das Regierungspräsidium S. – Landesversorgungsamt – unter Berücksichtigung einer weiteren versorgungsärztlichen Stellungnahme (Stellungnahme Dr. B. vom 17.06.2013, Blatt 29 der Beklagtenakte) mit Widerspruchsbescheid vom 02.07.2013 (Blatt 31/32 der Beklagtenakte) zurück.
Der Kläger hat am 30.07.2013 Klage beim Sozialgericht (SG) Karlsruhe erhoben. Unzureichend berücksichtigt seien die Bewegungseinschränkungen der Schulter, am Ellenbogengelenk und am Handgelenk. Auch liege eine isolierte Aufhebung der Unterarmdrehbeweglichkeit vor. Außerdem sei ihm angeraten worden, sich einer Schmerztherapie zu unterziehen.
Der Kläger hat das neurochirurgische Gutachten des Prof. Dr. S. vom 06.11.2013 aus dem Verfahren S 4 U 1./13 (Blatt 40/44 der SG-Akte) vorgelegt, der hinsichtlich der rechten oberen Extremität eine MdE von 70 v.H. annahm.
Das SG hat Beweis erhoben durch schriftliche Befragung der den Kläger behandelnden Ärzten als sachverständige Zeugen. Wegen des Inhalts und Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Blatt 51/54, 55/56, 57/58, 82/83 und 86/87 der SG-Akte Bezug genommen. Außerdem hat das SG von Dr. M. Befundunterlagen beigezogen; wegen der Unterlagen wird auf Blatt 59/81 der SG-Akte Bezug genommen. Der Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. S. hat dem SG am 11.12.2013 geschrieben, der Kläger sei am 17.08.2012 aus der bg-lichen Heilbehandlung als vollschichtig arbeitsfähig entlassen worden. Nach seiner Einschätzung sei die Entlassung ohne weiter persistierende Beschwerden erfolgt. Der Facharzt für Neurologie Dr. U. hat in seinem Schreiben vom 13.12.2013 mitgeteilt, den Kläger einmalig am 15.04.2013 untersucht zu haben. Aus dem hierüber gefertigten Bericht ergibt sich, dass der neurographische Befund des nervus medianus völlig im Normalbereich ist, auch das Medianus-SEP rechts war im Normbereich, sodass eine Läsion des nervus medianus nicht anzunehmen sei. Dr. B., Chirurg, Unfallarzt, hat dem SG am 18.12.2013 geschrieben, er habe die Diagnose einer Prellung am rechten Daumen gestellt. Bekannt sei ein auswärts diagnostiziertes Karpaltunnelsyndrom. Es bestehe eine vorübergehende leichte Daumenverletzung (Prellung). Dr. W., Facharzt für Chirurgie, plastische Chirurgie, Handchirurgie, hat in seinem Schreiben vom 25.01.2014 ein posttraumatisches Karpaltunnelsyndrom und einen chronischen Schmerzzustand nach Prellung der rechten Hand mitgeteilt. Der Chefarzt der Klinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin und Schmerztherapie, B., Dr. K., hat dem SG in seiner Auskunft vom 07.03.2014 ein persistierendes Bewegungs- und Belastungsdefizit der rechten Hand nach Daumenprellung rechts, sowie eine Carpaltunnelspaltung im Verlauf der Behandlung des Bewegungs- und Belastungsdefizits sowie einen Mindergebrauch der rechten Hand, die auch noch im Jahre 2013 – ohne Nachweis eines Morbus Sudeck - nachweisbar gewesen seien, beschrieben.
Das SG hat aus dem dort geführten Verfahren S 4 U 1460/13 und dem Verfahren S 5 R 710/14 folgende Unterlagen beigezogen: - Gutachten Dr. W., Facharzt für Neurologie und Verkehrsmedizin vom 03.02.2014 (Blatt 93/104 der SG-Akte), - Entlassbericht der R.-Klinik vom 19.05.2014 über einen stationären Aufenthalt vom 28.04.2014 bis zum 16.05.2014 (Blatt 105/111 der SG-Akte).
Der Kläger hat mit Schreiben vom 30.07.2014 den Entlassbericht der R.-Klinik vom 19.05.2014 vorgelegt und angeregt, Dr. R. als sachverständigen Zeugen zu befragen (Blatt 114/122 der SG-Akte); es sei ein neuropathisches Schmerzsyndrom im Bereich des Ramus superficialis festgestellt worden, wobei es zu einer ungünstigen, durch Neuroplastizität bedingten Schmerzgeneralisierung mit hemisensorischer Störung und zunehmender Immobilisierung gekommen sei. Mit Schreiben vom 27.08.2014 (Blatt 132 der SG-Akte) beantragte er Dr. R. als sachverständigen Zeugen anzuhören.
Das SG hat mit Urteil vom 26.09.2014 die Klage abgewiesen. Die Bewertung des Gesamt-GdB des Klägers durch den Beklagten sei nicht zu beanstanden. Für die Beeinträchtigungen des Klägers im Bereich der Schultern sowie der Arme mitsamt der Händen vermöge die Kammer keinen Einzel-GdB von mehr als 10 anzunehmen. Insbesondere sei dem Entlassbrief der R.-Klinik vom 19.05.2014 eine Beweglichkeit der rechten Schulter für die Abduktion von mehr als 90 Grad zu entnehmen bei zudem durchführbarer Außen- und Innenrotation. Ebenso seien die Ellenbogengelenks- sowie Unterarmwendebeweglichkeit durchführbar. Die rechte Hand werde mit gestreckten Fingern weitgehend unbeweglich gehalten, Bewegungen im Handgrundgelenk seien jedoch durchführbar. Auch sei die Fingerstreckung und -beugung zwar schmerzbedingt kraftgemindert, aber ohne eindeutige Parese und lediglich die Fingerspreizung kaum durchführbar. Im Übrigen habe auch Dr. S. mitgeteilt, dass die Beschwerden nicht weiter persistierten. Dem Arztbrief der BG-Unfallklinik L. vom 22.08.2012 sei eine Beweglichkeit des rechten Handgelenks für Extension/Flexion passiv von 90-0-90 Grad und aktiv von 85-0-75 Grad zu entnehmen. Im Weiteren könne hinsichtlich des Nervus radialis auch im Hinblick auf die Ausführungen im Entlassbrief der R.-Klinik nicht überzeugend von einem Ausfall ausgegangen werden. Es würden lediglich Schmerzen wiedergegeben. Zudem lägen insbesondere auch unter Berücksichtigung der Gutachten des Dr. W. und der Prof. Dr. S./Dr. C. Anhaltspunkte für eine Aggravation und Demonstration vor. Dem Arztbrief der BG-Unfallklinik L. vom 22.08.2012 sei nach komplettem Absetzen der analgetischen Medikation sogar eine weitestgehende Schmerzfreiheit zu entnehmen. Im Übrigen teilten auch Prof. Dr. S./Dr. C. mit, dass abgesehen von der Fingerstrecker- und Faustschlussschwäche insbesondere am rechten Arm keine motorischen Defizite vorlägen. Hinsichtlich der Einschränkung der Schulterbeweglichkeit berichteten sie zudem von Hinweisen auf eine willkürliche Beeinflussung durch den Kläger. Den Gesamt-GdB bewerte das Gericht in Übereinstimmung mit den versorgungsärztlichen Stellungnahmen mit nicht mehr als 10.
Gegen das seinem Bevollmächtigten am 08.10.2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am 07.11.2014 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg Berufung eingelegt. Er hat sinngemäß ausgeführt, aus den Entscheidungsgründen des Urteils ergebe sich, dass das SG Anhaltspunkte für eine Aggravation und Demonstration gesehen habe. Das SG habe jedoch die Gutachten der Entscheidung nicht uneingeschränkt zugrunde legen dürfen, ohne der dem Kläger unterstellten Aggravation nachzugehen. So sei vorgetragen worden, dass im Rahmen der Behandlung in der R.-Klinik ein neuropathisches Schmerzsyndrom im Bereich des Ramus superficialis festgestellt worden sei, wobei es zu einer ungünstigen, durch Neuroplastizität bedingten Schmerzgeneralisierung mit hemisensorischer Störung und zunehmender Immobilisierung gekommen sei. Die Einschätzung des insoweit behandelnden Arztes habe sowohl einer Aggravation als auch einer Demonstration des Klägers entgegengestanden. Zum Beweis hierfür sei neben der Einholung eines sozialmedizinischen Sachverständigengutachtens auch das Zeugnis des Dr. med. O. R. angeboten worden. Inzident habe dem Vortrag der vorstehenden Gesundheitsstörungen die Erklärung zugrunde gelegen, dass auf seiner Seite gerade keine Aggravation bzw. Demonstration vorliege. Ohne der ihm unterstellten Aggravation bzw. Demonstration nachzugehen, habe das SG keine Entscheidung treffen dürfen. Insoweit werde die fehlende Ausermittlung des dem Urteil zugrunde liegenden Sachverhaltes gerügt.
Der Kläger beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 26.9.2014 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids des Landratsamts K. vom 08.05.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.07.2013 zu verurteilen, bei ihm einen Grad der Behinderung von mindestens 30 ab Antragstellung festzustellen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte ist der Berufung entgegengetreten und hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Nach Dr. W. sei die Beeinträchtigung des Klägers in Folge seines Unfalls ab 17.08.2012 mit weniger als 10 zu bewerten und die geschilderten Beschwerden nicht objektivierbar. Nach Auffassung des Beklagten werde hierdurch klargestellt, dass GdB-relevante Beeinträchtigungen beim Kläger nicht zu objektivieren seien.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Blatt 25, 26 der Senatsakte).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte sowie die beigezogenen Akten des SG und des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte gemäß § 124 Abs. 2 SGG über die Berufung ohne mündliche Verhandlung entscheiden, denn die Beteiligten haben dem zugestimmt und der Senat hält eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich.
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig aber unbegründet.
Der angefochtene Bescheid des LRA vom 08.05.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Beklagten vom 02.07.2013 ist nicht rechtswidrig, der Kläger wird nicht in seinen Rechten verletzt. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung eines GdB.
Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die GdB-Bewertung sind die Vorschriften des SGB IX. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die der Zuerkennung eines GdB zugrundeliegende Behinderung wird gemäß § 69 Abs. 1 SGB IX im Hinblick auf deren Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach Zehnergraden abgestuft festgestellt. Dabei stellt die Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10.12.2009 (BGBl. I, 2412), den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (VG) auf funktionelle Beeinträchtigungen ab, die zunächst im Allgemeinen nach Funktionssystemen (dazu vgl. A Nr. 2 Buchst. e) VG) getrennt, später nach § 69 Abs. 3 SGB IX in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen sind. Die Feststellung der jeweiligen Einzel-GdB folgt dabei nicht einzelnen Erkrankungen sondern den funktionellen Auswirkungen aller derjenigen Erkrankungen, die ein einzelnes Funktionssystem betreffen.
Die Bemessung des Gesamt GdB (dazu s. unten) erfolgt nach § 69 Abs. 3 SGB IX. Danach ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt GdB ungeeignet. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. A Nr. 3 VG). Der Gesamt GdB ist unter Beachtung der VersMedV einschließlich der VG in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3 3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP). Es ist also eine Prüfung vorzunehmen, wie die einzelnen Behinderungen sich zueinander verhalten und ob die Behinderungen in ihrer Gesamtheit ein Ausmaß erreichen, das die Schwerbehinderung bedingt.
Der Senat ist nach eigener Prüfung zu der Überzeugung gelangt, dass die Funktionsbehinderungen, die im Allgemeinen in den einzelnen Funktionssystemen (dazu vgl. A Nr. 2 Buchst. e) VG) bewertet werden, in ihrer Gesamtschau keinen Gesamt-GdB von mindestens 20 rechtfertigen, weshalb ein Anspruch auf Feststellung eines GdB nicht besteht und die Berufung zurückzuweisen war.
Der Kläger gibt gesundheitliche Beeinträchtigungen im Funktionssystem der Arme an. Hierzu hat er auf Beeinträchtigungen im Schultergelenk, dem Ellenbogengelenk und der Hand, verbunden mit Schmerzen, verwiesen.
Zunächst hatte der behandelnde Arzt Dr. B. gegenüber dem SG (Blatt 58 der SG-Akte) die Folgen der am Arbeitsplatz erlittenen Verletzung als eine Prellung des rechten Daumens und als eine leichte Verletzung beschrieben. Diese Einschätzung erscheint angesichts des sich aus den Akten ergebenden Geschehenshergangs nicht als unschlüssig. Auch Dr. S. hat lediglich ein Zustand nach Handprellung rechts mit persistierenden Bewegungs- und Belastungs-einschränkungen, die er aber nach der Entlassung aus der BG-Klinik L. nicht mehr angenommen hat, darstellen können. Knöcherne Verletzungen konnte auch der Senat nicht feststellen.
Auch konnte der Senat im Hinblick auf die angegebenen Schmerzstörungen einen Morbus Sudeck nicht feststellen. Zwar geht Dr. S. in seinem Gutachten von einer solchen Erkrankung aus - auch wenn die Untersuchungsbefunde seinen Angaben zufolge nicht ganz typisch seien. Dr. U. hat in seinem Bericht vom 22.04.2013 (Blatt 56 der SG-Akte) neben einer Daumenprellung rechts ein Carpaltunnelsyndrom rechts (OP 02/2012) und den Verdacht auf ein chronisches regionales Schmerzsyndrom der rechten Hand angegeben. Dieser Einschätzung von Dr. S. und Dr. U. konnte der Senat nicht folgen, denn der behandelnde Schmerztherapeut Dr. K. hat ausdrücklich ein CRPS I (Morbus Sudeck) ausgeschlossen (Blatt 72, 86/87 der SG-Akte). Der Senat sieht sich in seiner Überzeugung durch den Bericht der R.-Klinik gestützt, die ebenfalls keinen Morbus Sudeck feststellen konnte. Auch Dr. W. hat lediglich insoweit einen chronischen Schmerzzustand nach Prellung der rechten Hand beschrieben, keinen Morbus Sudeck. Das von der R.-Klinik angegebene neuropathische Schmerzsyndrom der rechten Hand bei Läsion des Ramus superfizialis des Nervus radialis rechts mit sekundärer, schmerzassoziierter hemisensorischer Störung erscheint dem Senat als nicht überzeugend belegt. Denn schon aus dem Bericht der R.-Klinik vom 19.05.2014 lassen sich zunächst keine Muskelatrophien entnehmen, die auf eine Schonung in Folge von schmerzbedingter Minderbelastbarkeit eines Armes oder beider Arme insgesamt hindeuten. Schwellungen fanden sich nicht, das Faltenrelief war regelrecht, Hautverfärbungen lagen nicht vor; die Schweißsekretion war nicht seitendifferent, ebenso war die Hauttemperatur nicht signifikant seitendifferent. Insgesamt konnte die R.-Klinik insoweit aber auch hinsichtlich der Messungen der Nerven, insbesondere der Nervenleitgeschwindigkeiten usw. keine wesentlich vom Normalbefund abweichenden Messergebnisse mitteilen. Letztlich beruht die Diagnose des neuropathischen Schmerzsyndroms auf den Angaben des Klägers. Auf dieser Basis konnte der Senat das neuropathische Schmerzsyndrom nicht als objektiviert ansehen.
Der Kläger selbst hat gegenüber Dr. W. (Blatt 76 der SG-Akte) Schmerzen der rechten Hand angegeben, ausstrahlend über die rechte Schulter in die linke Schulter bis in den linken Ellenbogen. Hierzu hat er über Schmerzen, Kribbelmissempfindungen und Taubheitsgefühle im Bereich der rechten Hand berichtet (Blatt 102 der SG-Akte).
Vor diesem Hintergrund konnte der Senat weder in der Hand noch in den Ellenbogengelenken oder den Schultern wesentliche Funktionsdefizite feststellen. So sind dem Entlassbericht der R. auch lediglich im Hinblick auf die Schulter eingeschränkte Bewegungsausmaße zu entnehmen, als die Schulterabduktion über 90o mit starken Schmerzen durchführbar war, eine Einschränkung der Abduktion auf weniger als 120o ist nicht dargestellt; die Außen- und Innenrotation war schmerzhaft durchführbar mit starkem Gegenspannen; auch dem Bericht der BG-Klinik lassen sich keine wesentlichen Bewegungseinschränkungen entnehmen. Hieraus kann für die Schulter ein Teil-GdB von 10 nicht angenommen werden (B Nr. 18.13 VG). Auch die Ellenbogengelenksbeweglichkeit sowie die Unterarmwendebeweglichkeit waren schmerzhaft aber jedenfalls durchführbar. Ebenso waren die Finger, wenn auch schmerzhaft, so doch vollständig beweglich, sodass der Senat für die Schultern, die Ellenbogen aber auch die Hände keinen Teil-GdB nach B Nr. 18.13 VG annehmen konnte. Bei seiner Bewertung hat der Senat berücksichtigt, dass z.B. Dr. K. persistierende Bewegungs- und Belastungsdefizite der rechten Hand beschrieben hatte.
Der Senat sieht sich in seiner Überzeugung durch den Bericht der R.-Klinik bestätigt, als auch dort keine knöchernen Funktionsdefizite, lediglich ein neuropathisches Schmerzsyndrom im Bereich des Ramus superficialis des Nervus radialis nach der Prellung beschrieben wurde. Diese schmerzbedingte Minderbelastbarkeit der Arme ist jedoch nicht hinreichend objektiviert belegt. So hat zwar die R.-Klinik eine zunehmende Immobilität beschrieben, doch konnte weder der Bericht der R.-Klinik, noch das Gutachten Dr. W. eine Muskelverschmächtigung an den oberen Extremitäten, mithin Schonungszeichen, feststellen. Auch Paresen wurden nicht festgestellt. Fehlen Verschmächtigungen als Schonungszeichen an den Muskeln der oberen Extremitäten, so weist dies darauf hin, dass der Kläger trotz der Schmerzen die Gelenke und Extremitäten benutzen kann und dies auch tatsächlich tut. Insoweit konnte auch keiner der vorliegenden Berichte, Gutachten usw. objektive Anhaltspunkte dafür liefern, dass der Kläger im Alltag in der Benutzbarkeit der oberen Extremitäten GdB-relevant funktionell beeinträchtigt wäre, vielmehr empfehlen die Ärzte der R.-Klinik sogar die Hand im Alltag einzusetzen (Blatt 121 der SG-Akte). Dass der Kläger seinen Arm in einer Schiene bzw. einer Schlinge fixiert und angibt, bei Hängenlassen des Armes eine Schmerzverstärkung zu spüren bedeutet dabei weder einen objektiven Hinweis auf eine eingeschränkte Benutzbarkeit der Hand noch einen Hinweis darauf, dass er in der Teilhabefähigkeit relevant beeinträchtigt wäre. So konnte z.B. der Bericht der BG-Klinik vom 22.08.2012 eine weitestgehende Schmerzfreiheit bei Absetzen der analgetischen Medikation darstellen. Mithin ist für den Senat auch unter Berücksichtigung der Schmerzproblematik im Funktionssystem der Arme eine GdB-relevante Funktionsbehinderung nicht belegt.
Das gilt auch im Hinblick auf den Verdacht auf eine analgetika-/opiatbedingte Hyperalgesie. Diese wird im Bericht der R.-Klinik einer alleine dort vermuteten Läsion des Nervus radialis (Ramus superficialis) zugeschrieben, die sich durch eine herabgesetzte Berührungs-empfindlichkeit bzw. eine Schmerzempfindlichkeit zeigt. Jedoch führen Sensibilitätsstörungen des den Handrücken versorgenden Nervs nicht zu so erheblich Teilhabebeeinträchtigungen, die es im Hinblick auf die in B Nr. 3.7 bzw. 18.13 VG genannten und mit einem GdB von 10 bewerteten Funktionsbehinderungen erlauben würde, die vorliegende Hyperalgesie mit einem Teil-GdB von 10 zu bemessen.
Auch soweit der Kläger nach dem Bericht der R.-Klinik an Rückenschmerzen leidet, die sich zuvor weder aus den vom behandelnden Hausarzt übersandten Unterlagen (Blatt 59/81 der SG-Akte) noch aus den Auskünften der anderen behandelnden Ärzte ergeben, waren diese auch nach dem Bericht der R.-Klinik weder als einen Zeitraum von sechs Monate überdauernd anzusehen, noch – selbst dies unterstellt, da ohne Bewegungseinschränkung oder Instabilität – mit einem Einzel-GdB von 10 zu bewerten.
Im Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche (dazu vgl. A Nr. 2 Buchst. e) VG) liegt eine Anpassungsstörung sowie der Verdacht auf einen Entzug vor. Der Bericht der R.-Klinik teilt hierzu mit, dass der Kläger wach und allseits orientiert sei; Störungen von Aufmerksamkeit und Konzentration wurden nicht festgestellt, das Gedächtnis war unauffällig. Hinweise auf Denk-, Wahrnehmungs- oder Ich-Störungen lagen nicht vor. Auch wenn der Kläger im Kontakt reserviert war, bei angespannter Stimmung und bedrückt, gereizt aber beherrscht war, hat er keine Einbußen bei Antrieb oder Freude gezeigt. Es bestand eine normale affektive Schwingungsfähigkeit. Ein sozialer Rückzug liegt nach den Angaben der Ärzte der R.-Klinik nicht vor. Der Kläger erwartete mit seiner Ehefrau sei erstes Kind, worüber er sich freute und was ihm Mut machte. Vor diesem Hintergrund konnte der Senat i.S.v. B Nr. 3.7 VG lediglich eine leichtere psychovegetative oder psychische Störung annehmen, die aber allenfalls mit einem Einzel-GdB von maximal 10 zu bewerten war. Denn insoweit waren dem Bericht der R.-Klinik keine aus der Anpassungsstörung resultierende funktionellen Beeinträchtigungen festzustellen. Gleiches gilt auch für den Verdacht auf Entzugserscheinungen.
Weitere GdB-relevante Erkrankungen und Funktionseinschränkungen, die einen Teil-GdB von wenigstens 10 bedingen, liegen nicht vor. Der Sachverhalt ist geklärt. Einen Beweisantrag hat der Kläger im Berufungsverfahren nicht gestellt. Auch waren weitere Ermittlungen von Amts wegen nicht erforderlich. Die vorliegenden ärztlichen Unterlagen haben mit den sachverständigen Zeugenauskünften und den beigezogenen Gutachten dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO), so hat Dr. R. bereits in seinem Entlassbericht ausführlich die für die GdB-Bewertung maßgeblichen Tatsachen mitgeteilt, weshalb auch eine weitere Nachfrage nicht erforderlich war. Denn der medizinische festgestellte Sachverhalt bietet die Basis für die alleine vom Senat vorzunehmende rechtliche Bewertung des GdB (dazu vgl. zuletzt BSG 20.04.2015 – B 9 SB 9./14 B –) unter Einschluss der Bewertung der sich zwischen den einzelnen Erkrankungen und Funktionsbehinderungen ergebenden Überschneidungen und Wechselwirkungen.
Nach Überzeugung des Senats ist unter integrierender Bewertung der Funktionsbehinderungen und unter Beachtung ihrer gegenseitigen Auswirkungen ein Gesamt-GdB nicht festzustellen. Denn nach § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX ist eine GdB-Feststellung nur zu treffen, wenn ein GdB von wenigstens 20 vorliegt. Dies konnte der Senat aber nicht feststellen, denn er konnte schon in keinem der Funktionssysteme Einzel-GdB annehmen, die mehr als maximal 10, ausmachen. Liegen mithin keine Einzel-GdB von 20 vor und sind – wie vorliegend - Einzel-GdB von 10 nicht zusammenzurechnen, konnte der Senat einen GdB nicht feststellen.
Der Kläger hat damit keinen Anspruch auf Feststellung eines GdB von wenigstens 20, die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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